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Studium und Arbeitstechniken der Politikwissenschaft

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3 Was sind politikwissenschaftliche Probleme? 59Von wissenschaftlichen Arbeiten wird erwartet, dass zwischen Zielen, Normen<strong>und</strong> Werten auf <strong>der</strong> einen <strong>und</strong> nachprüfbaren Fakten auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite unterschiedenwird.Für Journalisten wie für Politologen ist <strong>der</strong> Umgang mit wertenden Aussagen einvielfach erörtertes 16 heikles Problem. Unser Journalist ist mit seinen Wertungennicht gerade zurückhaltend. Er schreibt vom „hochnotpeinlichen Verhör von TariqAli“ <strong>und</strong> nennt alle beschriebenen Vorfälle „hirnlose Aktionen“. Durch die wertendenAdjektive wird <strong>der</strong> Artikel farbig <strong>und</strong> damit gut lesbar; auch wird die vondem Autor vertretene Meinung über das politische Agieren dreier Akteure plastisch.Als wissenschaftlich lässt sich diese Form <strong>der</strong> Darstellung jedoch nicht bezeichnen.Es handelt sich um eine journalistische Aufbereitung <strong>der</strong> Ereignisse, dienicht davor zurückzuschrecken braucht, subjektive Charakterisierungen <strong>und</strong> dieeigene politische Meinung einfließen zu lassen.Der Verweis auf Wertungen in unseres Autors Interpretation von Handlungsstrategien,Einschätzung von Personen <strong>und</strong> Darstellung von Ereignissen sollte nichtals Auffor<strong>der</strong>ung verstanden werden, auf Wertungen (normative Aussagen) inwissenschaftlichen Arbeiten zu verzichten <strong>und</strong> nur die „objektiven“ Fakten sprechenzu lassen. Dies ist nicht möglich <strong>und</strong> sollte daher auch gar nicht erst versuchtwerden. Entscheidend ist, wie mit Werturteilen umgegangen wird. Ohne in dieserEinführung auf die wissenschaftstheoretischen Probleme normativer Aussagen inwissenschaftlichen Texten eingehen zu können, möchten wir auf drei einfacheRegeln verweisen, die auch für Anfänger gelten sollten:Element Nr. 5JournalistischeWertungenEntscheidend:Wie geht man mitWerturteilen um?• In jede wissenschaftliche Arbeit fließt bei <strong>der</strong> Themenwahl, <strong>der</strong> Wahl destheoretischen Bezugsrahmens sowie <strong>der</strong> Untersuchungsmethoden das subjektiveErkenntnisinteresse des Verfassers ein. Da politikwissenschaftliche Arbeitenimmer auch in einen politischen Zusammenhang gestellt werdenkönnen, ist es erfor<strong>der</strong>lich, das Erkenntnisinteresse, das sehr unterschiedlichsein kann – Neugier, Orientierungsbedürfnis, Aufklärung <strong>der</strong> Öffentlichkeit,Beratung etc. – darzustellen sowie die Themen-, Theorie- <strong>und</strong> Methodenwahlim Lichte des Erkenntnisinteresses zu begründen.• Im Untersuchungsteil einer wissenschaftlichen Arbeit sollte mit wertendenAussagen sparsam <strong>und</strong> vorsichtig umgegangen werden. Charakterisierungenvon Personen o<strong>der</strong> wertende Stellungnahmen über Handlungsstrategien kollektiverAkteure dürfen nur auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage nachprüfbarer empirischerFakten formuliert werden.16 Seit <strong>der</strong> Soziologe Max Weber zu Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts in mehreren Aufsätzen die„Wertfreiheit“ (z. B. Weber 1973: 489 - 540) <strong>der</strong> Wissenschaften postulierte, ist einlangwieriger <strong>und</strong> intensiv geführter akademischer „Werturteilsstreit“ (gesammelt inAlbert/Topitsch 1971) ausgefochten worden. Patzelt (1997: 170 - 176) fasst die Ergebnisse,auf die <strong>Politikwissenschaft</strong> fokussiert, zusammen.

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