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Studium und Arbeitstechniken der Politikwissenschaft

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3 Was sind politikwissenschaftliche Probleme? 63ergründen, die diese leiten. Newton beobachtete, wie <strong>der</strong> Apfel fällt, dies führte zueinem gr<strong>und</strong>legenden Verständnis <strong>der</strong> Erdanziehungskraft <strong>und</strong> später zuallgemeinerem Verständnis, wie sich die Erde um die Sonne bewegt (vgl. Steinmo2008: 120), an dem wir uns auch im folgenden orientieren).Hiervon ausgehend gab es dann seit <strong>der</strong> Mitte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts vor allem in<strong>der</strong> US-amerikanischen <strong>Politikwissenschaft</strong> die For<strong>der</strong>ung, „wissenschaftlicher“zu werden. Bis dahin stützte sich die <strong>Politikwissenschaft</strong> hauptsächlich auf diehistorische Analyse, die von <strong>der</strong> neuen Denkschule zwar als interessant eingestuftwurde, aber wenn sie nicht zu leicht abprüfbaren <strong>und</strong> falsifizierbaren(= wi<strong>der</strong>legbaren) Ergebnissen führte, nicht als Wissenschaft angesehen wurde.Messbare Verhaltensweisen sollten untersucht werden. Die untersuchten Fällewurden als Gruppen von Variablen behandelt, die messbar, quantifizierbar,vergleichbar <strong>und</strong> analysierbar waren. Diese Position wird auch heute nochvertreten:„Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt für den Empiriker die Annahme: Jede tatsächlichvorhandene Qualität <strong>der</strong> Wirklichkeit lässt sich zumindest im Prinzip durchgeeignete Messverfahren abbilden, d. h. erfassen. Dabei spielt es keine Rolle,dass diese Messverfahren möglicherweise gar nicht existieren, o<strong>der</strong> (noch)nicht existieren, wichtig ist nur, dass sie zur Messung <strong>der</strong> betreffendenEigenschaften eingesetzt werden könnten, wenn es sie gäbe.“ (Behnke,Joachim/Nathalie Behnke 2008: 7)So wie Chemiker komplexe Phänomene so lange zerlegten, bis sie einPeriodensystem <strong>der</strong> Elemente erhielten, versuchte diese Richtung <strong>der</strong><strong>Politikwissenschaft</strong> – die Behavioristen –, die politischen Probleme so zudekonstruieren, dass schließlich ein „Periodensystem <strong>der</strong> Politik“ dabeiherauskommen sollte. Dem entgegen standen die „Großtheoretiker“ wieMarxisten, Systemtheoretiker o<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierungstheoretiker, <strong>der</strong>enHauptanliegen es war, die gr<strong>und</strong>legenden Prozesse <strong>und</strong> Mechaniken zu verstehen,aus <strong>der</strong> sich die Politik zwischen Nationen, Kulturen o<strong>der</strong> historischenAbschnitten motiviert. Sie waren die „Physiker <strong>der</strong> Politik“ – sie suchten nach <strong>der</strong>„Theorie für alles“.Die beiden hier vorgestellten Ansätze haben durchaus ihre Berechtigung. DieWahlforschung erzielt z. B. mit den auf dem ersteren Ansatz basierenden,elaborierten quantitativen Methoden (s. später Kap. 5.3) vorzeigbare Ergebnisse,<strong>und</strong> auch Großtheorien können auf bestimmte Phänomene wie die krisenhafteEntwicklung des Kapitalismus (Marxismus) weiterhin angewandt werden. Aberbeide verfehlen ihre eigentlichen Ziele: We<strong>der</strong> ist alles messbar, noch gibt es eineeinzige Motivation für die politische Entwicklung.Der US-Politologe Sven Steinmo (2008) vertritt daher eine Sicht auf die<strong>Politikwissenschaft</strong>, die als „Historischer Institutionalismus“ benannt wird.Institutionalisten sind dabei Wissenschaftler, die ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk auf

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