12.07.2015 Aufrufe

Studium und Arbeitstechniken der Politikwissenschaft

Studium und Arbeitstechniken der Politikwissenschaft

Studium und Arbeitstechniken der Politikwissenschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

603 Was sind politikwissenschaftliche Probleme?• Die politischen <strong>und</strong> normativen Konsequenzen vorgeschlagener politischstrategischerHandlungskonzepte sind darzulegen.Die Beachtung dieser drei Regeln soll davor bewahren, die persönliche Meinungvorschnell als wissenschaftlich begründete Analyse auszugeben. Soweit Wertungenvorgenommen werden, sind sie als solche zu kennzeichnen <strong>und</strong> zu begründen.Da <strong>der</strong> Zeitungsbericht politisches Handeln wertend charakterisiert <strong>und</strong> durch denBezug auf allgemeine Wertvorstellungen legitimiert, ohne die eigene Wertbasisdarzustellen <strong>und</strong> ohne empirische Aussagen durch den Verweis auf Fakten zu untermauern,verkündet er die Meinung seines Verfassers, nicht aber Ergebnisse, diewissenschaftlichen Kriterien standhalten. Eine Studienarbeit kann sich mit demPrädikat wissenschaftlich nur dann schmücken, wenn Werturteile auf Quellenmaterialberuhen o<strong>der</strong> durch den Verweis auf übergeordnete Normen unter Berücksichtigungmöglicher Folgen nachvollziehbar sind, also plausibel begründetwerden.In einem engen Zusammenhang mit <strong>der</strong> wertenden Sprache steht auch das letztezu untersuchende Element, dessen Formulierung sich zunächst tautologisch anhört:Element Nr. 6<strong>Politikwissenschaft</strong>liche Texte zeichnen sich durch die Verwendung <strong>der</strong> wissenschaftlichenSprache aus.In einem Text, <strong>der</strong> wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, müsste die zentraleThese sorgfältiger formuliert, besser begründet <strong>und</strong> belegt werden, als dies in demArtikel von Noor geschehen ist. Er argumentiert:„Solange wir nicht lernen, unsere stereotypen Klischees sowohl über die islamischeWelt als auch über den Westen über Bord zu werfen, wird es uns niegelingen, die Bedingungen zu schaffen, in denen sinnvoller Dialog <strong>und</strong> Koexistenzihren Platz haben. Und solange das nicht passiert, werden wir dastecken bleiben, wo wir sind, nämlich in einem Ghetto eingemauert, das wirmit eigener Hand erschaffen haben, <strong>und</strong> auf ewig im Krieg mit den Dämonen,die von niemand an<strong>der</strong>em als nur uns selbst auf den Plan gerufen wurden.“Diese These ist nicht eindeutig formuliert, da sie mehrere Aussagen miteinan<strong>der</strong>verbindet. Die Und-Koppelung im zweiten Satz ist mehrdeutig. Besteht zwischendem „Ghetto“ <strong>und</strong> den „Dämonen“ ein kausaler Zusammenhang, wird eine historischeEreigniskette angenommen, o<strong>der</strong> handelt es sich um zwei völlig unabhängige,einzeln zu bearbeitende Phänomene? Welche „Klischees“ meint <strong>der</strong> Autor?Denn ohne Klischees, ohne Vor-Urteile können Menschen nicht leben; sie müsstenjedes Phänomen einzeln betrachten, ohne auf ihre – selbst gemachten o<strong>der</strong>vermittelten – Erfahrungen zurückgreifen zu dürfen. Es sind also bestimmte Klischees,die hier gemeint, aber nicht explizit formuliert werden. Außerdem wirdsehr bildhaft („über Bord zu werfen“, „in einem Ghetto eingemauert“, „Krieg mitden Dämonen“) geschrieben. Dadurch spricht <strong>der</strong> Autor eher die Emotionen des

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!