Studium und Arbeitstechniken der Politikwissenschaft
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3 Was sind politikwissenschaftliche Probleme? 65gegen Mitte des Wahltages, könnten Wähler abschrecken o<strong>der</strong> motivieren,entgegen <strong>der</strong> ursprünglichen Absicht doch noch zur Wahl zu gehen <strong>und</strong> so dasErgebnis verän<strong>der</strong>n. Beson<strong>der</strong>s deutlich wurde die Verantwortlichkeit denPhysikern <strong>und</strong> Naturwissenschaftlern, die an <strong>der</strong> Kernspaltung arbeiteten <strong>und</strong>damit die Atombombe entwickelten. In <strong>der</strong> Göttinger Erklärung von 1957, die vonachtzehn prominenten Atomwissenschaftlern unterzeichnet wurden, heißt es,nachdem sie ihre Sorge über die Verbreitung von Atomwaffen zum Ausdruckgebracht haben:„... unsere Tätigkeit, die <strong>der</strong> reinen Wissenschaft <strong>und</strong> ihrer Anwendung gilt<strong>und</strong> bei <strong>der</strong> wir viele junge Menschen unserem Gebiet zuführen, belädt unsaber mit einer Verantwortung für die möglichen Folgen dieser Tätigkeit.Deshalb können wir nicht zu allen politischen Fragen schweigen.“(abgedruckt in: Koppe 2001: 334 - 335)<strong>Politikwissenschaft</strong> ist immer auch eine politische Wissenschaft. Wenn wirbeispielsweise über autokratische Herrschaftssysteme forschen <strong>und</strong> <strong>der</strong>enEntwicklungsleistungen positiv betrachten, gleichzeitig aber auch die Defizite inden Bereichen Menschenrechte <strong>und</strong> Pluralität ansprechen (wie in Elbers 2008),dann kann es durchaus sein, dass die positiven Ergebnisse von den dortHerrschenden zur Legitimation, die negativen aber verschwiegen werden. Aberum Verbesserungen einzufor<strong>der</strong>n, insbeson<strong>der</strong>e auch in <strong>der</strong> eigenen Gesellschaft,ist es notwendig, wissenschaftlich sowohl die Defizite aufzuarbeiten <strong>und</strong> auf diesehinzuweisen, als auch positive Ansätze zu loben <strong>und</strong> zum Weitermachen aufdiesem Wege anzuregen. Solche normativ begründeten Vorgehensweisen findensich in vielen Bereichen <strong>der</strong> <strong>Politikwissenschaft</strong>. So lehnt einDemokratietheoretiker wie Karl R. Popper zuallererst die Diktatur ab <strong>und</strong> stelltsich auf dieser normativen Basis die Frage:„Wie können wir politische Institutionen so organisieren, daß es schlechteno<strong>der</strong> inkompetenten Herrschern unmöglich ist, allzugroßen Schadenanzurichten?“ (Popper 1992: 145)Die Sicherung von Freiheit <strong>und</strong> Gerechtigkeit <strong>und</strong> die Kontrolle <strong>der</strong> Herrschendenspielen somit in <strong>der</strong> Demokratietheorie eine große Rolle. Ähnlich ist es in denInternationalen Beziehungen: Theoretikern unterschiedlicher Ausrichtung geht esals Gemeinsamkeit um die Sicherung des Friedens; ob dies am besten durchinternationale Kooperation, militärische Absicherung des eigenen Territoriumso<strong>der</strong> Abbau von Feindbil<strong>der</strong>n geschehen soll, darüber streiten die Gelehrten.Diese müssen sich aber darüber im Klaren sein, dass ihre Konzeptionen vonPolitikern aufgegriffen <strong>und</strong> umgesetzt werden. So gab es im Kalten Krieg sowohlPolitiker, die militärische Abschreckung für die geeignete Konzeption zurKriegsvermeidung hielten wie auch <strong>Politikwissenschaft</strong>ler, die ihnen eben dieseKonzeption lieferten <strong>und</strong> damit die nukleare Hochrüstung mit zu verantwortenhaben.