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AP1 Borderline Info - LVR-Klinikum Düsseldorf

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<strong>LVR</strong>-<strong>Klinikum</strong> <strong>Düsseldorf</strong> - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie – Allg. Psychiatrie 1"frühen Störung" leiden. Viele <strong>Borderline</strong>-typischen Denkweisen seien entwicklungspsychologisch früherenLebensabschnitten zuzuordnen. Belastungen im zwischenmenschlichen Bereich, häufig mit der Mutter oderanderen wichtigen Bezugspersonen, hatten in dieser Entwicklungsphase dazu geführt, dass einzelne Reifungsprozessenur teilweise vollzogen wurde. Unter Belastung funktioniere die "erwachseneren", das heißt"reiferen" Anteile nicht mehr ausreichend, und die Betroffenen schützen sich durch die Aktivierung frühkindlicherDenkmechanismen vor dem vollständigen Zusammenbruch. Ein wichtiger Entwicklungsschritt,der sich im Alter zwischen 2 und 3 Jahren abspielt, ist zum Beispiel zu lernen, dass geliebte Bezugspersonennicht vollkommen sind, dass sie nicht ausschließlich gut sind oder immer zur Verfügung stehen, sonderndass diese auch unangenehme und negative Eigenschaften haben. Erfolgt diese Lernprozess nicht ausreichend,kann sich dies in einer intensiven Abhängigkeit von äußeren Bezugspersonen ausdrücken, die wechselseitiggeliebt und gehasst werden. Die Psychoanalyse nimmt nun an, dass diese fehlende Integrationsogenannter guter oder böser Anteile zu massiven inneren Spannungen führt, die von den Betroffenennicht ausgehalten werden. Um diese Spannungszustände zu bewältigen, versuchen die Betroffenen wechselnddie guten oder bösen Anteile nach außen zu lagern (zu projizieren). Dadurch wird die innere psychischeSpannung etwas reduziert, es entwickelt sich jedoch eine massive Abhängigkeit von anderen Personenund eine zunehmende Gefahr negative Anteile sich selbst zuzuschreiben.Diese Theorie basiert auf klinischen Beobachtungen und der Annahme, dass krankhafte Phänomene imErwachsenenalter auf unbewältigten Prozessen der Vergangenheit basieren. Die Konsequenz aus dieserTheorie für die psychotherapeutische Behandlung besteht darin, dass angestrebt wird, eine intensive therapeutischeBeziehung herzustellen, um im Rahmen dieser Beziehung "Nachreifungsprozesse" zu gewährleisten.Diese Vorstellung und Behandlungsmethode galt jahrzehntelang als Therapie der Wahl. In jüngster Zeitwurden Erklärungsansätze weiter entwickelt, die neben den psychischen auch biologische, und soziologischeErkenntnisse integrieren. Diese empirischen Modelle gehen davon aus, dass für die Entstehung der<strong>Borderline</strong>-Störung mindestens drei Faktoren verantwortlich sind:1. Eine Veranlagung, auf emotionale Reize besonders rasch, heftig und lange zu reagieren.2. Starke emotionale Belastungsfaktoren in der Kindheit oder Jugend (sexuelle oder schwere körperlicheMisshandlungen oder Vernachlässigungen).3. Ein soziales Umfeld, das "emotionales Lernen" behindert, in dem ein Kind nicht lernen kann, seinenGefühlen zu vertrauen, diese als stimmig und adäquat zu erleben und zur Steuerung seiner Handlungenzu benutzen.Es müssen nicht immer alle drei Faktoren vorhanden sein, bisweilen genügt das Zusammenspiel von zweiFaktoren, um eine <strong>Borderline</strong>-Störung zu entwickeln.Bislang ist nur wenig über erbliche, das heißt genetische Faktoren bekannt, die zum Entstehen einer <strong>Borderline</strong>-Störungbeitragen. Gesichert ist lediglich, dass die Betroffenen rasch und sehr heftig auf emotionaleReize reagieren, dass es ihnen oft sehr schwer fällt, unterschiedliche Gefühle klar zu benennen, sonderndass häufig unerträgliche Spannungszustände vorherrschen. Diese Spannungszustände sind häufig so starksind, dass ein klares Denken nur noch sehr eingeschränkt möglich ist, und dass sich die Betroffenen dannauch körperlich kaum wahrnehmen. Einige Wissenschaftler nehmen nun an, dass diese hohe Sensibilitätangeboren ist, andere meinen, dass dies die Folge von schweren traumatisierenden Erfahrungen ist, wahrscheinlichist, dass beide Faktoren zusammenwirken.Über 70% aller Patientinnen mit <strong>Borderline</strong>-Störungen sind Opfer von sexuellem Missbrauch in der Kindheit.Diese Missbrauchssituationen hielten sehr häufig lange an und enge Bezugspersonen waren die Täter.In aller Regel wurde das Sprechen darüber strengstens verboten. Nicht alle Kinder, die Opfer sexueller Ü-bergriffe wurden, entwickeln im Laufe ihres Lebens eine <strong>Borderline</strong>-Störung. Welche Umstände davorschützen bzw. welche Umstände dafür besonders anfällig machen, ist bisher noch nicht vollständig geklärt.Es scheint jedoch sicher, dass gerade Kinder, die eine sehr dichte Beziehung zum Täter hatten, gelernt haben,ihren eigenen Gefühlen zu misstrauen bzw. diese als falsch zu bewerten. Gedanken, wie "ich habe esja eigentlich verdient", "der Vater/Onkel/die Mutter wird wissen, was er/sie tut", "das ist alles ein Zeichen,dass sie mich lieben", wirken aus Sicht der Betroffenen zunächst vernünftig und graben sich als Grundannahmentief in das Selbstbild ein.- 4-

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