MEDIZINISCHE FAKULTÄT„Von <strong>der</strong> Mausklinikzum Krankenbett“Translationale Herzforschung in Düsseldorf:Bilanz des Son<strong>der</strong>forschungsbereiches 612VON ADRIANE GRUNENBERGFoto: Archiv KommunikationsabteilungNach zehn Jahren För<strong>der</strong>ung durch die DeutscheForschungsgemeinschaft (DFG) ist <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>forschungsbereich(SFB) 612 „Molekulare Analyse kardiovaskulärerFunktionen und Funktionsstörungen“ an <strong>der</strong>Heinrich-Heine-Universität ausgelaufen. Auf einer internationalenTagung am 20. Oktober 2012 wurde Bilanz gezogen.140 Universitätsforscherinnen und -forscher aus Düsseldorf,Ferrara (Norditalien), Charlottesville (USA), Oxford (UK) undden National Institutes of Health (NIH) in Bethesda (USA)nahmen am Abschluss-Symposium in Düsseldorf teil. ImMittelpunkt <strong>der</strong> Tagung standen die Beziehungen des Herz-Kreislauf-Systems zueinan<strong>der</strong>, die das zentrale Thema desgesamten SFB 612 während <strong>der</strong> letzten zehn Jahre waren. Miteinem För<strong>der</strong>volumen von 14,6 Millionen Euro finanziertedie DFG durchgehend zahlreiche Einzelprojekte aus dem kardiovaskulären(Herz und Gefäße betreffend) und myokardialen(die Herzmuskulatur betreffend) Forschungsbereich sowieaus <strong>der</strong> bildgebenden Diagnostik, mit Hilfe <strong>der</strong>er genetischverän<strong>der</strong>te Mäuse untersucht wurden. Rund 60 Mitarbeitendeaus insgesamt zehn theoretischen Instituten <strong>der</strong> <strong>Medizinischen</strong>und Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät <strong>der</strong> Heinrich-Heine-Universitätund aus vier klinischen Einrichtungendes Universitätsklinikums waren an dem Großprojekt beteiligt.Hierzu zählten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausden Instituten für Herz- und Kreislaufphysiologie, Biochemieund Molekularbiologie, Hämostaseologie, Hämotherapie undTransfusionsmedizin, Pharmakologie und klinische Pharmakologie,sowie aus dem Institut für Umweltmedizinische Forschung(IUF). Vom Universitätsklinikum stießen zudem Ärztinnenund Ärzte aus <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>klinik, Augenklinik und <strong>der</strong>Klinik für Nephrologie zur Forschergruppe hinzu.Genetische Komponentenund UmweltfaktorenGemeinsames Ziel aller im SFB 612 zusammengeschlossenenTeilprojekte war es, die komplexe Interaktion zwischengenetischen Komponenten und Umweltfaktoren bei Herz-Kreislauf-Erkrankungenzu ergründen, um anschließend in die unterschiedlichenmenschlichen Krankheitsbil<strong>der</strong> ursächlich eingreifenzu können.„Translationale Medizin“ lautet das Stichwort, „from miceto men“ – von <strong>der</strong> Mausklinik zum Krankenbett – das Motto.Das Herz <strong>der</strong> Maus nämlich diente für die Forschungen desSFB 612 als „Modell“. „Mit Hilfe <strong>der</strong> Mausmodelle wolltenwir bedeutende mechanische Einsichten für weiterführendediagnostische und therapeutische Ansätze im menschlichenHerz-Kreislauf-System gewinnen“, berichtet Prof. Dr. JürgenSchra<strong>der</strong>, Initiator und Sprecher des SFB 612. „Dafür habenwir molekularbiologische und genetische Systeme mit sys-Prof. Dr. Jürgen Schra<strong>der</strong> leitete von 1983 bis 2011 das Institut für Herz- undKreislaufphysiologie an <strong>der</strong> Universitätsklinik Düsseldorf. Zehn Jahre langwar er Sprecher des Son<strong>der</strong>forschungsbereichs (SFB) 612 „Molekulare Analysekardiovaskulärer Funktionen und Funktionsstörungen“.40 Magazin 4 | 2012
MEDIZINISCHE FAKULTÄTtembiologischen Analysen verknüpft, um so zu einem besserenVerständnis zwischen genetischer Information undeiner Vielzahl externer und interner Faktoren zu gelangen“,so Prof. Schra<strong>der</strong>. Von 1983 bis 2011 leitete <strong>der</strong> Medizinerdas Institut für Herz- und Kreislaufphysiologie an <strong>der</strong> Uniklinik,dessen Forschungsschwerpunkt auf dem Zusammenspielvon Durchblutung und Stoffwechsel des Herzens sowie<strong>der</strong> molekularen Bildgebung liegt. Als Queen Elizabeth II.2004 während ihres Deutschlandbesuches auch einen Nachmittagim Universitätsklinikum verbrachte, konnte Prof. Schra<strong>der</strong>die Forschungen des SFB 612 zusammen mit einem britischenKollegen auch <strong>der</strong> Königin vorstellen.Letztes Jahr endete seine Amtszeit als Leiter des Institutes.Im Rahmen einer Forschungsprofessur wird Prof. Schra<strong>der</strong>jedoch weiterhin wissenschaftlich an <strong>der</strong> Düsseldorfer Universitättätig bleiben.Kardiovaskuläre Forschung hat in Düsseldorf eine langeTradition. Bereits 1968 wurden zwei Son<strong>der</strong>forschungsbereicheetabliert. Der SFB „Kardiologie“ lief bis 1985, <strong>der</strong> SFB„Koronare Herzkrankheiten“ bis 1997. Anschließend forschtendie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des SFB 612seit 2002 über spezielle Beziehungen im Herz-Kreislauf-System.„Die Ergebnisse unseres SFB haben insbeson<strong>der</strong>e imBereich des Entzündungsimagings wichtige Einblicke eröffnet“,sagt Prof. Schra<strong>der</strong>. Bei diesem bildgebenden Verfahrenlassen sich mittels Magnetresonanztomographie (MRT)Antrag für NachfolgeinitiativeHerzentzündungen feststellen. „Zurzeit laufen die Untersuchungenmit klinischen Scannern, die die Translation desVerfahrens in <strong>der</strong> Klinik erproben, also die Erkenntnisse <strong>der</strong>Grundlagenforschung für die klinische Medizin relevant machenwollen“, so Prof. Schra<strong>der</strong> weiter.Drei erfolgreiche För<strong>der</strong>perioden – drei Jahre und zweimalvier Jahre – hat <strong>der</strong> SFB 612 hinter sich. Und wie gehtes nun weiter? Prof. Schra<strong>der</strong>: „Eine Nachfolgeinitiative füreinen weiteren kardiovaskulären Son<strong>der</strong>forschungsbereichist bereits bei <strong>der</strong> DFG zur Begutachtung eingegangen. Sofernsie das Thema für beson<strong>der</strong>s tragfähig hält, ist eine neueFör<strong>der</strong>ung von maximal zwölf Jahren möglich.“Medizinische Fakultät gründeteCentre for Health and SocietyDie Medizinische Fakultät will zukünftig verstärkt dieWechselwirkungen zwischen Medizin und Gesundheitauf <strong>der</strong> einen und unserer Gesellschaft auf <strong>der</strong>an<strong>der</strong>en Seite untersuchen. Aus diesem Grund hat sie dasCentre for Health and Society (CHS) gegründet, Zentrum fürGesundheit und Gesellschaft.Vier bestehende Einrichtungen <strong>der</strong> Fakultät schließen sichunter diesem Dach zusammen: Die Institute für Allgemeinmedizin,für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, für MedizinischeSoziologie und <strong>der</strong> Bereich Public Health.Brücke schlagen zwischenForschungsthema und Praxis„Die Fakultät möchte mit dieser Gründung zudem eine Brückeschlagen zwischen klinischen Forschungsthemen und <strong>der</strong>täglichen Versorgungspraxis in unserer Uniklinik“, so <strong>der</strong> Dekan<strong>der</strong> Fakultät, Prof. Dr. Joachim Windolf. Eine zentrale Rollekomme dabei <strong>der</strong> Versorgungsforschung zu, die vom Centrefor Health and Society mit getragen und entwickelt werdensoll. Am 5. Oktober fand die Auftaktveranstaltung statt.Als Disziplin mit hohem Praxisbezug und einer patientenorientiertenAusrichtung sind aus den Ergebnissen <strong>der</strong> Versorgungsforschunghäufig konkrete Umsetzungskonzepteableitbar. Dazu gehören die Bewertung von Behandlungsstrategienin <strong>der</strong> Routineversorgung und wie Therapien durch denPatienten umgesetzt werden. Weitere wichtige Forschungsschwerpunktesind u. a. Familienmedizin, Prävention und gesundheitsökonomischeFragestellungen, wie zum Beispiel dieKosteneffektivität neuer Medikamente o<strong>der</strong> Behandlungen.Soeben veröffentlicht wurde eine Studie zum Zusammenhangzwischen Arbeitsstress und Herzinfarkten. Außerdem, so RektorProf. Dr. Dr. H. Michael Piper in seinem Grußwort anlässlich<strong>der</strong> Auftaktveranstaltung, soll erforscht werden, wie diesoziale Ungleichheit von Krankheitsrisiken – Überalterung,Verarmung, verän<strong>der</strong>tes Ernährungsverhalten – identifiziertund reduziert werden kann.Integriert in das CHS sind neben <strong>der</strong> Forschung auch dieLehre in dem Weiterbildungsstudiengang „Public Health“ unddie För<strong>der</strong>ung junger Wissenschaftler. Susanne DopheideKontakt: Dr. Frank Pühlhofer, Institut für MedizinischeSoziologie, Tel. 0211 81-12147, Fax 0211 81-14825, frank.puehlhofer@uni-duesseldorf.deMagazin 4 | 201241