<strong>Die</strong> <strong>Begleitung</strong> <strong>von</strong> <strong>pbi</strong>-<strong>Freiwilligen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Friedensarbeitauch bis zu Jahrzehnte später. (Brune 1999; vgl. auchWünsche 1999:28) „Nach e<strong>in</strong>er sogenannten E<strong>in</strong>wirkungsphase<strong>von</strong> e<strong>in</strong> bis zwei Wochen beg<strong>in</strong>nt die Eigendynamikdes Traumas.“ (eed 2005:13). Aktivitätsschübewechseln mit totaler Erschöpfung ab. Es kann zu Entwicklung<strong>von</strong> Selbstzweifeln, Schuldgefühlen, Depressionenund Gefühlen <strong>von</strong> Hoffnungslosigkeit sowie Wut kommen.<strong>Die</strong> Belastungsreaktionen verschw<strong>in</strong>den bei etwa25-30% <strong>der</strong> Betroffenen nach den ersten vier Wochen.Wenn die Symptome zwischen e<strong>in</strong>em und drei Monatennach dem Ereignis anhalten, sprechen wir <strong>von</strong> e<strong>in</strong>erposttraumatischen Belastungsreaktion. Innerhalb diesesZeitraums erholen sich 30-40% <strong>der</strong> Personen. Nach dreiMonaten kann e<strong>in</strong>e Chronifizierung e<strong>in</strong>treten, die mehrereJahre anhalten kann (ebd.).Posttraumatische Belastungsstörungen können erst dannangemessen behandelt werden, wenn sie fachkundig diagnostiziertwerden (Teegen 2000:348).==> Mögliche körperliche und psychische Folgen, mit denenMenschen auf e<strong>in</strong>e Traumatisierung reagieren, s<strong>in</strong>dvielfältig und können <strong>in</strong>dividuell unterschiedlich se<strong>in</strong>. Esgibt jedoch Kernsymptome, die <strong>in</strong> unterschiedlicher Ausprägungbei allen Traumatisierten zu beobachten s<strong>in</strong>d:ÜbererregungAls Folge des traumatischen Stresses bleibt <strong>der</strong> Körper <strong>in</strong>„Alarmbereitschaft“. <strong>Die</strong>s äußert sich sich <strong>in</strong> Reizbarkeito<strong>der</strong> Wutausbrüchen, Schlafstörungen mit Alpträumen,übertriebener Aufmerksamkeit und Wachsamkeit, Nervositätund erhöhter Schreckhaftigkeit, sowie <strong>in</strong> begleitendenkörperlichen Reaktionen wie z. B. chronischenSchmerzen, unkontrollierbaren Er<strong>in</strong>nerungen, Konzentrations-und Gedächtnisstörungen, selbstschädigendemVerhalten, Verlust haltgeben<strong>der</strong> Überzeugungen sowieDepressionen.IntrusionenE<strong>in</strong> andauerndes Wie<strong>der</strong>erleben des traumatischen Ereignisses.<strong>Die</strong>s zeigt sich <strong>in</strong> unkontrollierbaren, überflutendenEr<strong>in</strong>nerungen an das traumatische Ereignis (Bil<strong>der</strong>,Gedanken, Alpträume, bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n auch Spiele mittraumatischen Inhalten) o<strong>der</strong> im Handeln o<strong>der</strong> Fühlen, alsob das traumatische Ereignis sich aktuell wie<strong>der</strong>hole.VermeidungsverhaltenE<strong>in</strong> Bemühen, Situationen o<strong>der</strong> Reize, die dem ursprünglichentraumatischen Ereignis ähneln o<strong>der</strong> mit diesemassoziiert s<strong>in</strong>d, zu vermeiden. <strong>Die</strong>s äußert sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>embewussten Vermeiden <strong>von</strong> Gedanken, Gesprächen, Aktivitäten,Orten, Menschen o<strong>der</strong> Situationen, die an traumatischeInhalte er<strong>in</strong>nern. Manchmal können e<strong>in</strong>zelneAspekte o<strong>der</strong> das gesamte traumatische Ereignis, <strong>der</strong>Zeitraum se<strong>in</strong>es Auftretens o<strong>der</strong> unmittelbar vorausgehendeo<strong>der</strong> nachfolgende Zeitperioden nicht er<strong>in</strong>nertwerden (bzfo 2006; Teegen 2000:344).Häufig entwickeln Menschen nach e<strong>in</strong>em traumatischenErlebnis Schuld- und Schamgefühle. Menschen denkenimmer wie<strong>der</strong> darüber nach, was passiert ist und wie sieden Verlauf <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge hätten bee<strong>in</strong>flussen können. Vielemachen sich Vorwürfe, dass sie bestimmte D<strong>in</strong>ge getano<strong>der</strong> nicht getan haben o<strong>der</strong> dass sie an<strong>der</strong>s hätten reagierensollen.Nicht alle Menschen entwickeln traumatische körperlicheund psychische Beschwerden nach extrem bedrohlichenErfahrungen. Menschen s<strong>in</strong>d unterschiedlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage,mit den körperlichen und psychischen Folgen alle<strong>in</strong>e o<strong>der</strong>mit Hilfe <strong>von</strong> FreundInnen, Familie und Unterstützung<strong>von</strong> ärztlichen, psychosozialen, psychotherapeutischenFachpersonal umzugehen. 9Menschen, die traumatische Erlebnisse hatten, brauchenvor allem Sicherheit und Stabilität. (Dorn / Novoa 2004)„Stabilisierung <strong>in</strong> diesem Zusammenhang me<strong>in</strong>t den Aufbauund die För<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> äußeren, aber auch <strong>in</strong>nerenStrukturen, die e<strong>in</strong> Erleben <strong>von</strong> Sicherheit, Orientierung,E<strong>in</strong>flussnahme, Fähigkeiten und Selbstwert sowie verlässlichesund verbundenes Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> im Sozialen sowieS<strong>in</strong>n, Kont<strong>in</strong>uität und Perspektive <strong>der</strong> eigenen Existenz ermöglichen.“(ebd.). In diesem S<strong>in</strong>n trägt e<strong>in</strong> guter Nachbereitungsprozess<strong>von</strong> Friedensfachkräften zu ihrer Stabilisierung,sozialen E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung und ihrem psychosozialemWohlbef<strong>in</strong>den bei. (vgl. Kapitel 7.)9 <strong>Die</strong> Risiken, e<strong>in</strong>e PTBS zu entwickeln, hängen <strong>von</strong> verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. allgeme<strong>in</strong>e persönliche Verfassung, Belastungen und Stress vor demErlebnis, Entwicklungsstand <strong>der</strong> betroffenen Person (K<strong>in</strong><strong>der</strong> erleben bedrohliche Ereignisse an<strong>der</strong>s als Erwachsene und s<strong>in</strong>d verwundbarer), vorhergehende Traumatisierung,Lebensgeschichte, Dauer <strong>der</strong> Bedrohung, ob Menschen körperlich versehrt worden s<strong>in</strong>d sowie <strong>von</strong> Reaktionen <strong>der</strong> (stabilen) sozialen Umwelt, obbeispielsweise FreundInnen Sicherheit und Halt bieten können. (Teegen 2000:342ff; eed 2005:14ff)16
Begriffsklärungen <strong>von</strong> Nachbereitung / Debrief<strong>in</strong>g, Trauma und Burnout<strong>pbi</strong>-Freiwillige während e<strong>in</strong>es Friedenserziehungsworkshops<strong>in</strong> Indonesien3.3. BurnoutDas berufliche Burnout-Syndrom (wörtlich: „Ausgebranntse<strong>in</strong>“)me<strong>in</strong>t den Zustand psychischer und physischer Erschöpfungund ist u. a. Folge <strong>von</strong> großem beruflichemStress und dauernden Gefühlen <strong>von</strong> Überfor<strong>der</strong>ung. 10Beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit <strong>in</strong> Kriegs- und Krisengebieten istes wegen <strong>der</strong> bereits angeführten Bed<strong>in</strong>gungen und <strong>der</strong>großen psychischen Belastung nicht ungewöhnlich, dasssich bald erste Anzeichen <strong>von</strong> emotionaler Erschöpfungbemerkbar machen. <strong>Die</strong> Friedensfachkraft fühlt sich ausgebranntund verspürt möglicherweise nur noch wenig<strong>in</strong>nerlichen Antrieb. Außerdem beanspruchen Diskussionenund Probleme <strong>in</strong>nerhalb des Teams immer mehrZeit (vgl. Sabiç 1999:59ff; Beristaín / Donà 2001:24ff).Zudem muss die Fachkraft sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er neuen Situation,mit e<strong>in</strong>er fremden Sprache und Kultur zurechtf<strong>in</strong>den (Akkulturationsstress).Um dem Burnout entgegen zu tretenund sich davor zu schützen, s<strong>in</strong>d das Pflegen sozialerKontakte, Supervision, die gegenseitige Unterstützungim Team und beson<strong>der</strong>s die prozessbegleitende Reflexion<strong>der</strong> eigenen Arbeit und <strong>der</strong> eigenen Grenzen wichtig (Beristaín/ Donà 2001:24ff.). (vgl. Kapitel 7.)Burnout bleibt oft lange Zeit unbemerkt. Auftretende Problemewerden nicht als Folgen <strong>von</strong> Überlastung erkannt,son<strong>der</strong>n persönlichen Schwierigkeiten <strong>der</strong> betroffenenPerson zugeschrieben. Burnout beg<strong>in</strong>nt mit verstärktemArbeitse<strong>in</strong>satz und dem Negieren eigener Bedürfnissenach Ruhe und Entlastung. <strong>Die</strong> eigenen Grenzen werdennicht mehr wahr- und ernst genommen. Von an<strong>der</strong>enwird e<strong>in</strong> ähnlicher E<strong>in</strong>satz gefor<strong>der</strong>t. Es kann zu Frustrationenund Konflikten kommen, Unterstützungsangebote<strong>von</strong> FreundInnen und KollegInnen werden zurückgewiesen(vgl. Wünsche / Döhne 1999; Wünsche 1999:3ff). Zudemkann beispielsweise die eigene privilegierte Position(im Vergleich zu den Begleiteten) zu Schuldgefühlen führen,wodurch die eigenen Bedürfnisse als nichtig ersche<strong>in</strong>en.„Der tatsächliche Grad an Belastung wird nicht mehrwahrgenommen und es wird nicht rechtzeitig für Entlastunggesorgt. Solche Bed<strong>in</strong>gungen und Erfahrungen verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ndie Stressresistenz, das heißt, sie erhöhen dasRisiko für berufliches Burnout und machen verwundbarerfür zusätzliche Belastungen.“ (Wünsche / Döhne 1999)==> Anzeichen für Burnout können se<strong>in</strong>:Reizbarkeit, Apathie, schnelle Ermüdung, Erschöpfung,Vergesslichkeit, Entscheidungsschwierigkeiten, Vernachlässigung<strong>der</strong> Aufgaben, Gefühl <strong>der</strong> Überfor<strong>der</strong>ung, e<strong>in</strong>eArt „Arbeitssucht“, Unzufriedenheit, Schwermut.<strong>pbi</strong> legt großen Wert darauf, die <strong>Freiwilligen</strong> bereits vor<strong>der</strong> Ausreise auf Möglichkeiten <strong>von</strong> Stressbewältigungund Vermeidung <strong>von</strong> Burnout <strong>in</strong> Workshops vorzubereiten.(vgl. Kapitel 5.)In den folgenden Abschnitten werden die Instrumente<strong>der</strong> <strong>Begleitung</strong> <strong>von</strong> <strong>pbi</strong>-Friedensfachkräften – vor, währendund nach e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz – genauer vorgestellt.10 Zur Entstehung und zu Möglichkeiten <strong>der</strong> Stressbewältigung können wir das folgende Buch sehr empfehlen: „Hilfen bei Stress und Belastung“ <strong>von</strong> Re<strong>in</strong>erTausch (2008), <strong>der</strong> seit vielen Jahren am Psychologischen Institut <strong>der</strong> Universität Hamburg arbeitet. / Über Strategien <strong>der</strong> Stressprävention und- Bewältigung vgl.<strong>pbi</strong>-Studie 1:2005.17