HSW - Das Hochschulwesen
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<strong>HSW</strong><br />
bundenen Gehälter (siehe Abbildung 2). In der Abbildung<br />
repräsentiert die Abszisse jeweils das Durchschnittseinkommen<br />
von Absolventen einer Berufsausbildung in dieser<br />
Personengruppe.<br />
In den neuen Bundesländern erhielt der durchschnittliche<br />
Akademiker im Jahr 2001 knapp 60% und die durchschnittliche<br />
Akademikerin etwa 50% mehr Gehalt als die<br />
Absolventen einer Berufsausbildung. Diese Einkommensprämien<br />
sind seit 1991 deutlich gestiegen, nämlich um<br />
77% bei den Männern und um 66% bei den Frauen. Dies<br />
ist umso überraschender, als besonders in den ostdeutschen<br />
Arbeitsmarkt deutlich mehr Akademiker eintraten.<br />
Während der Einkommensanstieg in den ersten Jahren<br />
nach der Wiedervereinigung noch durch Anpassungsprozesse<br />
bedingt sein kann, scheint es auch im weiteren Verlauf<br />
noch einen steigenden Bedarf an Akademikern in den<br />
neuen Bundesländern gegeben zu haben, der sich in steigenden<br />
Preisen niederschlägt.<br />
In den alten Bundesländern hingegen ist die Einkommensprämie<br />
für Akademiker von 1991 bis 2001 um 20% für<br />
Männer und um 11% für Frauen gefallen. Der Arbeitsmarkt<br />
im Westen zeigte sich damit recht rigide: <strong>Das</strong> Angebot an<br />
Akademikern stieg, die Nachfrage blieb konstant und setzte<br />
einen Preisverfall in Gang. Im Durchschnitt verdienen<br />
Akademikerinnen und Akademiker in den alten Bundesländern<br />
jedoch immer noch jeweils ca. 50% mehr als die Absolventen<br />
einer Berufsausbildung.<br />
Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen über die<br />
Annäherung von Universitäten und Fachhochschulen ist<br />
bemerkenswert, dass der Arbeitsmarkt im Durchschnitt<br />
über alle Fächer offensichtlich noch deutlich zwischen Universitäts-<br />
und Fachhochschulabsolventen differenziert. In<br />
den vier betrachteten Gruppen verdienen im Zeitraum von<br />
1991 bis 2001 die Universitätsabsolventen jeweils deutlich<br />
mehr als die Arbeitnehmer mit Fachhochschulabschluss.<br />
Insgesamt zeigt sich jedoch ein konvergierender Trend zwischen<br />
Fachhochschule und Universität.<br />
Die sinkenden Einkommensprämien können nicht nur ein<br />
Zeichen für die finanzielle, sondern auch für eine inhaltliche<br />
Annäherung der Tätigkeiten von Akademikern und Absolventen<br />
einer Berufsausbildung sein. In immer mehr Berufen,<br />
in denen früher eine Berufsausbildung als Qualifikation<br />
ausreichte, ist heute der Hochschulabschluss Standard. Die<br />
zusätzlichen Akademiker aus der Zeit der Hochschulexpansion<br />
fanden also in Positionen Beschäftigung, die vorher<br />
mit Absolventen einer beruflichen Ausbildung besetzt<br />
waren. Obwohl die Akademiker im Durchschnitt teurer<br />
sind, verdrängen sie zunehmend die Nicht-Akademiker aus<br />
deren angestammten Berufen.<br />
3.1 Veränderung der Einkommensverteilung<br />
Nicht für alle Hochschulabsolventen ist dieser Verfall der<br />
Qualifikation ohne Risiko, denn für immer mehr Akademiker<br />
lohnt sich das Studium finanziell überhaupt nicht mehr.<br />
Die 25% der Akademiker mit den niedrigsten Einkommen<br />
verdienen weniger als der durchschnittliche Absolvent<br />
einer Berufsausbildung. Für die fünf oder mehr Jahre Studium<br />
haben diese Hochschulabsolventen nicht nur auf Einkommen<br />
verzichtet und damit Opportunitätskosten angehäuft,<br />
sondern sie können mit ihrem Abschluss auch keinen<br />
Einkommensvorteil mehr auf dem Arbeitsmarkt erzie-<br />
<strong>HSW</strong> 2/2006<br />
Ch. Mück und K. Mühlenbein � Durch Studium zum Spitzenverdienst?<br />
len. Sowohl für die Gesellschaft als auch für diese Hochschulabsolventen<br />
selbst ist ein solches Studium finanziell<br />
kaum mehr zu rechtfertigen.<br />
Doch auch das andere Ende der Einkommensskala ist in Bewegung.<br />
<strong>Das</strong> am besten verdienende Viertel der Akademikerinnen<br />
und Akademiker in den neuen Bundesländern<br />
konnte zwischen 1991 und 2001 eine Steigerung der Einkommensprämie<br />
auf 80% bzw. 100% im Vergleich zum<br />
durchschnittlichen Absolventen einer Berufsausbildung realisieren.<br />
Im Westen dagegen müssen auch die Topverdiener<br />
unter den Akademikern Einbußen in der Einkommensprämie<br />
hinnehmen.<br />
3.2 Einkommensprämie nach Berufserfahrung<br />
Besonders beim Berufseinstieg sind die Akademiker den<br />
Kräften des Arbeitsmarkts ausgesetzt, denn sie konkurrieren<br />
hier mit Arbeitsanbietern, mit denen sie hinsichtlich<br />
ihrer Ausbildung und Berufserfahrung gut vergleichbar sind.<br />
Wenn es tatsächlich einen Akademikerüberhang gibt, so<br />
müssten sich die entsprechenden Effekte auf dem Arbeitsmarkt<br />
vor allem bei jungen Akademikern bemerkbar machen<br />
(Lui/ Suen 2003). Der Effekt fällt bei den Akademikerinnen<br />
im Westen am stärksten aus: Die ohnehin schon sinkende<br />
Einkommensprämie fällt für Hochschulabsolventinnen<br />
mit weniger als 10 Jahren Berufserfahrung stärker als<br />
für berufserfahrene Akademikerinnen. Die Ursache hierfür<br />
kann man zum Teil in der überproportionalen Steigerung<br />
des Frauenanteils an den Akademikern insgesamt, zum Teil<br />
aber auch in einem möglichen Qualitätsverfall der Ausbildung<br />
sehen. Bei den Akademikern im Westen und bei Akademikern<br />
im Osten scheinen junge Hochschulabsolventen<br />
dagegen hoch im Kurs zu stehen. Für die Akademiker in<br />
den alten und neuen Bundesländern ist für das Jahr 2001<br />
festzustellen, dass die Gruppe mit der geringsten Berufserfahrung<br />
die höchste Einkommensprämie aufweist. Hier ist<br />
offenbar das aktuelle Fachwissen aus der Hochschule in vielen<br />
Fällen wichtiger als langjährige Berufserfahrung. Auch<br />
für die Frauen im Osten zeigen sich – auf niedrigerem Niveau<br />
– deutliche Steigerungen der Einkommensprämien vor<br />
allem bei den jungen Akademikerinnen.<br />
3.3 Beschäftigungsstruktur nach Branchen<br />
<strong>Das</strong> klassische Berufsbild der Akademiker beginnt sich zu<br />
verändern. Zwar sind immer noch über 90% der Akademiker<br />
in technischen Berufen und Dienstleistungsberufen<br />
tätig, doch auch die Zahl der Akademiker in Fertigungsund<br />
Agrarberufen nimmt zu. In den alten Bundesländern<br />
zeigt sich von 1991 bis 2001 ein Rückgang des<br />
Akademikeranteils in technischen Berufen. Die Dienstleistungsberufe<br />
jedoch profitieren von der höheren Akademikerzahl:<br />
Im Handel, in Banken und Versicherungen, im Gesundheitsbereich<br />
sowie allgemein im mittleren Management<br />
hat der Akademikeranteil deutlich zugenommen. Die<br />
Bedeutung einer Hochschulbildung in den klassischen Spezialistenpositionen<br />
der Ingenieure und Naturwissenschaftler<br />
sowie in den regulierten Berufen im Sozialwesen ging<br />
hingegen deutlich zurück. Die sinkende Einkommensprämie<br />
für Akademiker lässt also darauf schließen, dass von<br />
Akademikern zunehmend auch Aufgaben übernommen<br />
werden, für deren Durchführung früher keine Hochschulausbildung<br />
nötig war.<br />
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