HSW - Das Hochschulwesen
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<strong>HSW</strong><br />
2. Weiterbildungsperspektiven<br />
Einen Überblick über gegenwärtige Entwicklungen in der<br />
Weiterbildung zu bekommen, ist durchaus schwierig. Wir<br />
haben dies zuletzt in dem Weiterbildungsbericht Hessen<br />
2005 versucht (Faulstich/ Gnahs 2005). Dabei ist, um dies<br />
knapp zusammenzufassen, deutlich, dass sich drei Haupttrends<br />
überlagern: Eine Veränderung der Angebotsstrukturen,<br />
der Personalentwicklung und der Verschiebung in der<br />
Profession.<br />
Der Druck auf die Anbieter hat sich verschärft. Dies liegt<br />
zum einen daran, dass die Bundesagentur für Arbeit ihre<br />
Mittel drastisch zurückgefahren hat, zum andern sparen<br />
auch die Arbeitgeber an der Weiterbildung, solange die<br />
Konjunktur nicht angezogen hat. Durch diese Kürzungen<br />
sind die Weiterbildungsträger in allen Bundesländern<br />
schwer getroffen. Es resultieren drei Trends: Der Versuch,<br />
höhere Effizienz der „Maßnahmen“ durch Kurzfristigkeit zu<br />
erreichen, eine stärkere Technisierung und ausgefeiltere<br />
Marketingstrategien.<br />
Bezogen auf das Personal ist die Zahl der Festeinstellungen<br />
drastisch gesunken. Es ist davon auszugehen, dass etwa 40<br />
Prozent der festen Stellen abgebaut worden ist. Es gibt<br />
dazu zwar keine offiziellen Statistiken, aber wenn man einigermaßen<br />
waghalsig hochrechnet, kommt man auf eine<br />
solche Größenordnung.<br />
Zusätzlich – dabei berühren wir schon das Feld der Hochschule<br />
– ist die Ausbildung des Personals durch die BA-MA-<br />
Umstellung destabilisiert worden. Gerade hatte der Diplomstudiengang<br />
Erziehungswissenschaft einigermaßen<br />
Ansehen und auch Reputation gewonnen; nun wird dieser<br />
Ausbildungsgang mit einem Federstrich beseitigt und in<br />
eine neue Struktur umgestellt. Wichtig allerdings wäre es<br />
für die Stabilität des Feldes, auf alle Fälle ein Hauptfach Erziehungs-<br />
und Bildungswissenschaft zu sichern.<br />
3. Hochschulperspektiven<br />
Im Vordergrund der Debatten an der Hochschule stehen<br />
der Bologna-Prozess und die Exzellenz-Initiative. Dies sollte<br />
allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass gegenwärtig<br />
eine Vielzahl von unterschiedlichen, divergierenden<br />
Einflüssen über die Hochschule herziehen, was vielfältige<br />
personelle und institutionelle Verunsicherungen erzeugt.<br />
Als Haupttrends können wir die Bolognarisierung, die Vermarktlichung<br />
und die Managementisierung unterscheiden.<br />
Konsequente Bolognalisierung<br />
Schon länger wird über die Zusammenfassung von Lehrangeboten<br />
in Modulen diskutiert. Als Assistent von Ernst Ulrich<br />
von Weizsäcker an der Gesamthochschule Kassel, war<br />
ich beteiligt an der Diskussion um die „Baustein-Hochschule“.<br />
Es war allerdings klar, dass es sich um Bausteine handelt,<br />
nicht um Bruchsteine. <strong>Das</strong> zentrale Organisationsproblem<br />
bei dieser Debatte ist die Frage, inwieweit noch eine<br />
Gesamtheit entstehen kann, die so etwas ausmacht, wie<br />
das Profil einer Disziplin. Genau dies ist auch aktuell Aufgabe,<br />
nämlich sicherzustellen, dass die disziplinäre Tradition<br />
nicht zerfällt in beliebige Module.<br />
Bei der Reorganisation der Studiengängen in eine BA-MA-<br />
<strong>HSW</strong> 2/2006<br />
P. Faulstich � Perspektiven wissenschaftlicher Weiterbildung<br />
Struktur könnte eine solche Strategie aufgehen. Dazu muss<br />
allerdings eine Grundtendenz sichergestellt werden, nämlich<br />
auf einem breiten gesicherten Sockel vielfältige profilierter<br />
Angebote aufzusetzen. Meines Erachtens sollte in<br />
der BA-MA-Ebene wenig differenziert werden und die<br />
Möglichkeiten der spezifischen Ausrichtung für die MA-<br />
Stufe reserviert werden. In diesem Kontext kommt dann die<br />
wissenschaftliche Weiterbildung in einen neuen Diskussionszusammenhang,<br />
nämlich der Frage des Verhältnisses<br />
von weiterbildenden Studien und konsekutiven Modellen.<br />
Dabei sind die Grenzen fließend geworden und eine entsprechende<br />
Vielfalt möglich, aber auch gefährlich.<br />
Dies wird Gegenstand der Akkreditierungsverfahren sein,<br />
wobei wichtige Teilprobleme noch nicht gelöst sind. Durch<br />
die Vorgaben der HRK und vor allem der KMK sind einige<br />
Prämissen festgezurrt, die allerdings die besonderen Probleme<br />
wissenschaftlicher Weiterbildung bisher nicht<br />
berücksichtigen. Die Arbeitsgruppe Weiterbildung des Akkreditierungsrates<br />
ist in der letzten Periode nicht zu einem<br />
Ergebnis gekommen; neue Initiativen stehen aus. Es käme<br />
darauf an, die Besonderheiten wissenschaftlicher Weiterbildung<br />
zu sichern. Die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche<br />
Weiterbildung hat dazu entsprechende Empfehlungen<br />
vorgelegt. Deren verstärkte Rolle kommt auch noch<br />
darin zum Ausdruck, dass gerade im Bereich der weiterbildenden<br />
Studien - mit Hoffnung auf Gebühren - vielfältige<br />
Initiativen in Gang gekommen sind.<br />
Vermarktlichung<br />
Die Hoffnungen auf Gebühren bzw. Entgelte, die von Weiterbildungsangeboten<br />
erwartet werden, ist ein wichtiger<br />
Impuls für solche Aktivitäten. Dabei ist generell zu konstatieren,<br />
dass – jenseits aller ökonomischen Glaubensbekenntnisse<br />
– eine Kommerzialisierung ansteht. Auch wenn<br />
man dies ablehnt, kann man nicht die Augen davor verschließen,<br />
dass eine verstärkte individuelle Finanzierung<br />
auch des grundständigen Studiums immer wahrscheinlicher<br />
wird, bzw. schon greift. Die wissenschaftliche Weiterbildung<br />
könnte dazu geradezu Vorreiter sein.<br />
Daraus folgt auch eine verstärkte Autonomisierung von Teileinheiten.<br />
Die Fachbereiche, bzw. Fakultäten erhalten eine<br />
gewichtigere Rolle. Die Hochschule als Ganze wird institutionell<br />
relativiert und die internen Partialsysteme agieren in<br />
eigener Rechnung.<br />
Managementisierung<br />
Die relativ autonomen Teileinheiten werden geführt nach<br />
Prinzipien des „New Public Management“: die Führung und<br />
Leitung wird weniger Kollegialorganen von Wissenschaft<br />
sondern zunehmend Aufgabe von leitenden Managern. Die<br />
personellen Machtkonstellationen verschieben sich auf einzelne<br />
Leitungspersonen. Die Präsidenten und Dekane können<br />
zunehmend weitreichendere Entscheidungen treffen.<br />
Diese beziehen sich zunächst auf die Finanzen, wodurch<br />
den Globalhaushalten entsprechende vergrößerte Entscheidungsspielräume<br />
entstanden sind. Gleichzeitig betrifft dies<br />
auch das Personal, wodurch eigenständige Stellenbewirtschaftung<br />
Möglichkeiten einer Verschiebung des Verhältnisses<br />
von Stammpersonal und Randpersonal möglich geworden<br />
ist. Es gibt dabei unterschiedliche beobachtbare<br />
Aspekte: Zum einen ein Unbesetztlassen von Stellen, was<br />
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