HSW - Das Hochschulwesen
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Hochschulforschung <strong>HSW</strong><br />
PPeetteerr FFaauullssttiicchh<br />
Perspektiven wissenschaftlicher Weiterbildung<br />
Folgen für die Infrastruktur der Hochschulen im Bereich Wissenstransfer<br />
Auf die Frage, wohin sich die wissenschaftliche Weiterbildung<br />
in der Bundesrepublik Deutschland entwickeln wird,<br />
gibt es selbstverständlich keine abschließende Antwort.<br />
Wir finden eher eine Suche nach Pfaden aus einem Irrgarten<br />
als einen breiten Königsweg. Hintergrund dafür ist, dass<br />
sich eine Vielzahl divergierender Trends und gegenläufiger<br />
Prozesse überlagern und so die Gesamtentwicklung ins<br />
Schwingen bringen. Resultat ist eine zunehmende Instabilität<br />
sowohl des Systems der Weiterbildung als auch der<br />
Hochschule. Wissenschaftliche Weiterbildung bewegt sich<br />
an der Schnittstelle zwischen diesen beiden Partialsystemen<br />
und ist insofern besonderen Risiken ausgesetzt. Dies macht<br />
eine koordinierte Strategie sinnvoll, welche für die Adressaten<br />
der Weiterbildungsangebote Transparenz und Auswahlsicherheit<br />
schafft. Deshalb hat die Deutsche Gesellschaft für<br />
wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF)<br />
Empfehlungen zu „Perspektiven wissenschaftlicher Weiterbildung<br />
in Deutschland aus Sicht der Einrichtungen an<br />
Hochschulen“ (2005) vorgelegt, um dem Expansionsprozess<br />
wissenschaftlicher Weiterbildung Kontinuität zu geben<br />
und gleichzeitig neue Initiativen zu entfalten.<br />
Nach Gesetzeslage ist wissenschaftliche Weiterbildung<br />
Kernaufgabe der Hochschulen in Deutschland. Sie ist Strukturprinzip<br />
von Lehre und des Transfers von Forschung. Im<br />
Gegensatz zu der verbreiteten Unterstellung einer geringen<br />
Weiterbildungsbeteiligung hat dieses Aktivitätsspektrum an<br />
Hochschulen bereits erhebliches Gewicht: im „Hochschulkompass“<br />
der Hochschulrektorenkonferenz findet man über<br />
1.500 Einträge in der Rubrik „Weiterführende Studienangebote“.<br />
(Im Vergleich dazu sind etwa 9.000 grundständige<br />
Studienmöglichkeiten verzeichnet.) Es werden außerdem<br />
mehr als 300 Weiterbildungsinstitutionen im Hochschulkontext<br />
ausgewiesen. Eine Recherche der „Deutschen Gesellschaft<br />
für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium“<br />
(DGWF) schätzt die jährlichen Teilnahmefälle auf fast<br />
100.000. Zusätzlich weist die Gasthörerstatistik der Hochschulen<br />
etwa 40.000 Teilnehmende aus. Die Gesamtzahl<br />
dürfte noch wesentlich höher sein (Bade-Becker u.a. 2004).<br />
Wenn wir uns der Perspektiven wissenschaftlicher Weiterbildung<br />
vergewissern wollen, geht es um Gestaltungsmöglichkeiten<br />
und -ansätze zu identifizieren erstens darum,<br />
übergreifenden Regulationsmechanismen bezogen auf die<br />
Kopplung zwischen politischem System und gesellschaftlichen<br />
Partialsystemen zu bestimmen. Zweitens, muss das<br />
Partialsystem Weiterbildung genauer betrachtet werden<br />
und die darin ablaufenden Prozesse der Reorganisation.<br />
Drittens, können wir dann die Haupttrends bezogen auf das<br />
Hochschulsystem zusammenfassend betrachten und – viertens<br />
– die entsprechenden divergierenden Teilprozesse verfolgen.<br />
Daraus ergeben sich Anforderungen an die Einrichtungen<br />
wissenschaftlicher Weiterbildung.<br />
Peter Faulstich<br />
In his article on Perspectives in Scientific Further Education:<br />
Consequences for the Infrastructure of Higher<br />
Education Institutes in the Field of Knowledge Transfer,<br />
Peter Faulstich reveals some contradictory and<br />
overlapping trends. Particularly for scientific further<br />
education at higher education institutes, the introduction<br />
of Master's structures has had serious consequences<br />
for its existing positioning. This situation has led to<br />
such an expansion in the spectrum of functions to be<br />
met that only a permanent, scientifically organized infrastructure<br />
can solve these tasks: It is necessary to set<br />
up central institutes for scientific further education.<br />
1. Von der vorausschauenden Rahmenplanung<br />
zu evaluativen Qualitätssicherungssystemen<br />
Seit mittlerweile einem Jahrzehnt beobachten wir eine Entwicklung<br />
im Verhältnis von politischer Gestaltung und gesellschaftlichen<br />
Teilsystemen, welche von der Vorstellung<br />
zentraler, synoptischer Planung immer mehr abgeht. Angesichts<br />
der fortdauernden Finanzkrise des Staates ist es<br />
schon von den notwendigwerdenden Ressourcen her gesehen<br />
nicht mehr möglich, politische Regulation durch geplante<br />
Steuerung durchzusetzen. Neben dem Ressourcenproblem<br />
gibt es außerdem noch vielfältig ungelöste Fragen<br />
der übergroßen Komplexität und Intransparenz von Teilbereichen.<br />
Dies hat dazu geführt, dass eine vorausschauende Planung<br />
immer weniger möglich ist und deshalb eine „Herrschaft<br />
zweiten Grades“ als Regulationsmechanismus angezogen<br />
wird: die nachträgliche Evaluation von Resultaten und Prozessen.<br />
Evaluation bedeutet die Bewertung der Güte von<br />
Entwicklungen und Ergebnissen, wobei klar ist, dass diese<br />
immer Wertmaßstäbe, also Kriterien braucht. Qualitätsmanagement<br />
kann also generell als Verfahren betrachtet werden,<br />
um die Wahrscheinlichkeit, dass ein Produkt gut ist,<br />
zu erhöhen.<br />
Nichtsdestoweniger handelt es sich dabei um einen Mechanismus<br />
von Kontrolle und Herrschaft. Mit einem Begriff von<br />
Foucault könnte man dies als „Gouvernementalität“ bezeichnen:<br />
Die Hineinverlagerung von Herrschaft in die Partialsysteme,<br />
bzw. in die psychischen Strukturen der Akteure.<br />
Diesen Regulationsmechanismus finden wir sowohl in<br />
der Weiterbildung als auch in der Hochschule: Qualitätssicherung<br />
und Akkreditierungsverfahren sind angesagt.<br />
68 <strong>HSW</strong> 2/2006