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77. Tagung der AEPF in <strong>Bielefeld</strong><br />

Arbeitsgruppe für Empirische Pädagogische Forschung<br />

10. – 12. September 2012<br />

Vielfalt empirischer Forschung in Erziehung, Bildung und<br />

Sozialisation


Impressum<br />

AG 9 – Medienpädagogik, Forschungsmethoden und Jugendforschung<br />

Prof. Dr. Oliver Böhm-Kasper<br />

Fakultät für Erziehungswissenschaft<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

<strong>Universität</strong>sstraße 25<br />

33615 <strong>Bielefeld</strong><br />

Organisationsteam: Oliver Böhm-Kasper<br />

Petra Buchalla<br />

Vanessa Dizinger<br />

Marius Harring<br />

Johanna Jost<br />

Renate Möller<br />

Druck: Hans Gieselmann Druck & Medienhaus, <strong>Bielefeld</strong><br />

Dank: Wir bedanken uns herzlich für die großzügige finanzielle Unterstützung des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung (BMBF). Dem Waxmann-Verlag gebührt besonderer<br />

Dank für die Stiftung des Posterpreises. Weiter bedanken wir uns bei der<br />

Westfälisch-Lippischen <strong>Universität</strong>sgesellschaft (WLUG) sowie bei der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Bielefeld</strong>, Fakultät für Erziehungswissenschaft, für die finanzielle Unterstützung. Zu<br />

guter Letzt bedanken wir uns ganz herzlich auch bei allen Hilfskräften, Freunden und<br />

Förderern der Tagung für ihr Engagement.<br />

2


Inhaltsverzeichnis<br />

Grußworte 4<br />

Anreise und Tagungsort 8<br />

Rahmenprogramm 9<br />

Vorprogramm 10<br />

Tagungsprogramm 12<br />

Montag 14<br />

Dienstag 20<br />

Mittwoch 26<br />

Tagungsbeiträge<br />

Montag 32<br />

Dienstag 188<br />

Mittwoch 382<br />

Personenregister 476<br />

3


Grußworte<br />

Zur 77. Tagung der Arbeitsgruppe für Empirische Pädagogische Forschung begrüße ich alle Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer sehr herzlich an der <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong>! Ich freue mich sehr,<br />

dass wieder einmal eine hochkarätig besetzte Tagung bei uns stattfinden kann, und hoffe dass<br />

Sie alle sich bei uns wohlfühlen werden.<br />

Ich glaube, dass Sie ein passendes wissenschaftliches Umfeld für diese Veranstaltung gewählt<br />

haben. Sie kommen hier in eine junge <strong>Universität</strong>, die nicht mit traditionellem Ballast zu kämpfen<br />

hat, sondern offen ist für vielfältige neue Ideen in Forschung und Lehre. Gründungsmerkmal<br />

der <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong> – und das ist natürlich auch für empirische pädagogische Forschung<br />

relevant – ist die Interdisziplinarität, eine gelebte Interdisziplinarität, die in immer neuen Konstellationen<br />

Garant für internationale Sichtbarkeit in vielen Wissenschaftsbereichen ist. Schon<br />

früh profilierte sich die <strong>Universität</strong> besonders in den Geistes- und Sozialwissenschaften. <strong>Bielefeld</strong><br />

hatte schnell die größte Fakultät für Soziologie (mindestens) europaweit mit großen Namen wie<br />

Niklas Luhmann und F.X. Kaufmann und weist hier auch in den letzten Jahren, etwa in der Exzellenzinitiative,<br />

große Forschungserfolge auf. Sehr erfreulich ist für die <strong>Universität</strong> zugleich, wie<br />

sich das Renommee der Fakultät für Erziehungswissenschaft entwickelt hat: Seit vielen Jahren<br />

erzielt sie regelmäßig Spitzenplätze bei Rankings. Dabei spielt (selbstverständlich!) auch die<br />

empirische Forschung vor einem interdisziplinären Hintergrund eine wichtige Rolle.<br />

Mit Recht werden die Ergebnisse empirischer sozialwissenschaftlicher Forschung in der Öffentlichkeit<br />

in vielen Fällen mit großem Interesse verfolgt. Die etwas hämische Unterstellung, dass<br />

durch sie nur untermauert werde, was ohnehin auf der Hand liege, ist in den letzten Jahren<br />

immer seltener zu hören. Im Gegenteil: Aufgeregte Diskussionen können durch handfeste Fakten<br />

in geordnete Bahnen gelenkt und umgekehrt können wichtige gesellschaftliche Prozesse durch<br />

überraschende empirische Erkenntnisse angestoßen werden. Augenblicklich könnte man sich<br />

beispielsweise eine stärkere „Unterfütterung“ der G 8-Diskussion vorstellen, und die Hochschulen<br />

können aktuell im Zusammenhang mit dem unabgeschlossenen Thema „Bologna“ eigentlich<br />

gar nicht genug über sich selbst wissen.<br />

Ich wünsche Ihnen einen ertragreichen Aufenthalt in <strong>Bielefeld</strong> mit spannenden Diskussionen und<br />

Erkenntnissen, die nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes weiterbringen.<br />

Prof. Dr.-Ing. Gerhard Sagerer<br />

Rektor der <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

4


Grußworte<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

ich begrüße Sie herzlich zur 77. Tagung der Arbeitsgruppe für Empirische Pädagogische<br />

Forschung in <strong>Bielefeld</strong>. Für diese Tagung hat das Organisationskomitee ein Thema gewählt,<br />

das keine inhaltliche oder methodische Fokussierung beinhaltet, sondern das Augenmerk<br />

auf die Vielfalt der Forschung lenkt, die in der AEPF zu Hause ist. Gerade angesichts der<br />

aktuellen Diskussion darüber, wie sich unsere Arbeitsgruppe weiter entwickeln wird, ist es<br />

eine gute Idee, sich diese Vielfalt und das damit verbundene Potenzial vor Augen zu führen.<br />

Das Thema „Vielfalt empirischer Forschung in Bildung, Erziehung und Sozialisation“ macht<br />

darauf aufmerksam, dass Mitglieder der AEPF in verschiedenen Forschungsfeldern aktiv<br />

sind und sich mit einer breiten Palette von Forschungsthemen beschäftigen. Es werden<br />

Bedingungen, Prozesse und Erträge von Bildung, Erziehung und Sozialisation sowohl in institutionellen<br />

Kontexten als auch außerhalb von Institutionen untersucht. Die Analysen beziehen<br />

sich auf unterschiedliche Altersgruppen und auf unterschiedliche Ebenen. Es werden<br />

kognitive Aspekte von Bildung, Erziehung und Sozialisation ebenso in den Blick genommen<br />

wie motivationale, emotionale und handlungsbezogene. Je nach Fragestellung werden in<br />

den Analysen unterschiedliche Methoden eingesetzt. Die Mehrheit der Beiträge auf unseren<br />

Tagungen ist zwar quantitativ orientiert, aber es werden immer auch Studien präsentiert,<br />

die mit qualitativen Methoden arbeiten. Dieser Aspekt der Vielfalt wird sich in Zukunft<br />

sicher noch verstärken.<br />

Vielfalt ist aber nicht Beliebigkeit. Die inhaltliche und methodische Breite der Forschung von<br />

AEPF-Mitgliedern ist durch unsere gemeinsamen Forschungsgegenstände bedingt, die in<br />

hohem Maße komplex sind und von unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden<br />

müssen, um verstanden zu werden. Eine Herausforderung der Zukunft wird darin bestehen,<br />

diese Perspektiven noch stärker als bisher aufeinander zu beziehen und miteinander zu<br />

verbinden – theoretisch wie empirisch. Ein weiteres verbindendes Element, das zugleich<br />

eine Herausforderung darstellt, ist die Qualität unserer Tagungen. Unabhängig von ihren<br />

Forschungsschwerpunkten war es den AEPF-Mitgliedern immer wichtig, dass die Arbeiten,<br />

die wir präsentieren, sowohl theoretisch als auch methodisch gut sind. Wenn es uns weiterhin<br />

gelingt, eine hohe Qualität unserer Tagungen sicherzustellen, wird die AEPF mit Sicherheit<br />

auch in Zukunft als Forum für den Austausch über interessante und anspruchsvolle<br />

Forschung eine zentrale Rolle spielen.<br />

Ich danke den <strong>Bielefeld</strong>er Kolleginnen und Kollegen ganz herzlich für die Planung sowohl<br />

des wissenschaftlichen Programms als auch des Rahmenprogramms und wünsche uns allen<br />

eine anregende und angenehme Tagung.<br />

Ihre<br />

Prof. Dr. Petra Stanat<br />

Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Empirische Pädagogische Forschung (AEPF)<br />

5


Grußworte<br />

Liebe Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer,<br />

im Namen des gesamten Organisationsteams begrüßen wir Sie ganz herzlich zur 77. Tagung<br />

der Arbeitsgruppe für Empirische Pädagogische Forschung an der <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong>.<br />

Die diesjährige Tagung steht unter dem Motto „Vielfalt empirischer Forschung in Bildung,<br />

Erziehung & Sozialisation“. Mit dem Tagungsthema möchten wir den vielfältigen Forschungsbemühungen<br />

in den Gegenstandsbereichen empirisch-pädagogischer Forschung<br />

Raum geben. Das Thema spiegelt zudem auch die inhaltliche Struktur der erziehungswissenschaftlichen<br />

Fakultät an der <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong> wider, die sich in 10 Arbeitsgruppen<br />

gliedert. Hier wird auf den Gebieten der (Medien-) Erziehung, der Sozialisation im Kindes-<br />

und Jugendalter, der Kindheits- und Jugendforschung, der Sozialpädagogik und pädagogischen<br />

Beratung, der Weiterbildung im Erwachsenenalter, der Bildungs- und Schulforschung<br />

sowie der Migrationspädagogik empirisch geforscht.<br />

Wir freuen uns darauf, in den kommenden Tagen mit Ihnen gemeinsam die vielfältigen<br />

Forschungsbemühungen zu Fragestellungen von Bildung, Erziehung und Sozialisation im<br />

Rahmen von unterschiedlichen Workshops, Symposien, Posterpräsentationen und Einzelbeiträgen<br />

zu diskutieren.<br />

Gleichzeitig möchten wir die Gelegenheit nutzen, um uns bereits an dieser Stelle bei allen<br />

Kolleginnen und Kollegen zu bedanken, die mit ihren Beiträgen die vor uns liegende Tagung<br />

erst ermöglicht haben und mit ihrer Expertise den Diskurs um die Interdependenz von Bildung,<br />

Erziehung und Sozialisation aus einer empirischen Perspektive bereichern werden.<br />

Ebenfalls gilt unser Dank den zahlreichen Personen, die organisatorisch zum Gelingen der<br />

Tagung beitragen. Für die finanzielle Unterstützung danken wir in erster Linie dem Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung, der Westfälisch-Lippischen <strong>Universität</strong>sgesellschaft,<br />

dem Waxmann-Verlag sowie der Fakultät für Erziehungswissenschaft der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Bielefeld</strong>.<br />

Wir wünschen Ihnen eine anregende Tagung und eine angenehme Zeit in <strong>Bielefeld</strong>.<br />

Oliver Böhm-Kasper, Petra Buchalla, Vanessa Dizinger, Marius Harring, Johanna Jost &<br />

Renate Möller<br />

Organisationsteam der AEPF-Tagung in <strong>Bielefeld</strong><br />

6


Anreise und Tagungsort<br />

Die <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong> wurde 1969 mit explizitem Forschungsauftrag und hohem Anspruch<br />

an die Qualität einer forschungsorientierten Lehre gegründet. Heute umfasst sie 13<br />

Fakultäten, die ein differenziertes Fächerspektrum in den Geistes-, Natur-, Sozial- und<br />

Technikwissenschaften abdecken. Mit etwa 18.500 Studierenden in 80 Studiengängen, rund<br />

2.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter ca. 1.480 Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftler, gehört sie zu den mittelgroßen <strong>Universität</strong>en in Deutschland.<br />

Tagungsbüro<br />

Das Tagungsbüro befindet sich in der Halle der <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong>, rechts neben der<br />

Haupttreppe im Uni Q. Hier können Sie sich zur Tagung anmelden und erhalten Ihre Tagungsunterlagen<br />

und Namensschilder.<br />

Öffnungszeiten (Tagungsbüro)<br />

Mo. 10. September 2012 8:00 Uhr – 18:30 Uhr<br />

Di. 11. September 2012 8:00 Uhr – 18:30 Uhr<br />

Mi. 12. September 2012 8:00 Uhr – 15:30 Uhr<br />

Tagungsräume<br />

Die Tagungsräume befinden sich in den Gebäudeteilen T und S, die Hörsäle sind alle von der<br />

zentralen Halle der <strong>Universität</strong> aus zu erreichen.<br />

Garderobe<br />

Die Garderobe befindet sich in C0 106.<br />

Rechner- und Internetzugang<br />

Mit den Zugangsdaten in Ihren Tagungsmappen können Sie sich an allen stationären Rechnern<br />

der Uni <strong>Bielefeld</strong> einloggen. Die stationären PCs finden Sie im Hochschulrechenzentrum<br />

(HRZ) in V0.<br />

Anreise zum Tagungsort<br />

Die Uni <strong>Bielefeld</strong> erreichen Sie mit der Straßenbahnlinie 4 (Richtung <strong>Universität</strong>/<br />

Lohmannshof). Ein Liniennetzplan sowie einen Stadtplan finden Sie in Ihren Tagungsunterlagen.<br />

Pausenversorgung<br />

In den Kaffepausen stehen für Sie in der Halle Kaffee und Tee bereit. Die Cafeteria hat von<br />

8:00 Uhr bis 18:00 Uhr für Sie geöffnet. Die Mensa ist von 11:30 Uhr bis 14:00 Uhr geöffnet.<br />

Wertmarken für die Menüs erhalten Sie im Tagungsbüro.<br />

8


Rahmenprogramm<br />

Sonntag 09. September 2012<br />

16.00 – 18.00 Uhr: Campus-Führung (Treffpunkt Bauteil H, Morgenbreede 39)<br />

Auf dem Campus <strong>Bielefeld</strong> tut sich was: Bis 2025 werden über eine Milliarde Euro in den<br />

Wissenschaftsstandort <strong>Bielefeld</strong> investiert. Neben dem bereits bestehenden <strong>Universität</strong>shauptgebäude<br />

mit seiner bundesweit einzigartigen Architektur, entsteht der Neubau der<br />

Fachhochschule und der Ergänzungsneubau der <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong>, ganz getreu dem<br />

Markenzeichen der Uni "Interdisziplinarität".<br />

Begleiten Sie uns auf einer Entdeckungsreise durch den Campus <strong>Bielefeld</strong>.<br />

Ab 19 Uhr: Abendessen auf der Sparrenburg<br />

Eindrucksvoll zeigt sich das <strong>Bielefeld</strong>er Wahrzeichen - die Sparrenburg - hoch über der<br />

Stadt. Mit einem gemütlichen Abendessen im Restaurant Sparrenburg wollen wir uns gemeinsam<br />

auf die Tagung einstimmen.<br />

Das Restaurant befindet sich auf dem Burggelände.<br />

Restaurant Sparrenburg, Familie Niegisch, Am Sparrenberg 38a, 33602 <strong>Bielefeld</strong>.<br />

Straßenbahn: Haltestelle „Landgericht“ (Linien 1+2). Die Haltestelle befindet sich direkt am<br />

Fuß des Berges auf dem die Burg steht.<br />

Montag 10. September 2012<br />

16.15 – 18.30 Uhr: Führung durch die Laborschule (Treffpunkt Eingang Laborschule)<br />

Die <strong>Bielefeld</strong>er Laborschule ist staatliche Versuchsschule des Landes Nordrhein-Westfalen.<br />

Zusammen mit dem benachbarten Oberstufen-Kolleg wurde sie 1974 nach den Vorstellungen<br />

und unter der Leitung des Pädagogen Hartmut von Hentig gegründet. Die Führung<br />

gewährt einen Einblick in den Alltag der Laborschule.<br />

Dienstag 10. September 2012<br />

Ab 19.30 Uhr: Gesellschaftsabend (Raum Mensa)<br />

Der Gesellschaftsabend der Tagung findet, getreu dem architektonischen Motto der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Bielefeld</strong> "Alles unter einem Dach", in der Mensa der <strong>Universität</strong> statt. Musikalisch<br />

wird der erste Teil des Abends von der Uni Big Band begleitet. Der Unkostenbeitrag für den<br />

Gesellschaftsabend beträgt 35 Euro inklusive Getränke und musikalischer Umrahmung. Das<br />

Kontingent an Tickets für den Gesellschaftsabend ist auf 300 Stück begrenzt.<br />

9


So. 09.09. | Pre-Conference Workshops | 14:00 Uhr – 18:00 Uhr<br />

Für den wissenschaftlichen Nachwuchs werden im Vorfeld der Konferenz 3 Pre-Conference<br />

Workshops angeboten.<br />

Die dokumentarische Methode als Verfahren der rekonstruktiven Sozialforschung<br />

Raum: T2-227<br />

Jun.- Prof. Dr. Nicolle Pfaff (Georg-August-<strong>Universität</strong> Göttingen)<br />

Die dokumentarische Methode ist ein elaboriertes und breit anwendbares Verfahren der<br />

rekonstruktiven Sozialforschung. Der Workshop führt in zentrale methodologische Grundlagen<br />

(1) und methodische Prinzipien (2) der dokumentarischen Methode ein, diskutiert Anwendungsfelder<br />

der aus ihr hervorgegangenen Verfahren (3) und führt an Beispielen aus<br />

den Feldern der Schul- und Jugendforschung exemplarisch in die dokumentarische Textinterpretation<br />

ein (4). Bei Bedarf kann schließlich auch die Anwendung der Methode mit Blick<br />

auf Forschungsprojekte der Teilnehmenden diskutiert werden (5).<br />

Methoden-Triangulation (Mixed Methods) in der Erziehungswissenschaft, Bildungsforschung<br />

und Sozialisationsforschung<br />

Raum: T2-213<br />

Jun.-Prof. Dr. Falk Radisch und Jun.-Prof. Dr. Viola Hartung Beck (Bergische <strong>Universität</strong><br />

Wuppertal)<br />

Gerade für umfassendere empirische Forschungsvorhaben wird in der Regel ein triangulativer<br />

Zugang zur möglichen Steigerung des Erkenntnisgewinns gefordert. Kern der triangulativen<br />

Forschungsstrategie ist es, ein Phänomen aus verschiedenen Perspektiven und/oder<br />

mit Hilfe verschiedener Methoden zu beleuchten, um die Gültigkeit der Forschungsergebnisse<br />

zu erhöhen. Dabei können diverse Formen der Triangulation unterschieden werden:<br />

Die Kombination verschiedener Datenquellen, Methoden, Disziplinen bzw. Theorien oder<br />

Forscher(innen)perspektiven. Gerade die Triangulation von quantitativen und qualitativen<br />

Methoden nimmt in der Bildungs- und Sozialisationsforschung einen zunehmend zentralen<br />

Stellenwert ein.<br />

Auf Basis einer Überblicksdarstellung zu gängigen triangulativen Forschungsstrategien werden<br />

im Rahmen des Workshops die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten und Herausforderungen<br />

triangulativer Forschungsdesigns fokussiert. Hierzu werden für die unterschiedlichen<br />

Designs konkrete Untersuchungen vorgestellt, an denen die Vor- und Nachteile der<br />

Verfahren diskutiert werden können. Weiterhin können dafür auch eigene Forschungsarbeiten<br />

der Workshopteilnehmer/innen eingebracht werden. Dem Prinzip der Triangulation<br />

folgend ist auch die Leitung des Workshop „mehrperspektivisch“.<br />

10


Umgang mit Missing Data<br />

Raum: V0-133<br />

Dipl.-Math. Alexander Robitzsch (Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation & Entwicklung<br />

des österreichischen Schulwesens, Zentrum Salzburg)<br />

Bei statistischen Datenanalysen stellt der Umgang mit fehlenden Werten (Missing Data) für<br />

Wissenschaftler/innen eine Herausforderung dar. Der Workshop soll mögliche Vorgehensweisen<br />

zur Behandlung fehlender Werte aufzeigen. Für den Umgang mit Missing Data können<br />

dabei drei Verfahrensgruppen unterschieden werden: die klassischen Verfahren, die<br />

imputationsbasierten Verfahren und die modellbasierten Vorgehensweisen. Schwerpunkt<br />

des Workshops stellt das imputationsbasierte Verfahren dar. Dem Workshop-Charakter<br />

folgend nehmen Übungen mit Beispieldatensätzen einen zentralen Stellenwert ein. Dabei<br />

wird die Statistiksoftware R mit dem R-Paket mice verwendet.<br />

11


Tagungsprogramm<br />

Sonntag 09. September 2012<br />

Uhrzeit Ablauf<br />

14:00 Uhr Pre-Conference Workshop<br />

bis<br />

18:00 Uhr<br />

16:00 Uhr Campusführung<br />

bis<br />

18:00 Uhr<br />

Ab 19:00 Uhr Abendessen auf der Sparrenburg<br />

Montag 10. September 2012<br />

Uhrzeit Ablauf<br />

Ab 9:30 Uhr Anmeldung und Kaffee<br />

11:00 Uhr Eröffnung der Tagung<br />

bis<br />

11:30 Uhr<br />

11:30 Uhr Keynotespeaker: Prof. Dr. Horst Weishaupt (Deutsches Institut für Inter-<br />

bis<br />

nationale Pädagogische Forschung) (AUDIMAX)<br />

12:30 Uhr Bildungsmonitoring und systembezogene Bildungsforschung<br />

12:30 Uhr Mittagspause<br />

bis<br />

13:30 Uhr<br />

13:30 Uhr Symposien und Vorträge<br />

bis<br />

15:45 Uhr<br />

15:45 Uhr Kaffeepause<br />

bis<br />

16:15 Uhr<br />

16:15 Uhr Symposien und Vorträge<br />

bis<br />

Führung durch die Laborschule<br />

18:30 Uhr<br />

12


Dienstag 11. September 2012<br />

Uhrzeit<br />

09:00 Uhr<br />

bis<br />

10:00 Uhr<br />

10:00 Uhr<br />

bis<br />

10:30 Uhr<br />

10:30 Uhr<br />

bis<br />

12:30 Uhr<br />

12:30 Uhr<br />

bis<br />

13:15 Uhr<br />

13:15 Uhr<br />

bis<br />

15:30 Uhr<br />

15:30 Uhr<br />

bis<br />

16:00 Uhr<br />

16:00 Uhr<br />

bis<br />

17:30 Uhr<br />

17:30 Uhr<br />

bis<br />

19:30 Uhr<br />

Ablauf<br />

Keynotespeaker: Prof. Dr. Sabine Andresen (Goethe <strong>Universität</strong> Frankfurt<br />

am Main) (AUDIMAX)<br />

Aus Elternsicht. Die Perspektive von Müttern und Vätern in der empirischen<br />

Forschung<br />

Kaffeepause<br />

Postersession (Galerie 1.Stock | Uni-Halle)<br />

Mittagspause<br />

Symposien und Vorträge<br />

Kaffeepause<br />

Symposien und Vorträge<br />

AEPF-Mitgliederversammlung (AUDIMAX)<br />

Ab 19:30 Uhr Gesellschaftsabend in der Uni Mensa<br />

Mittwoch 12. September 2012<br />

Uhrzeit Ablauf<br />

09:00 Uhr<br />

bis<br />

10:00 Uhr<br />

10:00 Uhr<br />

bis<br />

10:30 Uhr<br />

10:30 Uhr<br />

bis<br />

14:15 Uhr<br />

Keynotespeaker: Prof. Dr. Andreas Zick (<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong>)<br />

(AUDIMAX)<br />

Erziehung, Bildung und Menschenfeindlichkeit - Studien zur politischen<br />

Sozialisation des Vorurteils<br />

Kaffeepause<br />

Symposien und Vorträge<br />

13


Mo. 10.09.| Symposium 1 | 13:30 Uhr – 18:25 Uhr | H 1<br />

Julia Gorges 1 , Birgit Lütje-Klose 1 , Malte Schwinger 2 , Elke Wild 1<br />

Diagnostische Herausforderungen der Inklusionsforschung<br />

1 <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong>, 2 Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen<br />

julia.gorges@uni-bielefeld.de<br />

In großen internationalen Studien der empirischen Bildungsforschung werden Schüler/innen mit<br />

besonderem Förderbedarf bislang nicht berücksichtigt (z.B. IGLU, TIMMS). Auch in pädagogischpsychologischen<br />

Untersuchungen zentraler theoretischer Konstrukte wie Lernmotivation und<br />

Wissenserwerb spielen Förderschüler/innen nur eine untergeordnete Rolle. Eine mögliche Ursache<br />

für diese Entwicklungen könnten die besonderen diagnostischen Herausforderungen sein,<br />

denen sich Forscher/innen mit dieser Zielgruppe stellen müssen.<br />

Im Symposium sollen daher vor dem Hintergrund aktueller Forschungsprojekte im Themenfeld<br />

Inklusion Fragen der Diagnostik diskutiert werden. Im Beitrag von Krammer et al. geht es um<br />

diagnostische Kriterien, die in der Praxis als Grundlage für die Diagnose Lernbehinderung dienen.<br />

Unabhängig von einer solchen Diagnose und der damit verbundenen Kategorisierung der Schüler/innen<br />

kann mithilfe des Instruments ILEA T, welches Geiling und Liebers vorstellen, eine<br />

individuelle Erfassung der Lernentwicklung vorgenommen werden. Dieses Instrument entspricht<br />

daher besonders den Prinzipien inklusiver Beschulung. Inklusion steht auch im Mittelpunkt des<br />

Beitrags von Grosche et al. Ihr Screeninginstrument zur Erfassung von Hauptkompetenzen im<br />

Lernen und Verhalten sowie kriterialer Schulleistungen soll auch Lehrkräfte ohne sonderpädagogische<br />

Ausbildung in der Lage versetzen, Förderbedarf zu erkennen. Haeberlin stellt in seinem<br />

Beitrag zum schweizerischen INTSEP-Forschungsprogramm Ergebnisse zur Langzeitwirkung schulischer<br />

Inklusion vor und die Diagnose Lernbehinderung grundsätzlich in Frage. Aus dem Umfeld<br />

des BiLieF-Projekts, bei dem die psychosoziale Entwicklung von Schüler/innen in verschiedenen<br />

Fördersettings im Mittelpunkt steht, thematisieren Baumanns et al. die Schwierigkeiten, die mit<br />

der Erfassung psychologischer Konstrukte durch Selbstberichte einhergehen. Diese Methode ist<br />

in der psychologischen Forschung weit verbreitet, jedoch auch voraussetzungsreich. Sie erfordert<br />

insbesondere eine hohe Selbstreflexion und verbale Kompetenz. Stelling und Lütje-Klose<br />

stellen eine aktuelle Studie zum Wohlbefinden von Förderschüler/innen vor, in der diesen Herausforderungen<br />

erfolgreich begegnet wurde. Die Quintessenz dieser Beiträge wird abschließend<br />

aus sonderpädagogischer Sicht von Michael Urban und aus psychologischer Perspektive von<br />

Malte Schwinger diskutiert.<br />

32


Beiträge<br />

1. Matthias Krammer, Markus Gebhardt, Barbara Gasteiger-Klicpera<br />

Diagnostische Kriterien der Diagnose Lernbehinderung in den Gutachten zur Feststellung<br />

des Sonderpädagogischen Förderbedarfs in der Steiermark<br />

2. Ute Geiling, Katrin Liebers<br />

ILEA T: ein diagnostisches Angebot – Diagnostische Herausforderungen der Inklusionsforschung<br />

3. Michael Grosche, Jürgen Wilbert, Thomas Hennemann<br />

Screening von Lern- und Verhaltenskompetenzen in inklusiven Grundschulklassen<br />

4. Urs Haeberlin<br />

Sonderschulen für Lernbehinderte abschaffen? – Einige Ergebnisse aus dem Freiburger<br />

INTSEP-Forschungsprogramm zur Integration und Separation von Kindern mit Schulleistungsschwächen<br />

5. Rebecca Baumanns, Carola Grunschel, Julia Gorges, Malte Schwinger<br />

Wer bin ich? Erfassung selbstbezogener Konstrukte bei Kindern mit<br />

sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen<br />

6. Silke Stelling, Birgit Lütje-Klose<br />

Schulisches Wohlbefinden von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf Lernen -<br />

Ergebnisse einer Pilotstudie zum Vergleich von integrativen Grundschulklassen und Förderschulklassen<br />

33


Mo. 10.09.| Symposium 1 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | H 1<br />

Matthias Krammer, Markus Gebhardt, Barbara Gasteiger Klicpera<br />

Diagnostische Kriterien der Diagnose Lernbehinderung in den Gutachten<br />

zur Feststellung des Sonderpädagogischen Förderbedarfs in der Steiermark<br />

Karl-Franzens-<strong>Universität</strong> Graz<br />

Es gibt international keinen Konsens über die diagnostischen Kriterien für die Diagnose einer<br />

Lernbehinderung (LB). Die Internationalen Klassifikationssysteme DSM IV und ICD 10 kennen<br />

lediglich die Bezeichnung der „specific learning disabilities“, einer spezifischen Lernstörung, d.h.<br />

eine von dem übrigen Begabungsprofil in besonderem Ausmaß abweichende Lernschwierigkeit<br />

(v.a. Dyslexie und Dyskalkulie). Andererseits werden im angloamerikanischen Sprachraum Learning<br />

Disabilities häufig gleichgesetzt mit Mental Retardation oder Intellectual Disability. Damit<br />

werden jene Personen identifiziert, die einen IQ unter 70 haben. Hingegen werden in Deutschland<br />

nach der Definition des Deutschen Bildungsrates Personen mit allgemeinen kognitiven<br />

Fähigkeiten im Bereich eines IQ zwischen 55 und 85 als Personen mit LB bezeichnet. Zudem<br />

verwenden unterschiedliche Autoren unterschiedliche diagnostische Kriterien für die Diagnose<br />

einer LB und interpretieren sie je nach Land unterschiedlich. Eine Gemeinsamkeit besteht jedoch<br />

darin, dass der IQ oft als wichtigste Dimension gesehen wird, um die Leistungsfähigkeit von<br />

Kindern zu bestimmen und damit ein Hauptkriterium für die Diagnose einer LB darstellt (Hale et<br />

al., 2006).<br />

Im Rahmen des Projektes SILKE (Schulische Integration im Längsschnitt – Kompetenzentwicklung<br />

bei SchülerInnen mit und ohne Sonderpädagogischen Förderbedarf in der Sekundarstufe I) wurde<br />

untersucht, welche diagnostischen Kriterien in der Praxis ausschlaggebend für die Erstellung<br />

der Diagnose einer LB sind. Dazu wurden die Gutachten zur Feststellung des Sonderpädagogischen<br />

Förderbedarfs von 24 SchülerInnen im Alter von neun bis elf Jahren, bei denen eine LB<br />

festgestellt wurde, auf die Diagnosekriterien für LB hin untersucht. Darüber hinaus wurden mit<br />

den Verantwortlichen der Schuladministration mehrere ExpertInnengespräche zur Gutachtenerstellung<br />

geführt und aufgezeichnet.<br />

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Intelligenztests für die Diagnose einer Lernbehinderung<br />

in der Steiermark nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Vielmehr stellen Entwicklungsrückstände<br />

in Schulleistungsfächern wie Mathematik und Deutsch, aber auch Sprachentwicklungsstörungen,<br />

mangelnde Deutschkenntnisse sowie Verhaltensauffälligkeiten die Hauptkriterien<br />

für die Diagnose einer LB sowie die Zuerkennung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs<br />

dar.<br />

Hale, J. B., Kaufman, A., Nagileri, J. A., & Kavale, K. A. (2006). Implementation of IDEA: Integrating response to<br />

intervention and cognitive assessment methods. Psychology in the Schools, 43, 753–770.<br />

34


Mo. 10.09.| Symposium 1 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | H 1<br />

Ute Geiling, Katrin Liebers<br />

ILEA T: ein diagnostisches Angebot – Diagnostische Herausforderungen<br />

der Inklusionsforschung<br />

<strong>Universität</strong> Halle-Wittenberg<br />

Das von BMBF und ESF geförderte Forschungsprojekt ILEA T ist auf die Entwicklung und Erprobung<br />

eines Assessment-Systems gerichtet, das die Bildungsarbeit in Kita und Grundschule - als<br />

verbindendes Instrument zwischen den Traditionen der frühpädagogischen Bildungsdokumentationen<br />

der Kita einerseits und den individuellen Lernstandsanalysen des Anfangsunterrichtes<br />

andererseits - unterstützt. Das gemeinsame Instrument für pädagogische Diagnostik im Elementar-<br />

und Primarbereich soll den Lernbiografien aller Kinder im Übergang gerecht werden und<br />

Kontinuität und Diskontinuität in eine für sie individuell förderliche Balance bringen und ist damit<br />

an inklusionspädagogische Diskurse anschlussfähig.<br />

Im Interesse diagnostischer Instrumente, die den Ansprüchen eines inklusiven Assessments<br />

sowie den Standards pädagogischer Diagnostik entsprechen, ist eine umfangreiche Validierungsstudie<br />

in das Projekt integriert, bei der die entwickelten Instrumente in drei Erhebungswellen<br />

in Kita und Grundschule (N=800) erprobt werden. Im Sinne der Prozessevaluation werden<br />

Eltern, Erzieherinnen und Lehrerinnen zu den entwickelten Instrumenten schriftlich befragt.<br />

Erste Ergebnisse sollen im Vortrag vorgestellt werden.<br />

35


Mo. 10.09.| Symposium 1 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | H 1<br />

Michael Grosche, Jürgen Wilbert, Thomas Hennemann<br />

Screening von Lern- und Verhaltenskompetenzen in inklusiven<br />

Grundschulklassen<br />

<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

Bislang werden Beeinträchtigungen im Lernen und Verhalten nahezu ausschließlich durch sonderpädagogische<br />

Lehrkräfte anhand sehr aufwendiger Gutachten (AO-SF) diagnostiziert. In inklusiven<br />

Settings werden dagegen allgemeinpädagogische Lehrkräfte zunehmend vor die Herausforderung<br />

gestellt, Beeinträchtigungen im Lernen und Verhalten in weitaus größerem Maße als<br />

bisher systematisch zu erfassen. Es stellt sich daher die Frage, wie Lehrkräfte die Lern- und Verhaltenskompetenzen<br />

ihrer Schülerinnen und Schüler zwar umfassend aber eben auch ökonomisch<br />

diagnostizieren können.<br />

Im Forschungsprojekt „Schule auf dem Weg zur Inklusion“ wurde dazu ein standardisiertes<br />

Screeninginstrument entwickelt, das ökonomisch die Hauptkompetenzen im Lernen und Verhalten<br />

sowie kriteriale Schulleistungen erfragt. Das Screening setzt sich aus einzelnen Items bzw.<br />

Subskalen verschiedener standardisierter Verhaltensscreenings sowie curriculumbasierter Ratingskalen<br />

der Mathematik- und Deutschleistung nach kriterialer Bezugsnorm zusammen. Die<br />

Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler können normorientiert oder kriterial ausgewertet<br />

werden. Zur Überprüfung der Testgüte dieses Screenings füllen Lehrerinnen und Lehrer aus 85<br />

Grundschulen im Kreis Mettmann das Screening für insgesamt ca. 3000 inklusiv beschulte<br />

Grundschulkinder der 1. Klasse aus, darunter zahlreiche Kinder mit vermuteten sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf im Lernen und Verhalten. Zur Erfassung der Kriteriumsvalidität wurden<br />

weitere kleinere Stichproben von Schülerinnen und Schülern mit bereits diagnostiziertem Förderbedarf<br />

im Lernen oder Verhalten von exkludierenden Förderschulen rekrutiert.<br />

Im Vortrag werden das Screening sowie dessen Testgüte vorgestellt und diskutiert. Das Leistungsprofil<br />

von Kindern mit Lern- und Verhaltensproblemen in inklusiven Settings wird beschrieben.<br />

36


Mo. 10.09.| Symposium 1 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | H 1<br />

Urs Haeberlin<br />

Sonderschulen für Lernbehinderte abschaffen? – Einige Ergebnisse aus<br />

dem Freiburger INTSEP-Forschungsprogramm zur Integration und<br />

Separation von Kindern mit Schulleistungsschwächen<br />

Albert-Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg<br />

Das Freiburger INTSEP-Forschungsprogramm läuft seit 1986. Die ersten Ergebnisse einer vom<br />

Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) finanzierten<br />

Studie konnten 1990 im Buch „Die Integration von Lernbehinderten“ publiziert werden. Es<br />

folgten viele weitere SNF-geförderte Forschungsprojekte zu Fragen bezüglich Wirkungen von<br />

integrierter und separierter Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen mit Schulleistungsschwäche.<br />

Die Ergebnisse und das methodische Vorgehen jeder Studie sind jeweils in Büchern<br />

zugänglich gemacht worden. Als eine Art Abschluss zum Erkenntnisstand aus allen bisherigen<br />

INTSEP-Forschungen zur Wirkung von Integration und Separation betrachten wir die jüngste<br />

Publikation „Langzeitwirkungen der schulischen Integration“. Diese hat erstaunlicherweise in<br />

Deutschland eine erneute Debatte über die Frage einer generellen Abschaffung der Sonderschulen<br />

für Lernbehinderte entfacht, obschon bereits unsere erste Publikation von 1990 und unsere<br />

anschliessenden Publikationen zu weiteren Studien für diese bildungspolitische Richtung gesprochen<br />

hatten. Einerseits findet man in der Berliner Lehrerzeitung 2011 die Rezeption unserer<br />

jüngsten Publikation unter dem Titel „Sonderklassen für Lernbehinderte sind schädlich. Ergebnisse<br />

einer Schweizer Langzeitstudie“. Andererseits wird in Heft 2, 2012 der „Sonderpädagogischen<br />

Förderung heute“ unsere Schlussfolgerung zur Abschaffung der Sonderschule für Lernbehinderte<br />

heftig bekämpft und sowohl die Studie als auch deren Rezeption als „bedenklich“ bezeichnet.<br />

Der Referent und Leiter des Freiburger INTSEP-Programms wird versuchen, in den zur<br />

Verfügung stehenden 20 Minuten sowohl die Studie „Langzeitwirkungen der schulischen Integration“<br />

zu charakterisieren und in das Gesamtbild der Befunde aus dem INTSEP-<br />

Forschungsprogramm einzuordnen. Die sonderschulorientierte Diagnostik ist durch INTSEP<br />

längst obsolet geworden. Denn die INTSEP-Forschungen haben zunehmend die Unbrauchbarkeit<br />

des auf das Schulsystem bezogenen Begriffs der „Lernbehinderung“ für eine pädagogische Diagnostik<br />

sichtbar gemacht.<br />

Eckhart, M.; Haeberlin, U.; Sahli Lozano, C.; Blanc P.: Langzeitwirkungen der schulischen Integration. Eine empirische<br />

Studie zur Bedeutung von Integrationserfahrungen in der Schulzeit für die soziale und berufliche Situation<br />

im jungen Erwachsenenalter. Bern (Haupt-Verlag) 2011.<br />

37


Mo. 10.09.| Symposium 1 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | H 1<br />

Rebecca Baumanns 1 , Carola Grunschel 1 , Julia Gorges 1 , Malte Schwinger 2<br />

Wer bin ich? Erfassung selbstbezogener Konstrukte bei Kindern mit<br />

sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen<br />

1 <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong>, 2 Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen<br />

In der psychologischen Forschung werden verschiedene selbstbezogene Konstrukte wie das<br />

domänenspezifische Fähigkeitsselbstkonzept, die Höhe, Stabilität und Kontingenz des Selbstwerts<br />

unterschieden. Bislang existieren weder Studien noch Instrumente zur Erfassung dieser<br />

Konstrukte bei Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen.<br />

Ziel der vorliegenden Studie war daher die Entwicklung und empirische Erprobung von Selbstberichtskalen<br />

für Förderschülerinnen und Förderschüler im Grundschulalter.<br />

Die Erprobung der Skalen erfolgte in einer Stichprobe von 39 Dritt- und Viertklässlern (11 Mädchen;<br />

Alter: M = 9.87, SD = 1.06), die an drei Förderschulen beschult wurden. Auf Basis etablierter<br />

Instrumente (z.B. Skalen zur Erfassung des schulischen Selbstkonzepts [Schöne, Dickhäuser,<br />

Spinath & Stiensmeier-Pelster, 2002], Skala zum Selbstwertgefühl von Rosenberg [Ferring &<br />

Filipp, 1996]) wurden Items zur Erfassung der Konstrukte entwickelt. Dabei wurde darauf geachtet,<br />

die sprachliche Komplexität möglichst gering zu halten, ohne sich vom dahinter stehenden<br />

theoretischen Konzept zu entfernen. Jedes Kind wurde einzeln in einer standardisierten Interviewsituation<br />

befragt. Zur Beantwortung der Items stand den Kindern ein vierstufiges Antwortformat<br />

zur Verfügung.<br />

Wie erwartet erwiesen sich die Skalen zur Erfassung des Selbstkonzepts in den Domänen Mathe,<br />

Lesen und Schreiben sowie zur Erfassung der Höhe des Selbstwerts als eindimensional, während<br />

für die Skala zur Erfassung der Kontingenz des Selbstwerts zwei Faktoren extrahiert wurden. Die<br />

Skalen hatten akzeptable bis sehr gute interne Konsistenzen (.68 ≤ α ≤ .86) und korrelierten<br />

gering untereinander (.07 ≤ r ≤ .26). Die Items zur Erfassung der Stabilität des Selbstwerts wiesen<br />

hingegen keine zufriedenstellende psychometrische Qualität auf. Möglicherweise lag dies an der<br />

sprachlichen Komplexität der Items (z.B. Nutzung von Nebensätzen), die für die Kinder schwer<br />

verständlich waren.<br />

Zukünftige Studien sollten daher weitere Formen zur Erfassung der Stabilität des Selbstwerts<br />

explorieren. Im Unterschied dazu stehen die anderen Skalen bereits für die Untersuchung<br />

selbstbezogener Konstrukte bei Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Förderschwerpunkt<br />

Lernen zur Verfügung.<br />

Ferring, D. & Filipp, S.-H. (1996). Messung des Selbstwertgefühls: Befunde zu Reliabilitat, Validitat und Stabilität<br />

der Rosenberg-Skala. Diagnostica, 42, 284-292.<br />

Schöne, C., Dickhäuser, O., Spinath, B. & Stiensmeier-Pelster, J. (2002). Skalen zur Erfassung des schulischen<br />

Selbstkonzepts (SESSKO). Göttingen: Hogrefe.<br />

38


Mo. 10.09.| Symposium 1 | 17:45 Uhr – 18:25 Uhr | H 1<br />

Silke Stelling, Birgit Lütje-Klose<br />

Schulisches Wohlbefinden von Kindern mit sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf Lernen - Ergebnisse einer Pilotstudie zum Vergleich von<br />

integrativen Grundschulklassen und Förderschulklassen<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

Das Erreichen eines guten schulischen Wohlbefindens für Kinder, die schulischen Misserfolg<br />

erleben, gilt als wesentliches Ziel sonderpädagogischer Förderung. Die Förderschule Lernen<br />

erhebt den Anspruch, einen „Schonraum“ für betroffene Kinder anzubieten, um ihnen Kompetenzerfahrungen,<br />

eine Stabilisierung des Selbstwertgefühls und des akademischen Selbstkonzepts<br />

zu ermöglichen (Bless/Mohr 2007). Es stellt sich aber die Frage, ob die Förderschule Lernen<br />

diesen Anspruch im Vergleich zur integrativen Grundschule einlösen kann. In Deutschland liegen<br />

dazu kaum aktuelle Forschungsergebnisse vor.<br />

Im vorzustellenden Dissertationsprojekt wird der Frage nach der Wirksamkeit sonderpädagogischer<br />

Förderung im Hinblick auf das habituelle schulische Wohlbefinden nachgegangen. Es handelt<br />

sich eine quantitative Studie im quasi-experimentellen Design. Die Daten wurden im Querschnitt<br />

erhoben. Die Stichprobe umfasste 149 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf<br />

Lernen an 12 Förderschulen und 21 Grundschulen im dritten und vierten Jahrgang.<br />

Schulisches Wohlbefinden wird in Anlehnung an Hascher (2004) als multidimensionales Konstrukt<br />

verstanden und operationalisiert Auf der Basis bereits bestehender Verfahren wurde ein<br />

Schülerfragebogen entwickelt, der wesentliche Aspekte des schulischen und allgemeinen Wohlbefindens<br />

sowie relevante Einflussfaktoren erfasst. Ein wesentliches Ziel der Untersuchung war<br />

die faktorenanalytische Prüfung des Konstrukts „schulisches Wohlbefinden“ in Bezug auf Kinder<br />

mit sonderpädagogischem Förderbedarf Lernen unter der Fragestellung, ob das Konstrukt für<br />

diese Gruppe anwendbar ist und Unterschiede im schulischen Wohlbefinden beschreibbar<br />

macht. Die Faktorenanalyse bestätigt die Anwendbarkeit des Konstrukts. Zentrale Ergebnisse<br />

werden im Vortrag berichtet.<br />

Bless, G. & Mohr, K. (2007):. Die Effekte von Sonderschulunterricht und Gemeinsamen Unterricht auf die Entwicklung<br />

von Kindern mit Lernbehinderungen. In: J. Walter & F. Wember (Hrsg.). Sonderpädagogik des Lernens (S.<br />

385- 392). Stuttgart<br />

Hascher, T. (2004): Wohlbefinden in der Schule. Münster<br />

39


Mo. 10.09.| Symposium 2 | 13:30 Uhr – 18:25 Uhr | H 11<br />

Dieter Gnahs 1 , Meike Weiland 1 , Moderation: Josef Schrader 2<br />

Strategie und Erträge anwendungsorientierter Weiterbildungsforschung<br />

1 Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V.,<br />

2 Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen<br />

gnahs@die-bonn.de<br />

Das vorgeschlagene Symposium präsentiert ausgewählte Projekte anwendungsorientierter<br />

Forschung zur Weiterbildung. Die Projekte werden unter der vergleichenden Fragestellung<br />

vorgestellt und diskutiert, wie sich in der angewandten Forschung wissenschaftliche Erkenntnis<br />

und praktische Relevanz zugleich sichern lassen. Die sich dabei stellenden Herausforderungen<br />

betreffen nicht nur die Wahl von Erhebungs- und Auswertungsverfahren bzw.<br />

geeigneter Untersuchungsdesigns, sondern beeinflussen auch die theoretische Fundierung<br />

von Untersuchungen und die Kommunikation ihrer Befunde. Die vorgestellten Projekte zur<br />

Weiterbildung fokussieren Kooperationen von Organisationen, dienen der Systematisierung<br />

von Institutionen, analysieren intergenerative Lernprozesse und untersuchen das Teilnahmeverhalten<br />

innerhalb von Sozialräumen sowie von gesellschaftlichen Gruppen wie Migrant/inn/en<br />

und Älteren. Zur Anwendung kommen quantitative Primär- und Sekundäranalysen<br />

wie auch qualitative Methoden. Die vorgestellten (Zwischen-)Ergebnisse stammen u.a.<br />

aus einem DFG-Projekt der <strong>Universität</strong> Tübingen, Institut für Erziehungswissenschaft, sowie<br />

aus einem Kooperationsprojekt des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung – Leibniz-<br />

Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V. und der LMU München, Institut für Pädagogik. Weitere<br />

dienen der Nachwuchsförderung und sind im Nachwuchsförderungsprogramm Empirische<br />

Bildungsforschung des BMBF oder in der Leibniz Graduate School für empirische Weiterbildungsforschung<br />

verortet. Letztere wird in Kooperation mit der <strong>Universität</strong> Marburg<br />

durchgeführt und ist am DIE angesiedelt.<br />

40


Beiträge<br />

1. Matthias Alke<br />

Verstetigung von Kooperationen in der Weiterbildung<br />

2. Nicole Brose<br />

Ist Weiterbildung ansteckend? Eine Mehrebenenanalyse von Netzwerkeffekten auf der<br />

Basis von Volkshochschuldaten<br />

3. Jens Friebe, Johanna Gebrande<br />

Kompetenzen im höheren Lebensalter<br />

4. Ewelina Mania<br />

Potenziale eines sozialraumorientierten Forschungsansatzes zum Verständnis und zur<br />

Erreichbarkeit sog. „Bildungsferner“ in der Weiterbildung<br />

5. Veronika Thalhammer<br />

Medienkompetenzerwerb von älteren Erwachsenen im intergenerationellen Austausch<br />

6. Meike Weiland<br />

Einrichtungstypen bei Volkshochschulen<br />

41


Mo. 10.09.| Symposium 2 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | H 11<br />

Matthias Alke<br />

Verstetigung von Kooperationen in der Weiterbildung<br />

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V.<br />

Im Zuge der Programmatik des Lebenslangen Lernens sind Kooperationen eine zunehmende<br />

Bedeutung zugewiesen worden und verschiedene Bestandsaufnahmen weisen auf eine faktische<br />

Zunahme im Weiterbildungsbereich hin. Zudem sind sie durch politische Steuerungsmaßnahmen<br />

(z.B. Förderprogramme oder gesetzliche Vorgaben) forciert worden.<br />

Aus einer organisationstheoretischen Perspektive kann davon ausgegangen werden, dass sich<br />

Kooperationen nicht selbstverständlich fortführen und überdauern, sondern von zeitlicher Fragilität<br />

gekennzeichnet sind. Für ihre Verstetigung sind sie an fortwährende Strukturbildungsprozesse<br />

sowie an die Herausbildung von strategischen Orientierungen, Vereinbarungen und Regelungen<br />

durch die beteiligten Akteure gebunden.<br />

Durch eine explorativ angelegte Fallstudie von Organisationen eines freien Trägerverbandes der<br />

allgemeinen Weiterbildung wird untersucht, welche Strategien und Strukturen zur Verstetigung<br />

von Kooperationen von den Akteuren entwickelt werden. Unter Berücksichtigung von Prämissen<br />

der Grounded Theory sind mit den Akteuren, die sowohl leitende, planerische als auch pädagogische<br />

Funktionen übernehmen, problemzentrierte Interviews geführt worden. Ergänzt wird die<br />

Fallstudie durch punktuelle ethnografische Zugänge in Form von teilnehmenden Beobachtungen<br />

von Kooperationstreffen innerhalb des Trägerverbandes. Im Rahmen des Symposiums sollen<br />

zentrale Ergebnisse der Fallstudie vorgestellt und zur Diskussion gestellt werden.<br />

Dollhausen K./ Feld, T.C./ Seitter, W. (Hrsg.). (2010). Erwachsenenpädagogische Organisationsforschung. Wiesbaden.<br />

Jütte, W. (2002). Soziales Netzwerk Weiterbildung. Analyse lokaler Institutionenlandschaft. <strong>Bielefeld</strong>.<br />

Schäffter, O. (2003). Erwachsenenpädagogische Organisationstheorie. In Gieseke, W. (Hrsg.).Institutionelle Innensichten<br />

der Weiterbildung (S.59-81). <strong>Bielefeld</strong>.<br />

42


Mo. 10.09.| Symposium 2 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | H 11<br />

Nicole Brose<br />

Ist Weiterbildung ansteckend? Eine Mehrebenenanalyse von<br />

Netzwerkeffekten auf der Basis von Volkshochschuldaten<br />

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V.<br />

Die Teilnahme an lebenslanger Bildung wird zumeist auf individuelle Attribute und institutionelle<br />

Rahmenbedingungen zurückgeführt. Soziale Netzwerke spielen in den bisherigen Analysen der<br />

Weiterbildungsteilnahme keine Rolle, obwohl genügend Hinweise darauf existieren, wie wichtig<br />

persönliche Beziehungen für die Erklärung individueller Handlungen sind. Im Beitrag wird der<br />

Einfluss informeller Sozialbeziehungen auf das Weiterbildungsverhalten von Migrant(inn)en<br />

untersucht. Auf der Grundlage der Teilnehmerdaten 2005−2010 der Volkshochschule Berlin-<br />

Mitte wird ermittelt, inwieweit die Übergänge aus Integrations- und Deutschkursen in andere<br />

VHS-Programmbereiche (Kultur/Gestalten, Gesundheit usw.) vom Verhalten anderer Kursbesucher<br />

abhängig sind. Hintergrund der Untersuchung ist die Überlegung, dass Bildungsbenachteiligungen<br />

durch die Kanalisation von Personen mit Migrationshintergrund in ethnisch segregierte<br />

Weiterbildungssegmente reproduziert werden, weil informelle Lernchancen ungenutzt bleiben,<br />

die aus der „Kreuzung sozialer Kreise“ und dem Kontakt zur inländischen Bevölkerung resultieren.<br />

Im Vortrag werden die Ergebnisse logistischer Mehrebenenanalysen vorgestellt. Die Resultate<br />

der Analysen deuten darauf hin, dass Interaktionsprozesse zwischen Kursteilnehmern einen<br />

maßgeblichen Anteil daran haben, ob Veranstaltungen im „offenen“ VHS-Programmbereich von<br />

den Besuchern von Intergrations- und Deutschkursen wahrgenommen werden.<br />

Edwards, R., Biesta, G., & Thrope, M. (Eds.). (2009). Rethinking contexts for learning and teaching. Communities,<br />

activities and networks. New York: Routledge.<br />

Krašovec Jelenc, S., & Kump, S. (2009). Adult learning activities, social networks and different neighbourhoods.<br />

European Societies, 11(2), 257–282.<br />

Marsden, P. V., & Friedkin, N. E. (1993). Network studies on social influence. Sociological Methods & Research,<br />

22(1), 127–151.<br />

43


Mo. 10.09.| Symposium 2 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | H 11<br />

Jens Friebe 1 , Johanna Gebrande 2<br />

Kompetenzen im höheren Lebensalter<br />

1 Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V.,<br />

²Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

Das Projekt Competencies in Later Life (CiLL) wird gemeinsam vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung<br />

in Bonn und dem Institut für allgemeine Pädagogik und Bildungsforschung<br />

der Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> in München realisiert. Folgende Forschungsfragen werden<br />

u.a. auf Basis der verschiedenen methodischen Zugänge, z.B. Fallstudien, Large Scale Assessment<br />

bzw. deren Kombination, bearbeitet und sind leitend für die Untersuchung: Welche Kompetenzen<br />

benötigen Ältere zur Bewältigung Ihres Alltags? In welchem Maße setzen Ältere ihre Kompetenzpotenziale<br />

mit Blick auf Lesen, Schreiben, Rechnen und EDV ein? Welche Lerngelegenheiten<br />

bietet die alltägliche Lebensführung Älterer? Welche Spezifika älterer Erwachsener gilt es bei der<br />

Erstellung von Kompetenzprofilen zu berücksichtigen?<br />

Die Zusammenführung qualitativer und quantitativer Ansätze lässt Ergebnisse erwarten, die weit<br />

über die Deskription von Kompetenzen Älterer hinausgehen und diese Kompetenzen mit den<br />

Anforderungen und Lerngelegenheiten in deren Lebenswelt in Abgleich bringen. Aus wissenschaftlicher<br />

Sicht stiftet die angestrebte Studie hohen Nutzen, indem sie Informationen zum<br />

Bildungsverhalten Älterer, zu den Kompetenzanforderungen im höheren Lebensalter und zum<br />

Erhalt bzw. Verlust von Kompetenzen bereitstellt. Die Kenntnis des Bildungsverhaltens älterer<br />

Menschen ermöglicht eine präzisere Abstimmung des gesellschaftlichen Bildungsbedarfs und der<br />

individuellen Bildungsbedürfnisse. So lassen sich die Angebote der Weiterbildung besser auf<br />

Adressatengruppen ausrichten.<br />

Friebe, J. (2010): Exklusion und Inklusion älterer Menschen in Weiterbildung und Gesellschaft. In: Kronauer, M.<br />

(Hrsg.) (2010): Inklusion und Weiterbildung. <strong>Bielefeld</strong>, S. 141-184<br />

Strobel, C./Schmidt-Hertha, B./Gnahs, D. (2011): Bildungsbiographische und soziale Bedingungen des Lernens in<br />

der Nacherwerbsphase. In: Magazin Erwachsenenbildung.at, Heft 13 (URL:<br />

www.erwachsenenbildung.at/magazin/11- 13/meb11-13.pdf)<br />

Tippelt, R./Schmidt, B./Schnurr, S./S./Sinner, S. & Theisen, C. (Hrsg.) (2009): Bildung Älterer. Chancen im demografischen<br />

Wandel. <strong>Bielefeld</strong><br />

44


Mo. 10.09.| Symposium 2 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | H 11<br />

Ewelina Mania<br />

Potenziale eines sozialraumorientierten Forschungsansatzes zum<br />

Verständnis und zur Erreichbarkeit sog. „Bildungsferner“ in der<br />

Weiterbildung<br />

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V.<br />

Durch Zuschreibungen bestimmter Gruppen als Bildungsbenachteiligte, Bildungsferne und Bildungsungewohnte<br />

wird die Verantwortung für die geringe Weiterbildungsbeteiligung auf die<br />

Individuen selbst verlagert. Demgegenüber wird im vorliegenden Beitrag von einer „doppelten<br />

Verankerung von Bildungsdistanz“ (Bremer/Kleemann-Göhring, 2011, S. 8) ausgegangen. Aus der<br />

Perspektive der Weiterbildungseinrichtungen stellt sich die Frage, inwiefern Angebotsformen,<br />

Lernorte und Ansprachewege exkludierend wirken oder mit den Lernvorstellungen der Individuen<br />

übereinstimmen. Durch die Orientierung an sozialraumorientierten Ansätzen (vgl. Hinte,<br />

2009) wird eine zielgruppenübergreifende und ganzheitliche Perspektive auf den Forschungsgegenstand<br />

eingenommen. Die Forschungsfrage lautet: Inwiefern lassen sich aus Daten einer sozialraumorientierten<br />

Forschung zur Weiterbildungsabstinenz sog. „bildungsferner Zielgruppen“<br />

Konsequenzen für institutionelle pädagogische Support-Strukturen ableiten? Das Dissertationsvorhaben<br />

ist in das Forschungsprojekt „Lernen im Quartier – Bedeutung des Sozialraums für die<br />

Weiterbildung (LIQ)“ des DIE eingebunden. Seit März 2012 werden sozialraumorientierte Interviews<br />

mit Bewohner/inne/n eines sozial benachteiligen Quartiers in Berlin-Mitte geführt. Die<br />

Datenerhebung und -auswertung erfolgt in Anlehnung an Witzel (1982). Insgesamt sind 40 bis 50<br />

Interviews geplant. In dem Vortrag werden die Potenziale und Grenzen sozialraumorientierter<br />

Erhebungsmethoden in der Weiterbildungsabstinenzforschung erörtert und erste Zwischenergebnisse<br />

der Untersuchung präsentiert.<br />

Bremer, H. & Kleemann-Göhring, M. (2011): Weiterbildung und „Bildungsferne“: Forschungsbefunde, theoretische<br />

Einsichten und Möglichkeiten für die Praxis. Essen. URL: http://www.uni-due.de/imperia/md/content/<br />

politische-bildung/arbeitshilfe_potenziale [14.05.2012].<br />

Hinte, W. (2009): Eigensinn und Lebensraum – zum Stand der Diskussion um das Fachkonzept „Sozialraumorientierung“.<br />

In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete (VHN), 78 (1), 20−33.<br />

Witzel, A. (1982): Verfahren der qualitativen Sozialforschung: Überblick und Alternativen. Frankfurt a.M.: Campus.<br />

45


Mo. 10.09.| Symposium 2 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | H 11<br />

Veronika Thalhammer<br />

Medienkompetenzerwerb von älteren Erwachsenen im<br />

intergenerationellen Austausch<br />

Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen<br />

Die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) wird zunehmend zu einer<br />

Voraussetzung für die Teilhabe an verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Bereichen.<br />

Trotz steigendender Nutzerzahlen bei den älteren Erwachsenen, zeigt sich ein deutliches Altersgefälle<br />

hinsichtlich der Medienkompetenz. Da informelle Lernformen im höheren Lebensalter an<br />

Bedeutung gewinnen, stellt sich die Frage, welche Bedeutung Erwachsene in der Nacherwerbsphase<br />

informellen Lernwegen beim Medienkompetenzerwerb zuschreiben.<br />

Anschließend an eine sekundäranalytische Auswertung (Schmidt-Hertha & Thalhammer, im<br />

Druck) von repräsentativen Befragungsdaten bzgl. des Weiterbildungsverhaltens und der Weiterbildungsinteressen<br />

Älterer (Tippelt et al., 2009), wurden zur Bearbeitung dieser Fragestellung<br />

im Forschungsprojekt „IGeL-Media“ 32 leitfadengestützte problemzentrierte Interviews mit<br />

nicht (mehr) erwerbstätigen Erwachsenen ab 60 Jahren durchgeführt, die in Bezug auf die Nutzung<br />

von IKT relevante soziodemographische Einflussfaktoren in Untergruppen gegliedert wurden.<br />

Basierend auf der Annahme, dass der inner- und außerfamiliäre generationenübergreifende<br />

Dialog über IKT Anlass und Motivation für die Auseinandersetzung mit modernen Medien bieten<br />

kann, liegt der Fokus der Untersuchung auf den informellen intergenerativen Lernprozessen. In<br />

Abgrenzung zu anderen informellen Lernwegen, werden mit der Auswertungsmethode der Qualitativen<br />

Inhaltsanalyse Motive und Anlässe, sowie Bedingungsfaktoren informeller intergenerativer<br />

Lernprozesse im Kontext moderner IKT herausgearbeitet.<br />

Schmidt-Hertha, B. & Thalhammer, V. (im Druck): Entwicklung von Medienkompetenz Älterer in informellen Kontexten.<br />

In A. Hartung, B. Schorb & C. Kuttner (Hrsg.): Generationen und Medienpädagogik. Annäherungen aus<br />

Theorie, Empirie und Praxis. GAM-Schriftenreihe Band 3. München: kopaed-Verlag.<br />

Tippelt, R., Schmidt, B., Schnurr, S., Sinner, S., & Theisen, C. (Hrsg). (2009). Bildung Älterer. Chancen im demografischen<br />

Wandel . <strong>Bielefeld</strong>: Bertelsmann.<br />

46


Mo. 10.09.| Symposium 2 | 17:45 Uhr – 18:25 Uhr | H 11<br />

Meike Weiland<br />

Einrichtungstypen bei Volkshochschulen<br />

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V.<br />

Ziel des Forschungsprojekts, das als Dissertation im Nachwuchsförderprogramm "Empirische<br />

Bildungsforschung" (BMBF) gefördert wird, ist die Systematisierung der ca. 1.000 Volkshochschulen<br />

(VHS) zu Einrichtungstypen.<br />

Differierende regionale Bedingungen und aktuelle Anforderungen (Qualitätsentwicklung, Wirtschaftlichkeit,<br />

gesellschaftl. Wandlungsprozesse etc.) führten zu unterschiedlichen Entwicklungen<br />

der VHS. Deren Vielfalt wird jedoch kaum wahrgenommen, da geeignete Systematiken sowie<br />

eine Theorie der (Bildungs- und Erziehungs-) Institutionen fehlen (vgl. Tippelt 2009, S. 453;<br />

Nuissl/Brandt 2009, S. 27; Schrader 2001, S. 228).<br />

Ausgehend vom öffentl. Bildungsauftrag der VHS - für gesellschaftl. Weiterbildungsbedarfe wird<br />

ein Angebot erstellt - werden die VHS durch eine Clusteranalyse der VHS-Statistik des Deutschen<br />

Volkshochschul-Verbandes, die seit 1962 am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE)<br />

geführt wird, kategorisiert und zu - durch Experteninterviews validierten - Einrichtungstypen<br />

gruppiert. Beantwortet werden soll die Frage: „Welche Einrichtungstypen lassen sich aus der<br />

Gruppierung der VHS bilden?“<br />

Die Entwicklung von Einrichtungstypen bei VHS soll als Informationsgrundlagen für Wissenschaft,<br />

Politik und Praxis der Weiterbildung dienen, so dass Forschungsfragen präziser beantwortet,<br />

Wirkungen politischer Maßnahmen genauer abgeschätzt und VHS sich systematisch einordnen<br />

und weiterentwickeln können.<br />

Im Vortrag werden die Clusteranalyse als Sekundäranalyse der VHS-Statistik und als Zwischenergebnis<br />

die vorläufigen Einrichtungstypen der VHS vorgestellt.<br />

Nuissl von Rein, E., Brandt, P. (2009). Portrait Weiterbildung Deutschland (4. Aufl.). <strong>Bielefeld</strong>.<br />

Schrader, J. (2001). Auf dem Weg zum System? Institutionelle Wandel in der Weiterbildung seit der Bildungsreform.<br />

In P. Faulstich, G. Wiesner, J. Wittpoth (Hrsg.), Wissen und Lernen, didaktisches Handeln und Institutionalisierung<br />

(Beiheft zum Report, S. 225-238). <strong>Bielefeld</strong>.<br />

Tippelt, R. (2009). Institutionenforschung. In R. Tippelt, A. v. Hippel (Hrsg.), Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung<br />

(3. Aufl., S. 453-471). Wiesbaden.<br />

47


Mo. 10.09.| Symposium 3 | 13:30 Uhr – 18:25 Uhr | H 12<br />

Kerstin Göbel<br />

Aktuelle Perspektiven der videobasierten Unterrichtsforschung im<br />

Fachunterricht<br />

Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal<br />

kgoebel@uni-wuppertal.de<br />

Die Videografie von Unterricht und die systematische Analyse der aufgezeichneten Unterrichtsstunden<br />

haben seit der TIMS-Videostudie in der deutschsprachigen Unterrichtsforschung einen<br />

deutlichen Aufschwung genommen. Zunächst beschränkte sich die Forschungsanstrengung auf<br />

Videostudien im Mathematik und Physikunterricht, inzwischen haben sich auch andere Fachrichtungen<br />

der Videografie von Unterricht zugewandt. Neben den allgemeinen pädagogischen Qualitätsdimensionen<br />

von Unterricht gewinnen fachlich inhaltsbezogene Qualitätsdimensionen und<br />

damit auch die fachlich inhaltsbezogenen Kompetenzen von Lehrpersonen in der aktuellen Bildungs-<br />

und Unterrichtsforschung zunehmend an Bedeutung (Baumert & Kunter, 2006). Die<br />

fachdidaktische Forschung ist für die fachliche Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern<br />

von zentraler Bedeutung und innerhalb der Fachdidaktiken ist eine zunehmende empirisch ausgerichtete<br />

Forschungsaktivität zu verzeichnen (siehe Bayrhuber et al., 2011), die sich auch in<br />

einer Zunahme von Videostudien in unterschiedlichen Fächern widerspiegelt.<br />

Ziel des Symposiums ist es, fachdidaktische Fragestellungen und methodische Herausforderungen<br />

hinsichtlich der Videografie von Unterricht aus unterschiedlichen fachdidaktischen Perspektiven<br />

zu beleuchten. Bei den vorgestellten Beiträgen handelt es sich um Unterrichtsanalysen in<br />

den Fächern Englisch, Deutsch, Religion, Sport und Geschichte. Die Studien haben jeweils unterschiedliche<br />

methodische Zugriffe realisiert, die zum Teil quantitativ und zum Teil qualitativ ausgerichtet<br />

sind. Im Kontext der Frage nach Qualität der inhaltlichen Realisierung in den Fächern<br />

soll eine Diskussion um die inhaltlichen Zielstellungen einerseits und deren angemessene empirisch-methodische<br />

Abbildung im Kontext von Videografieforschung andererseits im Zentrum der<br />

Diskussion über die Beiträge stehen. Darüber hinaus soll diskutiert werden, in welcher Weise<br />

kompetenzorientierte Perspektiven in der Videografieforschung einen Impuls für methodische<br />

Weiterentwicklungen einerseits und für die Unterrichtsentwicklung andererseits geben können.<br />

Baumert J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

9 (4), 469-520.<br />

Bayrhuber, H., Harms, U., Muszynski, Ralle, B., Rothgangel, M, Schön, L.H., Vollmer, H.J. & Weigand, H.G. (Hrsg.)<br />

(2011). Empirische Fundierung in den Fachdidaktiken. Münster: Waxmann.<br />

48


Beiträge<br />

1. Monika Waldis<br />

Lernaufgaben im Geschichtsunterricht und ihr Potential zur Förderung historischer<br />

Kompetenzen - Ergebnisse einer videobasierten Unterrichtsstudie<br />

2. Iris Kleinbub<br />

Empirische Zugänge zur Sprachreflexion im Deutschunterricht<br />

3. Ulrich Riegel<br />

Professionelle Handlungskompetenz von Religionslehrpersonen<br />

4. Kerstin Göbel<br />

Interkulturelle Lehr-/Lernprozesse im Englischunterricht<br />

5. Judith Becker, Lysann Zander, Bettina Hannover<br />

Sichtstrukturen im schulischen Tanzunterricht. Ergebnisse einer Videostudie<br />

6. Rainer Wackermann, Julia Hater<br />

Der Einfluss von 60 Minuten-Stunden auf ausgewählte Aspekte der Unterrichtsqualität<br />

am Beispiel des Physikunterrichts<br />

49


Mo. 10.09.| Symposium 3 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | H 12<br />

Monika Waldis<br />

Lernaufgaben im Geschichtsunterricht und ihr Potential zur Förderung<br />

historischer Kompetenzen - Ergebnisse einer videobasierten<br />

Unterrichtsstudie<br />

Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz<br />

Im Rahmen der Diskussion um Bildungsstandards und Kompetenzen sind von der Geschichtsdidaktik<br />

verschiedene Modelle entwickelt worden, die eine Definition historischen Wissens und<br />

Könnens enthalten (u.a. Körber et al., 2007). Lernaufgaben kommt dabei die Funktion zu, Schülerinnen<br />

und Schülern an die selbständige Auseinandersetzung mit Geschichte heranzuführen<br />

und sie in der Entwicklung historischer Kompetenzen zu unterstützen. Es besteht sodann ein<br />

Bedarf an Lernaufgaben, die die Auseinandersetzung mit historischen Lernmaterialien und Fragestellungen<br />

anleiten (Heuer, 2011, Sauer, 2007).<br />

Im Beitrag wird von einer Untersuchung von 41 videografierten Geschichtslektionen des 9.<br />

Schuljahrs aus drei deutschschweizerischen Kantonen, berichtet. Die Analyse der Sichtstruktur<br />

führte unter anderem zur Identifikation von 96 Lernaufgaben, die mittels qualitativer Inhaltsanalyse<br />

(Mayring, 2007) auf ihr kompetenzförderndes Potential hin untersucht wurden. Die Analyse<br />

ergab die Prädominanz von Aufgaben, die die Erarbeitung oder Reproduktion von Begriffen,<br />

Jahreszahlen und eng umschriebenen Ereignissen einforderten. Eine deutlich geringere Zahl<br />

regte kognitive Prozesse in anderen Bereichen historischer Kompetenz wie „Historische Fragen<br />

stellen“ oder „Orientierung“ an. Die mehrperspektivische Betrachtung von Ereignissen in der<br />

Vergangenheit wurde durch die vorgenommene Materialauswahl zumeist unterbunden, ebenso<br />

kamen kaum Quellendokumente zur Bearbeitung. Im Beitrag werden Gründe für die Fokussierung<br />

der Wissenskomponente und Wege zur Erweiterung der Lernaufgabenkultur diskutiert.<br />

Heuer, Ch. (2011). Gütekriterien für kompetenzorientierte Lernaufgaben im Fach Geschichte. Geschichte in Wissenschaft<br />

und Unterricht, 62(7/8), 443-458.<br />

Körber, A., Schreiber, W. & Schöner, A. (2007). Kompetenzen historischen Denkens. Ein Strukturmodell als Beitrag<br />

zur Kompetenzorientierung in der Geschichtsdidaktik. Neuried, Ars Una.<br />

Sauer, M. (2007). «Historisches Denken» fördern. Kompetenzentwicklung im Geschichtsunterricht. In: Becker,<br />

Gerold u.a. (Hrsg.): Guter Unterricht. Massstäbe, Merkmale – Wege, Werkzeuge. Jahresheft XXV / 2007 aller<br />

pädagogischen Zeitschriften des Friedrich Verlages, S. 42 – 46. Seelze-Velber, Friedrich Verlag.<br />

50


Mo. 10.09.| Symposium 3 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | H 12<br />

Iris Kleinbub<br />

Empirische Zugänge zur Sprachreflexion im Deutschunterricht<br />

<strong>Universität</strong> Koblenz-Landau<br />

In diesem Beitrag werden zwei „gegensätzliche“ methodische Modellierungen des Umgangs mit<br />

Satzgliedern im Hinblick auf die daraus entstehenden Verständnisprobleme bei Schülern untersucht:<br />

der segmentierende (Glinz 1952) und der konstruierende Ansatz (Engel 2004). Als Datengrundlage<br />

dienen Videografien und Transkripte des Unterrichts aus einer Gelegenheitsstichprobe<br />

von zehn 4. Grundschulklassen. Die exemplarischen Fälle, die durch eine qualitative Inhaltsanalyse<br />

computergestützt ausgewertet wurden, lassen erkennen, dass bei beiden Modellierungen<br />

unterschiedliche Lern- und Verständnishürden entstehen können. Hieran lassen sich u. a. die<br />

Relevanz einer Kongruenz von sprachwissenschaftlichem Gegenstand und sprachdidaktischer<br />

Modellierung sowie von fachdidaktischer Diagnosekompetenz erkennen – Aspekte, die bei der<br />

Ausbildung künftiger Lehrpersonen eine herausragende Rolle spielen. Indem Lehramtsstudierende<br />

Unterrichtsangebote reflektieren, können Unterrichtsanalysen mittels Videografie und<br />

Transkript Impulse zur Unterrichtsentwicklung geben (Helmke 2009). Demnach sollen in dem<br />

Beitrag sowohl Ansatzpunkte für empirisch-qualitative Analysen des Deutschunterrichts aus<br />

Sicht der didaktischen Forschung als auch deren Nutzen für die professionsorientierte Ausbildung<br />

von Lehrpersonen aufgezeigt werden.<br />

Engel, U. (2004). Deutsche Grammatik. Neubearbeitung. München: Iudicium.<br />

Glinz, H. (1952). Die innere Form des Deutschen. Eine neue deutsche Grammatik. Bern, München: Francke.<br />

Helmke, A. (2009). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des<br />

Unterrichts. Seelze-Velber: Klett Kallmeyer.<br />

51


Mo. 10.09.| Symposium 3 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | H 12<br />

Ulrich Riegel<br />

Professionelle Handlungskompetenz von Religionslehrpersonen<br />

<strong>Universität</strong> Siegen<br />

Obwohl die Erfassung professioneller Handlungskompetenzen zum Kern gegenwärtiger erziehungswissenschaftlicher<br />

und fachdidaktischer Forschung gehört, liegt in der Religionspädagogik<br />

nur ein einschlägiger explorativer Versuch vor (vgl. Hofmann 2008). Der Beitrag stellt ein theoretisch<br />

stringent entwickeltes empirisches Instrument zur Bestimmung professioneller Handlungskompetenz<br />

von Religionslehrpersonen vor. Konzeptuell knüpft der Vortrag an die Diskussion um<br />

professionelle Handlungskompetenz von Religionslehrpersonen im Sinne des professionstheoretischen<br />

Ansatzes von Lee Shulmans an (vgl. Baumert & Kunter 2006). Handlungskompetenz wird<br />

verstanden als inhaltsbezogenes Wissen und domänenspezifische Strategien und Routinen,<br />

welche es einer Lehrperson erlauben, situationsgerecht in den typischen Anforderungssituationen<br />

des Religionsunterrichts zu agieren. Die vorliegende Studie konzentriert sich auf die Kompetenzbereiche<br />

und -facetten, welche in besagten Videos beobachtet werden können. Professionelle<br />

Handlungskompetenz von Religionslehrpersonen wird in theologische, religionsdidaktische<br />

und allgemein-didaktische Kompetenz differenziert. Die Kompetenzen werden mittels hochinferenter<br />

Ratings von videographierten Religionsstunden unter Nutzung eines standardisierten<br />

Rating-instruments eingeschätzt. Insgesamt wurden 25 videographierte Praktikumsstunden in<br />

Katholischer Religion (12x Jgst. 3 – 5x Jgst. 4 – 8x Jgst. 11 Gym; Themen: Heilige – Schöpfung –<br />

Paulus – chr. Menschenbild) durch zwei geschulte Raterinnen eingeschätzt. Die Ergebnisse weisen<br />

auf Unterschiede im Religionsunterricht der Grundschule und des Gymnasiums hin. So setzten<br />

Lehrpersonen im RU der Grundschule deutlich häufiger religiös relevante Kommunikationsformen<br />

wie das Gebet oder die biblische Erzählung ein als im Religionsunterricht des Gymnasiums.<br />

Im gymnasialen RU hingegen, bemühen sich die Lehrpersonen darum, ihre Inhalte in einen<br />

größeren theologischen Kontext einzuordnen als ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Grundschule.<br />

Die vorliegenden Ergebnisse geben erste Hinweise auf die Entwicklung professioneller<br />

Handlungskompetenzen von Religionslehrpersonen und weisen für die Lehrerbildung auf die<br />

Notwendigkeit einer stärkeren Differenzierung zwischen Primarstufen- und Sekundarstufenausbildung<br />

von Religionslehrpersonen hin.<br />

Baumert J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

9 (4), 469-520.<br />

Hofmann R. (2008). Religionspädagogische Kompetenz. Eine empirisch-explorative Studie zur Evaluation religionspädagogischer<br />

Kompetenz von ReligionslehrerInnen. Hamburg: Dr. Kovac<br />

52


Mo. 10.09.| Symposium 3 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | H 12<br />

Kerstin Göbel<br />

Interkulturelle Lehr-/Lernprozesse im Englischunterricht<br />

Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal<br />

In der Forschung besteht Einigkeit darüber, dass interkulturelle Kompetenz eine wichtige, in der<br />

Schule zu vermittelnde Kompetenz ist. Es gibt zahlreiche normative Modelle darüber, was interkulturelle<br />

Kompetenz ist, aber bislang nur wenig empirische Forschung dazu, wie diese in der<br />

Schule gefördert werden kann. Gerade der Fremdsprachenunterricht nimmt im Hinblick auf die<br />

Vermittlung interkultureller Kompetenzen eine wichtige Rolle ein. Unter Bezugnahme auf das<br />

Modell zur interkulturellen Sensibilität von Bennett & Bennett (2003) wird die Frage nach der<br />

Förderung interkultureller Kompetenz aus der Perspektive der Unterrichtsforschung nachgegangen.<br />

Es wird untersucht, welche Instruktions- und Aufgabenformen und welche Qualitätsmerkmale<br />

des Unterrichts sich unterstützend<br />

auf den Erwerb interkultureller Kompetenz der Lernenden auswirken. Im Rahmen von Mehrebenenanalysen<br />

von Schüler-, Lehrpersonen- und Unterrichtsdaten wurden die Angebots-<br />

Nutzungsbedingungen zur Förderung interkultureller Kompetenz im Englischunterricht empirisch<br />

bestimmt. Der Vortrag präsentiert Re-Analysen der Video-Daten des DESI-Projekts (Deutsch-<br />

Englisch-Schülerleistungen International; n= 104 Unterrichtsvideos zum interkulturellen Englischunterricht)<br />

präsentiert, die im Rahmen des DFG-Projektes „Förderung interkultureller Lehr-<br />

/Lernprozesse“ an der Bergischen <strong>Universität</strong> Wuppertal erarbeitet wurden. In Anlehnung an<br />

eigene Vorarbeiten (Göbel, 2007; Göbel & Helmke, 2010) wurden hoch-inferente Ratings der<br />

Unterrichtsvideos der gesamten Videostichprobe realisiert, die die allgemeinen und spezifischen<br />

Qualitätsdimensionen interkulturellen Englischunterrichts abbilden sollten. Die Analysen zeigen:<br />

Sowohl inhaltsspezifische Dimensionen des interkulturellen Unterrichts (die Vermittlung kultureller<br />

Differenzen, positive Wertschätzung kultureller Unterschiede, eine kritische Reflexion von<br />

Vorurteilen) als auch allgemein-didaktische Dimensionen (positive Fehlerkultur, Anknüpfen an<br />

die Erfahrungswelt der Lernenden) hängen positiv mit den interkulturellen Lernergebnissen<br />

zusammen. Die Ergebnisse der Mehrebenenanalysen werden durch qualitative „best practice“<br />

Analysen illustriert. Im Hinblick auf die Lehrerbildung weisen die Ergebnisse auf die Notwendigkeit<br />

der Förderung interkultureller Sensibilität von Lehrkräften, auf die Förderung allgemeiner<br />

didaktischer Kompetenzen des Lehrpersonals sowie auf die Notwendigkeit der Definition geeigneter<br />

interkultureller Unterrichtsthemen und Materialien hin.<br />

Bennett, J., Bennett, M. & Allen, W. (2003). Developing Intercultural Competence in the Language Classroom. In D.<br />

L. Lange and M. Paige (Eds.), Culture as the core (pp. 237-270). Greenwich: IAP.<br />

Göbel, K. (2007). Qualität im interkulturellen Englischunterricht – eine Videostudie. Münster: Waxmann.<br />

Göbel, K. & Helmke, A. (2010). Intercultural learning in English as a foreign language instruction: The importance of<br />

teachers’ intercultural experience and the usefulness of precise instructional directives. Teaching and Teacher<br />

Education, 26 (8). 1571-1582.<br />

53


Mo. 10.09.| Symposium 3 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | H 12<br />

Judith Becker, Lysann Zander, Bettina Hannover<br />

Sichtstrukturen im schulischen Tanzunterricht. Ergebnisse einer<br />

Videostudie<br />

Freie <strong>Universität</strong> Berlin<br />

Aus verschiedenen Fachdidaktiken (Mathematik, Physik, Deutsch und Englisch) liegen inzwischen<br />

Videostudien vor, die Auskunft über die Sichtstrukturen des Unterrichts geben. Vergleichsweise<br />

wenig ist über die Sichtstrukturen des Unterrichts in künstlerischen Fächern und der von traditionellen<br />

Strukturen abweichenden Unterrichtsformen bekannt (vgl. Seidel, 2011). In der vorliegenden<br />

Studie wird ein bereits in der Fachdidaktik Physik etabliertes Beobachtungsinstrument<br />

zur Erfassung von Sichtstrukturen (Seidel, 2003) adaptiert, um (1) Aussagen über den typischen<br />

Aufbau projektorientierten, musisch-kreativen Tanzunterrichts machen zu können und (2) Gemeinsamkeiten<br />

und Unterschiede zu bereits videobasiert untersuchtem Unterricht in schulcurricularen<br />

Fächern herauszuarbeiten. Acht Grundschulklassen (5. und 6. Jahrgangsstufe) erhielten<br />

wöchentlich im Umfang von zwei Schulstunden (90 Minuten) Unterricht im zeitgenössischen<br />

Tanz von externen Lehrpersonen und entwickelten gemeinsam eine Choreographie, welche sie<br />

zum Ende des Schuljahres öffentlich aufführten. Aus der einjährigen Projektlaufzeit liegen Videoaufzeichnungen<br />

von 15 Unterrichtseinheiten vor. Die Beobachterübereinstimmungen (N=4)<br />

waren nach vorheriger Beobachterschulung zufriedenstellend (Unterrichtsphasen: Cohen`s<br />

Kappa=0.71, prozentuale Übereinstimmung=77.5%) bis sehr gut (Klassenorganisation und Unterrichtliche<br />

Arbeitsformen: Cohen`s Kappa>0.89, prozentuale Übereinstimmung>91.0%). Die Auswertung<br />

zeigte, dass – den Zielen des Tanzunterrichts entsprechend – schüler/innenzentrierte<br />

Aktivitäten mit einem durchschnittlichen Anteil von 45.8% (SD=10.4) bei einer effektiv genutzten<br />

Unterrichtszeit von 85.8 Minuten (SD=7.1) im Vordergrund standen. Der pädagogische Fokus im<br />

Tanzunterricht lag auf dem Sichern und Üben von bereits erarbeiteten Schrittfolgen und Übungen<br />

(M=26.4%, SD=12.0). Die Ergebnisse sprechen im Hinblick auf die Befunde in anderen Fachdidaktiken<br />

(z.B. Seidel & Prenzel, 2004) für eine andere Gewichtung der Arbeitsformen und<br />

Unterrichtsphasen im musisch-kreativen Tanzunterricht. Methodische Herausforderungen in<br />

Bezug auf eine weitere fachspezifische Differenzierung der Unterrichtsanalyse sollen im Anschluss<br />

an die Ergebnispräsentation diskutiert werden.<br />

Seidel, T. (2003). Sichtstrukturen - Organisation unterrichtlicher Aktivitäten. In T. Seidel, M. Prenzel, R. Duit, & M.<br />

Lehrke (Eds.), Technischer Bericht zur Videostudie "Lehr-Lern-Prozesse im Physikunterricht" (pp. 113–127).<br />

Kiel: IPN.<br />

Seidel, T. & Prenzel, M. (2004). Muster unterrichtlicher Aktivitäten im Physikunterricht. In J. Doll & M. Prenzel<br />

(Eds.), Bildungsqualität von Schule: Lehrerprofessionalisierung, Unterrichtsentwicklung und Schülerförderung<br />

als Strategien der Qualitätsverbesserung (pp. 177–194). Münster: Waxmann.<br />

Seidel, T. (2011). Lehrerhandeln im Unterricht. In E. Terhart, H. Bennewitz & M. Rothland (Eds.), Handbuch der<br />

Forschung zum Lehrerberuf (pp. 605–629). Münster: Waxmann.<br />

54


Mo. 10.09.| Symposium 3 | 17:45 Uhr – 18:25 Uhr | H 12<br />

Rainer Wackermann, Julia Hater<br />

Der Einfluss von 60 Minuten-Stunden auf ausgewählte Aspekte der<br />

Unterrichtsqualität am Beispiel des Physikunterrichts<br />

Ruhr-<strong>Universität</strong> Bochum<br />

Zur Zeit verlängern einige Schulen in Deutschland die Schulstundenlänge auf 60 (auch 65 o.ä.)<br />

Minuten. Damit wird unter anderem das Ziel verfolgt, die Unterrichtsqualität zu verbessern.<br />

Diese empirische Studie überprüft die unterstellte Wirksamkeit der Stundenverlängerung exemplarisch<br />

im Physikunterricht. Dazu wurde der 60-Minuten-Unterricht von zwei Physiklehrkräften<br />

aufgezeichnet und ausgewertet und mit dem 45-Minuten-Unterricht der gleichen Lehrkräfte aus<br />

einer früheren Studie verglichen (n=16 Videos). Die Analyse und Bewertung erfolgt unter dem<br />

Blickwinkel der Basismodelle nach Oser mit ergänzenden Sichtweisen aus einer Schülerbefragung,<br />

einem Expertenrating und einem Lehrerinterview. Zentrales Ergebnis ist, dass die zusätzliche<br />

Zeit im Mittel für eine erste Sicherung verwendet wird, die unter der Bedingung 45 Minuten<br />

praktisch nicht stattfindet. Die Frage des Lernprozessabschlusses bleibt aber offen. Außerdem<br />

gibt es Hinweise auf Zeitverschwendung bei den längeren Stunden. Möglicherweise sind deshalb<br />

zusätzliche Maßnahmen wie Schulungen der Lehrkräfte zur gezielten Nutzung der Zeit im Unterricht<br />

notwendig. Vollständige Ergebnisse dieser DFG-geförderten Studie liegen vor und können<br />

auf der AEPF-Tagung in <strong>Bielefeld</strong> präsentiert werden.<br />

Wackermann, R. , Trendel, G. & Fischer, H. E.(2010). Evaluation of a Theory of Instructional Sequences for Physics<br />

Instruction. International Journal of Science Education, 32(7), 963 - 985.<br />

Borowski, A., Fischer, H. E., Trendel, G., & Wackermann, R. (2010). Guter Fachunterricht braucht seine Zeit. Pädagogik,<br />

62 (3), 26-29.<br />

Trendel, G., Wackermann, R. & Fischer, H.E. (2008). Lernprozessorientierte Fortbildung von Physiklehrern. Zeitschrift<br />

für Pädagogik, 54(3), 322-340.<br />

55


Mo. 10.09.| Symposium 4 | 13:30 Uhr – 17:40 Uhr | H 13<br />

Anja Felbrich, Petra Stanat<br />

Validität von Einschätzungen sprachlicher Kompetenzen<br />

Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin<br />

anja.felbrich@hu-berlin.de<br />

Sprachliche Kompetenzen sind eine zentrale Voraussetzung für den Wissenserwerb in der Schule<br />

und damit ein wichtiger Prädiktor für schulischen Erfolg. Es ist daher unumstritten, dass eine<br />

Förderung dieser Kompetenzen bereits im Elementarbereich und durchgängig über alle Schulstufen<br />

erfolgen muss. Grundvoraussetzung für die Erforschung der Rolle sprachlicher Kompetenzen<br />

für schulische Bildungsprozesse, aber auch für eine an den individuellen Kompetenzen ausgerichtete<br />

Förderung in der Praxis, ist die valide und ökonomische Erfassung sprachlicher Teilkompetenzen<br />

(z.B. Grammatik, Wortschatz, mündlicher und schriftlicher Sprachgebrauch). Derzeit<br />

stehen jedoch nur vereinzelt Verfahren zur Verfügung, die valide und ökonomisch einsetzbar<br />

sind und die Kompetenzen in einzelnen Teilbereichen zu verschiedenen Zeitpunkten im Bildungsverlauf<br />

und für verschiedene Populationen (wie z.B. Erst- vs. Zweitsprachler) erfassen<br />

(Ehlich, 2007; Redder et al., 2011).<br />

Das Symposium bündelt vier Beiträge, die die Einschätzungen von sprachlichen Kompetenzen<br />

bzw. Sprachförderbedarf aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Drei Beiträge des<br />

Symposiums widmen sich der Validität von unterschiedlichen Ansätzen der Erfassung von Kompetenzen<br />

in der Erst- bzw. Zweitsprache. Edele et al. untersuchen die Frage, wie valide Selbsteinschätzungen<br />

erstsprachlicher Kompetenz im Vergleich zu einer objektiven Erfassung der Erstsprache<br />

sind. Inwiefern grammatikalische Fähigkeiten von Grundschulkindern mit Deutsch als<br />

Zweitsprache über eine freie Textproduktion im Vergleich zu einem standardisierten Testverfahren<br />

valide erhoben werden können, beleuchtet der Beitrag von Felbrich und Kollegen, während<br />

Wolf et al. die differentielle Validität von Erzieherurteilen zur Einschätzung von Sprachförderbedarf<br />

untersuchen. Für eine gezielte Förderung sprachlicher Kompetenzen in der Schule ist es<br />

ebenfalls erforderlich, dass Lehrkräfte in der Lage sind, die sprachlichen Anforderungen von<br />

Aufgaben korrekt einzuschätzen. Der Beitrag von Hoffmann und Böhme richtet daher den Fokus<br />

auf die Einschätzung der Schwierigkeit von Aufgaben im Fach Deutsch durch Grundschullehrkräfte.<br />

Ehlich, K. (2007) (Hrsg.). Anforderungen an Verfahren der regelmäßigen Sprachstandsfeststellung als Grundlage für<br />

die frühe und individuelle Förderung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Eine Expertise für das<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung. Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung.<br />

Redder, A., Schwippert, K., Hasselhorn, M., Forschner, S., Fickermann, D. & Ehlich, K. (2011). Bilanz und Konzeptualisierung<br />

von strukturierter Forschung zu „Sprachdiagnostik und Sprachförderung“ (ZUSE-Berichte, Band 2).<br />

Hamburg: Hamburger Zentrum zur Unterstützung der wissenschaftlichen Begleitung und Erforschung schulischer<br />

Entwicklungsprozesse (ZUSE).<br />

56


Beiträge<br />

1. Aileen Edele, Julian Seuring, Petra Stanat, Cornelia Kristen<br />

Validität der Erhebung herkunftssprachlicher Kompetenz mit objektiven Kompetenzmessungen<br />

und Selbsteinschätzungen<br />

2. Anja Felbrich, Annkathrin Darsow, Jennifer Paetsch<br />

Erfassung grammatikalischer Kompetenzen in der Zweitsprache<br />

3. Katrin M. Wolf, Thorsten Roick, Wolfgang Wendt<br />

Erfassung von Sprachförderbedarf im Elementarbereich: Wie valide sind Erzieherurteile?<br />

4. Lars Hoffmann, Katrin Böhme<br />

Wie gut können GrundschullehrerInnen die Schwierigkeit von Deutschaufgaben beurteilen?<br />

Eine Untersuchung zur Akkuratheit aufgabenbezogener Lehrerurteile<br />

5. Nele McElvany<br />

Diskutantin<br />

57


Mo. 10.09.| Symposium 4 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | H 13<br />

Aileen Edele 1 , Julian Seuring 2 , Petra Stanat 1 , Cornelia Kristen 2<br />

Validität der Erhebung herkunftssprachlicher Kompetenz mit objektiven<br />

Kompetenzmessungen und Selbsteinschätzungen<br />

1 Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin, 2 Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg<br />

Die Effekte von Kompetenzen in der Herkunftssprache (L1) auf den Bildungserfolg von Heranwachsenden<br />

aus zugewanderten Familien sind umstritten. Während einerseits positive Effekte<br />

der L1 auf den Zweitspracherwerb und den Bildungserfolg angenommen werden (z.B. Cummins,<br />

1979), werden andererseits neutrale, teilweise sogar negative Einflüsse postuliert (z.B. Esser,<br />

2006). Die Befundlage, die zur Klärung der Kontroverse beitragen könnte, ist bisher unzureichend.<br />

Die meisten relevanten Studien haben die L1 anhand von Selbstauskünften erfasst (vgl.<br />

Kristen et al., 2011), obwohl die Validität dieser Angaben nicht belegt ist. Im Rahmen des Nationalen<br />

Bildungspanels (NEPS) werden erstmalig in einer repräsentativen Studie basale L1-<br />

Kompetenzen anhand von objektiven Leistungstests erfasst. Da hierfür keine geeigneten Instrumente<br />

zur Verfügung standen, werden die Tests neu entwickelt (Edele, Stanat & Schotte, in<br />

Vorb.). Ziel ist es, in der zweiten, siebten und neunten Jahrgangsstufe Hörverstehen in Russisch<br />

und Türkisch – den L1 der beiden größten Einwanderergruppen in Deutschland – zu erheben.<br />

Zusätzlich schätzen die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler ihre L1-Kompetenzen selbst<br />

ein. Der vorliegende Beitrag beschreibt die L1-Tests, die für die neunte Jahrgangsstufe entwickelt<br />

wurden und stellt Indikatoren der Güte der Instrumente dar. Anschließend wird anhand<br />

von Daten einer im Rahmen des NEPS durchgeführten Entwicklungsstudie (N=526) der Frage<br />

nachgegangen, inwieweit Selbsteinschätzungen valide Indikatoren der L1-Kompetenz darstellen.<br />

Dazu werden Zusammenhänge zwischen der objektiven Messung und den Selbsteinschätzungen<br />

untersucht. Darüber hinaus wird geprüft, ob differenzielle Zusammenhänge zwischen der objektiven<br />

Messung und der Selbsteinschätzung mit verschiedenen Außenkriterien zu beobachten<br />

sind. Die Ergebnisse zeigen, dass die subjektive und die objektive Messung der L1 nur moderat<br />

korrelieren (.22 < r < .50). Darüber hinaus hängen die Selbsteinschätzungen und die objektiven<br />

L1-Messung unterschiedlich mit den Außenkriterien zusammen. Insgesamt legen die Befunde<br />

nahe, dass Analysen, die ausschließlich auf Selbsteinschätzungen der L1 beruhen, zu verzerrten<br />

Ergebnissen führen dürften. Somit sind die Ergebnisse bisheriger Studien nur eingeschränkt<br />

interpretierbar.<br />

Cummins, J. (1979). Linguistic interdependence and the educational development of bilingual children. Review of<br />

Educational Research, 49(2), 222-251.<br />

Esser, H. (2006). Sprache und Integration: Die sozialen Bedingungen und Folgen des Spracherwerbs von Migranten.<br />

Frankfurt a. M.: Campus Verlag.<br />

Kristen, C., Edele, A., Kalter, F., Kogan, I., Schulz, B., Stanat, P. & Will, G. (2011). The education of migrants and<br />

their children across the life course. In H.-P. Blossfeld, H.-G. Roßbach & J. von Maurice (Hrsg.), Education as a<br />

Lifelong Process - The German National Educational Panel Study (NEPS). Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

Sonderheft 14, 121-137.<br />

58


Mo. 10.09.| Symposium 4 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | H 13<br />

Anja Felbrich, Annkathrin Darsow, Jennifer Paetsch<br />

Erfassung grammatikalischer Kompetenzen in der Zweitsprache<br />

Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin<br />

Im Vergleich zu Kindern mit Deutsch als Muttersprache weisen viele Kinder mit Migrationshinter-grund<br />

bereits bei Schuleintritt geringere Sprachkompetenzen im Deutschen auf. Um Sprachförderung<br />

individuell auf die Schwierigkeiten der Kinder abzustimmen, ist eine verlässliche Diagnose<br />

der einzelnen Problembereiche u.a. im Bereich der Grammatik notwendig. Die derzeit<br />

verfügbaren Diagnoseverfahren zur Erfassung grammatikalischen Kompetenzen für die Grundschule<br />

umfassen Beobachtungsbögen, die Auswertung schriftlicher oder mündlicher Eigenproduktionen<br />

der Kinder (sog. Profilanalysen) und (halb-) standardisierte Verfahren (z.B. SFD und<br />

SET 5-10). Allerdings sind nur wenige dieser Verfahren DaZ-spezifisch und bilden nur selten die<br />

besonderen Probleme ab, die Kinder nicht-deutscher Herkunftssprache mit bestimmten grammatikalischen<br />

Strukturen haben. In dem Beitrag wird der Frage nachgegangen, ob sich Unterschiede<br />

in der Beurteilung der grammatikalischen Kompetenzen von Kindern nicht-deutscher<br />

Herkunftssprache in Abhängigkeit davon zeigen, ob ein freier Schülertext im Hinblick auf bestimmte<br />

grammatikalische Strukturen analysiert oder aber ein grammatikalische Zielstrukturen<br />

elizitierendes Lückentext-Verfahren eingesetzt wird. Die Fragestellung wird anhand von Daten<br />

geprüft, die im Rahmen des BeFo-Projektes (vgl. Rösch & Stanat, 2010) an 15 Berliner Grundschulen<br />

erhoben wurden. Es liegen Daten für ca. 200 Drittklässler nicht-deutscher Herkunftssprache<br />

vor. Dabei wurde einerseits ein Lückentext-Verfahren zur Erfassung der grammatikalischen<br />

Kompetenzen entwickelt und eingesetzt, mit dem die Kenntnisse der Kinder in den Bereichen<br />

Verbkonjugation, Deklination von Artikeln, Personal¬pronomen, Pluralbildung sowie Wortstellung<br />

erfasst wurden. Andererseits wurden schriftliche Eigenproduktionen der Kinder erhoben<br />

und hinsichtlich derselben grammatikalischen Strukturen analysiert. Es wird erwartet, dass die<br />

Einschätzung der grammatikalischen Kompetenzen auf Basis der Schülertexte die Kompetenzen<br />

der Kinder überschätzen, da angenommen werden kann, dass nicht sicher beherrschte Strukturen<br />

von den Kindern seltener verwendet werden (z.B. Harnisch, 1993 ). Die Befunde werden im<br />

Hinblick auf die Stärken und Schwächen der beiden Erfassungs¬strategien von sprachlichen<br />

Kompetenzen von Daz-Kindern in der Wissenschaft und schulischen Praxis diskutiert.<br />

Rösch, H. & Stanat, P. (2011). Bedeutung und Form (BeFo): Formfokussierte und bedeutungsfokussierte Förderung<br />

in Deutsch als Zweitsprache. In N. Hahn & T. Roelcke (Hrsg.), Grenzen überwinden mit Deutsch. Beiträge der<br />

37. Jahrestagung DaF an der PH Freiburg (MatDaF Bd. 85, S. 149-161). Göttingen: <strong>Universität</strong>sverlag.<br />

Harnisch, U. (1993). Grammatische Progression - ein alter Hut? Zur Zweitsprachentwicklung türkischer Schulanfänger.<br />

Deutsch lernen, 18, 313 -334.<br />

59


Mo. 10.09.| Symposium 4 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | H 13<br />

Katrin M. Wolf 1 , Thorsten Roick 1 , Wolfgang Wendt 2<br />

Erfassung von Sprachförderbedarf im Elementarbereich: Wie valide sind<br />

Erzieherurteile?<br />

1 Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin, 2 Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Branden-<br />

burg<br />

Ein Ausbau der frühen Sprachförderung gehört mit zu den von der KMK beschlossenen Maßnahmen,<br />

um insbesondere für Kinder mit geringen sprachlichen Voraussetzungen den Schriftspracherwerb<br />

zu erleichtern. Die valide Identifikation von Verzögerungen der Sprachentwicklung<br />

kann dabei als wichtige Voraussetzung für die Durchführung gezielter Sprachfördermaßnahmen<br />

erachtet werden. Die für diesen Zweck existierenden Verfahren, wie Sprachentwicklungstests,<br />

Sprachscreenings oder standardisierte Beobachtungsverfahren, eignen sich aus Gründen mangelnder<br />

Erhebungsökonomie oder aufgrund ungeklärter psychometrischer Qualität nur bedingt<br />

für einen flächendeckenden Einsatz. Eine mögliche Alternative hierzu stellen informelle Urteile<br />

der Erzieherinnen dar. Der Beitrag widmet sich daher der Frage, über welche Qualität das informelle<br />

Urteil der Erzieherinnen zum Vorliegen eines besonderen Sprachförderbedarfs verfügt und<br />

inwieweit solche Urteile eine valide Alternative zu den existierenden Verfahren darstellen. Ein<br />

besonderer Fokus lag dabei auf der Untersuchung der differentiellen Validität des informellen<br />

Urteils der Erzieherinnen in Abhängigkeit von verschiedenen Hintergrundmerkmalen der eingeschätzen<br />

Kinder (wie z.B. SES, Kitabesuchsdauer). An der Untersuchung nahmen 631 Berliner<br />

Kinder teil. Als Außenkriterium wurden drei Skalen aus standardisierten Sprachentwicklungstests<br />

(AWST-R, SETK 3-5) erhoben und aggregiert. In Analysen zur Klassifikationsgenauigkeit weist das<br />

Urteil der Erzieherinnen eine gute Sensitivität und Spezifität auf. Der Einbezug soziodemografischer<br />

Variablen deutet darauf hin, dass die Erzieherinnen insbesondere bei Kindern aus sozial<br />

privilegierten Familien dazu neigen, fälschlicherweise einen sprachlichen Förderbedarf zu diagnostizieren.<br />

Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der Frage diskutiert, ob die informellen<br />

Urteile der Erzieherinnen hinsichtlich des Vorliegens eines besonderen Sprachförderbedarfs den<br />

aufwändigeren, standardisierten Test- und Beobachtungsverfahren vorzuziehen sind.<br />

60


Mo. 10.09.| Symposium 4 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | H 13<br />

Lars Hoffmann, Katrin Böhme<br />

Wie gut können GrundschullehrerInnen die Schwierigkeit von<br />

Deutschaufgaben beurteilen? Eine Untersuchung zur Akkuratheit<br />

aufgabenbezogener Lehrerurteile<br />

Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen<br />

Die diagnostische Kompetenz von Lehrkräften wurde bislang gemeinhin als Fähigkeit definiert,<br />

Schülermerkmale möglichst genau zu beurteilen. Aktuell erfährt dieses Begriffsverständnis eine<br />

Erweiterung, indem zusätzlich die Genauigkeit von Lehrerurteilen zu Aufgabenmerkmalen (z. B.<br />

zum Schwierigkeitsniveau) fokussiert wird. In den wenigen Untersuchungen hierzu wurden zumeist<br />

geringe Zusammenhänge zwischen Lehrerurteilen zum Schwierigkeitsniveau und der tatsächlichen<br />

Lösungshäufigkeit ermittelt (Anders et al., 2010). Ferner wurde eine generelle Tendenz<br />

zur Überschätzung der Schwierigkeit berichtet (McElvany et al., 2009). Kaum Erkenntnisse<br />

gibt es bislang zu Einflussfaktoren auf die Urteilsakkuratheit. Vor diesem Hintergrund wurde<br />

untersucht, wie gut Lehrkräfte das Schwierigkeitsniveau von Aufgaben bestimmen können, ob<br />

sie in ihren Urteilen eher zur Über- oder Unterschätzung neigen und welche Faktoren die Akkuratheit<br />

ihrer Urteile beeinflussen. Zur Beantwortung dieser Fragen wurden Daten aus einer<br />

Normierungsstudie des IQB zu den Bildungsstandards für die Primarstufe im Fach Deutsch genutzt,<br />

die raschskaliert und mittels multinomialer logistischer Regressionen und Mehrebenenanalysen<br />

ausgewertet wurden. Insgesamt konnte das Schwierigkeitsniveau durch die Lehrkräfte<br />

nur wenig akkurat vorhergesagt werden. Eine Neigung zur Über- oder Unterschätzung zeigte sich<br />

jeweils spezifisch für einzelne Aufgaben, nicht aber im Sinne einer generellen Urteilstendenz. Die<br />

Akkuratheit der Lehrerurteile variierte mit der Höhe des Itemparameters. Für einzelne Aufgaben<br />

zeigte sich zudem, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Akkuratheit des Urteils<br />

mit den Angaben der Lehrkräfte darüber besteht, inwieweit im Unterricht ähnliche Aufgaben<br />

geübt bzw. aufgabenrelevante Kompetenzen gefördert wurden.<br />

Anders, Y., Kunter, M., Brunner, M., Krauss, S. & Baumert, J. (2010). Diagnostische Fähigkeiten von Mathematiklehrkräften<br />

und die Leistungen ihrer Schülerinnen und Schüler. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 3,<br />

175-193.<br />

McElvany, N., Schroeder, S., Hachfeld, A., Baumert, J., Richter, T., Schnotz, W., Horz, H. & Ullrich, M. (2009). Diagnostische<br />

Fähigkeiten von Lehrkräften bei der Einschätzung von Schülerleistungen und Aufgabenschwierigkeiten<br />

bei Lernmedien mit instruktionalen Bildern. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 23(3-4), 223-235.<br />

61


Mo. 10.09.| Symposium 4 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | H 13<br />

Nele McElvany<br />

Diskussion<br />

Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

Notizen:<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 5 | 13:30 Uhr – 17:40 Uhr | H 14<br />

Titus Guldimann<br />

Entwicklung professioneller Kompetenzen in der Lehrerinnen- und<br />

Lehrerbildung und im Übergang zum Beruf<br />

Pädagogische Hochschule St.Gallen<br />

titus.guldimann@phsg.ch<br />

Kennzeichnend für Kompetenzmodelle professionellen Handelns von Lehrkräften ist ein Zusammenspiel<br />

von motivationalen, emotionalen, affektiven und kognitiven Faktoren mit dem Ziel,<br />

guten Unterricht zu gestalten. Die Zusammenhänge dieser Faktoren und deren Genese in der<br />

Ausbildung von Lehrpersonen wurden bis anhin im deutschsprachigen Raum kaum untersucht.<br />

Allein der Verweis auf die gegenseitige Bedingtheit ist banal und muss gestützt auf empirische<br />

Ergebnisse theoretisch geklärt werden. Diese Forschungsperspektive erfordert Längsschnittstudien<br />

während der Ausbildung und im Übergang in den Beruf sowie methodologisch mehrperspektivische<br />

Designs mit validierten Instrumenten.<br />

Die Symposiumsbeiträge untersuchen die Interdependenz zwischen motivational-affektiven und<br />

kognitiven Faktoren und deren Auswirkung auf die Unterrichtkompetenz aus unterschiedlicher<br />

Perspektive. Neuber et al. berichten über die Erhebung von Enthusiasmus und deren Auswirkungen<br />

auf das Unterrichten bzw. das Fach. König & Rothland untersuchten die Berufswahlmotivation<br />

und das pädagogische Wissen von Studienanfängern im Rahmen einer Längsschnittstudie.<br />

Kucharz et al. berichten über die Kompetenzentwicklung von Lehrkräften im ersten Berufsjahr<br />

aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Rahmen eines Follow-Up-Projekts zu TEDS-M<br />

überprüften Blömeke et al. die prognostische Validität von Abiturnoten auf Examensnoten in der<br />

Lehrerbildung.<br />

Blömeke, S. (2008). Theoretischer Rahmen und Design. In S. Blömeke, G. Kaiser & R. Lehmann (Hrsg.), Professionelle<br />

Kompetenz angehender Lehrerinnen und Lehrer (S. 15-48). Münster: Waxmann.<br />

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Beiträge<br />

1. Victoria Neuber, Josef Künsting, Frank Lipowsky<br />

Enthusiasmus als Teil professioneller Kompetenz von Lehrpersonen - Zur längsschnittlichen<br />

Validierung des Konstrukts<br />

2. Johannes König, Martin Rothland<br />

Berufsspezifische Motivation und pädagogisches Wissen am Anfang der Lehrerausbildung<br />

3. Diemut Kucharz, Petra Hecht<br />

ALPHA – Entwicklung von Unterrichtskompetenz im Berufseinstieg von LehrerInnen<br />

4. Sigrid Blömeke, Patricia Klein, Jessica Benthien, Marina Döhrmann<br />

Prüfung der prognostischen Validität von Examensnoten und Kompetenztests am Ende<br />

der Mathematiklehrerausbildung<br />

5. Rainer Bodensohn<br />

Diskutant<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 5 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | H 14<br />

Victoria Neuber, Josef Künsting, Frank Lipowsky<br />

Enthusiasmus als Teil professioneller Kompetenz von Lehrpersonen – Zur<br />

längsschnittlichen Validierung des Konstrukts<br />

<strong>Universität</strong> Kassel<br />

Dieser Beitrag untersucht im Rahmen der Längsschnittstudie „Wege in den Beruf“ (Lipowsky,<br />

2003) und deren Fortsetzung die faktorielle Struktur und Validität eines erweiterten Instruments<br />

zur Erfassung des internal erlebten Enthusiasmus (Kunter et al., 2008). Die Stichprobe umfasst N<br />

= 311 Lehrpersonen, die zwischen 1995 und 1997 ihr 1. Staatsexamen abgelegt haben und in<br />

mehreren Wellen befragt wurden.<br />

Ausgehend von der theoretischen Konzeptionalisierung sollten sich die Dimensionen Enthusiasmus<br />

für das Unterrichten und Enthusiasmus für das Fach differenzieren lassen. Darauf aufbauend<br />

soll zur längsschnittlichen Validierung die Bedeutung anderer motivationaler Orientierungen<br />

(z. B. Berufswahlmotivation und Selbstwirksamkeitserwartung) und der erlebten beruflichen<br />

Belastung für den Enthusiasmus über einen Zeitraum von zehn bzw. elf Jahren geprüft werden.<br />

Da der Lehrerenthusiasmus eine wichtige Einflussgröße der Unterrichtsqualität sein kann (Kunter<br />

et al., 2008), werden zudem querschnittliche Zusammenhänge mit den Basisdimensionen der<br />

Unterrichtsqualität (Klieme, 2006), erfasst über Selbstberichte der Lehrpersonen, untersucht. Im<br />

Ergebnis wird zum einen über eine konfirmatorische Faktorenanalyse die Distinktheit der Facetten<br />

Enthusiasmus für das Unterrichten und Enthusiasmus für das Fach bestätigt. Zum anderen<br />

liefert eine Strukturgleichungsanalyse Hinweise auf die Validität der zwei Skalen, die<br />

längsschnittlich mit anderen motivational-affektiven Konstrukten und querschnittlich mit den<br />

Basisdimensionen guten Unterrichts zusammenhängen.<br />

Klieme, E. (2006). Empirische Unterrichtsforschung: Aktuelle Entwicklungen, theoretische Grundlagen und fachspezifische<br />

Befunde. Zeitschrift für Pädagogik, 52, 765-773.<br />

Kunter, M., Tsai, Y.-M., Klusmann, U., Brunner, M., Krauss, S., & Baumert, J. (2008). Students' and mathematics<br />

teachers' perceptions of teacher enthusiasm and instruction. Learning and Instruction, 18, 468-482.<br />

Lipowsky, F. (2003). Wege von der Hochschule in den Beruf – Eine empirische Studie zum beruflichen Erfolg von<br />

Lehramtsabsolventen in der Berufseinstiegsphase. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 5 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | H 14<br />

Johannes König 1 , Martin Rothland 2<br />

Berufsspezifische Motivation und pädagogisches Wissen am Anfang der<br />

Lehrerausbildung<br />

1 <strong>Universität</strong> zu Köln, 2 Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

Modelle professioneller Kompetenz von Lehrkräften differenzieren analytisch professionelles<br />

Wissen und nicht-kognitive, motivational-affektive Charakteristika. Diese Elemente werden im<br />

Sinne des Kompetenzbegriffs als Voraussetzungen für die erfolgreiche Bewältigung zentraler<br />

beruflicher Anforderungen im Lehrerberuf verstanden.<br />

Zusammenhänge und die wechselseitige Bedingtheit solcher kognitiven und nicht-kognitiven<br />

Elemente wurden bislang in der Forschung jedoch weder theoretisch noch empirisch intensiv<br />

bearbeitet. Im diesem Beitrag soll dem so ausgewiesenen Forschungsdesiderat begegnet werden.<br />

Verwendet wird ein Teildatensatz der im Jahr 2011 begonnenen internationalen Lehrerbildungsstudie<br />

Entwicklung von berufsspezifischer Motivation und pädagogischem Wissen in der Lehrerausbildung<br />

(EMW): eine repräsentative Stichprobe von Studierenden, die im Wintersemester<br />

2011/2012 ein Lehramtsstudium in NRW aufnahmen und im Herbst 2011 mithilfe eines Tests zur<br />

Erfassung pädagogischen Unterrichtswissens (König & Blömeke, 2010) sowie der FIT-Choice-<br />

Skalen (factors influencing teaching choice; Watt & Richardson, 2007; König & Rothland, im<br />

Druck) befragt bzw. getestet wurden. Es werden hohe Zusammenhänge zwischen intrinsischen<br />

Berufswahlmotiven und umfangreichem pädagogischen Wissen, über welches Studienanfänger<br />

bereits verfügen, erwartet, während extrinsische Motivlagen (Gehalt, berufliche Sicherheit) wie<br />

auch die „Verlegenheitslösung Lehramt“ (fallback career) mit geringem Vorwissen im Bereich<br />

der Pädagogik einhergehen dürften.<br />

Die Ergebnisse werden im Zusammenhang mit der Frage nach der Eignungsabklärung angehender<br />

Lehrkräfte (Rothland & Terhart, 2011) sowie der Bedeutung ihrer kognitiven und motivationalen<br />

Voraussetzungen für die Entwicklung professioneller Kompetenz diskutiert.<br />

König, J. & Blömeke, S. (2010). Pädagogisches Unterrichtswissen. Dokumentation der Kurzfassung des TEDS-M-<br />

Testinstruments zur Kompetenzmessung in der ersten Phase der Lehrerausbildung. Berlin: Humboldt-<br />

<strong>Universität</strong>.<br />

König, J. & Rothland, M. (im Druck). Motivations for Choosing Teaching as a Career: Effects on General Pedagogical<br />

Knowledge during Initial Teacher Education. Asia-Pacific Journal of Teacher Education.<br />

Rothland, M. & Terhart, E. (2011). Eignungsabklärung angehender Lehrerinnen und Lehrer. Einführung in den<br />

Thementeil. Zeitschrift für Pädagogik, 57, 635-638.<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 5 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | H 14<br />

Diemut Kucharz 1 , Petra Hecht 2<br />

ALPHA – Entwicklung von Unterrichtskompetenz im Berufseinstieg von<br />

LehrerInnen<br />

1 Goethe <strong>Universität</strong> Frankfurt, 2 Pädagogische Hochschule Vorarlberg<br />

Das Projekt „ALPHA-Entwicklung von Unterrichtskompetenz im Berufseinstieg von LehrerInnen“<br />

wird von den Pädagogischen Hochschulen Weingarten, Zürich, St. Gallen und Vorarlberg durchgeführt<br />

und von der Internationalen Bodenseehochschule gefördert. Die Längsschnittstudie reiht<br />

sich in die kompetenzorientierte Professionalisierungsforschung (Blömeke, 2008; Baer u.a.,<br />

2011) und die Forschung zur Wirksamkeit der Lehrerbildungssysteme ein (Oser, 1997). Ziel des<br />

Projekts ist es, mit Hilfe eines mehrperspektivischen Designs die Kompetenzentwicklung von<br />

Lehrkräften im ersten Berufsjahr - das in den verschiedenen Ländern unterschiedlich begleitet<br />

wird - zu untersuchen, um Aussagen zur Wirksamkeit der jeweiligen Gestaltung des Berufseinstiegs<br />

treffen zu können.<br />

Neben Persönlichkeitsmerkmalen und Überzeugungen der Lehrkräfte (N=70) werden deren<br />

Lehrkompetenz mit Fragebögen (Selbsteinschätzung) und videografiertem Unterricht (Fremdeinschätzung)<br />

erhoben. Die Erfassung der Planungskompetenz erfolgt mittels Vignetten (Fremdeinschätzung).<br />

Zur Präsentation gelangen ausgewählte Ergebnisse beider Messzeitpunkte zur<br />

Selbst- und Fremdeinschätzung relevanter Kompetenzdimensionen. Sie werden den Wirksamkeitsüberzeugungen<br />

der Lehrpersonen und Befunden von erfahrenen Lehrpersonen (N=38)<br />

gegenübergestellt.<br />

Baer, M., Kocher, M., Wyss, C., Guldimann, T., Larcher, S. & Dörr, G. (2011). Lehrerbildung und Praxiserfahrung im<br />

ersten Berufsjahr und ihre Wirkung auf die Unterrichtskompetenzen von Studierenden und jungen Lehrpersonen<br />

im Berufseinstieg. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 14 (1), 85–117.<br />

Blömeke, S. (2008). Theoretischer Rahmen und Design. In S. Blömeke, G. Kaiser & R. Lehmann (Hrsg.), Professionelle<br />

Kompetenz angehender Lehrerinnen und Lehrer (S. 15-48). Münster: Waxmann.<br />

Oser, F. (1997). Standards in der Lehrerbildung. Teil I: Berufliche Kompetenzen, die hohen Qualitätsmerkmalen<br />

entsprechen. Beiträge zur Lehrerbildung, 15, 26-37.<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 5 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | H 14<br />

Sigrid Blömeke, Patricia Klein, Jessica Benthien, Marina Döhrmann<br />

Prüfung der prognostischen Validität von Examensnoten und<br />

Kompetenztests am Ende der Mathematiklehrerausbildung<br />

Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin<br />

Das Follow-Up-Projekt TEDS-FU zur internationalen „Teacher Education and Development Study:<br />

Learning to Teach Mathematics (TEDS-M) zielt darauf, die Kompetenzentwicklung von Mathematiklehrkräften<br />

beim Übergang von der Lehrerausbildung in den Beruf unter Be-zug auf die<br />

Expertiseforschung längsschnittlich zu modellieren. Es wurden acht Videovignet-ten entwickelt,<br />

die typische Situationen des Mathematikunterrichts der Klassen 3 und 4 bzw. 8 und 9 zeigen.<br />

Diese müssen von den Lehrkräften wahrgenommen, analysiert, weitergeführt und reflektiert<br />

werden (Berliner, 2001; Bromme, 1997). Darüber hinaus erfolgte eine Befra-gung zu subjektiven<br />

Merkmalen von Berufserfolg wie die Berufszufriedenheit und die Belas-tungswahrnehmung<br />

(Swanson & Fouad, 1999; Lubinski & Benbow, 2000) sowie zu schuli-schen Kontextbedingungen<br />

(Terhart, 1998; Fend, 2008).<br />

Im Vortrag werden die längsschnittlichen Daten genutzt, um zu überprüfen, welche prognostische<br />

Validität Noten im Abitur, im Ersten und Zweiten Staatsexamen sowie den Ergebnissen der<br />

TEDS-M-Tests bei angehenden Primarstufenlehrkräften zugeschrieben wer-den kann. Deutlich<br />

wird, dass Abitur- und Examensnoten bei Primarstufenlehrkräften gegen-seitige prognostische<br />

Validität bescheinigt werden kann. Den TEDS-M-Ergebnissen zum ma-thematischen, mathematikdidaktischen<br />

und pädagogischen Professionswissen kommt unter Berücksichtigung des Aufgabenspektrums<br />

von Primarstufenlehrkräften konvergente und dis-kriminante Validität zu. Die<br />

globalen Examensnoten sind als Indikatoren für domänenspezifi-schen Berufserfolg von Primarstufenlehrkräften<br />

zu unspezifisch. Die TEDS-M-Tests liefern hier dagegen präzisere Informationen.<br />

König, J. & Blömeke, S. (2010). Pädagogisches Unterrichtswissen. Dokumentation der Kurzfassung des TEDS-M-<br />

Testinstruments zur Kompetenzmessung in der ersten Phase der Lehrerausbildung. Berlin: Humboldt-<br />

<strong>Universität</strong>.<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 5 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | H 14<br />

Rainer Bodensohn<br />

Diskussion<br />

<strong>Universität</strong> Koblenz-Landau<br />

Notizen:<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 6 | 13:30 Uhr – 17:40 Uhr | Raum S2 107<br />

Sandra Glammeier, Claudia Hornberg (Moderation)<br />

Sensible Gewaltforschung bei Frauen mit Behinderungen:<br />

Quantitative und qualitative Studien im Forschungsprojekt<br />

„Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen in<br />

Deutschland“<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

sandra.glammeier@uni-bielefeld.de<br />

Inklusion von Menschen mit Behinderungen ist in den letzten Jahren vermehrt in das Zentrum der<br />

pädagogischen Diskussionen gerückt. Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet zum Abbau<br />

von Diskriminierungen und zur Förderung und Gewährleistung von Selbstbestimmung und Teilhabe<br />

von Menschen mit Behinderungen und hebt hier insbesondere die Mehrfachdiskriminierungen und<br />

Gewaltbetroffenheit von Mädchen und Frauen mit Behinderungen hervor.<br />

Zwar liegen bereits einzelne (zumeist kleinere/behinderungsspezifische) Studien zu Gewalt gegen<br />

behinderte Mädchen und Frauen vor. Aufgrund der schwierigen Zugänge zu Menschen mit verschiedenen<br />

Behinderungen und methodischen Schwierigkeiten, z.B. hinsichtlich der Befragungsweise (z.B.<br />

bei Menschen mit sog. geistigen Behinderungen), blieben repräsentative Studien jedoch bisher weitgehend<br />

aus.<br />

Dieser Herausforderung stellte sich das Forschungsprojekt „Lebenssituation und Belastungen von<br />

Frauen mit Behinderungen in Deutschland“ und erstellte eine der international ersten repräsentativen<br />

Studie zu Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen am Interdisziplinären Zentrum für Frauen- und<br />

Geschlechterforschung gemeinsam mit der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Bielefeld</strong> in Kooperation mit weiteren Forschungsinstituten und Hochschulen, finanziert durch das<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).<br />

Befragt wurden bundesweit über 1.500 zufällig ausgewählte Frauen mit verschiedenen Behinderungen,<br />

die in Privathaushalten sowie in unterschiedlichen Einrichtungen leben. Einbezogen wurden<br />

Frauen mit und ohne Behindertenausweis, mit Seh-, Sprech-, Körper-, psychischen oder Mehrfachbehinderungen,<br />

mit so genannten geistigen Behinderungen (vereinfachte Sprache) und mit Hörbehinderungen<br />

(Deutsche Gebärdensprache). In Kombination mit der quantitativen Studie wurde eine qualitativ-rekonstruktive<br />

Studie mit gewaltbetroffenen Frauen mit Behinderungen zum Gewalterleben im<br />

Behinderungskontext durchgeführt.<br />

Anhand von fünf Beiträgen sollen in diesem Symposium Forschungsmethoden für eine sensible quantitative<br />

und qualitative Forschung zu Gewalt und Diskriminierung im Kontext von Behinderung und<br />

Geschlecht sowie die zentralen Ergebnisse zum Ausmaß, den Folgen und den Entstehungszusammenhängen<br />

von Gewalt und Diskriminierung vorgestellt und im Hinblick auf Präventions- und Interventionsmaßnahmen<br />

diskutiert werden.<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). (2012). Lebenssituation und Belastungen<br />

von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland – Kurzfassung. Retrieved June 2, 2012,<br />

from http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Lebenssituation-und-<br />

Belastungen-von-Frauen-mit-Behinderungen-Kurzfassung,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb<br />

=true.pdf.<br />

70


Beiträge<br />

1. Henry Puhe, Monika Schröttle<br />

Repräsentative und nicht-repräsentative Befragung von Frauen mit Behinderungen in<br />

Haushalten und Einrichtungen der Behindertenhilfe: Feldzugänge und Erhebungsmethoden<br />

2. Brigitte Sellach<br />

Repräsentative Befragung von Frauen mit sogenannten geistigen Behinderungen in vereinfachter<br />

Sprache<br />

3. Monika Schröttle<br />

Psychische, körperliche und sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen mit Behinderungen<br />

4. Sandra Glammeier<br />

Strukturelle und personale Diskriminierung von Frauen mit Behinderungen<br />

5. Barbara Kavemann<br />

Qualitative Interviews mit gewaltbetroffenen Frauen mit Behinderungen: Unterstützungsbedarf,<br />

Unterstützungssuche und Barrieren ins Hilfesystem<br />

71


Mo. 10.09.| Symposium 6 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum S2 107<br />

Henry Puhe 1 , Monika Schröttle 2<br />

Repräsentative und nicht-repräsentative Befragung von Frauen mit<br />

Behinderungen in Haushalten und Einrichtungen der Behindertenhilfe:<br />

Feldzugänge und Erhebungsmethoden<br />

1 Institut Sozialforschung und Kommunikation <strong>Bielefeld</strong>, 2 Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen<br />

und <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

Im Forschungsprojekt „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen in<br />

Deutschland“ wurde erstmalig eine große repräsentative Studie zu verschiedenen Gewaltformen<br />

und –kontexten in Kindheit/Jugend und Erwachsenenleben realisiert.<br />

In diesem Forschungsprojekt mussten besondere Schwierigkeiten überwunden werden, so z.B.<br />

die Gewährleistung der Repräsentativität bei fehlenden repräsentativen Grunddaten zur Untersuchungsgruppe<br />

(ein großer Teil der behinderten Mädchen und Frauen hat keinen Behindertenausweis<br />

(beantragt)) oder die Erreichbarkeit und der Zugang zu den unterschiedlichen Zielgruppen<br />

der Untersuchung, insbesondere zu den Dunkelfeldern bzw. den aufgrund ihrer Behinderung<br />

oder Lebenssituation besonders vulnerablen Frauen.<br />

Nach einer Voruntersuchung wurden Standorte mit zugehörigen Samplepoints deutschlandweit<br />

per Zufallsverfahren ausgewählt und mit Hilfe des Random Route Verfahrens Haushalte sowie<br />

auf der Basis einer Gesamtrecherche zufällig ausgewählte Einrichtungen kontaktiert. In den<br />

Haushalten wurden in einem aufwändigen Screeningverfahren mit einer studienspezifischen<br />

Definition von Behinderung Frauen mit Behinderungen im Alter von 16-65 Jahren ermittelt und<br />

800 Frauen in einem mehrstündigen standardisierten Interview befragt. Auch hinsichtlich der<br />

Einrichtungen fand eine Zufallsauswahl der 420 befragten Frauen statt, ein großer Teil dieser<br />

Interviews wurde in vereinfachter Sprache geführt, um Frauen mit sogenannten geistigen Behinderungen<br />

zu erreichen. Darüber hinaus wurden über verschiedene Zugänge (z.B. Medien<br />

oder Organisationen) 341 zusätzliche nicht-repräsentative Interviews mit blinden, schwerstkörper-<br />

oder mehrfachbehinderten Frauen und mit gehörlosen Frauen (durch gehörlose Interviewerinnen<br />

in Deutscher Gebärdensprache) durchgeführt. Aber auch die Gewährleistung einer qualitativ<br />

hochwertigen und sensiblen standardisierten Befragungsweise, stellte eine zu überwindende<br />

Herausforderung dar, der bspw. mit einer studienspezifischen Auswahl und intensiven Schulung<br />

der Interviewerinnen begegnet wurde. Die angesichts der Herausforderungen gefundenen<br />

Lösungswege sollen im Vortrag vorgestellt und mit dem Plenum diskutiert werden.<br />

72


Mo. 10.09.| Symposium 6 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum S2 107<br />

Brigitte Sellach<br />

Repräsentative Befragung von Frauen mit sogenannten geistigen<br />

Behinderungen in vereinfachter Sprache<br />

Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Frauen- und Genderforschung e.V.<br />

Studien, in denen Frauen mit so genannten geistigen Behinderungen selbst und auf repräsentative<br />

Weise zu ihrer Lebenssituation und zu Gewalterfahrungen befragt werden, liegen bisher<br />

kaum vor. Die vorzustellende Untersuchung „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit<br />

Behinderungen“ wagte hier einen Vorstoß: Im Rahmen der Befragung von insgesamt ca. 1.500<br />

Frauen mit verschiedenen Behinderungen wurden auch 318 zufällig ausgewählte Frauen mit so<br />

genannten geistigen Behinderungen deutschlandweit in ebenfalls per Zufallsverfahren ausgewählten<br />

(Wohn)Einrichtungen in vereinfachter Sprache befragt. Der standardisierte Fragebogen<br />

wurde dabei so gestaltet, dass eine Vergleichbarkeit mit der Befragung von Frauen mit anderen<br />

Behinderungen und mit der vorausgegangenen Befragung von ca. 10.000 Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt<br />

(Schröttle/Müller 2004) weitgehend möglich war.<br />

Im Vortrag soll die Konzeption und Umsetzung dieses Studienteils vorgestellt, reflektiert und<br />

diskutiert werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie eine repräsentative und vergleichbare<br />

Befragung von Menschen mit so genannten geistigen Behinderungen möglich ist und auch<br />

in anderen Themenfeldern Anwendung finden könnte, aber auch, wo die Grenzen dieses Vorgehens<br />

liegen. Von zentraler Bedeutung ist hier die Haltung der ForscherInnen und der Interviewerinnen<br />

gegenüber Menschen mit einer so genannten geistigen Behinderung. Denn das Bild der<br />

„geistigen Behinderung" mit den damit verbundenen Zuschreibungen kann die Gesamtkonzeption<br />

und die direkte Befragung stark beeinflussen.<br />

Zur Diskussion steht insbesondere das Vorgehen bei der Zufallsauswahl, die Konzeption des<br />

Fragebogens in „vereinfachter Sprache“ (im Vergleich zu einer Übersetzung in „leichte Sprache“),<br />

die Auswahl und spezifische Schulung der Interviewerinnen sowie die besondere Vorbereitung<br />

und Gestaltung des Interviewsettings. Darüber hinaus sollen die aufgrund der Schwere<br />

der Behinderung gesetzten Grenzen der Befragbarkeit der Frauen sowie die Zuverlässigkeit der<br />

Aussagen der Frauen mit so genannten geistigen Behinderungen fokussiert werden.<br />

Schröttle, M./Müller, U. (2004). Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland: Eine<br />

repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Im Auftrag des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Berlin. Retrieved June 1, 2012, from http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/ generator/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationen,did=20560.html.<br />

73


Mo. 10.09.| Symposium 6 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum S2 107<br />

Monika Schröttle<br />

Psychische, körperliche und sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen<br />

mit Behinderungen<br />

Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen und <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

Der bisherige internationale Forschungsstand zu Gewalt gegen Mädchen und Frauen mit Behinderungen<br />

legte bereits nahe, dass diese in unterschiedlichen Lebensbereichen in erhöhtem<br />

Maße verschiedenen Formen von Gewalt ausgesetzt sind. Im Vergleich zu der repräsentativen<br />

Befragung von 10.000 Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt (Schröttle/Müller 2004) zielte die<br />

vorliegende Studie mit einer Befragung von 1500 Frauen mit Behinderungen in Haushalten und<br />

Wohneinrichtungen darauf ab, differenzierte und qualitativ hochwertige Befunde unter anderem<br />

über die Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen sowie über das<br />

Ausmaß, die Entstehungszusammenhänge und Folgen von psychischer, physischer und sexueller<br />

Gewalt im Lebensverlauf hervorzubringen. Strukturelle Gewalt und Diskriminierungen gegenüber<br />

Frauen mit Behinderungen waren weitere Schwerpunkte der Studie. Identifiziert wurden<br />

Risikokonstellationen und besonders benachteiligte bzw. vulnerable Gruppen und deren konkreter<br />

Unterstützungsbedarf.<br />

Die Ergebnisse der Studie zeigen auf, dass alle befragten Gruppen von Frauen mit verschiedenen<br />

Behinderungen erheblich höhere Prävalenzen bei den unterschiedlichen Gewaltformen und –<br />

kontexten aufweisen und hier insbesondere auch (sexuelle) Gewalt in Kindheit, Jugend und im<br />

Erwachsenenleben von großer Bedeutung sind. Frauen mit Behinderungen waren, je nach Gewaltform<br />

und Untersuchungsgruppe, etwa zwei- bis dreimal häufiger von Gewalt betroffen als<br />

Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt. In der Studie ließen sich besondere Vulnerabilitäten einzelner<br />

Gruppen von Frauen mit Behinderungen (z.B. gehörloser Frauen) erkennen. Außerdem<br />

wurden ein hohes Ausmaß an multiplen Gewalterfahrungen im Lebensverlauf und ein wechselseitiger<br />

Zusammenhang von Gewalterleben und Behinderung deutlich. Darüber hinaus wurden<br />

erhebliche personale und strukturelle Diskriminierungen von Frauen mit Behinderungen sichtbar,<br />

die ebenfalls aufzeigen, dass die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention in<br />

Deutschland bislang nicht umgesetzt sind.<br />

In diesem Vortrag soll einerseits präsentiert und anschließend diskutiert werden, wie Gewalt<br />

und Diskriminierung auf eine Art erhoben werden kann, die in der Lage ist, sensibel Dunkelfelder<br />

aufzudecken. Andererseits sollen die zentralen Ergebnisse der Studie vorgestellt werden und<br />

hinsichtlich ihrer Relevanz für die Pädagogik diskutiert werden.<br />

Schröttle, M./Müller, U. (2004). Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland: Eine<br />

repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Im Auftrag des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Berlin. Retrieved June 1, 2012, from<br />

http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationen,did=20560.html.<br />

74


Mo. 10.09.| Symposium 6 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum S2 107<br />

Sandra Glammeier<br />

Strukturelle und personale Diskriminierung von Frauen mit Behinderungen<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

Um Inklusion in der Pädagogik zu diskutieren, ist eine Sensibilisierung für die vielfältigen Formen<br />

von Diskriminierungen und für die auch in der UN-Behindertenrechtskonvention benannte<br />

Mehrfachdiskriminierung behinderter Mädchen und Frauen hilfreich. Vor dem Hintergrund<br />

vorliegender Daten und Analysen zu Teilhabe(bedingungen), zu den Lebenslagen (z.B. Libuda-<br />

Köster/Sellach 2005) und zu Diskriminierungen von Frauen mit Behinderungen (z.B. Jacob/Köbsell/Wollrad<br />

2010) untersucht die repräsentative Studie „Lebenssituation und Belastungen<br />

von Frauen mit Behinderungen in Deutschland“ neben Formen psychischer, körperlicher<br />

und sexueller Gewalt auch die strukturelle und institutionelle sowie die personale (bzw. individuelle)<br />

Diskriminierung von behinderten Mädchen und Frauen. Hier stellt sich die im Rahmen<br />

des Vortrags zu diskutierende Frage, wie Diskriminierung einerseits anhand der Lebenslagen<br />

(z.B. hinsichtlich Bildung, Einkommen, Familie, Erwerbsarbeit) und Lebensbedingungen (z.B. in<br />

Wohneinrichtungen) und andererseits anhand der subjektiven Einschätzung behinderter Frauen<br />

in Bezug auf gesellschaftliche Strukturen und Handlungen von Personen und in Institutionen<br />

gemessen werden kann.<br />

Die Studie zeigt zum einen ein hohes Ausmaß von verschiedenen Formen von Diskriminierung<br />

auf. Die befragten Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen haben fast durchgängig<br />

diskriminierende Handlungen durch Personen oder Institutionen erlebt. Neben den geschlossenen<br />

standardisierten Fragen wurden hier zur Exploration auch offene Fragen gestellt (Protokollierung<br />

durch die Interviewerin). Gleichzeitig wurden besonders vulnerable und verstärkt mehrfachdiskriminierte<br />

Gruppen von Frauen mit Behinderungen sichtbar, sowohl im Hinblick auf ihre<br />

subjektive Wahrnehmung von Diskriminierung durch Personen/Institutionen als auch in Bezug<br />

auf ihre soziostrukturellen Merkmale, die mit der repräsentativen Befragung von 10.000 Frauen<br />

im Bevölkerungsdurchschnitt (Schröttle/Müller 2004) verglichen werden konnten.<br />

Vorgestellt werden sollen die Erhebungsinstrumente und die Ergebnisse der Studie, um sie im<br />

Hinblick auf den Abbau von Diskriminierungen und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen<br />

unter besonderer Berücksichtigung der Mehrfachdiskriminierung und erhöhten Gewaltbetroffenheit<br />

von behinderten Mädchen und Frauen zu diskutieren.<br />

Jacob, J. / Köbsell, S. / Wollrad, E. (Ed.). Gendering Disability: Intersektionale Aspekte von Behinderung und Geschlecht.<br />

<strong>Bielefeld</strong>: transcript Verlag.<br />

Libuda-Köster, A. / Sellach, B. (2005). Lebenslagen behinderter Frauen in Deutschland: Auswertung des Mikrozensus<br />

2005. Retrieved 2 June, 2012, from http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-<br />

Anlagen/lebenslagen-behinderter-frauen-deutschland-kurzfassung,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,<br />

rwb= true.pdf.<br />

Schröttle, M. / Müller, U. (2004). Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland: Eine<br />

repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Im Auftrag des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Berlin. Retrieved June 1, 2012, from http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/ generator/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationen,did=20560.html.<br />

75


Mo. 10.09.| Symposium 6 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | Raum S2 107<br />

Barbara Kavemann<br />

Qualitative Interviews mit gewaltbetroffenen Frauen mit Behinderungen:<br />

Unterstützungsbedarf, Unterstützungssuche und Barrieren ins Hilfesystem<br />

Katholische Hochschule für Sozialwesen und Sozialwissenschaftliches FrauenForschungsInstitut<br />

Freiburg (SOFFI.F), Büro Berlin<br />

In Deutschland existiert seit einigen Jahren ein differenziertes Unterstützungssystem für gewaltbetroffene<br />

Mädchen und Frauen, in dem Mädchen und Frauen mit Behinderungen trotz ihrer<br />

höheren Gewaltbetroffenheit aufgrund diverser Barrieren bisher kaum sichtbar wurden. Auch<br />

die vorliegenden Studien zum Unterstützungsbedarf gewaltbetroffener Frauen (GiGnet 2008)<br />

richteten sich nicht auf Frauen mit Behinderungen.<br />

Daher wurde zusätzlich zu der repräsentativen quantitativen Studie im Projekt „Lebenssituation<br />

und Belastungen von Frauen mit Behinderungen“ eine qualitative Studie zur Rekonstruktion<br />

subjektiver Deutungen von Gewalterfahrungen und (nicht) erlebter Unterstützung bei erlittener<br />

Gewalt durchgeführt. Es sollten Schlussfolgerungen für Intervention und Prävention gezogen<br />

und vertiefende Informationen für die Interpretation der statistischen Daten aus der standardisierten<br />

Hauptstudie gewonnen werden.<br />

Dazu wurden mit 31 gewaltbetroffene Frauen mit verschiedenen (körperlichen, psychischen, so<br />

genannten geistigen oder die Sinnesorgane betreffenden) Behinderungen in Haushalten und in<br />

Einrichtungen teilnarrative, leitfadengestützte Interviews mit freien Erzählpassagen und Nachfragen<br />

zu nicht erwähnten und ergänzenden Aspekten nach dem Vorgehen von Helfferich (2011)<br />

durchgeführt. Die Auswertung ist rekonstruktiv-hermeneutisch. Die Agency- und Positioning-<br />

Analyse liefern einen Indikator für die subjektive Bedeutung des Erlebten und das Maß der<br />

Handlungsfähigkeit. Das Ergebnis sind fallspezifische Profile.<br />

Die Interviews bestätigen die besondere Vulnerabilität von behinderten Mädchen und Frauen,<br />

die destruktiven Folgen für ihr Selbstverständnis und daraus folgende Risiken im Lebensverlauf,<br />

wie z.B. einen engen Zusammenhang zwischen Behinderung und sexuellem Missbrauch in der<br />

Kindheit und Jugend. Es zeigte sich, dass Gewalt und Diskriminierung im institutionellen Kontext<br />

schwierig zu thematisieren und Schutz und Beschwerdemöglichkeiten kaum vorhanden sind.<br />

Unterstützung war für die Frauen überwiegend nicht zugänglich bzw. nicht bedarfsgerecht.<br />

Der Vortrag stellt die Methodik einer sensiblen qualitativen Interviewführung mit Frauen im<br />

Kontext von Gewalt und Behinderung und die rekonstruktiv-hermeneutische Auswertung ebenso<br />

zur Diskussion wie ausgewählte Ergebnisse zum Gewalterleben, zur Hilfesuche und zum Unterstützungsbedarf<br />

behinderter Frauen und deren Bedeutung für die Pädagogik.<br />

GiG-net Forschungsnetz Gewalt im Geschlechterverhältnis. (2008). Gewalt im Geschlechterverhältnis: Erkenntnisse<br />

und Konsequenzen für Politik, Wissenschaft und soziale Praxis. Opladen & Famington Hills: Verlag Barbara<br />

Budrich.<br />

Helfferich, C. (2011). Die Qualität qualitativer Daten. Manual für die Durchführung qualitativer Interviews. (4.<br />

Auflage). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

76


Mo. 10.09.| Symposium 7 | 13:30 Uhr – 18:25 Uhr | Raum T2 107<br />

Julian Roelle<br />

Wie Lernende auf das Lernen aus direkter Instruktion vorbereitet werden<br />

können<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

julian.roelle@uni-bielefeld.de<br />

Zur Einführung neuer Inhalte (z.B. neue Konzepte oder Prinzipien) greifen Lehrende häufig zu<br />

direkter Instruktion und geben den Lernenden Informationen, welche die zu lernenden Inhalte<br />

vollständig beschreiben und erklären. Obwohl direkte Instruktion in frühen Phasen des Wissenserwerbs<br />

empfohlen wird (Kirschner, Sweller, & Clark, 2006), haben Lernende dabei oft Probleme,<br />

die Inhalte tief zu verstehen. Mögliche Ursachen hierfür sind, (a) dass die Lernenden sich<br />

fehlenden Wissens nicht bewusst sind, (b) dass die Wissenskonstruktion zu wenig gefördert<br />

wird, (c) dass den Lernenden Vorwissen fehlt, (d) dass das Vorwissen der Lernenden nicht hinreichend<br />

aufgegriffen wird, oder (e) dass relevantes Vorwissen vorab nicht aktiviert wird und Lernende<br />

die gegebenen Informationen daher oberflächlich verarbeiten. Vor diesem Hintergrund<br />

ist es das Ziel dieses Symposiums zu erkunden, wie Lernende effektiv auf das Lernen aus direkter<br />

Instruktion vorbereitet werden können. Die Beiträge nähern sich diesem Ziel mittels (quasi-<br />

)experimenteller Studien und testen verschiedene Interventionen, wie Lernende auf zukünftiges<br />

Lernen vorbereitet werden können. In Beitrag 1 bearbeiteten die Lernenden zur Vorbereitung<br />

auf direkte Instruktion entweder eine Inventing-Aufgabe oder ein Lösungsbeispiel. In Beitrag 2<br />

bestand die Vorbereitung darin, dass Lernende entweder ausgearbeitete kontrastierende Beispiele<br />

selbsterklärten oder eine Inventing-Aufgabe zu den Beispielen bearbeiteten. In Beitrag 3<br />

erhielten die Lernenden kontrastierte Fälle entweder mit Inventing-Aufgaben oder mit ausgearbeiteten<br />

Lösungen vor dem Lernen aus Erklärungen. In Beitrag 4 wurde eine Inventing-Phase<br />

genutzt, um typische Fehlvorstellungen zu identifizieren und diese in einer anschließenden Phase<br />

direkter Instruktion aufzugreifen. In Beitrag 5 wird die Frage untersucht, ob die Effekte kooperativer<br />

Inventing-Aktivitäten abhängig von der Gruppenzusammensetzung sind. Als zentrale<br />

Befunde weisen die Autoren aller Beiträge positive Effekte der Vorbereitungs-Interventionen auf<br />

das Lernen aus direkter Instruktion nach. Diese Befunde sind von hoher wissenschaftlicher und<br />

pädagogischer Relevanz, denn sie zeigen welche Wirkmechanismen hinter Interventionen zur<br />

Vorbereitung auf zukünftiges Lernen stehen und wie diese Mechanismen genutzt werden können,<br />

um Lernende effektiv auf das Lernen aus direkter Instruktion vorzubereiten.<br />

Kirschner, P. A., Sweller, J., & Clark, R. E. (2006). Why minimal guidance during instruction does not work: An<br />

analysis of the failure of constructivist, discovery, problem-based, experiential, and inquiry-based teaching.<br />

Educational Psychologist, 41, 75–86.<br />

77


Beiträge<br />

1. Inga Glogger, Rolf Schwonke, Anne-Katrin Treier, Alexander Renkl<br />

Inventing motiviert, aber erschwert das Lernen? Wirkmechanismen einer Inventing-<br />

Aktivität und eines Lösungsbeispiels im Vergleich<br />

2. Lennart Schalk, Armin Barth, Ralph Schumacher<br />

Mathematische Konzepte verstehen: Erfinden schlägt Selbsterklären<br />

3. Julian Roelle, Kirsten Berthold<br />

Vorbereitung zukünftigen Lernens mit kontrastierten Fällen: Ausgearbeitete Lösungen<br />

schlagen Inventing<br />

4. Katharina Westermann, Nikol Rummel<br />

Schülervorstellungen aufgreifen fördert nachfolgendes Lernen<br />

5. Michael Wiedmann, Jennifer Wiley, Nikol Rummel<br />

Wie beeinflussen mathematische Fähigkeiten und Gruppenzusammensetzung das Lernen<br />

durch Inventing?<br />

6. Wolfgang Schnotz<br />

Diskutant<br />

78


Mo. 10.09.| Symposium 7 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum T2 107<br />

Inga Glogger, Rolf Schwonke, Anne-Katrin Treier, Alexander Renkl<br />

Inventing motiviert, aber erschwert das Lernen? Wirkmechanismen einer<br />

Inventing-Aktivität und eines Lösungsbeispiels im Vergleich<br />

Albert-Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg<br />

Inventing-Aktivitäten können Lernende auf anschließende direkte Instruktion vorbereiten, indem<br />

sie auf fehlendes, aber notwendiges Wissen aufmerksam machen, tiefere Verarbeitung<br />

während der Lernphase fördern (kognitiv), sowie Neugier und Interesse erhöhen (Schwartz,<br />

Chase, Oppezzo & Chin, 2011). Offene, lernvorbereitende Problemlöseaktivitäten wie Inventing<br />

erwiesen sich als effektiv, selbst wenn die „erfundenen“ Lösungsansätze nicht optimal sind. In<br />

einer vorherigen Studie bereitete Inventing motivational und kognitiv aufs Lernen vor, ein Lösungsbeispiel<br />

desselben Problems führte jedoch zu höherem Lernerfolg (Glogger et al., 2012).<br />

Im vorliegenden Experiment (N =36) strebten wir eine Replikation der Ergebnisse und deren<br />

Aufklärung durch Lernprozessdaten (Lautes Denken) an. Wir vermuteten, dass eine Inventing-<br />

Aktivität Neugier und Interesse von Lehramtsstudierenden erhöht, in einem Lernprogramm die<br />

Diagnose von Lernstrategien zu erlernen, aber zu weniger ausgeprägten diagnostischen Fertigkeiten<br />

führt. Zudem untersuchten wir, ob Prozesse während des Lernens (z.B. Tiefe der Verarbeitung)<br />

die Effekte aufklären können.<br />

Die Inventing-Gruppe erfand Kriterien, um Lernstrategien zu bewerten, während die Lösungsgruppe<br />

das gleiche Problem als Lösungsbeispiel bearbeitete. Inventing erhöhte wie erwartet<br />

Neugier und Interesse, aber reduzierte den Lernerfolg. Erste Analysen der Laut-Denken Daten<br />

weisen auf oberflächlichere Verarbeitung und auf ein Festhalten an suboptimalen Lösungsansätzen<br />

in der Inventing-Gruppe hin. Die Ergebnisse können als Lösungsbeispieleffekt interpretiert<br />

werden (Sweller, Kirschner & Clark, 2007) und tragen zur Aufklärung von Wirkmechanismen von<br />

Inventing-Aktivitäten bei.<br />

Glogger, I., Kappich, J., Schwonke, R., Holzäpfel, L., Nückles, M., & Renkl, A. (2012, April). Inventing prepares learning<br />

motivationally, but cuts down learning outcomes? Paper presented at the Annual Conference of the<br />

American Educational Research Association (AERA) 2012. Vancouver, Canada.<br />

Schwartz, D. L., Chase, C. C., Oppezzo, M. A., & Chin, D. B. (2011). Practicing versus inventing with contrasting<br />

cases: The effects of telling first on learning and transfer. Journal of Educational Psychology, 103 (4), 759–775.<br />

doi:10.1037/a0025140.<br />

Sweller, J., Kirschner, P., & Clark, R. (2007). Why minimally guided teaching techniques do not work: a reply to<br />

commentaries. Educational Psychologist, 42, 115–121. doi:10.1080/00461520701263426<br />

79


Mo. 10.09.| Symposium 7 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum T2 107<br />

Lennart Schalk, Armin Barth, Ralph Schumacher<br />

Mathematische Konzepte verstehen: Erfinden schlägt Selbsterklären<br />

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich<br />

Im Mathematikunterricht werden Konzepte häufig per tell-and-practice eingeführt: Zunächst<br />

wird die Beschreibung präsentiert, anschliessend werden Übungsaufgaben bearbeitet. Lernende<br />

haben hierbei jedoch oft Schwierigkeiten, die Konzepte zu verstehen und sie für neue Lernaufgaben<br />

zu nutzen, da die individuelle Wissenskonstruktion zu wenig gefördert wird (z.B. Schwartz<br />

& Martin, 2004). Alternative Ansätze schlagen vor, die Einführung der Konzepte zu verzögern<br />

und Lernende zunächst Lösungsbeispiele selbst erklären zu lassen (z.B. Rittle-Johnson, 2006)<br />

oder sie zum Erfinden eigener Konzepte und Lösungswege aufzufordern („inventing“, z. B.<br />

Schwartz, Chase, Oppezzo, & Chin, 2011), um so die individuelle Wissenskonstruktion stärker zu<br />

unterstützen. Dabei ist offen, welcher dieser beiden Ansätze der erfolgreichere ist. Um diese<br />

Frage zu beantworten, verteilten wir in vier 8. Gymnasialklassen zufällig drei verschiedene Materialien<br />

zum Thema „Steigungskoeffizienten linearer Funktionen“: (1) tell-and-practice, (2) Selbsterklären,<br />

(3) Erfinden. Im tell-and-practice-Material wurde zuerst die Steigungsformel präsentiert,<br />

danach bearbeiteten die Lernenden Übungsaufgaben. In den beiden anderen Materialien<br />

wurden zunächst kontrastierende Beispiele linearer Graphen präsentiert, erst darauf folgte die<br />

Einführung des Steigungskonzepts. Im Selbsterklären-Material sollten die Lernenden die angegebenen<br />

Steigungskoeffizienten der Beispiele erklären. Im Erfinden-Material hingegen waren<br />

keine Koeffizienten angegeben, die Lernenden sollten eine eigene Beschreibung für die Steigung<br />

erfinden. Die Bearbeitung des Selbsterklären- und des Erfinden-Materials führte zu einer erfolgreicheren<br />

Transfertestleistung als die Bearbeitung des tell-and-practice-Materials. Zudem zeigte<br />

sich ein signifikanter Vorteil der Lernenden, die eine eigene Beschreibung für die Steigung der<br />

verschiedenen Beispiele erfinden mussten gegenüber Lernenden, die die Beispiele selbst erklärten.<br />

Aufträge zum Erfinden von Konzepten und Lösungswegen sind somit ein effizientes Mittel,<br />

um das Lernen mathematischer Konzepte vorzubereiten und deren Anwendung zu unterstützen.<br />

Rittle-Johnson, B. (2006). Promoting transfer: Effects of self-explanation and direct instruction. Child Development,<br />

77(1), 1–15.<br />

Schwartz, D. L., Chase, C. C., Oppezzo, M. A., & Chin, D. B. (2011). Practicing versus inventing with contrasting<br />

cases: The effects of telling first on learning and transfer. Journal of Educational Psychology, 103(4), 759–775.<br />

Schwartz, D. L., & Martin, T. (2004). Inventing to prepare for future learning: The hidden efficiency of encouraging<br />

original student production in statistics instruction. Cognition and Instruction, 22(2), 129–184.<br />

80


Mo. 10.09.| Symposium 7 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum T2 107<br />

Julian Roelle, Kirsten Berthold<br />

Vorbereitung zukünftigen Lernens mit kontrastierten Fällen:<br />

Ausgearbeitete Lösungen schlagen Inventing<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

Das Arbeiten mit kontrastierten Fällen ist eine vielversprechende instruktionale Maßnahme, um<br />

Lernende auf das Lernen aus direkter Instruktion vorzubereiten (Schwartz & Bransford, 1998).<br />

Kontrastierte Fälle sind Beispiele, die sich auf zentralen Dimensionen eines Themengebiets unterscheiden.<br />

Ziel des Arbeitens mit kontrastierten Fällen in einer Vorbereitungsphase ist es, dass<br />

die Lernenden Vorwissen entwickeln, das ihnen hilft anschließende Instruktion fokussiert und<br />

tief zu verarbeiten. Die Effekte einer Vorbereitungs-Intervention mit kontrastierten Fällen auf<br />

das Lernen aus anschließenden Erklärungen wurden allerdings bislang kaum untersucht. Zudem<br />

ist es eine offene Frage, ob instruktionale Unterstützung während des Arbeitens mit kontrastierten<br />

Fällen zurückgehalten oder gegeben werden sollte. Vor diesem Hintergrund haben wir zwei<br />

Varianten einer Vorbereitungs-Intervention mit kontrastierten Fällen entwickelt, um Lernende<br />

auf das Lernen aus Erklärungen aus dem Themengebiet Management-Theorie vorzubereiten: (a)<br />

kontrastierte Fälle plus Inventing-Aufgaben, welche die Lernenden aufforderten, die Kontraste<br />

zwischen den Fällen selbst zu finden (vgl. Schwartz & Martin, 2004), (b) kontrastierte Fälle plus<br />

ausgearbeitete Lösungen, in denen die Kontraste zwischen den Fällen explizit aufgezeigt wurden.<br />

Wir untersuchten die Effekte der Vorbereitungs-Interventionen in einer experimentellen<br />

Studie mit drei Gruppen: (a) kontrastierte Fälle plus Inventing-Aufgaben, (b) kontrastierte Fälle<br />

plus ausgearbeitete Lösungen, (c) keine Vorbereitungs-Intervention. Die Ergebnisse zeigten, dass<br />

beide Varianten der Vorbereitung mit kontrastierten Fällen den Wissenserwerb beim Lernen aus<br />

anschließenden Erklärungen förderte. Zudem führten beide Vorbereitungs-Interventionen zu<br />

einer verringerten kognitiven Belastung und zu einem höheren Flow während des Lernens aus<br />

Erklärungen. In Bezug auf den Vergleich der beiden Varianten der Vorbereitung mit kontrastierten<br />

Fällen fanden wir, dass Lernende, die zusätzlich zu den kontrastierten Fällen ausgearbeitete<br />

Lösungen erhielten, mehr und effizienter aus den anschließenden Erklärungen lernten als Lernende,<br />

die Inventing-Aufgaben zu den kontrastierten Fällen bearbeiteten.<br />

Schwartz, D. L., & Bransford, J. D. (1998). A time for telling. Cognition and Instruction, 16, 475–522.<br />

Schwartz, D. L., & Martin, T. (2004). Inventing to prepare for future learning: The hidden efficiency of encouraging<br />

original student production in statistics instruction. Cognition and Instruction, 22, 129–184.<br />

81


Mo. 10.09.| Symposium 7 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum T2 107<br />

Katharina Westermann, Nikol Rummel<br />

Schülervorstellungen aufgreifen fördert nachfolgendes Lernen<br />

Ruhr-<strong>Universität</strong> Bochum<br />

Unterrichtskonzepte, die Lernende an ihrem Wissens- und Vorstellungsstand abholen, gewinnen<br />

in der Mathematikdidaktik zunehmend an Bedeutung. Im Invention bzw. Productive Failure<br />

Ansatz (z.B. Kapur, 2012) wird diese Bestrebung besonders deutlich: SchülerInnen lösen eigenständig<br />

Probleme bevor diese in der Instruktion besprochen werden und greifen hierzu auf ihre<br />

vorunterrichtlichen Vorstellungen zurück. Da die vorunterrichtlichen Vorstellungen der Lernenden<br />

nicht unbedingt mit den in der Mathematik geltenden Normen übereinstimmen (Prediger &<br />

Wittmann, 2009) müssen die Schülervorstellungen mit den Konventionen in Verbindung gebracht<br />

werden. Durch das Abgleichen der Vorstellungen mit der Norm kann negatives Wissen<br />

(d.h. Abgrenzung kanonischer Lösungen und Konzepte von fehlerhaften Prozeduren und Ideen)<br />

gefördert werden (Oser, Hascher, & Spychiger, 1999). In einer quasi-experimentellen Studie<br />

verglichen wir Bedingungen mit und ohne Aufgreifen von Schülervorstellungen: In einer Bedingung<br />

wurden die Vorstellungen durch eigenständiges Problemlösen aktiviert bevor die Instruktion<br />

auf prototypische Schülerlösungen und -vorstellungen aufbaute (vgl. Productive Failure,<br />

Kapur, 2012). In einer Bedingung wurden prototypischer Schülervorstellungen in der Instruktion<br />

ohne vorangehendes Problemlösen aufgegriffen. In der Kontrollbedingung ohne Aktivieren und<br />

Aufgreifen von Schülervorstellungen lag der Fokus der Instruktion auf der Musterlösung. Unsere<br />

Studie zeigte, dass das Aufgreifen prototypischer Schülervorstellungen den Verständniserwerb<br />

fördern kann: Die Bedingungen in denen prototypische Schülervorstellungen vor der Musterlösung<br />

besprochen wurden, schnitten im Lerntest besser ab als die Bedingung, in der der Fokus<br />

der Instruktion auf der Musterlösung lag. Das Aufgreifen von Schülervorstellungen in der Instruktion<br />

schaffte eine Basis für das Verständnis der kanonischen Lösung unabhängig davon, ob<br />

die Lernenden ihre eigenen Vorstellungen in einer vorherigen Problemlösephase aktivierten<br />

oder ob ausschließlich prototypische Schülervorstellungen in der Instruktion besprochen wurden.<br />

Kapur, M. (2012). Productive failure in learning the concept of variance. Instructional Science. doi:<br />

10.1007/s11251-012-9209-6<br />

Oser, F., Hascher, T., & Spychiger, M. (1999). Lernen aus Fehlern. Zur Psychologie des negativen Wissens. In W.<br />

Althof (Hrsg.), Fehlerwelten (S. 11–41). Opladen: Leske + Budrich.<br />

Prediger, S., & Wittmann, G. (2009). Aus Fehlern lernen – (wie) ist das möglich? Praxis der Mathematik in der<br />

Schule, 51(27), 1–8.<br />

82


Mo. 10.09.| Symposium 7 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | Raum T2 107<br />

Michael Wiedmann 1 , Jennifer Wiley 2 , Nikol Rummel 3<br />

Wie beeinflussen mathematische Fähigkeiten und Gruppenzusammensetzung<br />

das Lernen durch Inventing?<br />

1 Albert-Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg, 2 University of Illinois at Chicago, 3 Ruhr-<strong>Universität</strong><br />

Bochum<br />

Im Inventing Ansatz erhalten Lernende ein komplexes Problem, das sie in Kleingruppen selbstständig<br />

lösen sollen, bevor ihnen das zugrundeliegende mathematische Konzept vermittelt wird.<br />

Die selbstständige Erarbeitung von multiplen Lösungen scheint dabei Vorwissen zu aktivieren,<br />

das im Anschluss das Verstehen des mathematischen Konzepts erleichtert. Studien zeigten (Kapur,<br />

2009; Schwartz & Martin, 2004), dass dieser instruktionale Ansatz einer traditionelleren<br />

Unterrichtsform überlegen ist, bei der zuerst das mathematische Konzept und die damit verbundene<br />

Lösungsprozedur vermittelt wird, ehe Lernende das komplexe Problem in Kleingruppen<br />

bearbeiten. Die beiden Studien wurden jedoch mit Lernenden durchgeführt, die überdurchschnittliche<br />

mathematische Fähigkeiten besitzen. Ob Inventing sich auch für weniger begabte<br />

Lernende und heterogene Lerngruppen eignet, war bisher unklar. Wir manipulierten daher die<br />

Zusammensetzung der Gruppen bezüglich der mathematischen Fähigkeiten ihrer Mitglieder<br />

während der kooperativen Problemlösephase. Das Fähigkeitsprofil der Triaden war entweder<br />

homogen niedrig (nur Studierende mit niedrigen mathematischen Fähigkeiten), heterogen (Studierende<br />

mit niedrigen und hohen mathematischen Fähigkeiten) oder homogen hoch (nur Studierende<br />

mit hohen mathematischen Fähigkeiten). Eine in vivo Studie (N = 68) und ein Laborexperiment<br />

(N = 59) zeigten, dass sowohl Gruppenzusammensetzung als auch mathematische<br />

Fähigkeiten der Studierenden einen Effekt auf die Qualität der Antworten in einem individuell<br />

bearbeiteten Verständnistest hatten. Die Gruppenzusammensetzung wirkte sich zudem auf die<br />

Anzahl und Qualität von Lösungsvorschlägen aus, die im Laufe der kooperativen Problemlösephase<br />

erarbeitet wurden.<br />

Kapur, M. (2009). Productive Failure in mathematical problem solving. Instructional Science, 38(6), 523–550.<br />

Schwartz, D. L., & Martin, T. (2004). Inventing to prepare for future learning: The hidden efficiency of encouraging<br />

original student production in statistics instruction. Cognition and Instruction, 22(2), 129–184.<br />

83


Mo. 10.09.| Symposium 7 | 17:45 Uhr – 18:25 Uhr | Raum T2 107<br />

Wolfgang Schnotz<br />

Diskussion<br />

<strong>Universität</strong> Koblenz-Landau<br />

Notizen:<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 8 | 13:30 Uhr – 17:40 Uhr | Raum T2 121<br />

Mona Granato 1 , Marc Thielen 2<br />

Übergänge im Jugendalter – Die Bedeutung der Statuspassage Schule –<br />

Beruf für Bildungserfolg und die (Re-)Produktion von Ungleichheit<br />

1 Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn, 2 Goethe-<strong>Universität</strong> Frankfurt<br />

granato@bibb.de<br />

Am Übergang Schule - Beruf sind Jugendliche mit komplexen gesellschaftlichen Anforderungen<br />

konfrontiert. Zwar erweist sich die nichtakademische Berufsausbildung für Schulabgänger ohne<br />

Abitur als der bedeutsamste Übergangweg. Gleichwohl gelingt ungeachtet des demografischen<br />

Wandels vielen jungen Menschen kein direkter Zugang in berufliche Ausbildung, insbesondere<br />

denjenigen aus unteren sozialen Milieus und mit einem Migrationshintergrund. Demzufolge<br />

reproduzieren sich ungleiche Bildungsvoraussetzungen auf dem Weg in die Arbeitswelt.<br />

Das Symposium nimmt den institutionell ausdifferenzierten Übergang Schule - Beruf in den Blick<br />

und geht der Frage nach, wie sich Bildungsungleichheit in den unterschiedlichen Etappen niederschlägt:<br />

In berufsorientierenden und -vorbereitenden Maßnahmen, beim Zugang sowie im Verlauf<br />

der Ausbildung.<br />

Durch die Einbeziehung quantitativ und qualitativ angelegter Studien werden Wechselwirkungen<br />

zwischen den (Teil-)Systemen (vor)beruflicher Ausbildung sichtbar, die unterschiedliche Zugangs-<br />

und Erfolgschancen begünstigen. Bildungsungleichheit wird im Zusammenspiel institutioneller<br />

Rahmenbedingungen sowie individueller und sozialer Ressourcen betrachtet. Hierdurch<br />

werden strukturelle Benachteiligungen junger Frauen und Männer aus unteren sozialen Milieus<br />

und mit Migrationshintergrund rekonstruiert.<br />

Die Beiträge fokussieren jeweils einen Ausschnitt im Übergangsgeschehen und analysieren Ungleichheit<br />

auf unterschiedlichen Ebenen. Dadurch zeigt sich, dass junge Menschen je nach Ausbildungsvariante<br />

unterschiedliche Ressourcen benötigen und dass Übergangsmaßnahmen die<br />

Chance auf eine betriebliche Ausbildung nicht zwangsläufig erhöhen (Eberhard). Berufsorientierende<br />

und -vorbereitende Maßnahmen drohen, so ein weiteres Ergebnis, dann zu scheitern,<br />

wenn sie nicht an die biographischen Vorerfahrungen der Teilnehmenden anschließen (Ecarius/Hößl/Berg).<br />

Ein ethnografischer Blick auf die schulische Berufsvorbereitung verweist darauf,<br />

dass betriebliche Selektionslogiken das Handeln von Lehrkräften bestimmen und damit Differenzen<br />

im schulischen Alltag erzeugen (Thielen). Zudem können Ungleichheiten, die beim Eintritt in<br />

Ausbildung entstehen, im Ausbildungsverlauf nicht verringert werden (Granato). Aus einer multidimensionalen<br />

Perspektive werden abschließend pädagogische Schlussfolgerungen diskutiert<br />

(Riegel).<br />

Heinz, W.R. (Hrsg.) (1995): Arbeit, Beruf und Lebensverlauf. Weinheim: Juventa Verlag.<br />

Konietzka, D. (2010): Zeiten des Übergangs. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />

Stauber, B./Walther, A./Pohl, A. (Hrsg.) (2007): Subjektorientierte Übergangsforschung, Weinheim und München:<br />

Juventa<br />

85


Beiträge<br />

1. Verena Eberhard<br />

Zur Bedeutung von Institutionen auf die Übergangschance in die Berufsausbildung<br />

2. Jutta Ecarius, Alena Berg, Stefan E. Hößl<br />

Prekäre Bildungsbiographien und pädagogische Maßnahmen<br />

3. Marc Thielen<br />

Die Bearbeitung von Diversität im pädagogischen Alltag der dualisierten Berufsvorbereitung<br />

4. Mona Granato<br />

(Re)Produktion von Bildungsungleichheit? Die Bildungsetappe Berufliche Ausbildung<br />

5. Christine Riegel<br />

Zur Diskussion: Pädagogische Schlussfolgerungen - Vielfalt empirischer Forschung am<br />

Übergang Schule – Beruf<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 8 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum T2 121<br />

Verena Eberhard<br />

Zur Bedeutung von Institutionen auf die Übergangschance in die Berufsausbildung<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn<br />

Die Frage, über welche individuellen und sozialen Ressourcen Jugendliche für einen erfolgreichen<br />

Übergang Schule - Ausbildung verfügen müssen, kann nur beantwortet werden, wenn die<br />

institutionellen Zugangslogiken des Berufsbildungssystems berücksichtigt werden. In Anlehnung<br />

an Bourdieu und Esser wurde daher ein ressourcentheoretisches Modell des Übergangs entwickelt,<br />

welches die Zugangschancen in eine Ausbildung konsequent in Abhängigkeit der Institutionen<br />

beschreibt anstatt – wie bisher überwiegend geschehen – die institutionellen Einflüsse bei<br />

der Identifikation der erfolgsrelevanten individuellen und sozialen Ressourcen zu vernachlässigen.<br />

Welche individuellen, sozialen und institutionellen Ressourcen für den Übergang in eine<br />

Ausbildung relevant werden, variiert damit, wie der Zugang institutionell geregelt ist, so die<br />

Kernaussage des Modells.<br />

Anhand einer Stichprobe von 2.994 Bewerbern wird mittels binär logistischer Regressionen<br />

geprüft, wie sich die institutionelle Varianz der Ausbildungsformen betriebliche vs. außerbetriebliche<br />

Ausbildung auf die Zugangschancen auswirkt. Angenommen wird, dass die individuellen,<br />

sozialen und institutionellen Ressourcen, über die ausbildungsinteressierte Jugendliche verfügen<br />

müssen, je nach Ausbildungsvariante differieren und spezifische Formen sozialer Ungleichheit<br />

und Benachteiligung (re-)produzieren.<br />

Die Ergebnisse zeigen unterschiedliche und zum Teil konträre Zugangslogiken: Übergangsmaßnahmen<br />

erhöhen die Chance auf eine außerbetriebliche, nicht aber auf eine betriebliche Ausbildung,<br />

ein hoher Schulabschluss ist für den Übergang in eine betriebliche Ausbildung förderlich,<br />

erweist sich beim Zugang in eine außerbetriebliche Stelle aber als hinderlich.<br />

Die Ergebnisse bestätigen die Hypothese, wonach übergangsrelevante Ressourcen ohne die<br />

Reflexion der institutionellen Rahmenbedingungen nicht bestimmbar sind. Ohne die Berücksichtigung<br />

der Zugangsregeln sinkt die Validität von Untersuchungsergebnissen und steigt die Gefahr<br />

von Fehlschlüssen – auch in pädagogischer Hinsicht. Denn pädagogische Maßnahmen können<br />

nur dann den Übergang verbessern, wenn sie den Zugangslogiken entsprechen: Nicht jede Maßnahme<br />

zur Verbesserung der personalen und sozialen Ressourcen trägt zwangsläufig dazu bei,<br />

die Übergangschancen von Jugendlichen in eine berufliche Ausbildung zu erhöhen.<br />

Bourdieu, P. (1983). Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In R. Kreckel (Hrsg.), Soziale Ungleichheiten.<br />

Soziale Welt, Sonderband 2 (S. 183-198). Göttingen: Otto Schwartz & Co.<br />

Eberhard, V. (2012). Der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung – Ein ressourcentheoretisches Modell<br />

zur Erklärung der Übergangschancen von Ausbildungsstellenbewerbern (Berichte zur beruflichen Bildung). <strong>Bielefeld</strong>:<br />

Bertelsmann (erscheint Juni 2012).<br />

Esser, H. (1999, 2000). Soziologie. Spezielle Grundlagen. Band 1: Situationslogik und Handeln. Band 5: Institutionen.<br />

Frankfurt am Main: Campus.<br />

87


Mo. 10.09.| Symposium 8 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum T2 121<br />

Jutta Ecarius, Alena Berg, Stefan E. Hößl<br />

Prekäre Bildungsbiographien und pädagogische Maßnahmen<br />

<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

Jugendliche mit sozialen Problemen, Lernbeeinträchtigungen oder anderen biographischen<br />

Bruch- und Misserfolgserfahrungen erleben häufig schulische Zurückstellungen, Klassenwiederholungen<br />

und prekäre Schullaufbahnen. Bisherige Studien fokussieren v.a. die Folgen von Benachteiligungen<br />

und Risiken im schulischen Bereich. Der Einfluss biographischer Erfahrungen auf<br />

den Übergang Schule-Beruf wurde bisher häufig vernachlässigt. Das DFG-Forschungsprojekt<br />

Benachteiligte Jugendliche in pädagogischen Fördermaßnahmen am Übergang Schule-Beruf<br />

setzt hier an und fragt, auf welche Weise Erfahrungen (biographischer) Brüche und Gefährdungen<br />

mit Miss-/Erfolgen am Übergang Schule-Beruf sowie mit Bildungs- und Zukunftsentscheidungen<br />

in Zusammenhang stehen.<br />

Um die Verflechtung biographischer Vorerfahrungen mit dem individuellen Maßnahmenerfolg<br />

einschätzen zu können, wurde die Subjektperspektive gewählt, welche die Biographien der Jugendlichen<br />

in den Mittelpunkt rückt. Ansetzend an der Qualitativen Biographie- und Übergangsforschung<br />

wurden narrativ-biographische und ergänzende Leitfaden-Interviews mit 52 Jugendlichen<br />

im Alter von 17 bis 21 Jahren geführt, die an Fördermaßnahmen teilgenommen haben. Auf<br />

der Basis der Auswertung der Interviews konnten mit Hilfe der Dokumentarischen Methode und<br />

des narrationsstrukturellen Verfahrens zentrale Lern- und Bildungsprozesse in den Biographien<br />

der Jugendlichen rekonstruiert werden.<br />

Ergebnis der Analysen ist eine Typologie mit vier kontrastierenden Typen, die im Vortrag präsentiert<br />

werden sollen. Dabei zeigt sich deutlich: Ob und wie Jugendliche von förderpädagogischen<br />

Maßnahmen profitieren können, ist in starkem Maße von ihren biographischen Vorerfahrungen<br />

– in und mit den Sozialisationsinstanzen Familie, Peers und Schule – abhängig. Sie beeinflussen<br />

nachhaltig die Entwicklung von Handlungskompetenzen und damit auch die Lebens- und Berufswegplanung<br />

und -gestaltung der Jugendlichen.<br />

Die Ergebnisse werden im Vortrag vor dem Hintergrund des aktuellen empirischen und theoretischen<br />

Standes des Forschungsprojekts vorgestellt. Der Fokus liegt hierbei insbesondere auf den<br />

Möglichkeiten und Grenzen pädagogischer Einflussnahme und Unterstützung und ihrer Nachhaltigkeit<br />

hinsichtlich der bildungs- und berufsbiographischen Entwicklung der Jugendlichen.<br />

Berg, Alena/ Ecarius, Jutta/ Hößl, Stefan E. (2012): Reversion schulischer Erfahrungen in Biographien von Jugendlichen<br />

in berufsvorbereitenden Fördermaßnahmen – der Typus phasenweiser biographischer Gefährdungen. In:<br />

Ittel, Angela/ Merkens, Hans/ Stecher, Ludwig (Hrsg.): Jahrbuch Jugendforschung 2011. Wiesbaden: VS Verlag.<br />

(im Erscheinen)<br />

Ecarius, Jutta/ Berg, Alena/ Hößl, Stefan E. (2011): Die biographische Relevanz (schul-)pädagogischer Fördermaßnahmen<br />

am Übergang Schule-Beruf. In: bwp@ Spezial 5 – Hochschultage Berufliche Bildung 2011, Workshop<br />

01. Quelle: http://www.bwpat.de/content/ht2011/ws01/ecarius-et-al/ Letzter Zugriff: 31.05.2012.<br />

Krüger, Heinz-Hermann/ Marotzki, Winfried (Hrsg.) (20062): Handbuch erziehungswissenschaftliche Biographieforschung.<br />

Wiesbaden: VS Verlag.<br />

88


Mo. 10.09.| Symposium 8 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum T2 121<br />

Marc Thielen<br />

Die Bearbeitung von Diversität im pädagogischen Alltag der dualisierten<br />

Berufsvorbereitung<br />

Goethe-<strong>Universität</strong> Frankfurt<br />

Für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz halten berufliche Schulen berufsvorbereitende Bildungsgänge<br />

vor, durch die Zugänge zum segmentierten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt eröffnet werden<br />

sollen. In diesen Bildungsgängen sind junge Frauen und Männer mit Migrationshintergrund<br />

überrepräsentiert. Zugleich finden sie durch die Maßnahmen seltener einen Ausbildungsplatz,<br />

als Teilnehmende ohne Migrationshintergrund. Bereits vorliegende Untersuchungen verweisen<br />

in diesem Zusammenhang auf die Sektionspraktiken von Betrieben, die Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

aus unterschiedlichen Gründen benachteiligen. Wenig ist bislang darüber bekannt,<br />

wie im schulischen Alltag der Berufsvorbereitung mit den migrationsbedingten Barrieren<br />

beim Zugang zu beruflicher Ausbildung umgegangen wird.<br />

Vor diesem Hintergrund geht der Beitrag auf der Grundlage einer ethnografischen Studie, die auf<br />

teilnehmender Beobachtung am Unterricht sowie auf Interviews mit Lehrkräften beruht, der<br />

Frage nach, welche Bedeutung dem Migrationshintergrund im schulischen Alltag der Berufsvorbereitung<br />

zukommt. In einer praxistheoretischen Perspektive wird der Fokus auf die Organisation<br />

der betrieblichen Langzeitpraktika gerichtet, über die Ausbildungsplätze akquiriert werden<br />

sollen. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Selektionspraktiken von Betrieben, die bereits<br />

bei der Vergabe der Praktikumsplätze auf Ethnizität, Sprache und Herkunft rekurrieren, im<br />

professionellen Handeln der Lehrkräfte präsent sind und demzufolge in den pädagogischen<br />

Alltag hineinwirken. Dort begünstigen sie Ethnisierungsprozesse, in denen stereotype Zuschreibungen<br />

aufgerufen werden, die Jugendliche mit Migrationshintergrund in deutlicher Differenz zu<br />

Schüler/innen ohne Migrationshintergrund verorten. Ausgehend von diesen Befunden wird<br />

abschließend diskutiert, wie ein pädagogischer Umgang mit den strukturellen Barrieren erreicht<br />

werden kann, der darauf verzichtet, Jugendliche mit Migrationshintergrund als „anders“ zu<br />

markieren.<br />

Imdorf, C. (2010). Wie Ausbildungsbetriebe soziale Ungleichheit reproduzieren. Der Ausschluss von Migrantenjugendlichen<br />

bei der Lehrlingsselektion. In. H. Krüger, u.a. (Hrsg.), Bildungsungleichheit revisited. Bildung und<br />

soziale Ungleichheit vom Kindergarten bis zur Hochschule. Wiesbaden: VS-Verlag, (S. 259-274).<br />

Schroeder, J. / Thielen, M. (2009). Das Berufsvorbereitungsjahr. Eine Einführung. Stuttgart: Kohlhammer<br />

Thielen, M. (2007). Ausbildungsunreif und integrationsunwillig? Zur Sonderpädagogisierung von Migrantenjugendlichen<br />

am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. In, Zeitschrift für Heilpädagogik 58. Jg., (S. 297-303).<br />

89


Mo. 10.09.| Symposium 8 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum T2 121<br />

Mona Granato<br />

(Re-)Produktion von Bildungsungleichheit? Die Bildungsetappe Berufliche<br />

Ausbildung<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn<br />

Individuelle Erfolge im Bildungssystem und bei den Bildungsübergängen werden, so empirische<br />

Studien, von Faktoren mitbestimmt, die jenseits individueller Einflussnahme liegen. Schwierige<br />

Übergänge in eine nichtakademische Ausbildung, haben gerade für Jugendliche mit Migrationshintergrund,<br />

angesichts des gesellschaftlichen Wandels der Statuspassage Schule – Beruf und<br />

eines schwankenden bzw. rückläufigen Ausbildungsplatzangebots deutlich zugenommen. Im<br />

Unterschied zum allgemeinbildenden Segment liegen zu Entstehung und Vertiefung sozial und<br />

ethnisch bedingter Schliessungsprozesse im Ausbildungsverlauf kaum Erkenntnisse vor.<br />

Der Beitrag untersucht daher, wie Ausbildungsbedingungen Verlauf und Erfolg dieser Bildungsetappe<br />

beeinflussen: Wie wirken sich ethnische und soziale Herkunft auf Ausbildungsverlauf,<br />

Ausbildungserfolg und berufliche Platzierung junger Menschen aus? Inwieweit wird Bildungsungleichheit<br />

beim Zugang und im Verlauf beruflicher Ausbildung verstärkt oder kompensiert?<br />

Ausgehend von Bourdieus Ansatz sozialer bzw. personaler Ressourcen wird auf der Grundlage<br />

einer repräsentativen Untersuchung von Jugendlichen (n= 5.500) zu ihrer Bildungs- und Berufsbiographie<br />

mittels Regressionsanalysen der Einfluss institutioneller Rahmenbedingungen der<br />

Ausbildung (u.a. betriebliche bzw. außerbetriebliche Ausbildung, Merkmale des Ausbildungsberufs)<br />

sowie individueller Ressourcen - mit einem besonderen Augenmerk auf die soziale und<br />

ethnische Herkunft- auf Ausbildungsverlauf und -erfolg (u.a. Abschlussnote, berufliche Platzierung)<br />

analysiert.<br />

Es zeigt sich: Jugendliche mit Migrationshintergrund finden in der Ausbildung ungünstigere Bedingungen<br />

vor, die sich auf Verlauf, Erfolg und berufliche Verwertung der Ausbildung negativ<br />

auswirken. Die Verwerfungen, die beim Eintritt in berufliche Ausbildung entstehen, lassen sich<br />

im Ausbildungsverlauf nicht kompensieren. Im Zuge beruflicher Ausbildung kann die in der Schule<br />

entstandene Bildungsungleichheit nicht spürbar verringert werden. Dies bedeutet: Gerade<br />

Jugendliche mit Migrationshintergrund benötigen pädagogische Unterstützung im Vorfeld der<br />

Ausbildung, um einen Ausbildungsplatz zu finden und im Verlauf der Ausbildung, um die ungünstigeren<br />

Ausbildungsbedingungen zu kompensieren.<br />

Bourdieu, P. (1983). Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital In Soziale Ungleichheiten, Hrsg. R.<br />

Kreckel, (S. 183-198) Göttingen: Schwartz.<br />

Beicht, U., Granato, M. & Ulrich, J. G. (2011). Mindert Berufsausbildung die soziale Ungleichheit von Jugendlichen<br />

mit und ohne Migrationshintergrund? In M. Granato, D. Münk & R. Weiß (Hrsg.), Migra-tion als Chance (S.<br />

177-208). <strong>Bielefeld</strong>: W. Bertelsmann.<br />

Hillmert, S. (2010). Betriebliche Ausbildung und soziale Ungleichheit. In Sozialer Fortschritt, (6 -7), (S. 167-174).<br />

90


Mo. 10.09.| Symposium 8 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | Raum T2 121<br />

Christine Riegel<br />

Zur Diskussion: Pädagogische Schlussfolgerungen - Vielfalt empirischer<br />

Forschung am Übergang Schule – Beruf<br />

Pädagogische Hochschule Freiburg<br />

Die empirischen Ergebnisse qualitativer und quantitativer Studien dieses Symposiums weisen<br />

auf die Komplexität der Prozesse am Übergang Schule – Beruf hin, die mit den sich verändernden<br />

Anforderungen an die Lebensphase Jugend und dem (konjunkturell, arbeitsorganisatorisch<br />

und demografisch bedingten) Wandel dieser Bildungsetappe eng verbunden sind.<br />

Dabei wurde herausgearbeitet, mit welchen Ressourcen Jugendliche unterschiedlicher ethnischer<br />

und sozialer Herkunft den Herausforderungen dieser Statuspassage begegnen, mit welchen<br />

Hindernissen sie sich auseinandersetzen und wie sie institutionelle Unterstützung bzw.<br />

Fördermaßnahmen nutzen (können), um den Übergang „erfolgreich“ zu bewältigen: Neben<br />

personalen und sozialen Ressourcen, neben den peers und dem sozialen Umfeld tragen die<br />

institutionellen Bedingungen maßgeblich zum Gelingen oder Scheitern dieser bildungsbiographisch<br />

wichtigen Etappe bei.<br />

Denn es ist die „Logik der Situation“ (Esser 1999), die darüber bestimmt, welche (personalen,<br />

sozialen und institutionellen) Ressourcen (Bourdieu 1983) Jugendliche einsetzen können bzw.<br />

müssen, um diese Statuspassage erfolgreich zu bewältigen. Gleichzeitig ist die Persistenz sozial<br />

und ethnisch bedingter Schliessungsprozesse in dieser Bildungsetappe deutlich geworden. Zentral<br />

ist es daher, den Blick – ausgehend vom jeweiligen Setting - auf das pädagogische Handeln<br />

und seine individuellen Auswirkungen zu richten.<br />

Welche Schlussfolgerungen sich hieraus für erziehungswissenschaftliche Forschung und pädagogische<br />

Praxis, aber auch für Bildungsplanung und -politik ziehen lassen, wird in der Diskussion<br />

aus der Perspektive der Gender-, Jugend- und Migrationsforschung erörtert: Im Mittelpunkt<br />

steht die Bedeutung der vorgestellten Forschungsergebnisse im Hinblick auf die Voraussetzungen,<br />

die zur erfolgreiche Bewältigung zentraler Anforderungen am Übergang von der Schule in<br />

die Arbeitswelt notwendig sind. In diesem Zusammenhang wird auch das Potenzial pädagogischer<br />

Übergangsbegleitung ausgelotet und kritisch reflektiert.<br />

Riegel, C. / Yildiz, E. (2011). Jugendliche mit Migrationshintergrund – Akteure des sozialen Wandels oder determinierte<br />

Andere? In A. Pohl, B. Stauber, A. Walther (Hrsg.), Jugend – Akteurin sozialen Wandels. Weinheim,<br />

München: Juventa Verlag. (S. 163-181).<br />

Riegel, C. (2010). Biografie im transnationalen Raum. In: Reutlinger, Christian / Baghdadi, Nadia: Die soziale Welt<br />

quer denken: Transnationalisierung und ihre Folgen für die Soziale Arbeit. Berlin: Frank & Timme. (S.125-148).<br />

Riegel, C. (2009). Pädagogische Herausforderungen und Ambivalenzen im Umgang mit sozialer Heterogenität. In<br />

H.-U. Grunder, A. Gut (Hrsg.), Zum Umgang mit Heterogenität in der Schule. Baltmannsweiler: Schneider Verlag.<br />

(S. 169-183).<br />

91


Mo. 10.09.| Symposium 9 | 13:30 Uhr – 18:25 Uhr | Raum T2 205<br />

Andreas Gegenfurtner, Eva-Maria Lankes<br />

Entwicklung und Förderung professioneller Unterrichtswahrnehmung<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

andreas.gegenfurtner@tum.de<br />

Professionelle Wahrnehmung wird in blickintensiven Domänen wie Archäologie, Radiologie oder<br />

Flugsicherung als Teil beruflicher Expertise konzeptualisiert (Gegenfurtner, Lehtinen, & Säljö,<br />

2011). Diese Studien demonstrieren eindrucksvoll, dass Experten über effizientere perzeptuelle<br />

und kognitive Wahrnehmungsprozesse verfügen als Novizen. Allerdings fokussiert Expertiseforschung<br />

zu professioneller Wahrnehmung typischerweise auf nicht-pädagogische Berufe. Forschung<br />

in pädagogischen Handlungsfeldern ist noch relativ selten. Falls es jedoch stimmt, dass<br />

professionelles Handeln von Lehrkräften stark davon beeinflusst ist, welche und wie viele Informationen<br />

Lehrende während des Unterrichtens wahrnehmen (Berliner, 2001), dann bestimmt<br />

professionelle Wahrnehmung auch in pädagogischen Berufen einen wesentlichen Teil beruflicher<br />

Kompetenz. Zur Stärkung dieses Forschungsfeldes bündelt dieses Symposium einige aktuelle<br />

Arbeiten zu professioneller Unterrichtswahrnehmung von Lehrkräften. Die insgesamt fünf<br />

Beiträge beschreiben die Entwicklung professioneller Unterrichtswahrnehmung und deren Messung<br />

und Förderung in videobasierten Trainingsumgebungen. (1) Gegenfurtner, Ottinger,<br />

Schmidt und Lankes untersuchen meta-analytisch die Entwicklung visueller Expertise bei Lehrkräften<br />

als Funktion von Berufserfahrung. (2) Reuker kontrastiert Gruppen unterschiedlicher<br />

Expertise in der Wahrnehmung und Deutung von Sportunterrichtssequenzen. (3) Lindmeier und<br />

Knievel diskutieren theoretische und methodologische Implikationen des Zusammenspiels zwischen<br />

Wahrnehmung, Kompetenz und professionellem Wissen. (4) Jahn, Seidel und Prenzel<br />

untersuchen den Zusammenhang zwischen lehrbezogenen Selbstkonzepten von Lehramtsstudierenden<br />

zu Studienbeginn mit professioneller Unterrichtswahrnehmung ein Jahr später. (5) Schäfer<br />

und Seidel beschreiben die Förderung der Interaktion zwischen Aufmerksamkeit und Interpretation<br />

in videobasierten Unterrichtssituationen. (6) Abschließend diskutiert Professor Detlev<br />

Leutner die berichteten Befunde und Modelle.<br />

Berliner, D.C. (2001), Learning about and learning from expert teachers. International Journal of Educational Research,<br />

35, 463-482.<br />

Gegenfurtner, A., Lehtinen, E., & Säljö, R. (2011). Expertise differences in the comprehension of visualizations: A<br />

meta-analysis of eye-tracking research in professional domains. Educational Psychology Review, 23, 523-552.<br />

92


Beiträge<br />

1. Andreas Gegenfurtner, Sarah Ottinger, Maria Schmidt, Eva-Maria Lankes<br />

Der Einfluss von Erfahrung auf die Entwicklung professioneller Unterrichtswahrnehmung:<br />

Eine Meta-Analyse<br />

2. Sabine Reuker<br />

Ein Vergleich von Gruppen unterschiedlicher Expertise bei der Wahrnehmung und Deutung<br />

von Unterricht<br />

3. Anke Lindmeier, Imke Knievel<br />

Wahrnehmungsprozesse und fachspezifische Kompetenzen von Lehrkräften<br />

4. Gloria Jahn, Tina Seidel, Manfred Prenzel<br />

Professionelle Unterrichtswahrnehmung und lehrbezogene Selbstkonzepte von Lehramtsstudierenden:<br />

Inwieweit besteht ein Zusammenhang?<br />

5. Stefanie Schäfer, Tina Seidel<br />

Die Fähigkeit von Lehramtsstudierenden, lernwirksame Bedingungen bei der Beobachtung<br />

von Unterricht zu erkennen<br />

6. Detlev Leutner<br />

Diskutant<br />

93


Mo. 10.09.| Symposium 9 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum T2 205<br />

Andreas Gegenfurtner, Sarah Ottinger, Maria Schmidt, Eva-Maria Lankes<br />

Der Einfluss von Erfahrung auf die Entwicklung professioneller<br />

Unterrichtswahrnehmung: Eine Meta-Analyse<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

Worin unterscheiden sich erfahrene von weniger erfahrenen Lehrkräften? Das Ziel dieser Meta-<br />

Analyse (k = 33 Einzelstudien) ist die Identifizierung von Expertiseunterschieden zwischen 363<br />

Lehrkräften mit hoher Unterrichtserfahrung, 282 Lehrkräften mit geringer Unterrichtserfahrung<br />

und 340 Lehramtsstudierenden. Aufgrund der Schwierigkeit, Lehrerexpertise exakt zu bestimmen<br />

(Palmer et al., 2005), verwendet diese Meta-Analyse die Zahl der Berufsjahre als Proxy für<br />

Unterrichtserfahrung. Über verschiedene Schularten und Fächer hinweg zeigen die Ergebnisse<br />

stabile Gruppenunterschiede in der Unterrichtsvorbereitung (zeitliche Sequenzierung, curriculare<br />

Ausarbeitung), Unterrichtsdurchführung (Fragetechnik, Erklärmuster) und Nachbereitung<br />

bzw. Reflexion (post-aktionale Adaption für zukünftige Lehrstunden). Als Beitrag zum Symposium<br />

konzentriert sich die Diskussion der Befunde besonders auf Unterschiede in der professionellen<br />

Wahrnehmung während des Unterrichtens (Seidel & Prenzel, 2007; Sherin et al., 2011).<br />

Dabei zeigen sich Unterschiede in der Informationsverarbeitung, die auf erfahrungsbedingte<br />

strukturelle Änderungen in ikonischem und Arbeitsgedächtnis hinweisen. Die identifizierten<br />

Leistungsnachteile von Studierenden und Lehrkräften mit geringer Unterrichtserfahrung signalisieren<br />

einen spezifischen Trainingsbedarf. Implikationen für die Förderung professioneller<br />

Wahrnehmung mittels Unterrichtsvideos und der Einsatz von Eye Tracking in der Lehrerforschung<br />

werden diskutiert.<br />

Palmer, D. J., Stough, L. M., Burdenski, T. K., & Gonzales, M. (2005). Identifying teacher expertise: An examination<br />

of researchers' decision making. Educational Psychologist, 40, 13-25.<br />

Seidel, T., & Prenzel, M. (2007). Wie Lehrpersonen Unterricht wahrnehmen und einschätzen – Erfassung pädagogisch-psychologischer<br />

Kompetenzen bei Lehrpersonen mit Hilfe von Videosequenzen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

8, 201-218.<br />

Sherin, M. G., Jacobs, V. R., & Philipp, R. A. (2011). Mathematics teacher noticing: Seeing through teachers' eyes.<br />

London: Routledge.<br />

94


Mo. 10.09.| Symposium 9 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum T2 205<br />

Sabine Reuker<br />

Ein Vergleich von Gruppen unterschiedlicher Expertise bei der Wahrnehmung<br />

und Deutung von Unterricht<br />

<strong>Universität</strong> Paderborn<br />

Die Auseinandersetzung um die Professionalisierung von Lehrkräften wird derzeit sehr kontrovers<br />

geführt (vgl. Baumert & Kunter, 2006). Aufschlussreiche Erkenntnisse liefern Untersuchungsergebnisse<br />

im Rahmen der Expertiseforschung, in denen Unterschiede zwischen Experten<br />

und Novizen beim Erkennen von bedeutsamen Ereignissen („noticing“) und bei der wissensbasierten<br />

Begründung der Auswahl („knowledge based reasoning“) nachgewiesen wurden (z.B.<br />

Sherin & van Es, 2009). Dabei werden verschiedenen Wissen- und Könnensbereiche als bedeutsam<br />

angenommen (z.B. Bromme, 1992).<br />

Um der Bedeutung verschiedener Wissensbereiche für die Wahrnehmung und Deutung von<br />

Unterricht nachzugehen wurden im Rahmen eines DFG Projektes Gruppen unter-schiedlicher<br />

sportpädagogischer und sportpraktischer Expertise beim Deuten von Unterricht im 4-Felder-<br />

Design miteinander verglichen. Als Beobachtungsmaterial dienten Sportunterrichtssequenzen, in<br />

denen neben motorischen auch soziale Lernprozesse im Fokus stehen. 60 Versuchspersonen<br />

wurden per Leitfaden-Interview zu den Sequenzen befragt. Die Interviews wurden mittels qualitativer<br />

Inhaltsanalyse und anschließend statistisch ausgewertet.<br />

Die Ergebnisse zu den Unterschieden in den Beobachtungsschwerpunkten und ihrer wissensbasierten<br />

Begründung werden im Hinblick auf mögliche Konsequenzen für die Ausbildung der<br />

Lehrkräfte diskutiert.<br />

Baumert, J., & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

9, 469-520.<br />

Bromme, R. (1992). Der Lehrer als Experte. Bern: Hans Huber.<br />

Sherin, M. & van Es, E. (2009). Effects of video club participation on teachers' professional vision. Journal of<br />

Teacher Education, 60, 20-37.<br />

95


Mo. 10.09.| Symposium 9 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum T2 205<br />

Anke Lindmeier, Imke Knievel<br />

Wahrnehmungsprozesse und fachspezifische Kompetenzen von<br />

Lehrkräften<br />

Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik<br />

Forschung zur Expertise von Lehrkräften zielt darauf ab, kognitive Strukturen von Expertenlehrkräften<br />

zu beschreiben, um z.B. eine fundierte Grundlage für die Ausbildung zu schaffen. Gegenstand<br />

dieses Beitrags sind Zugänge, die auf fachspezifische Lehrerkompetenzen (Lindmeier,<br />

2011; Knievel & Heinze, 2012) und auf die professionelle Wahrnehmung von Lehrkräften fokussieren<br />

(Blomberg, Stürmer & Seidel, 2011). Theoretisch weisen die zugrundeliegenden Konstrukte<br />

Zusammenhänge auf. Es wird beispielsweise angenommen, dass sowohl Kompetenzen als<br />

auch Wahrnehmung vom professionellen Wissen der Lehrkraft abhängen. Wahrnehmungsfähigkeiten<br />

können wiederum als integraler Bestandteil von Kompetenzen verstanden werden.<br />

In diesem Beitrag werden theoretische Bezüge zwischen Wahrnehmungs- und Kompetenzkonstrukten<br />

unter einem fachspezifischen Blick analysiert. Zudem werden bestehende Operationalisierungen<br />

für diese Konstrukte im Hinblick auf ihre Differenzierungsstärke diskutiert. Insbesondere<br />

wird untersucht, inwiefern fachspezifische Kompetenzmaße Wahrnehmungsprozesse berücksichtigen.<br />

Es zeigt sich, dass theoretisch und empirisch die Bezüge zwischen den Konstrukten<br />

noch nicht hinreichend geklärt sind, so dass sich Forschungsfelder ergeben.<br />

Lindmeier, A. (2011). Modeling and measuring knowledge and competencies of teachers. A threefold domainspecific<br />

structure model for mathematics. Münster: Waxmann.<br />

Blomberg, G., Stürmer, K., & Seidel, T. (2011). How pre-service teachers observe teaching on video: Effects of<br />

viewers’ teaching subjects and the subject of the video. Teaching and Teacher Education, 27, 1131–1140.<br />

Knievel, I., & Heinze, A. (2012). Erfassung der fachspezifischen professionellen Kompetenzen von Mathematiklehrkräften<br />

in der Grundschule. In M. Kleine & M. Ludwig (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2012. Münster:<br />

WTM.<br />

96


Mo. 10.09.| Symposium 9 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum T2 205<br />

Gloria Jahn, Tina Seidel, Manfred Prenzel<br />

Professionelle Unterrichtswahrnehmung und lehrbezogene Selbstkonzepte<br />

von Lehramtsstudierenden: Inwieweit besteht ein Zusammenhang?<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

Kognitive Kriterien wie Schulabschlussnoten dominieren die Auswahlverfahren von Studierenden<br />

an deutschen <strong>Universität</strong>en (Trapmann, Hell, Weigand & Schuler, 2007). In der Lehrerbildung<br />

gewinnen jedoch pädagogische Voraussetzungen der Studierenden immer mehr an Bedeutung.<br />

Die meisten <strong>Universität</strong>en bieten Selbsteinschätzungstest zur Selbstexploration und Entscheidungsfindung<br />

an. Diese Tests beinhalten neben Fragen zur Studienwahlmotivation und zum<br />

Interesse und auch Einschätzungen der lehrbezogenen Fähigkeiten. Allerdings ist unklar, inwieweit<br />

die Selbsteinschätzungen von Studierenden ihre tatsächlichen Fähigkeiten vorhersagen.<br />

Deshalb wurde in dieser Studie die Professionelle Unterrichtswahrnehmung, die als Indikator für<br />

professionelle Kompetenz von Lehrkräften dient, als unterrichtsnahe Bezugsgrundlage herangezogen.<br />

Ziel ist es zu überprüfen, inwieweit lehrbezogene Selbstkonzepte von Lehramtsstudierenden<br />

zu Studienbeginn mit ihrer Professionellen Unterrichtswahrnehmung ein Jahr später<br />

zusammenhängen.<br />

Insgesamt liegen Daten von N = 163 Lehramtsstudierenden aus zwölf <strong>Universität</strong>en vor. Lehrbezogene<br />

Selbstkonzepte wurden zu Studienbeginn über Variablen des Fragebogens zu Studieneingangsvoraussetzungen<br />

im Rahmen des „Panels zum Lehramtsstudium (PaLea)“ (Bauer et al.,<br />

2010) erfasst. Zusätzlich bearbeiteten die Studierenden im zweiten bzw. dritten Fachsemester<br />

das videobasierte Online-Tool Observer, das Professionelle Unterrichtswahrnehmung standardisiert<br />

und kontextualisiert erfasst (Seidel, Schwindt, Stürmer & Blomberg, 2011). Aktuell werden<br />

Strukturgleichungsanalysen durchgeführt. Die Ergebnisse werden auf der Konferenz vorgestellt.<br />

Bauer, J., Drechsel, B., Retelsdorf, J., Sporer, T., Rösler, L., Prenzel, M. & Möller, J. (2010). Panel zum Lehramtsstudium<br />

- PaLea: Entwicklungsverläufe zukünftiger Lehrkräfte im Kontext der Reform der Lehrerbildung. Beiträge<br />

zur Hochschulforschung, 32, 34-55.<br />

Seidel, T., Schwindt, K., Stürmer, K., & Blomberg, G. (2011). Observer - videobasiertes Tool zur Diagnose pädagogisch-psychologischer<br />

Kompetenzen bei Lehrpersonen. München: Technische <strong>Universität</strong> München.<br />

Trapmann, S., Hell, B., Weigand, S. & Schuler, H. (2007). Die Validität von Schulnoten zur Vorhersage des Studienerfolgs<br />

– eine Metaanalyse. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 21, 11–27.<br />

97


Mo. 10.09.| Symposium 9 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | Raum T2 205<br />

Stefanie Schäfer, Tina Seidel<br />

Die Fähigkeit von Lehramtsstudierenden, lernwirksame Bedingungen bei<br />

der Beobachtung von Unterricht zu erkennen<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

Die Fähigkeit von Lehrpersonen, ihre Aufmerksamkeit auf Situationen im Unterricht zu richten,<br />

die entscheidend für Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern sind (Noticing), wird im engen<br />

Zusammenhang damit gesehen wie Lehrpersonen beobachtete Unterrichtssituationen auf Basis<br />

ihres Wissens über Lehren und Lernen begründen (Knowledge-based reasoning) (van Es & Sherin,<br />

2002). Lehrnovizen unterscheiden sich von Lehrexperten darin, auf welche Situationen sie<br />

ihre Aufmerksamkeit richten. Videotools bieten hier die Möglichkeit die Prozesse der Aufmerksamkeitssteuerung<br />

von Lehramtsstudierenden zu erfassen und zu fördern. Studien in diesem<br />

Bereich sind allerdings bisher in den Fachkontext eingebettet und untersuchen nicht das Zusammenspiel<br />

von Aufmerksamkeit und Interpretation von Unterrichtssituationen.<br />

In dieser Studie wird daher untersucht, inwieweit Lehramtsstudierende in der Lage sind ihre<br />

Aufmerksamkeit auf lernwirksame, fächerübergreifende Unterrichtsbedingungen zu richten und<br />

inwieweit dies im Zusammenhang damit steht, wie sie beobachtete Unterrichtssituationen auf<br />

Basis ihres Wissens begründen. Um beide Prozesse getrennt voneinander, aber in der gleichen<br />

Situation zu erfassen, beobachteten N = 109 Lehramtsstudierende im Rahmen eines pädagogisch-psychologischen<br />

Hochschulseminars eine videografierte Unterrichtssituation. Indem die<br />

Lehramtsstudierenden das Video schriftlich kommentierten, wurde ihre Noticing-Fähigkeit erhoben.<br />

Mithilfe standardisierter Rating-Items wurde ihre Knowledge-based-reasoning-Fähigkeit<br />

erfasst. Die Kommentare wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet und quantitativ<br />

analysiert. Die Knowledge-based-reasoning-Items wurden mit einem Expertenrating verglichen.<br />

Ergebnisse der Varianzanalysen zeigen, dass Lehramtsstudierende durchaus in der Lage sind,<br />

lernwirksame Aspekte von Unterricht wahrzunehmen, allerdings qualitative Unterschiede bestehen.<br />

Lehramtsstudierende, die eher in der Lage sind ihre Aufmerksamkeit auf lernwirksame<br />

Unterrichtssituationen zu richten, stimmen auch beim Knowledge-based-reasoning signifikant<br />

häufiger mit dem Experten-Rating überein, F(3,105) = 5.67, p< .01, η2 = .14. Die Befunde verweisen<br />

darauf, dass die wissensbasierte Interpretation von beobachteten Unterrichtssituationen<br />

von der Qualität der Aufmerksamkeitssteuerung abhängt und diese in der Lehrerausbildung<br />

gefördert werden sollte.<br />

van Es, E., & Sherin, M. G. (2002). Learning to notice: scaffolding new teachers' interpretations of classroom interactions.<br />

Journal of Technology and Teacher Education, 10, 571-596.<br />

98


Mi. 12.09.| Symposium 23 | 17:45 – 18:25 Uhr | Raum T2 205<br />

Detlev Leutner<br />

Diskussion<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

Notizen:<br />

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Mo. 10.09.| Symposium 10 | 13:30 Uhr – 16:55 Uhr | Raum T2 227<br />

Jochen Wissinger<br />

Schulinspektion aus Schulleitungssicht – Versuch einer<br />

Ergebnistriangulation<br />

Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen<br />

Jochen.Wissinger@erziehung.uni-giessen.de<br />

Im Rahmen einer gegenwärtig favorisierten Politikstrategie der evidence based policy im Bildungssystem<br />

soll u.a. das Instrument der Schulinspektion dazu beitragen, Entscheidungen auf<br />

den verschiedenen Ebenen des Mehrebenensystems (z.B. Politik, Schule) mithilfe von Daten zu<br />

optimieren (vgl. Wacker, Maier & Wissinger 2012). Das Symposium führt in drei Beiträgen Untersuchungsergebnisse<br />

zusammen, die sich auf im BMBF-Verbundprojekt „Schulinspektion als<br />

Steuerungsimpuls zur Schulentwicklung“ erhobene Daten stützen (Brüsemeister u.a. 2009). Das<br />

Verbundprojekt geht in einer vier Bundesländer übergreifenden, längsschnittlich angelegten<br />

Untersuchung der Frage nach, wie die an der Implementierung und Ausführung des Steuerungsinstruments<br />

„Schulinspektion“ beteiligten Akteure die Idee der flächendeckenden Fremdevaluation<br />

und ihre Institutionalisierung subjektiv deuten, und wie sich auf der Ebene der Einzelschule<br />

die länderspezifischen Variationen der Schulinspektion auf die Wahrnehmung, die Akzeptanz<br />

sowie auf die Verarbeitungsstrategien von Inspektionsimpulsen auswirken.<br />

Aus der Sicht der Schuleffektivitäts – und Schulentwicklungsforschung nimmt die Schulleitung<br />

auf der Ebene der regionalen Akteure und der Einzelschule bei der Steuerung des Schulsystems<br />

eine zentrale Rolle ein (Wissinger 2007, 2011). Analysen zur Rolle der Schulleitung im Kontext<br />

der Schulinspektion weisen darauf hin, dass sich Leitungspersonen an der Schnittstelle zwischen<br />

außerschulischer und innerschulischer Steuerung sehen und sich im Prozeß der Implementation<br />

der Schulinspektion als „Übersetzer“ und Vermittler verstehen (Preuß, Brüsemeister & Wissinger<br />

2012).<br />

Im Symposium wird nach differenzierten Antworten darauf gesucht, wie Schulleitungen den mit<br />

der Einführung der Schulinspektion gesetzten Impuls zur Veränderung der Systemsteuerung<br />

aufnehmen und zu Fragen der Schul- und Unterrichtsentwicklung in Beziehung setzen. Die Ergebnisbeiträge<br />

beruhen entweder auf qualitativen oder auf quantitativen Daten, die unter dem<br />

Gesichtspunkt verschiedener Fragestellungen sowie unter Anwendung unterschiedlicher Methoden<br />

ausgewertet werden. Der Mehrwert des Verbundprojekts liegt in der Vielseitigkeit des<br />

methodischen Zugangs, welcher auf seine Effekte, auf Anspruch sowie Möglichkeiten und Grenzen<br />

der Triangulation geprüft und diskutiert werden soll. Dabei kommt einem Diskutanten eine<br />

herausgehobene Rolle zu.<br />

Preuß, B., Brüsemeister, T. & Wissinger, J. (2012). Einführung der Schulinspektion und die Rolle der Schulleitung<br />

aus governanceanalytischer Perspektive. In R. Tenberg & J. Warwas (Hrsg.), Schulleitungsforschung. Empirische<br />

Forschung 26 (1), S. 103-122.<br />

Wacker, A., Mayer, U. & Wissinger, J. (Hrsg.) (2012). Schul-und Unterrichtsreform durch ergebnisorientierte Steuerung.<br />

Empirische Befunde und forschungsmethodische Implikationen. Wiesbaden: Springer VS<br />

Wissinger, J. (2011). Schulleitung und Schulleitungshandeln. In E. Terhart, H. Bennewitz & M. Rothland (Hrsg.),<br />

Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf (98-115). Münster: Waxmann.<br />

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Beiträge<br />

1. Maike Lambrech, Matthias Rürup<br />

Was ist Schulinspektion? – Schulleitungstheorien zum Steuerungsinstrument Schulinspektion<br />

2. Oliver Böhm-Kasper, Odette Selders<br />

Ländervergleichende Analyse der Wahrnehmung und Akzeptanz von Schulinspektionsverfahren<br />

3. Fabian Dietrich<br />

„Schulleitersicht“ aus rekonstruktiver Perspektive - Bezugnahmen auf die Schulinspektion<br />

jenseits evaluativer Auskünfte<br />

4. Marten Clausen<br />

Anspruch, Möglichkeiten und Grenzen der Triangulation<br />

101


Mo. 10.09.| Symposium 10 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum T2 227<br />

Maike Lambrech 1 , Matthias Rürup 2<br />

Was ist Schulinspektion? – Schulleitungstheorien zum<br />

Steuerungsinstrument Schulinspektion<br />

1 Leibniz <strong>Universität</strong> Hannover, 2 Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal<br />

Der Beitrag fokussiert auf die manifest erfassbaren, subjektiven Sichtweisen von Schulleitungen<br />

auf das Steuerungsinstrument Schulinspektion. Diese wurden in Anlehnung an das Konzept der<br />

subjektiven Theorien (Groeben u.a. 1988) mithilfe kategorienbildender, in erster Linie inhaltsanalytischer<br />

Verfahren (Mayring 2008) analysiert. Im Zentrum stand dabei die Herausarbeitung<br />

der expliziten Theorien von Schulleitungen insbesondere zur Wirkungsweise und zum Management<br />

von Schulinspektion. Sie sollen zu den Leitgedanken des Steuerungsinstruments Schulinspektion<br />

und ggf. zu den Inspektionstheorien anderer Akteursgruppen in Beziehung gesetzt<br />

werden, um so die spezifische „Rekontextualisierung“ (Fend 2008) des Steuerungsimpulses<br />

durch die Gruppe der Schulleitungen herauszuarbeiten. Ziel ist die Bestimmung eines qualitativen<br />

Bezugsrahmens für die Befunde der quantitativen Schulleitungsbefragung (Standort <strong>Bielefeld</strong>)<br />

sowie eines manifesten Vergleichs- und Gegenhorizonts zu latenten Sinngehalten des Interviewmaterials<br />

(Standort Hannover).<br />

Fend, H. (2008). Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. 2. Aufl. Wiesbaden:<br />

VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Groeben, N., Wahl, D., Schlee, J. & Scheele, B. (1988). Forschungsprogramm Subjektive Theorien. Eine Einführung<br />

in die Psychologie des reflexiven Subjekts. Tübingen: Francke.<br />

Mayring, P. (2008). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 10. Aufl. Weinheim: Beltz.<br />

102


Mo. 10.09.| Symposium 10 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum T2 227<br />

Oliver Böhm-Kasper, Odette Selders<br />

Ländervergleichende Analyse der Wahrnehmung und Akzeptanz von Schulinspektionsverfahren<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

Die seit dem Jahr 2004 in Deutschland eingeführte externe Evaluation von Schulen in Form der<br />

Schulinspektion zeigt eine übereinstimmende Grundstruktur, aber länderspezifische Ausprägungen.<br />

Im Fokus des Beitrages steht daher die Frage, ob länderspezifische Variationen der Schulinspektion<br />

mit entsprechend unterschiedlichen Akzeptanzen und Verarbeitungsstrategien von<br />

Schulinspektionsimpulsen auf Ebene der Einzelschulen einhergehen. Die statistische Modellierung<br />

des Zusammenhangs zwischen variierenden Merkmalen der Schulinspektion und der<br />

Wahrnehmung und Akzeptanz auf Seiten der Schulleitungen orientiert sich an einem Rahmenmodell<br />

zur Wirkung von Schulinspektionen (Ehren & Visscher 2006).<br />

Die bisherige Forschung zeigt, dass ein wichtiger Einflussfaktor auf die Rezeption einer anstehenden<br />

Schulinspektion die emotionale Verarbeitung und professionelle Bearbeitung durch die<br />

Schulleitung ist (Brimblecombe, Ormston & Shaw 1995). Während der Durchführung einer Schulinspektion<br />

scheint die Interaktion zwischen dem Lehrpersonal und den Inspektoren bedeutsam<br />

für die Art der innerschulischen Rezeption zu sein (ebd.). Letztlich ist auch die jeweilige Schulkultur<br />

relevant für das Rezeptionsverhalten (Chapman 2001). Die Arbeiten von Ehren & Visscher<br />

(2006) verweisen zudem auf die zentrale Rolle der Merkmale der Schulinspektion (z.B. Kommunikationsstile<br />

des Inspektionsteams, Charakteristik der Rückmeldung, Strategien zur Vermeidung<br />

nicht-intendierter Folgen) für die Akzeptanz und Verarbeitungsbereitschaft der durch die Schulinspektion<br />

gewonnen Daten.<br />

Die Merkmale der Schulinspektion sowie die damit verbundene Wahrnehmung und Akzeptanz<br />

seitens der Schulleitungen wurden im <strong>Bielefeld</strong>er Teil des BMBF-Verbundprojektes anhand<br />

quantitativer Befragungen in vier Bundesländern gewonnen. Die Datenauswertung erfolgt per<br />

Varianzanalysen und Pfadmodellen mit Gruppenvergleichen. Als analyseleitende Fragestellung<br />

werden dabei die länderspezifischen Variationen von Schulinspektionsverfahren und deren<br />

einzelschulische Wahrnehmung in den Blick genommen. Die aus qualitativen Analysen herausgearbeiteten<br />

subjektiven Theorien von Schulleitungen (siehe Beitrag von Lambrecht & Rürup)<br />

sowie latente Überzeugungshaltungen gegenüber dem Steuerungsinstrument Schulinspektion<br />

(siehe Beitrag von Heinrich & Dietrich) bieten für die Diskussion der quantitativen Befunde einen<br />

Vergleichshorizont, der weitere empirisch fundierte Interpretationen des vorliegenden Datenmaterials<br />

ermöglicht.<br />

Brimblecombe, N., Ormston, M. & Shaw, M. (1995). Teachers’ perceptions of school inspection: a stressful experience.<br />

In Cambridge Journal of Education, 25 (1), pp. 53-61.<br />

Chapman, C. (2001). Changing classrooms through inspection. In School Leadership & Management, 21 (1), pp. 59-<br />

73.<br />

Ehren, M.C.M. & Visscher, A.J. (2006). Towards a theory on the impact of school inspections. In British Journal of<br />

Educational Studies, 54 (1), pp. 51-72.<br />

103


Mo. 10.09.| Symposium 10 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum T2 227<br />

Fabian Dietrich<br />

„Schulleitersicht“ aus rekonstruktiver Perspektive - Bezugnahmen auf die<br />

Schulinspektion jenseits evaluativer Auskünfte<br />

Leibniz <strong>Universität</strong> Hannover<br />

In der derzeitigen Forschung zur Schulinspektion dominiert die Diskussion um deren Wirkung<br />

und Wirksamkeit (Lambrecht & Rürup 2012). Davon ausgehend wird insbesondere auf die Rezeption<br />

des neuen Steuerungsimpulses seitens der schulischen Akteure fokussiert, wobei den<br />

Schulleitungen als Repräsentantinnen der als Handlungseinheit adressierten Schulen besondere<br />

Beachtung geschenkt wird. Entsprechende Befragungen dieser Akteursgruppe ergeben eine<br />

hohe Akzeptanz der Schulinspektion (Pietsch 2011; Sommer 2011; Preuß, Brüsemeister & Wissinger<br />

2012). In derartigen Befunden bilden sich teils in quantifizierter, teils in inhaltsanalytisch<br />

verdichteter Form die manifesten Sichtweisen bzw. evaluativen Auskünfte der Schulleitungen<br />

ab.<br />

Die analytische Perspektive verändernd, wird dagegen in diesem Beitrag auf die latenten, also<br />

impliziten und nicht bewusstseinspflichtigen Sinnstrukturen der Bezugnahmen auf den neuen<br />

Steuerungsimpuls fokussiert. Diese können sinnstrukturell mit den expliziten meist positiven<br />

Bewertungen konvergieren, sie können diesen jedoch durchaus auch entgegenlaufen.<br />

Die empirische Grundlage bilden objektiv-hermeneutische Rekonstruktionen ausgewählter Auszüge<br />

aus den im Rahmen des Verbundprojektes durchgeführten Schulleitungsinterviews. Diese<br />

zielen nicht zuletzt auf eine Klärung der Frage, worin sich die in anderen Analysen artikulierende<br />

hohe Akzeptanz begründet und wie diese zu verstehen ist.<br />

Lambrecht, M. & Rürup, M. (2012). Bildungsforschung im Rahmen einer evidence based policy. Das Beispiel „Schulinspektion“.<br />

In A. Wacker, U. Mayer & J. Wissinger (Hrsg.), Schul- und Unterrichtsreform durch ergebnisorientierte<br />

Steuerung. Empirische Befunde und forschungsmethodische Implikationen (S. 57-77). Wiesbaden:<br />

Springer VS.<br />

Pietsch, M. (2011). Nutzung und Nützlichkeit der Schulinspektion Hamburg. Ergebnisse der Hamburger Schulleitungsbefragung.<br />

Hamburg: Behörde für Schule und Berufsbildung, Institut für Bildungsmonitoring.<br />

Sommer, N. (2011). Wie beurteilen schulische Gruppen die erlebte Schulinspektion? Ergebnisse einer Befragung. In<br />

S. Müller, M. Pietsch & W. Bos (Hrsg.), Schulinspektion in Deutschland (S. 137-164). Münster: Waxmann.<br />

104


Mo. 10.09.| Symposium 10 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum T2 227<br />

Marten Clausen<br />

Diskussion: Anspruch, Möglichkeiten und Grenzen der Triangulation<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

Anstelle eines 4. Beitrags ist die Replik eines Diskutanten auf die drei Beiträge vorgesehen.<br />

Flick, U. (2011). Trinagulation: Eine Einführung. 3. aktualisierte Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />

Salzborn, S.,Brosig, B. & Schmidt, P. (2011). Antisemitism research using methodological triangulation: a case study<br />

in Germany. In Quality and Quantity, 6 (45) p. 1201-1215.<br />

Notizen:<br />

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Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 1 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum S2 121<br />

Katrin Lattner, Julia Schneewind<br />

Die psychische Gesundheitslage niedersächsischer Erzieherinnen<br />

(Querschnittsstudie)<br />

Hochschule Osnabrück<br />

k.lattner@hs-osnabrueck.de<br />

Unerlässliche Voraussetzungen für berufliches Leistungsvermögen stellen körperliche und psychische<br />

Gesundheit dar. Die gesundheitliche Situation von Erzieherinnen im Land Niedersachsen ist bislang<br />

kaum erforscht. Bisherige Erkenntnisse zu Burnout im Erzieherinnenberuf stammen vermehrt aus<br />

Untersuchungen in Sachsen (u. a. Thinschmidt, Gruhne & Hoesl, 2008), Sachsen-Anhalt (Rudow,<br />

2005), Baden-Württemberg (Rudow, 2004) sowie der Stadt Kassel (Buch & Frieling, 2001). 7% der<br />

untersuchten Erzieherinnen in der Studie von Thinschmidt, Gruhne und Hoesl (2008) leiden an emotionaler<br />

Erschöpfung und bereits 12% weisen einzelne Burnout-Symptome auf (vgl. ebenda, S. 99f.). Im<br />

Fokus der Forschungsarbeit steht die Beschreibung der aktuellen psychischen Gesundheitslage niedersächsischer<br />

Erzieherinnen (Querschnittsanalyse). Theoretische Grundlage bildet u. a.das Belastungs-Beanspruchungs-Ressourcen-Modell<br />

von Rudow (2004). Dieses Modell geht davon aus, das<br />

Belastungen in Abhängigkeit von verfügbaren Ressourcen zu positiven oder negativen Beanspruchungsreaktionen<br />

bzw. -folgen führen, die ihrerseits zur Stabilisierung und Entwicklung von Gesundheit<br />

oder Krankheit beitragen (vgl. ebenda, S. 8).<br />

Dazu wurden zwei Studien durchgeführt. In Studie 1 wurden elf explorative halbstandardisierte Interviews<br />

mit Vertretern/-innen von Fachschulen, Trägern und Kindertagesstätten durchgeführt. Ziel ist<br />

die Analyse arbeitsbezogener Stressverarbeitungsstrategien von Erzieherinnen. Inwieweit Erzieherinnen<br />

an Beanspruchungsfolgen leiden und wie sie ihre personellen Ressourcen einschätzen, erfragt<br />

Studie 2 via Selbsteinschätzung. Es nahmen 423 Erzieherinnen in unterschiedlichen beruflichen Positionen<br />

(u.a. Kitaleitung, Gruppenerzieherin) und mit unterschiedlich langer Berufserfahrung (Erzieherinnen<br />

mit bis zu zwei Berufsjahren versus Erzieherinnen mit mehr als acht Berufsjahren) an der<br />

schriftlichen Befragung teil. Der psychische Gesundheitszustand wurde mit folgenden Messinstrumenten<br />

erfasst: Psychisches Wohlbefinden (FAHW, Wydra, 2005), Selbstwirksamkeitserwartung (Schwarzer<br />

& Jerusalem, 1999), Burnout (MBI-D, Büssing & Perrar, 1992), Erholungsunfähigkeit (FABA, Richter,<br />

Rudolph & Schmidt, 1996). Die Daten zur Beurteilung des psychischen Gesundheitszustandes der<br />

Erzieherinnen wurden im Rahmen der „Evaluationsstudie zur Kompetenz und Zufriedenheit von Erzieherinnen“<br />

erhoben.<br />

Schneewind, J., Böhmer, N. & Föhring, A. (2009). Evaluationsstudie zur Kompetenz und Zufriedenheit<br />

von Erzieherinnen. Antrag auf Einrichtung eines Forschungsvorhabens an der Fachhochschule Osnabrück. Osnabrück.<br />

Rudow, B. (2004). Arbeitsbedingungen für Erzieher/innen. Hohe psychische Belastungen. bildung & wissenschaft,<br />

6/2004, 6-11.<br />

Thinschmidt, M., Gruhne, B. & Hoesl, S. (2008). Forschungsbericht zur beruflichen und gesundheitlichen Situation<br />

von Kita-Personal in Sachsen. Ein Vergleich des Landkreises Torgau-Oschatz mit der Stadt Zwickau. Dresden:<br />

Eigenverlag der TU Dresden.<br />

106


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 1 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum S2 121<br />

Katharina Thoren 1 , Wassilis Kassis 2<br />

Der Einfluss des Stressempfindens auf die Beziehung von<br />

Kontrollüberzeugungen und sozialer Unterstützung<br />

1 Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg, 2 <strong>Universität</strong> Osnabrück<br />

Katharina.Thoren@isq-bb.de<br />

Auf Grundlage zweier Messzeitpunkte aus der Victoria - Healthy Youth Survey wurde der Frage<br />

nachgegangen, welchen Einfluss wahrgenommener Stress (APA, 2008) auf die Beziehung von<br />

Mastery (Pearlin, Menaghan, Lieberman, & Mullan, 1981), als ein Konzept persönlicher Kontrollüberzeugungen,<br />

und sozialer Unterstützung durch Eltern und Peers hat und wie sich dieser Zusammenhang<br />

unter verschiedenen Levels von Stress verändert.<br />

Die Victoria - Healthy Youth Survey bezeichnet eine seit 2003 im zweijährigen Rhythmus durchgeführte<br />

und auf 6 Wellen angelegte Studie an der University of Victoria (British Columbia, Canada).<br />

Zum Zeitpunkt 1 wurden 664 zufällig ausgewählte Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren<br />

(M = 15,5; SD = 1,9 Jahre) befragt. Instrument ist ein ausführlicher Fragebogen der einerseits von<br />

einem Interviewer, andererseits persönlich ausgefüllt wird.<br />

Die Bearbeitung der Fragestellung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit Bonnie J. Leadbeater<br />

(University of Victoria) und Prof. Dr. Wassilis Kassis (<strong>Universität</strong> Osnabrück). Das genutzte Sample<br />

bestand aus den 459 Teilnehmer/-inne/n der Wellen 3 und 4 der HYS. Mit Hilfe autoregressiver<br />

Kreuzpfadanalysen wurde zunächst die Beziehung zwischen Mastery und sozialer Unterstützung<br />

modelliert. Hierbei zeigten sich vor allem zwischen mütterlicher Unterstützung und Unterstützung<br />

durch Peers reziproke Effekte zu Mastery über die beiden Messzeitpunkte. In einem<br />

folgenden Schritt wurden unter Anwendung der Mehrgruppenanalyse die Moderatoreffekte von<br />

Stress getestet. Dabei zeigte sich die Stabilität des Mastery-Unterstützung- Zusammenhangs,<br />

auch unter dem Einfluss von hohem wahrgenommen Stress der jungen Erwachsenen.<br />

APA. (2008). Stress in America. Retrieved 12.06.15, 2012, from http://www.apa.org/news/press/releases/2008/<br />

10/stress-in-america.pdf<br />

Pearlin, L. I., Menaghan, E. G., Lieberman, M. A., & Mullan, J. T. (1981). The stress process. Journal of health and<br />

social behavior, 337-356.<br />

107


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 1 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum S2 121<br />

Tobias Kärner, Klaudia Golyszny, Detlef Sembill<br />

Stresserleben im schulischen Unterricht<br />

Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg<br />

tobias.kaerner@uni-bamberg.de<br />

Da die Schule und insbesondere der schulische Unterricht für Schülerinnen und Schüler eine<br />

spezifische Belastungsquelle darstellen kann, wurde bereits in unterschiedlichen produktorientierten<br />

Studien belegt (Lohaus u.a., 2004). So fanden beispielsweise Lohaus u.a. (2004) heraus,<br />

dass schulische Stressoren in signifikantem Zusammenhang sowohl mit psychischen als auch mit<br />

physischen Stresssymptomen stehen. Als schulbezogene Stressoren werden in der Literatur<br />

neben schulischem Notendruck sowie sozialen Konflikten mit Mitschülern und Lehrkräften vor<br />

allem Parameter des Unterrichtsprozesses angesehen, welche auch spezifische Schutzfaktoren<br />

beinhalten können (Seiffge-Krenke, 2006). In dem vorliegenden Beitrag soll den Fragen nachgegangen<br />

werden, in welchem Ausmaß Lernende schulischen Unterricht als belastend erleben und<br />

ob zwischen unterschiedlich akzentuierten Lehr-Lern-Umgebungen Erlebensunterschiede zu<br />

verzeichnen sind. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde das subjektive situationsspezifische<br />

Erleben im Unterrichtsprozess mittels der sog. Continous-State-Sampling – Methode<br />

(CSSM sensu Sembill u.a., 2008) über insgesamt 18 Unterrichtsstunden hinweg erfasst. CSSM<br />

ermöglicht hierbei die zeitkontinuierliche und prozessnahe Erfassung des aktuellen Erlebenszustandes<br />

sowie dessen zeitreihenanalytische Untersuchung (ebd.). Bei einem Mittelwertvergleich<br />

zwischen einer traditionell lehrerzentriert (TraLe) und einer schülerzentriert unterrichteten<br />

Klasse (SoLe) zeigte sich beispielsweise, dass sich die Schüler der SoLe-Klasse (M = 66.01;<br />

p < .000) im Vergleich zu den Lernenden der TraLe-Klasse (M = 46.05; p < .000) stärker sozial<br />

eingebunden fühlten, was wiederum als eine Ressource gegen Stress anzusehen ist. Die pädagogische<br />

Relevanz ist insbesondere darin zu sehen, da aus den Befunden Implikationen für eine<br />

gesundheitsförderliche Gestaltung von schulischen Lehr-Lern-Arrangements abgeleitet werden<br />

können.<br />

Lohaus, A., Beyer, A. & Klein-Heßling, J. (2004): Stresserleben und Stresssymptomatik bei Kindern und Jugendlichen.<br />

Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 36 (1), 38-46.<br />

Seiffge-Krenke, I. (2006): Nach PISA. Stress in der Schule und mit den Eltern. Bewältigungskompetenz deutscher<br />

Jugendlicher im internationalen Vergleich. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.<br />

Sembill, D., Seifried, J. & Dreyer, K. (2008): PDAs als Erhebungsinstrument in der beruflichen Lehr-Lern-Forschung –<br />

Ein neues Wundermittel oder bewährter Standard? Empirische Pädagogik, 22 (1), 64-77.<br />

108


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 1 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum S2 121<br />

Jessica Mattern, Manfred Prenzel<br />

Selbstregulation als Prädiktor für berufliches Wohlbefinden im<br />

Lehrerberuf?<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

jessica.mattern@tum.de<br />

In der aktuellen Forschung werden Selbstregulationskompetenzen als wesentlicher Bestandteil<br />

der professionellen Kompetenz von Lehrkräften betrachtet (Baumert & Kunter, 2006). Es wird<br />

angenommen, dass diese zu einem effizienteren Umgang mit beruflichen Anforderungen führen<br />

und sich somit in einem erhöhten Wohlbefinden niederschlagen (Albisser et al., 2009). Dafür<br />

sprechen empirische Befunde über Zusammenhänge der Selbstregulationskompetenzen von<br />

Lehrkräften mit gesundheitsbezogenen Variablen (Klusmann et al., 2008). Der vorliegende Beitrag<br />

untersucht an einer stratifizierten Stichprobe von N = 664 Mathematiklehrkräften aus 99<br />

Schulen aus den Bundesländern Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt<br />

inwieweit das berufliche Wohlbefinden durch die Selbstregulationskompetenzen<br />

vorhergesagt werden kann. Die Daten wurden im Rahmen des Feldtests für das OECD Programme<br />

for International Student Assessment (PISA) 2012 erhoben. Aktuell werden Strukturgleichungsanalysen<br />

durchgeführt, die auf der Konferenz vorgestellt werden.<br />

Albisser, S., Kirchhoff, E. & Albisser, E. (2009). Berufsmotivation und Selbstregulation: Kompetenzentwicklung und<br />

Belastungserleben von Studierenden, berufseinsteigenden und erfahrenen Lehrpersonen. Unterrichtswissenschaft,<br />

37, 262-288.<br />

Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

9, 469-520.<br />

Klusmann, U., Kunter, M., Trautwein, U., Lüdtke, O. & Baumert, J. (2008). Teacher's Occupational Well-Being and<br />

Quality of Instruction: The Important Role of Self-regulatory Patterns. Journal of Educational Psychology, 100,<br />

702-715.<br />

109


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 1 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | Raum S2 121<br />

Jasmin Römer, Frauke Drews<br />

Risikomerkmale von Studierenden<br />

Goethe-<strong>Universität</strong> Frankfurt<br />

j.roemer@em.uni-frankfurt.de<br />

Personale Voraussetzungen spielen für die Bewältigung des Studiums und den anschließenden<br />

Berufseinstieg eine zentrale Rolle. (Klusmann, 2011). In der letzten Zeit rücken vor allem Zusammenhänge<br />

zwischen verschiedenen personalen Ressourcen und sogenannten motivationalen<br />

Risikomerkmalen (bspw. Notlösung und Hedonismus als Studienmotive) in den Fokus der<br />

Betrachtung (Rothland, 2012).<br />

Auf Basis zweier Querschnittserhebungen wurden Lehramts- und Jurastudierenden (n=1450)<br />

aller Fachsemester in den Jahren 2010 und 2011 zu ihren personalen Ressourcen (AVEM; Arbeitsbezogene<br />

Verhaltens- und Erlebensmuster; Schaarschmidt & Fischer, 2008), zu ihrem Belastungserleben<br />

sowie zu ihren Studien- und Berufswahlmotiven befragt. Der Untersuchung lag die<br />

Annahme zugrunde, dass Lehramtsstudierende im Mittel ungünstigere personale Ressourcen<br />

(geringeres Studienengagement, weniger Widerstandkräfte, negativere Emotionen, ungünstigere<br />

Studienmotive) als Jurastudierende aufweisen. Desweiteren wurde angenommen, dass Jurastudierende<br />

höherer Fachsemester belasteter als ihre Kommilitonen aus den unteren Semestern<br />

sind, was vor allem mit der stark beanspruchenden Studienstruktur in Verbindung gebracht<br />

wird.<br />

Konträr zu unserer ersten Hypothese zeigte sich, dass sich Lehramtsstudierende ausschließlich<br />

im Studienengagement negativ von Jurastudierenden abheben. Die absolute Anzahl gesundheitsgefährdeter<br />

Studierender mit Burnout- oder Verausgabungsmuster ist in beiden Gruppen in<br />

etwa gleich hoch. Über das Studium hinweg nimmt dann die Belastung von Jurastudierenden<br />

stark zu, wohingegen sich für Lehramtsstudierende keine negativen Entwicklungen andeuten.<br />

Das diagnostische Potential von Risikomerkmalen sollte über Längsschnittstudien weiter erforscht<br />

werden. Die Ergebnisse legen aber auch nahe, dass gesundheitsrelevante Gefährdungen<br />

nicht nur mit weiteren personalen Merkmalen, sondern stärker mit Studienbedingungen in Verbindung<br />

gebracht werden sollten.<br />

Klusmann U. (2011). Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf: Zwischen beruflicher Praxis und unterschiedlichen<br />

Forschungsansätzen. In E. Terhart, H. Bennewitz & M. Rothland (Hrsg.), Handbuch der Forschung zum<br />

Lehrerberuf (S. 815-873).Münster: Waxmann.<br />

Rothland M. (2011) Risikomerkmale von Lehramtsstudierenden. Empirische Befunde zu berufsbezogenen Eingangsvoraussetzungen<br />

angehender Lehrkräfte. Zeitschrift für Bildungsforschung 1(3), 179-197.<br />

Schaarschmidt, U. & Fischer, A.W. (2008). Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster: AVEM (Standardform)<br />

- AVEM-44 (Kurzform) Manual (3. überarbeitete und erweiterte Aufl.) London: Pearson.<br />

110


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 2 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum S2 147<br />

Michael Mudiappa 1 , Constance Karing 2 , Cordula Artelt 1<br />

Kulturelles Kapital und Lehrereinschätzung – Einflüsse auf die Akkuratheit<br />

von Lehrereinschätzungen<br />

1 Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg, 2 Friedrich-Schiller-<strong>Universität</strong> Jena<br />

Michael.mudiappa@uni-bamberg.de<br />

Leistungseinschätzungen von Schülern folgen nicht immer objektiven Kriterien. Sozialer Status<br />

und Verhaltensweisen der Schüler, die Interaktion zwischen Lehrkräften und Schülern sowie die<br />

Kooperation zwischen Lehrkräften und Eltern spielen dabei oft auch eine Rolle (Karing, Matthäi<br />

& Artelt 2011). Besonders die in der Familie stattfindende kulturelle Praxis, die Ähnlichkeiten im<br />

Habitus und dem kulturellen Kapital zwischen Lehrern und Eltern beeinflussen die Leistungseinschätzungen<br />

in der Schule und können zur Festigung von Chancenungleichheit beitragen (Bourdieu<br />

& Passeron 1990, Jung-Sook & Bowen 2006). Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich der<br />

Beitrag mit der Frage, inwieweit es einen Zusammenhang zwischen dem kulturellen Kapital der<br />

Eltern und der Akkuratheit der Leistungseinschätzung gibt.<br />

Auf Basis empirischer Daten aus der BiKS-Studie (N=763 Schüler, N=64 Deutschlehrkräfte, N=47<br />

Mathematiklehrkräfte, 6. Jahrgangsstufe) wird überprüft, ob ein Zusammenhang zwischen dem<br />

kulturellen Kapital der Eltern und der Urteilsgenauigkeit der Lehrkräfte im Bereich Lesen und in<br />

Mathematik besteht und inwieweit dieser durch die Kooperation zwischen Lehrkräften und<br />

Eltern moderiert wird. Die durchgeführten Mehrebenenanalysen ergeben einen positiven Zusammenhang<br />

zwischen dem kulturellen Kapital der Eltern (Teilnahme an hochkulturellen Aktivitäten)<br />

und der Akkuratheit der Lehrereinschätzungen im Bereich Lesen und in Mathematik,<br />

allerdings wird dieser Zusammenhang durch die Kooperationsintensität zwischen Lehrkräften<br />

und Eltern moderiert. Die Ergebnisse werden in den Forschungsstand eingebettet und diskutiert.<br />

Bourdieu, P. & Passeron J.-C. (1990). Reproduction in Education, Society and Culture. London: SAGE.<br />

Jung-Sook, L. & Bowen, N. K. (2006). Parent Involvement, Cultural Capital, and the Achievement Gap Among Elementary<br />

School Children. American Educational Research Journal 43(2), 193-218.<br />

Karing, C., Matthäi, J. & Artelt, C. (2011). Genauigkeit von Lehrerurteilen über die Lesekompetenz ihrer Schülerinnen<br />

und Schüler in der Sekundarstufe I - Eine Frage der Spezifität? Zeitschrift für Pädagogische Psychologie<br />

25(3), 159-172.<br />

111


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 2 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum S2 147<br />

Katrin Lintorf, Stefanie van Ophuysen, Edita Turcinovic<br />

Unterschiede in der diagnostischen Praxis – eine Frage schulformspezifischer<br />

pädagogischer Konzepte?<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

lintorf@uni-muenster.de<br />

Versteht man pädagogische Diagnostik als „das Insgesamt von Erkenntnisbemühungen im Dienste<br />

aktueller pädagogischer Entscheidungen“ (Klauer, 1982, S. 5), ist zu erwarten, dass Lehrkräfte<br />

je nach Zielsetzung verschiedene Urteilskriterien und -methoden verwenden. Die amerikanische<br />

Forschung zum classroom assessment belegt diese Annahme (Brookhart, 1993) und zeigt hinsichtlich<br />

der verwendeten Urteilskriterien wie auch der -methoden deutliche interindividuelle<br />

Unterschiede (McMillan, 2001).<br />

Auch im deutschen Sprachraum ist von einer hohen interindividuellen Varianz im Diagnostikverhalten<br />

auszugehen. Darüber hinaus sind systematische Schulformeffekte zu erwarten, da durch<br />

unterschiedliche pädagogische Konzepte auch unterschiedliche diagnostische Ziele bedingt sind.<br />

So legen Gesamtschulen meist einen stärkeren Fokus auf soziales Lernen, während Gymnasien<br />

die Fachleistung fokussieren. Empirische Studien zu diesem Thema liegen in Deutschland bislang<br />

nicht vor.<br />

Mittels einer standardisierten Online-Befragung werden aktuell Lehrkräfte der Sekundarstufe I,<br />

die in NRW an einer Gesamtschule oder einem Gymnasium unterrichten, befragt. Neben Auskünften<br />

über erfasste Inhalte, diagnostische Methoden, Anlässe und Zielsetzungen werden insbesondere<br />

Informationen über den Stellenwert des sozialen Lernens in Schule und Unterricht<br />

erhoben. Die Daten werden hinsichtlich folgender Fragestellungen ausgewertet:<br />

1) Welche Bandbreite an Urteilskriterien und -methoden zeigt sich bei deutschen Lehrkräften?<br />

2) Ist ein Teil der Varianz durch Schulformunterschiede erklärbar?<br />

3) Wird der Schulformeffekt über unterschiedliche pädagogische Konzepte vermittelt?<br />

Es wird angenommen, dass sich die verschiedenen pädagogischen Konzepte der Schulformen in<br />

unterschiedlichen pädagogischen Zielsetzungen der Lehrkräfte widerspiegeln. Diese sollten dazu<br />

führen, dass die diagnostische Praxis der Lehrkräfte durch unterschiedliche Inhalte und Methoden<br />

gekennzeichnet ist. Die Ergebnisse werden in Hinsicht auf die Lehreraus- und -weiterbildung<br />

diskutiert.<br />

Brookhart, S.M. (1993). Teachers' grading practices: Meaning and values. Journal of Educational Measurement,<br />

30(2), 123-142.<br />

Klauer, K.J. (1982). Perspektiven Pädagogischer Diagnostik. In K.J. Klauer (Hrsg.), Handbuch der Pädagogischen<br />

Diagnostik (Bd. 1, S. 3-14). Schwann: Düsseldorf.<br />

McMillan, J.H. (2001). Secondary teachers' classroom assessment and grading practices. Educational Measurement:<br />

Issues and Practice, 20(1), 20-32.<br />

112


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 2 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum S2 147<br />

Magdalena Buddeberg 1 , Anke Walzebug 1 , Tobias C. Stubbe 2<br />

Wie gehen Lehrkräfte mit mehr Zeit im Unterricht um?<br />

1 Technische <strong>Universität</strong> Dortmund, 2 <strong>Universität</strong> Erfurt<br />

buddeberg@fk12.tu-dortmund.de<br />

Die traditionelle Unterrichtsstunde von 45 Minuten, so kritisieren sowohl Schulforscherinnen<br />

und Schulforscher als auch Lehrkräfte, erschwert den Einsatz von individuellen Lehr- und Lernmöglichkeiten<br />

(vgl. z. B. Höhmann & Kummer, 2007; Zepeda & Mayers, 2006). Immer mehr<br />

Schulen setzen daher auf verlängerte Unterrichtseinheiten.<br />

Der vorliegende Beitrag setzt sich kritisch damit auseinander, Grenzen und Möglichkeiten verlängerter<br />

Unterrichtseinheiten in Bezug auf die Lehr- und Lernbedingungen aufzuzeigen. Dazu<br />

richten wir den Fokus auf die Einstellungen und Meinungen von Lehrkräften. In einer quantitativen<br />

Erhebung, die im Rahmen der Panel Study at the Research School ‚Education and Capabilitiesʻ<br />

in North-Rhine Westphalia (PARS) an 50 weiterführenden Schulen stattgefunden hat (vgl.<br />

Bos et al. 2011), wurden dazu Lehrpersonen bezüglich ihrer Unterrichtsgestaltung und Formen<br />

individueller Förderung innerhalb ihres Unterrichts befragt.<br />

Um die zeitlichen Rahmenbedingungen und die sich dadurch ergebenen Möglichkeiten individueller<br />

Förderung zu analysieren, werden mit Hilfe von Latent-Class-Analysen verschiedene Lehrertypen<br />

herausgearbeitet, die sich aufgrund der Einbindung individueller Lernmöglichkeiten voneinander<br />

unterscheiden. Es wird der Frage nachgegangen, inwieweit eine zeitliche Flexibilisierung<br />

des Unterrichts von Lehrpersonen zur Schaffung einer egalitären Differenz und damit einhergehenden<br />

individuellen Förderung genutzt wird.<br />

Bos, W., Stubbe, T. C., Buddeberg, M., Dohe, C., Kasper, D., Müller, S. & Walzebug, A. (2012): Framework for the<br />

Panel Study at the Research School ‚Education and Capabilitiesʻ in North Rhine-Westphalia (PARS). Manuskript<br />

in Vorbereitung.<br />

Höhmann, K. & Kummer, N. (2007): Mehr Lernzeit durch einen anderen Umgang mit Zeit. In H. Kahl & S. Knauer<br />

(Hrsg.), Bildungschancen in der neuen Ganztagsschule. Lernmöglichkeiten verwirklichen (S. 91–103). Weinheim:<br />

Beltz.<br />

Zepeda, S. J. & Mayers, R. S. (2006): An Analysis of Research on Block Scheduling. Review of Educational Research,<br />

76 (1), 137–70.<br />

113


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 2 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum S2 147<br />

Janina Strohmer, Christoph Mischo, Jessica Hendler, Stefan Wahl<br />

Warum in einer Kindertagesstätte arbeiten? Entscheidungstypen und<br />

Ausbildungs-/Studienmotivation bei angehenden frühpädagogischen<br />

Fachkräften an Fachschulen und Hochschulen.<br />

Pädagogische Hochschule Freiburg<br />

janina.strohmer@ph-freiburg.de<br />

In der Studie im Rahmen des Projekts „AVE – Ausbildung und Verlauf von Erzieherinnen-<br />

Merkmalen“ wurden Faktoren untersucht, die die Entscheidung für eine Ausbildung bzw. für ein<br />

Studium mit dem Ziel einer späteren Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen beeinflussen. Bei<br />

insgesamt 1224 angehenden ErzieherInnen an Fachschulen und Frühpädagogik-Studierenden an<br />

Hochschulen wurden bei Erst- und Viertsemestern mittels latenter Klassenanalysen zwei unterschiedliche<br />

Entscheidungstypen für die ErzieherInnen-Ausbildung bzw. ein Frühpädagogik-<br />

Studium identifiziert. In beiden Kohorten wurden über 70 Prozent der Personen einem „sicheren”<br />

Entscheidungstyp, annähernd 30 Prozent einem „unsicheren“ Entscheidungstyp zugeordnet.<br />

Als Prädiktoren für die Zugehörigkeit zu den Typen erwiesen sich vor allem intrinsische<br />

Tätigkeitsanreize und Kompetenzüberzeugungen. Die Personen der beiden Entscheidungstypen<br />

unterschieden sich außerdem in der ausbildungs- bzw. studienbezogenen Lernzielorientierung<br />

und Arbeitsvermeidung. Die Implikationen dieser Ergebnisse für die Ausbildung und Rekrutierung<br />

frühpädagogischer Fachkräfte werden diskutiert.<br />

Eccles, J. S. (2011). Understanding educational and occupational choices. Journal of Social Issues, 67, 644–648.<br />

Langford, R. (2008). Making a difference in the lives of young children: A critical analysis of a pedagogical discourse<br />

for motivating young women to become early childhood educators. Canadian Journal of Education, 31,<br />

78–101.<br />

Thole, W. (2010). Die pädagogischen Mitarbeiterinnen in Kindertageseinrichtungen. Professionalität und Professionalisierung<br />

eines pädagogischen Arbeitsfeldes. Zeitschrift für Pädagogik, 56, 206–222.<br />

Ulich, S. (2000). Traumberuf Lehrer/in?: Berufsmotive und die (Un)Sicherheit der Berufsentscheidung. Die Deutsche<br />

Schule, 92, 41–53.<br />

114


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 2 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | Raum S2 147<br />

Christine Voigt, Sascha Ziegelbauer, Michaela Gläser-Zikuda<br />

Lehrerkompetenzen und Portfolios im Lehramtsstudium – eine explorative<br />

Studie<br />

Friedrich-Schiller-<strong>Universität</strong> Jena<br />

c.voigt@uni-jena.de<br />

Portfolios gewinnen als Reflexionsinstrumente in der Lehreraus- und -fortbildung zunehmend an<br />

Bedeutung (Häcker, 2012). Die Lehrerprofessionalisierung zielt auf die Entwicklung von Expertenwissen<br />

von Lehrkräften im fachlichen, persönlichen, sozialen und methodischen Bereich<br />

sowie entsprechende Handlungsfähigkeiten und Fertigkeiten ab. Die bewusst erlebte und reflektierte<br />

Praxis kann einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung von Professionswissen leisten.<br />

Für diesen Professionalisierungsprozess dürfte der Portfolioansatz vielversprechend sein. Kurzfristige<br />

(z.B. während eines Seminars) und langfristige (z.B. während des Praxissemesters und<br />

über das Studium bis zum Referendariat oder Berufseinstieg) Professionalisierungsprozesse<br />

können reflektiert werden (Gläser-Zikuda & Hascher, 2007).<br />

Daher wurde im WS 2011/12 untersucht, ob ein positiver Zusammenhang (1) zwischen der Portfolio-Wertzuschreibung<br />

und der selbsteingeschätzten Lehrerexpertise (eigene Skalen zu Sach-,<br />

die Methoden-, Sozial- und Reflexionskompetenzen) sowie (2) zwischen verschiedenen Regulationsstufen<br />

der Motivation zur Portfolionutzung und der Lehrerexpertise besteht. Weiter wurde<br />

geprüft, ob (3) diese Faktoren auch mit berufsbezogenen Selbstkonzepten (Bauer et al., 2009)<br />

korrelieren. Die Stichprobe umfasste 162 Lehramtsstudierende (81 männlich, 81 weiblich, M =<br />

21.9 Jahre), die befragt wurden. Die Präsentation fokussiert auf das in der Entwicklung befindliche<br />

Portfoliokonzept im Rahmen der universitären Lehrerbildung sowie auf erste Ergebnisse der<br />

explorativen Studie.<br />

115


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 2 | 17:45 Uhr – 18:25 Uhr | Raum S2 147<br />

Sebastian Wenz<br />

Lernen Lehrer? Dynamiken statistischer Diskriminierung in Deutschlands<br />

Schulen<br />

Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg<br />

sewenz@gmail.com<br />

Auf dem Hintergrund der hohen Ungleichheit im deutschen Bildungssystem wird in diesem Beitrag<br />

untersucht, ob es Evidenz für Diskriminierung durch die Lehrkräfte gibt. Statt dem traditionellen<br />

Residualansatz wird ein theoretisch fundierter Diskriminierungsmechanismus formal<br />

modelliert und empirisch anhand verschiedener Datensätze geprüft.<br />

Die Untersuchung von Diskriminierung im Bildungssystem mit Beobachtungsdaten folgt oft einem<br />

einfachen Residualansatz, bei dem Gruppenunterschiede in der interessierenden Variable<br />

konditional auf relevanten Kovariaten als Ergebnis von Diskriminierung interpretiert werden<br />

(Kristen, 2006). Eine Verzerrung des Schätzers für den Diskriminierungseffekt durch ausgelassene<br />

Variablen ist dabei allerdings nicht unwahrscheinlich. Eine mögliche Lösung ist die explizite<br />

Operationalisierung und Überprüfung eines Mechanismus.<br />

Ein Mechanismus der in vielen Diskriminierungstheorien – z.B. in der ökonomischen Theorie der<br />

statistischen Diskriminierung oder sozialpsychologischen Dual-Process-Modellen – eine bedeutende<br />

Rolle spielt, ist die Informiertheit des Akteurs: je weniger Information über die wahre<br />

Fähigkeit des einzelnen Schülers, desto wahrscheinlicher urteilt die Lehrkraft unter Rückgriff auf<br />

das Gruppenstereotyp und damit diskriminierend.<br />

Konkret wird im vorliegenden Beitrag anhand von Daten der Projekte BiKS ("Bildungsprozesse,<br />

Kompetenzentwicklung und Formation von Selektionsentscheidungen im Vor- und Grundschulalter")<br />

und IGLU 2006 untersucht, ob sich bei Lehrkräften, die ihre Schüler seit Langem unterrichten,<br />

geringere Unterschiede in verschiedenen Beurteilungen zwischen Schülern unterschiedlicher<br />

sozialer und ethnischer Herkunft sowie unterschiedlichen Geschlechts konditional auf relevanten<br />

Kovariaten nachweisen lassen.<br />

Die Modellierung der Diskriminierung in Noten, Übergangsempfehlungen und Fähigkeitseinschätzungen<br />

erfolgt mittels Mehrebenenanalysen. Für den Hypothesentest ist dabei die Cross-<br />

Level-Interaktion aus "Dauer des Unterrichtens in der Klasse" und Gruppenvariablen relevant.<br />

Kontrollvariablen sind u.a. Messungen allgemeiner Intelligenz, fachspezifischer Kompetenzen,<br />

Lern-/Arbeitsverhalten und Lehrercharakteristika. Erste Ergebnisse sprechen für den lernenden<br />

Lehrer: je länger die jeweilige Klasse unterrichtet wurde, desto geringer sind die Unterschiede<br />

zwischen Kindern unterschiedlicher sozialer Herkunft.<br />

Aigner, D., & G. Cain. (1977). Statistical Theories of Discrimination in Labor Markets. Industrial and Labor Relations<br />

Review, 30, 175-187<br />

Fiske, S. (1998). Stereotyping, prejudice, and discrimination. In D.T. Gilbert & S. T. Fiske (Eds.), The handbook of<br />

social psychology (4th ed., Vol. 1, pp. 357–441). New York: McGraw-Hill.<br />

Kristen, C. (2006). Ethnische Diskriminierung in der Grundschule? Die Vergabe von Noten und Bildungsempfehlungen.<br />

Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 58, 79-97<br />

116


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 3 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum S2 143<br />

Claudia Dreke<br />

Zukunftswege von Schulkindern. Deutungsmuster sozialer Ungleichheit bei<br />

Lehrkräften in Italien und Deutschland<br />

<strong>Universität</strong> Potsdam<br />

cldreke@uni-potsdam.de<br />

Welche Lebenswege eröffnen sich Schülern aus der Sicht von Lehrkräften in und nach der Schule?<br />

Welche Handlungen und Eigenschaften sollen zu sozialem Aufstieg führen, welche zum Ausschluss<br />

aus bestimmten Lebenschancen oder zum Abstieg? In welchem Verhältnis stehen entsprechende<br />

Deutungen zum jeweiligen Bildungssystem? Diese Fragen wurden auf der Grundlage<br />

von Interviews mit und ethnographische Beobachtungen von Primarschullehrkräften in Italien<br />

und Deutschland bearbeitet. Ausgangspunkt war die schultheoretische Annahme, dass Lehrkräfte<br />

(legitime) soziale Ungleichheit herstellen sollen. Die beiden Bildungssysteme bieten dafür,<br />

historisch bedingt, jeweils andere organisatorische Möglichkeiten.<br />

In einer phänomenologisch-konstruktivistischen Perspektive wurden “objektive” schulische<br />

Strukturen mit “subjektiven” Interpretationen konfrontiert. Analysiert wurden die Äußerungen<br />

der Lehrkräfte im Hinblick auf die ihnen zugrundeliegenden Wahrnehmungskonzepte und deren<br />

institutionelle, kulturelle und politisch-historische Kontexte. Methodisch folgt die Analyse den<br />

Prinzipien der Grounded Theory sensu Strauss (1998).<br />

Gezeigt wird, wie Lehrkräfte Schüler nach sozialen Kategorien klassifizieren und bewerten, deren<br />

künftige soziale Positionen als Erwachsene antizipieren und hierarchische sozialräumliche Ordnungen<br />

projizieren. Erkennbar werden letztere in der Verwendung von Weg- und Ortsmetaphern<br />

sowie von Begriffen wie Bildung, Bedürfnis oder Leistung. Herausgearbeitet wurden vier<br />

Deutungsmuster sozialer Ungleichheit in beiden Ländern: das „erhaltende“, das „dynamisierende“,<br />

das „beschützende“ und das „individualisierende“ Muster. Diese Muster stehen im Kontext<br />

der historisch-politischen Auseinandersetzungen um die Schule in beiden Ländern. Je nachdem,<br />

wie und wo sich Lehrkräfte mit ihren Vorstellungen von (guter) sozialer Ordnung“ positionieren,<br />

werden zum einen andere pädagogische Handlungsorientierungen erkennbar, die sie verwirklichen<br />

wollen. Zum anderen wird das Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen jeweils anders<br />

konstruiert. Gezeigt wird letztlich, wie Primarschullehrkräfte soziale Ungleichheit im Kontext<br />

unterschiedlicher Bildungssysteme und deren Traditionen herstellen.<br />

Strauss, Anselm (1998): Grundlagen qualitativer Sozialforschung. 2. Auflage München: Fink.<br />

117


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 3 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum S2 143<br />

Evamaria Zettl<br />

Praktiken früher Literalität und Religion in Kindertagesstätte und<br />

Stadtviertel<br />

Pädagogische Hochschule Thurgau<br />

Evamaria.Zettl@phtg.ch<br />

Frühe Literalität, also Vertrautheit mit Büchern, Schrift und konzeptioneller Schriftlichkeit vor<br />

Schulbeginn, gilt als Voraussetzung für eine erfolgreiche Schullaufbahn. Nach Nickel (2010) und<br />

Isler/Künzli (2011) ist Literalität eine kulturell und sozial situierte Praxis. An diese Konzeption<br />

knüpft das Dissertationsprojekt „Frühe Literalität an einer Kindertagesstätte“ an. Es untersucht<br />

ethnographisch, wie Praktiken früher Literalität in den Alltag einer Kindertagesstätte eingebettet<br />

sind. Eine Frage, die sich aus einem dreimonatigen Feldaufenthalt und einer Datenauswertung<br />

mit Hilfe der Grounded Theory ergab, ist: Wie ist frühe Literalität in einer katholischen Kindertagesstätte<br />

in muslimischem Umfeld mit Religion verknüpft? Gregory / Williams (2000) haben<br />

bereits über die religiöse literale Sozialisation von Londoner Migrantenkindern geforscht. Für<br />

den deutschsprachigen Raum gibt es noch keine Studien, die eine Verknüpfung von Literalitätspraktiken<br />

und Religion in der frühen Kindheit aufzeigen.<br />

Ein Ergebnis der Untersuchung ist: „Bildungsbürgerliche“ Literalitätsvermittlung wie Vorlesen<br />

oder Märchenerzählen findet in der Kita eher marginal statt; die religiöse literale Praxis des<br />

Mittagsgebets geschieht jedoch täglich; zudem werden biblische Geschichten erzählt. Erzieherinnen<br />

thematisieren, wie sich muslimische und christliche Kinder während dieser Praktiken<br />

verhalten sollen. In Anlehnung an Diehms „doing ethnicity“ (2010 u.a.) könnte man hier von<br />

„doing religion“ sprechen. Auch im Stadtviertel ist ein Zusammenhang zwischen (nicht nur früher)<br />

Literalität und Religion auffällig. Säkulare Buch- und Schriftkultur wirkt marginalisiert, muslimische<br />

Literalität ist jedoch im öffentlichen Raum wie auch in Familien und Koranschulen sehr<br />

präsent. Umgekehrt werden die wenigen Räume säkularer Literalität für Kinder mit Hilfe von<br />

Ritualen genutzt, die stark an religiöse Rituale im Stadtviertel erinnern (Schuhe ausziehen, still<br />

sein, zuhören). In Hinblick auf spätere Bildungschancen kann gefragt werden: Wie könnten Lehrerinnen<br />

und Lehrer in der Schule an diese religiös geprägte Form literaler Sozialisation anknüpfen?<br />

Diehm, I. (2010). Doing Ethnicity and Growing Up. In: Otto, H.-U./ Ziegler, H. (Ed.): Education, Welfare and the<br />

Capabilities Approach. A European Perspective. Opladen & Farmington Hills, MI 2010, 133- 141.<br />

Gregory, E. / Williams, A. (2000). City Literacies. Learning to read across generations and cultures. London New<br />

York: Routledge<br />

Isler, D. / Künzli, S. (2011) Untersuchung sprachlicher Praktiken in Familien und im Kindergarten: Methodologische<br />

und theoretische Grundlagen. Schweizer Zeitschrift für Bildungswissenschaft 33 (2), 191-210.<br />

118


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 3 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum S2 143<br />

Sebastian Neumeyer<br />

Die Wahrnehmung der Chancengerechtigkeit im Lebensverlauf<br />

<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

neumeyer@wiso.uni-koeln.de<br />

Die Wahrnehmung der Chancengerechtigkeit (WCG) in einer Gesellschaft beinhaltet eine implizite<br />

Bewertung der Institutionen und Mechanismen, die die Verteilung von Lebenschancen beeinflussen,<br />

wozu allen voran das Bildungssystem gehört. Die WCG ist somit für die Akzeptanz eben<br />

dieser Institutionen relevant. Der Vortrag behandelt die Frage, inwiefern die WCG von individuellen<br />

Startchancen, Erfahrungen mit der Institution Schule und späteren Arbeitsmarkterträgen<br />

abhängt. Bisher existieren keine Studien zur unspezifischen WCG.<br />

Für alle Einflussfaktoren wird vermutet, dass sowohl bessere objektive (Ausgangspositionen<br />

bzw. Erträge) als auch subjektive Erfahrungen die WCG beeinflussen. Frauen sollten aufgrund<br />

von Benachteiligungen eher zu einer geringen WCG neigen. Personen aus höheren Herkunftsschichten<br />

wachsen in besseren materiellen Bedingungen auf, mit denen – auch auf Seiten der<br />

Eltern – die WCG verbunden sein sollte. Die Schulerfahrungen werden objektiv (Durchschnittsnoten<br />

und erreichte Abschlüsse) und subjektiv erhoben: Wer Noten als gerechtes Leistungsabbild<br />

ansieht, sollte eher zur WCG neigen. Als spätere Arbeitsmarkterträge werden Erwerbstätigkeit<br />

und Einkommen untersucht.<br />

Als Datengrundlage dient das Kölner Gymnasiastenpanel, eine prospektiv erhobene Lebensverlaufsbefragung<br />

zu vier Zeitpunkten (im 16., 30., 43. und 56. Lebensjahr) an ehemaligen GymnasiastInnen<br />

Nordrhein-Westfalens (Birkelbach et al. 2004). Die Datengrundlage ist somit regional<br />

und sozial selektiv. Die WCG wurde in den letzten drei Befragungen mit folgender Frage erhoben:<br />

„Glauben Sie, dass die Chancen und Möglichkeiten, im Leben zu etwas zu kommen, hier in<br />

der Bundesrepublik Deutschland gerecht oder nicht gerecht verteilt sind?“ Die Einflüsse auf die<br />

binäre Zielvariable werden in logistischen Random-Effects-Regressionen geschätzt. Erste Ergebnisse<br />

liegen vor: Herkunftsschicht, Geschlecht, Erwerbstätigkeit und Einkommen zeigen die erwarteten<br />

Einflüsse. Die objektiven Schulerfahrungen (Noten bzw. Abschlüsse) haben keinen bzw.<br />

einen erwartungswidrigen Einfluss. Es kommt vielmehr darauf an, ob Schulnoten Leistungen<br />

subjektiv gerecht wiedergeben.<br />

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass subjektive Schulerfahrungen einen eigenständigen Effekt<br />

auf die WCG haben und daher einen möglichen Ansatzpunkt zur Verbesserung der Akzeptanz<br />

der an der Chancenverteilung beteiligten Institution Schule darstellen.<br />

Birkelbach, Klaus und Heiner Meulemann (2004): Das Kölner Gymnasiastenprojekt – Vortrag auf der Frühjahrstagung<br />

der Sektion Methoden der empirischen Sozialforschung des Deutschen Gesellschaft für Soziologie am<br />

27./28.02.2004 in Mannheim. URL: http://www.k<br />

119


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 3 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum S2 143<br />

Steve Entrich<br />

Bildung im Schatten - Nachhilfe als Chance auf Bildungsausgleich für sozial<br />

Benachteiligte?<br />

<strong>Universität</strong> Potsdam<br />

entrich@uni-potsdam.de<br />

Die vorliegende Studie dient als Beitrag zur Klärung der Frage, welche Ursachen im Schulsystem das<br />

hohe bzw. niedrige Abschneiden von Ländern in der internationalen Schulleistungsvergleichsstudie<br />

PISA vorliegen. Der Fokus liegt hierbei auf der Nutzung außerschulischer Bildung in Abhängigkeit von<br />

der sozialen Herkunft.<br />

Anhand des Untersuchungslandes Japan wird dargelegt, dass der höhere Bildungslevel japanischer 15jähriger<br />

bei PISA keineswegs durch ein qualitativ hochwertigeres Bildungssystem zu erklären ist. Ursächlich<br />

für die kontinuierlich überdurchschnittlichen Ergebnisse japanischer Schüler ist vielmehr ein<br />

System privatwirtschaftlich angebotener, ergänzender Schulbildung in Japan, welches den Bildungserfolg<br />

japanischer Schüler entscheidend begünstigt. Ein solches System von „Schattenbildung“ ist in<br />

weitaus geringerem Ausmaß mittlerweile auch in Deutschland etabliert und beschränkt sich größtenteils<br />

auf den Bereich der außerschulischen, von privaten Institutionen angebotenen Nachhilfe. Während<br />

die steigende Nachfrage nach außerschulischer Bildung in Deutschland sowohl in Öffentlichkeit<br />

als auch Presse als ein Problem wahrgenommen und in immer stärkerem Maße thematisiert wird, ist<br />

Schattenbildung in der deutschen Wissenschaft, insbesondere im interkulturellen Vergleich, ein noch<br />

immer kaum beachtetes Feld.<br />

Grund zur Beunruhigung gibt vor allem die Unterstellung, die Nutzung von Nachhilfe resultiere einerseits<br />

aus dem Versagen des staatlichen Schulsystems und würde andererseits soziale Unterschiede<br />

beim Bildungserwerb weiter forcieren, da nur Kindern aus bessergestellten Elternhäusern die Nutzung<br />

der kostenintensiven Nachhilfe offenstünde. Ein Blick auf Japan, in dem die Nutzung von Schattenbildung<br />

als Mittel zur Erreichung von Bildungszielen an der Tagesordnung ist, zeigt, dass die Inanspruchnahme<br />

von Nachhilfe die Bildungskluft zwischen Schülern des niederen und Schülern des oberen<br />

Quartils der Sozialstruktur keineswegs vergrößern muss. Schattenbildung avanciert hier vielmehr zu<br />

einem Instrument, das Bildungsungleichheiten neutralisiert.<br />

Auf der Grundlage deutscher wie japanischer qualitativer und quantitativer Daten wird Einblick in die<br />

Schattenbildungssysteme der beiden Länder gegeben, bevor anhand eigener Berechnungen mit PISA-<br />

Daten des Jahres 2009 erste Ergebnisse zu dieser Thematik vorgestellt werden.<br />

Bray, M. (2009). Confronting the shadow education system. What government policies for what private tutoring?<br />

Paris - UNESCO, International Institute for Educational Planning. 133 pp.<br />

Dierkes, J. (2009). Privatschulen und privatwirtschaftliche Zusatzschulen in Japan: Bildungspolitische Lückenbeißer<br />

und Marktlücke. Zeitschrift für Pädagogik, 55-5, 732-746.<br />

Entrich, Steve R. (2012): "Shadow Education" in Deutschland und Japan - Eine Einführung in das Forschungsfeld.<br />

Potsdam - UP Verlag.<br />

Klemm, K. & Klemm, A. (2010). Ausgaben für Nachhilfe - teurer und unfairer Ausgleich für fehlende individuelle<br />

Förderung. Bertelsmann-Stiftung.<br />

120


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 3 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | Raum S2 143<br />

Oliver Walter<br />

Immigrant optimism in Deutschland? Die Überprüfung einer Hypothese<br />

anhand der mathematikbezogenen Motivation und allgemeinen Bildungsaspiration<br />

von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in<br />

Deutschland<br />

o.walter@psychometrie-online.de<br />

Die Hypothese des immigrant optimism (Kao & Tienda 1995) nimmt an, dass Migranten und ihre<br />

Nachkommen durch Hoffnung auf sozialen Aufstieg besonders bildungsmotiviert sind, dass sich<br />

der Effekt aber mit ansteigender Generation abschwächt, wenn der soziale Aufstieg über Bildung<br />

gelingt. Bisherige Befunde bestätigen die Hypothese für angelsächsische Staaten, zeichnen für<br />

Deutschland jedoch ein uneinheitliches Bild (z. B. Walter & Taskinen, 2007; Stanat, Segeritz &<br />

Christensen, 2010). Auf Basis des erweiterten nationalen Datensatzes von PISA 2003 mit 44.473<br />

fünfzehnjährigen Schülerinnen und Schülern soll die Hypothese des immigrant optimism anhand<br />

der mathematikbezogenen extrinsischen und intrinsischen Motivation sowie der Bildungsaspiration<br />

mit Hilfe von linearen Regressionsmodellen eingehender geprüft werden. Die Befunde weisen<br />

für vier der fünf größten Migrantengruppen (ehem. Sowjetunion, Türkei, Polen, ehem. Jugoslawien,<br />

Italien) darauf hin, dass sich Jugendliche der ersten Generation erwartungskonform<br />

motivierter zeigen als Jugendliche der zweiten Generation und Jugendliche ohne Migrationshintergrund.<br />

Es finden sich aber keine Belege für die Annahme, dass diese höhere Motivation auf<br />

die Hoffnung auf sozialen Aufstieg zurückzuführen ist. Zudem sind die Bildungsaspirationen der<br />

jugendlichen Migranten im Allgemeinen nicht höher, sondern niedriger als von Jugendlichen<br />

ohne Migrationshintergrund. Vor dem Hintergrund der Befunde wird für eine stärkere Förderung<br />

von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund und einen Abbau von Aufstiegshemmnissen<br />

argumentiert.<br />

Kao, G. & Tienda, M. (1995). Optimism and achievement: The educational performance of immigrant youth. Social<br />

Science Quarterly, 76, 1 - 19.<br />

Stanat, P., Segeritz, M. & Christensen, G. (2010). Schulbezogene Motivation und Aspiration von Schülerinnen und<br />

Schülern mit Migrationshintergrund. In W. Bos, W., E. Klieme, E. & O. Köller (Hrsg.), Schulische Lerngelegenheiten<br />

und Kompetenzentwicklung. Festschrift für Jürgen Baumert (S. 31-57). Waxmann: Münster.<br />

Walter, O. & Taskinen, P. (2007). Kompetenzen und bildungsrelevante Einstellungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

in Deutschland: Ein Vergleich mit ausgewählten OECD-Staaten. In PISA-Konsortium Deutschland<br />

(Hrsg.): PISA 2006: Die Ergebnisse der dritten internationalen Vergleichsstudie (S. 337-366). Münster:<br />

Waxmann.<br />

121


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 4 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum T2 204<br />

Jörg Weingarten, Heike Wegner<br />

Kognitive Aktivierung als Bezugsrahmen für den Unterricht mit<br />

leistungsstarken Schülerinnen und Schülern - Ergebnisse einer<br />

multiperspektivischen Evaluationsstudie<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

joerg.weingarten@uni-due.de<br />

Ausgehend von aktuellen Forschungsbefunden (Baumert et al. 2004) lässt sich die Kognitive<br />

Aktivierung neben den klassischen Unterrichtsqualitätsmerkmalen als zentrales Unterrichtsmerkmal<br />

für leistungsstarke Gymnasien herausarbeiten. Im Rahmen einer Evaluationsstudie an<br />

einem Gymnasium für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler erschien es angesichts der besonderen<br />

Schülerschaft daher sinnvoll, den Regelunterricht nicht ausschließlich anhand von<br />

klassischen Unterrichtsqualitätsmerkmalen abzubilden, sondern diese um relevante Merkmale<br />

für den Bereich der Begabtenförderung zu erweitern. Hierzu wurde ein mehr-perspektivischer<br />

Ansatz gewählt, der die Durchführung von Unterrichtsbeobachtungen, leitfadengestützten Lehrerinterviews<br />

sowie eine Schüler- und Lehrerbefragung vorsah. Dementsprechend wurden sowohl<br />

quantitative als auch qualitative Erhebungsinstrumente berücksichtigt. Das Ziel der externen<br />

Evaluation bestand darin, Elemente zu finden, die als Realisierung der Prinzipien anspruchsvoller,<br />

kognitiv aktivierender Unterrichtsführung angesehen werden können. Alle beteiligten<br />

Akteure (Lehrer, Schüler, externe Beobachter) beurteilen die klassischen Unterrichtsqualitätsmerkmale<br />

durchgängig als positiv, während sich für den Bereich der Kognitiven Aktivierung ein<br />

ambivalentes Bild ergibt.<br />

Baumert, J., Kunter, M., Brunner, M., Krauss, S., Blum, W. & Neubrand, M. (2004). Mathematikunterricht aus Sicht<br />

der PISA-Schülerinnen und -Schüler und ihrer Lehrkräfte. In Prenzel, M., Baumert, J., Blum, W., Lehmann, R.,<br />

Leutner, D., Neubrand, M., Pekrun, R., Rolff, H.-G., Rost, J. & Schiefele, U. (Hrsg.), PISA 2003: Der Bildungsstand<br />

der Jugendlichen in Deutschland – Ergebnisse des zweiten internationalen Vergleiches (S. 314-354). Münster:<br />

Waxmann.<br />

Messner, R. (2009). Bausteine eines kognitiv aktivierenden Fachunterrichts. In Bosse, D. (Hrsg.), Gymnasiale Bildung<br />

zwischen Kompetenzorientierung und Kulturarbeit (S. 140). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

122


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 4 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum T2 204<br />

Rolf Schwonke<br />

Ein Changing-Emphasis-Ansatz beim Lernen aus multiplen externen<br />

Repräsentationen<br />

Albert-Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg<br />

rolf.schwonke@psychologie.uni-freiburg.de<br />

Vielen Lernenden fällt es schwer, sich selbständig Wissen aus multi-repräsentationalen Lernmaterialien<br />

(z.B. illustrierte Sachtexte) anzueignen. Metakognitive Defizite (z.B. Überwachung des<br />

eigenen Lernens) sowie Defizite der Selbstregulation (z.B. der Aufmerksamkeit auf dem Lernmaterial)<br />

können diese Schwierigkeiten teilweise erklären. Beim Erlernen komplexer dynamischer<br />

Abläufe (z.B. Steuern eines Kampfjets) haben sich so genannte Changing-Emphasis Trainings<br />

bewährt (z.B. Gopher, 1993). Bei diesem Trainingsansatz werden die Übenden in aufeinanderfolgenden<br />

Durchgängen (z.B. während einer Simulation) gebeten, ihre Aufmerksamkeit auf unterschiedliche<br />

Einzelaspekte der Gesamtsituation zu richten; die (Komplexität der) Situation selbst<br />

wird dabei nicht verändert. In einer empirischen Studie haben wir untersucht, ob sich ein Changing-Emphasis<br />

Ansatz auf das Lernen aus komplexem statischem Lernmaterial übertragen lässt.<br />

Die Teilnehmenden (zwei Gruppen, between-subject Design) erarbeiteten sich Basiswissen zur<br />

technischen Analyse von Wertpapieren anhand von Aktiencharts. Jeder Chart (Visualisierung<br />

eines Kursverlaufs) wurde dabei jeweils um zwei weitere Diagramme (sog. technische Indikatoren)<br />

ergänzt. Eine adäquate Analyse der jeweiligen Marktsituation (z.B. Trendbruch) erforderte<br />

die Integration des Aktiencharts und beider technischer Indikatoren. Teilnehmende der Changing-Emphasis-Gruppe<br />

(n = 12) wurden instruiert, ihre Aufmerksamkeit in aufeinanderfolgenden<br />

Chartbeispielen auf jeweils nur einen Zusammenhang zwischen Aktienchart und einem der beiden<br />

technischen Indikatoren zu richten; eine Kontrollgruppe (n = 13) arbeitete mit dem gleichen<br />

Lernmaterial, jedoch ohne spezielle Anweisung. Während der Lernphase wurde die Verteilung<br />

der Aufmerksamkeit auf dem Lernmaterial erfasst (Eyetracking). In einem nachfolgenden Lernerfolgstest<br />

konnte die Changing-Emphasis-Gruppe bei ähnlichen Beispielen (naher Transfer) die<br />

Marktsituation besser analysieren als die Kontrollgruppe. Vorläufige Analysen der Eyetracking-<br />

Daten zeigten Gruppenunterschiede u.a. in der Anzahl von Blickwechseln zwischen Charts und<br />

technischen Indikatoren. In Mediatoranalysen soll geklärt werden, in wieweit sich Unterschiede<br />

im Lernerfolg durch Unterschiede in der Verteilung der Aufmerksamkeit erklären lassen. Implikationen<br />

für Theorie und Praxis (z.B. Empfehlungen zum Selbststudium) werden diskutiert.<br />

Gopher, D. (1993). The Skill of Attention Control: Acquisition and Execution of Attention Strategies. In D. E. Meyer,<br />

& S. Kornblum, Attention and Performance XIV. Synergies in Experimental Psychology, Artificial Intelligence,<br />

and Cognitive Neuroscience (S. 299-322).<br />

123


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 4 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum T2 204<br />

Rahel Grüninger<br />

Mehrdeutige Theorien und widersprüchliche Befunde: Welchen Einfluss<br />

haben situative und personale Bedingungen auf die Verarbeitungstiefe?<br />

<strong>Universität</strong> Koblenz-Landau<br />

grueninger@uni-landau.de<br />

Lange Zeit vermittelten Museen in erster Linie Wissen, das von Experten des jeweiligen Forschungsbereichs<br />

als gültig anerkannt wird und über das deshalb unbestreitbarer Konsens besteht.<br />

Heutzutage jedoch kennzeichnet ein rasanter Wissenszuwachs die aktuelle Wissenschaft,<br />

sodass häufig nicht mehr auf eindeutig gesichertes, konsistentes Wissen zurückgegriffen wird.<br />

Um Ausstellungskonzepte zu entwickeln, die bei den Museumsbesuchern eine differenzierte<br />

Betrachtung inkonsistenter Sachverhalte anregen und unterstützen, brauchen Museen Kenntnisse,<br />

wie diese mit Informationen zu uneindeutigen Befundlagen umgehen. Überdies brauchen sie<br />

Wissen darüber, welche personalen und situativen Faktoren eine gewinnbringende Rezeption<br />

unterstützen. Hierzu soll diese Studie einen Beitrag leisten.<br />

Es wird angenommen, dass die Verarbeitung von Informationswidersprüchen sowohl von persönlichen<br />

Voraussetzungen (situationales Interesse, epistemologischen Überzeugungen, Ambiguitätstoleranz,<br />

Selbstwirksamkeitsannahmen) der Rezipienten abhängt als auch durch situative<br />

Bedingungen (Art der räumlichen Informationsanordnung) beeinflusst wird (Mayer, 2001, Schiefele,<br />

2009; Bromme, Kienhues & Stahl, 2008). In zwei naturwissenschaftlich-technisch und einem<br />

kulturhistorisch orientierten Museen wurden Textpaare, die einen Sachverhalt kontrovers darstellen,<br />

ausgestellt. Dabei wurde manipuliert, in welcher räumlichen Nähe die Texte zueinander<br />

standen. Mittels halbstrukturierter Interviews und Kurzfragebogen wurden bei 323 Besuchern<br />

der Umgang mit der konflikthaften Information sowie die oben genannten Personenmerkmale<br />

erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass die überwältigende Mehrheit der Museumsbesucher den<br />

Konflikt wahrnimmt und ein großer Teil bereit ist, konflikthafte Informationen auf tieferer Ebene<br />

zu verarbeiten, wobei eine räumlich nahe Präsentation tiefere Verarbeitung unterstützt. Außerdem<br />

fördern sowohl reifere epistemologischen Überzeugungen, eine höhere Ambiguitätstoleranz<br />

als auch positive Selbstwirksamkeitsannahmen situationales Interesse an konflikthafter<br />

Information. Ein hohes situationales Interesse unterstützt wiederum die Tendenz, tiefer zu verarbeiten.<br />

Bromme, R., Kienhues, D., & Stahl, E. (2008). Knowledge and epistemological beliefs: An intimate but complicate<br />

relationship. In M. S. Khine (Ed.), Knowing, Knowledge and Beliefs (S. 423-441). New York: Springer.<br />

Mayer, R.E. (Ed.) (2001). Multimedia Learning. New York. Cambridge University Press.<br />

Schiefele, U. (2009). Situational and individual interest. In: K.R. Wentzel & A. Wigfield (Eds.), Handbook of motivation<br />

at school, (S. 197–222). New York: Taylor and Francis.<br />

124


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 4 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum T2 204<br />

Sascha Ziegelbauer<br />

Kognitive Aktivität – Ein Konzept zur Charakterisierung von Lernprozessen<br />

Friedrich-Schiller-<strong>Universität</strong> Jena<br />

sascha.ziegelbauer@uni-jena.de<br />

Kognitive Lernprozesse dienen der Informationsverarbeitung mithilfe der Modifikation bestehender<br />

und Entwicklung neuer Wissensstrukturen (vgl. Zimbardo, 2003). Diese können in zwei<br />

Klassen eingeteilt werden. Zu den organisierenden Prozessen (1) zählen selektive und fokussierende<br />

Aufmerksamkeitsprozesse, ebenso wie Informationen reduzierende und zusammenfassende<br />

Prozesse. Weiter sind zur Bildung und Modifikation von Wissenstrukturen Elaborationsprozesse<br />

(2) von Bedeutung. Hier können nachvollziehende und vertiefende Elaboration<br />

unterschieden werden (vgl. Seidel, Rimmele & Dalehefte, 2003). Das Konzept der kognitiven<br />

Aktivität bezeichnet dabei die Ausprägungsstärke (quantitativer Aspekt) der charakteristischen<br />

Prozesse (qualitativer Aspekt) (vgl. Ziegelbauer, 2012).<br />

Im Vortrag wird der Ansatz am Beispiel einer Untersuchung vorgestellt, die im Rahmen des DFG-<br />

Projekts „Förderung von Lernkompetenz auf der Basis des Portfolioansatzes“ durchgeführt wurde.<br />

Schülerinnen und Schüler schätzten unmittelbar nach der Bearbeitung von kompetenzorientierten<br />

Physikaufgaben mittels eines Kurzfragebogens ein, welche Lernprozesse eingesetzt wurden<br />

und welche Emotionen sie erlebten. Zentral werden die beiden folgenden Forschungsfragen<br />

im Vortrag diskutiert: (a) Weisen Aufgaben unterschiedlicher Anforderungsniveaus jeweils charakteristische<br />

Lernprozessmuster auf? (b) Zeigen sich Zusammenhänge zwischen den verschiedenen<br />

Lernprozessen und den während der Aufgabenbearbeitung erlebten Emotionen?<br />

125


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 4 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | Raum T2 204<br />

Irene T. Skuballa, Nicole Dillner, Sabina Panetta, Alexander Renkl<br />

Lassen sich Bewegungen im statischen Material durch ein Blickbewegungstraining<br />

induzieren?<br />

Albert-Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg<br />

skuballa@psychologie.uni-freiburg.de<br />

Lernende sehen sich häufig vor die Aufgabe gestellt, aus statischen Bildern Bewegungen ableiten<br />

zu müssen. Eine Möglichkeit Bewegungen im Bildmaterial zu „induzieren“, bietet das Cueing, z.B.<br />

durch Hinzufügen von Pfeilen. Allerdings birgt diese Methode auch Nachteile, da Cues missverstanden<br />

werden können und weiteren Verarbeitungsaufwand bedeuten. Vorangestellte Trainings<br />

könnten Bewegungen verstehen helfen, ohne Lernende durch zusätzliche Informationen<br />

während der Lernphase zu überfordern (De Koning & Tabbers, 2011). Abgeleitet aus Befunden<br />

zum Problemlösen (Thomas & Lleras, 2007), wurde in der vorliegenden Untersuchung vor der<br />

Lernphase ein nonverbales Training der Blickbewegungen durchgeführt, um seine Wirkung auf<br />

das Lernen aus statischem Material zu untersuchen. 44 Studierende wurden randomisiert der<br />

Trainingsgruppe oder der Kontrollgruppe zugeteilt. Die Erhebungen erfolgten in Einzelsettings<br />

unter Aufzeichnung von Blickbewegungen. Vor der Lernphase wurde die Trainingsgruppe gebeten,<br />

einem Stimulus auf einer inhaltsfreien Seite mit den Augen zu folgen, wobei sie an dieser<br />

Stelle nicht über Sinn und Zweck des Trainings informiert wurde. Sodann folgte die Lernphase für<br />

beide Gruppen. Hierbei wurde ein statisches Bild eines Kraftwerks präsentiert, das aus drei ineinandergreifenden<br />

Zyklen bestand. Die Funktionsweise des Kraftwerks wurde durch eine weibliche<br />

Stimme erklärt („Narration“). Der Lernerfolg wurde in Anlehnung an den Structure-Process-<br />

Function-Ansatz von Kalyuga und Hanham (2011) erhoben. Ergänzend wurden themengebundenes<br />

Interesse und die Arbeitsgedächtnisspanne erfasst.<br />

Erwartungskonform wies die Trainingsgruppe einen signifikant höheren Lernerfolg zu Prozessen<br />

und (marginal auch zu) Funktionen des Kraftwerks auf. In Bezug auf Strukturen zeigte sich kein<br />

Gruppenunterschied. Weiterhin fand sich ein positiver Zusammenhang zwischen Gesamtlernerfolg<br />

und Arbeitsgedächtnisspanne sowie Gesamtlernerfolg und situationalem Interesse. Hierbei<br />

bekundete die Kontrollgruppe mehr wertbezogenes Interesse gegenüber dem dargestellten<br />

Lerninhalt. Vorläufige Analysen der Blickbewegungsdaten weisen keinen Gruppenunterschied<br />

hinsichtlich der kumulierten Fixationsdauer auf narrations-kongruente Bereiche auf. Insgesamt<br />

bleibt festzuhalten, dass sich ein Blickbewegungstraining zu Bewegungen positiv auf das Verstehen<br />

von Prozessen und Funktionen auswirken kann.<br />

126


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 4 | 17:45 Uhr – 18:25 Uhr | Raum T2 204<br />

Elisabeth Reichersdorfer 1 , Kristina Reiss 1 , Stefan Ufer 2 , Freydis Vogel 1 , Frank Fischer 2 , Ingo<br />

Kollar 2<br />

Problembasierte Lernumgebungen mit unterschiedlichem Grad<br />

instruktionaler Unterstützung zur Förderung mathematischer Argumentationskompetenz<br />

1 Technische <strong>Universität</strong> München, 2 Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

elisabeth.reichersdorfer@tum.de<br />

Der Einstieg in die akademische Mathematik stellt für Studienanfänger eine Hürde dar, die vor allem<br />

durch neue Arbeitsweisen an der <strong>Universität</strong> bedingt ist. Ein Aspekt ist die Art der mathematischen<br />

Argumentation. Hier geht es darum, individuell und kooperativ eine mathematische Aussage zu generieren<br />

und evaluieren, nach adäquaten Argumenten zu suchen und sie zu einer deduktiven Beweiskette<br />

zusammenzuführen.<br />

Zur Förderung derartig komplexer Fähigkeiten erwiesen sich problembasierte Lernumgebungen,<br />

charakterisiert durch kooperative, selbstgesteuerte Arbeit an einem authentischen Problem, als geeignet.<br />

Meist sollen Lernende in diesen Lernumgebungen ohne instruktionale Unterstützung Probleme<br />

lösen. Aber auch Maßnahmen mit viel Unterstützung zeigen Potenzial. So haben sich heuristische<br />

Lösungsbeispiele, in denen auch der Problemlöseprozess präsentiert wird (Reiss & Renkl, 2002), als<br />

effektiv erwiesen. Einen weiteren Ansatz stellen prozessgestützte Lösungsbeispiele mit zusätzlichen<br />

prozessbezogenen Informationen dar, deren Wirksamkeit z.B. in Kombination mit Leitfragen bestätigt<br />

werden konnte (Nadolski et al., 2006). Diese Unterstützungsmaßnahmen wurden bisher jedoch meist<br />

in Einzellernumgebungen evaluiert. So bleibt die Frage offen, welcher Grad an instruktionaler Unterstützung<br />

in problembasierten Lernumgebungen für die Förderung verschiedener Facetten mathematischer<br />

Argumentationskompetenz geeignet ist.<br />

Zwei dieser Bedingungen wurden in einer ersten Studie in problembasierten Lernumgebungen realisiert:<br />

Speziell für die Aneignung mathematischer Argumentationskompetenz auf einem niedrigen<br />

Niveau waren heuristische Lösungsbeispiele effektiver als Problemlösen, wohingegen für Fähigkeiten<br />

auf einem höheren Niveau die eingesetzten heuristischen Lösungsbeispiele bei leistungsschwachen<br />

Lernern am wenigsten geeignet waren (Reichersdorfer et al., 2012). Der Einsatz von Leitfragen scheint<br />

für eine Maßnahme mit mittlerem Grad an Unterstützung hilfreich, wurde aber hier noch nicht untersucht.<br />

Basierend auf diesen Vorarbeiten wurden in einer zweiten Studie (N=107) die eingesetzten Lernumgebungen<br />

durch konzeptuell einfacher gestaltete heuristische Lösungsbeispiele angepasst und es<br />

wurde eine zusätzliche Bedingung eingeführt, in der die Lerner, ähnlich zur den Leitfragen, prozessgestützte<br />

Hinweise erhielten. Im Vortrag werden das Design der Studie und erste Ergebnisse berichtet.<br />

Nadolski, R. J., Kirschner, P. A., & van Merriënboer, J. (2006). Process support in learning tasks for acquiring complex<br />

cognitive skills in the domain of law. Learning and Instruction, 16, 266–278.<br />

Reichersdorfer, E., Vogel, F., Fischer, F., Kollar, I., Reiss, K. & Ufer, S. (2012). Different Collaborative Learning Settings<br />

to Foster Mathematical Argumentation Skills. In: Tso, T. Y. (Hrsg), Proceedings of the 36th Conference of<br />

the International Group for the Psychology of Mathematics Education, Vol 3 (S. 345-352), Taipei, Taiwan: PME.<br />

Reiss, K., & Renkl, A. (2002). Learning to prove: The idea of heuristic examples. Zentralblatt für Didaktik der Mathematik,<br />

34(1), 29–35.<br />

127


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 5 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum T2 208<br />

Almut Thomas 1 , Barbara Hopf 2 , Kurt Allabauer 3<br />

Die Motivation zu vorurteilsfreiem Verhalten bei Lehramtsstudierenden<br />

1 Pädagogische Hochschule Kärnten, 2 Pädagogische Hochschule Steiermark, 3 Pädagogische<br />

Hochschule Niederösterreich<br />

almut.thomas@ph-kaernten.ac.at<br />

Die PISA-Studie und andere international angelegte large scale assessments belegen, dass Schüler<br />

und Schülerinnen mit Migrationshintergrund und/oder niedrigem sozioökonomischen Status<br />

deutlich schlechtere Leistungen erbringen als Kinder der Mittel- oder Oberschicht (Breit, 2009;<br />

Walter & Taskinen, 2007). Diese Bildungsbenachteiligung lässt sich durch ein Zusammenspiel<br />

unterschiedlicher Faktoren erklären, in dem neben gesellschaftlichen Normen und institutionellen<br />

Strukturen auch die Einstellungen und Werthaltungen von Lehrer/innen eine bedeutsame<br />

Rolle spielen. Da die Einstellungen und Werthaltungen der Studierenden am Studienbeginn<br />

einerseits eher stabile Merkmale sind und andererseits den Lernerfolg fördern, stellen sie eine<br />

bedeutsame Voraussetzung für eine erfolgreiche Ausbildung dar (Habermann & Post, 1998;<br />

Villegas, 2007). Aufgrund von Selbstselektionsprozessen unterscheiden sich Studierende unterschiedlicher<br />

Studienrichtungen bereits zu Studienbeginn in ihren Einstellungen und Werthaltungen<br />

(Chatard & Selimbegovic, 2007; Hastie, Brianne, 2007). In der vorliegenden Studie (N = 576)<br />

wurden a-priori Unterschiede in der Motivation zu vorurteilsfreiem Verhalten im Sinne der Vorurteilstheorie<br />

von Dunton und Fazio (1997) und der Selbstbestimmungstheorie von Deci und<br />

Ryan (2008; vgl. Legault, Green-Demers, Grant, & Chung, 2007) und in universalistischen Werthaltungen<br />

im Sinne von Schwartz (1994) von Lehramtsstudierenden und Studierenden der Wirtschaftswissenschaften<br />

verglichen. Die Ergebnisse zeigten signifikante Unterschiede zwischen<br />

Studierenden der Wirtschaftswissenschaften und Studierenden sozialer Fächer, nicht jedoch<br />

zwischen den Studierenden unterschiedlicher sozialwissenschaftlicher Studienzweige.<br />

Breit, S. (2009). Kompetenzen von Kindern mit Migrationshintergrund in Österreich. In: B. Suchan, et al. (Hg.,<br />

2009), S. 42 – 43.<br />

Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2008). Self-determination theory: A macrotheory of human motivation, development,<br />

and health. Canadian Psychology/Psychologie canadienne, 49(3), 182–185.<br />

Hastie, Brianne. (2007). Higher education and sociopolitical education: The role of social influence in the liberalisation<br />

of students. European Journal of Psychology of Education, 22(3), 259–274.<br />

Villegas, A. M. (2007). Dispositions in Teacher Education: A Look at Social Justice. Journal of Teacher Education,<br />

58(5), 370–380.<br />

128


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 5 | 14:15 Uhr – 14:55 Uhr | Raum T2 208<br />

Tobias Rausch 1 , Constance Karing 2 , Tobias Dörfler 3 , Cordula Artelt 1<br />

Überschätzung von Schülerleistungen durch Lehrkräfte. Ein Effekt der<br />

Persönlichkeitsähnlichkeit?<br />

1 Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg, 2 Friedrich-Schiller-<strong>Universität</strong> Jena, 3 Pädagogische<br />

Hochschule Heidelberg<br />

tobias.rausch@uni-bamberg.de<br />

Bei der Beurteilung von Schülerleistungen durch Lehrkräfte spielen häufig nicht nur leistungsrelevante<br />

Schülermerkmale eine Rolle. Im Hinblick auf das Attraction-Paradigma (Byrne, 1971)<br />

kann erwartet werden, dass Schüler, die ihren Lehrern ähnlich sind, umso positiver eingeschätzt<br />

werden. Hierzu wurde die Persönlichkeitsähnlichkeit von Schülern und deren Lehrkräften auf<br />

ihre Relevanz für Urteilsgüte und Urteilsspezifität untersucht. Bei 198 Dyaden von Deutschlehrkräften<br />

der Sekundarstufe und ihren Schülern wurden Persönlichkeitseigenschaften erhoben<br />

und mittels Intraklassenkorrelationen Ähnlichkeitsmaße berechnet. Außerdem liegen globale<br />

sowie aufgabenspezifische Einschätzungen zu Schülerleistungen im Textverstehen vor.<br />

Auf der Ebene des globalen Urteils kann gezeigt werden, dass Ähnlichkeit zwischen Lehrkraft<br />

und Schüler auch unter Kontrolle der tatsächlichen Schülerleistung das Lehrerurteil beeinflusst.<br />

Eine größere Ähnlichkeit zwischen Schüler und Lehrkraft geht mit größerer Überschätzung der<br />

Leistungen einher. Diese Befunde zeigen sich für aufgabenspezifische Einschätzungen hingegen<br />

nicht in dieser Deutlichkeit. Insgesamt legen die Ergebnisse den Schluss nahe, dass mit der Persönlichkeitsähnlichkeit<br />

ein potentieller Moderator der Urteilsgüte gefunden wurde, der darüber<br />

hinaus auch hinsichtlich der Spezifität der Urteile unterschiedliche Relevanz besitzt. Der gefundene<br />

Einfluss von fachfremden Aspekten auf die Einschätzung von Schülerleistungen spricht für<br />

eine Verstärkung der pädagogisch-psychologischen Diagnostik in der Aus- und Weiterbildung<br />

von Lehrkräften.<br />

Byrne, D. (1971). The attraction paradigm. New York: Academic Press.<br />

129


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 5 | 15:00 Uhr – 15:40 Uhr | Raum T2 208<br />

Monika Oberle 1 , Georg Weißeno 2 , Eva Weschenfelder 2<br />

Motivationale Orientierungen (angehender) Politiklehrkräfte<br />

1 Georg-August-<strong>Universität</strong> Göttingen, 2 Pädagogische Hochschule Karlsruhe<br />

moberle@uni-goettingen.de<br />

Motivationale Orientierungen von Lehrpersonen lassen sich als eigenständige Facette ihrer professionellen<br />

Kompetenz begreifen, die im Unterrichtshandeln mit Professionswissen, Werthaltungen<br />

und Überzeugungen interagiert. Motivationalen Dispositionen wird eine „handlungsleitende<br />

Funktion“ (Kunter, Klusmann & Baumert, 2009, S. 157) zugesprochen. Eine wichtige Komponente<br />

hierbei sind Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, also die „zuversichtliche Erwartung,<br />

künftige Problemsituationen durch adaptive Handlungsmöglichkeiten gezielt bewältigen zu<br />

können, obwohl Schwierigkeiten oder Barrieren auftreten“ (Schulte, Bögeholz & Watermann,<br />

2008, S. 271). Sie gelten als bedeutsam für Ausdauer und Engagement im Beruf sowie den<br />

Schutz vor Burnout und Depression und beeinflussen die Auswahl von fachdidaktischen Strategien.<br />

Allerdings bestehen hier, nicht nur, aber in besonderem Maße für die Politikdidaktik, weitreichende<br />

Forschungsdefizite (Baumert & Kunter, 2006; Rothland & Terhart, 2010; Oberle, 2012;<br />

Oberle, Weißeno & Weschenfelder, 2012).<br />

Im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojekts zur professionellen Politiklehrerkompetenz an<br />

der <strong>Universität</strong> Göttingen und der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe (PKP-Studie) befasst sich<br />

eine Teilstudie mit den motivationalen Orientierungen der (angehenden) Lehrkräfte. Als weitere<br />

Kompetenzdimensionen wurden, in Anlehnung an die COACITV-Studie und die MT21-Studie der<br />

Domäne Mathematik, Professionswissen und beliefs unterschieden und domänenspezifisch<br />

operationalisiert. Befragt wurden über 800 (angehende) Fachlehrer/-innen, von denen sich eine<br />

Gruppe noch in der Hochschulausbildung, eine zweite im Referendariat und eine weitere im<br />

aktiven Lehrerberuf befindet. Als motivationale Orientierungen wurden u. a. fachliches Interesse,<br />

Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und Berufswahlmotive erfasst. Der Vortrag stellt in Form<br />

von latenten Regressionen und Pfadmodellen Ergebnisse zum Einfluss verschiedener Hintergrundvariablen,<br />

wie Geschlecht, Noten und Schulform, auf die motivationalen Orientierungen in<br />

den einzelnen Untersuchungsgruppen vor und zeigt ausgewählte Zusammenhänge mit den anderen<br />

Kompetenzfacetten auf.<br />

Baumert, J., & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaften,<br />

9 (4), 469-520.<br />

Lipowsky, F. (2006). Auf den Lehrer kommt es an. Empirische Evidenzen für Zusammenhänge zwischen Lehrerkompetenzen,<br />

Lehrerhandeln und dem Lernen der Schüler. In C. Allemann-Ghionda & E. Terhart (Hg.), Kompetenzen<br />

und Kompentenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern. Ausbildung und Beruf (S. 47-70). Weinheim/Basel:<br />

Beltz.<br />

Rothland, M., & Terhart, E. (2010). Forschung zum Lehrerberuf. In R. Tippelt & B. Schmidt (Hg.), Handbuch Bildungsforschung<br />

(3. Aufl.) (S. 791-812). Wiesbaden: VS Verlag.<br />

Schulte, K., Bögeholz, S., & Watermann, R. (2008). Selbstwirksamkeitserwartungen und Pädagogisches Professionswissen<br />

im Verlauf des Lehramtsstudiums. Zeitschrift für Erziehungswissenschaften, 11 (2), 268-287.<br />

130


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 5 | 16:15 Uhr – 16:55 Uhr | Raum T2 208<br />

Brigitte Steinert, Johannes Hartig, Jan Hochweber, Eckhard Klieme<br />

Zur Messung von Lehrerkooperation. Dimensionalität und Konsistenz des<br />

Konzepts<br />

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />

steinert@dipf.de<br />

Mit Bezug auf die Forschung zur Lehrerkooperation und professionelle Lerngemeinschaften und<br />

die Literatur zur Lehrerprofessionalität wird in diesem Beitrag der Frage nachgegangen, ob sich<br />

ein auf diesen theoretischen Ansätzen basierendes, kriterienorientiertes Messinstrument der<br />

Lehrerkooperation empirisch fundieren lässt. Dazu wird erstens untersucht, ob sich die Lehrerkooperation<br />

in Fachkollegien als eindimensionales Konstrukt abbilden lässt und der hierarchischen<br />

Struktur der Daten Rechnung trägt. Zweitens wird geprüft, inwieweit sich diese Dimension<br />

durch theoretisch begründete Kooperationsanforderungen beschreiben lässt. Drittens wird<br />

analysiert, ob die empirisch ermittelten Schwierigkeiten der Kooperationsanforderungen über<br />

Fächer und Stichproben konsistent sind. Viertens wird schließlich gefragt, inwieweit die Kooperationsniveaus<br />

zwischen Fächern korrelieren, um zu prüfen, ob es eine fächerübergreifende<br />

Kooperationskultur innerhalb von Schulen gibt.<br />

Theoretischer Hintergrund für die Modellierung von Kooperationsmerkmalen und –<br />

anforderungen ist die Literatur, die Form und Inhalt der Lehrerkooperation organisationstheoretisch<br />

und professionstheoretisch beschreibt (Baumert/Kunter 2006; Bromme 1997;<br />

Louis/Leithwood 1998; Spieß 2004). In der Schulentwicklungs- und Schuleffektivitätsforschung<br />

wird der Lehrerkooperation als Schulmerkmal eine große Bedeutung für das Lernen von Schülerinnen<br />

und Schülern, insbesondere aber von Lehrkräften zugeschrieben, wiewohl die empirischen<br />

Ergebnisse zum Zusammenhang mit verschiedenen schulischen Ergebniskriterien nicht<br />

konsistent sind. Dieser Beitrag will dieses Konzept konzeptuell klären und empirisch validieren.<br />

Datenbasis der Analysen sind die Befragung der Fachkollegien Deutsch und Englisch in der DESI-<br />

Studie sowie die Befragung des Fachkollegiums Deutsch in der nationalen Erweiterung der PISA<br />

2009-Studie. Die Skalierung der Kooperationsitems und Prüfung der Dimensionalität erfolgt<br />

mittels einer Zwei-Ebenen-Faktorenanalyse mit Mplus. Mit einer Regressionsanalyse werden die<br />

empirisch ermittelten Kooperationsschwierigkeiten durch die theoretisch postulierten Anforderungen<br />

vorhergesagt. Korrelationsanalysen überprüfen die Konsistenz der empirisch ermittelten<br />

Koopertionsschwierigkeiten und –niveaus über Fächer und Schulen.<br />

Baumert J. and M. Kunter (2006), "Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften“, Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

Vol. 9, No. 4, pp. 469–520.<br />

Bromme, R. (1997): Kompetenzen, Funktionen und unterrichtliches Handeln des Lehrers. In F. E. Weinert (Eds.),<br />

Psychologie des Unterrichts und der Schule (177-212). Göttingen: Hogrefe.<br />

Spiess, E. (2004). Kooperation und Konflikt. In H. Schuler (Hrsg.): Organisationspsychologie – Gruppe und Organisation.<br />

Göttingen: Hogrefe, 193-247.<br />

Steinert, B., Klieme, E., Maag Merki, K., Döbrich, P., Halbheer, U. & Kunz, A. (2006). Lehrerkooperation in der<br />

Schule. Konzeption, Erfassung, Ergebnisse. Zeitschrift für Pädagogik, 52(2), 185-204.<br />

131


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 5 | 17:00 Uhr – 17:40 Uhr | Raum T2 208<br />

Anne Köker<br />

Bedeutungen obligatorischer Zusammenarbeit von Lehrerinnen und<br />

Lehrern. Eine neue Perspektive auf Professionelle Lerngemeinschaften<br />

<strong>Universität</strong> Rostock<br />

anne.koeker@uni-rostock.de<br />

Kooperation von LehrerInnen wird im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs als Grundvoraussetzung<br />

für Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozesse (vgl. Rolff 2006), aber ebenso als wesentlicher Aspekt<br />

in Bezug auf die professionelle Entwicklungsfähigkeit der individuellen Lehrkraft (Altrichter/Posch<br />

2007) gesehen. Kollegiale Zusammenarbeit hat dementsprechend eine institutionelle als auch eine<br />

individuelle Relevanz. Die Ergebnisse der wichtigsten Untersuchungen zum Thema (vgl. Fussangel/Gräsel<br />

2011)) ergeben jedoch: In der deutschsprachigen Schulwirklichkeit arbeiten LehrerInnen in<br />

Bezug auf ihre Unterrichtstätigkeit in verschwindendem Maße kooperativ. Und die Erfolge darin,<br />

LehrerInnen zur Kooperation anzuregen, sind so gering, dass ein solches Bestreben als „Aufgabe für<br />

Sisyphos“ (Gräsel u.a. 2006) bezeichnet wird. Eine Verpflichtung von LehrerInnen zur Kooperation gilt<br />

als Tabu (Horster/Rolff 2001). In der vorzustellenden Studie wurde eine unter diesen Prämissen außergewöhnliche<br />

Interaktion untersucht: eine für die LehrerInnen obligatorische, weil institutionalisierte<br />

Form der Interaktion. Die Zusammenarbeit ist für die LehrerInnen deshalb verbindlich, weil mindestens<br />

zwei LehrerInnen dieselbe Lerngruppe in demselben Fach unterrichten. Die Interaktion vollzieht<br />

sich im Rahmen einer alternierenden Unterrichtsstruktur in Form von sog. „Übergaben“.<br />

In der Studie wurden neun Unterrichtsteams einer nordrhein-westfälischen Schule des tertiären Sektors<br />

im Rahmen von drei qualitativen Teilstudien untersucht:<br />

Dabei wurde untersucht, (1) ob die Interaktion unter LehrerInnen, die auf einer institutionellstrukturell<br />

evozierten und obligatorischen Basis zustande kommt, die Kriterien erfüllt, die an eine<br />

anspruchsvolle Kooperation resp. an eine Professionelle Lerngemeinschaft gestellt werden, (2) ob<br />

eine solche Kooperation die beteiligten LehrerInnen in ihrer Autonomie einschränkt und (3) wie be-<br />

oder entlastend sich eine solche Zusammenarbeit für die beteiligten AkteurInnen gestaltet.<br />

Dabei standen nicht nur Lehrerselbstaussagen sondern konkrete Interaktionsakte von LehrerInnen im<br />

Zentrum. Die Untersuchungsgrundlage bilden transkribierte Daten sowohl aus Audio-Aufnahmen von<br />

59 Lehrerinteraktionen (Übergaben) als auch von halbstandardisierten Interviews mit zehn LehrerInnen.<br />

Diese Daten wurden unter den oben genannten Fragestellungen als Leitmotiv in je einer Teilstudie<br />

inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Ergebnisse der drei Teilstudien liefern u.a. massive Anhaltspunkte<br />

für eine Erweiterung des Konstruktes PLG, für eine Revision der Bedeutung des Autonomiebedarfs<br />

von LehrerInnen und für die Berücksichtigung des Faktors „Verantwortung“ in der Lehrerkooperations-<br />

und belastungsforschung.<br />

Altrichter, Herbert; Posch, Peter (2007): Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht. Unterrichtsentwicklung<br />

und Unterrichtsevaluation durch Aktionsforschung. 4., überarb. und erw. Aufl. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Fussangel, Kathrin; Gräsel, Cornelia (2011): Forschung zur Kooperation im Lehrerberuf. In: Ewald Terhart, Hedda<br />

Bennewitz und Martin Rothland (Hg.): Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf. Münster [u.a.]: Waxmann, S.<br />

667–682.<br />

Horster, Leonhard; Rolff, Hans-Günter (2001): Unterrichtsentwicklung. Grundlagen, Praxis, Steuerungsprozesse.<br />

Weinheim u. Basel: Beltz.<br />

Köker, Anne (2012): Bedeutungen obligatorischer Zusammenarbeit von Lehrerinnen und Lehrern. Eine neue Perspektive<br />

auf Professionelle Lerngemeinschaften. Bad Heilbrunn: Klinkhardt (in Vorbereitung zum Druck).<br />

132


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 5 | 17:45 Uhr – 18:25 Uhr | Raum T2 208<br />

Harry Kullmann<br />

Zeitmangel und verbessertes Zeitmanagement als Bedingungsfaktoren von<br />

Lehrerkooperation<br />

Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

harry.kullmann@tu-dortmund.de<br />

Lehrerkooperation ist eine potenziell wirkungsmächtige Prozessvariable auf Schulebene (vgl. z.B.<br />

Baum, Idel & Ullrich 2012). Theoretisch beschreiben lässt sich Kooperation als konstruktive,<br />

zielbezogene Interaktion mindestens zweier Organisationseinheiten. Während einige Faktoren<br />

gelingender Kooperation auf der Individualebene liegen, z.B. die Fähigkeit zur konstruktiven<br />

Kommunikation, werden andere Faktoren gemeinsam mit dem organisatorischen Umfeld determiniert.<br />

Ein Beispiel für den zweiten Typ ist die für Kooperation verfügbare Zeit. Deren Mangel<br />

wird von Lehrkräften häufig als Grund für nicht gelingende Kooperation genannt (z.B. Kullmann<br />

2010). Die Ursachenzuschreibung erfolgt dann eher zu Lasten übergeordneter Strukturen,<br />

z.B. in Bezug auf die Unterrichtsverpflichtung. Nach Lortie (1975) können solche Aussagen als<br />

ritualisierte Klagen charakterisiert werden.<br />

Die vorliegende Studie verfolgt drei Forschungsziele: Zum ersten zu erheben, inwiefern Lehrpersonen<br />

eine Zeitknappheit als Hindernis für Kooperationen einstufen. Zum zweiten zu ermitteln,<br />

inwiefern die gleichen Lehrkräfte eine Möglichkeit sehen, durch verbessertes Zeitmanagement<br />

an ihrer Schule mehr Kooperation zu ermöglichen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Lehrpersonen<br />

das Zeitmanagement an ihrer Schule nicht ultimativ steuern, aber eine gemeinsame Reflexionen<br />

über eine optimierte Zeitnutzung anregen können. Zum dritten wird der Einfluss verschiedener<br />

Hintergrundvariablen (z.B. Geschlecht oder Schulform) untersucht.<br />

Datenbasis sind Fragebogenitems, die von 1.075 Lehrpersonen aus 82 Schulen (16 Grund-, 50<br />

Hauptschulen, 16 Gymnasien) beantwortet wurden. Der Anteil fehlender Werte war mit 3,3%<br />

gering und eine Vervollständigung des Datensatzes erfolgt mit dem EM-Algorithmus. Soweit<br />

angemessen wurden Mehrebenen¬ana¬¬lysen durchgeführt.<br />

Die Studie bestätigt die Annahme, wonach Zeitknappheit ein Hindernis für Kooperation darstellt.<br />

16% der Varianz liegen auf Schulebene (großer Effekt); zudem zeigen sich Schulformunterschiede.<br />

Eine Mehrheit der Lehrkräfte sieht zugleich Möglichkeiten für ein besseres Zeitmanagement<br />

zugunsten von Kooperation. Die Konfundierung von Kritik und Wahrnehmung eines Verbesserungspotenzials<br />

(Eta-Quadrat: 21%) unterstreicht die Handlungsoptionen auf individueller und<br />

schulischer Seite. Im Vortrag werden u.a. weitere Ergebnisse zur Bedeutung von Hintergrundvariablen<br />

vorgestellt.<br />

133


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 6 | 13:30 – 14:10 Uhr | Raum S2 137<br />

Manuela Leidinger, Franziska Perels<br />

Konzeption und Evaluation einer selbstregulationsförderlichen Lernumgebung<br />

für Schüler des Primarbereichs<br />

<strong>Universität</strong> des Saarlandes<br />

manuela.leidinger@mx.uni-saarland.de<br />

Die Zielsetzung der Studie bestand darin, fächerübergreifende Arbeitsmaterialien zur Förderung<br />

selbstregulierten Lernens für Schüler der dritten und vierten Klassenstufe zu entwickeln und in<br />

den regulären Mathematik- / Deutschunterricht zu implementieren. Dabei wurde untersucht, ob<br />

und inwiefern sich die Integration dieser selbstregulationsförderlichen Inhalte auf das Lernverhalten<br />

sowie die Lernleistung (Mathematik / Deutsch) der Schüler auswirkt.<br />

Theoretische Basis der Intervention bildet der prozessorientierte Selbstregulationsansatz von<br />

Zimmerman (2000), in dem die Reflexion früherer Lernhandlungen den gegenwärtigen Handlungsprozess<br />

beeinflusst. Im Rahmen dieses Modells wird zwischen drei zyklischen Phasen unterschieden:<br />

der Phase der Handlungsplanung (forethought phase), der Phase der Handlungsausführung<br />

(performance or volitional control phase) und der Phase der Selbstreflexion<br />

(self-reflection). Für jede dieser Phasen sind verschiedene metakognitive, kognitive sowie motivationale<br />

Prozesse charakteristisch, die den Lernprozess beeinflussen. In Anlehnung an dieses<br />

Modell und unter Berücksichtigung der kognitiven und metakognitiven Fähigkeiten der Zielgruppe<br />

(vgl. Bronson, 2000) wurden zentrale Strategien selbstregulierten Lernens ausgewählt und<br />

entsprechende Arbeitsmaterialien entwickelt, um diese zu vermitteln und zu fördern. Dabei<br />

wurden insgesamt sechs Lektionen konzipiert, die wöchentlich im zeitlichen Rahmen einer<br />

Schulstunde von den Schülern unter Instruktion der Klassenlehrkraft bearbeitet werden sollten.<br />

Zur Implementierung dieser Inhalte in den regulären Unterricht wurden verschiedene Interventionsansätze<br />

realisiert. Diese wurden einerseits mittels eines längsschnittlichen Kontrollgruppendesigns<br />

evaluiert. Dazu wurden ein Selbstregulationsfragebogen sowie ein standardisierter<br />

Leistungstest (Mathematik / Deutsch) jeweils vor und nach der Interventionsphase eingesetzt.<br />

Andererseits wurden auf prozessualer Ebene standardisierte Lerntagebücher verwendet,<br />

um die Interventionen zeitreihenanalytisch evaluieren zu können. Dadurch wurde es ermöglicht,<br />

auch die Wirksamkeit einzelner Trainingskomponenten zu überprüfen. Im Hinblick auf das<br />

selbstregulierte Lernverhalten sowie das Leistungsverhalten der Schüler weisen die Ergebnisse<br />

dieser Evaluationen auf die Wirksamkeit der Interventionen hin.<br />

Bronson, M. B. (2000). Self-regulation in early childhood: Nature and nurture. New York, NY US: Guilford Press.<br />

Zimmerman, B. J. (2000). Attaining self-regulation: A social cognitive perspective. In M. Boekaerts, P.R. Pintrich<br />

& M. Zeidner (Ed.), Handbook of self-regulation (pp. 13–41). San Diego: Academic Press.<br />

134


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 6 | 14:15 – 14:55 Uhr | Raum S2 137<br />

Tim Heemsoth, Maike Vollstedt, Aiso Heinze<br />

Lernen aus fremden Fehlern in der Bruchrechnung:<br />

Eine Interventionsstudie<br />

Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik<br />

heemsoth@ipn.uni-kiel.de<br />

In der Lehr-Lern-Forschung wird der Reflexion von Fehlern ein großes Lernpotenzial zugesprochen.<br />

Oser, Hascher et al. (1999) sprechen in diesem Zusammenhang vom Aufbau negativen<br />

Wissens, welches das Wissen, wie etwas nicht geht und nicht funktioniert, umfasst. Während in<br />

der Regel das Lernen aus eigenen Fehlern betrachtet wird, gibt es nur wenige Studien, die sich<br />

mit dem erfolgreichen Lernen aus fremden Fehlern beschäftigt haben (z.B. Joung & Hesketh,<br />

2006). Aus fachdidaktischer Sicht ist das Lernpotenzial fremder Fehler von großem Interesse, da<br />

diese viel einfacher als Lernumgebung implementiert werden können. Entsprechend haben wir<br />

untersucht, inwieweit durch die Analyse fremder Fehler im Mathematikunterricht negatives<br />

Wissen aufgebaut und die mathematische Leistungsentwicklung gefördert werden kann.<br />

Es wird ein Feldexperiment mit Prä-Post-Design vorgestellt, in dem neun 6. Klassen eine 12stündige,<br />

inhaltlich und methodisch kontrollierte Unterrichtseinheit durchliefen. Der Unterricht<br />

bestand aus Einführungs- und Übungsstunden, in denen die Multiplikation und Division von<br />

Brüchen behandelt wurden. In den Übungstunden arbeitete eine Hälfte jeder Klasse mit einer<br />

Fehler-Lernumgebung und die andere Hälfte mit einer Lernumgebung ohne Fehler. In der F-<br />

Lernumgebung wurden die Lernenden durch Prompts dazu aufgefordert, fehlerhafte fremde<br />

Lösungen zu reflektierten und zu korrigieren. In der K-Lernumgebung wurden korrekte Lösungen<br />

reflektiert und fast identische Aufgaben neu gelöst. Vor und nach der Intervention wurden das<br />

Sachwissen und das negative Wissen bezüglich der Bruchrechnung sowie Kontrollvariablen erhoben.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass die Lernenden der F-Lernumgebung signifkant mehr negatives Wissen<br />

aufbauten als diejenigen in der K-Lernumgebung. Allerdings lässt sich für das Sachwissen<br />

kein signifikanter Effekt feststellen. Eine detailliertere Analyse zeigt im Einklang mit Befunden<br />

aus der Lösungsbeispiel-Forschung (Große & Renkl, 2006), dass leistungsstarke Schülerinnen und<br />

Schüler in der F-Lernumgebung mehr Sachwissen in der Bruchrechnung aufbauen als in der K-<br />

Lernumgebung, während sich bei leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler das Gegenteil<br />

zeigt. In dem Vortrag werden Implikationen für die Forschung und den Unterricht diskutiert.<br />

Joung, W., Hesketh, B., Neal, A. (2006): Using "War Stories" to Train for Adaptive Performance: Is it Better to Learn<br />

from Error or Success? In: Applied Psychology 55 (2), pp. 282–302.<br />

Oser, F., Hascher, T., Spychinger, M. (1999): Lernen aus Fehlern. Zur Psychologie des „negativen“ Wissens. In: W.<br />

Althof & F. Oser (Hrsg.): Fehlerwelten. Vom Fehlermachen und Lernen aus Fehlern : Beiträge und Nachträge zu<br />

einem Interdisziplinären Symposium aus Anlaß des 60. Geburtstags von Fritz Oser. Opladen: Leske + Budrich,<br />

S. 11–42.<br />

Große, C. S., Renkl, A. (2007): Finding and fixing errors in worked examples: Can this foster learning outcomes? In:<br />

Learning and Instruction 17 (6), pp. 612–634.<br />

135


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 6 | 15:00 – 15:40 Uhr | Raum S2 137<br />

Susi Limprecht, Michaela Gläser-Zikuda<br />

Förderung von Lernkompetenzen auf der Grundlage des Portfolio-Ansatzes<br />

– eine Interventionsstudie<br />

Friedrich-Schiller-<strong>Universität</strong> Jena<br />

susi.limprecht@uni-jena.de<br />

Das Portfolio hat in den letzten Jahren, besonders im schulischen Bildungskontext, immer stärker<br />

an Bedeutung gewonnen. Das Portfolio kann sowohl als Entwicklungsinstrument, im Sinne<br />

der Förderung des selbstbestimmten Lernens, als auch als Leistungsbeurteilungsinstrument<br />

definiert werden (Häcker, 2006). Die vorliegende, von der DFG geförderte Interventionsstudie<br />

„Förderung von Lernkompetenzen auf der Grundlage des Portfolio-Ansatzes“, widmet sich der<br />

Überprüfung der Wirksamkeit des Portfolios als Arbeits- und Reflexionsinstrument, welches in<br />

eine kompetenzorientierte Lernumgebung integriert ist (Ziegelbauer, Noack & Gläser-Zikuda,<br />

2010). Im Rahmen einer quasi-experimentellen Interventionsstudie im Bereich Elektrizitätslehre<br />

der Klassenstufe 8 an vier Thüringer Gymnasien wurden im Sinne des Treatment- Kontrollgruppenvergleichs<br />

201 Schüler/innen von 4 Lehrer/innen unterrichtet. Zur Implementationskontrolle<br />

führten alle Lehrkräfte ein Tagebuch und sie wurden vor und nach der Unterrichtseinheit interviewt.<br />

Zur Ermittlung von Interventionseffekten wurden mithilfe standardisierter Instrumente in<br />

Prä- Post- und Follow-Up-Erhebungen die Selbstregulationsfähigkeiten, soziale Kompetenzen,<br />

affektive Lernfaktoren, Problemlösekompetenzen sowie Fachleistungen auf der Basis von Sachkompetenzen<br />

auf verschiedenen Kompetenzniveaus erhoben. Die mittels Varianzanalyse mit<br />

Messwiederholung und unter Einbezug verschiedener Kovariaten ermittelten Ergebnisse weisen<br />

darauf hin, dass vor allem im Bereich der Kompetenzentwicklung positive Effekte erwartungskonform<br />

vorliegen. Weitere Ergebnisse, vor allem hinsichtlich der Berücksichtigung verschiedener<br />

Subgruppen (Geschlecht; besonders leistungsstarke vs. leistungsschwache Schüler/innen)<br />

sowie die theoretisch- konzeptionelle Fundierung der Interventionsstudie werden präsentiert<br />

und diskutiert.<br />

Häcker, T. (2006). Portfolio: ein Entwicklungsinstrument für selbstbestimmtes Lernen. Eine explorative Studie zur<br />

Arbeit mit Portfolios in der Sekundarstufe I. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.<br />

Ziegelbauer, S., Noack, J. & Gläser-Zikuda, M. (2010). Förderung von Lernkompetenz auf der Grundlage des Portfolioansatzes.<br />

Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 16, 355-359.<br />

136


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 6 | 16:15 – 16:55 Uhr | Raum S2 137<br />

Angela Gastager 1 , Markus Gebhardt 2 , Gerda Kernbichler 1 , Barbara Gasteiger Klicpera 2<br />

KOOP-LEA: Wirksamkeit kooperativer Lernarrangements bezüglich sozialer<br />

Integration und Leistungen im Deutschunterricht der Neuen Mittelschulen<br />

1 Pädagogische Hochschule Steiermark, 2 Karl-Franzens-<strong>Universität</strong> Graz<br />

angela.gastager@sbg.ac.at<br />

In der Studie geht es um die analytische Überprüfung der Wirkung kooperativer Lernarrangements<br />

hinsichtlich der Leistungen von Schüler/innen im Fach Deutsch der Sekundarstufe I von<br />

Österreichischen Neuen Mittelschulen. Der Nutzen und die Wirksamkeit der Gestaltung von<br />

Lernumgebungen durch kooperative Lernarrangements sind mehrfach belegt (vgl. Hänze &<br />

Berger 2007a & b; Huber 2007; Konrad & Traub 2010/4). A. Huber (2007) konnte dies hinsichtlich<br />

der Leistung der Schüler/innen in Wissenstests zeigen. Dass Kooperation als Element einer<br />

innovativen Lernumgebung in kleinen Schüler/innen-Teams die Beziehungs- und Kommunikationskultur<br />

fördert, konnte in einer kürzlich durchgeführten Studie gezeigt werden (Gastager &<br />

Messner 2012). Es erfolgt die Prüfung hinsichtlich der sozial-emotionalen Entwicklung der Schüler/innen<br />

sowie einer damit verbundenen verstärkten sozialen Partizipation in heterogenen<br />

Klassensettings mit innerer Differenzierung. Die adäquate Verwendung der kooperativen Methoden<br />

durch die Lehrer/innen wird mittels angemessener Methoden evaluiert. Die Hypothesen<br />

beinhalten die Prüfung der Wirksamkeit der umgesetzten Lernarrangements (UV1) zu einer<br />

positiven Leistungsentwicklung im Fach Deutsch (AV1), zu einer positiven Entwicklung des Sozialverhaltens,<br />

der sozialen Kompetenz und der sozialen Integration der Schüler/innen (AV2).<br />

Mögliche positive Effekte werden auch bei Schüler/innen mit SPF (UV2) überprüft. Dazu wird ein<br />

Versuchs- Wartekontrollgruppendesign realisiert, das im Längsschnitt über zwei Jahre läuft. An<br />

der Untersuchung nehmen zwei Interventionsgruppen teil, die mit einem Jahr Abstand die Intervention<br />

mittels Lehrer/innen-Fortbildung (Lipowsky 2011) erhalten: Interventionsgruppe 1 (I1)<br />

besteht aus 4 Schulen mit 10 Klassen, Interventionsgruppe 2 (I2 =Wartekontrollgruppe) aus 4<br />

Schulen mit 5 Klassen. Insgesamt besteht die Längsschnittstichprobe aus 25 Lehrerinnen, davon<br />

16 in I1 und 9 in I2, sowie 289 Schüler/innen im Alter von 10 und 11 Jahren. Zu möglichen Effekten<br />

der Fortbildung werden Ergebnisse der ersten beiden Messzeitpunkte und der Gruppendiskussion<br />

berichtet.<br />

Gastager, A. & Messner, E. (2012). Über den Umgang mit Vielfalt. In: I. Schrittesser, A. Fraundorfer & M. Krainz-<br />

Dürr, Innovative Learning Environments. Fallstudien zu pädagogischen Innovationsprozessen. Wien: Facultas,<br />

80-90.<br />

Gastager, A. & Weinberger, A. (2009). Zur Wirksamkeit von Teamwork in einer innovativen Lernumgebung im<br />

Schulunterricht. About the effectiveness of teamwork in an innovative learning environment at school. ZS für<br />

Empirische Pädagogik, 249-276.<br />

Gasteiger-Klicpera, B., Klicpera, C. & Schabmann, A. (2006). Der Zusammenhang zwischen Leserechtschreib- und<br />

Verhaltensschwierigkeiten: Ergebnisse einer Längsschnittuntersuchung vom Kindergarten bis zur 4.Klasse<br />

Grundschule. Kindheit und Entwicklung, 15, 45-57.<br />

Hänze, M., & Berger, R., (2007). Cooperative Learning, motivational effects, and student characteristics: An experimental<br />

study comparing cooperative learning and direct instruction in 12th grade physics classes. In: Learning<br />

and Instruction, 17, 29-41.<br />

137


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 6 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum S2 137<br />

Katrin Neubauer, Claudia Geyer, Doris Lewalter<br />

Wirkung von unterschiedlichen Gestaltungsmethoden schulischer<br />

Museumsbesuche auf die Entwicklung eines situationalen Interesses<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

katrin.neubauer@tum.de<br />

Museen stellen aufgrund ihrer besonderen situativen Rahmenbedingungen aus motivationstheoretischer<br />

Sicht attraktive Lernumgebungen zur Unterstützung der Entwicklung eines situationalen<br />

Interesses dar (Lewalter & Geyer, 2009). Studien zeigen (ebd.) allerdings, dass dieses motivationsförderliche<br />

Potenzial bisher nur unzureichend für schulische Museumsbesuche genutzt<br />

wird, was mitunter auch auf die bisher gängigen Besuchspraktiken zurückzuführen ist. Die derzeitige<br />

Befundlage gibt nur wenig Aufschluss darüber, wie schulische Museumsbesuche gestaltet<br />

sein sollten, um das vorhandene Potenzial zur Entwicklung und Förderung von Interesse effektiv<br />

zu nutzen.<br />

Basierend auf dem Konzept des situationalen Interesses (Krapp, 2002) und pädagogischpsychologischen<br />

Lehr-Lerntheorien (zsfd. Reinmann & Mandl, 2006) untersucht die vorliegende<br />

Studie die motivationale Wirksamkeit dreier hinsichtlich ihres Aktivierungs- und Strukturierungsgrades<br />

unterschiedlicher Gestaltungsmethoden schulischer Museumsbesuche hinsichtlich der<br />

folgenden Fragestellungen:<br />

1. Inwieweit unterscheidet sich die Wirksamkeit dreier Gestaltungsmethoden von schulischen<br />

Museumsbesuchen für die Entwicklung eines situationalen Interesses?<br />

2. Inwieweit trägt das motivationsrelevante Erleben, sowie die wahrgenommene inhaltliche<br />

Relevanz der Inhalte im Rahmen der einzelnen Gestaltungsmethoden zur Entwicklung des situationalen<br />

Interesses bei?<br />

Zur Klärung dieser Fragestellungen wurden 133 Schüler/innen aus 15 Schulklassen der 9. Jahrgangsstufe<br />

Gymnasium direkt nach ihrem Besuch in der Nano- und Biotechnologieausstellung<br />

des Deutschen Museums München schriftlich befragt.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass alle drei Methoden förderlich für das situationale Interesse sind,<br />

allerdings hebt sich vor allem die stark strukturierte und wenig aktivierende Gestaltungsmethode<br />

von den anderen beiden weniger strukturierten Methoden ab. Im Rahmen des Beitrags werden<br />

mögliche Erklärungen für dieses Ergebnis diskutiert, weitere Ergebnisse der Studie vorgestellt<br />

und ihre theoretischen und praktischen Implikationen erörtert.<br />

Krapp, A. (2002). Structural and dynamic aspects of interest development: Theoretical considerations from an<br />

ontogenetic perspective. Learning and Instruction,, 12, 383-409.<br />

Lewalter, D. & Geyer, C (2009). Motivationale Aspekte von schulischen Besuchen in naturwissenschaftlichtechnischen<br />

Museen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 12, 28-44.<br />

Reinmann-Rothmeier, G. & Mandl, H. (1997). Lehren im Erwachsenenalter. Auffassung vom Lehren und Lernen,<br />

Prinzipien und Methoden. In F. E. Weinert (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie (D/1, Bd. 4, Psychologie der<br />

Erwachsenenbildung) (S. 355-403). Göttingen: Hogrefe.<br />

138


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 6 | 17:45 – 18:25 Uhr | Raum S2 137<br />

Sabine Thormann<br />

Politische Konflikte - im Unterricht<br />

Staatliches Studienseminar Halle-Magdeburg<br />

sabine.thormann@zsb.uni-halle.de<br />

Die Arbeit zielt auf die Entwicklung der Konfliktfähigkeit als spezifischste Kompetenz für die Domäne<br />

der Demokratie. Der Kompetenzerwerb scheint hier besonders problematisch, weil soziales Lernen<br />

nicht zugleich politisches Lernen darstellt.<br />

Forschungsfragen:<br />

1. Ermöglichen unterrichtsmethodische Zugänge, deren Inhalte politische Konflikte repräsentieren,<br />

die Herstellung einer Brücke zwischen alltäglichen Mikrobezügen und der politischen Makrowelt?<br />

2. Lassen sich aus den Interaktionen und den sich darin konstituierenden Mustern Rückschlüsse auf<br />

Beziehungen zwischen der Entwicklung einer Konfliktkompetenz und unterschiedlichen Zugängen<br />

herstellen?<br />

Forschungsdesign:<br />

Das Design spannt in zwei Gymnasialklassen in der Einführungsphase der Oberstufe drei Formate auf<br />

(lehrer-gesteuerten fragend-entwickelnden und handlungsorientierten Unterricht, Diskussion kleiner<br />

Schülergruppen). Die drei Formate sind in zwei Klassen erhoben worden, jedes Format behandelte<br />

einen anderen aktuellen – kontroversen – politischen Konflikt.<br />

Methodisches Vorgehen:<br />

Die im Fokus der Untersuchung stehenden Gruppendiskussionen wurden als Tonband- und Video-<br />

Dokumentationen aufgezeichnet. Alle Diskussionen sind vollständig transkribiert worden.<br />

Ergebnisse:<br />

1. Es konnte die soziale Konstitutionstheorie, der mit der Theorie des kommunikativen Handelns von<br />

Habermas ein interaktionistischer Ansatz zugrunde liegt, für die Modellierung eines theoretischen<br />

Stufenmodells von Formen politischer Kommunikation genutzt werden.<br />

2. Es ist für die empirische Analyse mit der dokumentarischen Methode nach Bohnsack erstmals eine<br />

sozialwissenschaftliche Methode auf politisch-kontroverse Unterrichtsinteraktionen in unterschiedlichen<br />

methodischen Zugängen angewendet worden.<br />

3. Das thematisch-orientierte Gruppendiskussionsverfahren konnte kollektive (unterrichtsspezifische)<br />

Phänomene aufdecken und die rekonstruierten Muster stellen ein zentrales Ergebnis dar.<br />

4. Erläutert wird, dass ein Format eher für eine Distanz der Schüler zur fremd bleibenden Welt der<br />

Politik steht, während andere Unterrichtsformate in reflexiven Prozessen eine Brückenbildung zwischen<br />

der Mikro- und der Makroperspektive generieren.<br />

Bohnsack, Ralf (2003): Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden. 5. Auflage. Leske +<br />

Budrich. Opladen.<br />

Reinhardt, Sibylle (2010): Die domänenspezifische Kompetenz „Konfliktfähigkeit“ Begründungen und Operationalisierungen.<br />

In: Juchler, Ingo (Hrsg.):Kompetenzen in der politischen Bildung. GPJE Band 9. Wochenschau Verlag.<br />

Schwalbach/Ts. S. 128 141.<br />

Thormann, Sabine (2012a): Gelingt der politische Diskurs? Eine empirisch-qualitative Untersuchung im Oberstufenunterricht.<br />

In: Gesellschaft – Wirtschaft – Politik 1/2012, S.109-121.<br />

Thormann, Sabine (2012b): Politische Konflikte im Unterricht. Eine mikrosoziologisch-empirische Studie zur Rekonstruktion<br />

der Interaktionsprozesse von SchülerInnen mit makropolitischen Konflikten innerhalb unterschiedlicher<br />

Unterrichtsarrangements am Gymnasium. (erscheint im VS-Verlag).<br />

139


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 7 | 13:30 – 14:10 Uhr | Raum T2 213<br />

Steffen Tröbst 1 , Thilo Kleickmann 2 , Kim Lange 3 , Kornelia Möller 1<br />

Unterrichtsgestaltung und die Abnahme des Interesses an naturwissenschaftlichen<br />

Inhalten im Schulstufenübergang<br />

1 Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster, 2 Institut für die Pädagogik der Naturwissen-<br />

schaften und Mathematik, 3 <strong>Universität</strong> Augsburg<br />

celan@uni-muenster.de<br />

Der Abfall des Schülerinteresses an naturwissenschaftlichen Inhalten im Übergang von der Primar-<br />

in die Sekundarstufe ist ein bekanntes Phänomen (z.B. Gardner, 1998). Es stellt sich die<br />

Frage, ob dieser Interessenrückgang neben durch instruktional nicht beeinflussbare Bestimmungsgrößen<br />

– wie der entwicklungsbedingten Verengung von individuellen Interessenprofilen<br />

oder der Ausprägung von Geschlechtsidentitäten – auch durch Unterschiede in der Unterrichtsgestaltung<br />

zwischen den Schulstufen bestimmt wird. Unter Nutzung von Schülerbewertungen<br />

einer Unterrichtsreihe zum Thema „Verdunstung und Kondensation“ untersuchten wir, anhand<br />

von 60 Klassen des vierten und 54 Klassen des sechsten Schuljahres, inwieweit Differenzen im<br />

situationalen und individuellen Interesse zwischen den Jahrgangsstufen auf eine unterschiedliche<br />

Unterrichtsgestaltung zurückzuführen waren. In Mehrebenenanalysen erklärten der Einsatz<br />

von Schülerversuchen, die Berücksichtigung von schülergenerierten Erklärungen und fehlende<br />

Klarheit des Unterrichts in variierendem Ausmaß Disparitäten im situationalen Interesse zwischen<br />

den Stufen. Bezüglich des individuellen Interesses waren korrespondierende Wirkungen<br />

generell schwächer ausgeprägt. Weiterhin zeigten Mediationsanalysen, in Übereinstimmung mit<br />

Vorhersagen der Interessentheorie (z.B. Krapp, 1998), dass die Wirkungen der Unterrichtsmerkmale<br />

auf das individuelle Interesse über das situationale Interesse vermittelt wurden. Auch<br />

die konkrete Unterrichtsgestaltung scheint also zum Rückgang von Interesse an Naturwissenschaften<br />

im Schulstufenübergang beizutragen.<br />

Gardner, P.L. (1998). The development of males’ and females’ interests in science and technology. In L. Hoffmann,<br />

A. Krapp, K. Renninger & J. Baumert (Eds.), Interest and Learning (pp. 41–57). Kiel: IPN.<br />

Krapp, A. (1998). Entwicklung und Förderung von Interessen im Unterricht. Psychologie in Erziehung und Unterricht,<br />

45, 185–201.<br />

140


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 7 | 14:15 – 14:55 Uhr | Raum T2 213<br />

Jakob Billmayer<br />

Schule in Schweden und Bayern -<br />

oberflächlich anders oder tiefgehend eigenartig<br />

Mid Sweden University<br />

jakob.billmayer@miun.se<br />

Nicht erst seit Beginn des neuen Jahrtausends blickt man im Bereich der Erziehung mehr und<br />

mehr auf andere Kulturen und misst den Erfolg des eigenen, nationalen Bildungssystems am<br />

Verhältnis zum Abschneiden anderer Nationen. Moderne Gesellschaften zeichnen sich durch das<br />

Bewusstsein aus, dass soziale Situationen auch anders möglich sind und stellt demzufolge das<br />

eigene Agieren in Frage. Der moderne Kulturbegriff ist von diesem Infragestellen geradezu abhängig,<br />

ist er doch vor allem durch die Beobachtung geprägt, dass soziale Abläufe in bestimmten<br />

Gegenden nach gewissen Regeln verlaufen, die in anderen Gegenden anders aussehen können.<br />

Schulen als Orte der Produktion und Reproduktion von (nationalen/regionale) Kulturen sind in<br />

dieser Hinsicht interessant zu untersuchen. Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Schülerinnen<br />

und Schüler sind ein Aspekt, für das Verständnis kultureller Eigenheiten und dem Einfluss<br />

nationaler und regionaler Besonderheiten auf die Schule sind auch andere Aspekte des schulischen<br />

Lebens zu untersuchen.<br />

Im Rahmen des geplanten Vortrages im Rahmen der „77. Tagung der Arbeitsgruppe für Empirische<br />

Pädagogische Forschung“ in <strong>Bielefeld</strong>, möchte ich einen Zwischenbericht über die Untersuchungen<br />

im Rahmen meiner Doktorarbeit zum Thema Regeln und Disziplin in schwedischen und<br />

bayerischen Klassenzimmern präsentieren. In meinem Ansatz gehe ich davon aus, dass sich das<br />

schwedische und bayerische Bildungssystem auf dem Papier (in Gesetzestexten, Lehrplänen und<br />

Verordnungen) deutlich unterscheiden, die Unterschiedlichkeit der alltäglichen Praxis jedoch<br />

erst untersucht werden muss. Egal, ob sich die Praxis unterscheidet oder nicht, ist die Frage<br />

interessant, wie sich die Praxen unterscheiden – oder ähneln – und wie ein möglicher Zusammenhang<br />

zwischen Papier und Praxis aussehen kann. Für die Tagung in <strong>Bielefeld</strong> werde ich unter<br />

anderem die Ergebnisse von sechs Wochen Klassenzimmerbeobachtungen in Bayern und<br />

Schweden präsentieren können.<br />

Alexander, R., Osborn, M., & Phillips, D. (Eds.). (1999). Learning from comparing: new directions in comparative<br />

educational research. Vol. 1, Contexts, classrooms and outcomes. Wallingford: Symposium Books.<br />

Foucault, M. (2007). Überwachen und Strafen - Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt am Main: Suhrkamp.<br />

Luhmann, N. (1992). Beobachtungen der Moderne. Opladen: Westdeutscher Verlag.<br />

141


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 7 | 15:00 – 15:40 Uhr | Raum T2 213<br />

Christoph Helm<br />

Lernen in offenen und traditionellen Unterrichtssettings (LOTUS) -<br />

Erste Ergebnisse einer Längsschnittstudie<br />

Johannes Kepler <strong>Universität</strong> Linz<br />

christoph.helm@jku.at<br />

Das Dissertationsprojekt LOTUS „Lernen in offenen und traditionellen Unterrichtsettings“ zielt auf die<br />

Evaluation von COoperativen Offenem Lernen (COOL) ab, das seit 1996 vermehrt in berufsbildenden<br />

mittleren und höheren Schulen in Österreich eingesetzt wird. Der bisherige Forschungsstand zu COOL<br />

verweist auf erste Indizien, die eine förderliche Wirkung von COOL vor allem in den affektiven und<br />

methodischen Lernzielen vermuten lässen (vgl. bspw. Eder 1999; Altrichter, Helm & Kallinger 2010;<br />

Neubauer 2010). Da jedoch bisher keine Längsschnittuntersuchungen vorliegen, die den Effekt von<br />

COOL auf Schülerseite zu erheben versuchen, stehen im Zentrum der Analysen die Entwicklungen der<br />

fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen der Schüler/innen. Des Weiteren soll das Forschungsprojekt<br />

Aufschlüsse über qualitätsvolles Lehrerhandeln in BMHS-Schulen liefern.<br />

Auf Basis der Theoriekonzepte des selbstgesteuerten (bspw. Konrad 2008) und kooperativen Lernens<br />

(bspw. Slavin 1995) sowie Befunde bestehender qualitativer Interviews mit COOL-Lehrer/innen und<br />

COOL-Schüler/innen wurde ein Theoriemodell entwickelt, das Effekte von qualitativ hochwertigem<br />

Lehrerhandeln auf Schülerkompetenzen vorhersagen soll. Das Theoriemodell beschreibt das Zustandekommen<br />

von Unterrichts-/Lernerfolg in selbstgesteuerten Lernumgebungen als eine Funktion von<br />

Einsatz bestimmter (COOL-typischer) Elemente wie Assignments und einem unterstützendem Lehrerhandeln<br />

sowie allgemeiner Qualitätsmerkmale guten Unterrichts und individueller Schülermerkmale.<br />

Zur Erreichung der genannten Forschungsziele wurde ein Panelprojekt der Johannes Kepler <strong>Universität</strong><br />

Linz in Kooperation mit dem Impulszentrum Steyr initiiert. Im Oktober 2011 wurde eine Pilot-<br />

Onlinebefragung zur Erhebung lernrelevanter Eingangsvoraussetzungen wie Selbstkonzept, Lernstrategien<br />

und Sozialkompetenz sowie eine mathematische Kompetenzerhebung an vier COOL-<br />

Schulstandorten in vier Bundesländern Österreichs durchgeführt. 410 Schüler/innen nahmen an dieser,<br />

nach dem Versuchs- und Kontrollgruppendesign ausgerichteten Untersuchung teil. Im Sommersemester<br />

2012 wurde die 1. Folgeerhebung durchgeführt, die sich auf die Wahrnehmung von qualitätsvollem<br />

Lehrerverhalten (Onlinebefragung) sowie die fachliche Kompetenz in Rechnungswesen<br />

(Einsatz des selbstentwickelten Test zur Wissensüberprüfung basaler Kenntnisse der Buchhaltung kurz<br />

WBB; Helm & Wimmer im Erscheinen) und wiederum auf die Sozialkompetenzen konzentrierte. Die<br />

zwei Messzeitpunkte erlauben erste Antworten auf die oben formulierten Fragen zu geben.<br />

Altrichter, H., Helm, C. & Kallinger, B. (2010). Umsetzungsanalyse des Konzeptes HAS NEU Bregenz – eine Schule<br />

mit ganztägigem Unterricht. Nicht veröffentlichter Projektbericht. Johannes Kepler <strong>Universität</strong>, Linz.<br />

Helm, C & Wimmer, B. (im Erscheinen). (Wie) lässt sich der Lernerfolg von Schüler/inne/n im Fach Rechnungswesen<br />

messen? Entwicklung eines Messinstruments. wissenplus.<br />

Konrad, K. (2008). Erfolgreich selbstgesteuert lernen. Theoretische Grundlagen, Forschungsergebnisse, Impulse für<br />

die Praxis. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Slavin, R. E. (1995). Cooperative learning. Theory, research, and practice. Boston: Allyn and Bacon.<br />

142


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 7 | 16:15 – 16:55 Uhr | Raum T2 213<br />

Nora Heyne<br />

Leseunterricht im vierten Schuljahr im Fokus videobasierter<br />

Unterrichtsanalysen<br />

<strong>Universität</strong> Koblenz-Landau<br />

heyne@uni-landau.de<br />

Im Fokus der vorgestellten Studie, die im Zuge des Projektes „VERA – Gute Unterrichtspraxis“ (Helmke<br />

et al., 2007) durchgeführt wurde, standen Merkmale des Leseunterrichts im vierten Schuljahr, von<br />

welchen vor dem Hintergrund aktueller Erkenntnisse Einflüsse auf die Lesekompetenz von Schülern zu<br />

erwarten sind (u. a. BMBF, 2005; Streblow, 2004). Die Ziele waren dabei, das Ausmaß ihres Auftretens<br />

zu beschreiben sowie ihre Bedeutung im Hinblick auf die Lesefähigkeiten der Schüler zu untersuchen.<br />

Beide Zielstellungen wurden jeweils mit Blick auf übergreifende Facetten des Leseunterrichts sowie<br />

auf einzelne Unterrichtsformen einer dieser Unterrichtsfacetten, die Anregung der kognitiven Auseinandersetzung<br />

mit Texten, aufgegriffen.<br />

Die Grundlage dieser Analysen bildeten Daten zu Lehrer-, Schüler- wie auch Klassenmerkmalen, welche<br />

zu drei Messzeitpunkten in 42 vierten Klassen in Rheinland-Pfalz anhand von Lesekompetenztests<br />

sowie Befragungen erhoben wurden. Darüber hinaus dienten niedrig-inferente Unterrichtsbeobachtungen<br />

mithilfe des dafür entwickelten Beobachtungssystems LUPE (Lese-Unterrichtsprozess-<br />

Erfassung) dazu, die Merkmale des Leseunterrichts zu erfassen.<br />

Die Ergebnisse dieser Beobachtungen lieferten einen Einblick zum Auftreten der jeweiligen Unterrichtsbedingungen<br />

und zeigten u. a., dass Maßnahmen zur motivationalen Förderung von Leseaktivitäten,<br />

zur Vermittlung von zum Textverstehen notwendigen Wissen oder von Wortschatz nur selten<br />

im Unterricht auftraten. Daran anknüpfende Effektanalysen, die überwiegend auf der Grundlage<br />

hierarchisch linearer Modelle erfolgten, deuteten zudem auf einige direkte, nicht jedoch auf vermittelte<br />

oder moderierte Effekte der untersuchten Unterrichtsmerkmale im Hinblick auf die Lesekompetenz<br />

der Schüler. Wie die Befunde zeigten, leisteten v. a. das Ausmaß von Unterrichtsformen zur Anregung<br />

kognitiver Textverarbeitung sowie speziell der Reflexion von Texten signifikante Beiträge zur<br />

Vorhersage der Lesekompetenz der Schüler zum Schuljahresende.<br />

Die Erkenntnisse über das Auftreten und die Bedeutung der erfassten Unterrichtsmerkmale in Bezug<br />

auf die Lesefähigkeiten der Schüler wie auch das vorgelegte Beobachtungssystem liefern Anregungen<br />

für die zukünftige Untersuchungen, die Gestaltung sowie die Evaluation von Leseunterricht und sollen<br />

somit einen Beitrag für die zukünftige Leseförderung im vierten Schuljahr leisten.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2005). Förderung von Lese-kompetenz. Berlin:<br />

BMBF / Referat Publikationen.<br />

Streblow, L. (2004). Zur Förderung der Lesekompetenz. In U. Schiefele, C. Artelt, W. Schneider & P. Stanat (Hrsg.),<br />

Struktur, Entwicklung und Förderung von Lesekompetenz: Vertiefende Analysen im Rahmen von PISA 2000 (S.<br />

275-306). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Helmke, A., Helmke, T., Heyne, N., Hosenfeld, A., Kleinbub, I., Schrader, F.-W. & Wagner, W. (2007). Erfassung,<br />

Bewertung und Verbesserung des Grundschulunterrichts: Forschungsstand, Probleme und Perspektiven. In K.<br />

Möller, P. Hanke, C. Beinbrech, A.K. Hein, T. Kleickmann & R. Schages (Hrsg.), Qualität von Grundschulunterricht<br />

entwickeln, erfassen und bewerten, Jahrbuch Grundschulforschung, Bd. 11 (S. 17-34). Bonn: Verlag für<br />

Sozialwissenschaften.<br />

143


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 7 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum T2 213<br />

Michael Pfeifer, Heinz Günter Holtappels<br />

Die Bedeutung von Schul- und Unterrichtsqualität für die Leistungen von<br />

Grundschülern in heterogenen Lerngruppen<br />

Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

pfeifer@ifs.tu-dortmund.de<br />

Wissenschaftliche Fragestellung<br />

In dem Beitrag werden die längsschnittlichen Befunde des Europäischen Kollaborativen Forschungsprojektes<br />

ADDITION vorgestellt, an dem neben Deutschland 5 weitere europäische Länder teilnehmen.<br />

In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, welchen Einfluss Aspekte der Schul- und<br />

Unterrichtsqualität auf die mathematischen Schülerleistungen haben, insbesondere im Hinblick auf<br />

die Kopplung dieser Leistungen mit dem sozioökonomischen Hintergrund der Schülerschaft.<br />

Theoretischer Hintergrund/Vorverständnis<br />

Das Dynamic Model of Educational Effectiveness (Creemers & Kyriakides, 2008) bildet dabei den<br />

theoretischen Rahmen.<br />

Bisheriger Stand der Forschung<br />

In neueren Publikationen (vgl. van de Grift & Houtveen, 2009´; Pfeifer, 2011) konnten hinsichtlich der<br />

Fragestellung dieses Beitrages Effekte für die Lesekompetenz von Schülerinnen und Schülern identifiziert<br />

werden.<br />

Eingesetzte empirische Forschungsmethode<br />

Im deutschen Teilprojekt wurden in einem Längsschnittdesign u.a. mathematische Kompetenzen<br />

mittels eines standardisierten Tests (freigegebene Testhefte TIMSS 2007) gemessen. Mittels standardisierten<br />

Fragebögen wurden Daten auf der Individual-, Klassen- und Schulebene zu Beginn und am<br />

Ende der 4. Klassenstufe in 54 randomisiert ausgewählten Grundschulen erhoben. Insgesamt wurden<br />

zirka 1.500 Schülerinnen und Schüler, 1.200 Lehrkräfte und 54 Schulleitungen befragt. Zudem wurden<br />

mittels standardisierter Elternfragebögen Informationen zum sozioökonomischen Hintergrund erhoben.<br />

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden Mehrebenenanalysen gerechnet.<br />

Forschungsergebnisse<br />

Als Ergebnis der Mehrebenenanalysen konnten bestimmte Ansätze und Elemente auf Unterrichts-<br />

und Schulebene identifiziert werden, die zur Verbesserung der mathematischen Kompetenz von<br />

Schülerinnen und Schülern mit einem benachteiligten sozioökonomischen Hintergrund beitragen<br />

können.<br />

Pädagogische Relevanz der Forschungsergebnisse<br />

Die Befunde dieses Beitrages verdeutlichen, dass es von Bedeutung ist, die Zusammensetzung der<br />

Schülerschaft in der Schulklasse hinsichtlich ihres sozioökonomischen Hintergrundes bei ähnlich gelagerten<br />

Analysen zu berücksichtigen.<br />

Creemers, B. P. M., & Kyriakides, L. (2008). The dynamics of educational effectiveness: a contribution to policy,<br />

practice and theory in contemporary schools. contexts of learning, COL. London u.a.: Routledge.<br />

Pfeifer, M. (2011). Bildungsbenachteiligung und das Potenzial von Schule und Unterricht (1., neue Ausg.). Wiesbaden:<br />

VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

van de Grift, W., & Houtveen, T. (2009). Improving Reading Achievements of Struggling Readers. International<br />

Congress for School Effectiveness and Improvement, Vancouver, BC.<br />

144


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 7 | 17:45 – 18:25 Uhr | Raum T2 213<br />

Christiane Große, Katharina Kluczniok<br />

Unterrichtsqualität im Anfangsunterricht – Der Einfluss struktureller und<br />

einstellungsbezogener Merkmale auf die Gestaltung des Unterrichts<br />

Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg<br />

christiane.grosse@uni-bamberg.de<br />

Die Unterrichtsqualität kann von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden (Gräsel &<br />

Mandl, 2009). Was guten Unterricht ausmacht, kann also differierend beschrieben werden. Es<br />

gibt viele verschiedene Merkmale „guten Unterrichts“, allerdings werden fachdidaktische Qualitätsaspekte<br />

z.B. für den Anfangsunterricht im Schriftspracherwerb bisher kaum berück-sichtigt.<br />

Vor diesem Hintergrund stellt der Beitrag ein stärker theoretisch orientiertes Konzept der Unterrichtsqualität<br />

im Anfangsunterricht vor, welches sowohl fachunabhängige als auch fachdidaktische<br />

Aspekte enthält und das Angebot-Nutzungs-Modell von Klieme et al. (2006) mit dem<br />

Konzept der Anregungsqualität von Tietze et al. (1998) verbindet. Demnach werden drei Basisdimensionen<br />

guten Unterrichts differenziert: Klassenführung, Regelklarheit, Struktur; unterstützendes<br />

Unterrichtsklima; kognitive Aktivierung. Ergänzt wird dieses Modell durch Strukturmerkmale<br />

der Lehrkräfte und der Grundschulklassen sowie durch pädagogische Orientierungen der<br />

Lehrkräfte.<br />

Auf Basis empirischer Daten des Längsschnitts BiKS-3-10 (n=142 Klassen) wird der Einfluss struktureller<br />

und einstellungsbezogener Merkmale auf verschiedene Dimensionen des Anfangsunterrichts<br />

(z.B. Unterrichtsklima, Schriftspracherwerb) untersucht. Die Ergebnisse werden in den<br />

Forschungsstand eingebettet und diskutiert.<br />

Gräsel, C. & Mandl, H. (2009). Qualitätskriterien von Unterricht: Ein zentrales Thema der Unterrichts- und Lehr-<br />

Lern-Forschung. In H. J. Apel & W. Sacher (Hrsg.), Studienbuch Schulpädagogik (4., durchgesehene Aufl., S.<br />

241-259). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Klieme, E., Lipowsky, F., Rakoczy, K. & Ratzka, N. (2006). Qualitätsdimensionen und Wirksamkeit von Mathematikunterricht.<br />

Theoretische Grundlagen und ausgewählte Ergebnisse des Projekts „Pythagoras“. In M. Prenzel &<br />

L. Allolio-Näcke (Hrsg.), Untersuchungen zur Bildungsqualität von Schule. Abschlussbericht des DFG-<br />

Schwerpunktprogramms (S. 127-146). Münster: Waxmann.<br />

Tietze, W. (Hrsg.), Meischner, T., Gänsfuß, R., Grenner, K., Schuster, K.-M., Völkel, P. & Roßbach, H.-G. (1998). Wie<br />

gut sind unsere Kindergärten? Eine Untersuchung zur pädagogischen Qualität in deutschen Kindergärten.<br />

Neuwied: Luchterhand.<br />

145


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 8 | 13:30 – 14:10 Uhr | Raum T2 214<br />

Kevin Isaac 1 , Jan Hochweber 2<br />

Möglichkeiten zur differenzierten Modellierung sprachlicher Kompetenz<br />

mit schwierigkeitsbestimmenden Aufgabenmerkmalen<br />

1 Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW, 2 Deutsches Institut für Internationale<br />

Pädagogische Forschung<br />

kevin.isaac@gmx.net<br />

Ausgangspunkt ist ein für den Bereich „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“ der KMK-<br />

Bildungsstandards entwickeltes Modell zur Vorhersage von Aufgabenschwierigkeiten, welches<br />

auf insgesamt neun Merkmalen sprachbewusster Tätigkeiten beruht (Isaac & Hochweber, 2011).<br />

Dieses Modell wird für den vorliegenden Beitrag um zwei weitere Merkmale sprachbewusster<br />

Tätigkeit, sowie um vier Oberflächenmerkmale der Aufgaben (u.a. Antwortformat, Schwierigkeit<br />

des Wortmaterials), ergänzt. In einem ersten Schritt wird die Vorhersageleistung dieses erweiterten<br />

Modells untersucht und geprüft, inwieweit bereits vorliegende Ergebnisse zu den schwierigkeitsgenerierenden<br />

Effekten der Aufgabenmerkmale bestätigt werden können. Im zweiten<br />

Schritt werden spezifische Wechselwirkungen zwischen den Merkmalen sprachbewusster Tätigkeit<br />

und den Oberflächenmerkmalen analysiert, da sich erwarten lässt, dass die erschwerende<br />

Wirkung einzelner Merkmale sprachbewusster Tätigkeit auch von äußerlichen Gestaltungsmerkmalen<br />

der Aufgaben mitbestimmt wird.<br />

Unsere Stichprobe entstammt einer Normierungsstudie der Vergleichsarbeiten in der Grundschule<br />

(VERA) und umfasst 8.153 Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klassenstufe.<br />

Bearbeitet wurden insgesamt 363 Aufgaben, welche von drei Kodierern bezogen auf die insgesamt<br />

15 Aufgabenmerkmale eingeschätzt wurden (Merkmal vorhanden vs. nicht vorhanden). Die<br />

Auswertung erfolgt mithilfe des linear-logistischen Testmodells (LLTM; Fischer, 1973) in der<br />

Formulierung als generalisiertes lineares gemischtes Modell (GLMM). Erste Analysen bestätigen<br />

den hohen Erklärungswert der abgeleiteten Aufgabenmerkmale für die Aufgabenschwierigkeit,<br />

wobei sowohl die neuen Merkmale sprachbewusster Tätigkeit, als auch die Oberflächenmerkmale<br />

der Aufgaben, die Vorhersagekraft des bislang vorliegenden Modells verbessern. Die Ergebnisse<br />

werden hinsichtlich ihrer Implikationen für die Testentwicklung und die Bildung von Kompetenzstufenmodellen<br />

(siehe z.B. Hartig, 2004) im Bereich „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“<br />

diskutiert.<br />

Fischer, G. H. (1973). The linear logistic test model as an instrument in educational research. Acta Psychologica, 37,<br />

359-374.<br />

146


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 8 | 14:15 – 14:55 Uhr | Raum T2 214<br />

Daniel Kasper, Ali Ünlü<br />

Skalierung in PISA: Wie sensitiv sind verschiedene Skalierungsverfahren?<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

daniel.kasper@tum.de<br />

Zur Skalierung von Items und Personen im Programme for International Student Assessment<br />

(PISA) werden Varianten des Rasch-Modells verwendet (OECD, 2012). Diese Modelle bilden<br />

manifeste diskrete Antwortvariablen auf latente stetige Merkmalsvariablen ab, d.h. die in PISA<br />

beobachteten diskreten Testleistungen werden auf latente kontinuierliche Kompetenzdimensionen<br />

abgebildet (erster Schritt der Skalierung). Die latenten stetigen Kompetenzdimensionen<br />

werden in einem zweiten Schritt anhand von Cut-Off Schwellenwerten in latente diskrete Kompetenzstufen<br />

eingeteilt. Goodness-of-fit Statistiken für die Gesamtanpassung der Modelle unter<br />

variierenden Bedingungen (z.B. unterschiedliche Methoden zum Umgang mit fehlenden Werten,<br />

verschiedene Varianten zur Dichotomisierung der Daten, unterschiedliche Software zur Auswertung<br />

der Daten) sowie spezielle Statistiken zur Überprüfung der testbaren Konsequenzen aus<br />

diesen Modellen werden selten berichtet. Darüber hinaus steht ein Vergleich dieses als Zweischritt-Diskretisierungsverfahren<br />

zu bezeichnenden Vorgehens mit alternativen diagnostischen<br />

psychometrischen Modellierungsansätzen noch aus. Die Modelle dieser Klasse können allgemein<br />

als restringierte Latent-Class-Analysen aufgefasst werden, d.h. die Verfahren bilden manifeste<br />

diskrete Variablen direkt auf latente diskrete Merkmale ab. Eine Diskretisierung, oftmals basierend<br />

auf qualitativen Urteilen, bleibt aus und ist direkter Bestandteil der Modellierung. Für den<br />

PISA Kontext erscheint das Hierarchical-Mixture-General-Diagnostic-Modell (HMGDM) als besonders<br />

interessant, weil es die hierarchische und heterogene Struktur der PISA-Daten wie sie<br />

sich aus dem komplexen Erhebungsdesign ergeben berücksichtigen kann (von Davier, 2010). Als<br />

Erweiterung des General-Diagnostic-Modells (von Davier, 2008) hat es sich in empirischen Anwendungen<br />

als nützlich erwiesen. Eine ausführliche Anwendung auf PISA-Daten und Analysen<br />

zur Sensitivität dieser Modelle gegenüber Variationen in den Bedingungen sind noch nicht erfolgt.<br />

In diesem Vortrag werden erste Ergebnisse zu Sensitivitäts- und Robustheitsanalysen der<br />

herkömmlichen Skalierungsverfahren in PISA mit den entsprechenden Ergebnissen zum HMGDM<br />

in direkter Anwendungen auf PISA-Daten vorgestellt und verglichen. Mehrwert und Implikationen<br />

der Ergebnisse für die Forschung und Praxis im Large Scale Assessment schließen den Vortrag<br />

ab.<br />

OECD (2012). PISA 2009 technical report. Paris: OECD Publishing.<br />

Von Davier, M. (2008). A general diagnostic model applied to language testing data. British Journal of Mathematical<br />

and Statistical Psychology, 61, 287-307.<br />

Von Davier, M. (2010). Hierarchical mixtures of diagnostic models. Psychological Test and Assessment Modeling,<br />

52, 8-28.<br />

147


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 8 | 15:00 – 15:40 Uhr | Raum T2 214<br />

Matthias Trendtel, Ali Ünlü<br />

Vergleich allgemeiner psychometrisch-diagnostischer<br />

Modellierungsrahmen und mögliche Implikationen für PISA<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

matthias.trendtel@tum.de<br />

Bei Leistungstests, die Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern messen, ist man oftmals neben<br />

den eigentlichen aggregierten Leistungswerten auch an diagnostisch differenzierten Kompetenzprofilen<br />

interessiert. Herkömmliche Methoden der Item-Response-Theorie (IRT), die einzelne<br />

Fähigkeitswerte der Schülerinnen und Schülern auf Kontinuen modellieren, bieten lediglich<br />

durch Diskretisierung dieser Kontinuen die Möglichkeit, linear geordnete Kompetenzstrukturen<br />

zu beschreiben. Die Annahme, dass Kompetenzen linear geordnet sind, wird der Realität nicht<br />

immer gerecht. Auch Handlungsdirektiven lassen sich nicht unmittelbar und nur begrenzt ableiten.<br />

Mit dem Ziel, allgemeinere Kompetenzstrukturen mitunter auch diagnostisch informativer<br />

modellieren zu können, wurden die allgemeinen Modellierungsrahmen wie Log-Linear-<br />

Cognitive-Diagnosis-Modell (LCDM; Henson, Templin, & Willse, 2009), Hierarchical-Mixture-<br />

General-Diagnostic-Modell (HMGDM; von Davier, 2010) und Learning-Space-Theorie (LST; Falmagne<br />

& Doignon, 2011) entwickelt. In dieser Arbeit untersuchen wir inwieweit diese drei Modellierungsansätze<br />

methodisch strukturell zusammenhängen. Hierbei werden Gemeinsamkeiten<br />

und Unterschiede in Hinblick auf die einzelnen Modellkomponenten und -annahmen sowie die<br />

unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten der jeweiligen Modelle herausgearbeitet. Basierend<br />

darauf ist es möglich, Modellkomponenten oder -annahmen eines jeden dieser Modelle in<br />

die jeweils anderen Modelle zu übertragen und einzubetten oder gar entsprechend zu verallgemeinern.<br />

So können Modelle der LST und LCDM mit Hilfe des HMGDM als Mehrebenen- oder<br />

Mischmodelle formuliert werden. Mögliche Implikationen und Mehrwert der Ergebnisse gegenüber<br />

den herkömmlichen IRT-Skalierungsverfahren für PISA runden den Vortrag ab.<br />

Falmagne, J.-Cl., & Doignon, J.-P. (2011). Learning spaces. Berlin: Springer.<br />

Henson, R.A., Templin, J.L. & Willse, J.T. (2009). Defining a family of cognitive diagnosis models using log-linear<br />

models with latent variables. Psychometrika, 74, 191-210.<br />

Von Davier, M. (2010). Hierarchical mixtures of diagnostic models. Psychological Test and Assessment Modeling,<br />

52, 8-28.<br />

148


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 8 | 16:15 – 16:55 Uhr | Raum T2 214<br />

Thorben Huelmann 1 , Ali Ünlü 2 , Wilfried Bos 1 , Miriam M. Gebauer 1<br />

Kognitive Diagnose Modelle in Large Scale Assessments: Anwendung der<br />

Rule Space Methode auf die TIMSS 2007 Daten<br />

1 Technische <strong>Universität</strong> Dortmund, 2 Technische <strong>Universität</strong> München<br />

huelmann@ifs.tu-dortmund.de<br />

Am Beispiel der TIMS-Studie (Bos et al., 2008) soll gezeigt werden, welchen Mehrwert die Rule-<br />

Space-Methode (RSM, Tatsuoka, 2009) gegenüber der Item-Response-Theorie (IRT, van der<br />

Linden & Hambleton, 1997) liefern kann, und die Frage beantwortet werden, wie probabilistische<br />

Kompetenzprofile für Schülerinnen und Schüler (SuS) entwickelt werden können. Die Möglichkeiten,<br />

im Rahmen von Studien im Large Scale Format diagnostische Informationen über<br />

einzelne Schülerinnen und Schüler zu gewinnen, sind aufgrund der Annahmen der unterliegenden<br />

IRT Modelle begrenzt. Eine alternative Modellierung nach der RSM bietet hingegen mehr<br />

Optionen.<br />

Die RSM misst neben der Fähigkeitsausprägung die Ungewöhnlichkeit eines Antwortmusters.<br />

Ungewöhnliche Antwortmuster sind dabei solche, in denen z.B. schwere Items beantwortet<br />

wurden, jedoch leichte nicht. Zusammen bilden Fähigkeitsparameter und Ungewöhnlichkeitsparameter<br />

einen 2-dimensionalen reellen Raum, den sogenannten Rule-Space. Das Verfahren der<br />

RSM wurde von K. Tatsuoka entwickelt und in den USA bereits auf den Scholastic Aptitude Test<br />

angewandt.<br />

Basierend auf dem TIMSS 2007-Datensatz der vierten Klassen (N = 350) wurden über eine Q-<br />

Matrix 20 Items bestimmte Kompetenzen zugewiesen und optimale Antwortmuster erstellt, also<br />

solche Muster, die bei einem bestimmten Kompetenzprofil (KP) zu erwarten sind. Diese Antwortmuster<br />

wurden zusätzlich zu den real auftretenden Mustern in den Rule-Space eingezeichnet<br />

und so über die Abstände Analysen gestellt, wie z.B. die Erstellung von probabilistischen KP<br />

oder das Aufdecken verborgener Dimensionen.<br />

Die über die RSM erstellten KP zeigen, dass die betrachteten SuS selten Probleme in dem Inhaltsbereich<br />

Arithmetik zeigen. In den Bereichen Geometrie und Daten gibt es jedoch noch Potential<br />

zur Leistungssteigerung. Auch konnte gezeigt werden, dass die Einteilung der Inhalts- und<br />

Kompetenzbereiche den Daten gerecht wird, aber über die Einführung einer weiteren Kompetenz,<br />

die sich mit räumlichem Vorstellungsvermögen befasst, nachgedacht werden sollte. An<br />

dieser Stelle werden die Grenzen der IRT deutlich, da diese Analysen über die Möglichkeiten der<br />

IRT hinausgehen.<br />

Die Erstellung der KP ist von besonderer Wichtigkeit, da über einen reinen Leistungsvergleich<br />

hinaus auch geklärt werden kann, wie gute Leistungen erreicht wurde, und daraus Handlungsdirektiven<br />

abgeleitet werden können.<br />

Bos, W., Bonsen, M., Baumert, J., Prenzel, M., Selter, C. & Walther, G. (Hrsg.). (2008). TIMSS 2007 Mathematische<br />

und Naturwissenschaftliche Kompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich.<br />

Münster: Waxmann.<br />

149


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 8 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum T2 214<br />

Alexander Robitzsch<br />

Wie signifikant ist der österreichische „Absturz“ im Lesen in der PISA-<br />

Studie 2009? Eine Erklärung mittels alternativer Berechnungen von Standardfehlern<br />

für Ländermittelwerte sowie für originale und marginale<br />

Trendschätzungen<br />

Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation & Entwicklung des österreichischen<br />

Schulwesens<br />

a.robitzsch@bifie.at<br />

In der PISA-Studie 2009 schnitt Österreich in der Lesekompetenz mit 470 Punkten signifikant<br />

schlechter als im Jahr 2006 (490 Punkte) ab. Ein ähnlicher Leistungsabfall wurde jedoch nicht für<br />

Mathematik oder die Naturwissenschaften beobachtet.<br />

Dieser Beitrag zeigt, dass der österreichische Leistungsabfall im Lesen bei ausschließlicher Berücksichtigung<br />

von in allen PISA-Zyklen eingesetzten Items nicht mit einer sogenannten marginalen<br />

Skalierung (Carstensen, Prenzel & Baumert, 2008) feststellbar ist. Die Ursache der abweichenden<br />

Ergebnisse liegt darin begründet, dass der Standardfehler für die offiziell von der OECD<br />

berichtete originale Trendschätzung deutlich unterschätzt wird, da das länderspezifische Itemfunktionieren<br />

(Country Differential Item Functioning) bei der Standardfehlerberechnung ignoriert<br />

wird. Verschiedene Alternativen der Bestimmung von Standardfehlern von Mittelwerten<br />

sowie originaler und marginaler Trendschätzungen werden präsentiert.<br />

Carstensen, C. H., Prenzel, M. & Baumert, J. (2008). Trendanalysen in PISA: Wie haben sich die Kompetenzen in<br />

Deutschland zwischen PISA 2000 und PISA 2006 entwickelt? Zeitschrift für Erziehungswissenschaften, 10, 11-<br />

34.<br />

Monseur, C. & Berezner, A. (2007). The computation of equating errors in international surveys in education.<br />

Journal of Applied Measurement, 8, 323-335.<br />

150


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 8 | 17:45 – 18:25 Uhr | Raum T2 214<br />

Christian Spoden, Jens Fleischer<br />

Parametrische Personen-Fit-Statistiken mit robusten Fähigkeitsschätzern<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

christian.spoden@uni-due.de<br />

Personen-Fit-Statistiken werden im Rahmen der Item-Response-Theorie (IRT) in psychologischen<br />

und bildungswissenschaftlichen Kontexten eingesetzt, um Verletzungen der Modellpassung in<br />

den Antwortmustern von Probanden zu identifizieren. Reise (1995) fand, dass die Detektionsraten<br />

der parametrischen Personen Fit Statistik lz von dem in die Statistik eingehenden Fähigkeitsschätzer<br />

abhängen. Verglichen mit der konventionellen Maximum-Likelihood-Schätzung und der<br />

Expected-A-Posteriori-Schätzung identifizierte lz auf Basis des robusten Biweight-Schätzers mehr<br />

Modellverletzungen, insbesondere in den Extremen der Fähigkeitsverteilung. Allerdings kann der<br />

Biweight-Schätzer Konvergenzprobleme bei Antwortmustern mit wenigen korrekten Antworten<br />

aufweisen (Schuster & Yuan, 2011). Kürzlich veröffentlichten Schuster und Yuan (2011) mit der<br />

Huber-Gewichtung eine alternative Methode zur robusten Fähigkeitsschätzung, welche nicht<br />

von Konvergenzproblemen beeinflusst scheint. Im Vortrag werden Ergebnisse einer Simulationsstudie<br />

präsentiert, welche die Detektionsraten verschiedener parametrischer Personen-Fit-<br />

Statistiken basierend auf diesen robusten Schätzern untersucht. Die Ergebnisse werden mit<br />

Personen-Fit-Statistiken auf Basis konventioneller Fähigkeitsschätzer und verschiedener Adjustierungsverfahren<br />

(vgl. de la Torre & Deng, 2008) verglichen. Zudem werden einige Beispiele IRTskalierter<br />

Datensätze aus der Bildungsforschung herangezogen, um den Nutzen von Personen-<br />

Fit-Statistiken auf Basis robuster Fähigkeitsschätzer an Real-Daten zu untersuchen.<br />

de la Torre, J., & Deng, W. (2008). Improving person-fit assessment by correcting the ability estimate and its reference<br />

distribution. Journal of Educational Measurement, 45, 159–177.<br />

Reise, P. S. (1995). Scoring methods and the detection of person misfit in a personality assessment context. Applied<br />

Psychological Measurement, 19, 213–229.<br />

Schuster, C. & Yuan, K.-H. (2011). Robust estimation of latent ability in item response models. Journal of Educational<br />

and Behavioral Statistics, 36, 720–735.<br />

151


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 9 | 13:30 – 14:10 Uhr | Raum T2 220<br />

Dominik Becker, Jasmin Schwanenberg<br />

Multiple Group Comparisons vs. Differential Item Functioning:<br />

Ein Vergleich von zwei Verfahren zur Überprüfung von Messinvarianz am<br />

Beispiel Elternpartizipation<br />

Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

becker@ifs.tu-dortmund.de<br />

Viele in der empirischen Sozialforschung verwendeten Variablen sollten idealerweise nicht manifest,<br />

sondern latent und unter Berücksichtigung von ‚measurement error‘ gemessen werden.<br />

Besteht darüber hinaus die Stichprobe aus verschiedenen Teilgruppen, so muss zusätzlich die<br />

Invarianz des postulierten Messmodells in den jeweiligen Gruppen überprüft werden.<br />

Zwei zur Durchführung von gruppenspezifischen Tests auf Messinvarianz geeignete Ansätze sind<br />

die Mehrgruppen-Analyse (MGC) im Framework der konfirmatorischen Faktorenanalyse sowie<br />

der Test auf ‚differential item functioning‘ (DIF) im Framework der Item Response Theorie (Holland<br />

& Wainer, 1993; Millsap & Yun-Tein, 2004).<br />

Während in anderen Disziplinen bereits Vergleiche der Gemeinsamkeiten und Unterschiede<br />

beider Ansätze vorliegen (z.B. Meade & Lautenschlager, 2004), trifft dies insbesondere für die<br />

deutschsprachige empirische Pädagogik nicht zu.<br />

Ziel des vorliegenden Beitrags ist daher, auf Basis der im Rahmen des Projekts „Ganz In - Mit<br />

Ganztag mehr Zukunft. Das neue Ganztagsgymnasium NRW“ im Jahr 2010 an 31 nordrheinwestfälischen<br />

Gymnasien durchgeführten Ausgangserhebung einen solchen Vergleich zu unternehmen.<br />

Auf Grundlage der in der Elternbefragung (N=2729) erhobenen Indikatoren zur elterlichen Beteiligung<br />

im Schulbereich (z.B. Mithilfe bei Schulfesten, Begleitung von Klassenfahrten und Ausflügen<br />

oder Übernahme von Aufgaben im Förderverein) wird ein Messmodell der latenten Variable<br />

‚Elternpartizipation‘ geschätzt, das simultan für Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund<br />

getestet wird. Im Zuge der Analysen werden die einzelnen Schritte bei MGCs<br />

bzw. DIF-Tests detailliert abgehandelt und die Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede beider Verfahren<br />

herausgearbeitet. Hierbei erfolgt eine Schwerpunktsetzung auf ordinale Variablen, die in<br />

der empirischen Sozialforschung weitaus häufiger als metrische Indikatoren auftreten (z.B. in<br />

Form von Likert-Skalen).<br />

Der Beitrag schließt mit einer zusammenfassenden Übersicht, welche Gruppenvergleiche auf<br />

Basis welcher Formen von Messinvarianz zulässig sind.<br />

152


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 9 | 14:15 – 14:55 Uhr | Raum T2 220<br />

Anne Noll, Martin Gartmeier, Manfred Prenzel<br />

Professionalisierung von zukünftigen Lehrkräften im Bereich der<br />

Kommunikationskompetenz – Sind simulierte Gesprächspartner ein<br />

reliables Instrument zur Messung der Gesprächsführungskompetenz?<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

Anne.Noll@tum.de<br />

Internationale Forschungsbefunde zeigen, dass die Zusammenarbeit von Lehrpersonen und Eltern<br />

einen positiven Einfluss auf die Leistungsentwicklung und das Verhalten von SchülerInnen hat (Überblick<br />

bei Hertel, 2009). Lehrpersonen fühlen sich den Beratungswünschen der Eltern aber oft nicht<br />

gewachsen (Freyaldenhofen, 2005). Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass sie in ihrer Ausbildung<br />

nicht ausreichend auf die Zusammenarbeit mit Eltern vorbereitet wurden. Um das Können (zukünftiger)<br />

Lehrpersonen zu ermitteln und Ansatzpunkte für ihre Weiterentwicklung zu identifizieren,<br />

sind Verfahren zur Messung der Gesprächsführungskompetenz erforderlich. Da es diese im erziehungswissenschaftlichen<br />

Bereich bisher kaum gibt, wurde im BMBF-Projekt ProfKom ein Instrument<br />

aus der Medizin an den Lehramtskontext adaptiert: Simulierte Gesprächspartner (SGPs) sind SchauspielerInnen,<br />

die eine standardisierte Patienten- bzw. Elternrolle verkörpern. In Bezug auf die Gesprächsführungskompetenz<br />

von ÄrztInnen erlaubt der Einsatz von SGPs zuverlässige Messungen<br />

(May, Park & Lee, 2009). Ein Faktor, der neben dem standardisierten Verhalten der SGPs und dem<br />

Auswertungsschema großen Einfluss auf die Reliabilität hat, sind die Rater bzw. ihre Schulung. Da der<br />

Erhebungszugang für den Lehramtskontext neu entwickelt wurde, ist es das Ziel dieses Beitrags zu<br />

prüfen, ob eine zufriedenstellende Beobachterübereinstimmung in Hinblick auf die Güte der Gesprächsführungskompetenz<br />

(Cronbach‘s α > 0.6) erreicht werden kann.<br />

In einer Vorstudie haben n = 50 Lehramtsstudierende jeweils zwei simulierte Elterngespräche geführt.<br />

Diese wurden videographiert und von unabhängigen BeobachterInnen anhand eines Kategoriensystems<br />

ausgewertet. Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurden Intraklassenkorrelationen<br />

durchgeführt. Die Beobachterübereinstimmung lag über alle Items hinweg bei Cronbach‘s α = .84. Die<br />

einzelnen Items erreichten Übereinstimmungskoeffizienten zwischen Cronbach‘s α .69 und .95.<br />

Die bisherigen Ergebnisse sprechen dafür, dass SGPs ein reliables Instrument zur Messung der Gesprächsführungskompetenz<br />

zukünftiger Lehrpersonen sind. Wenn dies im Laufe der Auswertung<br />

durch die Analyse des Kategoriensystems und des standardisierten Verhaltens der SGPs weiter bestätigt<br />

wird, spricht dies nach Prüfung der Objektivität und Validität für den Einsatz von SGPs in der Aus-<br />

und Weiterbildung von Lehrpersonen.<br />

Freyaldenhoven, I. (2005). Schule in der Krise? Psychologische Beratung als Antwort! Theoretische und praktische<br />

Hinweise für eine gelingende Schulberatung - lösungsorientiert und individuell. Stuttgart: Ibidem-Verlag.<br />

Hertel, S. (2009). Beratungskompetenz von Lehrern: Kompetenzdiagnostik, Kompetenzförderung, Kompetenzmodellierung.<br />

Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie: Vol. 74. Münster; München [u.a.]: Waxmann.<br />

May, W., Park, J. H., & Lee, J. P. (2009). A ten-year review of the literature on the use of standardized patients in<br />

teaching and learning: 1996–2005. Medical Teacher, 31(6), 487–492.<br />

153


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 9 | 15:00 – 15:40 Uhr | Raum T2 220<br />

Jürgen Wilbert<br />

Faktorielle und diskriminative Validität einer ressourcen-orientierten<br />

„Lehrereinschätzliste für Sozial- und Lernverhalten“ (LSL) bei Schülern mit<br />

Beeinträchtigungen im Lernen und Sozialverhalten<br />

<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

juergen.wilbert@uni-koeln.de<br />

Aus der Perspektive der Ressourcenorientierung lassen sich Kompetenzen im Lern- und Sozialverhalten<br />

relativ leicht und ökonomisch durch Lehrereinschätzlisten erheben. Allerdings gibt es<br />

bislang kaum Erkenntnisse, ob solche Checklisten auch bei Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen<br />

im Lernen und Sozialverhalten anwendbar sind und beide Gruppen erfolgreich<br />

dadurch erfolgreich unterschieden werden können. Diese Fragen stellen sich umso mehr, bedenkt<br />

man die hohe Komorbidität von Lern- und Verhaltensstörungen (Linderkamp & Grünke,<br />

2007). Um die Ressourcen von Schülern mit Beeinträchtigungen im Lernen und Sozialverhalten<br />

zu erfassen, verwendeten wir die „Lehrereinschätzliste für Sozial- und Lernverhalten“ (LSL) von<br />

Petermann und Petermann (2006).<br />

Wir erhoben die Lehrereinschätzung durch die LSL von 299 Schülern mit diagnostiziertem sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf im Lernen und Sozialverhalten. Die Schulnoten wurden ebenfalls<br />

von den Lehrerinnen und Lehrern erfragt.<br />

Die internen Konsistenzen der 10 LSL Subskalen liegen zwischen α = .73 und .91. Bei den meisten<br />

Skalen finden sich die zu erwartenden signifikanten Unterschiede zwischen beiden Schülergruppen.<br />

Konfirmatorische Faktorenanalysen zeigen jedoch, dass sich eine Auswertung auf Subskalen-Ebene<br />

nicht empfiehlt. Eine zweifaktorielle Lösung der Skalen Lern-/Arbeitsverhalten und<br />

Sozialverhalten bietet die beste Modellanpassung. Durch eine Diskriminanzanalyse ließen sich<br />

68% der Schüler korrekt klassifizieren.<br />

Insgesamt kann die Konsistenz der LSL bei Schülern mit Beeinträchtigungen im Lernen und Sozialverhalten<br />

bestätigt werden. Aufgrund der hohen Interkorrelationen zwischen den 10 Subskalen<br />

wird eine einfachere Auswertung der zwei Skalen „Lern- und Arbeitsverhalten“ sowie „Sozialverhalten“<br />

empfohlen. Dabei sollte die hohe Itemanzahl reduziert werden, was ohne große<br />

Verluste in der Testgüte möglich ist (Sparfeldt et al., 2012). Die relativ große Anzahl an falsch<br />

klassifizierten Schülern kann sich entweder durch eine nicht genügend hohe Diskriminanz der<br />

Skalen oder aber durch die hohe Komorbidität von Lern- und Verhaltensstörungen ergeben.<br />

Linderkamp, F. & Grünke, M. (2007). Lern- und Verhaltensstörungen: Klassifikation, Prävalenz & Prognostik. In F.<br />

Linderkamp & M. Grünke (Hrsg.), Lern- und Verhaltensstörungen (S. 14–28). Weinheim: Beltz.<br />

154


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 9 | 16:15 – 16:55 Uhr | Raum T2 220<br />

Christian Lorenz, Christoph Homuth, Claudia Karwath, Hanna Ackermann<br />

Online-Terminvereinbarungen in der empirischen Feldforschung<br />

Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg<br />

christian.lorenz@uni-bamberg.de<br />

Ein zeitintensiver Anteil der Organisation empirischer Feldforschung entfällt auf die Terminvereinbarung<br />

mit den Studienteilnehmern, insbesondere dann, wenn Einzelpersonen untersucht<br />

werden sollen. Per Telefon ist ein Teil der Stichprobe oft nur schlecht erreichbar. Im Rahmen des<br />

BiKS-Projekts wurde deshalb für die Terminvereinbarungen mit Familien auf ein Onlineverfahren<br />

zurückgegriffen, bei dem sich die Studienteilnehmer mittels vorher zugeschickter individueller<br />

Kennung in einem Terminplan freie Zeiten selbst wählen konnten. Online-Terminvereinbarung<br />

ist bislang kaum erforscht und wird bislang vor allem im Gesundheitssektor sowie von Dienstleistern<br />

in Anspruch genommen. Rund ein Viertel (n=63) unserer Stichprobe, die seit 2005 bereits<br />

die telefonische Terminvereinbarung gewöhnt waren, nutzte diese Möglichkeit. Um dessen<br />

Effektivität beurteilen zu können, beantworteten alle Studienteilnehmer einige darauf bezogene<br />

Fragen. Dabei zeigte sich, dass tendenziell Familien mit höherem HISEI und vorwiegend jene<br />

Teilnehmer die Online-Möglichkeit nutzten, die angaben, dass sie telefonisch schlecht erreichbar<br />

wären. Dies lässt sich empirisch anhand der Anzahl der Anrufversuche bei Telefoninterviews mit<br />

denselben Personen bestätigen. Häufigste Gründe für die Nichtnutzung waren schlichtes Vergessen<br />

der Anmeldung und die Bevorzugung eines persönlichen Kontakts. Fazit: Insbesondere bei<br />

größeren Stichproben ist die Online-Terminvereinbarung mit erheblich weniger Zeitaufwand ein<br />

geeignetes Instrumentarium, schwer erreichbare Stichprobenteile zu kontaktieren.<br />

Estevez, E., Douwe, V. H., & Janowski, T. (2009). E-Appointment Service - Development Report. E-Macao Program,<br />

Center for Electronic Governance, UNU-IIST, P.O. Box 3058, Macau, March 2009.<br />

Klischewski, R. (2003). The Challenges of e-Appointment: Process Modeling, Infrastructure, and Organizational<br />

Context, <strong>Universität</strong> Hamburg, Fachbereich Informatik, http://is.guc.edu.eg/uploads/ibim_klischewski.pdf.<br />

Schulz, H. (2008). E-Appointment eröffnet neue Möglichkeiten für die Terminvergabe. In: Fachhochschule Mainz<br />

(Hrsg.), Update 6, Forschung & Wirtschaft SS08, Heft 6.<br />

155


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 9 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum T2 220<br />

Andrea Stuck 1 , Gisela Kammermeyer 1 , Susanna Roux 2<br />

Anregungsqualität in der additiven Sprachförderung im Kindergarten -<br />

Erhebungen mit dem Classroom Assessment Scoring System (CLASS)<br />

1 <strong>Universität</strong> Koblenz-Landau, 2 Pädagogische Hochschule Weingarten<br />

stuck@uni-landau.de<br />

Kognitiv aktivierender Unterricht, in dem den Schülerinnen und Schülern ein Maximum an Lernzeit<br />

zur Verfügung steht, sie anspruchsvolle aber zu bewältigende Aufgaben bearbeiten, haben<br />

einen starken positiven Effekt auf die Lernleistungen der Kinder, darauf weist Köller (2012; S. 73)<br />

bezugnehmend auf die Hattie-Synopse hin.<br />

Wie bedeutsam die „kognitive Aktivierung“ auch in der frühkindlichen Erziehung ist, weisen<br />

amerikanische Studien (vgl. zusammenfassend bei Downer, López, Grimm, Hamagami, Pianta &<br />

Howes, 2012, S. 21) nach. Sie zeigen auf, dass sich besonders die warmen, sensiblen, gut organisierten<br />

und kognitiv stimulierenden Interaktionen mit Erwachsenen positiv auf die soziale, kognitive<br />

und sprachliche Entwicklung der Kinder auswirken.<br />

Mit dem amerikanischen Classroom Assessment Scoring System (CLASS) von Pianta, LaParo und<br />

Hamre (2008) liegt ein valides und reliables Beobachtungsinstrument vor, dessen Fokus auf der<br />

Beurteilung dieser Erzieherin-Kind-Interaktion in (vor-)schulischen Lernsituationen liegt. Die<br />

konfirmatorisch abgesicherten und für den Vorschulbereich bestätigten distinkten Dimensionen<br />

der CLASS sind „Emotionale Unterstützung“, „Gruppenführung“ sowie „Lernunterstützung“.<br />

Im deutschen Sprachraum gibt es bisher kein angemessenes Beobachtungsinstrument, das die<br />

Interaktionen zwischen Erzieherinnen und Kindern in Fördersituationen valide und reliabel erfassen<br />

kann.<br />

Im Rahmen der Studie „Was wirkt wie“, welche die additiven Sprachfördermaßnahmen in rheinland-pfälzischen<br />

Kindertagesstätten evaluiert, wurde die CLASS ins Deutsche übersetzt und zur<br />

Einschätzung der Qualität der Interaktionen der Sprachförderkräfte mit den Kindern eingesetzt.<br />

Im Rahmen des Vortrags wird der Frage nachgegangen, ob die CLASS auch in einem deutschen<br />

Vorschulsetting den Gütekriterien entspricht und der drei-faktorielle theoretische Rahmen<br />

nachbildbar ist. Darüber hinaus werden erste Ergebnisse zur Interaktionsqualität der Sprachfördergruppen<br />

vorgestellt.<br />

Downer, J. T., López, M. L., Grimm, K. J., Hamagami, A., Pianta, R. C. & Howes, C. (2012). Observations of teacherchild<br />

interactions in classrooms serving Latinos and dual language learners: Applicability of the Classroom Assessment<br />

Scoring System in diverse settings. Early Childhood Research Quarterly, 27 (1), 21-32.<br />

Köller, O. (2012). What works best in school? Hatties Befunde zu Effekten von Schul- und Unterrichtsvariablen auf<br />

Schulleistung. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 59, 72-78.<br />

Pianta, R. C., La Paro, K. M. & Hamre, B. K. (2008). Classroom Assessment Scoring System. Manual Pre-K. Baltimore:<br />

Brookes.<br />

156


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 9 | 17:45 – 18:25 Uhr | Raum T2 220<br />

Martin Senkbeil, Jan Marten Ihme<br />

Wie valide sind Papier-und-Bleistift-basierte Tests zur Erfassung<br />

computerbezogener Kompetenzen?<br />

Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaft und Mathematik<br />

senkbeil@ipn.uni-kiel.de<br />

Computerbasierte Testungen (CBT) zur Erfassung von Computer- und Internetwissen (ICT Literacy)<br />

können aufgrund ihrer hohen Inhaltsvalidität (z.B. Präsentation authentischer Situationen,<br />

Erfassung prozessbezogener Kompetenzen in interaktiven Testumgebungen) als Methode der<br />

Wahl betrachtet werden. Gleichwohl werden in groß angelegten Studien aus technischen und<br />

finanziellen Gründen (z.B. hoher Programmieraufwand, technische Ausstattungsvoraussetzungen)<br />

häufig immer noch Papier-und-Bleistift-Tests (PPT) eingesetzt (Kuhlemeier & Helmker,<br />

2007). Dies ist derzeit beispielsweise auch im Nationalen Bildungspanel der Fall.<br />

Die Konstruktvalidität von Papier-und-Bleistift-Tests zur Erfassung von ICT Literacy im Vergleich<br />

zu performanzbasierten CBT wurde bislang kaum empirisch überprüft (Miller & Linn, 2000). Zur<br />

Klärung dieser Frage wurde ein Experiment durchgeführt, in dem 130 Jugendliche einen repräsentativen<br />

Teil der im Nationalen Bildungspanel eingesetzten Items entweder in Form einer<br />

Papier-und-Bleistift-Aufgabe oder in Form einer performanzbasierten Aufgabe am Computer<br />

bearbeiteten. Als weitere Validierungsvariablen wurden kognitive Maße (z.B. verbale Intelligenz)<br />

und Merkmale der Computernutzung erhoben.<br />

Analysen zur Dimensionalität beider Testverfahren weisen auf eine ausreichende Validität des<br />

PPT hin. So werden anhand der beiden Testmodi zwar zwei unterschiedliche, aber hoch miteinander<br />

korrelierende Konstrukte (messfehlerbereinigt: r = .80) erfasst. Andererseits korreliert der<br />

PPT mit kognitiven Maßen höher und mit Merkmalen der Computernutzung niedriger als der<br />

CBT, was die diskriminante Validität des PPT einschränkt. Die Bedeutung der Ergebnisse für<br />

zukünftige groß angelegte Studien wird abschließend diskutiert.<br />

Kuhlemeier, H. & Hemker, B. (2007). The impact of computer use at home on students Internet skills. Computers in<br />

Human Behavior, 49, 460-480.<br />

Miller, D. M. & Linn, R. L. (2000). Validation of performance-based assessments. Applied Psychological Measurement,<br />

24, 367-378.<br />

157


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 10 | 13:30 – 14:10 Uhr | Raum T2 226<br />

Jörg Schlömerkemper<br />

Eine „hermeneutische Wendung“ in der empirischen pädagogischen<br />

Forschung<br />

Goethe-<strong>Universität</strong> Frankfurt<br />

jschloe@t-online.de<br />

In jüngster Zeit werden qualitative und quantitative Konzepte der Forschung kaum noch alternativ<br />

oder gar kontrovers diskutiert. Für eine konstruktive Verbindung wäre allerdings mehr<br />

wünschenswert als eine wohlwollende Addition. Dies ist auch durchaus möglich und sinnvoll,<br />

wenn man die gemeinsame Grundstruktur hermeneutischer und empirischer Konzepte herausarbeitet<br />

und deutlich macht, dass empirische Verfahren auf hermeneutisch orientiertes Verstehen<br />

angewiesen sind und häufig erst dadurch theoretisch und praktisch bedeutsam werden<br />

können. Heinrich Roth (mein Doktorvater) hatte 1961 mit seinen Überlegungen zu einer „empirischen<br />

Wendung“ keineswegs eine Abkehr von geisteswissenschaftlich orientierten Kategorien<br />

im Sinn, sondern deren Ergänzung um sozialwissenschaftliche Fragestellungen und Methoden.<br />

Es scheint mir an der Zeit, diese normative Dimension auch für empirisch orientierte Forschung<br />

in Erinnerung zu rufen und eine entsprechende „hermeneutische Wendung“ in den Blick zu<br />

nehmen.<br />

Jörg Schlömerkemper: Konzepte pädagogischer Forschung. Eine Einführung in Hermeneutik und Empirie. Bad<br />

Heilbrunn: Klinkhardt-UTB, 2010<br />

158


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 10 | 14:15 – 14:55 Uhr | Raum T2 226<br />

Michael Schurig<br />

Response Bias und Messinvarianz in einem Urteil zu musikalischer<br />

Präferenz: Hinter der Messvarianz<br />

<strong>Universität</strong> Bremen<br />

schurig@uni-bremen.de<br />

Es gibt verschiedene evidente Hinweise, dass bevorzugten Musikstilen Funktionen von Musik<br />

zugeschrieben werden können. Junge Menschen verwenden Musik, um ihre Identitäten zu erkunden,<br />

auszudrücken, zu festigen und sich symbolisch gegenüber anderen Gruppen abzugrenzen<br />

(Schäfer & Sedlmeier, 2010). Die Entwicklung der Offenheit gegenüber verschiedenen Musikstilen<br />

stellt eine Erweiterung des ästhetischen und sozialen Ausdrucksspektrums und der<br />

kulturellen Integration, sowie der partikularen gesellschaftlichen Abhebung dar.<br />

Das Teilprojekt „Präferenz“ der Studie zum Instrumentalunterricht an Grundschulen (SIGrun) des<br />

BMBF-Förderschwerpunktes zum Programm „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi) untersucht die<br />

Entwicklung musikalischer Präferenz in der Grundschulzeit (Klasse 1-4) mittels einer quantitativen<br />

Längsschnittstudie. Komplementäre Interviews mit Kindern, Eltern und Lehrkräften wurden<br />

zusätzlich eingeholt.<br />

Beobachtete Mittelwertunterschiede zweier in einem Faktormodell extrahierter latenter Faktoren<br />

(„Klassik“ und „Ethnische/Avant-Garde Musik“) sind aber durch nur partielle skalare Invarianz<br />

zwischen Geschlechtsgruppen wenig belastbar, wenngleich theoretisch anschlussfähig. Bisherigen<br />

Ergebnisse der Prüfungen auf Invarianz über Gruppen deuten auf einen genderspezifischen<br />

additiven Bias auf der Individualebene gegenüber einem einzelnen der latenten Faktoren<br />

(„Klassik“) hin.<br />

Um diese Ablehnung der strengen Invarianz zu hinterfragen, wird geprüft, inwiefern sich dieser<br />

Bias als konkrete genderspezifische Antworttendenz identifizieren und vorhersagen lässt. Dazu<br />

werden Elterninformationen zur Kindespersönlichkeit nach dem Big-Five Modell und theoretisch<br />

bekannte, sowie vorliegende Zusammenhänge zwischen der Kindespersönlichkeit und Antworttendenzen<br />

interpretiert. Das Ziel ist es, einen adäquaten Umgang mit der partiellen Invarianz für<br />

Längsschnittanalysen zu generieren. Vor möglichen Interpretationen muss hier klar zwischen<br />

einer Antworttendenz gegenüber anderen als einem Ausdruck einer Persönlichkeitseigenschaft<br />

auf Individualniveau und einem gruppenspezifizierten Kommunikationssystem unterschieden<br />

werden.<br />

Im Hinblick auf die Analysen werden mögliche Umgangsformen mit der Problematik für die<br />

Modellierung latenter Wachstumskurven diskutiert.<br />

Brown, Timothy A. (2006). Confirmatory Factor Analysis for Applied Research. The Guilford Press: New York.<br />

Schäfer, T., & Sedlmeier, P. (2010). What makes us like music? Determinants of music preference. Psychology<br />

of Aesthetics, Creativity, and the Arts, 4, 223-234.<br />

Weijters, B., Geuens, M. & Schillewaert, N. (2010). The Individual Consistency of Acquiescence and Extreme Response<br />

Style in Self-Report Questionnaires. Applied Psychological Measurement, 34, 105-121.<br />

159


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 10 | 15:00 – 15:40 Uhr | Raum T2 226<br />

Tanja Graf, Rico Emmrich, Peter Harych<br />

Durchführungseffekte bei Vergleichsarbeiten<br />

Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg<br />

Tanja.Graf@isq-bb.de<br />

Lehreradministrierte Vergleichsarbeiten werden in den Ländern der Bundesrepublik zwar im<br />

Sinne eines low-stake testing arrangiert, dennoch sehen sich Lehrkräfte einem gewissen Erwartungsdruck<br />

seitens der Eltern, Kolleginnen und Kollegen, Schulleitungen und Administrationen<br />

ausgesetzt (vgl. Kuper/Hartung 2007). Vor diesem Hintergrund sind vermehrt Diskussionen um<br />

die prinzipielle Aussagekraft und Vergleichbarkeit der Ergebnisse aufgekommen (Brügelmann<br />

2005).<br />

Im Zuge der Vergleichsarbeiten 2012 standen Aspekte der Durchführungs- und Auswertungsobjektivität<br />

des Testverfahrens im Fokus. Das Wissen über Durchführungseffekte bei Vergleichsarbeiten<br />

kann dabei einerseits für die Einordnung von „Verzerrungen“ gegenüber stärker standardisierten<br />

Tests (wie Ländervergleiche) und andererseits für die Abschätzung von Effekten unter<br />

spezifischen Durchführungsbedingungen nützlich sein.<br />

Es werden die Ergebnisse einer stichprobenbasierten Studie im Fach Mathematik mit Versandvariation,<br />

Testleitereinsatz und externer Auswertung über geschulte Rater beschrieben. Die Studie<br />

knüpft an eine bereits durchgeführte Untersuchung an (Graf/Emmrich/Harych 2011), variiert<br />

allerdings die Stichprobe (Schulform).<br />

Kuper, H., Hartung, V. (2007). Überzeugungen zur Verwendung des Wissens aus Lernstandserhebungen. Zeitschrift<br />

für Erziehungswissenschaft, 10(2), 214-229.<br />

Brügelmann, H. (2005). Wahrheit durch VERA? Anmerkungen zum ersten Durchgang der landesweiten Leistungstests<br />

in sieben Bundesländern. Grundschule aktuell, 89 (1), 7-9.<br />

Graf, T., Emmrich, R., Harych, P. (2011): Durchführungseffekte bei Vergleichsarbeiten. Vortrag auf der 76. Tagung<br />

der Arbeitsgruppe für Empirische Pädagogische Forschung der DGfE „Baustelle Lehrerbildung“ in Klagenfurt.<br />

160


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 10 | 16:15 – 16:55 Uhr | Raum T2 226<br />

Anna-Katharina Praetorius, Lisa Rösch, Friedrich-Wilhelm Schrader, Andreas Helmke<br />

Denn wir wissen (nicht), was sie tun – Einschätzung von<br />

Unterrichtsqualität durch Rater und damit verbundene Schwierigkeiten im<br />

Urteilsprozess<br />

<strong>Universität</strong> Koblenz-Landau<br />

praetorius@uni-landau.de<br />

Unterrichtsqualität wird in vielen Studien über Beobachterratings erfasst. Mit Beobachtertrainings<br />

und Kontrollen der Urteilerübereinstimmung wird versucht sicherzustellen, dass die Urteiler<br />

über eine hinreichende Beobachtungs- und Beurteilungskompetenz verfügen. Untersuchungen<br />

dazu, welche Schwierigkeiten im Urteilsprozess festzustellen sind, existieren bislang jedoch<br />

kaum. In der vorliegenden Untersuchung wird der Frage nachgegangen, ob und in welchem<br />

Ausmaß bei den im Vierstufenmodell der Beantwortung von Surveys (s. Groves et al., 2009)<br />

unterschiedenen Schritten (Iteminterpretation, Indikatorensuche und -auswahl, Informationsintegration,<br />

Antwortkategoriewahl) Probleme auftreten.<br />

Datenbasis der Untersuchung bilden drei videografierte Unterrichtssequenzen, die von je 12<br />

geschulten Ratern in Bezug auf die Dimensionen Klassenführung und Schülerorientierung mittels<br />

insgesamt 12 Items eingeschätzt wurden. Als Erhebungsmethoden wurden die Methode des<br />

lauten Denkens (Ericsson & Simon, 1993), kognitive Interviews und eine quantitative Fragebogenerhebung<br />

eingesetzt. Ausgewertet wurden die Daten mit der qualitativen Inhaltsanalyse<br />

nach Mayring (2008) sowie einfachen deskriptiven Maßen.<br />

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei allen Verarbeitungsschritten Schwierigkeiten auftreten,<br />

wobei es zwischen Unterrichtssequenzen erhebliche Unterschiede gibt: (1) Einige Rater<br />

weisen Schwierigkeiten bei der Interpretation einzelner Items auf. (2) Bei bis zu einem Drittel<br />

der Antworten zeigen sich Probleme bei der Suche und Auswahl von Indikatoren (z.B. intuitive<br />

Vorgehensweisen). (3) Indikatoren werden unterschiedlich einbezogen und gewichtet und die in<br />

das Urteil eingehenden Verhaltensweisen variieren deutlich in ihrer Anzahl. (4) Schwierigkeiten<br />

beim Wählen einer Antwortkategorie (z.B. Hin- und Herschwanken zwischen Antwortkategorien)<br />

treten bei bis zu einem Fünftel der Antworten auf.<br />

Diskutiert werden soll u.a., in welchem Ausmaß aufgrund der Ergebnisse Einschränkungen in<br />

Bezug auf die Interpretierbarkeit von Beobachterratings zu vermuten sind und wie solchen<br />

Schwierigkeiten in künftigen Studien entgegengewirkt werden kann.<br />

Ericsson, K. A. & Simon, H. A. (1993). Protocol analysis: Verbal reports as data. Cambridge: MIT Press.<br />

Groves, R. M., Fowler Jr., F. J., Couper, M. P., Lepkowski, J. M. & Singer, E. (2009). Survey Methodology. Hoboken,<br />

NJ: John Wiley & Sons.<br />

Mayring, P. (2008). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken (10. Aufl.). Weinheim: Beltz.<br />

161


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 10 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum T2 226<br />

Michaela Kropf, Marko Neumann, Michael Becker, Kai Maaz<br />

Nonresponse in Bildungsstudien. Einflüsse des administrativen Untersuchungsdesigns<br />

auf die Teilnehmerquote<br />

<strong>Universität</strong> Potsdam<br />

michaela.kropf@uni-potsdam.de<br />

In der empirischen Bildungsforschung wird man meist mit dem Problem von fehlenden Daten<br />

konfrontiert. Vor allem in Längsschnittstudien zeigt sich das Problem verstärkt durch Panelmortalität.<br />

Generell besteht das Anliegen, die Stichprobe möglichst vollständig zu erheben und in<br />

den Daten abzubilden. Bisherige Forschungsarbeiten zum Teilnahmeverhalten im Bereich der<br />

Sozialwissenschaften können zeigen, dass neben den individuellen Merkmalen der potentiellen<br />

Teilnehmer die Strategien des administrativen Untersuchungsdesigns zentrale Erklärungsfaktoren<br />

darstellen (vgl. Fox, Crask & Kim, 1988, Yammarino, Skinner & Childers, 1991). Im Bereich<br />

der Bildungswissenschaften und dem Forschungsfeld der empirischen Bildungsforschung liegen<br />

jedoch zur Erklärung und Steuerung von Teilnahmeverhalten nur wenige Forschungsbefunde<br />

vor. Ergebnisse von Studien zur Surveyforschung können hier zwar erste Hinweise geben, jedoch<br />

bleiben längsschnittliche Designs und die Einbindung in den Kontext Schule — beides für die<br />

bildungswissenschaftliche Forschung zentrale Aspekte — dabei bislang weitgehend unberücksichtigt.<br />

In der vorliegenden Studie werden Strategien des administrativen Untersuchungsdesigns<br />

zur Erhöhung von Teilnahme experimentell variiert und geprüft. Im Rahmen einer großen<br />

längsschnittlichen Studie (BERLIN-Studie) wird untersucht, wie sich verschiedene Strategien der<br />

administrativen Untersuchungsdesigns auf das Teilnahmeverhalten von Eltern auswirken und<br />

welche Effekte sich längsschnittlich zeigen. In den Experimentalgruppen wurden die Treatments<br />

nach den Incentives und der Kontaktierung variiert. Erste Befunde zeigen, dass innerhalb der<br />

verschiedenen Experimentalgruppen die Teilnehmerquote signifikant höher liegt als in der Kontrollgruppe<br />

und dass sich dieser Effekt über den Längsschnitt fortsetzt.<br />

Fox, R.J., Crask, M. R. & Kim, J. (1988). Mail Survey Response Rate. A Meta-Analysis of Selected Techniques for<br />

Inducing Response. Public Opinion Quarterly, 52, S. 467-491.<br />

Yammarino,F.J., Skinner, S.J. & Childers, T.J. (1991). Understanding Mail Survey Response Behavior. A Meta-<br />

Analysis. Public Opinion Quarterly, 55, 613-639.<br />

162


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 10 | 17:45 – 18:25 Uhr | Raum T2 226<br />

Eva Gläser 1 , Andrea Becher 2<br />

Empirische Forschung mit Kinderzeichnungen - dargestellt und diskutiert<br />

an Studien zu Präkonzepten<br />

1 <strong>Universität</strong> Osnabrück, 2 <strong>Universität</strong> Paderborn<br />

eglaeser@uos.de<br />

Die Bedeutung präsentativer Symbolisierungsformen im Kontext empirischer Bildungs- und<br />

Sozialisationsforschung wird seit den 1970ern diskutiert. Die Verwendung thematischer Zeichnungen<br />

als Erhebungsinstrument im Zusammenhang mit empirischen Studien mit Kindern gilt als<br />

besonders geeignet, da sie der Originalität und Individualität des Kindes entgegenkomme und<br />

zudem der kreativen Umsetzung eines Themas freien Raum lasse (vgl. Tschanz & Krause 1992).<br />

Dennoch ist die Anzahl der Studien bis heute überschaubar. Die meisten Studien befassten sich<br />

bislang u.a. mit kindlicher Medienrezeption, der Spiel- und Arbeitswelt, mit Existenzproblemen,<br />

materiellen Wünschen bzw. Wunschberufen oder aber mit domänenspezifischen Schülervorstellungen<br />

(vgl. Kuhn 2003; Haug 2011).<br />

Die Erhebungsmethode wird vor allem mit der des halbstandardisierten Interviews verknüpft.<br />

Zum einen sollen die Zeichnungen gesprächsfördernd wirken, zum anderen durch ihre Autoren<br />

erläutert werden (vgl. Kuhn 2003). Ein wesentliches Problem zeigt sich jedoch im so genannten<br />

„hermeneutischen Basisproblem“ (Boehm 1978, S. 447) – der ungenügenden Rezeption und<br />

Deutung der Zeichnungen mit Hilfe von Sprache. Bildliche Erscheinungsformen können sprachlich<br />

insbesondere von jüngeren Kindern nicht hinreichend beschrieben werden (vgl. Neuß 1998).<br />

Zunehmend werden Kinderzeichnungen als Erhebungsinstrument in der Lehr-Lernforschung<br />

verwendet. Auch in der Sachunterrichtsdidaktik werden Präkonzepte von Grundschulkindern mit<br />

Zeichnungen empirisch erhoben, diese Studien binden methodisch an die Kindheitsforschung an.<br />

Eine spezifisch fachdidaktische methodologische Auseinandersetzung ist bislang nur bedingt<br />

geführt worden, dies zeigt sich vor allem bei der Datenauswertung.<br />

Am Beispiel eigener Studien zu Präkonzepten von Schülerinnen und Schülern im Grundschulalter<br />

soll dargestellt und diskutiert werden, welche Potentiale, aber auch Begrenzungen, diese Erhebungsmethode<br />

für die fachdidaktische Forschung mit Kindern hat. Hierbei werden bewusst<br />

Beispiele aus unterschiedlichen fachlichen Domänen der Sachunterrichtsdidaktik mit einbezogen.<br />

Haug, Lena 2011: Junge StaatsbürgerInnen? Politik in Zukunftsvorstellungen von Kindern. VS Research: Wiesbaden<br />

163


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 11 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum T2 227<br />

Norbert Sommer<br />

Entwicklung der Schulqualität von der Erst- zur Nachinspektion<br />

Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung, Hildesheim<br />

Norbert.sommer@nlq.niedersachsen.de<br />

Die Schulinspektion ist eine der Maßnahmen nach PISA zur Verbesserung von Schulqualität und<br />

Schülerleistungen. Die Wirkung ist weitgehend ungeklärt. Untersuchungen beschränken sich auf<br />

Befragungen schulischer Gruppen zur Akzeptanz der Inspektion und zu Schulentwicklungen im<br />

Anschluss.<br />

In Niedersachsen wird für Schulen, die in der Erstinspektion den gesetzten Qualitätsstandard<br />

unterschreiten, ein Antrag auf Nachinspektion gestellt. Etwa 200 der 3100 niedersächsischen<br />

Schulen weisen in der ersten Inspektionsrunde „gravierende Mängel“ auf. Fast 80 % davon sind<br />

bereits nachinspiziert worden, so dass bzgl. der bewerteten Qualitätskriterien ein Längsschnittsvergleich<br />

anhand von ca. 150 Schulen möglich ist.<br />

Schulleiter geben nach der Nachinspektion in einer umfangreichen Befragung über Reaktionen<br />

auf das negative Erstinspektionsergebnis sowie die Entwicklungsbemühungen zwischen den<br />

Inspektionen Auskunft.<br />

Der Vortrag benennt internationale Erfahrungen mit „failing schools“, beschreibt die Vorgehensweisen<br />

der Bundesländer hinsichtlich des Umgangs mit Schulen, die in der externen Evaluation<br />

schwach anschneiden, vergleicht die beiden Inspektionsprofile der in der Erstinspektion<br />

schwach abschneidenden Schulen und stellt sie den Inspektionsergebnissen der Schulen gegenüber,<br />

die Inspektionsstandards eingehalten haben, analysiert die Befragungsergebnisse im Hinblick<br />

auf mögliche Erfolgsindikatoren für die Verbesserung der Schulen, diskutiert die Aussagekraft<br />

der Ergebnisse und benennt wünschenswerte Zusatzuntersuchungen.<br />

Landwehr, N. (2011). Thesen zur Wirkung und Wirksamkeit der externen Schulevaluation. In. C. Quesel, V. Husfeldt,<br />

N. Landwehr und P. Steiner (Hrsg.).. Wirkungen und Wirksamkeit der externen Schulevaluation. Bern.<br />

hep. S. 13 - 34.<br />

Sommer, N.; Hornig, G. (2008, 2009). Die Diskussion um »failing schools« - Erste Erfahrungen mit Nachinspektionen.<br />

In. SchulVerwaltung Niedersachsen, 19 (12), S. 322-325; 20 (2), S. 36-39.<br />

Sommer, N; Stöhr, C.; Thomas, D. (2010). Schulen mit „gravierenden Mängeln“ - Situation in Niedersachsen und<br />

Einsatzmöglichkeiten der Schulentwicklungsberatung. In. Böttcher, W.; Dicke, J. W.; Hogrebe, N. (Hrsg.). Evaluation,<br />

Bildung und Gesellschaft. Steuerungsinstrumente zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Münster.<br />

Waxmann, S. 209 – 228.<br />

164


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 11 | 17:45 – 18:25 Uhr | Raum T2 227<br />

Marcus Pietsch 1 , Nike Janke 2 , Ingola Mohr 3<br />

Schulinspektion als Intervention auf Schulebene: Kontrafaktische Befunde<br />

zu Effekten von Schulinspektion auf Schülerleistungen<br />

1 Institut für Bildungsmonitoring- und Qualitätsentwicklung Hamburg, 2 Landesinstitut für<br />

Schule Bremen, 3 Landesinstitut für Schulentwicklung Baden-Württemberg<br />

marcus.pietsch@ifbq.hamburg.de<br />

In der erziehungswissenschaftlichen Fachliteratur wird Schulinspektion als Intervention auf Ebene<br />

der Einzelschule verstanden, deren Wirksamkeit sich daran messen lassen muss, ob es ihr<br />

gelingt, zu einer Verbesserung von Schülerleistungen beizutragen. Diejenigen Studien, die sich<br />

mit der Frage auseinandersetzen, ob dies gelingt, weisen meist nach, dass Schulinspektionen<br />

diesbezüglich vergleichsweise wirkungslos sind (vgl. z.B. Rosenthal, 2004). Es wird jedoch kritisiert,<br />

dass die Forschungsdesigns sowie die Methoden, mittels derer die Wirksamkeit von Schulinspektionen<br />

aktuell erforscht werden, dem Anspruch an eine Wirkungsanalyse nicht genügen<br />

(vgl. Wolf & Janssens, 2007). Mit Blick auf die Schulinspektionen in Deutschland kommt hinzu,<br />

dass entsprechende Befunde hierzulande bislang nicht vorliegen (vgl. Gärtner & Pant, 2011).<br />

Dies ist umso problematischer, als sich die Ergebnisse der internationalen Forschung kaum auf<br />

deutsche Inspektorate übertragen lassen, da Schulinspektionen in Deutschland weniger als Kontroll-<br />

denn als Entwicklungsinstrument verstanden werden.<br />

Die vorliegende Studie untersucht daher anhand mehrerer Zufallsstichproben von Schulen mithilfe<br />

von Difference-in-Differences-Ansätzen, ob sich Effekte von Schulinspektion auf die Leistungsentwicklung<br />

von Schülern sowie auf Leistungstrends in Schulen nachweisen lassen. Einerseits<br />

wird die Kompetenzentwicklung von Schülern an Schulen, die durch die Schulinspektion<br />

Hamburg zum Messzeitpunkt der flächendeckenden Studie KESS 8 (t0) inspiziert wurden, verglichen<br />

mit der Kompetenzentwicklung von Schülern an bis zum Messzeitpunkt von KESS 10 (t1)<br />

nicht inspizierten Schulen. Andererseits wird der Trend im Zentralabitur der Jahre 2010 und<br />

2011 für Schulen, die im Kalenderjahr vor dem ersten Messzeitpunkt inspiziert wurden, verglichen<br />

mit dem Trend an Schulen, die im Kalenderjahr des zweiten Messzeitpunktes inspiziert<br />

wurden.<br />

In diesem Design lassen sich leichte Inspektionseffekte finden. Die schülerseitige Performanz an<br />

inspizierten Schulen liegt sowohl in der Lesekompetenzentwicklung als auch in Abiturtrends<br />

rund 10 Prozent einer Standardabweichung höher als erwartet. Die vorgelegten Analyseergebnisse<br />

werfen entsprechend die Frage auf, in wie weit differente Befunde zur Wirksamkeit von<br />

Schulinspektion Unterschieden in der Inspektionsfunktion oder den eingesetzten Forschungsmethoden<br />

geschuldet sind.<br />

Wolf, I. F. de & Janssens, F. J. G. (2007). Effects and side effects of inspection and accountability in education: on<br />

overview of empirical results. Oxford Review of Education, 33(3), 379-396.<br />

165


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 12 | 13:30 – 14:10 Uhr | Raum T2 228<br />

Daniel Kneuper, Lutz Jasker<br />

Karrieren von Schüler/innen in der Sekundarstufe II – Längsschnittanalysen<br />

in der Schulstatistik<br />

Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit, Bremen<br />

daniel.kneuper@bildung.bremen.de<br />

Längsschnittstudien zu Bildungs- bzw. Schulkarrieren sind in der Forschung aufgrund des hohen<br />

Erhebungsaufwandes eher selten zu finden. Auch aus diesem Grund wird immer wieder die<br />

Erfassung von Schülerindividualdaten mit einer eindeutigen Schüler-Kennung im Rahmen der<br />

Schulstatistik gefordert, um Längschnittanalysen vornehmen zu können und so "besseres" Steuerungswissen<br />

zu erlangen. Indikatoren, die auf Längsschnittdaten beruhen, sind jedoch kaum<br />

entwickelt, ob und inwiefern eine solche Indikatorik tatsächlich eine neue Qualität von Steuerungswissen<br />

darstellt, ist nicht klar.<br />

In Bremen werden die schulstatisch relevanten Daten aller Schüler/innen der öffentlichen Schulen<br />

bereits in der geforderten Form erfasst. Auf der Basis der vorliegenden Daten können daher<br />

statistische Analysen zu Karrieren von Schüler/innen von der Einschulung bis zum Verlassen des<br />

Schulsystems vorgenommen werden. Zudem können – erstmalig in der Schulstatistik – Erfolgs-,<br />

Wechsel und Abbruchquoten für unterschiedliche Bildungsgänge ermittelt werden, und zwar auf<br />

unterschiedlichen Aggregationsebenen im Schulsystem, zu ausgewählten Punkten der Bildungskarrien<br />

und für ausgewählte Schülerpopulationen. Damit können die Befunde aus den<br />

bisherigen Large-Scale-Assessment-Studien um Längschnittanalysen amtlicher Daten ergänzt<br />

werden.<br />

Dieser Vortrag ist verortet an der Schnittstelle von Forschung zur Indikatorenentwicklung im<br />

Bildungsmonitoring und der empirischen Bildungsforschung. In Ergänzung zum Bildungsbericht<br />

2012 für das Land Bremen werden Ergebnisse der Längsschnitt-Indikatorenentwicklung und<br />

Analysen zu Bildungskarrieren Bremer Schüler/innen vom Ende der Sekundarstufe I bis zum<br />

Ende der Sekundarstufe II präsentiert: Schüler/innen bewältigen mit unterschiedlichem Erfolg<br />

die Anforderungen der Gymnasialen Oberstufe und in substanziellem Umfang sind Wechsel von<br />

der Gymnasialen Oberstufe in das berufsbildende System zu verzeichnen. Dies scheint abhängig<br />

zu sein vom sozialen und ethnischen Hintergrund der Schüler/innen, sowie den besuchten Schulen<br />

bzw. Schularten in der Sekundarstufe I.<br />

Autorenteam Bildungsberichterstattung Bremen und Bremerhaven (2012): Bildung - Migration - soziale Lage.<br />

Voneinander und miteinander Lernen. Herausgegeben von der Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit,<br />

Bremen.<br />

166


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 12 | 14:15 – 14:55 Uhr | Raum T2 228<br />

Susanne Böse, Marko Neumann, Kai Maaz<br />

Die Implementation von Bildungsreformen im Kontext Neuer Steuerung<br />

am Beispiel der Berliner Schulstrukturreform unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Perspektive der Schulleiterinnen und Schulleiter<br />

<strong>Universität</strong> Potsdam<br />

susanne.boese@uni-potsdam.de<br />

Die erfolgreiche Implementation von Bildungsreformen ist eine zentrale Fragestellung der gegenwärtigen<br />

Steuerungsdebatte. Dabei stehen vor allem die Akteure auf den verschiedenen<br />

Ebenen des Bildungssystems im Mittelpunkt, da diese die Reform im System aufgreifen und<br />

weiterentwickeln. Die Schulleitung spielt in diesem Prozess eine entscheidende Rolle. Zum einen<br />

nimmt sie eine Vermittlungsposition zwischen der Einzelschul- und der Systemebene ein. Zum<br />

anderen hat ihre Einstellung gegenüber schulischen Veränderungen und deren Unterstützung<br />

Auswirkungen auf die handelnden Akteure, wie Lehrkräfte, Schülerschaft und Eltern (Gräsel,<br />

2010). Zentrales Anliegen dieses Beitrags ist es daher, die Auseinandersetzung der Schulleitung<br />

mit der um-fassenden Schulstrukturreform in Berlin, deren Kernelemente die Neustrukturierung<br />

des Sekundarschulwesens und die Neugestaltung des Übergangsverfahrens in die weiterführenden<br />

Schulen sind, zu untersuchen. Ein Modell, das sich mit der Auseinandersetzung von Personen<br />

mit Innovationen befasst, ist das Concerns-Based Adoption Model (CBAM, Hall & Hord,<br />

2006; Pant et al., 2008). Dieses Modell umfasst drei diagnostische Hauptinstrumente, wobei der<br />

Stages of Concern Questionnaire (SoCQ) das Kernelement des Modells darstellt, welches stufenweise<br />

den Grad der Auseinandersetzung der betroffenen Akteure mit einer Innovation erfassen<br />

soll. Das SoCQ-Instrument wurde im Rahmen der BERLIN-Studie in leicht angepasster Form<br />

eingesetzt, wobei insge-samt 196 Schulleiterinnen und Schulleiter im Schuljahr 2011/2012 (im<br />

ersten Jahr nach der Schulstrukturreform) befragt worden sind. Im Beitrag sollen erste Befunde<br />

zur Güte des Messinstruments sowie zur clusteranalytischen Typenbildung von Schulleiterprofilen<br />

vorgestellt werden.<br />

Gräsel, C. (2010). Stichwort: Transfer und Transferforschung im Bildungsbereich. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

13(1), 7-20.<br />

Hall, G. E. & Hord, S. M. (2006). Implementing change: Patterns, principals, and potholes (2nd ed.). Boston: Pearson<br />

Education.<br />

Pant, H. A., Vock, M. Pöhlmann & Köller, O. (2008). Offenheit für Innovationen. Befunde aus einer Studie zur<br />

Rezeption der Bildungsstandards bei Lehrkräften und Zusammenhänge mit Schülerleistungen. Zeitschrift für<br />

Pädagogik, 54(6), 827-845.<br />

167


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 12 | 15:00 – 15:40 Uhr | Raum T2 228<br />

Tobias Terpoorten<br />

Kleinräumige Nachfrage- und Angebotsdisparitäten im schulischen Bereich<br />

– der sozialgeografische Aspekt der Bildungsforschung<br />

Ruhr-<strong>Universität</strong> Bochum<br />

tobias.terpoorten@rub.de<br />

Die räumliche Analyse von Nachfrage- und Angebotsdisparitäten im Bildungskontext bilden den<br />

Kern der regionalen Bildungsforschung (vgl. Weishaupt 2005). Regionale Nachfragedisparitäten<br />

lassen sich dabei auf eine sozialräumlich differenzierte Bevölkerungsstruktur zurückführen.<br />

Angebotsdisparitäten können durch eine räumlich ungleiche Verteilung von Bildungseinrichtungen<br />

hervorgerufen werden. Wie stark sozialräumliche Strukturen in Städten mit der Bildungsaspiration<br />

der Bevölkerung zusammenhängt und welchen Einfluss das Angebot von Bildungseinrichtungen<br />

auf Bildungsentscheidungen hat, ist das Thema des Vortrags. Im Fokus steht dabei<br />

der Übergang von der Grundschule auf die weiterführenden Schulformen.<br />

Räumliche Analyseebene sind 371 Stadtteile von 14 Städten im Ruhrgebiet. Mittels einer Faktorenanalyse<br />

auf Basis von Sozialstrukturindikatoren der Bevölkerung wurde eine Stadtteiltypologie<br />

erstellt, die die Stadtteile nach dem Grad ihrer sozialen Belastung einteilt. Diese Typen wurden<br />

mit den lokalen Übergangsquoten in Beziehung gesetzt. Angebotsstrukturen wurden über<br />

Abstandsanalysen zwischen den Grundschulen und den weiterführenden Schulen sozialräumlich<br />

analysiert.<br />

Es zeigt sich, dass Bildungschancen systematisch entlang der Grenzen von sozialräumlicher Ungleichheit<br />

verteilt sind. In den als nicht belastet typisierten Stadtteilen wechseln über 50% der<br />

Grundschüler zum Gymnasium – in den belasteten Stadtteilen liegt die Quote i. d. R. deutlich<br />

unter 30%. Und diese Strukturen verfestigen sich. So stieg im Zeitraum von 2003 bis 2008 die<br />

Übergangsquote zum Gymnasium in den nicht belasteten Stadtgebieten jährlich um 1,2% – in<br />

den am stärksten belasteten Gebieten nur um 0,2%.<br />

Bei den Angebotsstrukturen zeigt sich für die Schüler eine gute Erreichbarkeit aller Schulformen.<br />

Eine Struktur, die z. B. belastete Stadtteile benachteiligt, lässt sich nicht feststellen. Jedoch hat<br />

die geografische Nähe von Schulformen maßgeblichen Einfluss auf die Bildungsaspiration. So<br />

wird ein Gymnasium über alle Stadtteiltypen hinweg verstärkt angewählt, sobald dies die<br />

nächstgelegene Schulform ist. Für die anderen Schulformen gilt dasselbe.<br />

Es wird deutlich, dass sozialgeografische Aspekte eine relevante Größe zum Verständnis von<br />

Bildungsdisparitäten darstellen, die sowohl in der Bildungsforschung als auch in der kommunalen<br />

Bildungsplanung berücksichtigt werden sollten.<br />

* Das diesem Vortrag zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und<br />

Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeichen 01 GJ 0854 gefördert.<br />

Weishaupt, H. (2005): Bildung und Region. In: Tippelt, R. (Hg.): Handbuch Bildungsforschung (pp. 185-200). Wiesbaden:<br />

VS-Verlag.<br />

168


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 12 | 16:15 – 16:55 Uhr | Raum T2 228<br />

Rudolf Beer<br />

Bildungsstandards aus Sicht der BürgerInnen - quantitative Befunde<br />

<strong>Universität</strong> Wien<br />

rudolf.beer@kphvie.at<br />

Der Wechsel von der Input- zur Outcomesteuerung kann als einer der bedeutendsten Paradigmenwechsel<br />

unserer Zeit im österreichischen Schulwesen gesehen werden. Mit dem mäßigen<br />

Abschneiden der österreichischen Schüler/innen bei internationalen Vergleichsuntersuchungen<br />

geriet das alte Steuerungsparadigma unübersehbar in die Krise. Umfangreiche Kontroversen<br />

entstanden (Beer, 2007). Die gesetzliche Einführung der Bildungsstandards markierte den Wendepunkt.<br />

Bildungsstandards „arbeiten in klarer und konzentrierter Form heraus, worauf es in unserem<br />

Schulsystem ankommt. Sie konkretisieren den pädagogischen Auftrag der Schule in zentralen<br />

Lernfeldern und richten somit das Lehren und Lernen auf gemeinsame Ziele aus. Diese Orientierungsfunktion<br />

nutzt den Lernenden und ihren Eltern“ (Klieme, 2007, S. 47).<br />

In der Schule treffen die „sehr verschiedenen Akteure an einer Schnittstelle, nämlich der des<br />

Unterrichts“ (Oelkers & Reusser, 2008, S. 281) aufeinander. Über die Rolle der Lehrer/innen und<br />

Schüler/innen gibt es bereits gesicherte Wissensbestände (Beer, 2007). Auf Ebene der Eltern und<br />

Erziehungsberechtigten, aber auch auf Ebene der Bürger/innen liegen mit Blick auf die Bildungsstandards<br />

keine Evidenzen vor.<br />

Was denken eigentlich jene Bürger/innen, welche durch ihre Steuermittel diese Reform des<br />

österreichischen Schulwesens finanzieren über Bildungsstandards? Welche Position vertreten<br />

die Eltern betroffener Schüler/innen?<br />

Es wurde hypothetisch davon ausgegangen, dass das Lebensalter, die höchste abgeschlossenen<br />

Bildung, das Geschlecht sowie die Elternschaft unterschiedliche Sichtweisen erzeugen.<br />

Dieses Forschungsprojekt wurde mit Student/innen der <strong>Universität</strong> Wien und der Pädagogischen<br />

Hochschule Krems geplant und durchgeführt. Der eingesetzte Fragebogen wurde in mehreren<br />

Stufen von einer Testvorform bis zur Testendform erarbeitet und umfasst die Dimensionen (1)<br />

positive Effekte von Bildungsstandards, (2) Qualitätssicherung/-steigerung durch Bildungsstandards,<br />

(3) Ausgleich und Vergleichbarkeit, (4) dynamische Fähigkeiten, (5) Zentralmatura, (6)<br />

Leistungsdruck und (7) traditionelle Werte. Es wurden in einer Querschnittstudie 2203 Proband/innen<br />

befragt. Das Vorgehen ist hypothesenprüfend. Erste Zwischenergebnisse einer vertiefenden<br />

inferenzstatistischen Auswertung liegen vor.<br />

Beer, R. (2007). Bildungsstandardsʻ: Einstellungen von Lehrerinnen und Lehrern. Wien: Lit.<br />

Klieme, E. (2007). Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards – Expertise. Berlin.<br />

Oelkers, J., & Reusser, K. (2008). Expertise: Qualität entwickeln – Standards sichern – mit Differenzen umgehen.<br />

Berlin.<br />

169


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 12 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum T2 228<br />

Stefan Kühne<br />

Sargnagel oder Notnagel? Zur Expansion privater (Grund-)Schulstandorte<br />

im letzten Jahrzehnt<br />

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />

kuehne@dipf.de<br />

Die Expansion des Privatschulsektors in Deutschland wurde in den letzten Jahren zunehmend zum<br />

Gegenstand öffentlicher Debatten. Dieser öffentlichen Aufmerksamkeit steht bislang nur ein begrenzter<br />

empirischer Erkenntnisstand gegenüber. So wurde jüngst bilanziert, dass weder die Leistungsfähigkeit<br />

und die systemischen Wirkungen von Privatschulen noch die Ursachen ihrer jüngeren Expansionsphase<br />

in der empirischen Bildungsforschung hinreichend thematisiert wurden (vgl. Weiß 2011, S.<br />

9). Hier setzt dieser Tagungsbeitrag mit einer datengestützten Analyse zu regionalen Verbreitungsmustern<br />

privater Schulen nach Träger- sowie siedlungsstrukturellen Gesichtspunkten an. Zu vermuten<br />

ist, dass die Expansionsdynamik im letzten Jahrzehnt neben den Ballungsräumen auch dünner besiedelte,<br />

ländlich geprägte Kommunen erfasst hat. Da aufgrund des demographischen Rückgangs vielerorts<br />

öffentliche Schulstandorte nicht aufrechterhalten konnten, stellt sich die Frage, ob es sich hierbei<br />

um Verdrängungs- oder um Substitutionseffekte der öffentlichen durch private Schulen handelte.<br />

Den Ausgangspunkt des Beitrags bilden die Schulverzeichnisse der Bundesländer aus dem Schuljahr<br />

2010/11, welche im Rahmen der nationalen Bildungsberichterstattung 2012 zu einem einheitlich<br />

codierten Datensatz aller allgemeinbildenden Schulen zusammengeführt wurden. In kleinräumigen<br />

Analysen der Verteilung öffentlicher und privater Schulstandorte wird dabei an Auswertungen angeknüpft,<br />

die zuletzt im Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 1998 vorgelegt wurden<br />

(vgl. Fickermann/Schulzeck/Weishaupt 2002). Im Ergebnis zeigt sich zum einen, dass vom Anstieg<br />

privater Schulen am stärksten die Grundschulen betroffen sind – trotz des verfassungsmäßigen Vorrangs<br />

der öffentlichen gegenüber privaten Grundschulen (Avenarius 2012). Zum anderen bestätigt<br />

sich, dass es im letzten Jahrzehnt selbst in den ländlichen Kommunen zwischen ein und acht Erstgründungen<br />

privater Träger gab, während das öffentliche Angebot aufgrund von Schulschließungen und -<br />

zusammenlegungen auf fast die Hälfte des Schulbestands im Jahr 1998 geschrumpft ist. Nach vertiefenden<br />

Analysen für zwei Kreise in Mecklenburg Vorpommern ist den freien Trägern in ländlichen<br />

Gebieten in erster Linie eine Ersatzfunktion für ehemalige öffentliche Schulstandorte zuzuschreiben,<br />

während im städtischen Raum Verdrängungsmechanismen nicht ausgeschlossen werden können.<br />

Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2012): Bildung in Deutschland 2012. Ein indikatorengestützter Bericht<br />

mit einer Analyse zu kultureller Bildung im Lebenslauf. <strong>Bielefeld</strong>: W. Bertelsmann Verlag.<br />

Avenarius, Hermann (2011): Die Herausforderung des öffentlichen Schulwesens durch private Schulen. Aktuelle<br />

Rechtsfragen in einer angespannten Beziehung. Im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung. Frankfurt: Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft.<br />

Fickermann, D./Schulzeck, U./Weishaupt, H. (2002): Private allgemein bildende Schulen. In: Alois M./Manfred<br />

N./Leibniz-Institut für Länderkunde (Hrsg.): Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland. Band 6 - Bildung und<br />

Kultur. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, S. 30-31.<br />

Weiß, M. (2011): Allgemeinbildende Privatschulen in Deutschland. Bereicherung oder Gefährdung des öffentlichen<br />

Schulwesens? Schriftenreihe des Netzwerk Bildung. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung.<br />

170


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 13 | 13:30 – 14:10 Uhr | Raum T2 233<br />

Judith Pollmeier, Steffen Tröbst, Kornelia Möller<br />

Erfassung naturwissenschaftlicher Kompetenz in der Grundschule unter<br />

Berücksichtigung von Schülervorstellungen<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

j.pollmeier@uni-muenster.de<br />

In der Naturwissenschaftsdidaktik wird dem angemessenen Umgang mit vorunterrichtlichen<br />

Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern großer Stellenwert für den Unterrichtserfolg beigemessen<br />

(Posner, Strike, Hewson & Gertzog, 1982). Dem Zyklus der konstrukt-basierten Instrumententwicklung<br />

nach Wilson (2005) folgend, entwickelten wir daher ein Instrument zur<br />

Erfassung naturwissenschaftlicher Kompetenz, welches Erkenntnisse der Conceptual-Change-<br />

Forschung explizit berücksichtigte. Die Items wurden a-priori als naive Vorstellungen, Zwischenvorstellungen<br />

und wissenschaftlich akzeptable Vorstellungen klassifiziert. Eine Dimensionalitätsanalyse<br />

der Testantworten von 1812 Zweit-, Dritt- und Viertklässlern wies die beiden untersuchten<br />

Inhaltsgebiete „Schwimmen und Sinken“ und „Verdunstung und Kondensation“ als separate<br />

Dimensionen aus. Darüber hinaus untersuchten wir die Testantworten mit sog. explanatory item<br />

response models (De Boeck & Wilson, 2004). Unter Berücksichtigung von Zufallseffekten für<br />

Personen, Items, Klassen und Schulen, fanden sich in beiden Inhaltsgebieten keine systematischen<br />

Haupteffekte der angenommenen Niveaus von Vorstellungen auf die Wahrscheinlichkeit<br />

korrekter Antworten. Vielmehr moderierte der Faktor Niveau signifikante Einflüsse der Faktoren<br />

Geschlecht und Jahrgangsstufenzugehörigkeit. Mädchen zeigten beispielsweise eine relative<br />

Präferenz für Antworten auf dem Niveau von Zwischenvorstellungen. Vor diesem Hintergrund<br />

wird die Bedeutung der Berücksichtigung von Schülervorstellungen für die Kompetenzerfassung<br />

in den Naturwissenschaften diskutiert.<br />

De Boeck, P. & Wilson, M. (Eds.). (2004). Explanatory item response models: A generalized linear and nonlinear<br />

approach. New York: Springer.<br />

Posner, G. J., Strike, K. A., Hewson, P. W., & Gertzog, W. A. (1982). Accommodation of a scientific conception:<br />

Toward a theory of conceptual change. Science Education, 66, 211–227.<br />

Wilson, M. (2005). Constructing Measures: An Item Response Modeling Approach. Mahwah: Lawrence Erlbaum<br />

Associates.<br />

171


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 13 | 14:15 – 14:55 Uhr | Raum T2 233<br />

Sabrina Förster, Fabian Hoya, Frank Hellmich<br />

Verbesserung des Leseverständnisses durch ein wortschatzbasiertes Lesestrategietraining<br />

bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache<br />

<strong>Universität</strong> Paderborn<br />

sabrina.foerster@uni-paderborn.de<br />

Die Förderung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler gilt als ein wichtiges Desiderat im<br />

Leseunterricht der Grundschule. Als besondere Risikokinder in Bezug auf das anschlussfähige<br />

Lernen auf den weiterführenden Schulen wurden im Rahmen von IGLU gerade Kinder am Ende<br />

der Grundschulzeit betrachtet, die einen Migrationshintergrund haben und Deutsch als Zweitsprache<br />

erwerben. Hierbei zeigte sich, dass ca. zwei Drittel aller Kinder mit Migrationshintergrund<br />

am Ende des 4. Schuljahres nicht über elementare Lesefähigkeiten verfügen, die es<br />

ihnen ermöglichen, eigenständig Informationen aus Lesetexten zu erschließen (vgl. Bos et al.,<br />

2007). Während mittlerweile einige Programme zur Förderung von Lesekompetenzen entwickelt<br />

und in Hinblick auf Möglichkeiten und Grenzen des Lesekompetenzerwerbs geprüft worden sind,<br />

fehlen speziell auf die Bedürfnisse von Kindern mit Migrationshintergrund ausgerichtete Inventare<br />

zur Förderung von Lesekompetenzen. Im Forschungsprojekt ESKIMO (vgl. Hellmich & Niebuhr-Siebert,<br />

2011) wurde ein wortschatzbasiertes Lesestrategietraining zur Förderung der<br />

Lesekompetenz bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache entwickelt und quasi-experimentell<br />

geprüft. Bei dem Training werden hierarchieniedrige und -höhere Leselernprozesse kombiniert.<br />

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die an den Fördereinheiten beteiligten Kinder ihr Leseverständnis<br />

im Vergleich zu den Kindern der Kontrollgruppe verbessert haben. Keine Unterschiede<br />

zwischen den Untersuchungsgruppen liegen hingegen in Bezug auf die Bearbeitungsqualität von<br />

Aufgaben zur Erfassung der Lesekompetenz vor.<br />

Bos, W., Hornberg, S., Arnold, K.-H., Faust, G., Fried, L., Lankes, E.-M., Schwippert, K. & Valtin, R. (Hrsg.) (2007).<br />

IGLU 2006 - Lesekompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich. Münster:<br />

Waxmann.<br />

Hellmich, F. & Niebuhr-Siebert, S. (2011). Förderung der Lesekompetenz durch ein wortschatzbasiertes Lesestrategietraining<br />

bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache. In S. Hornberg & R. Valtin (Hrsg.), Mehrsprachigkeit:<br />

Chance oder Hürde beim Schriftspracherwerb? - empirische Befunde und Beispiele guter Praxis (S.287-293).<br />

Berlin: Deutsche Gesellschaft für Lesen und Schreiben.<br />

172


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 13 | 15:00 – 15:40 Uhr | Raum T2 233<br />

Kati Trempler, Judith Schellenbach-Zell, Cornelia Gräsel<br />

Prädiktoren der naturwissenschaftlichen Kompetenz und des naturwissenschaftlichen<br />

Interesses von Grundschulkindern – der Einfluss von<br />

individuellen Schülermerkmalen und Lehrermerkmalen<br />

Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal<br />

trempler@uni-wuppertal.de<br />

Die naturwissenschaftliche Kompetenz von Grundschulkindern steht mit unterschiedlichen Faktoren<br />

in Zusammenhang: Wie aus der IGLU-E-Studie bekannt ist , können neben kognitiven Grundfähigkeiten<br />

und dem bestehenden Vorwissen auch die soziale Herkunft, ein möglicher Migrationshintergrund<br />

und das Geschlecht die Leistung von Grundschulkindern beeinflussen (Schwippert, Bos & Lankes,<br />

2003). Weiterhin basiert die Beschäftigung mit bestimmten Inhalten, wie beispielsweise den Naturwissenschaften,<br />

auf der Bedeutsamkeit und dem Spaß, den eine Person diesem entgegenbringt (z.B.<br />

Deci & Ryan, 1985; Krapp & Prenzel, 1992). Diese individuellen Bedingungsfaktoren auf Schülerebene<br />

wurden bereits in zahlreichen Studien untersucht, aber nur wenige Studien thematisieren bisher den<br />

Einfluss von Faktoren, die über die individuellen Merkmale hinausgehen, wie beispielsweise die professionelle<br />

Kompetenz von Lehrerinnen und Lehrern. Neben dem Fachwissen und dem fachdidaktischen<br />

Wissen, welches Lehrkräfte u.a. im Studium erwerben, wird die motivationale Orientierung von<br />

Lehrkräften als Teilaspekt professioneller Kompetenz definiert (Baumert & Kunter, 2006). Wir gehen<br />

der Frage nach, inwieweit neben individuellen Merkmalen auch die Motivation von Lehrkräften und<br />

deren naturwissenschaftliche Ausbildung (als Basis für Fachwissen und fachdidaktisches Wissen)<br />

einen Einfluss auf die naturwissenschaftliche Kompetenz und das naturwissenschaftliche Interesse<br />

von Grundschulkindern haben. Grundlage der Untersuchung bildet eine Stichprobe mit Grundschulkindern<br />

und Lehrkräften aus Schulen in Bochum und Kiel, die im Rahmen der Evaluationsstudie zu den<br />

Forscher Ferien erhoben wurde. Die Forscher Ferien, eine Ferienmaßnahme, die von der Deutschen<br />

Telekom Stiftung gefördert wurde, wurde entwickelt, um defizitäre Anregungsbedingungen von Kindern<br />

in Familien mit schwierigem sozio-ökonomischen Hintergrund zu kompensieren und zur Auseinandersetzung<br />

mit den Naturwissenschaften zu ermutigen. Insgesamt 470 Schülerinnen und Schüler<br />

wurden u.a. zu ihrem Interesse an den Naturwissenschaften und ihren naturwissenschaftlichen Fähigkeiten<br />

befragt. Weiterhin wurden 24 Lehrkräfte zu ihrer Ausbildung und ihrer Motivation im Lehrerberuf<br />

befragt. Die Berechnung eines hierarchisch linearen Modells zeigt, dass Lehrermerkmale durchaus<br />

Effekte auf die naturwissenschaftliche Kompetenz und das Interesse ihrer Schülerinnen und Schüler<br />

haben: besonders die naturwissenschaftliche Ausbildung von Grundschullehrkräften zeichnet sich<br />

als Prädiktor für die Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler aus. Darüber hinaus wirkt sich die<br />

Motivation von Lehrkräften positiv auf das Interesse von Grundschulkindern an den Naturwissenschaften<br />

aus.<br />

Baumert, J., & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

9(4), 469 - 520.<br />

Deci, E. L., & Ryan, R. M. (1985). Intrinsic motivation and the self-determination in human behavior. New York:<br />

Plenum.<br />

Schwippert, K., Bos, W., & Lankes, E.-M. (2003). Heterogenität und Chancengleichheit am Ende der vierten<br />

Jahrgangsstufe im im internationalen Vergleich. In W. Bos, E.-M. Lankes, M. Prenzel, K. Schwippert, R. Valtin &<br />

G. Walther (Hrsg.), Erste Ergebnisse aus IGLU. (S. 265 - 302). Münster: Waxmann.<br />

173


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 13 | 16:15 – 16:55 Uhr | Raum T2 233<br />

Susanne Schwab, Barbara Gasteiger Klicpera<br />

Längsschnittstudie zur Förderung der literalen und sprachlichen Kompetenzen<br />

von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund<br />

Karl-Franzens-<strong>Universität</strong> Graz<br />

susanne.schwab@uni-graz.at<br />

Da sprachliche und schriftsprachliche Fähigkeiten von Kindern eng zusammenhängen, kann<br />

angenommen werden, dass durch eine Förderung in dem einen Bereich auch Verbesserungen in<br />

dem anderen Bereich erzielt werden können. In der derzeit laufenden Pilotstudie wurden 120<br />

Kinder der zweiten Schulstufe hinsichtlich ihrer literalen und sprachlichen Kompetenzen getestet<br />

(SLRT II; Moll & Landerl, 2010; ELFE 1-6; Lenhard & Schneider, 2006; HSP 1-9; May, 2002; WWT<br />

6-10; Glück, 2010; P-ITPA; Esser, Wyschkon, Ballaschk & Hänsch, 2011). Anschließend erfolgte<br />

die Förderung der Kinder im Rahmen eines zweistufigen Interventionsverfahrens. In der ersten<br />

Phase erhielten acht Kinder, welche im mündlichen Lesen einen Prozentrang (PR) unter 5 aufwiesen,<br />

dreimal pro Woche (50 Minuten) eine Einzel- bzw. Kleingruppenförderung (insgesamt<br />

ca. 45 Stunden individuelle Förderung). Zusätzlich wurde in der Interventionsschule (N = 60<br />

Kinder) zweimal wöchentlich eine differenzierte Förderung der Lesegeschwindigkeit und des<br />

Leseverständnisses durchgeführt (insgesamt 25 Schulstunden). Im Juni werden alle Kinder mit<br />

denselben Testverfahren getestet, um die Effekte zu prüfen. Untersucht wird, ob durch die Intervention<br />

Erfolge in den literalen und/oder sprachlichen Kompetenzen erzielt werden können<br />

und welche differentiellen Effekte der Förderung bei unterschiedlichen Gruppen (Kinder mit<br />

DaZ, Kinder mit unterschiedlichen Ausgangsniveaus im Lesen) erzielt werden können. Die aktuellen<br />

Ergebnisse der Pilotierung werden präsentiert.<br />

Gasteiger-Klicpera, B. & Fischer, U. (2008). Evidenzbasierte Förderung bei Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. In M.<br />

Fingerle & S. Ellinger (Hrsg.). Sonderpädagogische Förderprogramme im Vergleich (67-84). Stuttgart: Kohlhammer.<br />

Klicpera, C. & Gasteiger-Klicpera, B. (1998). Psychologie der Lese- und Schreibschwierigkeiten – Entwicklung,<br />

Ursachen und Förderung. 2. Aufl. Weinheim: Beltz.<br />

Schwab, S. & Oswald. S. (2011). Improving Language And Reading Skills in children with German as a first or second<br />

language – LARS. In: Kalr-Franzens-<strong>Universität</strong> Graz (Hrsg.), Erstausgabe IV (S. 137-147). Graz: Uni-Press Graz.<br />

174


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 13 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum T2 233<br />

Jaana Björkman, Rüdiger Tiemann<br />

Erkenntnisgewinnung im Chemieunterricht im internationalen Vergleich:<br />

Ergebnisse einer Videostudie<br />

Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin<br />

jaana.bjoerkman@chemie.hu-berlin.de<br />

Ein vordergründiges Potential der naturwissenschaftlichen Fächer besteht unter anderem darin,<br />

„dass naturwissenschaftliche Arbeitsweisen in Ansätzen und in einfacher Form in den Unterricht<br />

integriert werden können“ (Baumert et al., 1997, S. 76). Die naturwissenschaftlichen Denk- und<br />

Arbeitsweisen werden auch unter dem Begriff der Erkenntnisgewinnung verstanden, dessen<br />

Kompetenzförderung explizit in den Bildungsstandards gefordert wird. Zentrale Elemente dieses<br />

Prozesses sind die Formulierung naturwissenschaftlicher Fragestellungen und Hypothesen, die<br />

Planung und Durchführung von Untersuchungen und deren Auswertung und Reflexion (u.a.<br />

Klahr, 2000). Ergebnisse einer Vorstudie weisen darauf hin, dass der Erkenntnisgewinnungsprozess<br />

in Schweden auf andere Weise unterrichtet wird als in Deutschland (Björkman & Tiemann,<br />

2010). So sollte ein Vergleich mit Schweden deutliche Unterschiede zeigen. Mit Hilfe einer niedrig-<br />

und hochinferenten Videoanalyse wird diesen Unterschieden näher nachgegangen.<br />

Bei den analysierten Videos handelt es sich um Unterrichtsstunden von 42 Klassen aus dem Fach<br />

Chemie. Dabei stammen 20 Unterrichtsvideos aus der 9. und 10. Klasse sowie 10 Unterrichtsvideos<br />

aus der Sekundarstufe II in Deutschland. Weitere 12 Unterrichtsvideos stammen aus<br />

Schweden aus der 9. Klasse. Einerseits werden Schülerfragebögen zur Erhebung demographischer<br />

Daten, kognitiver Fähigkeiten, des naturwissenschaftlichen Interesses und der Motivation<br />

und der Kompetenzen und Vorstellungen bezüglich der Erkenntnisgewinnung eingesetzt. Andererseits<br />

erfasst ein Lehrerfragebogen neben Fragen zur Unterrichtsgestaltung die subjektiven<br />

Theorien der Lehrkräfte in Bezug auf die Erkenntnisgewinnung.<br />

Vorstudienergebnisse zeigen signifikante Unterschiede bezüglich der Umsetzung des Erkenntnisgewinnungsprozesses<br />

in Deutschland und Schweden auf. So unterrichten schwedische Lehrkräfte<br />

eher prozessorientiert als deutsche Lehrpersonen. Darüber hinaus weisen Lehrkräfte in beiden<br />

Ländern geringe Anteile bezüglich der Formulierung von Fragestellungen und Hypothesen<br />

auf. Dies macht die nur teilweise realisierte Umsetzung des Erkenntnisgewinnungsprozesses im<br />

Chemieunterricht deutlich. Erste Ergebnisse der Hauptstudie werden vorgestellt.<br />

Björkman, J., Tiemann, R. (2010). Deutschland - Schweden: Chemieunterricht im internationalen Vergleich. In D.<br />

Höttecke (Ed.), Entwicklung naturwissenschaftlichen Denkens zwischen Phänomen und Systematik. Gesellschaft<br />

für Didaktik der Chemie und Physik, Jahrestagung in Dresden 2009 (pp. 425-427). Münster: LIT.<br />

Baumert, J., Lehmann, R., Lehrke, M., Schmitz, B., Clausen, M., Hosenfeld, I., et al. (1997). TIMSS - Mathematischnaturwissenschaftlicher<br />

Unterricht im internationalen Vergleich. Deskriptive Befunde. Opladen: Leske & Budrich.<br />

Klahr, D. (2000). Exploring Science. The Cognition and Development of Discovery Processes. Cambridge: MIT.<br />

175


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 13 | 17:45 – 18:25 Uhr | Raum T2 233<br />

Gerti Wißing, Antje Ehlert, Annemarie Fritz<br />

Entwicklung mathematischer Leistungen von Grundschulkindern im Längsschnitt<br />

und Replizierung eines kompetenzorientierten Stufenmodells<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

gerti.wissing@uni-due.de<br />

Mathematisches Wissen baut aufeinander auf (z.B. Fusion, 1988; Resnick, 1983). Bereits im<br />

Kindergarten werden wichtige mathematische Konzepte und Strategien ausgebildet, die in der<br />

Grundschule zu tragenden Konzepten weiterentwickelt werden und die schulischen Mathematikleistungen<br />

der Sekundarstufe bestimmen. Der Frage, ob sich der sukzessive mathematische<br />

Konzepterwerb als eine hierarchisch aufeinander aufbauende Entwicklungssequenz interpretieren<br />

lässt und sich Niveaus unterschiedlicher qualitativer Mengen- und Zahlenverarbeitung unterscheiden<br />

lassen, gingen Fritz, Ricken & Balzer (in press) in mehreren Untersuchungen nach.<br />

Als Ergebnis dieser Untersuchungen legten sie ein theoretisch begründetes Kompetenzstufenmodell<br />

mit fünf unterscheidbaren Niveaus vor, welches eine Zuordnung gestattet, wann und in<br />

welcher Reihenfolge die einzelnen Konzepte erworben werden und in welcher Abhängigkeit sie<br />

zueinander stehen. Die fünf Niveaustufen betreffen den Altersbereich von vier bis acht Jahren,<br />

wobei für den Altersbereich ab acht Jahren entsprechende Modellerweiterungen bestehen. Das<br />

fünfstufige Modell beinhaltet folgende Niveaus:<br />

• I: Fähigkeit, kleine Mengen gleichmäßig aufzuteilen (Eins–zu-Eins–Zuordnung) sowie aus- und<br />

abzuzählen<br />

• II: Aufbau eines mentalen Zahlenstrahls, anhand dessen Additions- und Subtraktionsaufgaben<br />

zählend gelöst werden können<br />

• III: Erwerb des Kardinalen Zahlbegriffs<br />

• IV: Teil-Teil-Ganzes-Verständnis, dass das Wissen über das Zerlegen und Zusammenfügen von<br />

Mengen organisiert<br />

• V: Erwerb des Relationalen Zahlbegriff, das Verständnis kongruenter Intervalle zwischen den<br />

Zahlen der Zahlwortreihe<br />

Ob sich das Modell im Längsschnitt replizieren lässt, wurde an einer Stichprobe bestehend aus<br />

ca. 250 Kindern überprüft, die im Rahmen des Studiendesigns der mathematisch schwachen<br />

bzw. durchschnittlichen Leistungsgruppe zugeordnet wurden. Die Daten werden raschanalytisch<br />

ausgewertet, wobei die eingesetzten Testverfahren den mathematischen Konzepterwerb der<br />

Klassenstufen 1 - 3 (MARKO-D Testreihe) erfassen.<br />

Fuson, C. K. (1988). Children’s Counting and Concepts of Number. Berlin: Springer.<br />

Resnick, L. B. (1983). A Developmental Theory of Number Understanding. In: Ginsburg, H. P. (Ed.): The Development<br />

of Mathematical Thinking. New York: Academic Press, 109–151.<br />

Ricken, A., Fritz, A. & Balzer, L. (in press). MARKO – D: Mathematik und Rechnen - Test zur Erfassung von Konzepten<br />

im Vorschulalter. Göttingen: Hogrefe.<br />

176


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 14 | 13:30 – 14:10 Uhr | Raum T2 234<br />

Sabine K. Lehmann-Grube<br />

Lernmotivation in Schule und Betrieb – Selbstbestimmt intrinsisch<br />

und/oder sachbestimmt interessiert?<br />

<strong>Universität</strong> Stuttgart<br />

sabine.lehmann-grube@zlw.uni-stuttgart.de<br />

Seit Prenzel und Mitarbeiter 1996 ihr Instrument zur Messung der Lernmotivation und Selbstbestimmung<br />

in der Ausbildung vorgelegt und haben, ist die Abfrage von insgesamt 6 ‚Varianten von<br />

Lernmotivation‘ als Prediktor- und Mediatorvariablen für Kompetenzentwicklung in fachdidaktischen<br />

sowie berufs- und wirtschaftspädagogischen Untersuchungen sehr beliebt (z. B. Rakoczy<br />

et al., 2007; Knöll, Gschwendtner & Nickolaus, 2008). Unter theoretischen und methodischen<br />

Gesichtspunkten birgt die Erweiterung der Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan um<br />

das Interessenkonstrukt aber auch Inkonsistenzen und Anlässe zur Kritik (Rheinberg, 2006).<br />

Insbesondere die Verschmelzung gegenstandsbezogener Energetisierung des Lernens (Interesse)<br />

mit gegenstandsunspezifischer Energetisierung (Grade der Selbstbestimmung) in der Skala interessierter<br />

Motivation erscheint theoretisch wie methodisch problematisch. Schon die von Prenzel<br />

et al. berichteten geringeren Korrelationen wahrgenommener Selbstbestimmung im Unterricht<br />

mit interessierter Motivation, die als am meisten selbstbestimmte Form über einfach intrinsische<br />

Motivation gesetzt wird (die höher mit wahrgenommener Selbstbestimmung korrelierte),<br />

weisen in die Richtung unabhängiger Dimensionen, deren Kovariation von weiteren Faktoren<br />

bestimmt wird. Eine konfirmatorische Faktorenanalyse der Antworten von insgesamt 277<br />

Auszubildenen und Umschülern in drei Berufen ergab den besten Modellfit für ein Fünf-<br />

Faktorenmodell unter Auslassung der Skala „interessierte Motivation“ (MPLUS output: CFI > .95,<br />

RMSEA < .06). Höhe und Richtung der Interkorrelationen der latenten Variablen legen neben<br />

theoretischen und methodischen Erwägungen die Zusammenfassung der Antworten zu einem<br />

gewichteten Gesamtscore nahe, mit dem die motivationale Energetisierung eines Individuums in<br />

einem bestimmten Handlungskontext geschätzt werden kann. Zum zweiten Erhebungszeitpunkt<br />

mit N=115 ist die Modellgüte der einfachen CFA zwar geringer, im komplexeren Längsschnittmodell<br />

aber zufriedenstellend und die Beta-Schätzungen der Regression für den Längsschnitt<br />

legen nahe, entgegen der Modellannahmen von Prenzel et al. nicht von situativen, sondern eher<br />

von stabilen Motivationslagen auszugehen. Ergebnisse zur Erklärungskraft der Motivscores für<br />

die Kompetenzentwicklung sind in Arbeit und liegen zur Tagung vor.<br />

Knöll, B., Gschwendtner, T. & Nickolaus, R. (2008). Lernmotivation in der elektrotechnischen Grundbildung. In D.<br />

Münk, D., P. Gonon, K. Breuer & T. Deißinger, T. (Hrsg.), Modernisierung der Berufsbildung. Neue Forschungserträge<br />

und Perspektiven der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (S. 131-140). Opladen: Leske + Budrich.<br />

Rakoczy, K., Klieme, E., Drollinger-Vetter, B., Lipowsky, F., Pauli, C. & Reusser, K. (2007). Structure as a quality<br />

feature in mathematics instruction. Cognitive and motivational effects of a structured presentation of learning<br />

content. In M. Prenzel (Ed.), Studies on the educational quality of schools. The final report on the DFG Priority<br />

Programme (pp. 101-120). Münster: Waxmann.<br />

Rheinberg, F. (2006). Intrinsische Motivation und Flow-Erleben. In J. Heckhausen & H. Heckhausen (Hrsg.), Motivation<br />

und Handeln (3. überarb. u. aktual. Aufl.) (S. 331-354). Berlin: Springer.<br />

177


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 14 | 14:15 – 14:55 Uhr | Raum T2 234<br />

Christian Gerhards<br />

Externalisierung betrieblicher Ausbildung und Kompetenzen von<br />

Auszubildenden<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn<br />

gerhards@bibb.de<br />

Der Beitrag untersucht, ob Betriebe mit geringen Ressourcen durch externe Ausbildungsanteile<br />

mehr Übernahmen erzielen. Insbesondere kleinere Betriebe sind angesichts sinkender Ausbildungsbewerberzahlen<br />

auf geeignete Lernortkooperationen mit anderen Betrieben und überbetrieblichen<br />

Ausbildungseinrichtungen angewiesen, um attraktive Ausbildungsbedingungen zu<br />

bieten. Es wird daher erwartet, dass Betriebe mit Defiziten bei den Kompetenzen von Ausbildungsanfängern<br />

geringere Übernahmequoten aufweisen und gleichzeitig zur Kompensation<br />

verstärkt auf externe Ausbildungsformen zurückgreifen.<br />

Im Rahmen der kompetenzorientierten Wende der Betriebspädagogik (vgl. Arnold 2002) steht<br />

zunehmend eine dezentralisierte Kompetenzvermittlung im Vordergrund (Lernortpluralität). Es<br />

bleibt allerdings bislang unklar, ob externe Ausbildungsformen tatsächlich dazu geeignet sind,<br />

die Kompetenzvermittlung nachhaltig zu ergänzen (vgl. u.a. Diettrich 2010: S. 81ff.).<br />

Basierend auf Daten des BIBB-Qualifizierungspanels wird entsprechend in einem Regressionsmodell<br />

überprüft, ob sich Defizite bei Ausbildungsanfängern in zuvor bestimmten Kompetenzdimensionen<br />

positiv auf die Nutzung externer Ausbildungsformen auswirken (als Kompensationsinstrument).<br />

Darauf ausbauend wird geprüft, ob solche externen Ausbildungsabschnitte mit<br />

einem höheren Ausbildungserfolg (Übernahmequote etc.) zusammenhängen. Insbesondere<br />

werden dabei Interaktionen mit der Betriebsgröße berücksichtigt.<br />

Es wird gezeigt, dass neueingestellte Auszubildende insbesondere entlang von „Hard-“ und<br />

„Softskills“ bewertet werden. Gibt es Defizite bei Hardskills, wird vermehrt auf externe Ausbildungsformen<br />

zurückgegriffen. In solchen Betrieben ist der Ausbildungserfolg geringer; allerdings<br />

sind insbesondere kleinere Betriebe in der Lage, einen Teil ihrer Ressourcenschwächen durch<br />

externe Ausbildungsangebote auszugleichen.<br />

Die Lernortkooperation bei der Kompetenzvermittlung zwischen betrieblichen, vernetzten und<br />

überbetrieblichen Formen der Ausbildung scheint damit geeignet, auch kleinere Betriebe als<br />

Ausbildungsorte attraktiver zu machen. Aus betriebspädagogischer Sicht bedeutet das, in Zukunft<br />

verstärkt solche externen Ausbildungsformen weiterzuentwickeln und dies als Chance für<br />

kleinere und mittlere Unternehmen anzusehen, wenn diese in der Qualität der Ausbildung wettbewerbsfähig<br />

bleiben sollen.<br />

Arnold, R. (2002). Von der Bildung zur Kompetenzentwicklung: Anmerkungen zu einem erwachsenenpädagogischen<br />

Perspektivwechsel. In E. Nuissl, C. Schiersmann, & H. Siebert (Eds.), Literatur- und Forschungsreport<br />

Weiterbildung, REPORT 49/2002. Kompetenzentwicklung statt Bildungsziele? (pp. 26–38).<br />

Diettrich, A. (2010). Netzwerke in der beruflichen Bildung und im lebenslangen Lernen – Systematisierung und<br />

Perspektiven von Netzwerkkonzepten. In M. H. Breitner, C. Voigtländer, & K. Sohns (Eds.), Perspektiven des<br />

Lebenslangen Lernens – Dynamische Bildungsnetzwerke, Geschäftsmodelle, Trends. (pp. 81–93). Berlin: Gito.<br />

178


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 14 | 15:00 – 15:40 Uhr | Raum T2 234<br />

Frank Arens<br />

Lehrkräfte in der Pflegepraxis?! Eine empirische Studie zur Praxisbegleitung<br />

in der Altenpflegeausbildung<br />

<strong>Universität</strong> Osnabrück<br />

fharens@web.de<br />

Berufliche Bildung in der Pflege verfolgt das vordringliche Ziel, Lernende im Berufsfeld Pflege zu<br />

befähigen, Arbeitshandlungen sowie Arbeitsprozesse umfassend, vollständig, überlegt, kooperativ<br />

und qualitativ hochwertig auszuführen. Neben der Ausbildung kompetenter Fachlichkeit<br />

müssen Bildungsprozesse angeregt und gefördert werden. Zur Erreichung dieser Ziele legt der<br />

Gesetzgeber im Berufszulassungsgesetz für die Altenpflege fest, dass die Ausbildung entsprechende<br />

Kompetenzen zu entwickeln habe. Anderes als in den nach Berufsbildungsgesetz geregelten<br />

Berufen, in denen Ausbilder für die praktische Ausbildung zuständig sind, soll eine kompetenzorientierte<br />

Pflegeausbildung in der praktischen Ausbildung nach den Vorstellungen des<br />

Gesetzgebers durch zwei zentrale Instrumente initiiert sowie sichergestellt werden: Praxisanleitung<br />

der Pflegeeinrichtung und Praxisbegleitung der Schule. Auftrag, Ziele und Inhalte der Praxisbegleitung<br />

durch Lehrkräfte des Berufsfelds Pflege stellt die Schulen vor erhebliche Herausforderung.<br />

In diesem Beitrag werden erste Ergebnisse eines an der Grounded Theory orientierten empirischen<br />

Forschungsprojekts zur Praxisbegleitung in der Altenpflegeausbildung vorgestellt. Hierzu<br />

werden Ziele, Aufgaben, Inhalte und Konzepte der Praxisbegleitung skizziert, in einem zweiten<br />

Schritt das Forschungsprojekt umrissen und in einem dritten Schritt erste Ergebnisse einer<br />

mündlichen Befragung von Lehrkräften zur Gestaltung der Praxisbegleitung in der Altenpflegeausbildung<br />

zur Diskussion gestellt.<br />

Arens, Frank (2012): Praxisbegleitung in der Altenpflegeausbildung aus berufs- und schulrechtlicher Perspektive.<br />

Pflegewissenschaft. Die Zeitschrift für Pflege- und Gesundheitswissenschaft, 14(7/8): 408-414.<br />

Little, Maureen A./Milliken, Jane P. (2007): Practicing what we preach: Balancing Teaching and Clinical Competencies.<br />

International Journal of Nursing Education Scholarship, 4(1): Art. 6.<br />

Radke, Karin (2008): Praxisbegleitung in der Pflegeausbildung. Theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung.<br />

Stuttgart: Kohlhammer.<br />

Strauss, Anselm/Corbin, Juliet (1996): Grounded Theory. Grundlagen Qualitativer Sozialforschung. Weinheim:<br />

Beltz/Psychologie Verlags Union.<br />

179


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 14 | 16:15 – 16:55 Uhr | Raum T2 234<br />

Sandra Niedermeier, Heinz Mandl, Jan Hense<br />

Förderung der Werteorientierung in einem Unternehmen – Empirisch<br />

gestützte Entwicklung eines arbeitsorientierten Weiterbildungsansatzes<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

sandra.niedermeier@psy.lmu.de<br />

Die wachsende Bedeutung von Werten im unternehmerischen Handeln zeigt sich an einem<br />

gestiegenen öffentlichen Interesse, nicht zuletzt als Reaktion auf die Finanzkrise seit 2007. Inmitten<br />

von Rettungspaketen und Konjunkturprogrammen erleben Werte, wie „Vertrauen“ und<br />

„Verantwortung“ eine Renaissance. Mit den gegenwärtigen Problemen der Verunsicherung,<br />

rückt deshalb die Forderung nach Weiterbildung zur Förderung von Werteorientierung im Unternehmen<br />

in den Fokus der empirischen Forschung.<br />

Ziel der vorliegenden Studie ist die Entwicklung konkreter Maßnahmen zur Förderung der Werteorientierung<br />

von Mitarbeitern und Führungskräften in einem Unternehmen des Finanzsektors.<br />

Damit Werte nicht nur abstrakte Begrifflichkeiten bleiben und um Werteorientierung im unternehmerischen<br />

Kontext zu fördern, ist ein arbeitsorientierter Weiterbildungsansatz geeignet. Zur<br />

Entwicklung von konkreten Maßnahmen wurde ein systematisches Vorgehen in 3 Schritten<br />

gewählt.<br />

In einem ersten Schritt wurde eine Bedarfsanalyse zur vorhandenen Werteorientierung im Unternehmen<br />

gemacht. Dazu wurde mit Fragebogen (n= 692) und Interviews (n= 16) in 32 Banken<br />

erhoben, wie Mitarbeiter und Führungskräfte die Werte in ihrem Unternehmen wahrnehmen<br />

und bewerten. Insgesamt zeigte sich, dass erhebliche Schwierigkeiten bei der Konkretisierung<br />

von Werten im Unternehmen in handlungsrelevanten Situationen bestehen. In einem zweiten<br />

Schritt wurden in einem Workshop Fallszenarien, unter Einbeziehung authentischer Erfahrungen<br />

von Mitarbeitern und Führungskräften mit Werten und basierend auf den Ergebnissen der Bedarfsanalyse,<br />

entwickelt. Anschließend wurden vertiefende Interviews in weiteren Banken zur<br />

Entwicklung von 12 konkreten Fällen als Grundlage für die Einbindung in die Weiterbildungsangebote<br />

durchgeführt. In einem nächsten Schritt werden die Fälle als arbeitsorientierte (arbeitsbezogene<br />

oder arbeitsintegrierte) Maßnahme in das Weiterbildungsangebot des Unternehmens<br />

integriert.<br />

Köster, G. (2010). Kurskorrekturen: Ethik und Werte im Unternehmen. <strong>Bielefeld</strong>: Bertelsmann Verlag.<br />

Six, B., & Felfe, J. (2004). Einstellungen und Werthaltungen im organisationalen Kontext. In H. Schuler (Ed.), Organisationspsychologie<br />

- Grundlagen und Personalpsychologie (pp. 603-619). Göttingen: Hogrefe.<br />

Sonntag, K., & Stegmaier, R. (2007). Arbeitsorientiertes Lernen: Zur Psychologie der Integration von Lernen und<br />

Arbeit. Stuttgart: Kohlhammer.<br />

180


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 14 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum T2 234<br />

Ursula Bylinski<br />

Neue Qualität von Professionalität am Übergang von der Schule in die<br />

Arbeitswelt<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn<br />

bylinski@bibb.de<br />

Vor dem Hintergrund der notwendigen Umgestaltung eines „Übergangssystems“ ist bildungspolitisch<br />

der Aufbau kohärenter Förderstrukturen im regionalen Kontext (BMBF 2007) in den Fokus gerückt,<br />

ebenso die Gestaltung des gesamten Übergangsbereichs mit dem Aufbau von „Bildungsketten“. Im<br />

Sinne einer inklusiven Bildung gilt es darüber hinaus den Übergang für alle jungen Menschen und<br />

besondere Zielgruppen auszugestalten (Bylinski/Rützel). Notwendige Veränderungen sind sowohl auf<br />

der Struktur- und Systemebene als auch auf der des pädagogischen Handelns erforderlich.<br />

Ziel des BIBB-Forschungsprojekt „Anforderungen an die Professionalität des Bildungspersonals im<br />

Übergang von der Schule in die Arbeitswelt“ (www.bibb.de/bildungspersonal-uebergang) ist es, die<br />

veränderten Anforderungen an die Professionalität der pädagogischen Fachkräfte zu ermitteln und<br />

Kompetenzprofile herauszuarbeiten. Exemplarisch werden vier Berufsgruppen in den Blick genommen:<br />

die Lehrkräfte in allgemein bildenden und an den beruflichen Schulen, die Sozialpädagogen und<br />

die Ausbilder.<br />

Die zentrale Forschungshypothese ist, dass die Fähigkeit zur (Selbst-)Reflexion eine bedeutende Dimension<br />

professionellen Handelns darstellt, um eine „benachteiligungssensible Betrachtungsweise“<br />

einzunehmen und eigene Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsschemata zu hinterfragen, weil diese<br />

auch selektive Wirkung haben können (VESTER 2008).<br />

Im Zentrum der theoretischen Grundlegung steht das Konzept der reflexiven pädagogischen Professionalisierung<br />

(Arnold/Gomes Tutor 2007), das berufliche Handlungskompetenz von drei Dimensionen<br />

der Professionalität geleitet sieht: Wissen, Können und Reflektieren. Weiterführend werden diese in<br />

eine Strukturebene (regionales „Bedingungsgefüge“) gestellt.<br />

An acht Standorten wurden Gruppendiskussionen und Einzelinterviews durchgeführt und inhaltsanalytisch<br />

ausgewertet sowie regionale Fallstudien erstellt.<br />

Die empirischen Befunde zeigen, dass eine regionalen Vernetzung und Kooperation sowie eine individuelle<br />

Bildungsbegleitung junger Menschen zur neuen Qualität von Professionalität bei der Gestaltung<br />

von Übergangsprozessen wird. Professionalität ist eng mit der Entwicklung regionaler Handlungskonzepten<br />

verknüpft. Spezifische Fortildungssettings sollten Institutionen- und berufsgruppenübergreifend<br />

ausgerichtet, prozessbegleitend und regional ausgestaltet sein sollten.<br />

ARNOLD, ROLF; GÓMEZ TUTOR, CLAUDIA: Grundlinien einer Ermöglichungsdidaktik - Bildung ermöglichen, Vielfalt<br />

gestalten. Augsburg 2007<br />

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG: 10 Leitlinien zur Modernisierung der beruflichen Bildung -<br />

Ergebnisse des Innovationskreises berufliche Bildung. Bonn/Berlin 2007<br />

Bylinski, Ursula/Rützel, Josef: "Ausbildung für alle" braucht eine Pädagogik der Vielfalt. In: BWP Berufsbildung in<br />

Wissenschaft und Praxis, Heft 2/2011, S. 14-17<br />

VESTER, MICHAEL: Der Klassenkampf um die Bildungschancen. In: Neue Praxis. Zeitschrift für Sozialarbeit, Sozialpädagogik<br />

und Sozialpolitik (2008) Heft 1, S. 80-86<br />

181


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 15 | 13:30 – 14:10 Uhr | Raum T2 238<br />

Kay Adenstedt<br />

Vielfalt der Schulentwicklungsberatung in den deutschen Bundesländern<br />

Martin-Luther-<strong>Universität</strong> Halle-Wittenberg<br />

kayadenstedt@gmail.com<br />

Schulen unterliegen einem stetigen Veränderungs- und Innovationsdruck, der in den letzten Jahren<br />

insbesondere durch die aufrüttelnden PISA-Ergebnisse und einem Paradigmenwechsel in der Steuerung<br />

des Schulsystems verschärft wurde. Heute sollen Einzelschulen (meist gesetzlich verpflichtet)<br />

mehr Verantwortung für die Qualitätssicherung und –entwicklung ihrer Organisation und die damit<br />

verbundenen Prozesse tragen. Daraus ergeben sich sehr anspruchsvolle Anforderungen und Entwicklungsaufgaben<br />

für die Akteure der Einzelschulen. Schulentwicklungsberatung soll Schulen im Prozess<br />

der Realisierung systematischer Schulentwicklung unterstützen und Entwicklungsimpulse setzen, die<br />

zur Verbesserung der Schulqualität beitragen.<br />

Es ist festzustellen, dass dieses wichtige Unterstützungsinstrument und wissenschaftliche Thema in<br />

der Schulentwicklungsforschung bislang nicht länderübergreifend erforscht wurde, sodass zu Recht<br />

von einem Desiderat gesprochen wird (Arnold & Reese, 2010; Schnebel 2009). Das Ziel des zugrundeliegenden<br />

Dissertationsprojekts ist es daher, mit empirischer und anwendungsorientierter Forschung<br />

einen Beitrag für die Praxis der Schulberatung und zugleich für die Schulentwicklungsforschung zu<br />

leisten. Der Fokus dieses Kongressbeitrags geht der Frage nach, welche Rolle Schulentwicklungsberatung<br />

in den Schul- und Steuerungssystemen der deutschen Bundesländer spielt. Dieser Fragestellung<br />

wurde mithilfe eines explorativen und methodenintegrativen Designs nachgegangen.<br />

Im Vortrag sollen Ergebnisse aus einer Fragebogenerhebung (an den deutschen Kultusministerien) zur<br />

Organisationsstruktur und Ausgestaltung der Schulentwicklungsberatung in den Bundesländern vorgestellt<br />

werden. Dies ist eine erste Bestandsaufnahme des Feldes. Zudem sollen drei kontrastreiche<br />

Fallbeispiele (Bundesländer) die Darstellung der vielfältigen Landschaft der Schulentwicklungsberatung<br />

in den deutschen Bundesländern vertiefen. Diese Ergebnisse resultieren aus der Analyse qualitativer<br />

Experteninterviews und Dokumentenanalysen, die zusammen einen Teil des gesamten Dissertationsprojekts<br />

darstellen.<br />

Abschließend wird auf der Basis der vorgestellten Ergebnisse eine Diskussion darüber eingeleitet, ob<br />

Schulentwicklungsberatung ein „Schnittstellenmanagement“ zwischen den Steuerungsebenen behördlicher<br />

Schulverwaltung, Schulaufsicht, externer Evaluation und Einzelschule einnehmen kann.<br />

Adenstedt, K. (2010): Unterstützungssysteme der Schulentwicklung aus der Sicht von Schulleitern am Beispiel<br />

Sachsen-Anhalt. München.<br />

Arnold, E. & Reese, M. (2010). Externe Beratung. In T. Bohl et al. (Hrsg.), Handbuch Schulentwicklung (S. 298-302).<br />

Stuttgart, Julius Klinkhardt Verlag.<br />

Dedering, K., Goecke, M., Rauh, M. & Tillmann, K.-J. (2010). Externe Schulentwicklungsberatung in Nordrhein-<br />

Westfalen. Grundinformationen DFG Projekt „Wie beraten die Berater? Externe Berater als Akteure der Schulentwicklung“.<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong>. http://www.uni-bielefeld.de/erziehungswissenschaft/ag4/dokumente/ Externe-Schulentwicklungsberatung-NRW.pdf<br />

[25.06.2012].<br />

Schnebel, S. (2009). Beratung für Schulentwicklung. In S. Blömeke et al. (Hrsg.), Handbuch Schule (S. 575-579).<br />

Stuttgart, Julius Klinkhardt Verlag.<br />

182


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 15 | 14:15 – 14:55 Uhr | Raum T2 238<br />

Anne Jurczok 1 , Tilman Drope 2<br />

Warum ist eine Schule beliebt? Über- und Unternachfrage als Indikator für<br />

eine gute Schule<br />

1 <strong>Universität</strong> Potsdam, 2 Technische <strong>Universität</strong> Berlin<br />

jurczok@uni-potsdam.de<br />

Seit der der Schulstrukturreform im Schuljahr 2010/11 wird in Berlin beim Übergang von der<br />

Grundschule auf die weiterführende Schule ein neues Aufnahmeverfahren angewendet. Das<br />

bisher gültige Wohnortprinzip wurde zugunsten der Passung des Schülers zum Profil der Schule<br />

aufgegeben. Eltern haben nun die freie Wahl zwischen dem Gymnasium und einer integrierten<br />

Schulform. Schulen hingegen können ihre Schülerschaft zu 60% durch selbstgesetzte Kriterien,<br />

30% durch Losverfahren und 10% durch Härtefallregelungen auswählen. Makrostrukturell gewinnen<br />

diese schulischen Selektions- und elterlichen Schulwahlentscheidungen zunehmend dort<br />

an Bedeutung, wo es zur Herausbildung stark unternachgefragter Schulen auf der einen und<br />

stark übernachgefragten Schulen auf der anderen Seite kommt. Schüler und deren Eltern konkurrieren<br />

um Plätze an den beliebtesten Schulen; die Schulen wiederum buhlen um Schülerinnen<br />

und Schüler. Auf diese Weise entsteht für beide Seiten ein Schulmarkt, in dem die Wahrnehmung<br />

des schulischen Angebotes durch die Eltern aufgrund des Mangels an objektiven Vergleichsdaten<br />

stark durch den Ruf der einzelnen Schule beeinflusst wird. Auf der schulischen<br />

Meso-Ebene geraten Bemühungen der aufnehmenden Schulen in den Fokus, passende und<br />

leistungsstarke Schüler von einem Besuch zu überzeugen.<br />

Mit einem mixed-method Verfahren untersuchen wir im Rahmen eines gemeinsam von der<br />

<strong>Universität</strong> Potsdam und der TU Berlin getragenen Forschungsprojektes, welche Schulen sich in<br />

diesem Wettbewerb durchsetzen. Ziel des Forschungsprojektes ist es, mit Hilfe von einerseits<br />

quantitativen Analysen von Anmeldedaten an weiterführenden Schulen der Berliner Schulverwaltung<br />

jene Merkmale von Schulen zu unterscheiden, die über- und vor allem unternachgefragt<br />

sind. Dabei werden neben der schulischen Sozialstruktur auch Daten des schulischen Sozialraumes<br />

analysiert. Die Nachfrage von Schulen wird als Indikator für die Qualität von Schulen gesehen,<br />

da sie zumindest den wahrgenommenen „Ruf“ durch die Eltern widerspiegeln. Andererseits<br />

wird mittels qualitativer Schulleiterinterviews gefragt, welche Bedingungen Schulen schaffen<br />

und welche Handlungen sie verfolgen, um sich im Wettbewerb zu behaupten. Erste Ergebnisse<br />

und forschungsmethodische Fragen möchten wir im Rahmen der Kommissionstagung vorstellen.<br />

Ball, Stephen J. (Hg.) (2006): Education policy and social class. The selected works of Stephen J. Ball. London:<br />

Routledge.<br />

Bellmann, Johannes; Weiß, Manfred (2009): Risiken und Nebenwirkungen Neuer Steuerung im Schulsystem.<br />

Theoretische Konzeptualisierung und Erklärungsmodelle. In: Zeitschrift für Pädagogik 55 (2), S. 286–308.<br />

Fend, Helmut (2008): Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. 2. Aufl. Wiesbaden:<br />

VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Giesinger, Johannes (2009): Freie Schulwahl und Bildungsgerechtigkeit. Eine Problemskizze. In: ZfE, Zeitschrift für<br />

Erziehungswissenschaft 12 (2), S. 170–187.<br />

183


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 15 | 15:00 – 15:40 Uhr | Raum T2 238<br />

Linda Marie Bischof 1 , Falk Radisch 2 , Tobias Feldhoff 1<br />

Linking School Effectiveness and School Improvement<br />

1 Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, ²Bergische <strong>Universität</strong> Wup-<br />

pertal<br />

bischof@dipf.de<br />

Unter dem Titel “Linking School Effectiveness and School Improvement” beschäftigen sich im<br />

internationalen Diskurs seit fast 20 Jahren viele Beiträge mit Fragen der Notwendigkeit, den<br />

Möglichkeiten und den Schwierigkeiten einer Verknüpfung der beiden Traditionen. Darüber<br />

hinaus wurden auch erste Modelle zur Integration entwickelt, wie z.B. das comprehensive framework<br />

of effective school improvement (vgl. Creemers & Reezigt, 2005) oder das “dynamic<br />

model of educational effectiveness” von Creemers und Kyriakides (z. B. 2008). Trotz der langenanhaltenden<br />

Diskussion fehlt bis heute ein allgemein akzeptiertes Modell, das beide Traditionen<br />

umfassend integriert. Neben zahlreichen Stärken der Modelle (z.B. Effektivität als dynamischer<br />

Prozess, Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur und Messung von Faktoren anhand verschiedener<br />

Dimensionen) werden ebenso Schwächen deutlich. So bleibt z. B. die Schule als Organisation<br />

unterkomplex oder Effektivität wird nur auf Leistung der Schülerinnen und Schüler<br />

reduziert. Für die empirische Schuleffektivitäts- und Schulentwicklungsforschung sind Fragen der<br />

Verknüpfung und Integration der beiden Traditionen immanent. Integrative Modelle bieten die<br />

Chance empirische Befunde präziser theoretisch zu verorten, sie konkreter zu erklären und sie<br />

für eine evidenzbasierte Praxis besser nutzbar zu machen. Der Beitrag möchte Möglichkeiten<br />

und Grenzen des <strong>Links</strong> sowie zentrale Modelle mit deren Stärken und Schwächen darstellen<br />

sowie Wege aufzeigen, wie die Modelle weiterentwickelt werden können.<br />

Creemers, B. P. M. & Kyriakides, L. (2008). The dynamics of educational effectiveness: A contribution to policy,<br />

practice and theory in contemporary schools. London; New York: Routledge.<br />

Creemers, B. P. M. & Reezigt, G. J. (2005). Linking school effectiveness and school improvement: The background<br />

and outline of the project. School Effectiveness and School Improvement, 16(4), 359-371.<br />

184


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 15 | 16:15 – 16:55 Uhr | Raum T2 238<br />

Doreen Prasse<br />

Innerschulische Akteursnetzwerke als Motor von Innovationsprozessen am<br />

Beispiel der IKT-Integration<br />

Freie <strong>Universität</strong> Berlin<br />

doreen.prasse@fu-berlin.de<br />

Eine nachhaltige, unterrichtliche Integration neuer Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

(IKT) in Schulen sollte als komplexer Innovationsprozess betrachtet werden, in dem<br />

neues Wissen produziert und angewendet werden muss und der eine Veränderung existierender<br />

pädagogische Konzepte, Handlungsmuster und Wertehaltungen erfordert. In der Förderung<br />

solcher Innovationsprozesse durch organisationale Bedingungen liegt ein wesentlicher Grund für<br />

die großen Unterschiede bei der Implementation von Neuerungen, wie z.B. der IKT-Nutzung.<br />

Die Betrachtung intraorganisationaler, sozialer Netzwerke als Motor von Veränderungsprozessen<br />

hat in der Innovationsforschung eine lange Tradition. Allerdings existieren kaum Studien, die<br />

Gestaltung und Einfluss sozialer Netzwerkbeziehungen auf den unterrichtlichen IKT-Einsatz von<br />

Lehrkräften untersucht haben (s. Frank et al., 2004). Ziel dieser Untersuchung war es deshalb zu<br />

analysieren, wie zentrale Schulakteure und die durch sie konstituierten sozialen Netzwerke die<br />

IKT-Integration beeinflussen. Auf Grundlage des Promotorenmodells (Hauschildt, 1997) und<br />

Arbeiten zur Rolle sozialer Netzwerke (z.B. Tsai, 2001) wurde angenommen, dass sich die Wirksamkeit<br />

eng geknüpfter Akteursnetzwerken aus deren Potential für den beschleunigten Transport<br />

sozialer Ressourcen (Wissen, Unterstützungsleistungen, Normen) ergibt. Promotoren, insbesondere<br />

Prozesspromotoren, fungieren als Motoren dieses Ressourcenaustausches.<br />

Für die Untersuchung kam eine Kombination quantitativer und qualitativer Forschungsmethoden<br />

zum Einsatz. An 21 Gymnasien fanden jeweils 3-4 leitfadengestützte Interviews und eine<br />

Fragebogenerhebung der Lehrkräfte (ca. 750) statt. Die verschiedenen Promotionsaktivitäten<br />

der Schlüssel-Akteure und die durch diese geformten Netzwerkbeziehungen wurden analysiert<br />

und typisiert.<br />

Auf Basis der Ähnlichkeit der Netzwerkarchitektur konnten verschiedene Typen identifiziert<br />

werden, die wichtige Problemlagen und Pathologien auf dem Weg zu einem idealen, vollständigen<br />

Netzwerk verdeutlichen. Die Ergebnisse zeigten eine sehr stark positive Beziehung zwischen<br />

der Qualität der Netzwerkbeziehungen und dem Umfang bzw. der Qualität der unterrichtlichen<br />

IKT-Integration an der Schule.<br />

Die Ergebnisse der Untersuchung verweisen auf das große praktische Potential der Analyse<br />

innerschulischer, sozialer Netzwerke für Schulentwicklungsprozesse.<br />

Frank, K.A., Zhao, Y. & Borman, K. (2004). Social capital and the diffusion of innovations within organizations:<br />

Application to the implementation of computer technology in schools. Sociology of Education, 77(2), 148-171.<br />

185


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 15 | 17:00 – 17:40 Uhr | Raum T2 238<br />

Franziska Rudolph-Albert, Eva-Maria Lankes<br />

Nutzen von Vergleichsarbeiten (VERA) für die Unterrichts- und<br />

Schulentwicklung<br />

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, München<br />

franziska.rudolph-albert@isb.bayern.de<br />

Die Vergleichsarbeiten in der Jahrgangsstufe 3 (VERA-3) liefern den Lehrkräften objektive Daten<br />

über die Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler und geben Hinweise darauf, wie sie ihren<br />

Unterricht in Hinblick auf die Bildungsstandards weiterentwickeln können. Eine datenbasierte<br />

Unterrichtsentwicklung setzt die Rezeption der Ergebnisrückmeldung sowie die Reflexion und<br />

Nutzung der Informationen durch die Lehrkräfte voraus (Helmke & Hosenfeld, 2005).<br />

Es gibt jedoch Belege dafür, dass die Rückmeldungen an sich nicht die erwarteten Wirkungen in<br />

Hinblick auf Maßnahmen zur Unterrichtsentwicklung mit sich bringen (Groß Ophoff et al., 2006).<br />

Die Nutzung externer Leistungsdaten wird vielmehr über die subjektiv empfundene Nützlichkeit<br />

der Rückmeldung vermittelt, die wiederum durch Merkmale der Testrückmeldung bestimmt ist<br />

(Maier et al., 2011).<br />

Die VERA-Rückmeldung in Bayern enthält neben dem sozialen Vergleich kompetenzbezogene<br />

und aufgabenbezogene Ergebnisdarstellungen, die kriteriale Vergleiche ermöglichen. Unbekannt<br />

ist bisher, wie Lehrkräfte die Nützlichkeit dieser Art der Ergebnisrückmeldung einschätzen und<br />

inwieweit sie bereit sind auf dieser Basis Maßnahmen zur individuellen Förderung sowie zur<br />

Unterrichtsverbesserung abzuleiten.<br />

Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde im Anschluss an die Ergebnisrückmeldung zu<br />

VERA-3 eine Online-Befragung unter den beteiligten Lehrkräften durchgeführt. Die Ergebnisse<br />

weisen darauf hin, dass die verschiedenen Elemente der Rückmeldung in Bezug auf ihre Nützlichkeit<br />

unterschiedlich eingeschätzt werden und entsprechend zu unterschiedlichen Maßnahmen<br />

im Unterricht führen.<br />

Groß Ophoff, J., Koch, U., Hosenfeld, I. & Helmke, A. (2006). Ergebnisrückmeldung und ihre Rezeption im Projekt<br />

VERA. In H. Kuper & J. Schneewind (Hrsg.), Rückmeldung und Rezeption von Forschungsergebnissen (S. 19-40).<br />

186


Mo. 10.09.| Einzelbeiträge 15 | 17:45 – 18:25 Uhr | Raum T2 238<br />

Nina Fritsch, Christian Weyer, Kathrin Dedering<br />

Schulinspektionen und deren innerschulische Verarbeitung<br />

<strong>Universität</strong> Vechta<br />

nina.fritsch@uni-bielefeld.de<br />

Im Rahmen des Förderschwerpunktes „Steuerung im Bildungssystem (SteBis)“ des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung (BMBF) wird in den Jahren 2010 bis 2013 ein Forschungsprojekt<br />

an der <strong>Universität</strong> Vechta gefördert, das unter dem Titel „Externe Evaluation/ Schulinspektion<br />

und schulische Qualitätsentwicklung“ den Einfluss des externen Begutachtungsverfahrens auf<br />

den Bereich der Organisations-, Unterrichts- und Personalentwicklung in Schulen untersucht.<br />

Das Projekt nimmt die in Folge der Evaluation/ Inspektion in den Schulen in Gang gesetzten<br />

Aktivitäten und die intendierten sowie nicht-intendierten Auswirkungen in den Blick und will<br />

zudem jene Faktoren ermitteln, die die innerschulischen Entwicklungsaktivitäten flankieren Es<br />

soll ein von Ehren und Visscher (2006) vorgelegtes Rahmenmodell zu den Auswirkungen von<br />

Externer Evaluation / Schulinspektion auf Einzelschulebene empirisch überprüft werden.<br />

In zwei exemplarisch bestimmten Bundesländern (Hamburg und Thüringen), deren Verfahren<br />

der Externen Evaluation/ Schulinspektion sich in Bezug auf die Rückmeldeformate unterscheiden,<br />

werden an allgemein bildenden Schulen jene Rezeptions- und Verarbeitungsprozesse, die in<br />

Folge der externen Begutachtung ablaufen, deren Ergebnisse und flankierende Faktoren untersucht.<br />

Dazu wird ein methodisches Design umgesetzt, das als Quasi-Längsschnitt Daten zu drei<br />

unterschiedlichen Zeitpunkten vor bzw. nach dem obligatorischen Schulbesuch erhebt. Durchgeführt<br />

werden standardisierte Befragungen von Schulleitungen und Lehrkräften.<br />

Im Rahmen einer Zusatzstudie werden zudem qualitative Interviews an vier Schulen durchgeführt,<br />

die systematisch nach dem Kriterium des Begutachtungsergebnisses (eher gutes versus<br />

eher weniger gutes Evaluations-/ Inspektionsergebnis) ausgewählt wurden. Anhand von 16 Interviews<br />

mit Schulleitungen, Mitgliedern schulischer Steuergruppen und der Schulaufsicht sowie<br />

der Evaluations-/ Inspektionsteams werden tiefergehende Erkenntnisse zu den innerschulischen<br />

Verarbeitungsprozessen der Evaluation/ Schulinspektion und zum Stellenwert des Begutachtungsverfahrens<br />

im Kontext weiterer Steuerungsinstrumente gewonnen.<br />

Im geplanten Beitrag werden zentrale Ergebnisse aus dem Projektkontext präsentiert, die Aufschluss<br />

über die Wirksamkeit des externen Begutachtungsverfahrens in Bezug auf den Bereich<br />

von Schulentwicklung geben.<br />

187


Di. 11.09.| Postersession | Poster 1| 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Karin-Ulrike Nennstiel<br />

Freundschaften Jugendlicher in Japan und Deutschland<br />

Hokusei-Gakuen-University Sappo<br />

nennstiel@hokusei.ac.jp<br />

Freundschaftsbeziehungen wird für die Sozialisation Heranwachsender eine zentrale Bedeutung<br />

zugeschrieben. Lange galten sie als Voraussetzung für eine gelingende Ablösung vom Elternhaus,<br />

wobei nach neuere Forschungen Freundschaftsbeziehungen und Elternhaus jedoch für die<br />

Jugendlichen oft komplementäre Funktionen übernehmen. Schule und Freundschaftsbeziehungen<br />

stehen in Wechselbeziehung zueinander: die Schule bietet Raum für die<br />

Entwicklung von Freundschaften, während diese eine beachtliche Rolle für Sozialisations- und<br />

Lernprozesse spielen (Harring/ Palentien/ Rohlfs 2007).<br />

Ein Vergleich zwischen Deutschland und Japan soll dazu dienen, durch die Organisation Schule<br />

vorgegebene soziostrukturelle, kulturell bedingte und kulturraumübergreifende Komponenten<br />

von Freundschaftsbeziehungen Jugendlicher zu differenzieren. Dazu werden Interviews unter<br />

Schüler/innen und Lehrenden in Internatsschulen sowie eine quantitative Erhebung unter den<br />

Jugendlichen durchgeführt und analysiert.<br />

Die vorläufige Auswertung der deutschen Teilstudie ergab eine Differenzierung in drei Typen von<br />

„Freundschaft“: „vertrauensbasiert“, „gemeinsamkeitsorientiert“ und „alltagsorientiert“; ob sich<br />

diese Typen auch in Japan finden, wird die noch ausstehende Schülerumfrage des japanischen<br />

Samples zeigen. Unterschiede zwischen Deutschland und Japan zeichnen sich v.a. in der<br />

Alterszusammen-setzung und Sozialisationsfunktion der Peergroup ab. Während in dem<br />

deutschen Sample jeder Klassenjahrgang eine eigene Logik und eigene Beziehungsstrukturen<br />

entwickelt, agieren in dem japanischen Sample klassenhöhere Schüler oft als Vermittler und<br />

Advokaten der Normen und Werte der „Erwachsenenwelt“. Vorausgesetzt, dieser vorläufige<br />

Befund wird durch die noch ausstehende Erhebung unter japanischen Schüler/innen bestätigt,<br />

stellt sich die Frage, inwieweit die Ergebnisse der Internatsstudie auch für andere schulische<br />

Kontexte gelten. Darüberhinaus wäre zu untersuchen, ob altersgemischte Peergroups zu einer<br />

„sanfteren Transition“ führen als jahrgangsgetrennte oder ob sie Tendenzen zu Assimilation und<br />

Marginalisierung im Sinne der Typologie von Reinders (2003) verstärken. Welche Konsequenzen<br />

wären von einer Förderung altersgemischter Peergroups in Deutschland und einer vermehrten<br />

Jahrgangsorientierung japanischer wohl zu erwarten?<br />

Harring/Palentien/Rohlfs (Hrsg.), 2007, Perspektiven der Bildung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />

188


Di. 11.09.| Postersession | Poster 2| 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Judith Schellenbach-Zell, Frederik Podschun<br />

Motivationsregulation von Lehrkräften bei der Korrektur von<br />

Klassenarbeiten<br />

Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal<br />

zell@uni-wuppertal.de<br />

Eine erfolgreiche Selbstregulation, d.h. der verantwortungsvolle Umgang mit eigenen<br />

persönlichen Ressourcen, spielt in den aktuellen Kompetenzmodellen von Lehrkräften eine<br />

zentrale Rolle (Baumert & Kunter, 2006). Während dort der Schwerpunkt auf dem<br />

ressourcenschonenden Umgang mit den beruflichen Belastungen liegt, rekurriert der<br />

vorliegende Beitrag stärker auf die Selbstregulations-forschung, die neben (meta)kognitiven<br />

auch motivationale Aspekte umfasst. Im Vordergrund steht dabei die gelingende Regulation der<br />

Motivation während einer wesentlichen beruflichen Aufgabe von Lehrkräften, nämlich der<br />

Korrektur von Klassenarbeiten. Damit wird der Frage nachgegangen, inwiefern Lehrkräfte<br />

Strategien zur Regulation ihrer Motivation in einer beruflichen Situation verwenden, die oft auch<br />

als aversiv empfunden wird. Ausgangspunkt bilden die verschiedenen Strategien zur Regulierung<br />

der Motivation, die theoretisch unterschieden werden, wie beispielsweise die Aussicht auf<br />

Belohnung, Interessesteigerung, Umweltkontrolle oder die lern- und leistungsziel-bezogene<br />

Selbstinstruktion (z.B. Schwinger, von der Laden & Spinath, 2007). Der Schwerpunkt liegt auf der<br />

Betrachtung der Mikroprozesse während der Korrektur, die die Motivation und deren Regulation<br />

betreffen. Um diese Mikroprozesse analysieren zu können, wurden insgesamt vier angehende<br />

Lehrkräfte mit der Methode des Lauten Denkens untersucht, d.h. die Personen verbalisierten<br />

ihre Gedanken und Wahrnehmungen während sie ihre Klassenarbeiten korrigieren (z.B. Konrad,<br />

2010). Insgesamt zeigen die Analysen, dass die untersuchten Lehrkräfte die bislang bekannten<br />

Strategien durchaus verwenden, insbesondere die Inaussichtstellung von kleineren Belohnungen<br />

und die Aufteilung der Gesamtaufgabe in einzelne Teilschritte. Die beschriebene Methode der<br />

Datengewinnung bietet darüber hinaus die Möglichkeit, die einzelnen Strategien inhaltlich<br />

genauer beschreiben zu können und zeigt auf, welche weiteren Strategien Lehrkräfte nutzen, um<br />

ihre Motivation bei der Korrektur aufrechtzuerhalten.<br />

Baumert, J., & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für<br />

Erziehungswissenschaft, 9(4), 469 - 520. Konrad, K. (2010). Lautes Denken. In G. Mey & K. Mruck (Hrsg.), Handbuch<br />

Qualitative Forschung in der Psycholog<br />

189


Di. 11.09.| Postersession | Poster 3 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Carolin Heckersbruch, Imke Dunkake<br />

Der Einfluss kognitiv repräsentierter Schülerstereotype auf die soziale<br />

Urteilsbildung in der Peer Group Schulklasse<br />

Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal<br />

c.heckersbruch@uni-wuppertal.de<br />

In der Bildungs- und Sozialisationsforschung ist bekannt, dass die Peers, neben den Eltern und<br />

Lehrern, im Sozialisationsprozess eine wichtige Rolle spielen. Unter Berücksichtigung der<br />

Tatsache, dass besonders viel Zeit mit der Peergruppe der Klassenkameraden verbracht wird<br />

Rutter et al. 1979, Fend 2006) und Interaktionen sowie soziale Urteile der Mitschüler, zentral für<br />

verschiedene Aspekte der weiteren Entwicklung sind (Oswald & Krappmann 2004), fokussiert die<br />

vorliegende Studie besonders den Zusammenhang zwischen sozialer Urteilsbildung und<br />

Stereotype. Dabei verfolgt die Studie drei Fragen: 1) Welche Stereotype (z.B. Streber,<br />

Klassenclown, Sportler, Außenseiter) sind bei Schüler/innen kognitiv repräsentiert? 2. Welchen<br />

Einfluss haben diese Stereotype auf die soziale Urteilsbildung? und 3) Welche Charakteristika<br />

haben die Schüler/innen, die Träger bestimmter Sterotype sind bzw. derer, die sie gegenüber<br />

anderen entwickeln.<br />

In Anlehnung an diese Fragestellungen wurde eine explorative Vorstudie durchgeführt (Juni<br />

2010-Februar 2011), in der Schüler/innen des 9. Schuljahrs (N=111) aller Schulformen mittels<br />

eines offenen Fragebogens bezüglich der bei ihnen kognitiv repräsentierten Schülerstereotype<br />

sowie der dazugehörigen Eigenschaften befragt wurden.<br />

Basierend auf diesen identifizierten Stereotype wurde anhand einer zweiten schriftlichen<br />

Befragung (Realschüler der 9. Klasse, N=273) einschließlich einer Netzwerkerhebung auf<br />

Klassenebene erfasst, welchen Mitschülern/innen Stereotype zugeordnet werden, welche<br />

soziometrische Position sie im Klassennetzwerk haben und inwieweit dies mit<br />

sozidemographischen Merkmalen und familialen Sozialisationsmustern der Schüler/innen<br />

korrespondiert. Im Rahmen der Posterpräsentation werden das Untersuchungsdesign sowie<br />

erste netzwerkanalytische Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung vorgestellt.<br />

Rutter, M., Maughan, B., Martinare, P., Ouston, J. und A. Smith, 1979: Fifteen Thousand Hours: Secondary Schools<br />

and Their Effects on Pupils. London: Open Books.<br />

Oswald, H. und L. Krappmann, 2004: Soziale Ungleichheit in der Schulklasse und Schulerfolg. Zeitschrift für Erziehungswissensschaften<br />

7 (4): 479-496.<br />

Fend, H., 2006: Neue Theorie der Schule. Einführung in das Verstehen von Bildungssystemen. Wiesbaden: Verlag<br />

für Sozialwissenschaften<br />

190


Di. 11.09.| Postersession | Poster 4 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Sandra Glammeier, Kathrin Vogt<br />

Individuelle Förderung angesichts sozialer Probleme?<br />

Ein Forschungsprojekt zu Lebenssituationen und Handlungsorientierungen<br />

alleinerziehender Frauen im SGB-II-Bezug im Rahmen der Evaluation einer<br />

beruflichen Eingliederungsmaßnahme<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

sandra.glammeier@uni-bielefeld.de<br />

Die im Zuge der reflexiven Moderne zunehmende Ausdifferenzierung von Familienformen und die<br />

steigende Anzahl Alleinerziehender sowie die häufig prekären und vielfach belasteten Lebenslagen<br />

insbesondere alleinerziehender Frauen rückten in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus der<br />

Forschung (z.B. Reis 2011, Ziegler 2010, Brand/Hammer 2002). Politik und soziale Arbeit reagieren auf<br />

die multiplen Problemlagen unter anderem mit Maßnahmen zur Förderung der Alleinerziehenden.<br />

Hier stellt sich die Frage, inwiefern die „aktivierenden“ Maßnahmen den sozialen Problemen und dem<br />

Unterstützungsbedarf der Betroffenen entgegentreten können oder ob diese eher individualisierend<br />

wirken, gesellschaftliche Verantwortung verschieben und damit Ungerechtigkeiten und ambivalente<br />

Normen verdecken.<br />

Das hier vorliegende Forschungsprojekt fokussiert die Lebenssituation alleinerziehender Frauen im<br />

SGB-II-Bezug, die an einer Maßnahme zur beruflichen (Wieder)Eingliederung in einer ländlichen<br />

Region teilnehmen. Ziel der Forschung ist einerseits die Evaluation der Maßnahme. Zu dieser wird die<br />

Erhebung der soziostrukturellen Merkmale, der Gesundheit, der sozialen Integration, der<br />

Lebenszufriedenheit und des Selbstwirksamkeitsgefühls der Teilnehmerinnen hinzugezogen. Darüber<br />

hinaus sollen die Handlungsorientierungen der Teilnehmerinnen und der Mitarbeiterinnen, deren<br />

Klientinnenkonstruktionen und Deutungsmuster rekonstruiert werden.<br />

Dabei kommen in der Befragung der Teilnehmerinnen einerseits quantitative Methoden zum Einsatz,<br />

wie ein entwickelter standardisierter Fragebogen und eine Auswahl an validierten Fragebögen zur<br />

körperlichen und psychischen Gesundheit sowie zur Lebenszufriedenheit und Selbstwirksamkeitserwartung.<br />

Andererseits werden leitfadengestützte, teilnarrative Interviews zu den Erfahrungen und<br />

der Zufriedenheit mit der Maßnahme sowie zum Unterstützungsbedarf durchgeführt und<br />

inhaltsanalytisch ausgewertet. Zusätzlich werden leitfadengestützte, biographisch orientierte,<br />

narrative Interviews mit einer Auswahl an Teilnehmerinnen (Theoretisches Sampling) geführt und<br />

nach der dokumentarischen Methode ausgewertet. Mit den Mitarbeiterinnen werden sowohl<br />

leitfadengestützte Interviews als auch Gruppendiskussionen durchgeführt. Auf dem Poster sollen<br />

sowohl die Fragestellungen und Forschungsmethoden als auch erste Zwischenergebnisse präsentiert<br />

und zur Diskussion gestellt werden.<br />

Brand, D. / Hammer, V. (2002). Balanceakt Alleinerziehend. Lebenslagen, Lebensformen, Erwerbsarbeit.<br />

Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.<br />

Reis, C. (2011). Alleingelassen. Junge arbeitslose Alleinerziehende im Dickicht sozialstaatlicher Hilfeangebote.<br />

Frankfurt a. M.: Fachhochschulverlag.<br />

Ziegler, H. / Seelmeyer, U. / Otto, H.-W. (2010). „Arbeitslos mit Kindern.“ Bewältigungsstrategien und<br />

institutionelle Unterstützung. Eine Befragung von Bedarfsgemeinschaften und Alleinerziehenden mit Kindern<br />

unter 15 Jahren im ALG II-Bezug. Im Auftrag der Stadt <strong>Bielefeld</strong> und der Arbeitplus in <strong>Bielefeld</strong> GmbH.<br />

Retrieved June 1, 2012, from http://www.alleinerziehende-bmas.de/tl_files/nwhfa_downloads/<br />

publikationen/<strong>Bielefeld</strong>er%20Studie%20Arbeitslos%20mit%20Kindern.pdf.<br />

191


Di. 11.09.| Postersession | Poster 5 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Manuela Endberg, Julia Kahnert, Birgit Eickelmann, Wilfried Bos<br />

Der Einfluss von Schülereinstellungen und -wahrnehmungen auf das<br />

Abschneiden im Zentralabitur Mathematik<br />

Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

Manuela.Endberg@fk12.tu-dortmund.de<br />

Im Jahr 2007 wurde in NRW das Zentralabitur im Zuge der neuen Outputsteuerung eingeführt<br />

(Eickelmann et al., 2012). Vor dem Hintergrund der besonderen individuellen und<br />

gesellschaftlichen Bedeutung des Fachs Mathematik (Neumann et al., 2010) stellt sich die Frage,<br />

wie sich Schülervariablen wie z.B. Schülereinstellungen und -wahrnehmungen auf die erbrachte<br />

Leistung im Zentralabitur Mathematik auswirken. Unter Verwendung eines Strukturgleichungsmodells<br />

wird mit diesem Beitrag anhand einer Stichprobe von Gymnasiasten in NRW auf der<br />

Grundlage von Abiturergebnissen und Schülerhintergrundfragebögen untersucht, in welcher<br />

Weise die Faktoren Selbstwirksamkeit, die Einschätzung des Sinns von Mathematik, das<br />

Unterrichtsklima im Mathematikunterricht der Qualifikationsphase sowie die Anwendung einer<br />

individuellen Bezugsnorm aus Schülersicht mit dem Abschneiden im Zentralabitur Mathematik<br />

exemplarisch für den Abiturdurchgang 2011 zusammenhängen. Dieser Forschungsansatz greift<br />

die Idee auf, die bereits in früheren Untersuchungen zu Determinanten der Schulleistung<br />

realisiert wurde (u.a. Helmke & Schrader, 2006) und schließt für die genannten Faktoren auf<br />

Individualebene eine Forschungslücke in Bezug auf die Bedingungen von Schülerleistung im<br />

Zentralabitur. Die Befunde zeigen in der betrachteten Stichprobe nominelle, aber keine<br />

statistisch signifikanten Zusammenhänge. Die Analysen bilden jedoch einen Ausgangspunkt für<br />

nachfolgende Untersuchungen zum Zusammen-wirken von Faktoren auf der Individualebene der<br />

Lernenden und dem Abschneiden in zentralen Prüfungen, insbesondere im Zentralabitur.<br />

Eickelmann, B. Kahnert, J., Lorenz, R. & Bos, W. (2011). Das Zentralabitur in Nordrhein-Westfalen aus der Lehrerperspektive.<br />

Veränderungen für den Unterricht. SchulVerwaltung NRW 12/2011, 31–32.<br />

Neumann, M., Nagy, G., Trautwein, U. & Lüdtke, O. (2010). Vergleichbarkeit von Abiturleistungen. Leistungs- und<br />

Bewertungsunterschiede zwischen Hamburger und Baden-Württemberger Abiturienten und die Rolle zentraler<br />

Abiturprüfungen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 12 (4), 691–714.<br />

192


Di. 11.09.| Postersession | Poster 6 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Elena Gaertner<br />

Gesund im Lehrerberuf – Effekte eines Klassenführungstrainings auf die<br />

Lehrergesundheit<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

elena.gaertner@edu.lmu.de<br />

Das Forschungsvorhaben entsteht als Teil des größer angelegten Projekts LeguPan:<br />

Lehrergesundheit - Prävention an Schulen. Ziel der Arbeit ist es Zusammenhänge und Bezüge<br />

zwischen Lehrergesundheit und Klassenführung herzustellen. Zu diesem Zweck werden zwei<br />

Interventionen, ein Klassenführungstraining und ein Gesundheitstraining miteinander, in Ihren<br />

Effekten auf die Gesundheit der teilnehmenden Lehrer, verglichen.<br />

Klassenführung wird ähnlich verstanden wie Haag und Streber (2012), während für die<br />

Lehrergesundheit als Hauptzielkriterium chronischer Stress, durch das Merkmal Depressivität<br />

(Schonfeld, 1992), erfasst wird. Als Operationalisierung wird die deutsche Version des Center<br />

Epidemiologic Studies Depression Scale (CES-D), die Allgemeine Depressionsskala (Hautzinger &<br />

Bailer, 1993), in ihrer Kurzversion (ADS-K) eingesetzt. Lehrerstress und -belastung, so eine These<br />

der Arbeit werden hauptsächlich durch die Herausforderungen der Klassenführung ausgelöst.<br />

Im Rahmen des Projektes wurden ca. 250 Lehrkräfte aus NRW und Bayern zu je vier Zeitpunkten<br />

befragt. Desweiteren nahmen die Lehrkräfte an einem 4x4 stündigen Training teil, entweder an<br />

einem kompetenzorientierten Klassenführungstraining oder an einem Gesundheitstraining;<br />

einige Fragebögen stehen zum jetzigen Zeitpunkt noch aus.<br />

Die Lehrerbelastung und das Stresserleben wurde u.a. mit dem AVEM (Arbeitsbezogenes<br />

Verhaltens und Erlebensmuster Schaarschmidt & Fischer,1996); Dysfunktionale Kognitionen<br />

(Hautzinger, Luka & Trautmann, 1985; Klages, 1990; Lehr, Sosnowsky, Hillert, Trageser &<br />

Stoeber, 2003); Strategien und Muster der Stressbewältigung (Janke, Erdmann & Kallus, 1985;<br />

Lehr, Schmitz & Hillert, 2008) und der Effort-Reward Imbalance (Gratifikationskrise) mit<br />

Selbstwertschätzung (Siegrist, 2002; Lehr, Keller & Hillert, submitted) operationalisiert.<br />

Durch dieses Forschungsdesign erhielten wir repräsentative Daten, die im Längsschnitt und im<br />

Bundesländervergleich Informationen zur Lehrergesundheit liefern. Es wird überprüft werden,<br />

ob die präventiv angelegten Trainings positive Effekte auf die Lehrergesundheit haben und bei<br />

welchen Gruppen (Schultypen, Voreinstellungen, Schulsysteme, internes / externes Training<br />

etc.), durch welches der beiden Trainings, welche Effekte eintreten. Ein ausgewählter Teil dieser<br />

Ergebnisse soll auf dem Poster dargestellt werden.<br />

Bamberg, Eva; Ducki, Antje; Metz, Anna-Marie (Hg.) (2011): Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement<br />

in der Arbeitswelt. Ein Handbuch. Göttingen: Hogrefe.<br />

Paulus, Peter (Hg.) (2010): Bildungsförderung durch Gesundheit. Bestandsaufnahme und Perspektiven für eine<br />

gute gesunde Schule. Weinheim, Bergstr: Juventa.<br />

Rothland, Martin (Hg.) (2007): Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf. Modelle, Befunde, Interventionen.<br />

1. Aufl. Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss.<br />

193


Di. 11.09.| Postersession | Poster 7 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Anne Frey, Sabine Weiß, Ewald Kiel<br />

LeguPan - Lehrergesundheit: Prävention an Schulen: Was hält Lehrerinnen<br />

und Lehrer gesund?<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

anne.frey@edu.lmu.de<br />

Zahlreiche Studien und die hohe Zahl erkrankter Lehrkräfte verdeutlichen die psychosozialen<br />

Belastungen des Lehrberufs (vgl. Hillert & Schmitz, 2004). Bei jeder zweiten vorzeitig aus dem<br />

Lehrberuf ausgeschiedenen Lehrkraft bestehen psychische bzw. psychosomatische<br />

Problemkonstellationen. Diese Thematik bildet in den letzten Jahren einen Schwerpunkt in der<br />

empirischen Lehrerforschung. Dennoch ist eine Vielzahl von Forschungsdefiziten zu<br />

konstatieren. Dies trifft v.a. darauf zu, wie dieser Situation begegnet werden soll.<br />

Im Rahmen des LeguPan-Projekts wurden in Zusammenarbeit mit der medizinischpsychosomatischen<br />

Klinik Roseneck in Prien zwei Präventionsprogramme für Lehrpersonen<br />

entwickelt, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen: „AGIL“ („Arbeit und Gesundheit im<br />

Lehrberuf“) schult gesundheitsförderliches Verhalten, das auf der Erkennung und Entschärfung<br />

von Stressoren basiert. Dem steht ein „Klassenführungstraining“ gegenüber, welches auf<br />

effektives und Ressourcen schonendes Führen von Klassen abzielt. Beide Trainings vermitteln<br />

langfristig tragfähige Handlungs-kompetenzen, um die eigenen Belastungen im Umgang mit<br />

beruflichen Anforderungen niedrig zu halten. Der Einsatz beider Programme wurde durch eine<br />

Evaluation mit mehreren Messzeitpunkten begleitet.<br />

Das Poster stellt zentrale Elemente der Trainingsprogramme sowie erste Auswertungen vor.<br />

Diese zeigen Tendenzen auf, dass sich durch die Teilnahme an einem Training u.a. die<br />

Bewältigung von beruflichen Anforderungen verändert, in dem auf Methoden des Abschaltens<br />

und der Entspannung zurückgegriffen wird sowie positive Erlebnisse außerhalb der Arbeit<br />

aufgesucht werden, bei Herausforderungen im Arbeitsalltag seltener resigniert wird, sich das<br />

Gefühl intensiviert, durch eigene Fähigkeiten einen Einfluss auf Geschehnisse am Arbeitsplatz zu<br />

haben und etwas verändern zu können, die Wertschätzung für die eigene Person und das eigene<br />

(schulische) Handeln steigt und das Kreisen der Gedanken um arbeitsbezogene und private<br />

Belastungen verringert. Insgesamt profitieren vor allem diejenigen Lehrkräfte, die vor dem<br />

Training ein hohes Belastungserleben angegeben haben bzw. bei den zuvor genannten Aspekten<br />

hohe Belastungswerte aufgewiesen haben.<br />

Hillert, A. & Schmitz, E. (Hrsg.) (2004). Psychosomatische Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern. Ursachen,<br />

Folgen, Loesungen. Stuttgart: Schattauer.<br />

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Di. 11.09.| Postersession | Poster 8 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Mirjam Weis, Gisela Trommsdorff, Tobias Heikamp<br />

Geschlechtsunterschiede in den Schulleistungen: Welche Rolle spielt<br />

Selbstregulation?<br />

<strong>Universität</strong> Konstanz<br />

mirjam.weis@gmx.de<br />

Diese Studie behandelt die Frage, inwieweit Geschlechtsunterschiede in der Selbstregulation<br />

bestehen und ob diese mit fachspezifischen Schulleistungen zusammenhängen. Als Komponenten der<br />

Selbstregulation wurden Emotionsregulation und Verhaltenssteuerung untersucht, die eine wichtige<br />

Rolle für schulische Leistung spielen können (Trommsdorff, in Druck).<br />

Bisherige Studien ergaben positive Zusammenhänge zwischen der Bereitschaft und Fähigkeit zur<br />

Selbstregulation und schulischen Leistungen (Suchodoletz et al., 2009). Duckworth und Seligman<br />

(2006) haben nachgewiesen, dass sich Geschlechtsunterschiede in Schulleistungen teilweise durch<br />

eine höhere Bereitschaft und Fähigkeit zur Selbstregulation bei Mädchen im Vergleich zu Jungen<br />

erklären lassen. Bisherige Studien haben jedoch noch nicht aufgeklärt, inwieweit<br />

Geschlechtsunterschiede in den Schulleistungen durch verschiedene Komponenten der Selbstregulation<br />

(d.h. Emotionsregulation, Verhaltenssteuerung) vermittelt werden. Die vorliegende Arbeit<br />

hat das Ziel, diese Frage zu klären.<br />

Die Stichprobe bestand aus 53 Kindern (19 Jungen, 34 Mädchen) im Alter von 10 bis 13 Jahren.<br />

Schulleistungen wurden als Deutsch- und Mathematiknoten erfasst. Lehrer beurteilten die<br />

Verhaltenssteuerung der Schüler mittels der deutschen Adaptation der Self-Control Scale (SCS-K-D).<br />

Die Schüler schätzten mittels des Fragebogen zur Erhebung von Stress und Stressbewältigung im<br />

Kindes- und Jugendalter (SSKJ 3-8) ihre Fähigkeit zur Emotionsregulation ein. Als Kontrollvariablen<br />

wurden das Alter und allgemeine kognitive Fähigkeiten (CFT 20-R) mit einbezogen.<br />

Mädchen erhielten signifikant bessere Deutschnoten und hatten eine signifikant höhere<br />

Verhaltenssteuerung als Jungen. Mediationsanalysen unter Verwendung einer Bootstrap-Methode<br />

ergaben, dass die Verhaltenssteuerung, nicht aber die Emotionsregulation, die Geschlechtsunterschiede<br />

in den Deutschnoten vermittelte. Somit konnten die Befunde von Duckworth und<br />

Seligman (2006) für eine Stichprobe mit deutschen Kindern erfolgreich repliziert werden. Die Befunde<br />

legen nahe, dass Geschlechtsunterschiede in der Verhaltenssteuerung eine Bedingung dafür sein<br />

könnten, warum Jungen schlechtere Deutschnoten erhalten als Mädchen. Die Ergebnisse werden im<br />

Rahmen eines motivationstheoretischen Ansatzes zur Entwicklung der Selbstregulation sowie dessen<br />

Anwendung auf schulisches Lernen interpretiert.<br />

Duckworth, A., & Seligman, M. (2006). Self-discipline gives girls the edge: Gender in self-discipline, grades, and<br />

achievement test scores. Journal of Educational Psychology, 98, 198-208.<br />

Suchodoletz, A. v., Trommsdorff, G., Heikamp, T., Wieber, F., & Gollwitzer, P. M. (2009). Transition to school: The<br />

role of kindergarten children's behavior regulation. Learning and Individual Differences, 19, 561-566.<br />

Trommsdorff, G. (in Druck). Socialization of self-regulation for achievement in cultural con-text: A developmental<br />

perspective on the Asian miracle. In U. Kim, & Y.-S. Park (Eds.), Asia's educational miracle: Psychological, social,<br />

and cultural perspectives. New York, NY: Springer.<br />

195


Di. 11.09.| Postersession | Poster 9 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Zsofia Juhasz, Marco Jirasko<br />

Die Bedeutung der Kultur für die Auswirkung der Geschlechtsstereotyp-<br />

Aktivierung: Ein Ländervergleich zwischen Österreich und Ungarn<br />

<strong>Universität</strong> Wien<br />

zsofiajuhasz@freemail.hu<br />

Das in der Gesellschaft weit verbreiteten Stereotyp „Männer wären besser in Mathematik“,<br />

womit Frauen während ihrer Schulzeit laufend konfrontiert sind (vgl. Budde, 2009), hat sowohl<br />

kurzfristig auf die Leistung als auch langhaltig auf das akademische Selbstkonzept und Studien-<br />

und Berufswahl einen Einfluss. Eine Reihe von Metaanalysen (etwa Else-Quest, Hyde & Linn<br />

2010) berichten über große Unterschiede zwischen den Ländern in Bezug auf den Gender Gap in<br />

der mathematischen Leistung. Fragestellung war nun, ob die Kultur im Vergleich Ungarn mit<br />

Österreich bei Aktivierung eines Stereotype Threat für die Leistung eine Rolle spielt.<br />

In einem Priming-Experiment mit 300 17-Jährigen SchülerInnen aus Österreich und Ungarn<br />

wurden die TeilnehmerInnen in drei Gruppen mit fingierten „neuen Ergebnissen“ konfrontiert:<br />

Männer wären besser, Männer und Frauen wären gleich gut und als Kontrollgruppe eine<br />

irrelevante Thematik. Danach wurden Textaufgaben vorgegeben. In einer postexperimentellen<br />

Befragung wurden unter anderem Selbsteinschätzungen der Leistung, der Motivation und der<br />

Genderidentifikation erhoben.<br />

Es wurde erwartet, dass Frauen sich von der Vorinformation über die männliche Überlegenheit<br />

in Mathematik beeinflussen lassen und schlechtere Leistung erbringen als Männer. Dies konnte<br />

in Österreich belegt werden, wo die Leistungen der Frauen unter dieser Bedingung niedriger<br />

waren als jene der Männer. In Ungarn wurde das Gegenteil beobachtet: Unter dem Priming<br />

„Männer sind besser“ erbrachten die ungarischen SchülerInnen exakt die gleiche Leistung,<br />

während die Kontrollgruppe einen tendenziellen Unterschied zugunsten der Männer aufwies.<br />

Obwohl die Frauen sich hier schlechter in ihrer mathematischen Fähigkeiten einschätzten als die<br />

Männer, stieg die Motivation unter negativem Priming bei den ungarischen Frauen, während sie<br />

sich bei den österreichischen verringerte.<br />

Dies zeigt, dass SchülerInnen verschiedener Ländern unterschiedlich auf die Bedrohung durch<br />

das Stereotyp reagieren können und es wichtig ist, kulturelle Aspekte zu berücksichtigen.<br />

Budde, J. (2009): Mathematikunterricht und Geschlecht. Empirische Ergebnisse und pädagogische Ansätze (Bildungsforschung<br />

Band 30). Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Referat Bildungsforschung.<br />

Else-Quest N. M., Hyde J. S. & Linn M. C. (2010). Cross-National Patterns of gender differences in mathematics: A<br />

meta-analysis. Psychological Bulletin, 136 (1), 103-127.<br />

196


Di. 11.09.| Postersession | Poster 10 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Thiemo Bloh<br />

Kompetenzförderung von Lehrkräften durch Professional Learning<br />

Communities<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

thiemo.bloh@uni-muenster.de<br />

Kooperation zwischen Lehrkräften wird allgemein als effektive Methode der Kompetenzförderung<br />

gesehen (bspw. Gräsel et al., 2006). Kooperierende Lehrkräfte sind jedoch mehr als<br />

lediglich zusammenarbeitende Individuen, sie bilden eine Community (of Practice) (Lave &<br />

Wenger, 1991). Prozesse der Community- sowie der Identitätsbildung (ebd.) sind entscheidende<br />

Faktoren bei regelmäßigen Kooperationsprozessen zwischen Kolleginnen. Es ist davon<br />

auszugehen, dass die in Communities vorliegenden gemeinsamen Normen und Werte die Lern-<br />

und Bildungsmöglichkeiten und somit auch die Möglichkeiten zur Kompetenzförderung der<br />

beteiligten Lehrkräfte entscheidend beeinflussen, wie eine vergleichende Studie zweier Schulen<br />

bereits zeigen konnte (Achinstein, 2002). Achinstein (2002) argumentiert, dass das Umfeld von<br />

Schulen einen Einfluss auf das Wie der Konfliktkultur der Kooperation von Lehrkräften hat (oder:<br />

das Umfeld der Schule und die Normen und Werte der Lehrkräfte stellen eine Performanzbedingung<br />

der Kooperation dar). So rekonstruiert sie Unterschiede in den Bereichen „Conflict<br />

Stances“ (vermeidend vs. erfassend), „Border Politics“ (einheitlich/exklusiv vs. verschieden/<br />

inklusiv), „Ideology“ (mainstream/kongruent vs. kritisch/entgegengesetzt) und „Organizational<br />

Change and Learning“ (stabil/statisch vs. verändernd/lernend).<br />

Im DFG-Projekt „Unterrichtsbezogene Lehrerkooperation“ bietet sich die Gelegenheit, über die<br />

Analyse von Teamsitzungen und ihren systematischen Vergleich mit narrativen Interviews der<br />

beteiligten Lehrkräfte nicht nur ein differenziertes Bild habitueller Übereinstimmungen zwischen<br />

den Lehrkräften zu gewinnen, sondern auch Prozesse der Communitybildung sowie die<br />

entsprechenden Lernmöglichkeiten zu rekonstruieren und ihre Bedeutung für Kompetenzförderung<br />

zu ergründen.<br />

Achinstein, B. (2002). Conflict Amid Community: The Micropolitics of Teacher Collaboration. Teachers College<br />

Record, 104(3), 421-455<br />

Gräsel, C., Fussangel, K., Parchmann, I. (2006). Lerngemeinschaft in der Lehrerfortbildung. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

9(4), 545-561<br />

Lave, J. & Wenger, E. (1991). Situated Learning. Cambridge: University Press<br />

197


Di. 11.09.| Postersession | Poster 11 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Samuel Merk<br />

Epistemologische Überzeugungen angehender Lehrkräfte zu allgemeinem<br />

pädagogischen/psychologischen Wissen<br />

Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen<br />

samuel.merk@uni-tuebingen.de<br />

Lehramtsstudierende sind mit Erkenntnissen unterschiedlichster Disziplinen konfrontiert, deren<br />

Genese auf teilweise berührungsfreien methodischen Programmen beruht.<br />

Wie sich dies auf die epistemologischen Überzeugungen der Lehramtsstudierenden auswirkt und<br />

welchen Einfluss eine Sozialisation der Studierenden in einer bestimmten Fachrichtung auf ihre<br />

epistemologischen Überzeugungen bzgl. des allgemeinen pädagogischen/psychologischen Wissens<br />

hat, gilt als weitgehend unbekannt.<br />

Dies ist umso erstaunlicher, da allgemeine epistemologische Überzeugungen Studierender als gut<br />

erforscht gelten und Evidenz dafür vorliegt, dass Überzeugungen „at the very heart of teaching“<br />

liegen – es werden ihnen sowohl Filter- als auch Motivations- und Steuerungseffekte zugeschrieben.<br />

Basierend auf dieser Ausgangslage soll in einem Dissertationsvorhaben die Interaktion von<br />

epistemologischen Überzeugungen und dem Erwerb allgemeiner pädagogischer/psychologischer<br />

Kompetenzen experimentell untersucht werden und im angestrebten Poster die Konzeptionalisierung<br />

epistemologischer Überzeugungen zu allgemeinem pädagogischen/ psychologischen Wissen<br />

vorgestellt werden.<br />

Dabei wird zum einen auf die Forschung zur Domänenspezifität epistemologischer Über-zeugungen<br />

Bezug genommen. Zum anderen werden die verschiedenen theoretischen Modellierungen epistemologischer<br />

Überzeugungen (z.B. kohärente Laientheorien, konnotative Aspekte etc.) aufgegriffen:<br />

Die allgemeinen, domänen- und theorienspezifischen epistemo-logischen Überzeugungen werden als<br />

geschachtelte Theorien aufgefasst und dementsprechend mithilfe hierarchischer Regressionen<br />

modelliert.<br />

Für die Erfassung werden bewährte Instrumente der verschiedenen theoretischen Konzeptionen<br />

adaptiert, um so zu prüfen welche Konzeption für diese Domäne geeignet ist und die Ergebnisse<br />

konvergent validieren zu können.<br />

Es wird erwartet, dass zwischen den Überzeugungen zu einzelnen pädagogischen/psycho-logischen<br />

Theorien bzw. zwischen den allgemeinen und domänenspezifischen Überzeugungen erhebliche<br />

Varianz besteht, sich allerdings Einflüsse der allgemeinen epistemologischen Über-zeugungen auf die<br />

domänenspezifischen bzw. auf die theorienspezifischen Überzeugungen in Form von random<br />

intercepts Modellen nachweisen lassen.<br />

Im Poster soll die geplante Überprüfung dieser Hypothesen anhand einer Pilotierungs-Stich-probe von<br />

N=160 Lehramtsstudierender vorgestellt werden.<br />

Muis, K., Bendixen, L. & Haerle, F. (2006). Domain-Generality and Domain-Specificity in Personal Epistemology<br />

Research: Philosophical and Empirical Reflections in the Development of a Theoretical Framework. Educational<br />

Psychology Review, 18, 3–54.<br />

Reusser, K., Pauli, C. & Elmer A. (2010). Berufsbezogene Überzeugungen von Lehrerinnen und Lehrern. In: E. Terhart<br />

(Hrsg.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf (S. 478–495). Münster: Waxmann.<br />

Trautwein, U., Lüdtke, O. & Beyer, B. (2004). Rauchen ist tödlich, Computerspiele machen aggressiv? Allgemeine<br />

und theorienspezifische epistemologische Überzeugungen bei Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen.<br />

Zeitschrift für pädagogische Psychologie 18, 187–199.<br />

198


Di. 11.09.| Postersession | Poster 12 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Kris-Stephen Besa 1 , Andreas Bach 2 , Karl-Heinz Arnold 1<br />

ESIS - Entwicklung Studierender in Schulpraktika<br />

1 <strong>Universität</strong> Hildesheim, 2 Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin<br />

besakr@uni-hildesheim.de<br />

Schulpraktische Ausbildungsphasen stellen sowohl in Deutschland als auch im europäischen Ausland<br />

ein zentrales und von Studierenden in der Regel hoch geschätztes Element der Lehrerausbildung dar.<br />

Dabei sind die Anforderungen an Schulpraktika vielfältig: Neben einer Überprüfung der eigenen<br />

Berufseignung sollen Praktika ebenfalls den Erwerb und die Erweiterung von berufsspezifischen<br />

Kompetenzen ermöglichen. Die im Rahmen der Studie ESIS untersuchten allgemeinen Schulpraktika<br />

sind den fachdidaktischen zumeist vorangestellt und zielen daher insbesondere auf einen<br />

allgemeindidaktischen Kompetenzerwerb ab. Ob und inwieweit die genannten Lernerfolge in den<br />

Praxisphasen tatsächlich erreicht werden, ist jedoch nach wie vor als Forschungsdesiderat zu<br />

betrachten. (vgl. Bach, Besa & Arnold 2012).<br />

Untersucht werden in der Längsschnittstudie ESIS Lehramtsstudierenden der <strong>Universität</strong> Hildesheim<br />

jeweils vor und nach den semesterbegleitenden bzw. im Block organisierten Praxisphasen zu<br />

insgesamt sechs Messzeitpunkten. Neben den Kompetenzselbsteinschätzungen werden im Sinne<br />

eines Multiinformantenansatzes auch Fremdeinschätzungen der Studierenden durch ihre Mentoren<br />

erhoben. Als Instrument dient die im Projekt entwickelte Skala APK zur Erfassung<br />

allgemeindidaktischer Planungskompetenz (Bach, Besa, Brodhäcker & Arnold 2012). Ein Vignettentest<br />

für allgemeindidaktische Kompetenzen zur Erweiterung des Designs befindet sich derzeit in der<br />

Pilotierungsphase.<br />

Folgende Fragestellungen werden verfolgt:<br />

1. Kompetenzentwicklung: Zeigen sich bedeutsame und substanzielle Veränderungen nach der<br />

Teilnahme an einem Schulpraktikum? Bleiben diese Effekte mittelfristig stabil (Follow-up-Messung)?<br />

2. Bedingungen der Kompetenzentwicklung: Welchen Einfluss haben (a) schulpädagogischdidaktisches<br />

Wissen und Erfahrungen, (b) Selbstwirksamkeitserwartung, (c) epistemologische<br />

Überzeugungen und (d) Aspekte des Modelllernens (Qualität der Beziehung zur Mentorenperson;<br />

Kompetenz der Mentorenperson) (e) die Studienwahlmotivation auf die Kompetenzentwicklung bzw.<br />

welche Wechselwirkungen lassen sich längsschnittlich zwischen den Konstrukten darstellen?<br />

Bisherige Ergebnisse konnten bereits zeigen, dass sich allgemeindidaktische Kategorien der<br />

Unterrichtsplanung durch Items mit Likert-Skalierung operationalisieren lassen und dass die<br />

zweidimensionale Skala APK für alle Messzeitpunkte validiert werden konnte.<br />

Bach, A., Besa, K.-S. & Arnold, K.-H. (im Druck): General Didactics in internships: Teacher students’ development of<br />

competencies in lesson planning. Jahrbuch für Allgemeine Didaktik, 2, xxx-xxx.<br />

Bach, A., Besa, K.-S., Brodhäcker, S. & Arnold, K.-H. (2012). Kompetenzentwicklung in Schulpraktika: Erfassung<br />

allgemeindidaktischer Kompetenz zur Planung, Durchführung und Analyse von Unterricht. In T. Hascher & G.<br />

H. Neuweg (Hrsg), Forschung zur (Wirksamkeit der) Lehrerbildung. Wien: LIT-Verlag, S. 105-122.<br />

Bach, A., Brodhäcker, S. & Arnold K.-H. (2010). Entwicklung allgemeindidaktischer Kompetenz in Schulpraktika:<br />

Erfassung der Kompetenzen zur Unterrichtsplanung, -durchführung und -analyse. Lehrerbildung auf dem Prüfstand,<br />

3 (2), 158-178.<br />

199


Di. 11.09.| Postersession | Poster 13 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Jennifer Henkel, Julia Pradel, Friederike Westerholt<br />

Die Verankerung der Übergangsthematik in den Qualifikationswegen von<br />

ErzieherInnen, LehrerInnen und KindheitspädagogInnen<br />

Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen<br />

Jennifer.Henkel@erziehung.uni-giessen.de<br />

Theoretischer Hintergrund: Der Übergang von der Kindertagesstätte in die Grundschule stellt<br />

wichtige Weichen in den Bildungsbiographien von Kindern. Entsprechend intensiv setzt sich die<br />

Fachwelt bereits seit einigen Jahren mit Fragen der pädagogischen Übergangsgestaltung<br />

auseinander. Über die Verankerung der Transitionsthematik in den Qualifikationswegen<br />

pädagogischer Fachkräfte liegen dagegen bisher kaum Erhebungen vor – obwohl eine im Laufe<br />

der Ausbildung theoretische und praktische Auseinandersetzung mit diesem Inhaltsbereich eine<br />

wichtige Voraussetzung für gelingende Übergangsgestaltung darstellt. Zentrales Ziel des<br />

Forschungsprojekts VElPri ist es, die Präsenz der Transitionsthematik in den Qualifikationswegen<br />

von ErzieherInnen, LehrerInnen und KindheitspädagogInnen in einer deutschlandweiten<br />

Bestandsaufnahme zu erheben. Vorbildliche und innovative Leuchtturmprojekte werden<br />

ausgewählt, um Impulse für die Weiterentwicklung der vorhandenen Qualifikationsstrukturen zu<br />

geben.<br />

Fragestellungen:<br />

1) Ob und inwiefern ist die Transitionsthematik in den Qualifikationswegen von ErzieherInnen,<br />

KindheitspädagogInnen, LehrerInnen in Ausbildung und Studium verankert?<br />

2) Was zeichnet besonders innovative Modelle der Vermittlung aus?<br />

Methoden: In allen 16 Bundesländern werden Curricula von Ausbildungs- und Studiengängen<br />

hinsichtlich der Implementierung von Inhalten und Konzepten zur Gestaltung der Kooperation<br />

und des Übergangs zwischen Primar- und Elementarbereich überprüft. Zur Beantwortung der<br />

Fragestellungen kommen sowohl qualitative als auch quantitative Forschungsinstrumente zum<br />

Einsatz (Dokumentenanalyse, standardisierter Onlinefragebogen und Experteninterviews).<br />

Ergebnisse: Auf Basis der Bestandsaufnahme legt das Projekt VElPri Handlungsempfehlungen<br />

und Beispielprojekte zur Verankerung der Transitonsthematik in den Qualifikationswegen von<br />

ErzieherInnen, GrundschullehrerInnen und KindheitspädagogInnen vor.<br />

200


Di. 11.09.| Postersession | Poster 14 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Nina Poschinski, Marc Kleinknecht<br />

Unterrichtsvideos in der Lehrerfortbildung - Emotionale Prozesse beim<br />

Beobachten von eigenem und fremdem Unterricht<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

N.Poschinski@web.de<br />

Nina Poschinski (N.Poschinski@web.de) & Marc Kleinknecht (Marc.Kleinknecht@tum.de)<br />

Unterrichtsvideos in der Lehrerfortbildung - Emotionale Prozesse beim Beobachten von eigenem und<br />

fremdem Unterricht<br />

Eigene und fremde Unterrichtsvideos finden zunehmend Einsatz in der Lehrerfortbildung und gelten<br />

als geeignetes Medium, um die professionelle Analysekompetenz von Lehrkräften aus- und<br />

fortzubilden (u.a. Brophy, 2004; Krammer et al., 2010). Vermutet wird, dass neben kognitiven und<br />

motivationalen, vor allem auch emotionale Prozesse bei der Kompetenzentwicklung eine Rolle spielen<br />

und sich Unterschiede zwischen den Gruppen ‚eigenes Video‘ und ‚fremdes Video‘ finden lassen.<br />

Bei Lehrkräften, die ihren eigenen Unterricht beobachten, wird eine stärkere emotionale Beteiligung<br />

vermutet (Seidel et al., 2011). Inwieweit sich insbesondere negative Emotionen (z.B. Enttäuschung,<br />

Ärger) auf die Analyse- und Reflexionsfähigkeit auswirken, ist bislang allerdings kaum untersucht.<br />

Die explorativ angelegte Studie ist Teil eines DFG Projektes und zielt darauf, die emotionalen Prozesse<br />

beim Beobachten von eigenen und fremden Videos zu beschreiben und systematisch zu vergleichen.<br />

Das Forschungsinteresse richtet sich auf die individuelle Analyse im Rahmen einer webbasierten<br />

Lernumgebung.<br />

Zehn Mathematiklehrkräfte kommentierten anhand von Leitfragen Unterrichtssequenzen ihres<br />

eigenen oder eines ihnen fremden Unterrichts. Emotionen und Motivationen wurden während des<br />

Beobachtens ebenfalls schriftlich erhoben. Die Kommentare wurden quantitativ und qualitativ<br />

inhaltsanalytisch ausgewertet. Fallanalysen ergänzten die Analysen.<br />

Erste Ergebnisse zeigen, dass die Lehrkräfte der Gruppe ‚fremdes Video‘ mehr Emotionen während<br />

der Beobachtung äußern als Lehrkräfte der Gruppe ‚eigenes Video‘. Dabei überwiegen negative<br />

Emotionen, wie Enttäuschung und Ärger, deren Ursachen am häufigsten auf die Handlung der<br />

beobachteten Lehrkraft bezogen wurden. Weitere Analysen verdeutlichen, dass Rechtfertigungsäußerungen<br />

vor allem beim Beobachten eigener Videos auftreten.<br />

Es wird diskutiert, inwieweit die emotionalen Prozesse mit diesen Rechtfertigungsstrategien<br />

zusammenhängen. Außerdem sollen Konsequenzen für die prozessnahe Erhebung und Analyse von<br />

Emotionen gezogen werden.<br />

Brophy, J. (2004). Using video in teacher education. Oxford, UK: Elsevier.<br />

Krammer, K., Schnetzler, C. L., Pauli, C., Reusser, K., Ratzka, N., Lipowsky, F. & Klieme, E. (2010). Unterrichtsvideos<br />

in der Lehrerfortbildung. Überblick über Konzeption und Ergebnisse einer einjährigen netzgestützten<br />

Fortbildungsveranstaltung. In F. H. Müller, A. Eichenberger, M. Lüders, J. Mayr (Hrsg.). Lehrerinnen und Lehrer<br />

lernen. Konzepte und Befunde der Lehrerfortbildung (S. 227-243). Münster: Waxmann.<br />

Seidel, T., Stürmer, K., Blomberg, G., Kobarg, M., & Schwindt, K. (2011). Teacher Learning From Analysis of<br />

Videotaped Classroom Situations. Does it Make a Difference Whether Teachers Observe Their Own Teaching<br />

or That of Others? Teaching an Teacher Education, 27(2), 259–267.<br />

201


Di. 11.09.| Postersession | Poster 15 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Kristina Ackel-Eisnach<br />

Analysen zur moralischen Urteilsfähigkeit bei Studierenden der<br />

Erziehungswissenschaft an der <strong>Universität</strong> Koblenz-Landau<br />

<strong>Universität</strong> Koblenz-Landau<br />

eisnach@uni-landau.de<br />

Ausgehend von Kohlberg (1964, S. 425), der moralische Urteilsfähigkeit als das Vermögen,<br />

moralische Entscheidungen und Urteile zu treffen, die moralisch sind und in Übereinstimmung<br />

mit diesen Urteilen zu handeln, definiert, werden bereits seit geraumer Zeit in unterschiedlichen<br />

Bereichen der Sozialwissenschaften Untersuchungen zur moralischen Urteilsfähigkeit<br />

durchgeführt. Die Mehrzahl der Untersuchungen beschränkt sich dabei auf die Phasen der<br />

Kindheit und Jugend. Mehrfach wurde dabei festgestellt, dass vielfältige Einflussfaktoren die<br />

moralische Urteilsfähigkeit bedingen. Zudem zeigte sich, dass der Aspekt der moralischen<br />

Urteilsfähigkeit von anderen Bereichen der sozialen Entwicklung und Sozialisation - wie z.B. der<br />

Entwicklung der Persönlichkeit - nicht immer eindeutig abzugrenzen ist.<br />

Im Rahmen dieser Studie soll nun untersucht werden, welche Informationen über eine Person<br />

geeignet sind, die Entwicklung moralischen Verhaltens bei Studierenden vorherzusagen. Es geht<br />

hierbei vor allem um eine vergleichende Beurteilung (a) soziologischer und demographischer<br />

Analysekategorien und (b) persönlichkeitsrelevanter Eigenschaften. Ziel ist es ein Modell zur<br />

Erklärung der Moralentwicklung bei Studierenden zu definieren, welches anschließend auf der<br />

Grundlage größerer Subgruppen überprüft werden soll.<br />

Im Rahmen einer Fragebogenstudie wurden im Mai 2012 95 Studierende der Erziehungswissenschaft<br />

der <strong>Universität</strong> Koblenz-Landau, am Campus Landau gebeten, einen Online-<br />

Fragebogen auszufüllen. Zur Erfassung der Moralentwicklung kam der Moralische Urteil-Test<br />

(MUT) von Lind (2002) zur Anwendung. Darüber hinaus wurden verschiedene Variablen zum<br />

sozio-kulturellen Hintergrund, der Persönlichkeitsentwicklung und dem Studium abgefragt.<br />

Im Rahmen der Posterpräsentation sollen erste Ergebnisse aus der Fragebogenstudie vorgestellt<br />

werden.<br />

Lind, G. (2002). Ist Moral lehrbar? Ergebnisse der modernen moralpsychologischen Forschung. Berlin: Logos-<br />

Verlag.<br />

202


Di. 11.09.| Postersession | Poster 16 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Alexander Koch, Peter Labudde<br />

Professionelle Entwicklung von Lehrpersonen im Modellversuch SWiSE<br />

Fachhochschule Nordwestschweiz<br />

alexander.koch@fhnw.ch<br />

Um Schülerinnen und Schüler durch forschend-entdeckenden Unterricht stärker für die<br />

Naturwissenschaften zu begeistern und ihr langfristiges Interesse zu stärken, sollten Lehrpersonen<br />

über Kompetenzen verfügen und diese zur Anwendung bringen. In diesem Kontext beabsichtigt der<br />

Modell¬versuch Naturwissenschafliche Bildung Schweiz (Swiss Science Education, SWiSE), durch<br />

Fortbildung und Coaching den Erwerb sowie die Umsetzung fachspezifischer Kompetenzen bei<br />

Lehrpersonen zu fördern. SWiSE umfasst ein mehrjähriges Programm, das Entwicklungen in der<br />

heterogenen deutschschweizer Bildungslandschaft aufgreift (Stichworte: HarmoS, Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung), zukunftsorientierte Veränderungen implementiert (Lehrplan 21) und<br />

forschend-entdeckendes Lernen stärken möchte. Ab Sommer 2012 bis Herbst 2014 werden die<br />

beteiligten 60 Kindergärten, Primar- und Sekundarschulen evaluiert. Dieser Beitrag stellt erste<br />

Fragestellungen zweier Teilstudien innerhalb der Projektevaluation vor, die die professionelle,<br />

fachdidaktische Kompetenzentwicklung in ihrer kognitiven (Studie 1) und konativen (Studie 2)<br />

Ausprägung betreffen.<br />

Aufgrund der ausserordentlichen Praxisnähe werden zunächst Erkenntnisse zur Kompetenzentwicklungsstrategie<br />

von Lehrpersonen erwartet. Studie 1 fokussiert explorativ die Kompetenz zur<br />

Kompetenzentwicklung. Auf welche Konstituenten fachpädagogischer Kompetenz greifen<br />

Lehrpersonen zurück, in welchem Ausmass verfügen sie darüber? Die Kongruenz individueller<br />

Kompetenzüberzeugungen wird per Selbstbericht in einem Online-Kompetenzmanager erfasst und<br />

der fachpädagogische Teilaspekt mit Ergebnissen eines projektiven Vignettentests verglichen. Zudem<br />

wird die Annahme formuliert, dass selbstgesteuerte und individuell unmittelbar relevante<br />

Kompetenzentwicklung durch Eigenreflektion positiven handlungsleitenden Einfluss auf den<br />

Unterrichtsaufbau hat. Studie 2 betrifft die Umsetzung fachpädagogischen Wissens in (geplantes)<br />

Unterrichtshandeln. Das Transtheoretische Modell, in Integration mit dem Rubikon-Modell der<br />

Handlungsphasen, legt eine motivational wie volitional bedingte Transferintention nahe. Anhand<br />

Dokumentenanalysen und videografiertem Unterricht soll ein Zuwachs an reflektierter<br />

Kompetenzanwendung nachgezeichnet, geprüft sowie in Beziehung zum aktuellen Interesse der<br />

Lernenden gesetzt werden.<br />

Blösterli, K., Brovelli, D., Rehm, M., & Wilhelm, M. (2011). Vignettentest zur Erhebung professioneller Kompetenz.<br />

In D. Höttecke (Ed.), Naturwissenschaftliche Bildung als Beitrag zur Gestaltung partizipativer Demokratie.<br />

Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik. Jahrestagung in Potsdam 2010. (pp. 285-287). Berlin: LIT<br />

Verlag.<br />

Heckhausen, H., & Gollwitzer, P. M. (1987). Thought Contents and Cognitive-Functioning in Motivational Versus<br />

Volitional States of Mind. Motivation and Emotion, 11(2), 101-120.<br />

Prochaska, J. O., & DiClemente, C. C. (1994). The transtheoretical approach : crossing traditional boundaries of<br />

therapy. Malabar, Fla: Krieger Pub.<br />

203


Di. 11.09.| Postersession | Poster 17 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Marcus Syring, Thorsten Bohl, Marc Kleinknecht<br />

Unterrichtsfallbeispiele in der ersten Phase der Lehrerbildung. Kognitive,<br />

emotionale und motivationale Prozesse bei der Bearbeitung von Fällen.<br />

Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen<br />

marcus.syring@ife.uni-tuebingen.de<br />

Die Interventionsstudie untersucht die Effekte verschiedener text- und videobasierter didaktischer<br />

Arrangements auf den Erwerb der Diagnose- und Urteilskompetenz von Lehramtsstudierenden. Im<br />

besonderen Fokus stehen dabei die Effekte auf motivationale, emotionale und kognitive Prozesse<br />

beim Lernen mit Unterrichtsfällen.<br />

Fallbasiertes Lernen stellt eine zentrale Form der Theorie-Praxis-Vermittlung dar. Mittels diese kann in<br />

Hochschulseminaren die Komplexität unterrichtlichen Handelns vermittelt werden (Beck et al., 2000).<br />

An Fällen lassen sich Kompetenzen anbahnen, die später im pädagogischen Handeln sinnvoll<br />

angewendet werden können. Von besonderer Relevanz ist dabei die Diagnose- und Urteilskompetenz<br />

zur Beobachtung im Unterricht. Fälle können in Form von Texten oder Videos präsentiert werden. Bei<br />

der didaktischen Einbettung lässt sich ein problemorientiertes von einem instruktionalen Vorgehen<br />

unterscheiden (Oser & Baeriswyl, 2001).<br />

Ziel der Interventionsstudie ist es, die unmittelbaren Eindrücke der Studierenden beim Lernen mit<br />

Fällen (text- vs. videobasiert) in verschiedenen didaktischen Arrangements (instruktional vs.<br />

problemorientiert) zu erfassen. Diese sollen im Rahmen der folgenden Forschungsfragen genauer<br />

untersucht werden:<br />

1. Welche Effekte hat das Fallmedium (Text/Video) und/ oder das dem Seminar zugrunde liegende<br />

Lehr-Lern-Modell (problemorientiert/instruktional) auf Motivation, Emotion und Kognition beim<br />

fallbasierten Lernen?<br />

2. Welche Effekte haben Motivation und Emotion beim Lernen mit Fällen auf die Ausbildung der<br />

Diagnose- und Urteilskompetenz?<br />

Die Interventionen (vier Seminartypen, 2x2-Design) erfolgen in zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen<br />

im Rahmen einer Veranstaltung im pädagogischen Begleitstudium für Lehramtsstudierende. Die<br />

Stichprobe beträgt n=400 Studierende (2. Semester) und ist auf 20 Seminare verteilt. Jeweils ganze<br />

Seminare werden den Versuchsgruppen zugeordnet.<br />

Im Lernprozess werden mittels eines Begleitfragebogens zu 5 Messzeitpunkten die abhängigen<br />

Variablen Kognition (cognitive load), Emotion (Lernemotionen) und Motivation (Erwartung-x-Wert,<br />

Interesse) erfasst, um eine situationsnahe Entwicklung nachzeichnen zu können.<br />

In einem Pre-Posttest werden diese Variablen vor und nach der Intervention hinsichtlich der Effekte<br />

auf die Diagnose- und Urteilskompetenz mit offenen und geschlossenen Items in einem Fragebogen<br />

nochmals erfasst.<br />

Beck, C. et al. (Hrsg.). (2000). Fallarbeit in der universitären LehrerInnenbildung. Opladen.: Leske+Budrich.<br />

Oser, F., & Baeriswyl, F.J. (2001). Choreographies of teaching. Bridging instruction to learning. In V. Richardson<br />

(Hrsg.), AERA’s Handbook of Research on Teaching. Washington: American Educational Research Association.<br />

Schunk, D.H., Pintrich, P.R., & Meece, J.L. (2007). Motivation in education, Upper Saddle River: Prentice Hall.<br />

204


Di. 11.09.| Postersession | Poster 18 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Johanna Ray<br />

Der mehrstufige Weg zum heiß begehrten Studienplatz: Eine kritische<br />

Analyse zur Konzeption und Durchführung des Auswahlverfahrens in der<br />

finnischen Klassenlehrerausbildung.<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

johanna.ray@tum.de<br />

Seit der ersten PISA-Studie hat das finnische Schulsystem bekanntlich ein sehr großes Interesse auf<br />

sich gezogen (z.B. Kobarg & Prenzel, 2009). Der Aspekt der Aufnahmeprüfungen in der<br />

Lehrerausbildung in Finnland ist im deutschsprachigen Forschungsraum allerdings erstaunlich wenig<br />

beachtet worden. Dies ist nicht zuletzt deshalb so bemerkenswert, weil die (wissenschaftlichen)<br />

Erklärungsversuche für den Erfolg der finnischen SchülerInnen unter anderem in Zusammenhang mit<br />

den Lehrpersonen gesetzt worden ist (z.B. Toom et.al, 2010). Bedenkt man, dass man in Finnland<br />

nicht nur über langjährige Erfahrung in der Studierendenselektion sowie ihrer Beforschung verfügt,<br />

sondern auch, dass man dort grundsätzlich – im Gegensatz zu Deutschland – von der Richtigkeit der<br />

Eignungsabklärung als Bedingung bei der Vergabe von Studienplätzen seit langem überzeugt ist,<br />

entsteht ein interessantes Spannungsfeld. Einem problemorientierten Ansatz folgend wird dieses<br />

Spannungsfeld während meiner Präsentation ausführlicher beleuchtet. Möglichkeiten und<br />

Herausforderungen der Eignungsabklärung in der Lehrerausbildung werden anhand einer von mir<br />

durchgeführten Studie kritisch diskutiert. Es handelt sich hierbei um eine erste explorativ angelegte<br />

deskriptive Bestandsaufnahme, wobei die in 2012 eingesetzten Verfahren an sämtlichen<br />

Studiengängen (N=14) der in Finnland sehr begehrten Klassenlehrerausbildung (Sahlberg, 2012)<br />

inhaltsanalytisch erfasst und analysiert wurden. Folgenden Fragen wurden nachgegangen: (1) Wie ist<br />

das finnische Modell des Bewerbungsverfahrens in seinen sämtlichen Schritten gestaltet sowie (2)<br />

Welche Selektionsmethoden werden (i) wo, (ii) wie, (iii) warum und (iv) mit welchem Erfolg in der<br />

finnischen Lehrerausbildung eingesetzt. Das empirische Material bestand aus im Internet<br />

zugänglichen Texten informativer Art und wissenschaftlichen (Begleit-)Studien mit Fokus auf die<br />

Eignungsdiagnostik für den Lehrerberuf bzw. für das Lehramtsstudium. Mit Blick auf die deutsche<br />

Situation werden die Gesichtspunkte, die beim Auswahlverfahren in der finnischen Lehrerausbildung<br />

im Blickpunkt stehen, sowie die Frage, welches dominierende Idealbild der Lehrperson sich daraus<br />

ableiten lässt, elaboriert und für die Skizzierung weiterer Forschungsvorhaben genutzt.<br />

Kobarg, M. & Prenzel, M. (2009) Stichwort: Der Mythos der nordischen Bildungssysteme. Der Mythos der<br />

nordischen Bildungssysteme. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 4, 597-615.<br />

Sahlberg, P. (2012). The most wanted. Teachers and teacher education in Finland (pp. 1-21). In: A. Lieberman und<br />

L. Darling-Hammond (Hrsg.), Teacher Education Around the World: Changing Policies and Practices.<br />

Toom A., Kynaslahti H., Krokfors L., Jyrhama R., Byman R., Stenberg, K., Maaranen K. & Kansanen P. (2010).<br />

Experiences of a research-based approach to teacher education: suggestions for future policies. European<br />

Journal of Education, 4 (2), 331-344.<br />

205


Di. 11.09.| Postersession | Poster 19 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Vanessa Dizinger, Oliver Böhm-Kasper<br />

Multiprofessionelle Kooperation an gebundenen und offenen<br />

Ganztagsgrundschulen - Hohe Erwartungen, wenig Verbreitung<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

vanessa.dizinger@uni-bielefeld.de<br />

Einigkeit in der schulbezogenen (inter-)professionellen Kooperationsforschung besteht darin, dass<br />

verschiedene Qualitäten der Kooperation, z.B. einfache Austauschprozesse von elaborierten Formen<br />

der Zusammenarbeit, unterschieden werden können (vgl. Gräsel/Fussangel/Pröbstel 2006). Fast<br />

untrennbar werden mehrheitlich in programmatischen Aufsätzen hohe Erwartungen an die<br />

Wirkungskraft der interprofessionellen Kooperation an Ganztagsschulen geknüpft. Dagegen weisen<br />

empirische Ergebnisse aus jüngster Zeit in wachsendem Maße darauf hin, dass interprofessionelle<br />

Zusammenarbeit an Ganztagsschulen nur in sehr geringem Umfang beobachtbar ist. In der Regel<br />

scheinen weniger enge Teamarbeit, sondern kurze Absprachen zwischen Tür und Angel den<br />

Schulalltag zu prägen (vgl. Speck et al. 2011).<br />

Vertiefende Analysen der tatsächlich vorhandenen Kooperationspraxis, der getrennten Betrachtung<br />

ihrer Wirkung sowie fördernder und hemmender Faktoren stehen noch aus. Bisher ist ungeklärt, ob<br />

bestimmte Kooperationspraxen systematisch mit schulorganisatorischen Bedingungen (offener vs.<br />

gebundener Ganztag) und Positionierungen der verschiedenen pädagogischen Professionen<br />

einhergehen; weiterhin stellt sich die Frage, ob und auf welche pädagogischen Zielbereiche (z.B. in der<br />

Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwicklung) die bestehenden Kooperationsformen<br />

gerichtet sind.<br />

Diesen Fragen wird anhand einer leitfadengestützten Interviewstudie, an der zwölf Lehr- und<br />

Ganztagskräfte an offenen und gebundenen Ganztagsgrundschulen teilnahmen, nachgegangen.<br />

An offenen Ganztagsgrundschulen finden sich, wenn überhaupt, einfache Formen der Kooperation,<br />

während an gebundenen Schulen sehr selten auch elaborierte Formen der Zusammenarbeit zu<br />

beobachten sind. Überwiegend wird von getrennten Arbeitsbereichen berichtet, die nur einfache<br />

Absprachen erfordern. Als Zielbereich wird (fast) ausschließlich die individuelle Schülerförderung<br />

genannt.<br />

Weitere Untersuchungsergebnisse hinzuziehend, scheinen elaborierte Formen der interprofessionellen<br />

Kooperation eine Seltenheit. Fraglich ist, ob von einfachen Kooperationsformen<br />

überhaupt Effekte zu erwarten sind. Die Frage nach der Anregung elaborierter interprofessioneller<br />

Aktivitäten in adäquaten Settings und deren Gewinn scheint auf Basis der vorliegenden Ergebnisse<br />

drängend.<br />

Gräsel, C., Fussangel, K. & Pröbstel, C. (2006). Die Anregung von Lehrkräften zur Kooperation - eine Aufgabe für<br />

Sisyphos? Zeitschrift für Pädagogik, 52 (2), 205–219.<br />

Speck, K.,Olk, T., Böhm-Kasper, O., Stolz, H.-J. & Wiezorek,C. (Hrsg.) (2011). Ganztagsschulische Kooperation und<br />

Professionsentwicklung.Weinheim: Juventa.<br />

206


Di. 11.09.| Postersession | Poster 20 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Markus Sauerwein, Natalie Fischer<br />

Qualität von Ganztagsangeboten – Der Einfluss von Peers und<br />

Pädagogischem Personal – Vorstellung einer geplanten Teilstudie der<br />

Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG 2012 - 2015)<br />

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />

sauerwein@dipf.de<br />

Bisherige empirische Studien konnten zeigen, dass qualitativ hochwertige Ganztagsangebote positiv<br />

auf soziale und akademische Kompetenzen wirken können (Kuhn & Fischer 2011; Durlak, Weissberg &<br />

Pachan, 2010). Allerdings waren die untersuchten Qualitätskriterien häufig eher unterrichtsnah.<br />

Spezifische Kriterien außerunterrichtlicher Angebote sind noch nicht hinreichend untersucht. Hier<br />

setzt eine Teilstudie des Projekts StEG an, welche sich auf Angebote zur Förderung von Lese- und<br />

sozialen Kompetenzen konzentriert. Im Rahmen des hier vorgestellten Forschungsvorhabens liegt ein<br />

Schwerpunkt auf der Untersuchung der Beziehungsqualität in den Angeboten und im Unterricht.<br />

Analysiert werden Einflüsse der Beziehungsqualität und der Peers in Ganztagsangeboten auf die<br />

Entwicklung der genannten Kompetenzen nach dem Übergang in die Sekundarstufe I.<br />

Es wird angenommen, dass eine hohe Beziehungsqualität zu den Betreuern positiv auf den Erwerb der<br />

genannten Kompetenzen wirkt.<br />

Zudem wird der Einfluss der Bildungsaspirationen der Peers fokussiert. Bisherige Ergebnisse legen<br />

nahe, dass außerunterrichtliche Aktivitäten Gleichaltrigeninteraktionen positiv beeinflussen. Einflüsse<br />

auf akademische Kompetenzen sind darüber hinaus über die Identifizierung der Schülerinnen und<br />

Schüler mit den Werten und Normen und Verhaltensweisen der Gruppe möglich (Fredricks & Eccles<br />

2005). Insbesondere Kinder mit bildungsfernem Herkunfskontext sollten von einer stärkeren<br />

Bildungsorientierung der Peers in den Angeboten profitieren. Bildungsaspirationen der Peergroup<br />

werden entsprechend als Mediator in Bezug auf die untersuchten Kompetenzen betrachtet.<br />

Das Design der Studie, die den Übergang in die Sekundarstufe in den Blick nimmt, sieht vor<br />

Schülerinnen und Schüler der 5. Jahrgangsstufe an 60 Schulen der Sekundarstufe in halbjährlichen<br />

Abständen dreimal zu befragen. Mithilfe von computergestützten Fragebögen und Testverfahren<br />

können genaue Angebotsprofile und deren Zusammenhänge mit der Entwicklung von Lese- und<br />

sozialen Kompetenzen erfasst werden. Die Schülerinnen und Schüler werden außer zur Qualität der<br />

Angebote auch zum Deutschunterricht befragt. Zudem werden die Perspektiven der Betreuerinnen<br />

und Betreuer und der Lehrkräfte einbezogen.<br />

Die Ergebnisse der Studie sollen dazu beitragen, förderliche Mechanismen in Ganztagsangeboten<br />

aufzudecken und so als Basis für die qualitativ hochwertige Gestaltung ganztägiger Bildung dienen.<br />

Durlak, J. A., Weissberg, R. P.,& Pachan, M. (2010). A meta-analysis of after-school programs that seek to promote<br />

personal and social skills in children and adolescents. American Journal of Community Psychology, 45, 294-<br />

309.<br />

Fredricks, J.A.,& Eccles, J.S. (2005). Developmental benefits of extracurricular involvement: Do peer characteristics<br />

mediate the link between activities and youth outcomes? Journal of Youth and Adolescence, 34(6), 507-520.<br />

Kuhn, H.P., Fischer, N. (2011). Zusammenhänge zwischen Schulnoten und problematischem Sozialverhalten in der<br />

Ganztagsschule: Entwickeln sich Ganztagsschüler/-innen besser? Zeitschrift für Erzeihungswissenschaften, 14,<br />

143 - 162.<br />

207


Di. 11.09.| Postersession | Poster 21 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Johanna Otto<br />

Die diskursive Formation von Macht in interschulischen Netzwerken<br />

Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

otto@ifs.tu-dortmund.de<br />

Interschulische Netzwerke, als eine Alternative zu Markt und Hierarchie (Emmerich & Maag Merki,<br />

2009) werden oft mit Attributen wie Selbstorganisation, hierarchieentlastende Entscheidungsprozesse<br />

und Kooperation versehen. Es wird angenommen, dass die Mitglieder eines Netzwerkes sich<br />

durch die fehlenden hierarchischen Strukturen „auf Augenhöhe“ begegnen. Doch ist dies tatsächlich<br />

möglich? Oder ist es vielmehr so, dass „menschliche Beziehungen als Bündel von Machtbeziehungen“<br />

(Foucault, 1985), die nach Foucault omnipräsent und in jeder Form von Diskurs vorhanden sind,<br />

betrachtet werden müssen?<br />

So blieb bislang ungeklärt, wie beispielsweise in Netzwerken Themen ausgehandelt werden, welche<br />

sozialen Prozesse dieser Aushandlung vorausgehen und wie die Akteure im Netzwerk zueinander<br />

stehen. Außerdem bleibt offen, inwiefern Sprache und Handlungen der im Netzwerk Beteiligten sich<br />

rekursiv beeinflussen, in welcher Form und von wem Macht ausgeübt wird und ob sich tatsächlich im<br />

Sinne Foucaults eine nicht repressive Macht finden lässt.<br />

Zur Beantwortung dieser Fragen wird ein exploratives, qualitatives Vorgehen gewählt, das die Theorie<br />

von Foucault im Hinblick auf die inhaltlich-thematische und formale Seite des Machtdiskurses in<br />

interschulischen Netzwerken als ersten Orientierungspunkt nutzt. Da davon ausgegangen werden<br />

kann, dass Sprache in allen sozialen Kontexten nicht nur als reines Kommunikationsmedium, sondern<br />

auch als soziale Kraft wirkt, die Macht diskursiv durchsetzt und somit sprachliche Routinen mit<br />

sozialen Ereignissen verknüpft werden können, sollen feinlinguistische Transkripte zweier<br />

interschulischer Netzwerke mit Hilfe der Kritischen Diskursanalyse untersucht werden (Jäger, 1993).<br />

Neben der Vorstellung der theoretischen Rahmung und der Forschungsfragen soll in diesem Beitrag<br />

vor allem der Fokus auf dem methodischen Vorgehen liegen.<br />

Emmerich, M., Maag Merki, K. (2009), Netzwerke als Koordinationsform Regionaler Bildungslandschaften.<br />

Empirische Befunde und governancetheoretische Implikationen. In: N. Berkemeyer, H. Kuper, V. Manitius, K.<br />

Müthing (Hrsg.). Schulische Vernetzung. Eine Übersicht zu aktuellen Netzwerkprojekten. Münster: Waxmann.<br />

13-30.<br />

Foucault, M. (1985), Freiheit und Selbstsorge. Gespräch mit Michel Foucault am 20. Januar 1984, Übers. H. Becker,<br />

in: H. Becker, L. Wolfstetter, A. Gomez-Muller & R. Fornet-Betancourt (Hrsg.), Michel Foucault, Freiheit und<br />

Selbstsorge. Interview 1984 und Vorlesung 1982, Frankfurt, 9–28.<br />

Jäger, Siegfried (1993), Kritische Diskursanalyse. Eine Einführung. Duisburg: DISS.<br />

208


Di. 11.09.| Postersession | Poster 22 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Andrea Bogatz, Johanna Backhaus, Petra Hanke<br />

Wirkungen von Formen und Niveaus der Kooperation von Kita und<br />

Grundschule auf Erzieher/innen, Grundschullehrkräfte, Eltern und Kinder<br />

<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

andrea.bogatz@uni-koeln.de<br />

In der Öffentlichkeit wird seit längerem die Bedeutung der Kooperation von Kindertageseinrichtung<br />

und Grundschule für die Bewältigung des Übergangs durch die Kinder hervorgehoben und eine<br />

Stärkung der Kooperation zwischen den Einrichtungen gefordert. Die bisherige Forschung in diesem<br />

Bereich basiert oft auf der normativ gesetzten Annahme, dass die Kooperation zwischen den<br />

Pädagogen aus Kita und Grundschule grundsätzlich „nützlich" sei. Untersuchungen zu Wirkungen (z.B.<br />

Belastungen und Entlastungen, Nutzen) von Kooperation zwischen Erzieherinnen und Erziehern,<br />

Lehrpersonen und Eltern liegen nur vereinzelt vor (z.B. die finnische Studie von<br />

Ahtola/Silinskas/Poikonen/Kontoniemi/Niemi/Nurmi 2011). Eine zentrale Zielstellung des Projektes ist<br />

daher die Untersuchung von (eingeschätzten) Wirkungen der Kooperation auf das Handeln der in den<br />

Einrichtungen tätigen Personen. Ebenso soll untersucht werden, welche Wirkungen die Kooperation<br />

auf die Bewältigung des Übergangs in die Schule durch die Kinder und Eltern hat.<br />

Ein weiteres Ziel der vom BMBF und ESF geförderten Studie ist die nähere Erforschung von<br />

Bildungsdokumentationen in der Kita-Praxis und als eine Möglichkeit der Kooperation von Kita,<br />

Grundschule und Elternhaus. Kriterien, Methoden, Verfahren sowie die Art und Weise der Umsetzung<br />

von Bildungsdokumentationen sollen hierbei ebenso erfasst werden wie die Akzeptanz und Nutzung<br />

von Bildungsdokumentationen in der Phase des Übergangs von der Kita in die Grundschule aus der<br />

Perspektive aller am Übergang Beteiligten.<br />

Die Studie ist mit vier Erhebungszeitpunkten sowohl als Querschnitts- als auch als Längsschnittstudie<br />

angelegt. Eingesetzt werden schriftliche Befragungen, Erhebungsverfahren mit Kindern zum sozialemotionalen<br />

Entwicklungsstand sowie leitfadengestützte Interviews mit Erzieherinnen und Erziehern,<br />

Lehrpersonen, Kindern und Eltern. Im Rahmen der Posterpräsentation soll das Untersuchungsdesign<br />

der Studie vorgestellt werden.<br />

Ahtola, A.; Silinskas, G.; Poikonen, P.-L.; Kontoniemi, M.; Niemi, P.; Nurmi, J.-E. (2011): Transition to formal<br />

schooling: Do transition practices matter for academic performance? In: Early Childhood Research Quaterly 26<br />

(2011) 295-302<br />

209


Di. 11.09.| Postersession | Poster 23 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Thorben Lahtz<br />

Classroom Management und Co-Teaching in Integrierten Gesamtschulen<br />

Leibniz <strong>Universität</strong> Hannover<br />

Thorben.Lahtz@ifs.phil.uni-hannover.de<br />

Im dargestellten Promotionsprojekt wird der Zusammenhang von Classroom Management und Co-<br />

Teaching in Integrierten Gesamtschulen untersucht. Das Konstrukt des Classroom Managements wird<br />

so definiert, dass Classroom Management dasjenige Lehrerverhalten darstellt, das zum Schaffen und<br />

Aufrechterhalten einer lernförderlichen Umgebung notwendig ist (vgl. Brophy, 2006). Co-Teaching<br />

beinhaltet das gemeinsame Unterrichten von Sonderpädagogen und Regelschullehrern (Walther-<br />

Thomas, Korinek, McLaughlin & Williams, 2000). Dabei wird Co-Teaching durch die gemeinsame<br />

Anwesenheit im Klassenraum von Sonderpädagoge und Regelschullehrer operationalisiert.<br />

Die Stichprobe der Untersuchung soll den Unterricht von 20-30 Lehrer-Tandems an Integrierten<br />

Gesamtschulen umfassen. Dabei soll jedes Tandem unter zwei Bedingungen aufgenommen werden,<br />

im Unterricht mit Anwesenheit beider Lehrer und im Unterricht mit alleiniger Anwesenheit des<br />

Regelschullehrers.<br />

Forschungsmethodisch wird das Vorhaben durch videographisch-vermittelte Beobachtung umsetzt,<br />

die mit Hilfe eines Kategoriensystems quantitativ ausgewertet wird. Ergänzt werden die Unterrichtsvideos<br />

durch Befragungen beider Lehrer und einen Schulleiterfragebogen. Die Daten der<br />

verschiedenen Erhebungsmethoden sollen dann zusammengeführt und statistisch ausgewertet<br />

werden.<br />

Ziel des Forschungsvorhabens ist die Beschreibung von Potentialen des gemeinsamen Unterrichtens<br />

für die Gestaltung der Lernumgebung. Das Projekt befindet sich aktuell in der Vorbereitungsphase<br />

bzw. in der Phase der Stichprobenakquise.<br />

Evertson, C.M. & Poole, I. (2004). Norms and Expectations. Zugriff am 12.09.2011, von<br />

http://iris.peabody.vanderbilt.edu/casestudies.html<br />

Kounin, J.S. (2006). Techniken der Klassenführung. Münster, New York [u.a.]: Waxmann. (Original erschienen 1970:<br />

Dicipline and group management in classrooms).<br />

Schönbächler, M.-T. (2008). Klassenmanagement. Situative Gegebenheiten und personale Faktoren in Lehrpersonen-<br />

und Schülerperspektive. Bern [u.a.]: Haupt.<br />

Scruggs, T.E., Mastropieri, M.A. & McDuffie, K.A. (2007). Co-Teaching in Inclusive Classrooms: A Metasynthesis of<br />

Qualitative Research. Council for Exceptional Children, (73), 4, S. 392-416.<br />

210


Di. 11.09.| Postersession | Poster 24 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Stephanie Niehoff 1 , Wolf-Dieter Lettau 2 , Kathrin Fussangel 1 , Falk Radisch 2<br />

Forschungsdesign zum Projekt „Kooperation von Lehrkräften und<br />

pädagogischem Personal und die Gestaltung der Übergangsempfehlung<br />

am Ende der Grundschulzeit“<br />

1 <strong>Universität</strong> zu Köln, 2 Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal<br />

stephanie.niehoff@uni-koeln.de<br />

Verschiedene Studien konnten zeigen, dass der schulische Erfolg neben anderen Faktoren auch<br />

von sozialen Hintergrundmerkmalen der Schülerinnen und Schüler abhängig ist (Maaz et al.,<br />

2006). Um dieser Chancenungleichheit zu begegnen, wurde in den letzten Jahren u.a. der<br />

Ausbau von Ganztagsschulen gefördert und vorangetrieben. Ganztätig organisierten Schulen<br />

werden bessere Möglichkeiten der individuellen Förderung zugesprochen, die zu einer<br />

Steigerung der Chancen-gleichheit führen sollen (Ottweiler, 2005; Steiner 2009).<br />

Das Poster stellt ein BMBF-gefördertes Forschungsprojekt der <strong>Universität</strong>en Köln und Wuppertal<br />

vor und geht der Frage nach, wie Grundschulkinder in Ganztagsschulen gefördert werden. Dabei<br />

wird ein besonderes Augenmerk auf die Kooperation von Lehrpersonen und dem pädagogischen<br />

Personal in Grundschulen gelegt und untersucht, ob diese wirkungsvoll – im Sinne der<br />

individuellen Förderung der Kinder und einer gerechten Übergangsempfehlung am Ende der<br />

Grundschulzeit – gestaltet wird. Ziel des zugrundeliegenden Projektes ist es, zu schauen, ob die<br />

soziale Selektivität durch eine gute und wirkungsvolle Kooperation vermindert werden kann.<br />

Die Zielstellungen werden in verschiedenen Teilstudien erforscht. In einer Vorstudie wird mit<br />

Hilfe der IGLU-Daten zunächst sekundäranalytisch der Zusammenhang zwischen dem<br />

Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler und der erteilten Übergangsempfehlung<br />

untersucht. Im Projekt wird sodann eine quantitative Erhebung an ca. 100 Grundschulen in<br />

Nordrhein-Westfalen durchgeführt, um Erkenntnisse zur Kooperation von Lehrkräften und dem<br />

weiteren pädagogischen Personal und deren Zusammenhang zur Übergangsgestaltung zu<br />

erlangen. Zusätzlich werden in einer qualitativen Studie mit Lehrkräften und dem<br />

pädagogischem Personal Interviews geführt, um die interprofessionelle Kooperation und deren<br />

Bedingungen vertiefend zu analysieren.<br />

Durch das Forschungsprojekt sollen Forschungsdesiderata sowohl in der Ganztagsschul- als auch<br />

in der Übergangsforschung geschlossen werden.<br />

Maaz, K., Hausen, C., McElvany, N., & Baumert, J. (2006). Stichwort: Übergänge im Bildungssystem. Theoretische<br />

Konzepte und ihre Anwendung in der empirischen Forschung beim Übergang in die Sekundarstufe. Zeitschrift<br />

für Erziehungswissenschaft, 9(3), 299-327.<br />

Ottweiler, O. (2005). Die Position von Parteien, Verbänden und Kirchen zur Ganztagsschule. In V. Ladenthin & J.<br />

Rekus (Hrsg.), Die Ganztagsschule. Alltag, Reform, Geschichte, Theorie (S. 177-198). Weinheim: Juventa.<br />

Steiner, C. (2009). Mehr Chancengleichheit durch die Ganztagsschule? Zeitschrift für Pädagogik, 55 (54. Beiheft),<br />

81-105<br />

211


Di. 11.09.| Postersession | Poster 25 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Carina Tillack 1 , Hans Peter Kuhn 1 , Natalie Fischer 2<br />

Motivationale Handlungskonflikte in der Ganztagsschule? – Wirkungen der<br />

Hausaufgabenbetreuung auf die Lernmotivation von Sekundarschülern<br />

1 <strong>Universität</strong> Kassel, 2 Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />

tillack@uni-kassel.de<br />

Im Rahmen bisheriger Schulleistungsstudien konnte eine zunehmende Bildungsaspiration<br />

deutscher Schülerinnen und Schüler (SuS) beobachtet werden, jedoch ist deren Lernmotivation<br />

im internationalen Vergleich eher gering ausgeprägt. Eine mögliche Erklärung hierfür sieht die<br />

Arbeitsgruppe um Manfred Hofer in der Tatsache, dass die Handlungsvollzüge der SuS mit den<br />

Handlungsalternativen um Zeit und Engagement konkurrieren. Zur Begründung dieser Annahme<br />

wird die Theorie motivationaler Handlungskonflikte herangezogen (TMH; Hofer et al., 2005),<br />

nach der sich unterschiedliche Leistungs- und Wohlbefindenswerte auf die Lernmotivation<br />

auswirken. Demnach führen sowohl hohe Leistungs- als auch Wohlbefindenswerte von SuS zu<br />

Handlungskonflikten, da die Entscheidung für Freizeit oder Schule miteinander konkurrieren und<br />

letztlich zu motivationalen Interferenzen führen (Fries, Dietz & Schmid, 2008). Konkret bedeutet<br />

dies, dass die SuS – trotz der bewussten Entscheidung für Schule – gedanklich auf Alternativen<br />

(bspw. Freizeitgestaltung) fokussiert und folglich mit einem Handlungskonflikt konfrontiert sind.<br />

Hieraus ergibt sich die Frage, ob SuS, die eine Ganztagsschule besuchen, weniger motivationale<br />

Interferenzen aufweisen als SuS, die nach dem regulären Unterricht die Schule verlassen, da ein<br />

geregelter Tagesablauf für Schule und Freizeit vorgegeben wird. Demnach ist anzunehmen, dass<br />

die SuS einer Ganztagsschule somit seltener in einen Entscheidungskonflikt geraten.<br />

Um dieser Fragestellung nachzugehen, wird die in der Studie zur Entwicklung von<br />

Ganztagsschulen (StEG; Fischer et al., 2011) erhobene Stichprobe von über 20.000<br />

Sekundarschülern herangezogen.<br />

Erste Ergebnisse zeigen, dass Schüler, die an der Hausaufgabenbetreuung (HAB) im Rahmen<br />

einer Ganztagsschule teilnehmen, weniger motivationale Interferenzen aufweisen, als Schüler,<br />

die keine HAB in der Schule wahrnehmen. Jedoch zeigt sich im Verlauf der Sekundarstufe 1, dass<br />

die motivationalen Interferenzen bei allen Schülern zunehmen. Des Weiteren tendieren Schüler,<br />

die an der HAB teilnehmen eher zu Leistungswerten, während Schüler, die keine HAB<br />

wahrnehmen, ab der siebten Klassenstufe eher zu den Wohlbefindenswerten tendieren.<br />

Fischer, N., Holtappels, H.-G., Klieme, E., Rauschenbach, T., Stecher, L. & Züchner, I. (Hrsg.). (2011).<br />

Ganztagsschule: Entwicklung, Qualität, Wirkungen. Längsschnittliche Befunde der Studie zur Entwicklung von<br />

Ganztagsschulen (StEG).Weinheim und Basel:<br />

212


Di. 11.09.| Postersession | Poster 26 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Julia Höke<br />

(Weiter-)entwicklung pädagogischer Professionalität im<br />

„Bildungshaus 3-10“? Erzieherinnen und Lehrkräfte im Spannungsfeld<br />

systembedingter Verschiedenheit und enger Kooperation<br />

Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen, Ulm<br />

julia.hoeke@znl-ulm.de<br />

Das „Bildungshaus 3 – 10“ ist ein Landesmodell des Kultusministeriums Baden-Württemberg.<br />

Kinder-gärten und Grundschulen verzahnen ihre pädagogische Arbeit, sowohl auf der Ebene der<br />

Fachkräfte durch eine intensivierte Kooperation als auch auf der Ebene der Kinder durch die<br />

Einrichtung von gemeinsamen Bildungsangeboten für Kindergarten- und Schulkinder. Die<br />

systembedingte Ver-schiedenheit beider Institutionen erfordert dabei intensive<br />

Auseinandersetzungen und Aushandlungsprozesse der Beteiligten. Gleichzeitig wird erwartet,<br />

dass die Fachkräfte jeweils voneinander profitieren. Aus der Theorie gibt es Hinweise darauf,<br />

dass sich Kooperation institutions-intern positiv auf die Entwicklung professionellen<br />

pädagogischen Handelns auswirkt (Terhardt 1992). Vor dem Hintergrund des Diskurses zu päd.<br />

Professionalität (Colbe, Helsper 1997; Rapold 2006) stellt sich die Frage, wie sich die<br />

Zusammenarbeit im Modellprojekt zwischen Lehrern und Erziehern gestaltet. Gelingt die<br />

Verzahnung der pädagogischen Arbeit und welche Bedingungen spielen eine Rolle? Welche<br />

Aushandlungsprozesse finden statt und können diese unter Gesichtspunkten professionellen<br />

pädagogischen Handelns beschrieben werden? In einer qualitativen Analyse von Interviews mit<br />

Erziehern und Lehrern wird dargestellt, wie an verschiedenen Standorten mit den<br />

Unterschiedlichkeiten beider Systeme in der konkreten Praxis umgegangen wird, welche<br />

Lösungswege gefunden und welche Probleme nicht überwunden werden können. Erste<br />

Ergebnisse zum Gelingen der Kooperationsprozesse und ihrer Rahmenbedingungen werden<br />

vorgestellt.<br />

Colbe, Arno; Helsper, Werner (Hrsg.) (1997). Pädagogische Professionalität. Frankfurt am Main: suhrkamp.<br />

Terhart, Ewald (1992). Lehrerberuf und Professionalität. In Dewe, Bernd; Ferchhoff, Wilfried; Radtke, Frank-Olaf<br />

(1992). Erziehen als Beruf. Opladen: Leske und Budrich.<br />

Rapold, Monika (2006). Pädagogische Kompetenz, Identität und Professionalität. Hohengehren: Schneider.<br />

213


Di. 11.09.| Postersession | Poster 27 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Magdalena Würfl, Stephanie Hiltmann, Klaus-Peter Wild<br />

Online-basierte Unterstützung der Selbstwirksamkeitsentwicklung im<br />

Berufsschulkontext. Eine experimentelle Feldstudie.<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

magdalena.wuerfl@ur.de<br />

In schulischen Lernsettings kann des Öfteren beobachtet werden, dass Lernende trotz<br />

grundlegender Motivation an der eigentlichen Umsetzung ihrer Ziele scheitern. Dies trifft unter<br />

anderem auch für die berufliche Ausbildung – und speziell für den Kontext der Berufsschule zu.<br />

Es wurde bereits gezeigt, dass solche Misserfolge die Selbstwirksamkeitserwartungen von<br />

Lernenden auf Dauer schwächen können – vor allem dann, wenn eine ungünstige Attribuierung<br />

auf internale und stabile Ursachen wie z.B. einen Mangel an Fähigkeiten erfolgt. In der Praxis<br />

kann dies zu vermeidendem oder resig-nierendem Verhalten aufgrund des immer stärkeren<br />

Absinkens von Selbstwirksamkeit, Motivation und Leistung führen.<br />

Von dieser Problemstellung ausgehend beschäftigt sich die vorliegende Studie unter anderem<br />

mit folgenden Fragestellungen:<br />

1) Welche differentiellen Verläufe der Selbstwirksamkeitsentwicklung sind bei der Erarbeitung<br />

selbstbestimmter und selbstgesteuerter Lernprozesse zu verzeichnen?<br />

2) In welcher Weise können individuelle Selbstwirksamkeitserwartungen durch ein<br />

systematisches lernbegleitendes Feedback gefördert oder zumindest geschützt werden?<br />

Zur Untersuchung dieser Fragestellungen wurde eine experimentelle Feldstudie bei N=294<br />

SchülerInnen einer gewerblichen Berufsschule durchgeführt. Zu Beginn der Studie wurde<br />

gemeinsam mit den ProbandInnen ein persönlich relevantes fachspezifisches oder<br />

fachübergreifendes Lernziel aus dem Bereich der Berufsschule erarbeitet. Während der<br />

darauffolgenden Lernperiode (Dauer: sechs Wochen) erhielten alle SchülerInnen regelmäßig ein<br />

individuelles E-Mail-Feedback basierend auf einem Online-Lernbericht, welcher wöchentlich<br />

auszufüllen war. Im Rahmen des E-Mail-Feedbacks wurden experimentell verschiedene<br />

Varianten realisiert, die in unterschiedlichem Grad selbst-wirksamkeitsfördernde<br />

Leistungsattribuierungen unterstützen sollten.<br />

Anhand der wöchentlichen Lernberichte als auch anhand eines Pre- und eines Post-Fragebogens<br />

wurden zahlreiche Produkt- und Prozessvariablen erhoben (u.a. lernzielspezifische<br />

Selbstwirksam-keitserwartungen, subjektiver Grad der Zielerreichung, Lernmotivation, soziodemographische<br />

Daten).<br />

Erste Befunde zur differentiellen Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen und ihrer<br />

Abhängigkeit von den individuellen Eingangsparametern sowie dem experimentellen Treatment<br />

werden präsentiert.<br />

Bandura, A. (2006). Guide for Constructing Self-Efficacy Scales. In F. Pajares & T. C. Urdan (Hrsg.), Self-efficacy<br />

beliefs of adolescents (S. 307–337). Greenwich, Conn: IAP - Information Age Pub.<br />

214


Di. 11.09.| Postersession | Poster 28 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Stephanie Hiltmann, Magdalena Würfl, Klaus-Peter Wild<br />

Die Rolle von angeleiteten Zielbildungsprozessen für die Verfolgung und<br />

Erreichung selbstbestimmter Lernziele in der beruflichen Bildung<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

Stephanie.Hiltmann@ur.de<br />

Lernen kann zu einem unterschiedlichen Grad als selbstreguliertes Lernen organisiert werden<br />

und damit die vorwiegend schulisch- und lehrkraftorganisierten Lehr-Lernformen ergänzen.<br />

Sobald die durch die Schüler zu leistenden regulativen Funktionen über die unmittelbaren<br />

kognitiven Aufgaben hinausgehen und auch übergeordnete „didaktische“ Aufgaben der<br />

Zielplanung (u.a. Inhalt, Umfang, Schwierigkeit) oder handlungsregulative Aufgaben (zeitliche<br />

Planung, Initiierung und Aufrecht-erhaltung von Lernhandlungen) umfassen, wird der Erfolg des<br />

Lernens in besonderer Weise an die individuellen kognitiven, meta-kognitiven, motivationalen<br />

und volitionalen Kompetenzen der Schüler gebunden und damit im Einzelfall auch gefährdet.<br />

In einer experimentellen Feldstudie bei N=294 Schülern einer gewerblichen Berufsschule<br />

wurden daher zur Unterstützung eines verstärkten selbstgesteuerten Lernens verschiedene<br />

mehrwöchige Maßnahmen im Rahmen von Trainingseinheiten und internetgestützten<br />

Beratungen durchgeführt.<br />

Das Ziel der Maßnahmen lag hier vor allem in der Unterstützung der volitionalen<br />

Selbstregulation und adressiert damit das Problem der mangelnden Handlungsinitiierung und<br />

unzureichenden Handlungsdauer. Der Fokus der Maßnahmen konzentrierte sich dabei auf<br />

verschiedenen Varianten der Unterstützung von Zielbildungs- bzw. Zielerreichungsprozessen<br />

(u.a. Lernziele, Etappenziele, Handlungsvorsätze). Längsschnittlich wurde ergänzend über einen<br />

etwa sechswöchigen Zeitraum auf der Basis von elektronischen Lernberichten untersucht, in<br />

welchem Umfang die so definierten Lernziele erreicht oder revidiert wurden. Weiterhin wurde<br />

untersucht, in welcher Weise die Verwendung kognitiver und meta-kognitiver Lernstrategien<br />

durch unterschiedliche Trainingsvarianten zur Zielbildung und -umsetzung beeinflusst werden. In<br />

einer qualitativen Begleitstudie wurden die Auswirkungen des Trainings für individuelle<br />

volitionale Lernprobleme, Lösungsstrategien und subjektive Erfolgsbeurteilungen untersucht.<br />

Erste Ergebnisse der Studie werden auf der Tagung präsentiert. Im engeren wissenschaftlichen<br />

Sinne wird ein Beitrag zur Erforschung motivationaler und volitionaler Selbstregulationsprozesse<br />

erwartet.<br />

Corno, L. (2001). Volitional Aspects of Self-Regulated Learning. In S. Zimmermann (Ed.), Self-Regulated Learning<br />

and Academic Achievement (pp. 191-225). Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum and Associates.<br />

Gollwitzer, P. M. (1999). Implementations Intentions. Strong Effects of Simple Plans. In American Psychologist, 54,<br />

493-503.<br />

Wild, K.-P. (2000). Lernstrategien im Studium: Strukturen und Bedingungen. Münster: Waxmann.<br />

215


Di. 11.09.| Postersession | Poster 29 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Matthias Alke<br />

Verstetigung von Kooperationen in der Weiterbildung<br />

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz Zentrum für Lebenslanges Lernen,<br />

Bonn<br />

alke@die-bonn.de<br />

Im Zuge der Programmatik des Lebenslangen Lernens erlangen Kooperationen eine zunehmende<br />

Bedeutung und verschiedene Bestandsaufnahmen weisen auf eine faktische Zunahme im<br />

Weiterbildungsbereich hin. Zudem sind sie durch politische Steuerungsmaßnahmen (z.B.<br />

Förderprogramme oder gesetzliche Vorgaben) forciert worden.<br />

Aus organisationstheoretischer Sicht kann davon ausgegangen werden, dass sich Kooperationen<br />

nicht selbstverständlich fortführen und überdauern, sondern von zeitlicher Fragilität<br />

gekennzeichnet sind. Für ihre Verstetigung sind sie an fortwährende Strukturbildungsprozesse<br />

sowie an die Herausbildung von strategischen Orientierungen, Vereinbarungen und Regelungen<br />

durch die beteiligten Akteure gebunden.<br />

Durch eine explorativ angelegte Fallstudie von Organisationen eines freien Trägerverbandes der<br />

allgemeinen Weiterbildung wird untersucht, welche Strategien und Strukturen zur Verstetigung<br />

von Kooperationen von den Akteuren entwickelt werden. Unter Berücksichtigung von Prämissen<br />

der Grounded Theory sind mit den Akteuren, die sowohl leitende, planerische als auch<br />

pädagogische Funktionen übernehmen, problemzentrierte Interviews geführt worden. Ergänzt<br />

wird die Fallstudie durch punktuelle ethnografische Zugänge in Form von teilnehmenden<br />

Beobachtungen von Kooperationstreffen innerhalb des Trägerverbandes. Im Rahmen eines<br />

Posters sollen zentrale empirische Ergebnisse der Fallstudie vorgestellt und zur Diskussion<br />

gestellt werden.<br />

Dollhausen K./ Feld, T.C./ Seitter, W. (Hrsg.). (2010). Erwachsenenpädagogische Organisa-tionsforschung.<br />

Wiesbaden.<br />

Jütte, W. (2002). Soziales Netzwerk Weiterbildung. Analyse lokaler Institutionenlandschaft. <strong>Bielefeld</strong>.<br />

Schäffter, O. (2003): Erwachsenenpädagogische Organisationstheorie. In: Gieseke, W. (Hrsg.): Institutionelle<br />

Innensichten der Weiterbildung. <strong>Bielefeld</strong>, S.59-81.<br />

216


Di. 11.09.| Postersession | Poster 30 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Sandra Frei<br />

Akademische Professionalitätsentwicklung in der<br />

Erwachsenenbildung/Weiterbildung<br />

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />

frei@ph-ludwigsburg.de<br />

Im Zuge der Bolognareform gewinnt die akademische Professionalisierung in der<br />

Erwachsenenbildung/Weiterbildung an Bedeutung. An den Hochschulen werden vielfältige<br />

Studien- und Qualifizierungsmöglichkeiten angeboten, welche eine Entwicklung erwachsenenpädagogischer<br />

Professionalität anstreben. Dabei stellt sich die Frage, ob und wie erwachsenenpädagogische<br />

Handlungskompetenzen im Studium entwickelt werden können und wie ein<br />

entsprechendes Curriculum gestaltet werden sollte, um zu einer Professionalitäts-entwicklung<br />

beitragen zu können. Am Beispiel eines Qualifizierungsprogramms für Studierende der<br />

Erwachsenenbildung an der PH Ludwigsburg, welches die Entwicklung der professionellen<br />

Handlungskompetenz im Bereich Lernberatung fördern soll, geht die vorgestellte Studie dieser<br />

Fragestellung nach.<br />

Zwar werden seit einigen Jahren Forschungsprojekte unternommen, die die akademische<br />

Professionalisierung in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung untersuchen (vgl. Egetenmeyer/<br />

Schüßler, 2012: S. 8), allerdings lassen sich wenig empirisch gesicherte Erkenntnisse finden,<br />

inwieweit die akademische Ausbildung die Entwicklung der professionellen Handlungskompetenz<br />

von Studierenden beeinflusst.<br />

Mit einer qualitativ angelegten Längsschnittstudie soll daher die Wirksamkeit der Lernberaterqualifizierung<br />

überprüft und die Studierenden hinsichtlich ihrer erwachsenenpädagogischen<br />

Professionalitätsentwicklung im Bereich Lernberatung untersucht werden. Zum Tragen kommen<br />

Instrumente der Kompetenzdiagnostik.<br />

Diese Studie soll damit Hinweise für die Weiterentwicklung von Studiengängen in der<br />

Erwachsenenbildung/Weiterbildung liefern.<br />

Egetenmeyer, R./Schüßler, I.(2012): Zur akademischen Professionalisierung in der Erwachsenenbildung/<br />

Weiterbilung. Entwicklung im Kontext des Bologna-Prozesses. In: Egetenmeyer, R./Schüßler, I.(Hrsg.):<br />

Akademische Professionalisierung in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Baltmannsweiler: Schneider<br />

Verlag Hohengehren, S. 7-25.<br />

217


Di. 11.09.| Postersession | Poster 31 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Silvia Hessel, Marisa Richter, Rico Gohlke, Horst Weishaupt<br />

Moderatoreffekte bei der Kompetenzentwicklung von Promovierenden in<br />

einem promotionsbegleitenden Studienprogramm in der Empirischen<br />

Bildungsforschung<br />

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />

hessel@dipf.de<br />

Ein den Dissertationsprozess begleitendes Doktorandenprogramm soll für die Promovenden eine<br />

günstige Ausgangslage und Umgebung zur wissenschaftlichen Erarbeitung ihrer Forschungsfragestellungen<br />

bieten. Das zentrale Ziel der Promotion ist die selbständige wissenschaftliche<br />

Arbeit, in der der Promovend seine disziplinären und interdisziplinären Kenntnisse aus dem<br />

Studium, weiter ausbaut und auf sein Forschungsthema hin zentriert und gleichzeitig seine<br />

Fähigkeiten zur Anwendung der wissenschaftlichen Methoden ausdifferenziert. Welche<br />

Kenntnisse und Kompetenzen für die Promovierenden im Bereich der empirischen<br />

Bildungsforschung angenommen werden können, auf denen ein Graduiertenkolleg aufbaut und<br />

diese ausbaut, ist bisher weniger klar. Denn gerade die empirische Bildungsforschung zeichnet<br />

sich durch ein breites Spektrum methodisch ganz unterschiedlicher Forschungsfragestellungen<br />

aus, basierend auf sekundär- oder primäranalytischen Erhebungen. Zudem agieren Forscher aus<br />

ganz unterschiedlichen Disziplinen in diesem Feld, wie Erziehungswissenschaftler, Lehrer,<br />

Psychologen, Soziologen oder Ökonomen. Durch die vom BMBF großangelegte Förderinitiative<br />

zur Stärkung der empirischen Bildungsforschung, in dessen Rahmen der Nachwuchsförderung in<br />

den Bereichen Sekundäranalysen, Kompetenzdiagnostik und Fachdidaktik eine entscheidende<br />

Rolle zukommt. 72 gutachterlich ausgewählte Promovierende werden in einem strukturierten<br />

Promotionsbegleitprogramm gefördert bieten die Möglichkeit der Fragestellung des<br />

Kompetenzaufbaus während der Promotion nachzugehen. Mittels eines eigens für das<br />

Promotions-begleitprogramm entwickelten Selbstbeurteilungsfragebogens wurde der<br />

Kompetenzzuwachs als auch mögliche moderierende Faktoren (Teilnahmehäufigkeit, Quellen<br />

des Wissenserwerbs, Einbin-dung in ein externes Promotionsbegleitprogramm) untersucht. Die<br />

längsschnittliche Evaluation umfasst zunächst zwei Erhebungsphasen (2009, 2010) mit jeweils 40<br />

Teilnehmern. Zu den zentralen Ergebnissen gehört, dass alle Promovierenden nach einem Jahr<br />

eine signifikante Verbesserung ihrer methodischen und fachlichen Kompetenzen vorweisen<br />

konnten, obwohl es differentiell starke Unterschiede gibt. Bezüglich des Fähigkeitserwerbs<br />

bestehen mittlere bis hohe Effekte. Ein signifikanter Einfluss der Einbindung in ein weiteres<br />

externes Promotions-begleitprogramm konnte zudem für das Gesamtprogramm nachgewiesen<br />

werden.<br />

218


Di. 11.09.| Postersession | Poster 32 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Maria Schmidt<br />

Gestaltung einer problemorientierten Lernumgebung in der Hochschule:<br />

Eine Bedarfsanalyse<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

schmidt.maria2@web.de<br />

Zielsetzung dieser Arbeit ist die Entwicklung einer problemorientierten Lernumgebung in der<br />

Hochschule auf Basis einer Bedarfsanalyse mit Studierenden der Erziehungswissenschaft. Im<br />

problemorientierten Lernen wird angenommen, dass Lerner durch das Lösen von authentisch,<br />

komplexen Problemen in Kleingruppen, sowohl Inhalt als auch Lernstrategien erwerben können<br />

(Hmelo-Silver, 2004; Lankes, 2011). Durch die Bedarfsanalyse lassen sich Interessen und<br />

Bedürfnisse der zukünftigen Teilnehmer erfassen (Quiling, Nicolini, 2007) und dadurch gezielt<br />

Inhalt und Design einer problemorientierten Lernumgebung in der erziehungswissenschaftlichen<br />

Hochschullehre beeinflussen. Die Bedarfsanalyse wird mittels halbstandardisiertem Fragebogen<br />

im Juni 2012 durchgeführt. Erhoben werden Lerntyp, Teilnahmeinteresse und Meinung zur<br />

Rahmengestaltung des Seminars (Kriterien zur Auswahl des Seminars, Kompetenzen,<br />

Veranstaltungsart, Themengebiete, sowie Interesse an Teilnahme des zu konzipierenden<br />

Seminars). Die Ergebnisse der Bedarfsanalyse und ihre Umsetzung in eine problemorientierte<br />

Lernumgebung in der Hochschule werden diskutiert.<br />

Hmelo-Silver, C. E. (2004). Problem-Based Learning: What and How Do Students Learn. Educational Psychology<br />

Review, 16(3), 235 – 266.<br />

Lankes, E. M. (2011). Problemorientiertes Lernen. In: W. Einsiedler, M. Götz, A. Hartinger, F. Heinzel, J. Kahlert, &<br />

U. Sandfuchs (Hrsg.). Handbuch Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik (S. 372 – 376). Stuttgart: UTB.<br />

Quiling, E.; Nicolini, H. J. (2007). Erfolgreiche Seminargestaltung. Strategien und Methoden in der Erwachsenenbildung.<br />

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

219


Di. 11.09.| Postersession | Poster 33 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Claudia Schuchart, Petra Buchwald<br />

Chancengerechtigkeit in der Sekundarstufe II: Konzeption zur Erforschung<br />

und Veränderung der Studienabsicht<br />

Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal<br />

schuchart@uni-wuppertal.de<br />

Der Bildungsbericht 2010 konstatiert, dass der Anteil von Studienberechtigten, die ein Studium<br />

aufnehmen, seit den 1990er Jahren konstant geblieben ist. Zugleich wird vor dem Hintergrund<br />

des demografischen Wandels ein Mangel an Hochschulabsolventen beklagt. Nicht alle sozialen<br />

Gruppen partizipieren gleichermaßen an der Hochschulbildung: So nehmen Studienberechtigte<br />

aus unteren Sozialgruppen und Frauen viel seltener ein Studium auf, auch bei guten bis sehr<br />

guten Abiturleistungen.<br />

Um die Studienneigung dieser Gruppen zu mobilisieren, müssen die Hinderungsgründe bekannt<br />

sein. Die Forschung hat sich bislang stark auf die Perspektive der Eltern bzw. SchülerInnen als<br />

Entscheidungsträger konzentriert. Wir möchten hier die Konzeption unseres zweiteiligen Projekt<br />

(gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung) vorstellen, bei dem wir den<br />

Blick um den institutionellen Kontext erweitern und analysieren, 1) wie sich die Studienabsicht<br />

von SchülerInnen unter verschiedenen institutionellen Bedingungen (allgemeinbildende und<br />

berufliche Bildungsgänge) entwickelt und ob 2) die Studienabsicht durch eine gezielte Beratung<br />

durch geschulte Lehrkräfte erhöht werden kann.<br />

Im ersten Teil werden SchülerInnen und LehrerInnen in beruflichen und allgemeinbildenden<br />

Bildungsgängen, die zur Studienberechtigung führen, zu ihren Überzeugungen, Einstellungen<br />

und Verhaltensweisen im Längsschnitt befragt. Im zweiten Teil führen wir an ausgewählten<br />

Schulen unter ausgewählten SchülerInnen und Lehrkräften eine auf die Beratung von<br />

SchülerInnen orientierte Interventionsstudie durch.<br />

Erste deskriptive Ergebnisse zu den Überzeugungen und Einstellungen der SchülerInnen (N =<br />

230) und Lehrkräfte (N = 400) aus dem Pretest sollen vorgestellt werden, um auf dieser Basis<br />

mögliche beratungsorientierte Interventionsvarianten zu diskutieren.<br />

Buchwald, P. (2010). Bildungspsychologische Beratung. In C. Spiel, B. Schober, P. Wagner & R. Reinmann (Hrsg.),<br />

Bildungspsychologie (S. 253-274). Göttingen: Hogrefe<br />

220


Di. 11.09.| Postersession | Poster 34 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Julia Rohde, Michaela Gläser-Zikuda<br />

Universitäre Lernberatung – eine Implementationsstudie<br />

Friedrich-Schiller-<strong>Universität</strong> Jena<br />

julia.rohde@uni-jena.de<br />

Beim Wechsel von Schule zu Hochschule sind Studierende zum einen herausgefordert ihr Lernverhalten<br />

eigenverantwortlicher zu gestalten, zum anderen wird an die <strong>Universität</strong> die<br />

Forderung gestellt, Studierende zum lebenslangen Lernen zu befähigen. Doch Lernen ist ein<br />

aktiver Konstruktionsprozess. Die reine Präsentation von Informationen, z. B. im Rahmen einer<br />

Vorlesung, führt noch nicht unmittelbar zum Wissenserwerb. Lernende müssen dieses Angebot<br />

„nutzen“, d. h. Informationen müssen verarbeitet werden. Modelle selbstgesteuerten Lernens<br />

(Zimmerman & Schunk, 2011) messen der Kenntnis und Anwendung von Lernstrategien zentrale<br />

Bedeutung bei. Ausgeprägte Selbststeuerungsfähigkeiten gehen sowohl mit lernförderlichen<br />

Ausprägungen motivationaler und kognitiver Faktoren, als auch mit verbessertem Lernerfolg<br />

einher.<br />

In der Hochschuldidaktik wird ein Paradigmenwechsel gefordert: ein Wandel vom Lehren zum<br />

Lernen. Das Konzept „Lernberatung“ ist aus der Weiterbildungsforschung bekannt – Beratung,<br />

die Lernen zum Gegenstand hat. Während sie lange Zeit eher defizitorientiert Umsetzung fand,<br />

stellen neuere Forschungsarbeiten ihre Bedeutung für die Befähigung zum lebenslangen Lernen<br />

Erwachsener heraus (Pätzold, 2004).<br />

Das Forschungsprojekt widmet sich folgenden Fragestellungen: Wie ist ein universitäres<br />

Lernberatungsangebot zu gestalten, das auf eine Unterstützung selbstgesteuerten Lernens<br />

abzielt? Und welche Effekte lassen sich auf Seiten der Studierenden im Hinblick auf die Fähigkeit<br />

zu selbstgesteuertem Lernen erzielen?<br />

Die inhaltliche und didaktisch-methodische Konzeption des Beratungsangebots „Individuelle<br />

Lernberatung“ sieht u. a. den lern- und beratungsprozessbegleitenden Einsatz von<br />

Selbstreflexions-instrumenten (Gläser-Zikuda & Hascher, 2007) vor. Die Implementation im<br />

universitären Kontext wird begleitet durch eine prozessbegleitende Evaluation mit Zwei-<br />

Gruppen-Design mit Messwiederholungen. Standardisierte Fragebogenerhebungen zu<br />

selbstgesteuertem Lernen werden ergänzt durch vertiefende Einzelfalluntersuchungen anhand<br />

halbstrukturierter Interviews zum Selbststeuerungsverhalten der Lernenden. Die Präsentation<br />

konzentriert sich auf das Konzept des Beratungsangebots „Individuelle Lernberatung“ und gibt<br />

Ausblicke auf nach erfolgreicher Erprobungs-phase denkbare Einsatzbereiche in Hochschule und<br />

anderen Bildungskontexten.<br />

Gläser-Zikuda, M. & Hascher, T. (Hrsg.) (2007). Lernprozesse dokumentieren, reflektieren und beurteilen:<br />

Lerntagebuch und Portfolio in Bildungsforschung und Bildungspraxis. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Pätzold, H. (2004). Lernberatung und Erwachsenenbildung. Baltmannsweiler: Schneider.<br />

Zimmerman, B. J. & Schunk, D. H. (Eds.) (2011). Handbook of Self-Regulation of Learning and Performance. New<br />

York: Routledge.<br />

221


Di. 11.09.| Postersession | Poster 35 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Reimer Kornmann<br />

Methode und Ergebnisse der Evaluation einer Vorlesung "Mathematik im<br />

Anfangsunterricht unter erschwerten Bedingungen<br />

Pädagogische Hochschule Heidelberg<br />

kornmann@ph-heidelberg.de<br />

In einer selbst gehaltenen Vorlesung sollten Studierende des Studiengangs Sonderpädagogik<br />

grundlegende allgemeinpädagogische und fachdidaktische Kompetenzen für einen erfolgreichen,<br />

an Prinzipien des aktiv entdeckenden Lernens orientierten Mathematikunterricht mit<br />

Kindern im Primarbereich von Grund- und/oder Förderschulen erwerben (Kornmann, 2010).<br />

Ergebnisse einer Eingangsuntersuchung (mittels freier und standardisierter schriftlicher Selbstauskünfte)<br />

ließen darauf schließen, dass bei einem Teil der Studierenden erhebliche Aversionen<br />

gegenüber diesem Fach, das sie später unterrichten müssen, bestanden. Dieser Befund wurde<br />

bei der inhaltlichen und methodischen Konzeption der Vorlesung in Form von sechs deklarierten<br />

und begründeten Zielsetzungen berücksichtigt:<br />

1) Förderung eines unbelasteten Verhältnisses zur Mathematik, um den Kindern Interesse und<br />

Freude an mathematischen Lerninhalten zu vermitteln<br />

2) Entwicklung von Sensibilität für mathematische Phänomene im Alltag, um den Kindern<br />

einen Zugang zur Mathematik zu ermöglichen<br />

3) Berücksichtigung wichtiger Prinzipien von Bildung und Erziehung bei der Unterrichtsgestaltung,<br />

um dem eigenen pädagogischen Handeln einen erkennbaren ethisch reflektierten<br />

Sinn zu geben<br />

4) Vermittlung geeigneter mathematikdidaktischer und entwicklungstheoretischer Konzepte ,<br />

um die individuellen Entwicklungsprozesse der Kinder erkennen und in geeigneter Weise<br />

unterstützen zu können<br />

5) Vermittlung geeigneter methodischer Ansätze für einen individualisierenden Unterricht<br />

6) Vermittlung von Widerständigkeit gegenüber konkurrenzorientiertem Lernen und Fähigkeit<br />

zur Nutzung von Freiräumen für pädagogisch sinnvolles Handeln.<br />

Diese sechs Zielsetzungen waren auch Inhalt einer Nachbefragung am Ende der Vorlesung. Dabei<br />

schätzten die Studierenden auf einer fünfstufigen Skala jeweils ein,<br />

1) inwieweit sie ihnen bereits vor der Vorlesung bekannt und bedeutsam war,<br />

2) inwieweit sie sich während der Vorlesung als persönlich bedeutsam erkennen ließ,<br />

3) inwieweit sie bei der Gestaltung der Vorlesung berücksichtigt wurde.<br />

Die varianzanalytisch ausgewerteten Ergebnisse zeigen, dass sich die persönliche Bedeutsamkeit<br />

der sechs Zielsetzungen am Ende der Vorlesung in hochsignifikanter Weise deutlich erhöht hatte,<br />

wobei dieser Befund mit der Einschätzung der inhaltlichen Gestaltung korrespondierte. Der<br />

vorgestellte Forschungsansatz soll dazu anregen, über eine Verbesserung der Hochschullehre<br />

günstigere Voraussetzungen für erfolgreichen schulischen Unterricht zu schaffen.<br />

Kornmann, R. (2010): Mathematik: für Alle von Anfang an. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

222


Di. 11.09.| Postersession | Poster 36 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Barbara Meyer 1 , Barbara Beege 1 , Andreas Möller², Angelika Thielsch³, Andreas Hendrich 1 ,<br />

Matthias Kranz 4<br />

Förderung der Methodenkompetenz von Lehrenden an Hochschulen-<br />

Design-Based Research rund um „MobiDics“<br />

1 Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München, ²Technische <strong>Universität</strong> München,<br />

3 Georg-August-<strong>Universität</strong> Göttingen, 4 Luleå University of Technology<br />

barbara.e.meyer@edu.lmu.de<br />

Der Einsatz von studentenzentrierten Lehrmethoden korreliert positiv mit dem Kompetenzzuwachs<br />

von Studierenden (Braun/ Hannover 2008), ebenso mit einem tiefergehenden Zugang zum Lernen.<br />

Dennoch setzen Dozenten überwiegend traditionelle Lehrformen ein, was als Zeichen einer mangelnden<br />

Methodenkompetenz gewertet werden kann. Möglicherweise deshalb wird von Experten ein<br />

hoher Weiterbildungsbedarf in diesem Bereich konstatiert (Paetz 2011).<br />

Die Projektskizze beschreibt die Entwicklung einer Blended Learning-Umgebung mit dem Ziel, die<br />

Methodenkompetenz von Hochschuldozenten möglichst optimal zu fördern. Dabei werden Präsenzphasen<br />

(hochschuldidaktische Schulungen) mit Onlinephasen (Arbeit mit der mobilen Lernplattform<br />

„MobiDics“) verknüpft.<br />

Die LernpIattform „MobiDics“ wurde im Rahmen einer Kooperation mehrerer Einrichtungen der LMU<br />

und TU München sowie der Georg-August-<strong>Universität</strong> Göttingen und der Luleå University of Technology<br />

in Schweden entwickelt (Möller 2011a, 2011b). Sie bietet die Möglichkeit, sich Methoden multimedial<br />

und sozial vernetzt anzueignen, ebenso können didaktische Techniken für individuelle Lehrsituationen<br />

vorschlagen werden. Als Grundlage für diese Entwicklung diente eine kombiniert quantitativ-qualitative<br />

Befragung von Lehrenden bayerischer <strong>Universität</strong>en.<br />

Um die Plattform weiter zu verbessern und zudem sinnvoll mit einer zu entwerfenden hochschuldidaktischen<br />

Schulung zu verknüpfen, werden vier kombiniert qualitativ-quantitative schriftliche Befragungen<br />

unter Lehrenden an der LMU und TU München durchgeführt. Einerseits werden die Bedürfnisse<br />

der Dozierenden in Bezug auf Ihre Lehre erfragt und daneben die bestehende Plattform bewertet.<br />

Weiterhin werden die Erfahrungen von Weiterbildner im hochschuldidaktischen Bereich bei der<br />

Vermittlung von Methodenkompetenz abgegriffen und zudem eine Bewertung der Plattform von<br />

Experten der Hochschuldidaktik vorgenommen. Neben den Auswertungen der Befragungen fließt<br />

auch die Auswertung der Benutzung des Online-Angebots ein, um eine optimale Blended-Learning-<br />

Umgebung zur Erhöhung der Methodenkompetenz von Dozenten zu entwerfen. Nach einer einmaligen<br />

Umsetzung wird die Blended-Learning-Schulung ebenso wie MobiDics im Rahmen eines Design-<br />

Based-Researchs weiter verbessert.<br />

Braun, E. & Hannover, B. (2008). Zum Zusammenhang zwischen Lehr-Orientierung und Lehr-Gestaltung von Hochschuldozierenden<br />

und subjektiven Kompetenzzuwachs bei Studierenden. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

10(9), 277-291<br />

Möller, A., Thielsch, A., Dallmeier, B., Hendrich, A., Meyer, B. E., Roalter, L., Diewald, S. & Kranz, M., (2011a).<br />

MobiDics – Eine mobile Didaktik-Toolbox für die universitäre Lehre. In: Rohland, H., Kienle, A. & Friedrich, S.<br />

(Hrsg.), DeLFI 2011 – Die 9. e-Learning Fachtagung Informatik. Bonn: Gesellschaft für Informatik. (S. 139-150).<br />

Möller, A., Thielsch, A., Dallmeier B., Roalter, L., Diewald, S., Hendrich, A., Meyer, B. & Kranz, M. (2011b). MobiDics<br />

– Improving University Education With A Mobile Didactics Toolbox. Video Proceedings of the 9th International<br />

Conference on Pervasive Computing (Pervasive2011), San Francisco, USA, June 2011<br />

Paetz, N.-V., Ceylan, F., Fiehn, J., Schworm, S. & Harteis, C. (2011). Kompetenz in der Hochschuldidaktik. VS Verlag<br />

für Sozialwissenschaften. Wiesbaden.<br />

223


Di. 11.09.| Postersession | Poster 37 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Sarah Sumita Lala, Christina Ofner, Corinna Friessnegger, Dr. Thomas Fenzl<br />

Wie kompetent sind die DiplombetreuerInnen an der Alpen-Adria-<br />

<strong>Universität</strong> Klagenfurt aus der Sicht der DiplomantInnen ?<br />

Alpen-Adria-<strong>Universität</strong> Klagenfurt<br />

duetchen@gmx.de<br />

Diese Erhebung ist auf Basis der ausbildungspolitischen Ebene im universitären Rahmen von<br />

unbedingtem Belangen, denn man denke an die curriculare Berufs- und Wirtschaftspädagogik und<br />

den damals veröffentlichten Plädoyer von Mertens (1973/74), dem Konzept der Operationalisierung<br />

von Schlüsselqualifikationen. In den 80er Jahre verschafften weitere Diskussionsrunden dem<br />

Terminus der Schlüsselqualifikationen reichlich berufspädagogische Aufmerksamkeit. Das Konzept<br />

„Schlüsselqualifikation – Fachwissen in der Krise?“ (1989) eröffnete die Chance Berufsbildung auf<br />

Basis einer fach- und berufsübergreifenden Qualifizierung zu entwickeln.<br />

Der Kompetenzbegriff hat in der Schlüsselqualifikationsdiskussion von Anfang an eine wichtige Rolle<br />

gespielt. In dieser Studie zur Erhebung der Kompetenz von DiplombetreuerInnen an der Alpen-Adria-<br />

<strong>Universität</strong> Klagenfurt am Wörthersee in Österreich wurden die vier Skalen „fachliche Kompetenz“<br />

(spezialisierte Kompetenz in einem Gebiet oder mehreren Gebieten), „soziale Kompetenz“ (die<br />

Fähigkeit, wie man mit anderen Menschen umgeht), „personale Kompetenz“ (Leistungsfähigkeit, -<br />

wille und –verhalten des Individuums) und „methodische Kompetenz“ (die Anwendung von<br />

methodischem Wissen) erhoben. (Gnahs, 2010, S. 26 f; Strauch, Jütten, Mania, 2009, S. 17f).<br />

Als Erhebungsinstrument wurde ein quantitatives, exploratives Design in Form eines standardisierten<br />

Fragebogens im 4-Skalen Antwortformat konstruiert.<br />

Mittels eines strukturent-deckenden Verfahren der explorativen Faktorenanalyse aus der<br />

multivariaten Statistik wurde der KMO-Wert (Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium) im Bartlett's Test mit<br />

einem guten signifikanten Ergebnis von 0,943; df=120 erschlossen.<br />

Angenommen wurde, dass sich der Wert der einzelnen Items additiv in 4 gewichtete Summen aus den<br />

Faktoren zerlegen lässt.<br />

Die Items laden größtenteils auf 2 Faktoren d.h. die Ladungen sind so hoch und korrelieren<br />

miteinander, dass Doppelladungen entstanden sind, d.h. ein „Fast-Decken–Effekt“<br />

Die Reliabilität weist ein sehr gutes Resultat auf. Die Ergebnisse der korrigierten Trennschärfe (partwhole-Korrektur)<br />

zeigen eine extrem gute Korrelation der 16 einzelnen Items. Als endgültige<br />

Beantwortung der Fragestellung wird der statistische Friedman-Test (Rangsummentest) zur<br />

Berechnung der Teststatistik, basierend auf dem Vergleich von mehreren Rangreihen, angewandt.<br />

Als Schlussfolgerung, kann man ein sehr gutes, empirisch sauberes und signifikantes Ergebnis<br />

erschließen. Zum anderen ist es bedauerlich, dass Studierende aus Fächern der<br />

Betriebswirtschaftslehre und Erziehungswissenschaft eine geringe Teilnahme erfüllten, auch wenn die<br />

Begrifflichkeit der Kompetenz in der Wirtschaftspädagogik seinen Ursprung hat. Daher ist in Aussicht<br />

zu stellen, diese Fakultäten auf die Fragestellung hin differenzierter zu untersuchen.<br />

Boehm, U. et.al. (1974): Qualifikationsstruktur und berufliche Curricula. Schriften zur Berufsbildungsforschung<br />

(Band 20). Hannover: Schroedel.<br />

Elbers, D. et al. (1975): Schlüsselqualifikationen - ein Schlüssel für die Berufsbildungsforschung? In: Berufsbildung<br />

in Wissenschaft und Praxis, 4, (4), S. 26 - 29.<br />

Gnahs Dieter (2010). Kompetenzen – Erwerb, Erfassung, Instrumente. <strong>Bielefeld</strong>: Bertelsmann Verlag<br />

Mertens, D.: Schlüsselqualifikationen (1974): Mitteilungen der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 7, S. 36 - 73.<br />

224


Di. 11.09.| Postersession | Poster 38 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Fabian Hoya, Sabrina Förster, Frank Hellmich<br />

Diagnosekompetenzen von Lehramtsstudentinnen und -studenten „im<br />

Trend“: Erste Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt<br />

<strong>Universität</strong> Paderborn<br />

fabian.hoya@campus.uni-paderborn.de<br />

Diagnosewissen und -fähigkeiten zählen zu den zentralen Kompetenzen, die Lehramtsstudierende<br />

im Studium erwerben sollten (vgl. KMK, 2005). Ungeklärt ist, wie<br />

Lehramtsstudierende Diagnosekompetenzen im Verlauf des Studiums entwickeln. Im<br />

Wesentlichen ist dies darin begründet, dass kaum Instrumente zur Erfassung diagnostischer<br />

Kompetenzen von Lehramtsstudierenden vorhanden sind. Vor diesem Hintergrund wurden<br />

Studierende im Rahmen einer Studie zu ihrem Diagnosewissen und ihren diagnostischen<br />

Fähigkeiten befragt. Auf der Basis von Videosequenzen wurden sie beispielsweise gebeten,<br />

Lesefähigkeiten von Kindern, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, zu bewerten.<br />

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass das Diagnosewissen und die diagnostischen Fähigkeiten der<br />

Studierenden reliabel erfasst werden konnten (α=.83; α=.85). Ein signifikanter Zusammenhang<br />

zwischen dem Diagnosewissen und den diagnostischen Fähigkeiten der Studierenden konnte<br />

dabei – entgegen der Erwartungen – nicht nachgewiesen werden. Ein signifikanter Unterschied<br />

ist allerdings zwischen Studierenden zu erkennen, die zu Beginn ihres Studiums ein<br />

Orientierungspraktikum absolviert haben, und solchen, die dieses noch nicht durchgeführt<br />

haben: Die Studierenden mit ersten Erfahrungen in der Schulpraxis zeigen signifikant bessere<br />

Diagnosefähigkeiten als solche, die ein Orientierungspraktikum in der Schulpraxis noch nicht<br />

durchlaufen haben. Weiter wird deutlich, dass Studierende aus dem Hauptstudium über ein<br />

höherwertiges Diagnosewissen und über bessere diagnostische Fähigkeiten verfügen als<br />

diejenigen aus dem Grundstudium.<br />

Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK,<br />

2005). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom<br />

16.12.2004. Zeitschrift für Pädagogik, 51, 2, 280-290<br />

225


Di. 11.09.| Postersession | Poster 39 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Susanne Freitag, Stefanie van Ophuysen<br />

Pädagogisch-diagnostisches Handeln im Lehreralltag – eine explorative<br />

Fallanalyse<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

flugpulver@yahoo.de<br />

Da Lehrer auf Basis ihrer diagnostischen Entscheidungen die Bildungslaufbahn von Schülern<br />

wesentlich bestimmen und lenken, überrascht es, dass sich bislang nur wenige Studien der<br />

konkreten Ausgestaltung des pädagogisch-diagnostischen Handelns in der Schule angenommen<br />

haben. Zwar existieren zahlreiche ergebnisorientierte Befunde - insbesondere zur Akkuratheit<br />

von Lehrerurteilen (Südkamp, in Druck), jedoch wird das diagnostische Handeln, das einem<br />

solchen Urteil zugrunde liegt, bislang nur unzulänglich berücksichtigt. Zudem greift die häufig<br />

vorgenommene Einengung pädagogisch-diagnostischen Handelns auf den Bereich der<br />

Leistungsbeurteilung zu kurz, da dieses darüber hinaus weiteren Funktionen – wie etwa der<br />

Unterrichtsgestaltung oder der Beratung von Schülern und Eltern – dient (van Ophuysen &<br />

Lintorf, angenommen).<br />

Im Rahmen einer qualitativen Studie wurde deshalb unter Verwendung von Einzelfallanalysen<br />

die Fragestellung überprüft, welche diagnostisch-relevanten Informationen Lehrer sammeln und<br />

wofür sie diese verwerten. Auf Grundlage des Expertenparadigmas (Berliner, 1986) wurde die<br />

Prämisse abgeleitet, dass aus dem Handeln von Expertenlehrern Hinweise auf „gutes“<br />

diagnostisches Handeln gewonnen werden können.<br />

Das diagnostische Handeln von jeweils zwei Novizen- und Expertenlehrern (operationalisiert<br />

über die Berufserfahrung) wurde unter Verwendung von Leitfadeninterviews und Dokumentenanalyse<br />

(basierend auf den Lehrerkalendern) erfasst und anschließend fall- und statusbezogen<br />

(Novize/Experte) ausgewertet. Aus dem Vergleich der Daten wurden Hinweise auf Unterschiede<br />

im diagnostischen Handeln beider Gruppen gewonnen.<br />

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass „gutes“ diagnostisches Handeln der<br />

Expertenlehrer durch die gezielte Erhebung bedeutungsreicher Informationen gekennzeichnet<br />

ist, die in einem günstigen Aufwand-Nutzen-Verhältnis steht. Auch wenn die Leistungsbeurteilung<br />

bei Novizen und Experten den zentralen Grund für die Informationssammlung<br />

darstellt, rückt bei Experten die Sicherstellung der effektiven Lernzeit stärker in den Vordergrund.<br />

Die Dokumentation zeigt, dass Experten z.B. vielfältigere Informationen erheben, hierbei<br />

quantitative und qualitative Leistungsaspekte berücksichtigen und die Aufzeichnungen zeitnaher<br />

anfertigen. Zusätzlich konnten den Aussagen der Novizen Ansatzpunkte für die Verbesserung<br />

des diagnostischen Handelns entnommen werden.<br />

Berliner, D.C. (1986). In pursuit of the expert pedagogue. Educational Reseacher, 15(7), 5–13.<br />

Südkamp, A., Kaiser, J. & Möller, J. (im Druck). Accuracy of teachers’ judgments of students academic achievement:<br />

A meta-analysis. Journal of Educational Psychology.<br />

van Ophuysen, S. & Lintorf, K. (angenommen). Pädagogische Diagnostik im Schulalltag. In S.-I. Beutel & W. Bos<br />

(Hrsg.), Heterogenität, individuelle Förderung und Differenzierung. Seelze: Klett-Kallmeyer.<br />

226


Di. 11.09.| Postersession | Poster 40 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Maike Sigel<br />

Lesekompetenzdiagnostik durch ein onlinebasiertes Verfahren<br />

Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen<br />

maike.sigel@uni-tuebingen.de<br />

Am Ende der Sekundarstufe I sind noch immer ein erheblicher Anteil der Schülerinnen und<br />

Schüler schwache Leser (Naumann, Artelt, Schneider & Stanat, 2010). Die Schwerpunkte, die<br />

Bund und Länder in Folge dieser Ergebnisse in den letzten Jahren gesetzt haben, zielen daher auf<br />

die Entwicklung von Programmen zur Förderung der Lesekompetenz im Sekundarschulbereich.<br />

Ein Unterstützungssystem für Lehrkräfte zur Identifikation leseschwacher Schülerinnen und<br />

Schüler in der fünften Jahrgangs-stufe stellt das Online-Diagnoseverfahren in Baden-<br />

Württemberg dar. Hierbei wird den Haupt- und Werkrealschullehrkräften seit 2008 die<br />

individuelle Leseleistung ihrer Schülerinnen und Schüler anhand computergestützter<br />

Kompetenztests zurückgemeldet. Zudem erhalten sie individualisierte Fördermaßnahmen für<br />

jede Schülerin und jeden Schüler. Die wissenschaftliche Begleitung dieses Handlungs- und<br />

Maßnahmen-Programms erfolgt erstmalig im Jahr 2012. Ziel des Forschungs-vorhabens ist die<br />

Überprüfung der psychometrischen Eigenschaften der Kompetenztests, der Effektivität der<br />

Fördermaterialien und die Entwicklung eines Evaluationsdesigns zur Erfassung des<br />

Nutzungsverhaltens und der Zufriedenheit der Lehrkräfte.<br />

Naumann, J., Artelt, C., Schneider, W., & Stanat, P. (2010). Lesekompetenz von PISA 2000 bis PISA 2009. In E.<br />

Klieme, C. Artelt, J. Hartig, N. Jude, O. Köller, M. Prenzel, W. Schneider, & P. Stanat (Hrsg.). PISA 2009: Bilanz<br />

nach einem Jahrzehnt. Münster: Waxmann.<br />

227


Di. 11.09.| Postersession | Poster 41 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Andreas Ehstand<br />

Europäische Sinndimensionen von Schülerinnen und Schülern an<br />

Europaschulen in Nordrhein-Westfalen<br />

Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

andreas.ehstand@fk12.tu-dortmund.de<br />

Schülerinnen und Schülern ein europäisches Bewusstsein zu vermitteln, wird aus<br />

bildungspolitischer Sicht als pädagogische Aufgabe der Schule gesehen (KMK, 2008). Auch aus<br />

bildungstheoretischer Perspektive werden Schulen mit einem explizit europäischen Bezug<br />

(Europaschulen und europäische Schulen) untersucht (vgl. Hornberg, 2010). Zur Förderung<br />

der Umsetzung auf schulischer Ebene werden in einigen Bundesländern aktive Schulen mit dem<br />

Zertifikat „Europaschule“ ausgezeichnet, in NRW gibt es derzeit über 160 Schulen. Dabei sind die<br />

Lehr- und Lernbedingungen von Schülerinnen und Schülern in Bezug auf die Behandlung<br />

europäischer Inhalte bisher kaum untersucht.<br />

Daraus ergibt sich die Forschungsfrage, was Schülerinnen und Schüler an Europaschulen<br />

gedanklich mit dem Erlernen und Erleben europäischer Inhalte verbinden.<br />

Im Kontext meines Dissertationsvorhabens wird daher untersucht, welche Sinndimensionen<br />

(mehrere mit Sinn verknüpfte Perspektiven auf Europa) Schülerinnen und Schüler mit dem<br />

Lernen und Leben an Europaschulen verbinden. Als Ausgangslage werden dazu Daten aus der<br />

derzeit durchgeführten wissenschaftlichen Begleitforschung von Hornberg zur (Re-)zertifizierung<br />

von Europaschulen in NRW genutzt, bei der Europaschulkoordinator/-innen und Schulleiter/innen<br />

durch eine quantitative Online-Fragebogenerhebung zu den Lehr- und<br />

Rahmenbedingungen an den Europaschulen befragt werden.<br />

Darauf aufbauend werden mit Hilfe von qualitativen, halbstrukturierten Interviews Schülerinnen<br />

und Schüler an drei Europaschulen (Gymnasien) zu ihren erlebten Sinndimensionen zu Europa<br />

befragt. In Orientierung an dem Ansatz von Kurz (2008) zur Handlungsfähigkeit und<br />

Mehrperspektivität im Sportunterricht wird eine Kategorisierung der Sinndimensionen der<br />

Schülerinnen und Schüler vorgenommen. Dabei soll überprüft werden, inwieweit sich dieses<br />

theoretische Konzept auf den Kontext der europäischen Bildung übertragen lässt bzw. welche<br />

Modifizierungen in diesem Zusammenhang vorzunehmen sind. Ziel des Forschungsprojekts ist<br />

es, durch die Aufdeckung der Sinndimensionen im Bereich der europäischen Bildung Lehr- und<br />

Lernvoraussetzungen aufzuzeigen und damit Lehrkräften bei der Kompetenzvermittlung und<br />

beim Identifikationsangebot im Europabereich Hilfestellungen zu geben.<br />

Hornberg, S. (2010). Schule im Prozess der Internationalisierung von Bildung. Münster: Waxmann.<br />

Kultusministerkonferenz. (2008). Europabildung in der Schule. Verfügbar unter: http://www.kmk.org/fileadmin/<br />

veroeffentlichungen_beschluesse/1978/1978_06_08_Europabildung.pdf [16.08.2012].<br />

Kurz, D. (2008). Von der Vielfalt sportlichen Sinns zu den pädagogischen Perspektiven im Schulsport. In D. Kuhlmann<br />

& E. Balz (Hrsg.), Sportpädagogik. Ein Arbeitstextbuch (S. 162-172). Hamburg: Czwalina.<br />

228


Di. 11.09.| Postersession | Poster 42 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Charlotte Christ<br />

Merkmale schulischer Organisation und Einstellungen von<br />

Grundschullehrerinnen und -lehrern zu schulentwicklungsrelevanten<br />

Aspekten<br />

<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

charlotte.christ@uni-koeln.de<br />

Durch einen vielschichtigen Wandel der Systemsteuerung und Qualitätsentwicklung von Schule<br />

und die Etablierung interner und externer Schulentwicklungsprozesse haben sich die<br />

Gestaltungs-möglichkeiten von Grundschulen gewandelt. Diese Prozesse auf der Ebene der<br />

Einzelschule verändern zugleich die Ausrichtung der Lehrerarbeit, die nun ein Berufsverständnis<br />

erfordert, das sich nicht nur auf den Unterricht bezieht, sondern auch die Entwicklung der<br />

Organisation als einen Bestandteil der Lehrerarbeit sieht. Es wird davon ausgegangen, dass der<br />

Lehrerberuf traditionell durch eine zellulare Arbeitsorganisation, hohe Autonomie der<br />

Lehrperson und Parität des Kollegiums gekennzeichnet ist und diese Kultur die Entwicklung<br />

gemeinsamer Zielvorstellungen und kooperativer Arbeitsstrukturen erschwert. Erste Hinweise,<br />

die diese Vermutung bekräftigen, werden durch die Forschung zum Autonomie-Paritäts-Muster<br />

und zum beruflichen Selbstverständnis gegeben (vgl. u.a. Altrichter/Eder 2004, Fussangel 2008,<br />

Esslinger 2002).<br />

Das Projekt greift diese Ergebnisse durch eine querschnittlich angelegte Fragebogenerhebung<br />

auf. Ziel ist es, Lehrertypen mit verschiedenen schulentwicklungsbezogenen Einstellungsmustern<br />

zu identifizieren. Zwischen diesen Typen und Merkmalen der Organisation sollen<br />

Zusammenhänge überprüft werden, um erste Hinweise zu den Entstehungsbedingungen der<br />

Einstellungsmuster zu erhalten und Ansatzpunkte für die Organisationsentwicklung in<br />

Grundschulen ableiten zu können. Im Rahmen der Posterpräsentation wird das theoretische<br />

Konzept und das Untersuchungsdesign der Studie vorgestellt.<br />

Altrichter, H./Eder, F. (2004): Das 'Autonomie-Paritäts-Muster' als Innovationsbarriere? In: Holtappels H. G. (Hrsg.):<br />

Schulprogramme – Instrumente der Schulentwicklung. Weinheim: Juventa. S. 195 - 221.<br />

Esslinger, I. (2002): Berufsverständnis und Schulentwicklung: ein Passungsverhältnis? Eine empirische<br />

Untersuchung zu schulentwicklungsrelevanten Berufsauffassungen von Lehrerinnen und Lehrern. Bad<br />

Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Fussangel, K. (2008): Subjektive Theorien von Lehrkräften zur Kooperation. Eine Analyse der Zusammenarbeit von<br />

Lehrerinnen und Lehrern in Lerngemeinschaften. Wuppertal: http://elpub.bib.uni-wuppertal.de/edocs/<br />

dokumente/fbg/paedagogik/diss2008/fussangel/ (Stand 03.06.2012).<br />

229


Di. 11.09.| Postersession | Poster 43 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Franziska Schulze-Stocker<br />

(Re)Organisierung des universitären Lehrangebots durch staatliche<br />

Steuerung – Die Bildungswissenschaften in der Lehrerbildung in<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

franziska.schulze@uni-muenster.de<br />

Die bildungswissenschaftlichen Inhalte in der Lehrerbildung in Deutschland werden gegenwärtig<br />

sowohl von angehenden Lehrkräften als auch ihren Ausbildern und Ausbilderinnen kritisiert (Lersch,<br />

2006). Zugleich werden innerhalb der Lehramtsstudiengänge besonders die Inhalte des bildungswissenschaftlichen<br />

Studienelements von Forscherinnen und Forschern als relevant für die Entwicklung<br />

der professionellen Kompetenz von Lehrkräften angesehen. Aufgrund der Neuen Steuerung im<br />

Hochschulsystem und des Bologna-Prozesses wird in Deutschland seit einigen Jahren zunehmend<br />

Wert auf Standardisierung und Qualitätssiche-rung der universitären Lehrerbildung gelegt. So wurden<br />

modularisierte Bachelor- und Master-Studiengänge für das Lehramtsstudium neu konzipiert und<br />

eingeführt, deren Akkreditierungen an einigen Standorten noch nicht abgeschlossen sind. Sowohl die<br />

KMK-Standards für die Lehrerbildung, welche 2004 als länderübergreifende Ziele für die bildungswissenschaftlichen<br />

Anteile formuliert wurden, als auch das neue Lehrerausbildungsgesetzt in<br />

Nordrhein-Westfalen von 2009 betonen explizit die Kompetenzvermittlung als Aufgabe der<br />

<strong>Universität</strong>en. Für die (Neu-)Konzeption von Lehramtsstudiengängen bedeutet dies einen stärkeren<br />

Berufs- und Handlungsbezug und daraus folgend eine stärkere Outputsteuerung (Hörmann &<br />

Henniger, 2007). Derzeit ist unklar, welche Auswirkungen die aktuellen Reformprozesse im Hochschulbereich<br />

auf die Re-(Organisation) der bildungswissenschaftlichen Lehrinhalte in der<br />

Lehrerbildung haben. Das Projekt, welches in dem Poster beschrieben wird, geht der Frage nach, ob<br />

und in wie weit die curricularen Vorgaben der <strong>Universität</strong>en für das bildungswissenschaftliche Lehrangebot<br />

mittels gesetzlicher bzw. administrativer Vorgaben (i.S.e. intendierten Curriculums)<br />

umgesteuert werden können. Die inhaltsanalytische Auswertung vorliegender Modulhandbücher,<br />

Studien- und Prüfungsordnungen der zehn lehrerbildenden <strong>Universität</strong>en im Bundesland Nordrhein-<br />

Westfalen führt zu einer Bestandsaufnahme der neuen Studienorganisation in den Bildungswissenschaften.<br />

Die neuen universitären Strukturen und Inhalte der bildungswissenschaftlichen<br />

Studien werden mit denjenigen Dokumenten verglichen, die vor der Umsetzung des neuen<br />

Lehrerausbildungsgesetzt an den <strong>Universität</strong>en gültig waren (vgl. hierzu Terhart, Lohmann & Seidel,<br />

2010). Durch diesen Vergleich der Situationen vor und nach der Innovation lässt sich deutlich machen,<br />

wie stark und in welcher Weise <strong>Universität</strong>en geänderte gesetzlich-administrative Vorgaben<br />

umsetzen. Das Poster stellt neben den theoretischen Bezugspunkten erste Ergebnisse zur (Re-<br />

)Organisation vor. So können Unterschiede in der Angebotsbreite und bei den angebotenen Pflicht-<br />

und Wahlpflichtelementen der betrachteten <strong>Universität</strong>en festgehalten werden.<br />

Hörmann, C. & Henninger, M. (2007). Delphi-Studie zur Entwicklung eines bedarfsorientierten Studienangebots. Ein<br />

Beitrag zur Schnittstellengestaltung von Studium und Beruf. In T. Eckert (Hrsg.), Übergänge im Bildungswesen (S. 209-<br />

220). Münster: Waxmann.<br />

Lersch, R. (2006). Lehrerbildung im Urteil der Auszubildenden. Eine empirische Studie zu beiden Phasen der Lehrerausbildung.<br />

Zeitschrift für Pädagogik, 51. Beiheft, 164-181.<br />

Terhart, E., Lohmann, V. & Seidel, V. (2010). Die bildungswissenschaftlichen Studien in der universitären Lehrerbildung.<br />

Eine Analyse aktueller Studienordnungen und Modulhandbücher an <strong>Universität</strong>en in Nordrhein-Westfalen. Münster.<br />

230


Di. 11.09.| Postersession | Poster 44 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Ramona Lorenz, Sascha Jarsinski, Birgit Eickelmann, Julia Kahnert<br />

Schulsteuerung durch das Zentralabitur? Eine Typisierung auf<br />

Individualebene der Lehrerschaft in Nordrhein-Westfalen<br />

Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

lorenz@ifs-dortmund.de<br />

Aufgrund der Ergebnisse deutscher Schülerinnen und Schüler in internationalen<br />

Vergleichsstudien wie TIMSS und PISA, wurden Steuerungsmaßnahmen zur Qualitätsentwicklung<br />

und Standardsicherung im Bildungssystem implementiert (u. a. Maag Merki, 2010). Eines dieser<br />

Steuerungsinstrumente ist in einigen Bundesländern die Neueinführung des Zentralabiturs.<br />

Dieses wurde in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2007 erstmals durchgeführt. Seine Einführung zielt<br />

u. a. darauf ab, das Schulsystem in Bezug auf fachliche Anforderungen und Maßstäbe zur<br />

Beurteilung der Leistungen von Schülerinnen und Schülern innerhalb und zwischen Schulen und<br />

Schulformen vergleichbarer zu machen, was mit der Komparabilitätsfunktion verbunden ist<br />

(Kühn, 2010). Im Zentrum dieses Beitrags steht nun die Frage, inwiefern das Zentralabitur seine<br />

ihm theoretisch zugedachten Steuerungsfunktionen, und hier insbesondere die<br />

Komparabilitätsfunktion, aus Sicht der schulischen Akteure erfüllt. Trotz unterschiedlicher<br />

Einschätzungen der Lehrkräfte hinsichtlich der Erfüllung der theoretisch zugedachten Funktionen<br />

und Auswirkungen des Zentralabiturs zeigt eine Latent Class Analyse auf der Basis einer<br />

Befragung (N=597) an mehr als 40 Schulen in Nordrhein-Westfalen, dass die Lehrerschaft sich in<br />

idealtypische vier Gruppen einteilen lassen (vgl. Kahnert et al., eingereicht). Besonders groß ist<br />

einerseits die Gruppe der Lehrpersonen, die die Komparabilitätsfunktion generell kritisch<br />

einschätzt und andererseits die Gruppe, die die Funktion des Zentralabiturs bestätigt (jeweils<br />

37%).<br />

Kahnert, J., Eickelmann, B., Lorenz, R., Wendt, H. & Bos, W. (eingereicht). Erfüllt das Zentralabitur seine<br />

Steuerungsfunktion? Analysen einer Lehrerbefragung in Nordrhein-Westfalen. Die Deutsche Schule.<br />

Kühn, S. M. (2010): Steuerung und Innovation durch Abschlussprüfungen? Wiesbaden: VS Verlag für<br />

Sozialwissenschaften.<br />

Maag Merki, K. (2010): Theoretische und empirische Analysen der Effektivität von Bildungsstandards,<br />

standardbezogenen Lernstandserhebungen und zentralen Abschlussprüfungen. In: H. Altrichter und K. Maag<br />

Merki (Hrsg.): Handbuch neue Steuerung im Schulsystem (S. 145–169). Wiesbaden: VS Verlag für<br />

Sozialwissenschaften.<br />

231


Di. 11.09.| Postersession | Poster 45 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Bernd Fischer<br />

Die Sekundarschule in NRW - aus gymnasialer Perspektive<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

bfischer@uni-muenster.de<br />

Als sein Kernelement führt des 6. Schulrechtsänderungsgesetz vom 20. 10. 2011 die<br />

Sekundarschule in NRW ein. Die als "Schulkompromiss" gefeierte, weil von einem<br />

überparteilichen Konsens getragene neue Schulform der Sek I soll das Ende des<br />

jahrzehntelangen, ideologisch geprägten Schulstreites markieren. Tatsächlich trägt sie den<br />

absehbaren Folgen der demographischen Entwicklung auf das nordrheinwestfälische<br />

Schulsystem Rechnung.<br />

Das Gesetz stellt die Sekundarschule zwischen das gegliederte und das integrierte Schulsystem<br />

und beendet langfristig einige halbherzige Reformen (Verbundschule, Gemeinschaftsschule). Sie<br />

umfasst die Jahrgangsstufen fünf bis zehn und soll gymnasiale Standards setzen. Nach<br />

gemeinsamer Jahrgangsstufe 5/6 entscheidet der Schulträger über ihre integrative,<br />

teilintegrative oder kooperative Weiterführung. Sekundarschulen haben keine eigene Sek II,<br />

müssen aber eine Kooperationsverein-barung treffen.<br />

Die Einführung der Sekundarschule betrifft – wenn auch in unterschiedlicher Weise – Haupt-,<br />

Real- und Gesamtschulen direkt. Aber was bedeutet sie und welche Folgen ergeben sich daraus<br />

für die Gymnasien? Diesen Fragen ging eine standardisierte Online-Befragung nach, an der im<br />

März 2012 70 aus NRW Gymnasien teilnahmen und die die folgenden Themen behandelte:<br />

Anbindung (Auf- und Abschulung) Sekundarschule und Gymnasium, Wechsel in die Sek II<br />

Auswirkung auf Schullandschaft am Standort, Beteiligung am Planungsverfahren und<br />

Kooperation<br />

Auswirkungen auf schulstrukturelle Daten (laufende Mittel und Investitionen, Stellenzuweisung,<br />

Anmeldezahlen)<br />

Auswirkungen auf Schulprofil (gymnasiales Profil, Umsetzung G8)<br />

langfristige Auswirkungen Sekundarschule auf Schullandschaft am Standort<br />

langfristige Auswirkungen Sekundarschule auf Schulsystem NRW<br />

Die Online-Befragung war für grundständige Gymnasien konzipiert. Wegen der besonderen<br />

Bedeutung für diese Form des Gymnasiums wurde auf qualitativem Wege zusätzlich die<br />

Einschätzung der Sekundarschule aus der Perspektive des Aufbaugymnasiums eingeholt.<br />

Schule NRW (2011). Sonderausgabe zum Schulkonsens und zur Sekundarschule. Zugriff am 31. 5.2012 unter<br />

http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Publikationen/Schule_NRW/Sonderausgabe.pdf<br />

232


Di. 11.09.| Postersession | Poster 46 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Felicitas Mandon 1 , Eva-Maria Lankes 2<br />

Externe Evaluation als Grundlage für Schulentwicklung<br />

1 Qualitätsagentur am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, München,<br />

2 Technische <strong>Universität</strong> München<br />

felicitas.mandon@isb.bayern.de<br />

Maßnahmen wie Externe Evaluation oder Schulinspektion werden in Deutschland vor allem als<br />

Instrumente zur Qualitätsentwicklung von Schule und Unterricht betrachtet (Husfeldt 2011).<br />

Grundlage für die Bewertung sind Merkmale, die die Schuleffektivitätsforschung als relevant für<br />

die Wirksamkeit von Schule und Unterricht nachgewiesen hat. Der Einfluss von Externer<br />

Evaluation auf Veränderungen im Klassenzimmer ist allerdings trotz hoher Erwartungen oft nicht<br />

nachweisbar, Qualität und Wirksamkeit von Maßnahmen nach der Externen Evaluation<br />

erscheinen fraglich (Ehren & Visscher 2008). Die Art der Durchführung und die Fokussierung auf<br />

bestimmte Merkmale können jedoch einen Einfluss auf die nachfolgenden Entwicklungsprozesse<br />

haben ((Ouston et al. 1997)).<br />

Die Studie untersucht den Prozess des Übergangs von der Bereitstellung der Ergebnisse der<br />

Externen Evaluation, über die Vereinbarung von Zielen und die Planung von Maßnahmen bis zur<br />

Implementation einer systematischen Schulentwicklung. Die Befunde dienen der Verbesserung<br />

der Verfahren und der Bereitstellung von Unterstützungsangeboten zur Weiterarbeit mit den<br />

Ergebnissen der Externen Evaluation an den Schulen. Als eine erste Fragestellung wurde<br />

untersucht, welche Informationen die Schulen aus den Evaluationsberichten für die weitere<br />

Arbeit nutzen. Zu diesem Zweck wurden die Evaluationsberichte mit den von den Schulen im<br />

Anschluss formulierten Zielvereinbarungen verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass die<br />

Formulierung von Zielen für die nachfolgende Arbeit insgesamt schwer fällt und ganz besonders<br />

im Bereich der Unterrichtsentwicklung.<br />

Ehren, M.C.M. & Visscher, C.J. (2008). The relationships between schoolinspections, school characteris-tics and<br />

school improvement. British Journal of Educational Studies, 56(2), 205-227.<br />

Husfeldt, V. (2011). Wirkungen und Wirksamkeit der externen Schulevaluation. Überblick zum Stand der<br />

Forschung. In Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 14(2), 259-282.<br />

Ouston, J., Fidler, B. & Earley, P. (1997). What do schools do after Ofsted school inspections or before? School<br />

Leadership and Management, 17(1), 95-104.<br />

233


Di. 11.09.| Postersession | Poster 47 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Gerlinde Lenske 1 , Ferdinand Eder 2 , Johannes Mayr 3<br />

Der Linzer Diagnosebogen zur Klassenführung (LDK) – eine<br />

Validierungsstudie zur Version 2012<br />

1 <strong>Universität</strong> Koblenz-Landau, 2 <strong>Universität</strong> Salzburg, 3 Alpen-Adria-<strong>Universität</strong> Klagenfurt<br />

lenske@uni-landau.de<br />

Eine gute Klassenführung gilt als grundlegende Voraussetzung für wirksamen Unterricht. Um ein<br />

realistisches Bild über die eigene Führungsqualität zu erhalten, benötigen Lehrkräfte eine<br />

Außensicht, z.B. durch Schülerfeedback (vgl. Helmke, 2010). Schülerurteile bieten im Vergleich<br />

zu alternativen Methoden der Unterrichtsbeurteilung (z.B. Videografie des Unterrichts oder<br />

Expertenbeobachtung im Klassenzimmer) beachtliche Vorteile. Hierzu zählen die ökonomische<br />

Durchführbarkeit, die höhere Reliabilität aufgrund klassenweise aggregierter Daten und eine<br />

hohe prädiktive Validität (vgl. Clausen, 2002).<br />

Bereits vor einigen Jahren wurde ein Instrument (LDK) konzipiert, mit welchem sich die Qualität<br />

der Kassenführung aus drei verschiedenen Perspektiven (Schülerbefragung, Einschätzung durch<br />

Mentoren, Selbsteinschätzung) erheben lässt. Angesichts neuer Forschungsbefunde wurde der<br />

Fragebogen überarbeitet und erweitert. Der Schwerpunkt der neuen Version liegt nach wie vor<br />

auf der Klassenführung, sie deckt jedoch auch einen breiteren Bereich der Unterrichtsgestaltung<br />

ab und ermöglicht zusätzlich eine Erfassung der Lehrermotivation.<br />

In der vorliegenden Forschungsarbeit wurden mittels Reliabilitäts- und Faktorenanalyen sowohl<br />

die interne Konsistenz als auch die strukturelle Validität der Skalen anhand von<br />

unterschiedlichen Datensätzen aus Studien von J. Mayr, G. H. Neuweg, und E. Seethaler<br />

überprüft. Ferner wurde die diskriminante Validität der Skalen durch korrelative<br />

Zusammenhänge mit dem Lern- und Störverhalten der Schüler eruiert. Die Stichproben<br />

unterscheiden sich hinsichtlich der urteilenden Personen (Primarstufen- und<br />

Sekundarstufenschüler) sowie der beurteilten Personen (Lehrkräfte und angehende Lehrkräfte).<br />

Insgesamt wurden rund 3000 Schüler, deren Lehrkräfte und teilweise auch Mentoren befragt.<br />

Die Skalen- und Itemkennwerte sprechen für die interne Konsistenz der Skalen. Die<br />

Faktorenstruktur ist eindeutig interpretierbar und über alle Stichproben hinweg konstant: Den<br />

Skalen Lehrermotivation und Unterrichtsgestaltung liegt jeweils ein einfaktorielles Modell<br />

zugrunde, während sich bei der Klassenführung zwei Dimensionen unterscheiden lassen.<br />

Signifikante Zusammenhänge mit dem Lern- und Störverhalten der Schüler bestätigten die<br />

Diskriminanzvalidität.<br />

Clausen, M. (2002). Unterrichtsqualität: eine Frage der Perspektive?: Empirische Analysen zur Übereinstimmung,<br />

Konstrukt- und Kriteriumsvalidität. Münster: Waxmann.<br />

234


Di. 11.09.| Postersession | Poster 48 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Peter Harych, Rico Emmrich, Tanja Graf<br />

Stabilität der Fähigkeitsparameterschätzungen aus Rasch-Skalierungen mit<br />

unterschiedlichen Aufgabensets bei VERA 8<br />

Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg<br />

peter.harych@isq-bb.de<br />

Im Rahmen von Rückmeldungen für die landesweiten Vergleichsarbeiten in der 8.<br />

Jahrgangsstufe (VERA8) berichten auch die Länder Berlin und Brandenburg individuelle<br />

Personenparameter. Die Berechnung dieser basiert auf dem Rasch-Modell und bedient sich<br />

dabei Itemparametern, welche sich aus Pilotierungen der Testitems durch das Institut zur<br />

Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) ergeben und eine Verlinkung zur Metrik der<br />

Bildungsstandards sicherstellen (vgl. Penk u.a. 2012). Für VERA 8 bietet das IQB drei auf<br />

unterschieldiche Schülerpopulationen zielende Testheftvarianten an, welche in ihrem<br />

durchschnittlichen Schwierigkeitsniveau variieren. Bei der Verwendung verschiedener<br />

Testheftversionen, z.B. innerhalb von Schulen, muss in Bezug auf die kompetenzstufenbezogene<br />

Ergebnisrückmeldung sichergestellt werden, dass die Annahme, nach der sich die Auswahl der<br />

Aufgaben, respektive des Testheftes nicht auf die ermittelten Fähigkeitsparameter auswirkt,<br />

zutreffend ist (vgl. Rost 2004). Durch eine den VERA-8-Durchgang 2011/12 begleitende<br />

Untersuchung wurde dies an einer Stichprobe von Schüler/innen aus Berlin und Brandenburg<br />

untersucht. Erste Ergebnisse dieser Studie werden im Rahmen des Posterbeitrages präsentiert<br />

werden.<br />

Penk, C. / Roppelt, A. / Pietsch, E. / Pant, A. (2012): Vergleichsarbeiten 2012 8. Jahrgangsstufe Mathematik.<br />

Technischer Report. Berlin. Rost, J. (2004). Testtheorie Testkonstruktion. Bern: Huber.<br />

235


Di. 11.09.| Postersession | Poster 49 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Matthias Bernhard<br />

Evaluation von Kontingenztafeln - Identifikation von<br />

schwierigkeitsbeeinflussenden Faktoren in der Primarstufe<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

matthias.bernhard@tum.de<br />

Die Fähigkeit zum Umgang mit wissenschaftlicher Evidenz hat in der heutigen Welt deutlich an<br />

Bedeutung gewonnen, da mittlerweile auch für Laien wissenschaftliche Informationen immer<br />

leichter zugänglich gemacht werden. Für einen adäquaten Umgang mit wissenschaftlichen<br />

Informationen ist allerdings unter anderem die Fähigkeit nötig, vorliegende Daten evaluieren zu<br />

können. Die Entwicklung dieser Fähigkeit zur Evaluation wissenschaftlicher Evidenz ist bisher<br />

noch nicht ausreichend erforscht, beispielsweise die Entwicklung der Fähigkeit,<br />

Schlussfolgerungen aus korrelierenden Daten ziehen zu können. Auf der einen Seite zeigen<br />

bereits Vorschulkinder ein grundsätzliches Verständnis bei der Evaluation korrelierender Daten,<br />

auf der anderen Seite haben auch Erwachsene noch Probleme bei Aufgaben, die intuitive<br />

statistische Strategien bei dieser Art der Datenanalyse erfordern.<br />

In dem interdisziplinären Projekt zwischen der Mathematikdidaktik der TU München und der<br />

Entwicklungspsychologie der LMU München soll für den Primar- und den beginnenden<br />

Sekundarbereich untersucht werden, welche Bedingungen sich bei der intuitiven Analyse von<br />

Daten, die in Kontingenztafeln präsentiert werden, erleichternd oder erschwerend auswirken.<br />

Das weiterführende Ziel der Studie ist es, ein Training für den Umgang mit korrelierenden Daten<br />

in der Primarstufe zu erstellen und zu evaluieren. Der aktuelle Teil der Studie wird in der vierten<br />

Klasse (N=220) durchgeführt und umfasst sechs Einzelexperimente zum Umgang mit<br />

Vierfeldertafeln, bei denen unterschiedliche Bedingungen wie beispielsweise die Art der<br />

Präsentation der Daten oder die Relevanz des Kontextes variiert werden. Insbesondere soll<br />

dabei auch der Einfluss des Kontextes – ob formal oder alltagsbezogen – auf die Schwierigkeit<br />

der Datenanalyse aus Vierfeldertafeln genauer untersucht werden. Die Studie wird von der DFG<br />

gefördert und ist Teil des DFG-Schwerpunktprogrammes „Wissenschaft und Öffentlichkeit“.<br />

Koerber, S., Sodian, B., Thoermer, C., & Nett, U. (2005). Scientific reasoning in young children. Preschoolers‘ ability<br />

to evaluate covariation evidence. Swiss Journal of Psychology, 46, 141-152.<br />

Reiss, K., Barchfeld, P., Lindmeier, A., Sodian, B., & Ufer, S. (2011). Interpreting scientific evcidence: primary<br />

students' understanding of base rates, sampling procedures and contingency tables. In B. Ubuz (Ed.),<br />

Proceedings of the 35th Conference of the International Group for the Psychology of Mathematics Education<br />

(Vol. 4, pp. 33-40). Ankara (Turkey): PME.<br />

Shaklee, H., Holt, P., Elek, S., & Hall, L. (1988). Covariation judgment: Improving rule use among children,<br />

adolescents, and adults. Child Development, 59, 755–768.<br />

Zimmerman, C. (2007). The development of scientific thinking skills in elementary and middle school.<br />

Developmental Review, 27, 172-223.<br />

236


Di. 11.09.| Postersession | Poster 50 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Melanie Basten, Matthias Wilde<br />

Untersuchung der Validität des Konstrukts „Biologische<br />

Bewertungskompetenz“ der Bildungsstandards<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

melanie.basten@uni-bielefeld.de<br />

Die Bildungsstandards im Fach Biologie (KMK, 2004) fordern u.a. das Verfügen über die<br />

Kompetenz Bewertung, d.h. die Fähigkeit, zu kontroversen biologischen Themen unter Einbezug<br />

von Werten und Normen eine begründete Entscheidung zu treffen. Zwei<br />

Kompetenzstrukturmodelle (Theoretisches Modell zur ethischen Urteilsbildung und Göttinger<br />

Modell zur ökologischen Urteilsbildung) definieren normativ Teilkompetenzen der<br />

Bewertungskompetenz, differenzieren aber auch empirisch und normativ Niveaustufen dieser<br />

Teilkompetenzen. Im Projekt ESNaS (Hostenbach et al., 2011) sollen darauf aufbauend<br />

naturwissenschaftsübergreifende Diagnoseitems für die Bewertungskompetenz erstellt werden.<br />

Im Rahmen der vorliegenden Studien wurde die Validität der Kompetenzstrukturmodelle zur<br />

Bewertungskompetenz an SuS der 11. Klasse untersucht. In einer quantitativen Studie wurden<br />

bei 448 SuS der Bewertungskompetenz zugrunde liegende psychologische Variablen erhoben.<br />

Diese zeigten keine Zusammenhänge zu der Fähigkeit, eine bewertungsrelevante Entscheidung<br />

zu treffen (Basten & Wilde, 2011). Als Beispielthema in allen Studien dient das Thema<br />

postmortale Organspende mit der Entscheidung, (k)einen Organspendeausweis (mit<br />

Entscheidung für oder gegen Organentnahme) auszufüllen. Eine hohe Bewertungskompetenz<br />

geht normativ gesetzt damit einher, dass SuS in der Lage sind, vor dem Hintergrund der<br />

notwendigen Sachinformationen unter Einbezug von Werten und Normen eine solche<br />

Entscheidung zu treffen.<br />

In drei weiteren Studien wurde die Bewertungskompetenz der SuS in offener Form erhoben und<br />

qualitativ deduktiv anhand der Niveaustufen sowie induktiv bezogen auf die Spezifizierung auf<br />

das Thema Organspende ausgewertet. In Studie 1 wurden 14 SuS der 12. Klasse zu ihrer<br />

persönlichen Entscheidung hinsichtlich Organspende interviewt. In Studie 2 gaben 271 SuS ihre<br />

Gründe dafür an, dass sie (k)einen Organspendeausweis ausgefüllt hatten. In Studie 3 wurden 49<br />

SuS gebeten, eine fiktionale Dilemma-Situation zu bewerten und die Entscheidung anstelle des<br />

Betroffenen zu treffen. Der Auswertungsprozess zeigte zum einen erhebliche Schwierigkeiten<br />

bei der Anwendung der Niveaustufen der Teilkompetenzen auf das erhobene Material. Die<br />

Ergebnisse zeigen zudem, dass von den SuS, im Gegensatz zur Literatur, kaum hohe<br />

Niveaustufen erreicht werden. Die Berechnung des Zusammenhangs zur Entscheidung der SuS<br />

steht noch aus.<br />

Basten, M., & Wilde M. (2011). Judgment competence as a key to the reduction of the attitude-behaviour gap in<br />

organ donation. European Science Education Research Association ESERA 2011 Conference, Lyon, 50.<br />

Hostenbach, J., Fischer, H.E., Kauertz, A., Mayer, J., Sumfleth, E., & Walpuski, M. (2011). Modellierung der Bewertungskompetenz<br />

in den Naturwissenschaften zur Evaluation der Nationalen Bildungsstandards. Zeitschrift für<br />

Didaktik der Naturwissenschaften, 17, 261-288.<br />

KMK (2004). Bildungsstandards im Fach Biologie für den Mittleren Bildungsabschluss. München, Neuwied: Luchterhand.<br />

237


Di. 11.09.| Postersession | Poster 51 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Stephanie Trump, Andreas Borowski<br />

Ein Kompetenzmodell der Mathematik für die Physik der Sekundarstufe II<br />

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen<br />

trump@physik.rwth-aachen.de<br />

In der Physik wird der Mathematik häufig die Rolle einer Sprache zugewiesen (AAAS, 2009), da sie in<br />

der Lage ist Objekte und Ereignisse miteinander in Beziehung zu setzen und physikalische Prozesse zu<br />

modellieren (Angell, Kind, et al. 2008; Greca & Moreira, 2002; Prediger, 2009). Speziell die<br />

Mathematisierung, verstanden als Fähigkeit ein Problem in ein mathematisches Modell zu<br />

überführen, kann als wesentlicher Teil der physikalischen Methodik und Erkenntnisgewinnung<br />

angesehen werden (Pospiech, 2006; Krey & Mikelskis, 2009).<br />

Dies spiegelt sich in den Einheitlichen Prüfungsordnungen für das Abitur in Physik, in denen ein<br />

erhöhter Grad an Mathematisierung verlangt wird, wieder (KMK, 2004). Lehrpersonen stellen jedoch<br />

oft fest, dass das mathematische Vokabular der Schüler nur schwerfällig bei Physikaufgaben<br />

angewendet wird bzw. im Mathematikunterricht noch nicht thematisiert wurde. Auch die aus der<br />

Sicht des Physikunterrichts notwendige Mathematikkompetenz scheint durch die Mathematik nur<br />

eingeschränkt vermittelt zu werden und bereitet scheinbar unüberwindbare Probleme (von<br />

Aufschnaiter, 2010; Horn, 2011).<br />

Eine systematische Untersuchung der notwendigen mathematischen Inhalte und Kompetenzen in<br />

Physik liegt derzeit nicht vor. Ein in der Entwicklung befindliches Kompetenzmodell für die Physik der<br />

Sekundarstufe II berücksichtigt die Mathematik bereits, variiert diese jedoch nur binär in den<br />

Kategorien „mit Mathematik“ bzw. „ohne Mathematik“. Aufbauend auf diesen Vorarbeiten sowie<br />

verschiedenen Kompetenzmodellen in der Mathematik (Blum & Drüke-Noe, 2006), dem<br />

Modellierungskreislauf (u.a. Blum & Leiß, 2005) und dem Grundvorstellungskonzept nach vom Hofe<br />

(2003) soll in diesem fächerübergreifenden Projekt die notwendige Mathematikkompetenz zum Lösen<br />

von Physikaufgaben der Sekundarstufe II untersucht und in einem Modell abgebildet werden. Im<br />

Fokus stehen die Fragen:<br />

1. Welche Vokabeln bzw. Inhalte sowie welche mathematischen Kompetenzen sind in der<br />

Sekundarstufe II notwendig?<br />

2. Welche Grundvorstellungen sind mit den Inhalten verbunden?<br />

3. Sind Grundvorstellungen und curricular sortierte Inhalte ein guter Prädiktor für die<br />

Aufgabenschwierigkeit?<br />

Das Design und erste Ergebnisse der Studie werden präsentiert.<br />

Angell, C., Kind, P.M., Henriksen, E.K. & Guttersrud, O., et al. (2008). An empirical-mathematical modelling approach<br />

to upper secondary school physics. Physics Education 43 (3). pp.256-264.<br />

Blum, W. & Leiß D. (2005). Modellieren im Unterricht mit der “Tanken”-Aufgabe. Mathematik lehren, 128, 18-21.<br />

Blum, W., Hofe, R. vom, Jordan, A. & Kleine, M. (2004). Grundvorstellungen als aufgabenanalytisches und diagnostisches<br />

Instrument bei PISA. In: Neubrand, M. (Hrsg.). Mathematische Kompetenzen von Schülerinnen und<br />

Schülern in Deutschland, S. 145-158. Wiesbaden, VS-Verlag.<br />

Prediger, S. (2009). „Aber wie sag ich es mathematisch?“ – Empirische Befunde und Konsequenzen zum Lernen von<br />

Mathematik als Mittler Beschreibung von Welt. In D. Höttecke, Chemie- und Physikdidaktik für die Lehramtsausbildung,<br />

Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik, Jahrestagung in Dresden 2009 (S. 6 - 20).<br />

Berlin: Lit Verlag.<br />

238


Di. 11.09.| Postersession | Poster 52 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Sarah Reinhold, Andreas Gegenfurtner, Eva-Maria Lankes<br />

Unterrichtsentwicklung durch Vergleichsarbeiten? Eine Analyse von<br />

Verwendungshinweisen in VERA-Rückmeldungen.<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

sarah.reinhold@gmx.net<br />

Diese Studie untersucht die Rückmeldungen der VERgleichsArbeiten (VERA) auf die darin<br />

enthaltenen Verwendungshinweise und Handlungsempfehlungen für Lehrkräfte. Die<br />

Rückmeldungen der VERA Testergebnisse an die Lehrkraft sollen dabei eine konstruktive<br />

Auseinandersetzung mit den Daten ermöglichen, um Lehrkräfte in ihrer Unterrichtsentwicklung<br />

zu unterstützen (Nickolaus & Gräsel, 2006). Allerdings ist empirisch bislang ungeklärt, welchen<br />

Nutzen die Rückmeldungen auf dem Weg zur Unterrichtsentwicklung leisten.<br />

Basierend auf dem Modell "Von der Evaluation zur Innovation" (Helmke, 2004) wurde daher ein<br />

Kategoriensystem zur Kodierung der Verwendungshinweise entwickelt. Hauptkategorien waren<br />

die auf dem Weg zur Unterrichtsentwicklung zu durchlaufenden Schritte der Rezeption,<br />

Reflexion und Aktion (Helmke, 2004). Die Kategorien Reflexion und Aktion wurden unterteilt in<br />

Hinweise zur Gestaltung und Entwicklung des Unterrichts bzw. zur Schülerleistung. Die Kategorie<br />

Aktion wurde unterteilt in Handlungsempfehlungen für die einzelne Lehrkraft bzw. für die<br />

gemeinsame Arbeit im Kollegium.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Häufigkeiten der Kategorien Rezeption, Reflexion und Aktion<br />

unterscheiden. Als zentrale Tendenz ist festzustellen, dass Verwendungshinweise zur Rezeption<br />

häufiger angeboten werden als solche zur Reflexion und Aktion. Auch in der weiteren<br />

Differenzierung der Kategorien finden sich Unterschiede hinsichtlich der oben genannten<br />

Dimensionen. Implikationen für die zukünftige Gestaltung von Rückmeldungen in VERA zur<br />

Förderung der Unterrichtsentwicklung werden diskutiert.<br />

Helmke, A. (2004). Von der Evaluation zur Innovation: Pädagogische Nutzbarmachung von Vergleichsarbeiten in<br />

der Grundschule. Seminar, 2, 90–112.<br />

Nickolaus, R., & Gräsel, C. (2006). Innovation und Transfer: Expertisen zur Transferforschung. Hohengehren:<br />

Schneider.<br />

239


Di. 11.09.| Postersession | Poster 53 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Rico Emmrich, Peter Harych, Wolfgang Wendt, Katharina Thoren<br />

Adjustierte Schulleistungsdaten aus Vergleichsarbeiten und Prüfungen in<br />

Berlin – Kritische Prüfung des Modells auf Robustheit<br />

Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg<br />

Rico.Emmrich@isq-bb.de<br />

Die Ergebnisse aus Vergleichs- und Prüfungsarbeiten hängen zu einem erheblichen Teil mit<br />

Faktoren zusammen, auf die die Schulen keinen oder kaum Einfluss haben. Daher wurden<br />

verschiedene Ansätze entwickelt, um die Zusammensetzung der Schülerschaft hinsichtlich<br />

leistungsrelevanter Kontextmerkmale zu berücksichtigen, also insbesondere bei den<br />

Rückmeldungen an die Schulen die tatsächlich erzielten Rohwerte zu adjustieren, sie also neben<br />

Erwartungswerte zu stellen, um die Ergebnisse angemessen interpretieren zu können.<br />

Ein wichtiges Gütekriterium derartiger Adjustierungsmodelle ergibt sich aus einer Kosten-<br />

Nutzen-Abwägung: Optimal ist danach ein Modell, bei dem der Aufwand der Datenerhebung<br />

möglichst gering und zugleich der Anteil aufgeklärter Leistungsvarianz möglichst groß ist (vgl.<br />

Kuhl u.a. 2011).<br />

Im Posterbeitrag wird ein Adjustierungsmodell von Schulleistungsdaten dargestellt, das in Berlin<br />

bei den Ergebnisrückmeldungen an die Schulen genutzt wird. Es orientiert sich am Hamburger<br />

Ansatz aus KESS (vgl. Pietsch u.a. 2007), ermittelt also "gleitende" Erwartungswerte, d.h. ggf. für<br />

jede Schule einen anderen, der sich als Mittelwert aus den Ergebnissen anderer Schulen ergibt,<br />

die eine ähnliche Zusammensetzung der Schülerschaft aufweisen. Dabei beschränkt sich das<br />

Berliner Adjustierungsmodell auf zwei routinemäßig erfasste Merkmale, um einen Sozialindex zu<br />

bilden: nichtdeutsche Herkunftssprache und Zuzahlungsbefreiung zu Lernmitteln.<br />

Aussagekraft und damit die Legitimität des Verfahrens hängen nicht zuletzt von seiner<br />

Robustheit ab, die u.a. unter folgenden Aspekten untersucht wurde:<br />

- Wie stabil sind die verwendeten Parameter über die Zeit? Wie stabil ist die Position der Schulen<br />

im Sozialranking?<br />

- Wie stark ist die Abhängigkeit des Vergleichswerts von der Anzahl der zu berücksichtigten<br />

Vergleichsschulen? Wie stark wird der Vergleichswert von einzelnen Schulen beeinflusst?<br />

- In welcher Weise verändert sich der Vergleichswert bei der Berücksichtigung der Schulgröße<br />

(Berechnung auf der Basis aller Schüler der Vergleichsschulen vs. Mittelung der Werte auf<br />

Schulebene)?<br />

Kuhl, P., Lenkeit, J., Wendt, W. & Pant, H. A. (2011). Die Kontextuierung von Leistungswerten bei Vergleichs- und<br />

Prüfungsarbeiten: Verschiedene Wege, die Zusammensetzung der Schülerschaft in den Rückmeldungen an<br />

Schulen und die Schulinspektion zu berücksichtigen. In S. Müller, M. Pietsch & W. Bos (Hrsg.). Schulinspektionen<br />

in Deutschland - eine erste empirische Zwischenbilanz (S. 237 – 259). Münster: Waxmann.<br />

Pietsch, M., Bonsen, M., Bos, W. (2007): Ein Index sozialer Belastung als Grundlage für die Rückmeldung 'faier<br />

Vergleiche' von Grundschulen in Hamburg. In: Pietsch, M., Bos, W. (Hrsg.): KESS 4 - Kompetenzen und Einstellungen<br />

von Schülerinnen und Schülern am Ende der Jahrgangsstufe 4 in Hamburger Grundschulen. Münster:<br />

Waxmann.<br />

240


Di. 11.09.| Postersession | Poster 54 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Stefan Hartmann 1 , Annette Upmeier zu Belzen 1 , Dirk Krüger 2<br />

Ko-WADiS: Modellierung und Erfassung naturwissenschaftlicher<br />

Kompetenzen bei Studierenden des Lehramts<br />

1 Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin, 2 Freie <strong>Universität</strong> Berlin<br />

stefan.hartmann@hu-berlin.de<br />

Der Stand und die Entwicklung wissenschaftsmethodischer Kompetenzen von Schülerinnen und<br />

Schülern sind Gegenstand vieler Studien der vergangenen Jahre. Demgegenüber ist noch<br />

weitgehend unerforscht, wie diese Fähigkeiten bei angehenden Lehrerinnen und Lehrern<br />

naturwissenschaftlicher Unterrichtsfächer ausgeprägt sind, und wie sie sich im Verlauf einen<br />

Lehramtsstudiums (weiter-)entwickeln.<br />

Diese Fragen werden im Projekt Ko-WADiS untersucht, das in Kooperation zwischen der Freien<br />

<strong>Universität</strong> Berlin und der Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin, dem Institut zur Qualitätsentwicklung<br />

im Bildungswesen, der <strong>Universität</strong> Wien und der <strong>Universität</strong> Innsbruck durchgeführt wird. Das<br />

Projekt wird vom BMBF gefördert. Im Fokus steht die Evaluation naturwissenschaftlicher<br />

Kompetenzen (Beobachten, Experimentieren, Modelle nutzen) von Lehramtsstudierenden in<br />

den Fächern Biologie, Chemie und Physik, sowie die zeitliche Entwicklung dieser Kompetenzen<br />

über das Bachelor- und Masterstudium hinweg. Meilensteine des Vorhabens sind die<br />

Erweiterung vorhandener Kompetenzstrukturmodelle (Mayer, 2007; Upmeier zu Belzen &<br />

Krüger, 2010) auf die zu untersuchende Personengruppe, die Konstruktion und Validierung<br />

geeigneter Instrumente zu deren Evaluation, die Modellierung der Kompetenzentwicklung über<br />

das gesamte Studium hinweg, das Beschreiben qualitativer Niveaus, sowie die Erfassung von<br />

Kompetenzunterschieden in verschiedenen Studiengängen in Deutschland und Österreich.<br />

Die erste Projektphase ist im November 2011 gestartet und auf dreieinhalb Jahre angelegt. Die<br />

Untersuchung der Forschungsfragen erfolgt in Form einer Vollerhebung als schriftliche<br />

Multikohorten-Studie im Längsschnitt mit vier Messzeitpunkten (Anfang und Ende Bachelor,<br />

Anfang und Ende Master) in den Lehramtsstudiengängen der beteiligten <strong>Universität</strong>en.<br />

Kompetenzstand und -entwicklung werden mit ein- und mehrdimensionalen Verfahren der Item-<br />

Response-Theorie und latenten Wachstumskurven modelliert. Die Ergebnisse sollen nicht nur<br />

einem besseren Verständnis von Kompetenzstand und -entwicklung von Lehramtsstudierenden<br />

dienen, sondern auch in die Gestaltung zukünftiger Lehrerausbildung einfließen.<br />

Auf der Tagung werden eine Projektskizze und erste Ergebnisse einer Pilotierungsstudie<br />

präsentiert.<br />

Mayer, J. (2007). Erkenntnisgewinnung als wissenschaftliches Problemlösen. In: D. Krüger & H. Vogt (Hrsg.),<br />

Theorien in der biologiedidaktischen Forschung. Ein Handbuch für Lehramtsstudenten und Doktoranden (S.<br />

177-186). Berlin: Springer.<br />

Upmeier zu Belzen, A. & Krüger, D. (2010). Modellkompetenz im Biologieunterricht. ZfDN, 16, 41-57.<br />

241


Di. 11.09.| Postersession | Poster 55 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Sonja Orth, Gabriele Faust<br />

Mit Schülern über ihre plastischen Arbeiten nachdenken.<br />

Entwicklung eines Ratingsystems zur Erfassung und Bewertung der<br />

Qualität der Reflexionsphase im Fach Kunst.<br />

Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg<br />

sonja.orth@gmx.net<br />

Die Reflexion des eigenen Tuns nimmt im Kunstunterricht eine zentrale Rolle ein und ist<br />

notwendig, um eine lediglich oberflächliche Beschäftigung mit dem Unterrichtsinhalt zu<br />

vermeiden. Allerdings beschäftigten sich bisher nur wenige kunstdidaktische Veröffentlichungen<br />

mit Reflexionsphasen im Unterricht.<br />

In der hier beschriebenen Untersuchung umfasst die Reflexion jene Unterrichtsphasen, in denen<br />

der Gestaltungsprozess bzw. die praktischen Arbeiten der Schülerinnen und Schüler reflektiert<br />

oder Probleme bereits während des Gestaltens besprochen werden. Ziel des<br />

Promotionsvorhabens ist die qualitativ-quantifizierende Analyse von Reflexionsphasen anhand<br />

des Datenmaterials der PERLE-Videostudie Kunst. Forschungsleitend ist die Frage, welche<br />

fachspezifischen Kriterien eine kunstdidaktisch angemessene Reflexion im Kunstunterricht der<br />

Grundschule kennzeichnen. Außerdem soll untersucht werden, wie sich die Reflexion in Bezug<br />

auf ihre Ausgestaltung und Qualität unterscheidet.<br />

Im Rahmen der PERLE-Studie, die als übergeordnetes Ziel die Persönlichkeits- und<br />

Lernentwicklung untersucht (vgl. Lotz et al., 2011), wurde in 33 Klassen je eine Doppelstunde<br />

Kunst videografiert. Zur besseren Vergleichbarkeit erhielten die Lehrkräfte inhaltliche Vorgaben<br />

zur Gestaltung des Unterrichts. U. a. sollten sie die plastischen Arbeiten der Schüler im Anschluss<br />

an die Produktions-phase mit der Klasse reflektieren. Diese Reflexionsphase bildet die<br />

Analyseeinheit des hier beschriebenen Promotionsvorhabens. Durch die PERLE-Videostudie wird<br />

erstmals der Kunstunterricht in der empirischen Bildungsforschung genauer betrachtet und in<br />

Untersuchungen zur Unterrichtsqualität einbezogen.<br />

Um die Qualität der Reflexionsphasen erfassen und bewerten zu können, wird – in Anlehnung an<br />

die IPN-Videostudie Physik (vgl. Seidel, 2003) und die Pythagoras-Studie (vgl. Hugener, Pauli &<br />

Reusser, 2006) – ein hoch inferentes Ratingsystem entwickelt. Hierbei werden Erkenntnisse aus<br />

der Kunstdidaktik und Instruktionspsychologie einbezogen. Neben diesem deduktiven Verfahren<br />

erfolgt zudem ein induktiver Zugang. Dies bedeutet, dass unter Heranziehung der<br />

Unterrichtsvideos aus der Videostudie Kunst die Indikatoren im Prozess der Videoanalyse<br />

modifiziert und weiterentwickelt werden.<br />

Im Poster wird ein erster Entwurf des Ratingsystems vorgestellt.<br />

242


Di. 11.09.| Postersession | Poster 56 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Claudia Rüprich, Detlef Urhahne<br />

Entwicklung eines Instruments zur Erfassung von Lehrerzielen auf<br />

Grundlage eines induktiven Forschungsansatzes<br />

Martin-Luther-<strong>Universität</strong> Halle-Wittenberg<br />

claudia.rueprich@paedagogik.uni-halle.de<br />

Ausgehend von einem induktiven Forschungsansatz wird ein Fragebogen zur Messung von<br />

Lehrerzielen entwickelt. Bisherige Ansätze zur Erfassung von Lehrerzielen beruhen auf einer<br />

hypothetisch-deduktiven Methode, bei denen die von Schülern bekannten Zielorientierungen<br />

auf Lehrkräfte übertragen werden. So postulieren Butler und die Forschungsgruppe um<br />

Dickhäuser, dass auch in Bezug auf Lehrkräfte zwischen Lern-, Annäherungsleistungs-,<br />

Vermeidungsleistungszielen sowie Zielen der Arbeitsvermeidung unterschieden werden kann. Es<br />

stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die Übertragung der Zielkonzepte auf Lehrer zu eng<br />

gefasst ist und ob nicht mehr Faktoren bedacht werden müssen. In einer qualitativen<br />

Untersuchung von Hagger und Malmberg (2011) wurden angehende Lehrkräfte zu<br />

verschiedenen Zeitpunkten des praktischen Ausbildungsjahres gebeten, ihre berufsbezogenen<br />

Ziele zu notieren. Es fanden sich 13 Zielkategorien, die selbst-, aufgaben- und einflussbezogene<br />

Ziele beinhalteten. In Anlehnung an diese Untersuchung wurde ein Fragebogen mit 116 Items<br />

konstruiert, der in einer Vorstudie mit 71 Lehramtsstudierenden getestet wurde. Es ergaben sich<br />

gute interne Konsistenzen der Faktoren zwischen .71 und .87. Nach Umformulierung einiger<br />

Items wird der Fragebogen nun bei Lehramtsstudierenden (Studie 1) und Lehrkräften (Studie 2)<br />

eingesetzt. Als abhängige Maße werden Lehrerselbstwirksamkeit, emotionale Erschöpfung,<br />

Lebensfreude und Selbstwert erhoben. In Studie 1 wird der Fragebogen als Online-Version<br />

bereitgestellt und Lehramtsstudierende der Martin-Luther-<strong>Universität</strong> Halle-Wittenberg durch E-<br />

Mail-Aufrufe gebeten, sich an der Umfrage zu beteiligen. In Studie 2 wird der Fragebogen in<br />

gedruckter Version an Lehrkräfte von 30 Gymnasien und Sekundarschulen in Sachsen-Anhalt<br />

versendet. Die Lehrkräfte werden gebeten, den Fragebogen zu beantworten und ihn per Post<br />

zurückzuschicken. Zusätzlich werden die Direktoren der 30 Schulen per E-Mail kontaktiert, um<br />

weitere Kollegen zur Teilnahme an einer Onlineversion des Fragebogens aufzufordern. Die Daten<br />

werden zurzeit erhoben. Ergebnisse werden auf der Tagung präsentiert. Der Fragebogen soll im<br />

Weiteren für diagnostische Zwecke sowie zur Beratung von Studienbewerbern eingesetzt<br />

werden. Erkenntnisse, ob sich bestimmte Lehrerziele vom Studium (Studie 1) zum Beruf (Studie<br />

2) hin verändern sind hierbei von Bedeutung.<br />

Dickhäuser, O., Butler, R., & Tönjes, B. (2007). Das zeigt doch nur, dass ich’s nicht kann: Zielorientierung und Einstellung<br />

gegenüber Hilfe bei Lehramtsanwärtern. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische<br />

Psychologie, 39, 120-126.<br />

Hagger, H. & Malmberg (2011). Pre-service teachers’ goals and future-time extension, concerns, and well-being.<br />

Teaching and Teacher Education, 27, 598-608.<br />

Nitsche, S., Dickhäuser, O., Fasching, M. S. & Dresel, M. (2011). Rethinking teachers’ goal orientations: Conceptual<br />

and methodological enhancements. Learning and Instruction, 21, 574-586.<br />

243


Di. 11.09.| Postersession | Poster 57 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Annika Nissen 1 , Christoph Duchhardt 2 , Mareike Kobarg 2 , Timo Ehmke 1<br />

Konzeptionelle Äquivalenz der Kompetenzmessung in Mathematik in der<br />

Primarstufe zwischen NEPS, TIMSS und den Bildungsstandards<br />

1 Leuphana <strong>Universität</strong> Lüneburg, 2 Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und<br />

Mathematik<br />

anissen@leuphana.de<br />

In Deutschland werden diverse nationale und internationale Schulleistungsstudien zur<br />

Überprüfung der Bildungsqualität durchgeführt. Diese lassen sich jedoch beispielsweise<br />

aufgrund verschieden definierter latenter Konstrukte nicht ohne Weiteres miteinander in<br />

Beziehung setzen. Eine Verknüpfung nationaler und internationaler Studien würde eine<br />

Einordnung nationaler Ergebnisse in einen internationalen Referenzmaßstab ermöglichen. Daher<br />

ist das Ziel dieser Studie, die mathematischen Kompetenztests in der Primarstufe von der TIMS-<br />

Studie, den Bildungsstandards und dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) 2011 bezüglich ihrer<br />

Äquivalenz zu untersuchen. Eine Äquivalenzuntersuchung muss sich auf mindestens vier Aspekte<br />

beziehen: Schlussfolgerungen, Merkmale und Umstände der Messung, Zielpopulation und<br />

operationalisierte Konstrukte (Konzeptionelle-, Dimensionale- und Skalenäquivalenz) (Kolen &<br />

Brennan, 2010; van de Vijver, 1998).<br />

Der Fokus der geplanten Präsentation liegt auf einer inhaltlichen Analyse der konzeptionellen<br />

Äquivalenz: Inwieweit sind die drei Studien TIMSS, die Bildungsstandards und NEPS hinsichtlich<br />

ihrer theoretischen Testkonzeption (Framework, Konstrukte, Itemformate und<br />

Kompetenzstufen) miteinander vergleichbar?<br />

Es zeigt sich, dass weitestgehend Übereinstimmungen in den Konstrukten bestehen, jedoch auch<br />

einige Abweichungen im Framework und Itemformat zwischen den drei Studien feststellbar sind.<br />

Aus den Ergebnissen eines Expertenreviews wird darüber hinaus deutlich, dass eine curriculare<br />

Validität des NEPS Mathematiktests gegeben ist und dass sich die Mathematikaufgaben des<br />

NEPS-Tests in den Konzeptionen von TIMSS und den Bildungsstandards verorten lassen.<br />

Bezüglich der konzeptionellen Äquivalenz ist daher festzuhalten, dass die Ergebnisse dieser<br />

Studie als hinreichend für eine Einordnung der Ergebnisse der mathematischen Kompetenztests<br />

des NEPS in einen nationalen und internationalen Referenzmaßstab anzusehen sind. Damit ist<br />

die Grundlage für weitere Äquivalenzanalysen im Hinblick auf die Dimensionen- und<br />

Skalenäquivalenz geschaffen worden.<br />

Kolen, M. J. & Brennan, R. L. (2010). Test equating, scaling, and linking: Methods and practices (2. Aufl.). New York,<br />

N.Y: Springer Science + Business Media, Inc.<br />

van de Vijver, F. J. R. (1998). Towards a Theory of Bias and Equivalence. In J. A. Harkness (Hrsg.), Cross-cultural<br />

survey equivalence. ZUMA-Nachrichten Spezial (Bd. 3, Bd. 3, S. 41–65). Mannheim: Zentrum für Umfragen,<br />

Methoden und Analysen (ZUMA).<br />

244


Di. 11.09.| Postersession | Poster 58 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Nadine Kramer, Stephanie Schuler, Rebecca Kröger, Gerald Wittmann<br />

Erfassung mathematikdidaktischer Überzeugungen und Praktiken von<br />

ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen – Skalenentwicklung als<br />

bottom-up-Prozess<br />

Pädagogische Hochschule Freiburg<br />

nadine.kramer@ph-freiburg.de<br />

Den professionsbezogenen Überzeugungen von ErzieherInnen und Lehrkräften wird eine große<br />

Bedeutung für das berufliche Handeln zugeschrieben (Keller-Schneider, 2011). Es ist davon<br />

auszugehen, dass sie auch die Gestaltung vorschulischer und schulischer mathematischer Bildung<br />

prägen (Ball & Bass, 2003), wobei bedeutende Differenzen zwischen ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen<br />

vermutet werden, was die Anschlussfähigkeit der mathematikdidaktischen<br />

Überzeugungen und Praktiken und damit auch der jeweiligen Bildungsinstitutionen in Frage stellt<br />

(Wannack, 2004).<br />

Inhaltliche Zielsetzung des Verbundprojektes AnschlussM der <strong>Universität</strong> Bremen und der<br />

Pädagogischen Hochschule Freiburg ist die Beschreibung der mathematikdidaktischen Überzeugungen<br />

von ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen und darauf aufbauend die Entwicklung eines<br />

Strukturmodells anschlussfähiger Denk- und Handlungsweisen.<br />

Forschungsmethodisches Ziel ist die Entwicklung eines Instruments zur Erfassung mathematikdidaktischer<br />

Überzeugungen in beiden Berufsgruppen. Da hierzu bislang wenig bekannt ist, wurden<br />

die Skalen nicht nur top down, sondern auch bottom up im Zuge einer umfangreichen Vorstudie<br />

generiert. Die Videoaufzeichnungen sind darüber hinaus Grundlage eines Technology Based<br />

Assessment (TBA), das die Fragebogenstudie ergänzt.<br />

Die umfangreiche Vorstudie umfasste zwei Elemente, um sowohl die Praxis mathematischer Bildung<br />

im Kindergarten bzw. Anfangsunterricht der Grundschule als auch den Diskurs darüber zu erfassen:<br />

(1) In zwölf Fallstudien wurde jeweils ein mathematisches Angebot einer ErzieherIn bzw. LehrerIn<br />

videographiert und daran anknüpfend ein Leitfadeninterview durchgeführt. (2) In zwei<br />

Gruppendiskussionen stellten ExpertInnen beider Zielgruppen ausgewählte Materialien oder<br />

Lernumgebungen vor und beurteilten diese im Hinblick auf ihre Anschlussfähigkeit. Fallstudien und<br />

Gruppendiskussionen wurden inhaltsanalytisch ausgewertet und es wurde ein Kategoriensystem<br />

mathematikdidaktischer Überzeugungen von ErzieherInnen und LehrerInnen entwickelt.<br />

Die Vorstudie lieferte ein breites Spektrum mathematikdidaktischer Überzeugungen und zeigte<br />

darüber hinaus auch Unterschiede in beiden Zielgruppen auf, betreffend sowohl die inhaltliche<br />

Gestaltung als auch die Zielsetzung mathematischer Lernprozesse. Zudem ließen sich unterschiedliche<br />

Erwartungshaltungen an die jeweils andere Institution feststellen.<br />

Ball, D. L. & Bass, H. (2003): Towards a practice based theory of mathematical knowledge for teaching. In: Davis, B.<br />

& Simmt, E. (Eds.): Proceedings of the 2002 Annual Meeting of the Canadian Mathematics Education Study<br />

Group (S. 3-14). Edmonton: CMESG/GCEDM.<br />

Keller-Schneider, M. (2011): Lehrer/in werden – eine Entwicklungsaufgabe. Kompetenzentwicklung in der<br />

Auseinandersetzung mit Wissen und Überzeugungen. In: PADUA 6 (4), S. 6–14.<br />

Wannack, E. (2004): Kindergarten und Grundschule zwischen Annäherung und Abgrenzung. Münster: Waxmann.<br />

245


Di. 11.09.| Postersession | Poster 59 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Magdalena Plöger-Werner, Christoph Mischo, Gerald Wittmann<br />

Epistemologische Überzeugungen von ErzieherInnen in Bezug auf<br />

frühpädagogisches und naturwissenschaftliches Wissen<br />

Pädagogische Hochschule Freiburg<br />

magdalena.ploegerwerner@ph-freiburg.de<br />

Für die Qualität von Kindertageseinrichtungen sind die strukturellen Merkmale einer<br />

Einrichtung, die Interaktionsprozesse und die kognitiven Orientierungen der ErzieherInnen von<br />

Bedeutung (Tietze et al. 1998). Epistemologische Überzeugungen als individuelle Sichtweisen<br />

über die Wahrheit, Sicherheit und die Genese von Wissen gelten als bedeutsam für Lehr-Lern-<br />

Prozesse (Hofer & Pintrich 1997). Die Struktur dieser Überzeugungen bei ErzieherInnen ist<br />

bislang nur in Ansätzen (Brownlee & Berthelsen 2008), der Zusammenhang dieser<br />

Überzeugungen mit dem pädagogischen Handeln der Erzieherinnen noch nicht empirisch<br />

untersucht.<br />

Ziel des Projekts ist die Erfassung der domänenspezifischen (hier: auf Frühpädagogik und<br />

Naturwissenschaft bezogenen) sowie domänenübergreifenden epistemologischen<br />

Überzeugungen von ErzieherInnen und die Untersuchung der Zusammenhänge zum<br />

pädagogischen Handeln. Das forschungsmethodische Vorgehen besteht zunächst aus einer<br />

qualitativen Interviewphase, die der Erkundung der spezifischen Zielgruppe sowie der<br />

Itemgenerierung dient, einer quantitativen Fragebogenstudie mit 200 ErzieherInnen sowie der<br />

teilnehmenden Beobachtung einer Teilstichprobe, die Rückschlüsse auf Zusammenhänge<br />

zwischen der Qualität pädagogischen Handelns in Kindertageseinrichtungen und den Überzeugungen<br />

ermöglicht.<br />

Vorgestellt werden die Ergebnisse der Interviewstudie, die zeigen, dass ErzieherInnen Wissen in<br />

der Domäne Frühpädagogik grundsätzlich als subjektiv und nicht vergleichbar erachten und<br />

überwiegend auf Erfahrungswissen und Intuition zurückgreifen.<br />

Brownlee, J. & Berthelsen, D. (2008). Developing relational epistemology through relational pedagogy: New ways<br />

of thinking about personal epistemology in teacher education. In M. S. Khine (Ed.), Knowing, knowledge and<br />

beliefs. epistemological studies across diverse cultures. 405–422. New York: Springer.<br />

Hofer, B. K. & Pintrich, P. R. (1997). The Development of Epistemological Theories: Beliefs About Know-ledge and<br />

Knowing and Their Relation to Learning. Review of Educational Research, 67 (1), 88–140.<br />

Tietze, W., Meischner, T., Gänsfuß, R., Grenner, K., Schuster, K-M., Völkel, P. & Roßbach, H.-G. (1998). Wie gut sind<br />

unsere Kindergärten? Eine Untersuchung zur pädagogischen Qualität in deutschen Kindergärten. Neuwied:<br />

Luchterhand.<br />

246


Di. 11.09.| Postersession | Poster 60 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Florian Wohlkinger, Regina Müller<br />

Zusammenhang von positiven bzw. negativen Affekten mit Schulleistung in<br />

der Grundschule<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

florian.wohlkinger@edu.lmu.de<br />

Motivationale Faktoren spielen im Zusammenhang mit schulischer Leistung eine bedeutsame<br />

Rolle. Das Fähigkeitsselbstkonzept, die schulische Motivation sowie Selbstwirksamkeitserwartungen<br />

beeinflussen das Lernverhalten eines Schülers und wirken sich so auf den<br />

Schulerfolg aus. Dieser Reihe von positiven Konzepten lassen sich verschiedene negative<br />

Faktoren wie etwa Depressivität, Leistungsangst oder erlernte Hilflosigkeit gegenüberstellen, die<br />

sich ebenfalls auf Lernverhalten und Leistungen auswirken. Auch in entgegengesetzter<br />

Wirkrichtung lassen sich Effekte nachweisen: vorangegangene (Miss-)Erfolge beeinflussen die<br />

Erwartungen bezüglich zukünftiger Leistungen und wirken dadurch auf die Ausprägungen der<br />

motivationalen Faktoren ein. Insgesamt resultiert daraus ein relativ komplexes Geflecht aus<br />

Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den einzelnen Größen.<br />

Mit dem geplanten Poster-Beitrag soll untersucht werden, inwieweit sich bereits bei<br />

Grundschülern Beziehungen zwischen verschiedenen motivationalen Faktoren auf der einen<br />

Seite und schulischer Leistung auf der anderen nachweisen lassen. Im Rahmen der KOALA-S<br />

Studie (Kompetenzaufbau und Laufbahnen im Schulsystem; Ditton und Kollegen, 2003 - 2006)<br />

wurde eine Reihe von positiven motivationalen Einflussgrößen wie auch negativen Affekten im<br />

Längsschnitt über die Jahrgangsstufen 2 bis 4 erfasst. Hieraus ergeben sich Möglichkeiten zur<br />

Analyse der dargestellten Beziehungen mittels Strukturgleichungsmodellen, deren Ergebnisse<br />

auf dem Poster dargestellt und diskutiert werden.<br />

Stiensmeier-Pelster, J. & Schlangen (Spinath), B. (1996). Erlernte Hilflosigkeit und Leistung. In J. Möller & O. Köller<br />

(Hrsg.), Emotionen, Kognitionen und Schulleistung (S. 69-85). Weinheim: Beltz-Verlag.<br />

247


Di. 11.09.| Postersession | Poster 61 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Eva Witting, Andreas Gegenfurtner, Eva-Maria Lankes<br />

Der Einfluss elterlichen Unterstützungsverhaltens auf die<br />

naturwissenschaftliche Kompetenz im Elementarbereich - Klärung<br />

geschlechtsspezifischer Kompetenzunterschiede<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

eva.witting@googlemail.com<br />

Der Leistungsunterschied zwischen Jungen und Mädchen im Bereich der Naturwissenschaften<br />

nimmt mit längerem Verbleib im Bildungssystem zu (Bonsen et al. 2008). Da die Familie ein<br />

wichtiger Einflussfaktor auf die kindliche Entwicklung ist (Bos et al. 2003), soll in diesem Beitrag<br />

die Wirkung des elterlichen Unterstützungsverhaltens auf die naturwissenschaftliche Kompetenz<br />

von Jungen und Mädchen analysiert werden.<br />

Folgende Fragestellungen wurden untersucht:<br />

- Zeigen sich bereits im Elementarbereich geschlechtsspezifische Leistungsunterschiede?<br />

- Unterscheidet sich das elterliche Unterstützungsverhalten je nach Geschlecht des Kindes?<br />

- Beeinflussen Unterschiede im Unterstützungsverhalten den geschlechtsspezifischen<br />

Kompetenz-unterschied?<br />

Die Hypothesen wurden anhand von Daten der Studie SNaKE (Steffensky et al. 2012) überprüft.<br />

Unter Kontrolle von Intelligenz und sozialer Herkunft zeigen sich bei Kindern dieses Alters nur<br />

sehr geringe Kompetenzunterschiede. Im Unterstützungsverhalten der Eltern stellte sich heraus,<br />

dass sich Eltern tendenziell häufiger mit Jungen als mit Mädchen naturwissenschaftlich<br />

betätigen. Dieser Unterschied nimmt mit höherem sozialen Status ab.<br />

Bonsen, M.; Lintorf, K. & Bos, W. (2008). TIMSS 2007 – Kompetenzen von Jungen und Mädchen. In W. Bos, M.<br />

Bonsen, J. Baumert, M. Prenzel, C. Selter, G. Walther (Hrsg.), Mathematische und naturwissenschaftliche<br />

Kompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland im internationalen Vergleich (S. 125-149). Münster:<br />

Waxmann.<br />

Bos, W.; Lankes, E.; Prenzel, M.; Schwippert, K.; Walther, G. & Valtin, R. (2003). Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen<br />

am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann.<br />

Steffensky, M.; Lankes, E.M.; Carstensen, C.H. & Nölke, C. (2012). Alltagssituationen und Experimente – Was sind<br />

geeignete naturwissenschaftliche Lerngelegenheiten für Kindergartenkinder? Zeitschrift für Erziehungswissenschaften,<br />

15 (1), 37-54.<br />

248


Di. 11.09.| Postersession | Poster 62 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Verena Kathmann 1 , Gisela Kammermeyer 1 , Susanna Roux 2<br />

Anschlussfähige Förderung von Mathematik und Schriftspracherwerb in<br />

Kindertagesstätten mit dem Pyramide-Ansatz<br />

1 <strong>Universität</strong> Koblenz-Landau, 2 Pädagogische Hochschule Weingarten<br />

kathmann@uni-landau.de<br />

In der von BMBF, ESF und EU geförderten quasi-experimentellen Studie „Anschlussfähige<br />

Förderung von Mathematik und Schriftspracherwerb mit dem Pyramide-Ansatz“ wird die<br />

bereichsspezifische Förderung schriftsprachlicher und mathematischer Kompetenzen in<br />

Kindertagesstätten untersucht. Beim Pyramide-Ansatz (van Kuyk 2003 ) handelt es sich um eine<br />

Förderung, die in einen ganzheitlichen Ansatz integriert ist. Diese wird im Vergleich zu einer<br />

bereichsunspezifischen Förderung sowie einer alltagsintegriert bereichsspezifischen Förderung<br />

in offenen Lernphasen (KIDZ-Ansatz) und einer systematischen bereichsspezifischen Förderung<br />

in gelenkten Lernphasen (Buchstabenland/Zahlenland) untersucht. Die beiden letztgenannten<br />

Treatments gehören zum Projekt FaBI („Förderung anschlussfähiger Bildungsprozesse“) des DFG-<br />

Graduiertenkollegs „Unterrichtsprozesse“ der <strong>Universität</strong> Koblenz-Landau, mit welchem die<br />

Pyramide-Studie konzep-tionell eng verknüpft ist.<br />

Für die Erhebung der Leistung im Bereich Mathematik und Schriftsprache wurden 95 Kinder zu<br />

Beginn und am Ende des letzten Kindergartenjahres mit dem Instrument wortgewandt &<br />

zahlenstark (Moser & Berweger 2007) befragt. Ebenso wurde bereichsspezifisch die Lernfreude<br />

und das Selbstkonzept erhoben. Zur Erfassung der Prozessqualität wurden zwölf vorschulische<br />

Fördersituationen videographiert, welche mit dem Classroom Assessment Scoring System<br />

(CLASS) von Pianta, La Paro und Hamre (2007) analysiert werden. Die Qualität der<br />

teilnehmenden Kindertageseinrichtungen wurde mit der Kindergarten-Einschätzsskala (KES-R)<br />

von Tietze, Schuster, Grenner und Roßbach (2007) erhoben. Diese Daten werden mit den Daten<br />

der FaBi-Studie verglichen, an der 307 Kinder und 102 Erzieherinnen teilgenommen haben.<br />

Kuyk, J. van (2003). Pyramide. Die Methode für junge Kinder. Arnheim: Cito.<br />

Moser, U. & Berweger, S. (2007): wortgewandt & zahlenstark. Lern- und Entwicklungsstand<br />

bei 4- bis 6-jährigen. Rapperswil, St.Gallen, Zürich: Interkantonale Lehrmittelzentrale.<br />

Pianta, R. C., La Paro, K. M. & Hamre, B. K. (2007). Classroom Assessment Scoring System.<br />

Manual Pre-K. Baltimore: Brookes.<br />

Tietze,W. ,Schuster, K.-M., Genner, K. & Roßbach, H.-G. (2007). Kindergarten-Einschätzskala<br />

(KES-R) revidierte Fassung. Feststellung und Unterstützung pädagogischer Qualität im<br />

Kindergarten. 3.Auflage. Berlin: Cornelsen Scriptor.<br />

Kuyk, J. van (2003). Pyramide. Die Methode für junge Kinder. Arnheim: Cito.<br />

249


Di. 11.09.| Postersession | Poster 63 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Lena Sophie Kaiser, Bianca Bloch<br />

OpThis: Optimierung des Theorie-Praxis-Verhältnisses in den<br />

hochschulischen BA-Studiengängen für KindheitspädagogInnen<br />

Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen<br />

Lena.S.Kaiser@erziehung.uni-giessen.de<br />

Seit dem Bologna-Prozess bieten die frühpädagogischen BA-Studiengänge einen neuen möglichen<br />

Ausbildungsweg im Bereich der Frühpädagogik. Bei dieser ersten Berufsqualifizierung spielt eine<br />

angemessene Ausgestaltung des Theorie-Praxis-Verhältnisses (TPV) eine zentrale Rolle. Der<br />

geforderte Anspruch nach mehr Praxiseinbindung beinhaltet eine Praxisorientierung der<br />

Seminarinhalte, deren tätigkeitsorientierte Umsetzung und Ausdifferenzierung, ein Umdenken in<br />

Bezug auf die hochschuldidaktischen Grundlagen und die Optimierung des Transferprozesses.<br />

Die zentrale Fragestellung des Projektes ist, wie eine Optimierung des TPV in den hochschulischen<br />

Studiengängen für KindheitspädagogInnen realisiert werden kann, um so dem Anspruch eines<br />

berufsqualifizierenden Abschlusses und der damit verbundenen Forderung einer Professionalisierung<br />

dieses Handlungsfeldes gerecht zu werden. Ziel ist es, ein aktuelles Bild des TPV innerhalb der<br />

elementarpädagogischen Studiengänge in Deutschland darzustellen (Theorie-Praxis-Profil für jeden<br />

Studiengang). Außerdem sollen über Best-Practice-Modelle spezifische Lösungsstrategien zur<br />

Realisierung der Theorie-Praxis-Verknüpfung aufgezeigt werden. Dabei ist das Projekt durch 3<br />

wesentliche Diskurse begründet:<br />

1. Bologna-Prozess: Mittlerweile gibt es ca. 70 frühpädagogische Bachelor-Studiengänge, die einen<br />

berufsqualifizierenden Anspruch haben. Dies stellt die Hochschulen vor neue Herausforderungen in<br />

Bezug auf die Theorie-Praxis-Verknüpfung.<br />

2. Professionalisierungsdiskurs: Welche Kompetenz- und Wissensbereiche für die Ausbildung eines<br />

professionellen Habitus relevant sind, ergibt sich aus den aktuellen Professionalisierungs- und<br />

Akademisierungsdiskussionen. Solche Tendenzen sind in den Erziehungswissenschaften nicht neu,<br />

sondern haben bereits in der Lehrerausbildung Tradition.<br />

3. Qualifikationsrahmen: Mit der Entwicklung von Qualifikationsrahmen [EQR; DQR; KMK; HMK; PIK]<br />

wurde die frühpädagogische Ausbildungsebene systematisiert und ein neues Anforderungsprofil an<br />

die Hochschulen gestellt, speziell in Hinblick auf die Kompetenzdimensionen und Bildungsbereiche.<br />

Hinsichtlich der Praxisanteile im Studium wird eine empirische Erhebung durchgeführt, die das TPV<br />

auf 5 unterschiedlichen Ebenen untersucht: 1)Studiengangsverlauf, 2)Modulgestaltung, 3)Seminargestaltung,<br />

4)hochschulische Praxislernorte, 5)Netzwerkaktivitäten.<br />

Den methodischen Zugriff zum Feld liefern 3 Forschungsinstrumente:<br />

1.Dokumentenanalyse<br />

2.Telefoninterviews<br />

3.Fokusgruppen mit Studierenden.<br />

Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) (2008): Kerncurriculum Erziehungswissenschaft.<br />

Empfehlung der DGfE 19. Jahrgang (Sonderband), S. 57–96, zuletzt geprüft am 24.11.2011.<br />

Keil, Johannes; Pasternack, Peer (2011): Frühpädagogisch kompetent. Kompetenzorientierung in Qualifikationsrahmen<br />

und Ausbildungsprogramm der Frühpädagogik. HoF-Arbeitsberichte. Martin- Luther-<strong>Universität</strong> Halle-<br />

Wittenberg, Halle-Wittenberg. Online verfügbar unter http://www.hof.uni- halle.de/dateien/ab_2_2011.pdf,<br />

zuletzt geprüft am 24.11.2011.<br />

250


Di. 11.09.| Postersession | Poster 64 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Jürgen Schneider 1 , Marc Kleinknecht 2 , Thorsten Bohl 1<br />

Fallbasiertes Lernen mit Unterrichtsvideos in der Lehrerbildung<br />

1 Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen, 2 Technische <strong>Universität</strong> München<br />

juergen.schneider@ife.uni-tuebingen.de<br />

Der professionelle Umgang mit Komplexität und der Transfer von wissenschaftlicher Theorie in<br />

die Unterrichtspraxis sind häufig beobachtete Herausforderungen des Lehrerberufes (Herzog,<br />

2002; Stokking et al., 2003). Fallbasiertes Lernen stellt eine Möglichkeit dar, diesen<br />

Herausforderungen zu begegnen. Aktuelle Konzepte in der Lehrerbildung fokussieren vor allem<br />

die unterrichtliche Analysekompetenz als Facette der Reflexionskompetenz (u.a. Goldman,<br />

2007). Bislang überwiegen Evaluations- und Fallstudien, es fehlen aber systematische Vergleiche<br />

gezielt variierter Lernsettings. Unsere Studie untersucht, wie unterschiedliche Lehr-Lernmodelle<br />

(problemorientiert vs. konzeptuelles Lernen) und Medien (Textfälle vs. Videofälle) die<br />

Analysekompetenz von Lehramtsstudierenden fördern.<br />

Die Hauptstudie sieht ein 2x2 Design vor, bei dem 400 Lehramtsstudierende im Rahmen einer<br />

einheitlich organisierten Pflichtveranstaltung zum Thema Klassenmanagement unterschiedlichen<br />

fallbasierten Arrangements zugeordnet werden (geclustert in 20 Seminare). Dabei wird zum<br />

einen das Medium zur Darstellung des Falles (Textfälle vs. Videofälle), zum anderen das Lehr-<br />

Lernmodell des fallbasierten Arrangements (problemorientiertes vs. konzeptuelles Lernen)<br />

zwischen den einzelnen Seminaren variiert. In einem webbasierten Pre-Post-Test, wird die<br />

Veränderung der Analysekompetenz erhoben.<br />

Der webbasierte Test wird derzeit in einer Pilotstudie entwickelt und validiert. Hierbei sollen die<br />

Studierenden kurze Unterrichtssequenzen schriftlich analysieren. Zur Erstellung des<br />

Instrumentes wurde zunächst eine - in Bezug auf Klassenmanagement reichhaltige -<br />

Unterrichtsstunde ausgewählt, in Sequenzen eingeteilt und gekürzt. Um einen Erinnerungseffekt<br />

zwischen den beiden Erhebungszeitpunkten zu minimieren, wurden unterschiedliche, aber<br />

gematchte Sequenzen ausgewählt und dem Pre- oder Posttest zugeteilt. Die Zuteilung erfolgte in<br />

einem ersten Schritt aufgrund eines Expertenratings, bei dem die Vergleichbarkeit der Szenen<br />

auf mehreren Dimensionen beurteilt wurde. In einem zweiten Schritt analysierten<br />

Lehramtsstudierende die Sequenzen und stuften ebenfalls deren Vergleichbarkeit ein.<br />

Präsentiert werden das Design der Hauptstudie und das Verfahren sowie Ergebnisse der<br />

Testentwicklung und Validierung. Dabei steht die Diskussion der externen und internen Validität<br />

des Testinstruments im Mittelpunkt.<br />

Goldman, R. (Ed.). (2007). Video research in the learning sciences. Mahwah, NJ: Lawrence Erlbaum Associates.<br />

Herzog, W. (2002). Zeitgemässe Erziehung. Die Konstruktion pädagogischer Wirklichkeit. Weilerswist: Velbrück<br />

Wissenschaft.<br />

Stokking, K., Leenders, F., Jong, J. de, & van Tartwijk, J. (2003). From student to teacher: reducing practice shock<br />

and early dropout in the teaching profession. European Journal of Teacher Education, 26(3), 329–350.<br />

251


Di. 11.09.| Postersession | Poster 65 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Julia Steinfeld<br />

Lernprozessbegleitung – Eine Einzelfallanalyse mit Blick auf Prozess- und<br />

Schülerorientierung<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

julia.steinfeld@uni-due.de<br />

Bedingungen und Prozesse der Lernbegleitung zählen zu einem der Schlüsselbereiche der Didaktik<br />

(Reusser 2008). Auf der Basis des Modells von Bolhuis (2003) „process-oriented teaching“<br />

nimmt Lernbegleitung eine adaptive, aktivierende und steuernde Komponente im Kontext des<br />

Unterrichts ein (Seidel 2011). Die Bedeutsamkeit von Begleit- und Unterstützungsmaßnahmen<br />

hat empirische Evidenz und orientiert sich an den allgemeinen Unterrichtsqualitätskriterien.<br />

Bisherige Ergebnisse zu lernbegleitendem Lehrerhandeln zeigen, dass das Potential von Lernbegleitung<br />

verbesserungsbedürftig ist, da wichtige Kriterien, wie z.B. Reflexivität, kaum Beachtung<br />

finden (Kobarg & Seidel 2007, Bräu 2006, Lotz et al. 2011). Unterbeleuchtet ist in diesem Zusammenhang<br />

die Erfassung der Lernprozessbegleitung mit Blick auf die Prozess- und Schülerorientierung.<br />

Ziel der geplanten Untersuchung ist die Rekonstruktion der Lernprozessbegleitung<br />

am Fallbeispiel und die Identifikation ihrer Ge- und Misslingensbedingungen mit dem Fokus auf<br />

kurz- und mittelfristige Lernprozesse. Dem Forschungsvorhaben liegt methodische Multiperspektivität<br />

zu Grunde. Ausgangslage bilden dabei Videographiedaten der prozessual erfassten<br />

Lehrer -Schüler -Interaktionen über mehrere Wochenblöcke und werden für das Herausarbeiten<br />

der Verlaufsstrukturen und der Funktionen der Interaktionsmuster herangezogen. Interviewdaten<br />

der SchülerInnen, sollen die Perspektive der SchülerInnen auf ihren Lernprozess beleuchten.<br />

Interviewdaten der Lehrperson, erweitert durch die Konfrontation mit Videosequenzen,<br />

haben zum Ziel, Aktivitäten zu erklären und Vorstellungen über Lernprozesse zu eruieren.<br />

Die Ergebnisse des Vorhabens könnten gerade vor dem Hintergrund einer in der Lehrerbildung<br />

wenig kompetenzorientierten Ausbildung von Lernprozessbegleitung relevant sein.<br />

Reusser, K. (2008). Empirisch fundierte Didaktik – didaktisch fundierte Unterrichtsforschung. Eine Perspektive zur<br />

Neuorientierung der Allgemeinen Didaktik. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 10 (9), 219-237.<br />

Seidel, T. (2011). Lehrerhandeln im Unterricht. In E. Terhart, H. Bennewitz, M. Rothland (Hrsg.) Handbuch der<br />

Forschung zum Lehrerberuf (S. 605-629). Münster: Waxmann.<br />

Kobarg, M. & Seidel, T. (2007). Prozessorientierte Lernbegleitung. Videoanalysen im Physikunterricht der Sekundarstufe<br />

I. Unterrichtswissenschaft, 35 (2), 148-168.<br />

Bräu, K. (2006). Gesprächsanalytische Untersuchung der Lehrer-Schüler-Kommunikation bei der Betreuung individualisierten<br />

Lernens. In S. Rahm, I. Mammes & M. Schratz (Hrsg.) Schulpädagogische Forschung. Unterrichtsforschung.<br />

Perspektiven innovativer Ansätze (S. 15-26). Innsbruck u.a.: StudienVerlag.<br />

252


Di. 11.09.| Postersession | Poster 66 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Eva Prinz, Thorsten Bohl, Sebastian Kuntze, Marc Kleinknecht<br />

Analyse und Wirkung der prozessorientierten Lernbegleitung - Eine Video-<br />

und Fragebogenstudie im Matematikunterricht<br />

Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen<br />

eva.prinz@ife.uni-tuebingen.de<br />

Die prozessorientierte Lernbegleitung durch Lehrkräfte soll im vorliegenden Projekt sowohl in<br />

Schülerarbeitsphasen als auch in Phasen des Klassenunterrichts untersucht werden. Hierbei werden<br />

im Rahmen eines querschnittlichen Designs insgesamt 60 Unterrichtsstunden im Fach Mathematik<br />

(Haupt- und Realschulen in Baden-Württemberg) mittels Videographie, Schülerbefragung und<br />

Befragung der Lehrkräfte analysiert. Im Mittelpunkt steht die Frage wie Lehrende Lernprozesse von<br />

Lernenden aus Perspektive der Schüler und Schülerinnen optimal begleiten, unterstützen und<br />

anregen. Die Studie zielt auf die zentrale Frage nach der Ausgestaltung und Effektivität einer<br />

prozessorientierten Lernbegleitung als Gesamtkonstrukt. Mit einem mehrperspektivischen<br />

Untersuchungsdesign wird das Unterrichtsangebot mittels Beobachtung (Videoanalyse) analysiert und<br />

die Nutzung des Angebots anhand einer Schülerbefragung untersucht. Durch den Einbezug der<br />

Schülerdaten kann überprüft werden, wie die beobachteten Verhaltensweisen der Lehrkraft von den<br />

Schülern wahrgenommen werden. Aus der Beobachter- und Schülerperspektive liegen somit<br />

Aussagen zur Qualität einzelner Lernbegleitungs-maßnahmen vor.<br />

Bisherige Videostudien konzentrierten sich auf die Analyse des Angebots der Lehrkraft in der<br />

Lernbegleitung (Kobarg 2009) und die Schülerarbeitsphasen im Unterricht (Krammer 2009). Ein<br />

Forschungsdesiderat besteht in der Wahrnehmung der Lernbegleitung aus Schülersicht und der Frage<br />

nach der Adaptivität der Unterstützung.<br />

Aus den Zielstellungen, bisherigen Forschungs-ergebnissen und dem Forschungsdesiderat ergeben<br />

sich folgende zentrale Fragestellungen:<br />

1. Welcher Zusammenhang besteht zwischen den beobachteten Merkmalen der Lernbegleitung und<br />

der wahrgenommenen Qualität der Lernbegleitung aus Schülersicht?<br />

2. Welche Unterschiede der Ausgestaltung der Lernbegleitung lassen sich bei einem<br />

schülerorientierten Vorgehen gegenüber einem lehrerzentrierten Vorgehen im Unterricht feststellen?<br />

Die erwarteten Hinweise können Lehrkräften bei der Planung, Durchführung und Reflexion von<br />

Unterricht helfen. Das vorliegende Projekt folgt damit den Leitlinien einer Kombination von<br />

Wissenschaftlichkeit und Praxisnähe, der Evidenz-basierung sowie der Interdisziplinarität.<br />

Kobarg, M. (2009): Unterstützung unterrichtlicher Lernprozesse aus zwei Perspektiven. Münster: Waxmann.<br />

Krammer, K. (2009): Individuelle Unterstützung in Schülerarbeitsphasen. Münster: Waxmann.<br />

253


Di. 11.09.| Postersession | Poster 67 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Tobias Linberg<br />

Vermitteln Merkmale vorschulischer häuslicher Lernumwelten soziale<br />

Ungleichheiten im Sprachentwicklungsstand?<br />

Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg<br />

tobias.linberg@uni-bamberg.de<br />

Die Familie ist die erste und wohl wichtigste Lernumwelt für Kinder im vorschulischen Alter. Die<br />

Qualität der erlebten Lernumwelt wird weithin als starker Prädiktor für den Lern- und<br />

Leistungsstand, insbesondere im Bereich sprachlicher Fähigkeiten, anerkannt. Sprachliche<br />

Fähigkeiten nehmen zudem eine Schlüsselrolle im Bildungsprozess ein: allgemein und in Hinsicht<br />

auf soziale Bildungsungleichheiten.<br />

Der Vorliegende Beitrag fokussiert Merkmale vorschulischer häuslicher Lernumwelten und deren<br />

Beziehung zu sprachlichen und literalen Fähigkeiten, unter Berücksichtigung individueller<br />

Voraussetzungen und des sozio-ökonomischen Hintergunds.<br />

Vor dem Hintergrund ökologischer Entwicklungstheorien wird angenommen, dass sowohl<br />

individuelle Merkmale und Voraussetzungen, als auch Prozess-, Orientierungs- und<br />

Strukturmerkmale häuslicher Lernumwelten, den Sprachentwicklungsstand beeinflussen.<br />

Weiterhin wird angenommen, dass sich eineseits die Stärke der Beziehungen entlang des<br />

sozialen Hintergrunds unterscheiden und andererseits Merkmale häuslicher Lernumwelten den<br />

Effekt des sozialen Hintergrunds (teilweise) vermitteln.<br />

Zunächst wir die Konzeption der häuslichen Lernumwelt vorgestellt und ein Inferenzmodell<br />

abgeleitet. Basierend auf dem umfangreichen Datensatz der ECLS-K Studie werden die<br />

Annahmen im Rahmen von Strukturgleichungsmodellen überprüft und die Ergebnisse<br />

präsentiert.<br />

Der Beitrag lässt sich damit in der (quantitativ-empirischen) frühkindlichen Bildugsforschung<br />

verorten und soll zur Erweiterung der Diskussion über frühe soziale Bildungsungleichheiten<br />

beitragen.<br />

Hart, B. & Risley, T. R. (1995). Meaningful Differences in the Everyday Experience of Young American Children.<br />

Baltimore: Paul H. Brookes Publishing Co.<br />

Holler, D (2007). Bedeutung sprachlicher Fähigkeiten für Bildungserfolge. In K. Jampert, P. Best, A. Guadatiello, D.<br />

Holler & Zehnbauer, A. (Hrsg.): Schlüsselkompetenz Sprache: Sprachliche Bildung und Förderung im<br />

Kindergarten. Konzepte, Projekte und Maßnahmen (S. 24-28). Weimar, Berlin: Verlag das Netz.<br />

254


Di. 11.09.| Postersession | Poster 68 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Anke Schmitz 1 , Hanna Kröger-Bidlo 2<br />

Textkohäsion als Bedingung des Leseverständnisses bei der Verarbeitung<br />

expositorischer Texte<br />

1 Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal, 2 Ruhr-<strong>Universität</strong> Bochum<br />

anke.schmitz@uni-wuppertal.de<br />

Texte stellen nach wie vor ein wichtiges Element des Unterrichts dar – z.B. in Form von<br />

Schulbüchern, und damit stellt sich die Frage nach der verständnisfördernden Gestaltung von<br />

Texten. Kognitionspsychologische Untersuchungen konnten bereits förderliche Effekte z.B.<br />

anhand von Advance Organizers oder lernförderlichen Text-Bild-Kombinationen nachweisen. Auf<br />

textstruktureller Ebene konnte eine verständnisfördernde Wirkung durch lokale Kohäsionsmittel<br />

mehrfach belegt werden (vgl. Schnotz 1994; Hess, Foss & Carroll 1995). Die Forschungslage zu<br />

globalen Textmerkmalen hingegen ist dagegen uneinheitlich (vgl. Christmann & Groeben 1996;<br />

Schnotz 1994), obwohl Merkmalen der globalen Kohärenzförderung eine hohe Bedeutung für<br />

den Verstehensprozess beigemessen wird.<br />

In der Posterpräsentation werden Ergebnisse von Quasi-Experimenten vorgestellt, die im<br />

Rahmen eines DFG-Projektes durchgeführt werden. Die Fragestellung der präsentierten Studien<br />

lautet: Welche Textmerkmale globaler und lokaler Kohäsion erweisen sich beim expositorischen<br />

Textverstehen als förderlich? Analysiert wird das konkrete Leseverständnisses unter Kontrolle<br />

spezifischer Personenmerkmale (z.B. Vorwissen, Leseflüssigkeit), Kontextvariablen (z.B.<br />

Sprachhintergrund, sozioökonomischer Status), allgemeiner Fähigkeitsvariablen (z.B.<br />

Konzentrationsfähigkeit) sowie der Textschwierigkeit. In der Studie bearbeiten ca. 200 Schüler/innen<br />

der 9. Klasse expositorische Texte; variiert werden die lokale und globale Kohäsion (vgl.<br />

McNamara 2001). Die abhängigen Variablen sind Subskalen eines Leseverständnistests (lokales<br />

Informationen Ermitteln, globales textbezogenes Interpretieren, globales Reflektieren und<br />

Bewerten), denen spezifische Lesestrategien zugeordnet wurden und die mit Multiple-Choice-<br />

Fragen erfasst werden.<br />

Christmann, U. & Groeben, N. (1996). Textverstehen, Textverständlichkeit. Ein Forschungsüberblick unter<br />

Anwendungsperspektive. In: Krings, H. P. (Hrsg.), Wissenschaftliche Grundlagen der technischen<br />

Kommunikation. Tübingen: Narr, 129-189.<br />

Hess, D. J.; Foss, D. & Carroll, P. (1995). Effects of global and local context on lexical processing during language<br />

comprehension. In: Journal of Educational Psychology, 124, 62-82.<br />

McNamara, D. D. (2001): Reading both in high-coherence and low-coherence texts. Effects of text sequence and<br />

prior knowledge. In: Canadian Journal of Experimental Psychology, 55, 51-62.<br />

Schnotz, W. (1994). Aufbau von Wissensstrukturen. Untersuchungen zur Kohärenzbildung beim Wissenserwerb<br />

mit Texten. Weinheim: Beltz Psychologie-Verl.-Union (Fortschritte der psychologischen Forschung, 20).<br />

255


Di. 11.09.| Postersession | Poster 69 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Julian Kempf, Josef Künsting, Iris Daniek<br />

Wirksamkeit metakognitiver Lernhilfen bei selbstreguliertem Lernen durch<br />

Experimentieren<br />

<strong>Universität</strong> Kassel<br />

j.kempf@uni-kassel.de<br />

Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen acht (N = 115) und neun (N = 129) erwarben in<br />

einem virtuellen Physiklabor Wissen zum Inhaltsbereich „Auftrieb in Flüssigkeiten“. Die<br />

vorliegende Studie untersucht, inwiefern bisher aufgezeigte Effekte anderer Studien zu<br />

metakognitiven Lernhilfen (z. B. Bannert, 2003) auf experimentierendes Lernen gemäß dem<br />

Scientific Discovery as Dual Search-Modell (Klahr & Dunbar, 1988) übertragbar sind.<br />

Es wurde analysiert, ob selbstreguliertes Lernen durch Experimentieren durch eine einführende<br />

Modellierung metakognitiver Lernhilfen (vgl. Bannert, 2003) und zusätzlich vorgegebene<br />

Lernziele (vgl. Künsting, Wirth & Paas, 2011) sowohl in der achten als auch in der neunten<br />

Jahrgangsstufe bedeutsam gefördert werden kann.<br />

Der Lernerfolg wurde direkt und drei Wochen nach der Lernphase unter Kontrolle des<br />

Vorwissens, der Intelligenz und der Motivation untersucht. Die Probanden wurden den Faktoren<br />

metakognitive Lernhilfen (mit vs. ohne) und Zielspezifität (spezifische vs. unspezifische Lernziele)<br />

im Rahmen eines experimentellen 2x2-Designs randomisiert zugewiesen, so dass insgesamt vier<br />

Experimentalgruppen entstanden.<br />

Im Ergebnis zeigt sich der Faktor metakognitive Lernhilfen für die Schülerinnen und Schüler der<br />

neunten Jahrgangsstufe als statistisch und praktisch bedeutsam lernförderlich. Die Teilnehmer<br />

der achten Jahrgangsstufe konnten hingegen, trotz ihres signifikanten Wissenszuwachses,<br />

insgesamt nicht von den metakognitiven Lernhilfen profitieren.<br />

Bannert, M. (2003). Effekte metakognitiver Lernhilfen auf den Wissenserwerb in vernetzten Lernumgebungen.<br />

Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 17, 13-25.<br />

Klahr, D. & Dunbar, K. (1988). Dual space search during scientific reasoning. Cognitive Science, 12(1), 1-48.<br />

Künsting, J., Wirth, J. & Paas, F. (2011). The goal specificity effect on strategy use and instructional efficiency during<br />

computer-based scientific discovery learning. Computers & Education, 56, 668-679.<br />

256


Di. 11.09.| Postersession | Poster 70 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Annika Sulzer<br />

Forschendes Lernen unter der Lupe!<br />

Carl von Ossietzky <strong>Universität</strong> Oldenburg<br />

annika.sulzer@uni-oldenburg.de<br />

Forschendes Lernen gilt in der Lehramtsausbildung als hilfreicher Ansatz zur Professionalisierung<br />

(Huber 2011; Roters et al. 2009; Bolland 2011). Charakteristisch sind offen gestaltete<br />

Lernsettings, in denen die Studierenden unter Begleitung von erfahrenen Dozent_innen<br />

eigenverantwortlich empirischen Forschungsfragen im Austausch mit anderen Studierenden<br />

nachgehen.<br />

Das Poster stellt ein Projekt vor, das die Lehr-Lern-Prozesse für forschendes Lernen in<br />

Seminarveranstaltungen fünf Semester lang ‚unter die Lupe’ nimmt. Es soll geprüft werden,<br />

inwiefern diese Lernsettings geeignet sind, die hochschuldidaktischen Erwartungen an<br />

forschendes Lernen zu erfüllen.<br />

Die Seminarveranstaltungen finden im Mastermodul „Schul- und Unterrichtforschung und ihre<br />

Methoden“ statt. Das Forschungsfeld sind Grundschulen. Der thematische Fokus liegt auf<br />

Inklusion. Die Studierenden bearbeiten ausgewählte Fragestellungen, entwerfen qualitative<br />

Forschungsdesigns, führen Erhebungen durch und werten diese aus. Von Interesse ist es, hier<br />

die von Ihnen gemachten Lernerfahrungen im Forschenden Lernen in Beziehung zu setzen mit<br />

dem hochschuldidaktisch organisierten Lehr-Lernsettings (Was brauchen die Studierenden dazu?<br />

Wo sind Stolpersteine?). Das Projekt ist als Prozessforschung angelegt und fokussiert folgende<br />

Fragen:<br />

•Welche Qualität haben o.g. Lernsettings für Prozesse des forschenden Lernens?<br />

•Welche Ansprüche werden an Lehrende gestellt?<br />

•Welche Sichtweisen entwickeln Lehramtsstudierende auf forschendes Lernen für die<br />

Ausbildung ihrer Professionalität?<br />

Mittels qualitativer Rückmeldeverfahren werden die Fragen bearbeitet und sukzessive über den<br />

Verlauf von fünf Semestern ausgewertet.<br />

In der Posterpräsentation werden die konzeptionellen Grundannahmen, der Aufbau der<br />

hochschuldidaktischen Lehr-Lernprozesse vorgestellt. Ein Schwerpunkt liegt auf der Präsentation<br />

Ergebnisse aus der Zwischenauswertung der ersten beiden Seminardurchläufe.<br />

Die Leitung des Projekts liegt bei Prof. Dr. Anke Spies, die Verantwortung für die konzeptionelle<br />

Umsetzung bei Dipl. Päd. Annika Sulzer.<br />

Huber, Ludwig/ Hellmer, Julia/ Schneider, Friederike (2009): Forschendes Lernen im Studium. Aktuelle Konzepte<br />

und Erfahrungen. UVW Verlag<br />

Obolenski, Alexandra/Meyer, Hilbert (Hrsg.) (2003): Forschendes Lernen. Theorie und Praxis einer professionellen<br />

LehrerInnenausbildung. Klinkhardt Verlag<br />

Roter, Bianca/Schneider, Ralf et al. (2009): Forschendes Lernen im Lehramtsstudium. Hochschuldidaktik.<br />

Professionalisierung. Kompetenzentwicklung. Klinkhardt Verlag<br />

257


Di. 11.09.| Postersession | Poster 71 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Nicole Wittel<br />

Die Interaktion von Kompetenzen in der Zielsprache Englisch und der<br />

Leistungsentwicklung im bilingualen NWA-Unterricht unter besonderer<br />

Berücksichtigung geschlechterspezifischer Unterschiede.<br />

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />

wittel@ph-ludwigsburg.de<br />

Das Poster stellt ein empirisch quantitativ angelegtes Promotionsvorhaben vor, bei dem es sich<br />

um ein Teilprojekt des kooperativen Promotionskollegs „Effektive Lehr-/ Lernarrangements“<br />

zwischen der PH Ludwigsburg und der <strong>Universität</strong> Tübingen handelt.<br />

Es wird der Frage nachgegangen, ob SchülerInnen im bilingualen NWA-Unterricht mehr und<br />

tiefgründiger lernen als im deutschsprachigen Unterricht.<br />

Außerdem soll ergründet werden, ob und wenn ja inwiefern Kompetenzen in der Zielsprache<br />

Englisch und die Leistungsentwicklung im bilingualen NWA-Unterricht interagieren. Finden sich z<br />

B. positive Synergien nur bei SchülerInnen mit hoher Englischkompetenz?<br />

Besondere Berücksichtigung finden geschlechterspezifische Unterschiede. Die Ergebnisse einer<br />

vorangegangenen explorativ qualitativen Fallstudie lassen vermuten, dass Mädchen über die<br />

Fremdsprache an die Naturwissenschaften herangeführt werden, bei Jungen aber die Motivation<br />

eher abnimmt.<br />

Das zentrale Element der Studie stellt ein experimentelles Design dar, in dem eine Stichprobe<br />

von 15 mono- und 15 bilingualen Realschulklassen gezogen wird. Die Kenntnisse der Schüler in<br />

Englisch und im Sachfach sollen zu Beginn und am Ende des Treatments gemessen werden. Das<br />

Treatment sieht vor, das Thema „Sinken und Schwimmen“ in der Klassenstufe 6 auf deutsch<br />

bzw. auf Englisch zu unterrichten.<br />

Parallel zu den Leistungstests kommen standardisierte Fragebögen zum Einsatz, die auf die<br />

Wahrnehmung des Unterrichtsgeschehens, das Kompetenzerleben und die motivationalen<br />

Aspekte abzielen.<br />

Auf dem Poster werden erste Ergebnisse der Pilotierung dargestellt.<br />

Bach, G. & Niemeyer, S. (Eds.). (2008). Bilingualer Unterricht. Grundlagen, Methoden, Praxis, Perspektiven.<br />

Frankfurt am Main: Peter Lang.<br />

Coyle, D., Hood, P. & Marsh, D. (2010). CLIL. Content and Language Integrated Learning. Cambridge: Cambridge<br />

University Press.<br />

Mehisto, P., Marsh, D. & Frigols, M. J. (2008). Uncovering CLIL. Oxford: Macmillan.<br />

258


Di. 11.09.| Postersession | Poster 72 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Katharina Kanitz, Jochen Wissinger<br />

Schulbezogene Handlungsstrategien von männlichen Jugendlichen<br />

Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen<br />

katharina.ferl@erziehung.uni-giessen.de<br />

Das Dissertationsvorhaben thematisiert schulische Handlungsstrategien von männlichen<br />

Jugendlichen. Es soll der Frage nachgegangen werden, worin die Differenz zwischen männlichem<br />

Habitus und den schulischen Lern- und Verhaltenserwartungen besteht. Ziel des Projektes ist es,<br />

individuell wirksam werdende schulbezogene Handlungsstrategien bei männlichen<br />

schulabschlussgefährdeten Jugendlichen zu rekonstruieren und vorhandene Strategie-<br />

Typologien aus der Jugendforschung weiterzuentwickeln.<br />

Bildungsstatistiken spiegeln seit einigen Jahren wieder, dass männliche Jugendliche in der Schule<br />

weniger erfolgreich sind als weibliche Jugendliche und dass bei männlichen Jugendlichen eine<br />

Zunahme diskontinuierlicher Schulverläufe zu beobachten ist. Die Quote der männlichen<br />

Jugendlichen, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen oder die Schule abbrechen, liegt seit<br />

Jahren über der Quote der weiblichen Jugendlichen (vgl. Autorengruppe<br />

Bildungsberichterstattung 2010, p. 91f.).<br />

Das Phänomen, dass männliche Jugendliche im Schulerfolg hinter den Mädchen stehen, ist<br />

erklärungsbedürftig und soll unter dem Aspekt der schulischen Handlungsstrategien untersucht<br />

werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass das vergleichsweise schlechte schulische<br />

Abschneiden von männlichen Jugendlichen auf eine Differenz zwischen den schulischen Lern-<br />

und Verhaltenserwartungen und dem schulbezogenen männlichen Habitus zurückzuführen ist<br />

(vgl. Maschke & Stecher 2010, p. 115ff.).<br />

Der Begriff der Strategie basiert auf dem Habituskonzept von Bourdieu (ebd., p.121). Unter<br />

Habitus werden Einstellungen, Erwartungen und Haltungen gefasst, die dem Individuum im<br />

Handeln nur mehr oder weniger bewusst sind – hier der männlichen Schüler gegenüber der<br />

Schule. Die methodische Erschließung männlicher Strategien macht es notwendig, auf die<br />

dokumentarische Methode von Bohnsack (2006, p. 40ff.) zurückzugreifen.<br />

Untersucht werden männliche Jugendliche des neunten Schuljahres, die ein Gymnasium bzw.<br />

eine Hauptschule besuchen. In Gruppendiskussionen sollen die Jugendlichen nach ihren<br />

Erfahrungen, mit und Einstellungen sowie Haltungen zur Institution Schule und ihren Lern- und<br />

Verhaltenserwartungen befragt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich das<br />

konjunktive Erfahrungswissen in männlichen Handlungspraxen rekonstruieren lässt und sich in<br />

kollektiven Haltungen männlicher Schülergruppen abbildet.<br />

Autorengruppe Bildungsberichtserstattung (2010): Bildung in Deutschland 2010. Ein indikatorengestützter Bericht<br />

mit einer Analyse zu Perspektiven des Bildungswesens im demografischen Wandel. <strong>Bielefeld</strong>: Bertelsmann<br />

Verlag<br />

Bohnsack, R. (2006): Dokumentarische Methode. In: Bohnsack, R./Marotzki, W./Meuser, M.(Hrsg.): Hauptbegriffe<br />

Qualitativer Sozialforschung. 2. Auflage. Opladen (u.a.): Budrich, pp. 40-44<br />

Maschke, S. & Stecher, L. (2010): In der Schule. Vom Leben, Leiden und Lernen in der Schule. Wiesbaden: VS Verlag<br />

für Sozialwissenschaften<br />

259


Di. 11.09.| Postersession | Poster 73 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Katrin Bochnik<br />

Mathematische Kompetenz und unterrichtssprachliche Fähigkeiten bei<br />

Grundschülerinnen und Grundschülern mit nicht-deutscher<br />

Familiensprache<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

bochnik@math.lmu.de<br />

Ein Migrationshintergrund geht im deutschen Schulsystem häufig mit Bildungsbenachteiligungen<br />

einher. Erklärungsversuche dieses Zusammenhangs beziehen sich unter anderem auf mangelnde<br />

Kompetenzen in der Unterrichtssprache Deutsch. Für das Kernfach Mathematik zeigen sich<br />

einerseits bereits zu Beginn der Grundschulzeit Leistungsunterschiede zwischen Lernenden mit<br />

deutscher und nicht-deutscher Familiensprache (Heinze, Herwartz-Emden & Reiss, 2007).<br />

Andererseits finden Kempert, Saalbach und Hardy (2011) auch positive Auswirkungen<br />

bilingualen Aufwachsens auf mathematische Kompetenzen. Insgesamt wird deutlich, dass<br />

mathematische Kompetenz differenziert betrachtet werden muss: Durch den Sprachstand<br />

bedingte Unterschiede finden sich vornehmlich in Bereichen, die konzeptuelles Verständnis<br />

mathematischer Inhalte erfordern, weniger bei arithmetischen Basisfertigkeiten. Es bleibt dabei<br />

weiterhin häufig unklar, inwieweit diese beobachteten Leistungsunterschiede auf sprachliche<br />

Probleme im Testverständnis oder auf eine geringere Möglichkeit zur Nutzung von<br />

Lerngelegenheiten im deutschsprachigen Unterricht zurückzuführen sind (z.B. Abedi, Courtney,<br />

Leon, Kao & Azzam, 2006).<br />

Das vorgestellte Promotionsprojekt geht von der Annahme aus, dass Fähigkeiten in der<br />

Unterrichtssprache Deutsch einen zentralen Mediator für den Erwerb mathematischer<br />

Kompetenzen darstellen. In einer Querschnittstudie soll zunächst untersucht werden, welche<br />

Bereiche mathematischer Kompetenz besonders von sprachlichen Einflüssen betroffen sind.<br />

Vorgestellt werden Design und Erhebungsinstrumente. Im weiteren Verlauf des Projekts ist eine<br />

Interventionsstudie zur Evaluation eines auf bilinguale Lernende fokussierten Förderansatzes<br />

geplant.<br />

Abedi, J., Courtney, M., Leon, S., Kao, J., & Azzam, T. (2006). English Language Learners and Math Achievement: A<br />

Study on Classroom Level Opportunity to Learn. Los Angeles.<br />

Heinze, A., Herwartz-Emden, L., & Reiss, K. (2007). Mathematikkenntnisse und sprachliche Kompetenz bei Kindern<br />

mit Migrationshintergrund zu Beginn der Grundschulzeit. Zeitschrift für Pädagogik, 53, 562–581.<br />

Kempert, S., Saalbach, H., & Hardy, I. (2011). Cognitive benefits and costs of bilingualism in elementary school<br />

students: The case of mathematical word problems. Journal of Educational Psychology, 103(3), 547–561.<br />

260


Di. 11.09.| Postersession | Poster 74 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Annette Brückner, Claudia Leopold<br />

Zur Wirksamkeit des Generierens von Zusammenfassungen beim Lernen<br />

aus Sachtexten<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

abrue_02@uni-muenster.de<br />

Abstract. Das Zusammenfassen von Lehrtexten wird als eine Lernstrategie betrachtet, die ein<br />

tieferes Verständnis fördert. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass<br />

Zusammenfassungen nicht immer lernförderlich sind. In einigen Studien erwies sich das<br />

Zusammenfassen als unwirksam oder als lernhinderlich (vgl. Anderson & Thiede, 2008; Cerdan &<br />

Vidal-Abarca, 2008). Wir gehen davon aus, dass der Fokus der Aufmerksamkeit während der<br />

Bearbeitung des Sachtextes und der Erstellung der Zusammenfassung eine entscheidende Rolle<br />

für den Lernerfolg darstellt. Wird der Fokus eher auf die Textoberfläche und ihre Struktur<br />

gerichtet, wie z.B. die hierarchische Reihenfolge einzelner Inhalte, bleibt auch die kognitive<br />

Verarbeitung oberflächlich. Gelingt es stattdessen, den Fokus auf die im Text beschriebenen<br />

Sachverhalte und ihre Beziehungen zueinander zu richten, wird eine tiefer gehenden kognitive<br />

Verarbeitung angeregt. Die Darbietung externer Bilder zu den jeweiligen Textabschnitten sollte<br />

die Ausrichtung auf den Sachverhalt zusätzlich verstärken. Es werden die Ergebnisse einer<br />

Vorstudie vorgestellt, in der Schüler der 9. Klasse im Rahmen eines 2×2- Designs gezielt instruiert<br />

werden text- oder sachverhaltsorientierte Zusammenfassungen zu einem Sachtext aus dem<br />

Fachbereich der Chemie zu schreiben. Jeweils die Hälfte der beiden Gruppen erhält nur den<br />

Text, die andere Hälfte erhält ergänzende Bilder dazu. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen,<br />

Erklärungen für die unterschiedliche Wirksamkeit des Zusammenfassens zu prüfen. In<br />

praktischer Hinsicht sollen lernförderliche Instruktionen für das Zusammenfassen entwickelt<br />

werden.<br />

Anderson, M.C.M. & Thiede, K.W. (2008). Why do delayed summaries improve metacomprehension accuracy?<br />

Acta Psychologica, 128, 110-118.<br />

261


Di. 11.09.| Postersession | Poster 75 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Galina Vakhromova<br />

Deutschunterricht im Rahmen der Bildung fuer nachhaltige Entwicklung in<br />

Toronto, Ontario<br />

Friedrich Schiller Schule Mississuaga, Ontario<br />

galina.vakhromova@yahoo.ca<br />

Abgestützt auf internationale Entwicklungen hat die Regierung in Ontario die Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung (BNE) zu einem ihrer Profilschwerpunkten erklärt. 2009 wurde vom<br />

Ministerium für Bildung ein Aktionsplan unter dem Namen "Acting Today. Shaping Tomorrow"<br />

veröffentlicht.Dank der langjährigen Bemühungen der Bildungsforscher und Pädagogen ist heute<br />

die Umweltbildung in vielen Lehrplänen verankert, wenn auch ganz unterschiedlich.Trotz der<br />

wachsenden Bedeutung der BNE existiert ein deutliches Defizit an die Lehrpläne, die die<br />

Umweltbildung in den Deutschunterricht in der Sprachschule erfolgreich integrieren. Im<br />

Grossraum Toronto können mit einer Deutsch-Internationalen Ganztagschule und acht<br />

Sprachschulen die Interessen der deutschen Ausbildung bedient werden. Um das innovative<br />

Aufgabenfeld der BNE im Fach "Deutsch als Fremdsprache" im Bereich der Sprachschule zu<br />

implementieren, wurde ein Schulprogramm für die Oberstufe entwickelt und Unterrichtsmaterialien,<br />

solche wie Übungsheft "Kompetenzen für nachhaltiges Handeln"vorbereitet. Die<br />

authentischen Texte wurden aus dem Buch "Begegnung mit Albert Schweitzer" von G. Götting<br />

entnommen. Das Ziel des Programms ist zu überprüfen, ob die Reflektion über das Gelesene den<br />

Jugendlichen hilft, sich selbst zu erkennen, sie zum Nachdenken begeistert und Diskussionen<br />

über die gemeinsamen Werte fördert.<br />

Ontario Ministerium of Education, 2009. Acting Today. Shaping Tomorrow. A Policy Framework for Environmental<br />

Education in Ontario Schools. Queen's Printer for Ontario.<br />

262


Di. 11.09.| Postersession | Poster 76 | 10:30 Uhr – 12:30 Uhr | Galerie 1.Stock Halle<br />

Elina Marmer<br />

Die Macht der Bilder – Darstellung von Afrika im deutschen Schulbuch und<br />

symbolische Gewalt<br />

<strong>Universität</strong> Hamburg<br />

elinamar@gmx.net<br />

Die Studie untersucht die visuelle Darstellung von Afrika und Schwarzen Menschen in einem<br />

deutschen Schulbuch und die Auswirkung dieser Darstellung auf SchülerInnen afrikanischer Herkunft.<br />

Die Darstellung Afrikas in deutschen Schulbüchern und Lehrplänen wird seit den 70er Jahren kritisch<br />

untersucht. Diese Darstellungsstruktur lässt sich auf eine Strategie aus der Kolonialzeit<br />

zurückzuführen, welche die Kolonialverbrechen Europas durch eine Entmenschlichung der<br />

AfrikanerInnen zu rechtfertigen suchte. Obgleich subtiler geworden, bestimmt diese Struktur auch<br />

heute noch die Afrikadarstellung in Unterrichtsmaterialien und Medien, wie neuere Untersuchungen<br />

belegen. „Wissenschaftlicher Rassismus“ wurde zwar längst widerlegt, dennoch bleibt er ein fester<br />

Bestandteil der heutigen europäischen Afrikadarstellung. Afrika wird so konstruiert, dass die<br />

Geschichte in ihrem menschlichsten Aspekt den AfrikanerInnen und ihren Nachkommen versagt<br />

bleibt, da ihnen die essenziellen Attribute zu fehlen scheinen, die „Menschlichkeit“ in der „westlichen<br />

Kultur“ definieren. Doch welche Wirkung hat so eine Darstellung auf die Minderheitengruppe<br />

Schwarzer SchülerInnen in Deutschland? Im Rahmen einer empirischen Fallstudie an einer deutschen<br />

Großstadtschule wurden 7-KlässlerInnen und das von ihnen im Unterricht verwendete Schulbuch im<br />

Fach Gesellschaft (Geschichte, Erdkunde, Soziologie, Wirtschaft, Politik) unter Einsatz kombinierter<br />

qualitativer und quantitativer Methoden befragt.<br />

Die visuelle Afrikadarstellung im Gesellschaftsschulbuch wurde mit Hilfe von Inhaltsanalyse, Semiotik<br />

und Ikonographie untersucht und interpretiert. Standardisierte Fragebögen wurden eingesetzt, um<br />

die Einstellung aller 7-KlässlerInnen zu Afrika und Schwarzen Menschen zu erfragen. Diese wurden<br />

quantitativ ausgewertet, die Antworten von SchülerInnen afrikanischer Herkunft wurden mit denen<br />

aller anderen SchülerInnen verglichen. Für das Gruppeninterview wurden SchülerInnen afrikanischer<br />

Herkunft (purposeful sampling) ausgewählt. Um die Wirkung der Afrikadarstellung auf diese<br />

SchülerInnengruppe zu erfragen, wurde im Gruppeninterview das Verfahren der visuellen Erhebung<br />

eingesetzt, indem Abbildungen aus dem Schulbuch in das Interview eingebracht wurden. Das<br />

Gruppeninterview wurde mit dem Verfahren der Diskursanalyse ausgewertet.<br />

Weiße Flecken auf Karten Afrikas im historischen Kontext, Afrikaner als hilflose, passive, abhängige<br />

und naive Menschen sowie deren Ausschließung aus der heutigen deutschen Gesellschaft verkörpern<br />

im Schulbuch Hegelsche „historische Rationalität“. Am Beispiel einer Abbildung verdeutlicht das<br />

Papier den Mechanismus der Gewalt, die von solchen Bildern im Klassenzimmer ausgelöst wird und<br />

die sich gegen SchülerInnen afrikanischer Herkunft richtet. Die Untersuchung hat ergeben, dass der<br />

symbolische Charakter dieser Gewalt die SchülerInnen afrikanischer Herkunft an der Entwicklung<br />

konstruktiver Widerstands- und Bewältigungsstrategien hindert.<br />

Bourdieu, P. (1998). Praktische Vernunft. Zur Theorie des Handelns. Frankfurt/Main, Deutschland: Suhrkamp. Hall,<br />

S. (1989). Rassismus als ideologischer Diskurs. In Das Argument 178, Hamburg, Deutschland: Argument Verlag,<br />

S. 913-921.<br />

263


Di. 11.09.| Symposium 11 | 13:15 Uhr – 16:40 Uhr | H 1<br />

Katja Thillmann, Felicitas Thiel<br />

Evidenzbasierte Schulentwicklung – Voraussetzungen und Formen<br />

schulischer Evaluationsnutzung<br />

Freie <strong>Universität</strong> Berlin<br />

k.thillmann@fu-berlin.de<br />

Untersuchungen zur schulischen Evaluationsnutzung, insbesondere zur Nutzung von Daten aus<br />

Vergleichsarbeiten, fokussieren häufig die Rezeption durch die einzelne Lehrkraft. Vor dem Hintergrund<br />

der Einführung des Neuen Steuerungsmodells gerät jedoch die Einzelschule als „Motor“<br />

von Entwicklung (Dalin & Rolff 1990) in den Fokus. Wie Schulen in der Praxis mit evaluativem<br />

Wissen umgehen und wie das Handeln von Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen des<br />

Bildungssystems (Schulaufsicht, Schulleitungen, Fachkonferenzleitungen, Lehrkräfte) zusammenspielt,<br />

ist bislang allerdings kaum systematisch untersucht worden.<br />

Im Rahmen des geplanten Symposiums werden Ergebnisse aus drei Forschungsprojekten des<br />

BMBF-Forschungsschwerpunktes „Steuerung im Bildungssystem“ vorgestellt. Die drei Beiträge<br />

fokussieren unterschiedliche Aspekte evidenzbasierter Schulentwicklung: Während die ersten<br />

beiden Beiträge – mit jeweils unterschiedlichen theoretischen Zugängen – die Evidenznutzung<br />

auf der Ebene der Einzelschule untersuchen und dabei verschiedene Evidenzquellen sowie individuelle<br />

und organisationale Nutzungs-voraussetzungen in den Blick nehmen, bezieht der dritte<br />

Beitrag die Ebene der Schulaufsicht mit ein und richtet den Fokus auf den Umgang mit Ergebnissen<br />

aus Lernstandserhebungen.<br />

Dalin, P. & Rolff, H. (Hrsg.) (1990). Das institutionelle Schulentwicklungsprogramm. Soest: Soester Verlag-Kontor.<br />

264


Beiträge<br />

1. Denise Demski, Christoph Rosenbusch, Isabell van Ackeren , Marten Clausen, Uwe<br />

Schmidt<br />

Evidenzbasierte Schulentwicklung – Effekte individueller und organisationaler Einflüsse<br />

2. Katja Thillmann, Sebastian Wurster, Hans Anand Pant, Felicitas Thiel<br />

Organisationale Bedingungen schulischer Evaluationsnutzung<br />

3. Barbara Muslic, Uwe Maier<br />

Unterschiedliche Nutzungstypen im Umgang mit Vergleichsarbeiten in der Mehrebenenstruktur<br />

des Schulsystems<br />

4. Doreen Prasse<br />

Diskutantin<br />

265


Di. 11.09.| Symposium 11 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | H 1<br />

Denise Demski 1 , Christoph Rosenbusch 2 , Isabell van Ackeren 1 , Marten Clausen 1 , Uwe<br />

Schmidt 2<br />

Evidenzbasierte Schulentwicklung – Effekte individueller und<br />

organisationaler Einflüsse<br />

1 <strong>Universität</strong> Duisburg-Essen, 2 Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz<br />

Mit der Verschiebung von einer Input- hin zu einer verstärkten Outputorientierung erfährt das<br />

Konzept der evidenzbasierten Schulentwicklung auch in der BRD zunehmende Bedeutung. Welche<br />

Informationsquellen jedoch für die Akteure des Bildungssystems handlungsleitende Wirkung<br />

entfalten und somit unter dem Begriff „Evidenz“ verstanden werden können, bleibt weitgehend<br />

diffus (vgl. zur Unschärfe der Begrifflichkeiten z.B. Honig & Coburn 2008).<br />

Das BMBF-geförderte Projekt „EviS“ („Evidenzbasiertes Handeln im schulischen Mehrebenensystem<br />

– Bedingungen, Prozesse und Wirkungen“) setzt hier an und untersucht die Nutzung von<br />

Informationsquellen durch Lehrkräfte und Schulleitungen. Einem breiten Verständnis von „Evidenz“<br />

folgend, werden dabei sowohl von externer Stelle zur Verfügung gestellte Daten als auch<br />

wissenschaftliche Zeitschriften und intern generierte Informationen in den Blick genommen.<br />

Auf der Basis der schriftlichen Befragung von Schulleitungsmitgliedern (N = 297) und Lehrkräften<br />

(N = 2640) in 153 rheinland-pfälzischen Schulen werden im Beitrag die Einflüsse von individuellen<br />

Merkmalen der Befragten und organisationalen Variablen auf den Grad der Evidenzorientierung<br />

schuli-scher Arbeit berichtet.<br />

Honig, M. I. & Coburn, C. (2008). Evidence-Based Decision Making in School District Central Offices: Toward a<br />

Policy and Research Agenda. Educational Policy, 22(4), S. 578-608.<br />

266


Di. 11.09.| Symposium 11 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | H 1<br />

Katja Thillmann 1 , Sebastian Wurster 2 , Hans Anand Pant 2 , Felicitas Thiel 1<br />

Organisationale Bedingungen schulischer Evaluationsnutzung<br />

1 Freie <strong>Universität</strong> Berlin, 2 Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin<br />

Infolge der Implementation des neuen bildungspolitischen Steuerungsmodells werden Einzelschulen<br />

zu eigenständigen Steuerungsakteuren im Bildungssystem. Der schulischen Evaluationsnutzung<br />

kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Diese soll jedoch nicht als Aggregat individueller<br />

Rezeptions- und Entwicklungsaktivitäten verstanden werden, sondern an der strukturell<br />

verankerten Kommunikation und systematischen Entwicklung schulischer Programme, organisationaler<br />

Strukturen und des Personals ansetzen (vgl. Thiel 2008). Wenngleich natürlich individuelle<br />

Faktoren (z.B. subjektiv erlebte Nützlichkeit) die schulische Evaluationsnutzung insgesamt<br />

beeinflussen, stellen organisationale Merkmale wie Führung oder Kommunikation ihrerseits<br />

wichtige Einflussbedingungen auf eine schulische Evaluationsnutzung dar.<br />

Mit dem geplanten Beitrag wird mittels multipler Regressionsanalysen der Stellenwert vorhandener<br />

organisationaler Merkmale für das Ausmaß der Evaluationsnutzung sowie für die Art der<br />

abgeleiteten Entwicklungsmaßnahmen (z.B. für Personal- oder Programmentwicklung) ermittelt.<br />

Im Ergebnis werden die primären organisationalen Prädiktoren schulischer Evaluationsnutzung<br />

dargestellt. Die Daten stammen aus einer Online-Befragung von Schulleitungen (N=327) und<br />

Fachkonferenzleitungen (N=340) an Berliner und Brandenburger Schulen.<br />

Thiel, F. (2008). Die Organisation der Bildung – eine Zumutung für die Profession? In Y. Ehrenspeck, G. de Haan & F.<br />

Thiel (Hrsg.), Bildung: Angebot oder Zumutung? (S. 211-228). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

267


Di. 11.09.| Symposium 11 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | H 1<br />

Barbara Muslic 1 , Uwe Maier 2<br />

Unterschiedliche Nutzungstypen im Umgang mit Vergleichsarbeiten in der<br />

Mehrebenenstruktur des Schulsystems<br />

1 Freie <strong>Universität</strong> Berlin, 2 Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd<br />

Vergleichsarbeiten sind Teil eines neuen Steuerungsparadigmas, das durch Standard-, Evidenz-<br />

und Outputorientierung gekennzeichnet ist (vgl. Altrichter & Maag Merki 2010). Dieses Steuerungsinstrument<br />

richtet sich direkt an Schulen sowie schulische Akteure und soll zur Unterrichts-<br />

und Schulentwicklung beitragen. Allerdings ist die Nutzung der zurückgemeldeten Lernstandsergebnisse<br />

in Schulen kein Bestandteil des Instruments selbst, stellt aber die Schlüsselstelle für<br />

seine Wirksamkeit dar. Bisherige Studien zeigen eine nur zum Teil intentionskonforme Nutzung<br />

der Testrückmeldungen. Jedoch liegen kaum Studien vor, in denen Formen des Umgangs mit<br />

Vergleichsarbeiten innerhalb der Mehrebenenstruktur einzelner Schulen bzw. der Schulverwaltung<br />

untersucht wurden.<br />

Im Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie mit den Ergebnissen aus Lernstandserhebungen<br />

auf den schulischen Akteursebenen evidenzbasiert umgegangen wird. Dazu werden als Ergebnisse<br />

verschiedene Variationen von Nutzungstypen und -praktiken der unterschiedlichen Akteure<br />

(Lehrkräfte, Fachleiter, Schulleitung, Schulverwaltung) präsentiert.<br />

Die empirische Grundlage der Studie bilden kontrastierende Fallanalysen auf Schulebene, die auf<br />

der Basis qualitativer Interviewdaten entwickelt werden. Es werden leitfadengestützte Interviews<br />

in einem Längsschnittdesign über zwei Messzeitpunkte mit den zentralen Akteuren<br />

(N=238) des Schulsystems in vier Bundesländern zu unterschiedlichen Aspekten der Nutzung von<br />

Lernstandsergebnissen geführt und anschließend inhaltsanalytisch (vgl. Mayring 2010) ausgewertet.<br />

Altrichter, H. & Maag Merki, K. (Hrsg.) (2010). Handbuch Neue Steuerung im Schulsystem. Wiesbaden: VS Verlag<br />

für Sozialwissenschaften.<br />

Mayring, P. (2010). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken. Weinheim: Beltz. 11. akt. & überarb.<br />

Aufl.<br />

268


Di. 11.09.| Symposium 11 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | H 1<br />

Doreen Prasse<br />

Diskussion<br />

Freie <strong>Universität</strong> Berlin<br />

Notizen:<br />

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Di. 11.09.| Symposium 12 | 13:15 Uhr – 17:25 Uhr | H 11<br />

Olga Zlatkin-Troitschanskaia, Klaus Beck, Manuel Förster<br />

Erfassung wirtschaftswissenschaftlicher Fachkompetenz bei Studierenden<br />

mittels Adaptation und Weiterentwicklung vorliegender internationaler<br />

Messinstrumente (EGEL/TUCE) – Das Projekt WiwiKom<br />

Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz<br />

lsTroitschanskaia@uni-mainz.de<br />

In der Literatur zur aktuellen Reform der Studienmodelle an den deutschen <strong>Universität</strong>en ist<br />

über die verschiedenen Disziplinen hinweg davon die Rede, dass „Kompetenzen“ vermittelt bzw.<br />

erworben werden sollen. Solange zu dem dabei verwendeten Kompetenzbegriff (Koeppen, Hartig,<br />

Klieme & Leutner, 2008) nicht geeignete Messverfahren und -instrumente vorliegen, besteht<br />

die Gefahr, dass es bei einer bloßen „Kompetenzrhetorik“ bleibt. Bislang gibt es kein deutschsprachiges<br />

Instrument, das den Anforderungen an die Erfassung wirtschaftswissenschaftlicher<br />

(Fach)Kompetenz auf akademischem Niveau gerecht wird (Zlatkin-Troitschanskaia & Kuhn,<br />

2010). Die Ziele des hier vorgestellten Projektes WiwiKom liegen in der Entwicklung (1) eines<br />

inhaltlich und curricular validen Kompetenzmodells sowie (2) eines eigenen Testinstruments<br />

durch die Adaption internationaler Testinstrumente zur empirischen Prüfung der postulierten<br />

Kompetenzstrukturen und -niveaus.<br />

Um den vielfältigen Aufgabenbereichen des Projektes WiwiKom gerecht zu werden, hat sich aus<br />

dem Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik, dem Institut für Translations- und Kulturwissenschaften<br />

der Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz sowie dem Lehrstuhl für Statistik der Humboldt-<br />

<strong>Universität</strong> zu Berlin ein interdisziplinäres Team gebildet. Eine enge Kooperation des WiwiKom<br />

Projekts findet auch mit der Etappe 7 des Nationalen Bildungspanel (NEPS) statt. In diesem Forschungsverbund<br />

werden federführend ein „Examen General para el Egreso de la Licenciatura“<br />

(EGEL) des Centro Nacional de Evaluación para la Educación Superior (CENEVAL) und der „Test of<br />

Understanding in College Economics“ (TUCE) des amerikanischen Council for Economic Education<br />

(CEE) adaptiert und bundesweit validiert. Im Rahmen des Symposiums wird zunächst ein<br />

Überblick über das Projekt WiwiKom gegeben (Vortrag 1), bevor die Testübersetzung und -<br />

adaption näher diskutiert wird (Vortrag 2). Im Weiteren werden die Ergebnisse einer umfassenden<br />

Analyse der Curricula wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge und einer Online-<br />

Befragung von wirtschaftswissenschaftlichen Dozierenden an mehreren Hochschulstandorten<br />

berichtet (Vortrag 3). Zuletzt werden die Ergebnisse aus dem im SS 2012 an zwei <strong>Universität</strong>en<br />

durchgeführten Pretest diskutiert (Vortrag 4).<br />

Koeppen, K., Hartig, J., Klieme, E., & Leutner, D. (2008). Current Issues in Competence Modeling and Assessment.Journal<br />

ofPsychology, 216(2), 61-73.<br />

Zlatkin-Troitschanskaia, O., & Kuhn, C. (2010). Messung akademisch vermittelter Fertigkeiten und Kenntnisse von<br />

Studierenden bzw. Hochschulabsolventen: Analyse zum Forschungsstand (Arbeitspapiere Wirtschaftspädagogik<br />

Nr. 56). Mainz: Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik, Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong>.<br />

270


Beiträge<br />

1. Manuel Förster<br />

Das Projekt WiwiKom – Ein kurzer Projektumriss<br />

2. Silvia Hansen-Schirra, Sascha Hofmann<br />

Übersetzung und Übersetzbarkeit von Erhebungsinstrumenten zur Messung wirtschaftswissenschaftlicher<br />

Fachkompetenz<br />

3. Oliver Lauterbach<br />

Curriculare Validität internationaler Testinstrumente zur Erfassung wirtschaftswissenschaftlicher<br />

Fachkompetenz<br />

4. Sebastian Brückner, Tetyana Sydorenko<br />

Erste Ergebnisse des Pretests an zwei Hochschulstandorten<br />

5. Fritz Oster, Ralf Witt<br />

Diskutanten<br />

271


Di. 11.09.| Symposium 12 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | H 11<br />

Manuel Förster<br />

Das Projekt WiwiKom – Ein kurzer Projektumriss<br />

Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz<br />

Bislang liegen im deutschen Hochschulsektor weder ein Modellierungsansatz noch ein Erhebungsinstrument<br />

vor, das eine inhaltlich und curricular valide Erfassung der wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Fachkompetenz von Studierenden ermöglicht. Um diesem Defizit zu begegnen,<br />

verfolgt das Forschungsprojekt WiwiKom iterativ zwei zentrale Zielstellungen:<br />

1) Es soll ein wirtschaftswissenschaftliches, domänenspezifisches Kompetenzmodell entwickelt,<br />

konzeptualisiert und in einem zweiten Schritt in dem deutschsprachigen (Fach)Hochschulbereich<br />

empirisch erprobt und validiert werden.<br />

2) Es sollen mit dem spanischsprachigen Test „Examen General para el Egreso de la Licenciatura“<br />

(EGEL) des Centro Nacional de Evaluación para la Educación Superior (CENEVAL) und dem amerikanischen<br />

"Test of Understanding in College Economics“ (TUCE) des Council for Economic Education<br />

(CEE) zwei international erprobte und bewährte Testinstrumente möglichst originalgetreu<br />

adaptiert und zu einem deutschsprachigen Messinstrument weiterentwickelt und validiert werden,<br />

so dass das entwickelte Kompetenzmodell messbar gemacht werden kann.<br />

Im Rahmen der Präsentationen werden die iterative Vorgehensweise sowie die wichtigsten<br />

Meilensteine innerhalb des Projekts vorgestellt. Insbesondere werden hier die bereits durchgeführten<br />

Analysen, der erstellte Assessment Framework sowie das adaptierte Testinstrumente<br />

diskutiert und die folgenden Vorträge des Symposiums in den Projektkontext eingeordnet.<br />

Des Weiteren wird ein Ausblick auf die Erhebungen im WS 2012/13 und im SS 2013 gegeben.<br />

Hierbei wird auf ein komplexes Booklet-Design (Frey, Hartig & Rupp 2009) zurückgegriffen, bei<br />

dem verschiedene Testversionen eingesetzt werden. Das geplante Design der Booklets und<br />

deren Konstruktion werden näher beschrieben. Im Anschluss werden die geplanten Analyseschritte<br />

auf Basis der klassischen Testtheorie und der Item-Response-Theorie hinsichtlich ihrer<br />

internationalen Anschlussfähigkeit diskutiert.<br />

Frey, A., Hartig, J., & Rupp, A. A. (2009). An NCME Instructional Module on Booklet Designs in Large-Scale Assessments<br />

of Student Achievement: Theory and Practice. Educational Measurement: Issues and Practice, 28(3),<br />

39-53.<br />

272


Di. 11.09.| Symposium 12 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | H 11<br />

Silvia Hansen-Schirra, Sascha Hofmann<br />

Übersetzung und Übersetzbarkeit von Erhebungsinstrumenten zur Messung<br />

wirtschaftswissenschaftlicher Fachkompetenz<br />

Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz<br />

Um internationale Vergleichbarkeit und eine hohe Qualität zwischen den Erhebungsinstrumenten<br />

zur Kompetenzmessung herzustellen, wurde die Übersetzung einem Mehrphasenprozess<br />

unterzogen. Bereits Beck und Krumm (1991) berichteten bei der wörtlichen Übersetzung des TEL<br />

von unvermeidbaren grammatikalischen und lexikographischen Problemen. Diese Äquivalenzproblematik<br />

wurde in der Übersetzungswissenschaft in den vergangenen Jahren intensiv diskutiert<br />

(z.B. Koller 1979) und führte letztlich zur Entwicklung und Anwendung funktionalistischer<br />

und handlungsorientierter Übersetzungsmodelle (Reiß & Vermeer 1984), die die besonderen<br />

sprachlichen und kulturellen Bedingungen der Ausgangs- und Zielsprache berücksichtigen.<br />

Daher wurden zunächst wörtliche, aber mit Übersetzungsproblemen annotierte Übersetzungen<br />

der mexikanischen und der amerikanischen Originalversionen ins Deutsche angefertigt. Die<br />

zweite Phase bestand aus einer linguistischen Supervision durch Translationswissenschaftler, so<br />

dass der ganze Prozess der Testübersetzung den höchsten wissenschaftlichen Standards genügt<br />

(z.B. Terminologieverwaltung und 4-Augen-Prinzip zur Qualitätssicherung). Im Anschluss daran<br />

wurden die Übersetzungen gemeinsam mit wirtschaftswissenschaftlichen Fachvertretern lektoriert.<br />

Besondere Probleme bereiteten hierbei nicht nur Kulturspezifika, sondern auch Unterschiede<br />

in den Fachkulturen und deren Inhalten, den Wirtschaftssystemen, den fachdidaktischen<br />

Ansätzen sowie der Konzeption von Testfragen. Diese Übersetzungsprobleme wurden mit den<br />

Testentwicklern geklärt bzw. für die Übersetzung adaptiert. Im Vortrag sollen die Lösungsansätze<br />

vorgestellt und aus den verschiedenen Perspektiven kritisch diskutiert werden.<br />

Beck, K., & Krumm, V. (1991). Economic Literacy in German Speaking Countries and the United States. First Steps<br />

to a Comparative Study. Economia, 1(1), S. 17–23.<br />

Koller, W. (1979). Einführung in die Übersetzungswissenschaft. Heidelberg: Quelle und Mayer.<br />

Reiß, K., & Vermeer H. J. (1984). Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie. Tübingen: Niemeyer.<br />

273


Di. 11.09.| Symposium 12 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | H 11<br />

Oliver Lauterbach<br />

Curriculare Validität internationaler Testinstrumente zur Erfassung wirtschaftswissenschaftlicher<br />

Fachkompetenz<br />

Hochschul-Informations-System GmbH<br />

Bei der Adaption von Testinstrumenten aus anderen Ländern und Kulturkreisen sind sprachliche<br />

und kulturelle Aspekte zu berücksichtigen (International Test Commission, 2010). Zu den möglichen<br />

landesspezifischen Besonderheiten gehören bei der Erfassung fachlicher Kompetenzen<br />

auch Unterschiede der Curricula der entsprechenden Studienfächer.<br />

Dieser Beitrag nähert sich der Problematik vor dem Hintergrund der Adaption internationaler<br />

Testinstrumente zur Erfassung wirtschaftswissenschaftlicher Fachkompetenz und nimmt dabei<br />

zwei Perspektiven ein. Erstens wird eine Analyse von Modulbeschreibungen wirtschaftswissenschaftlicher<br />

Bachelor-Studiengänge vorgestellt. Diese ermöglicht einerseits die Beschreibung der<br />

inhaltlichen Struktur der Studienfächer entsprechend einer funktionalen Gliederung wirtschaftswissenschaftlicher<br />

Lehrinhalte und andererseits die Bestimmung des Grades der Übereinstimmung<br />

von Curricula und Testinhalten. Zweitens werden Ergebnisse eines Expertenratings<br />

berichtet, bei dem bereits übersetzte wirtschaftswissenschaftliche Testaufgaben unter anderem<br />

bezogen auf ihre Passung zu Lehrinhalten deutscher Hochschulen zu bewerten waren. Die Ergebnisse<br />

beider Untersuchungen werden hinsichtlich ihrer Bedeutung für die weitere Selektion<br />

und Modifikation der Testaufgaben diskutiert.<br />

International Test Commission (2010). International Test Commission Guidelines for Translating and Adapting<br />

Tests. [http://www.intestcom.org]<br />

274


Di. 11.09.| Symposium 12 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | H 11<br />

Sebastian Brückner 1 , Tetyana Sydorenko 2<br />

Erste Ergebnisse des Pretests an zwei Hochschulstandorten<br />

1 Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz, 2 Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin<br />

Die übersetzten und adaptierten spanisch- und englischsprachigen Testinstrumente sind für<br />

Bachelorstudierende entwickelt worden, die bereits erste Veranstaltungen eines wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Studiums besucht haben. Bevor sie allerdings in ersten Pretests und Feldstudien<br />

bundesweit eingesetzt werden können, mussten sie einer kulturellen, inhaltlichen und curricularen<br />

Eignungsprüfung mittels Experteninterviews und kognitiven Interviews von Studierenden<br />

unterzogen werden. Während die volkswirtschaftlichen Aufgaben ohne größere Adaptation<br />

verwendet werden konnten, stellten sich insbesondere einige betriebswirtschaftliche Aufgaben<br />

als problembehaftet heraus. Etwa 50 Aufgaben aus einem ursprünglichen Aufgabenpool von 350<br />

Aufgaben wurden für den Pretest aufgrund von asymptotischen Lösungswahrscheinlichkeiten,<br />

abweichender Experteneinschätzungen und unerwarteten, multiplen Lösungsstrategien ausgewählt.<br />

Diese Aufgaben wurden im Sommersemester 2012 mittels zweier Testhefte in zwei Standorten<br />

(Berlin und Mainz) an etwa 1000 Studierenden aller Semester vom Studienbeginn bis<br />

zum Ende des Masterstudiums erprobt.<br />

Ziel der Präsentation ist es nun, die Ergebnisse dieses ersten Pretests an beiden Standorten<br />

vorzustellen, um darauf aufbauend Entscheidungen über die weitere Verwendbarkeit dieser<br />

Aufgaben für die Erstellung einer validen Testversion in mehreren Booklets eines Multi-Matrix<br />

Designs zu treffen. Hierbei wird der Fokus neben klassischen, deskriptiven und inferenzstatistischen<br />

Analysen insbesondere auf eine systematische Attraktoren- und Distraktorenanalyse<br />

gelegt, um überarbeitungsbedürftige Aufgaben zu identifizieren und Kompetenzstrukturen und –<br />

niveaus in anschließenden Feldstudien empirisch valide modellieren zu können. Basierend auf<br />

den empirischen Analysen soll die Anwendbarkeit der Items an unterschiedlichen Hochschulstandorten<br />

diskutiert werden.<br />

275


Di. 11.09.| Symposium 12 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | H 11<br />

Fritz Oser 1 , Ralf Witt 2<br />

Diskussion<br />

1 Université de Fribourg, 2 Technische <strong>Universität</strong> Dresden<br />

Notizen:<br />

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Di. 11.09.| Symposium 13 | 13:15 Uhr – 16:40 Uhr | H 12<br />

Ferdinand Eder<br />

Niveau-Entscheidungen beim Zugang zum Lehramtsstudium<br />

<strong>Universität</strong> Salzburg<br />

ferdinand.eder@sbg.ac.at<br />

Die Wahl eines Lehramtsstudiums in Österreich erfordert eine vertikale Entscheidung zwischen<br />

dem auf universitärem Niveau angesiedelten Gymnasiallehramt und dem auf Fachhochschulniveau<br />

(Pädagogische Hochschule) angesiedelten Lehramt für Pflichtschulen. Innerhalb des Pflichtschullehramtes<br />

besteht wiederum eine zumindest implizit vorhandene vertikale Abstufung zwischen<br />

dem Lehramt für Hauptschulen und für Volksschulen; Studierende für das Lehramt an<br />

Sonderschulen stehen etwas außerhalb dieser Vertikale.<br />

Im Rahmen des Symposium wird an einer Vollerhebung von Lehramtsstudierenden aus dem<br />

Einzugsgebiet zweier unmittelbar nebeneinander angesiedelter Lehrerbildungseinrichtungen für<br />

das Gymnasial- und das Pflichtschullehramt (Eder & Hörl, 2011) analysiert, inwieweit der Zugang<br />

zu diesen Einrichtungen und die damit verbundenen Niveau-Entscheidungen durch soziologische<br />

Merkmale (im Sinne von Herkunftseffekten), durch Persönlichkeitsmerkmale (als Realisierung<br />

von Interessen, Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen) oder durch Selbstkonzeptmerkmale<br />

(Selbstwirksamkeit, Kausalattribuierungen) erklärt werden können.<br />

Das Symposium umfasst vier Beiträge:<br />

- Herkunftseffekte bei der Entscheidung zwischen Pflichtschul-Lehramt und höherem Lehramt<br />

(Gabriele Hörl)<br />

- Interessen, Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale als Prädiktoren bei Niveau-<br />

Entscheidungen im Lehramtsstudium (Ferdinand Eder)<br />

- Sind Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit und Kausalattribuierungen bei Niveau-Entscheidungen<br />

im Lehramtsstudium wirksam? (Konrad Dämon)<br />

- Höhere Selbstkongruenz als Niveauprädiktor? Ein Vergleich der Motivstrukturen von Lehramtsstudierenden<br />

an Pädagogischen Hochschulen und <strong>Universität</strong>en (Franz Hofmann)<br />

Eder, F. & Hörl, G. (2011). Studienberatungstests für Lehramtsstudierende der <strong>Universität</strong> Salzburg. In Empirische<br />

Pädagogik - Themenheft, Ein Lehramtsstudium beginnen: Laufbahnberatung, Bewerberauswahl und erste<br />

Schritte im Qualifizierungsprozess (S. 63–87). Landau.<br />

277


Beiträge<br />

1. Gabriele Hörl<br />

Herkunftseffekte bei der Entscheidung zwischen Pflichtschul-Lehramt und höherem Lehramt<br />

2. Ferdinand Eder<br />

Interessen, Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale als Prädiktoren bei Niveau-<br />

Entscheidungen im Lehramtsstudium<br />

3. Konrad Dämon<br />

Sind Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit und Kausalattribuierungen bei Niveau-<br />

Entscheidungen im Lehramtsstudium wirksam?<br />

4. Franz Hofmann<br />

Höhere Selbstkongruenz als Niveauprädiktor? Ein Vergleich der Motivstrukturen von<br />

Lehramtsstudierenden an Pädagogischen Hochschulen und <strong>Universität</strong>en<br />

278


Di. 11.09.| Symposium 13 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | H 12<br />

Gabriele Hörl<br />

Herkunftseffekte bei der Entscheidung zwischen Pflichtschul-Lehramt und<br />

höherem Lehramt<br />

<strong>Universität</strong> Salzburg<br />

Die Bedeutung der sozialen Herkunft für Bildungsentscheidungen und Bildungserfolg ist breit<br />

bestätigt (vgl. Kristen, 1999). Rational-Choice-Modelle diskutieren Bildungsentscheidungen als<br />

Resultat einer vergleichenden Abwägung von Erträgen, Kosten und Erfolgswahrscheinlichkeiten<br />

zwischen Alternativen. Diese Entscheidungsprozesse werden von sozialen Herkunftsvariablen<br />

moderiert, wobei sich im Verständnis von Boudon (1974) ein primärer Effekt der familialen Bildungsnähe<br />

auf die Schulleistungen zeigt. Die soziale Herkunft beeinflusst darüber hinaus Bildungsverlaufsentscheidungen,<br />

insb. durch die Bewertung von Bildungsabschlüssen relativ zur<br />

eigenen sozialen Herkunft (sekundärer Effekt).<br />

Anhand der Daten von drei Kohorten von Anfänger/innen im Lehramtsstudium (2009, 2010,<br />

2011; N = 2094) an der Pädagogischen Hochschule und der <strong>Universität</strong> Salzburg wird überprüft,<br />

ob bzw. inwieweit primäre und sekundäre Herkunftseffekte auf die Entscheidung für die eine<br />

oder anderen Ausbildungsstätte nachweisbar sind.<br />

Dazu werden zunächst die Studierenden der beiden Institutionen entlang sozialer Merkmale und<br />

von Angaben zur bisherigen Bildungslaufbahn (Geschlecht, Bildungshintergrund der Eltern, Ort<br />

und Art der besuchten Schule, Noten in der Abschlussklasse, Matura-/Abiturnoten) beschrieben,<br />

um anschließend zu überprüfen, ob unter gleichen Voraussetzungen (Parallelisierung nach Geschlecht,<br />

Schule, Schulleistungen) Unterschiede in der sozialen Herkunft sichtbar werden.<br />

Boudon, Raymond (1974). Education, Opportunity, and Social Inequality. New York: Wiley.<br />

Kristen, Cornelia (1999). Bildungsentscheidungen und Bildungsungleichheit – ein Überblick über den Forschungsstand.<br />

Arbeitspapiere - Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung, Nr. 5: Mannheim.<br />

279


Di. 11.09.| Symposium 13 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | H 12<br />

Ferdinand Eder<br />

Interessen, Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale als Prädiktoren bei<br />

Niveau-Entscheidungen im Lehramtsstudium<br />

<strong>Universität</strong> Salzburg<br />

Im Anschluss an die Laufbahnentwicklungstheorie zur Erklärung beruflichen Verhaltens (Super,<br />

1957; Holland, 1997; Bergmann, 2004) kann die Entscheidung für ein bestimmtes Ausbildungsniveau<br />

als Realisierung des von einer Person entwickelten beruflichen Selbstkonzepts verstanden<br />

werden. Als solches wird nach Super die Vorstellung bezeichnet, die eine Person von ihren berufsbezogenen<br />

Zielen, Interessen, Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen entwickelt hat. Die<br />

Berufswahl wird als ein Prozess der Umsetzung dieses Selbstkonzepts in eine kongruente berufliche<br />

Laufbahn verstanden.<br />

Diesem berufspsychologischen Ansatz entsprechend ist zu erwarten, dass Studierende für das<br />

universitäre Lehramt im Vergleich zu jenen, die ein Pflichtschullehramt gewählt haben, in höherem<br />

Ausmaß jene Merkmale aufweisen, die ein Studium an der <strong>Universität</strong> bzw. das daraus<br />

resultierende gymnasiale Lehramt charakterisieren: stärker intrinsisch ausgerichtete Berufswahlmotive,<br />

höhere intellektuelle und niedrigere soziale Interessen, höhere kognitive Fähigkeiten,<br />

höhere Leistungsmotivation, höhere Ausprägungen in den Persönlichkeitsdimensionen<br />

Offenheit und Gewissenhaftigkeit sowie eine geringere Extraversion.<br />

An drei Kohorten von Anfänger/innen im Lehramtsstudium (2009, 2010, 2011; N = 2094) wird<br />

überprüft, inwieweit in den angeführten personalen Merkmalen Unterschiede zwischen den<br />

Studierenden der verschiedenen Lehrämter bestehen und in welchem Ausmaß diese in der Lage<br />

sind, die getroffene Niveau-Entscheidung zu erklären.<br />

Bergmann, C. (2004). Berufswahl. In H. Schuler (Hrsg.), Organisationspsychologie – Grundlagen der Personalpsychologie<br />

(S. 343–385). Göttingen: Hogrefe.<br />

Holland, J. (1997). Making vocational choices. A theory of vocational personalities and work environments (3rd<br />

ed.). Odessa, FL: Psychological Assessment Resources.<br />

Super, D. E. (1957). The psychology of careers. New York: Harper.<br />

280


Di. 11.09.| Symposium 13 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | H 12<br />

Konrad Dämon<br />

Sind Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit und Kausalattribuierungen bei<br />

Niveau-Entscheidungen im Lehramtsstudium wirksam?<br />

<strong>Universität</strong> Salzburg<br />

In einem explorativen Zugang wird der Frage nachgegangen, ob Dimensionen des Selbstkonzepts<br />

(Leistungsselbstkonzept, soziales Selbstkonzept und Selbstwirksamkeitsüberzeugung; vgl. Heckhausen,<br />

1989) und der Kausalattribuierung (internal, sozial-external und fatalistisch-external; vgl.<br />

Krampen, 1989) bei Anfängern/Anfängerinnen im Lehramt verschiedener Ausbildungsgänge<br />

unterschiedlich hoch ausgeprägt sind. Ein positives Selbstkonzept, hohe Internalität und geringe<br />

Externalität in Kontrollüberzeugungen sind allgemein günstige Handlungsvoraussetzungen, die<br />

für Studierende verschiedener Lehrämter als auch in Folge für Lehrer/innen verschiedener<br />

Schultypen gleichermaßen relevant sind. Kausalattribuierungen wurden etwa im Kontext von<br />

Lehrer/innen-Verhalten bereits unter dem Aspekt von Belastung und Burnout diskutiert (Käser &<br />

Wasch, 2009).<br />

Von daher wäre zu erwarten, dass es in Bezug auf diese Dimensionen keine Unterschiede nach<br />

Ausbildungsgang gibt. Erste Ergebnisse deuten allerdings darauf hin, dass das soziale Selbstkonzept<br />

und die allgemeine Selbstwirksamkeitsüberzeugung bei den Studierenden auf ein Lehramt<br />

für Pflichtschulen günstiger ausgeprägt sind, während fatalistisch-externale Kontrollüberzeugungen<br />

besonders bei Studierenden des Studiengangs für das Lehramt an Volksschulen vorhanden<br />

sind.<br />

Unter Kontrolle der Variablen Geschlecht und – soweit relevant – Schulleistung (erfasst als<br />

Deutsch-, Englisch- und Mathematik-Noten im Abschlusszeugnis der matura- bzw. abiturführenden<br />

Schule) werden die nach Effektstärke bedeutsamen Unterschiede im Selbstkonzept, in der<br />

Selbstwirksamkeit und in Kausalattribuierungen nach Niveau der geplanten Laufbahn aufgezeigt<br />

und mögliche Erklärungen diskutiert. Drei (vollständig untersuchte) Kohorten (2009/10, 2010/11<br />

und 2011/12; N = 2094) von Anfänger/innen im Lehramtsstudium der <strong>Universität</strong> Salzburg und<br />

der Pädagogischen Hochschule Salzburg bilden dafür eine verlässliche Datenbasis.<br />

Heckhausen, H. (1989). Motivation und Handeln: 52 Tabellen (Springer-Lehrbuch, 2., völlig überarb. u. erg. Aufl).<br />

Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong: Springer.<br />

Käser, U. & Wasch, J. (2009). Burnout bei Lehrerinnen und Lehrern: Eine Bedingungsanalyse im Schulformvergleich<br />

(Angewandte Stress- und Bewältigungsforschung, Bd. 4). Berlin: Logos-Verl.<br />

Krampen, G. (1989). Diagnostik von Attributionen und Kontrollüberzeugungen. Göttingen: Hogrefe Verl. für Psychologie.<br />

281


Di. 11.09.| Symposium 13 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | H 12<br />

Franz Hofmann<br />

Höhere Selbstkongruenz als Niveauprädiktor? Ein Vergleich der<br />

Motivstrukturen von Lehramtsstudierenden an Pädagogischen<br />

Hochschulen und <strong>Universität</strong>en<br />

<strong>Universität</strong> Salzburg<br />

Aufgrund bisheriger Befunde aus Daten des Salzburger Lehrer/innenberatungstests, im Rahmen<br />

dessen Lehramtsstudierende u. a. Skalen zur Leistungsmotivation (LMI nach Schuler & Prochaska,<br />

2001), zu den Berufswahlmotiven, zu beruflichen Werthaltungen und zu ihren impliziten<br />

Motiven bearbeiten, ist davon auszugehen, dass die Selbstkongruenz (Passung zwischen impliziten<br />

und expliziten Motiven; vgl. Trash et al., 2010) von universitären Lehramtsstudierenden<br />

insbesondere im Hinblick auf die Leistungsmotivation als mäßig einzuschätzen ist. Vor dem Hintergrund<br />

dieses Befundes wird der Frage nachgegangen, in welchem Ausmaß das auch auf die<br />

Lehramtsstudierenden der Pädagogischen Hochschule zutrifft; dabei werden alle vier Motivbereiche<br />

(Anschluss, Leistung, Macht, Selbstintegration) analysiert. An Hand der Ergebnisse dieser<br />

Analysen wird die Hypothese geprüft, ob Lehramtsstudierenden an Pädagogischen Hochschulen<br />

ein höheres Ausmaß an Selbstkongruenz bescheinigt werden kann als universitären Lehramtsstudierenden.<br />

Schuler, H. (2001). Leistungsmotivationsinventar. LMI; Dimensionen berufsbezogener Leistungsorientierung. Unter<br />

Mitarbeit von Michael Prochaska und Andreas Frintrup. Göttingen, Bern: Hogrefe Verl. für Psychologie.<br />

Thrash, T. M., Cassidy, S. E., Maruskin, L. A. & Elliott, A. J. (2010). Factors That Influence the Relation Between<br />

Implicit and Explicit Motives: A General Implicit-Explicit Framework. In O. C. Schultheiss (Hrsg.), Implicit motives<br />

(S. 308–346). Oxford u.a: Oxford Univ. Press.<br />

282


Di. 11.09.| Symposium 14 | 13:15 Uhr – 16:40 Uhr | H 13<br />

Ariane S. Willems 1 , Wolfram Rollett 2<br />

Merkmale von Schuleffektivität und -entwicklung an Ganztagsschulen –<br />

Die Perspektive der Lehrkräfte<br />

1 Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund, 2 Pädagogische<br />

Hochschule Freiburg<br />

willems@ifs.tu-dortmund.de<br />

In Modellen zur allgemeinen Schuleffektivität (Scheerens & Bosker, 1997) und zur Qualität/Wirkung<br />

von Ganztagsschulen (Holtappels, 2009; Fischer et al., 2011) spielen Lehrkräfte eine<br />

zentrale Rolle. Sie beeinflussen maßgeblich Gestaltung und Ergebnisse von Lernprozessen.<br />

Insbesondere Ganztagsschulen bieten hier neue, erweiterte Möglichkeiten aber auch Herausforderungen<br />

für Lehrer. Ziel des Symposiums ist es, ausgewählte Faktoren der Prozessqualität,<br />

Wirkung und Entwicklung ganztägiger Schulen aus der Perspektive von Lehrern zu betrachten.<br />

Untersucht wird (i) die Bedeutung der Lehrer für die Lernprozesse von Schülern sowie (ii) die<br />

Entwicklung ausgewählter Merkmale der Lehrkräfte selbst und deren Bedingungsfaktoren. Dabei<br />

ist ein gemeinsames Anliegen der Beiträge, den Mehrebenencharakter von Schuleffektivität und<br />

-entwicklung konzeptionell und methodisch angemessen zu berücksichtigen. In den Beiträgen<br />

werden daher Merkmale der schulischen Komposition sowie organisationskulturelle und schulklimatische<br />

Faktoren berücksichtigt und ihr Zusammenhang zur Wirkung von Schule auf die<br />

Entwicklung von Schülern und Lehrkräften untersucht.<br />

Die Datengrundlage bilden längs- und querschnittliche Daten der Studie zur Entwicklung von<br />

Ganztagsschulen (StEG) und des Projekts GanzIn - Mit Ganztag mehr Zukunft.<br />

Willems et. al. gehen unter Verwendung der längsschnittlichen Daten der Gymnasialstichprobe<br />

der StEG-Studie der Frage nach, welche individuellen und schulstrukturellen Merkmale die Entwicklung<br />

des subjektiven Belastungserleben von Lehrkräften an Ganztagsgymnasien vorhersagen<br />

können.<br />

Lossen et al. untersuchen anhand der StEG-Grundschulstichprobe, unter welchen organisationskulturellen<br />

Bedingungen sich die auf Schulebene aggregierte Innovationsbereitschaft und das<br />

Belastungserleben von Lehrkräften positiv entwickeln können.<br />

Im Beitrag von Glesemann & Becker wird auf der Grundlage von Lehrer-, Schüler- und Elterndaten<br />

der GanzIn-Studie der Zusammenhang zwischen schulischer Komposition und dem Einsatz<br />

von Instrumenten zur individuellen Förderung durch Lehrkräfte analysiert.<br />

Schließlich wird im Beitrag von Winkelsett & Becker untersucht, welche schulstrukturellen Faktoren<br />

die Kooperation zwischen Lehrkräften und dem pädagogischen Personal an Ganztagsgymnasien<br />

beeinflussen und inwieweit sich positive Effekte der Kooperationsstruktur auf Schülerleistungen<br />

finden.<br />

Holtappels, H. G. (2009). Qualitätsmodelle – Theorie und Konzeptionen. In I. Kamski, H. G. Holtappels & T. Schnetzer<br />

(Hrsg.). Qualität von Ganztgasschulen. Münster: Waxmann. S. 11-25.<br />

Fischer, N., Holtappels, H. G., Klieme, E., Rauschenbach, T. et al. (2011) (Hrsg.). Ganztagsschule: Entwicklung,<br />

Qualität, Wirkungen. Längsschnittbefunde der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen. Weinheim:<br />

Juventa.<br />

Scheerens, J. & Bosker, R. (1997). The Foundations of Educational Effectiveness. Oxford: Elsevier.<br />

283


Beiträge<br />

1. Ariane S. Willems, Karin Lossen, Wolfram Rollett, Miriam Matuschek, Heinz Günter<br />

Holtappels<br />

Zur Rolle individueller und schulischer Faktoren als Prädiktoren des subjektiven Belastungserlebens<br />

von Lehrkräften an Ganztagsgymnasien<br />

2. Karin Lossen, Wolfram Rollett, Ariane S. Willems, Heinz Günter Holtappels<br />

Zur Bedeutung organisationskultureller Bedingungen für die<br />

Weiterentwicklung von Innovationsbereitschaft und Belastungserleben in Lehrerkollegien<br />

an Ganztagsgrundschulen.<br />

3. Birte Glesemann, Dominik Becker<br />

Der Zusammenhang zwischen schulischer Komposition, dem Einsatz von Instrumenten<br />

individueller Förderung und Chancen(un)gleichheit<br />

4. Doris Winkelsett, Dominik Becker<br />

Kooperation zwischen Lehrkräften und weiterem pädagogisch tätigem Personal: Schulstrukturelle<br />

Determinanten und Schülerleistungseffekte<br />

5. Katharina Maag Merki<br />

Diskutantin<br />

284


Di. 11.09.| Symposium 14 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | H 13<br />

Ariane S. Willems 1 , Karin Lossen 1 , Wolfram Rollett 2 , Miriam Matuschek 1 , Heinz Günter Holtappels<br />

1<br />

Zur Rolle individueller und schulischer Faktoren als Prädiktoren des<br />

subjektiven Belastungserlebens von Lehrkräften an Ganztagsgymnasien<br />

1 Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund, 2 Pädagogische<br />

Hochschule Freiburg<br />

Ziel des Beitrags ist, die Entwicklung des Belastungserlebens von Lehrern an Ganztagsgymnasien<br />

anhand ausgewählter subjektiver und schulspezifischer Faktoren zu untersuchen. Lehrer haben<br />

eine zentrale Schlüsselfunktion für die Qualität und Wirkung von Schule – unabhängig davon, ob<br />

es sich dabei um Ganztags- oder Halbtagsschulen handelt (Scheerens & Bosker, 1997, Holtappels,<br />

2009). Letztere weist jedoch sowohl neuartige und erweiterte Handlungsspielräume sowie<br />

zusätzliche, schulartspezifische Herausforderungen für Lehrkräfte auf (Fischer et al., 2011): So<br />

können z.B. innovative, strukturelle und schulorganisatorische Rahmenbedingungen an GTS<br />

(ausgebaute Zeit- und Angebotsstruktur, veränderte Lernkultur) oder die erweiterte personelle<br />

Zusammensetzung (z.B. durch Kooperationen mit dem pädagogisch tätigen Personal) auf Lehrer<br />

potenziell als Be- oder Entlastung wirken (Speck et al., 2011). Daher ist es sinnvoll, Wirkmechanismen,<br />

die zur Entwicklung der Lehrerbelastung an GTS beitragen können, systematisch zu<br />

untersuchen. Wobei es vor allem für die Untersuchung ganztagsschulischer Einflüsse auf das<br />

Belastungserleben notwendig ist, konzeptionell und methodisch zwischen subjektiven Bedingungsfaktoren<br />

auf Individualebene der Lehrer einerseits und situativen Faktoren auf Schulebene<br />

andererseits zu unterscheiden (Dizinger et al., 2011). Datengrundlage für den vorliegenden Beitrag<br />

ist eine längsschnittliche Substichprobe von N=609 Lehrern an N=39 Ganztagsgymnasien der<br />

StEG-Studie. Unter Verwendung von HLM-Regressionsmodellen wird der Frage nachgegangen,<br />

inwieweit Veränderungen im Belastungserleben von Gymnasiallehrern stärker durch (i) individuelle<br />

Faktoren bzw. (ii) schulspezifische Kontextfaktoren vorhergesagt werden können und inwieweit<br />

schulische Kontextfaktoren als Moderatoren wirksam werden. Als Einflussfaktoren auf<br />

Individualebene werden u.a. das Selbstwirksamkeitserleben und die individuelle Ganztagseinbindung<br />

der Lehrkräfte untersucht. Faktoren auf Schulebene sind das Kooperations- und Innovationsklima,<br />

das Unterstützungsverhalten der Schulleiter sowie schulstrukturelle Variablen. Die<br />

Befunde deuten auf ein komplexes Wirkungsgefüge hin, in dem erwartungskonform Prädiktoren<br />

auf Individual- und Schulebene das Belastungserleben der Lehrer beeinflussen. Dabei wirken die<br />

schulischen Kontextfaktoren teilweise als Moderatoren für Wirkungen auf Individualebene.<br />

Dizinger, V., Fussangel, K. & Böhm-Kasper, O. (2011). Lehrer/in sein an der Ganztagsschule: Neue Kooperationsanforderungen<br />

– neue Belastungen? In: L. Stecher, H.-H. Krüger & T. Rauschenbach (Hrsg.). Ganztagsschule -<br />

Neue Schule? Eine Forschungsbilanz. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (Sonderheft 15). Wiesbaden: VS<br />

Verlag, S. 43-61.<br />

Holtappels, H. G. (2009). Qualitätsmodelle – Theorie und Konzeptionen. In I. Kamski, H. G. Holtappels & T. Schnetzer<br />

(Hrsg.). Qualität von Ganztgasschulen. Münster: Waxmann. S. 11-25.<br />

Speck, K., Olk, T., Böhm-Kasper, O., Stolz, H.-J. & Wiezorek, C. (2011). Ganztagsschulische Kooperation und Professionsentwicklung.<br />

Weinheim: Juventa.<br />

285


Di. 11.09.| Symposium 14 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | H 13<br />

Karin Lossen 1 , Wolfram Rollett 2 , Ariane S. Willems 1 , Heinz Günter Holtappels 1<br />

Zur Bedeutung organisationskultureller Bedingungen für die<br />

Weiterentwicklung von Innovationsbereitschaft und Belastungserleben in<br />

Lehrerkollegien an Ganztagsgrundschulen<br />

1 Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund, 2 Pädagogische<br />

Hochschule Freiburg<br />

Die „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen“ (StEG, www.projekt-steg.de, Holtappels et al.<br />

2007; Fischer et al. 2011) hat über 300 Schulen mit Ganztagsbetrieb über vier Jahre hinweg<br />

empirisch begleitet. Ein wichtiges Ziel der Studie war bzw. ist dabei die Identifikation von Gelingensbedingungen<br />

für einen erfolgreichen Schulentwicklungsprozess. In dem vorliegenden Beitrag<br />

wird in diesem Zusammenhang die Binnenstruktur des Bedingungsfeldes „Organisationskultur<br />

und Schulklima“ (Holtappels & Rollett 2007) in den Blick genommen. Dabei wird der Frage<br />

nachgegangen, unter welchen organisationskulturellen Bedingungen sich zwei als bedeutsame<br />

Indikatoren für die Qualität von Schulbetrieben geltende (s. dazu z.B. Holtappels 2003) Variablen<br />

längsschnittlich günstiger entwickeln: die Innovationsbereitschaft (IB) und das berufsbezogene<br />

Belastungserleben (BE) der an den Schulen tätigen Lehrkräfte. Angenommen wurde dabei, dass<br />

Bedingungsvariablen, die typischerweise als günstige Merkmale der Organisationskultur betrachtet<br />

werden (wie z.B. eine bessere gelingende innerschulische Kooperation), mit einer nachfolgend<br />

günstigeren Entwicklung der Schulen einhergehen und dass dies auch für die beiden hier<br />

in den Mittelpunkt gerückten Aspekte IB und BE gilt. Zur Überprüfung dieser allgemeinen Annahme<br />

wurden die auf Schulebene aggregierten Daten von 87 Grundschulen der beiden Erhebungswellen<br />

2005 und 2007 schrittweisen multiplen Regressionen zugeführt. Prädiktoren waren<br />

die 2005 erfassten Indikatoren der Organisationskultur, abhängige Variablen die 2007 in den<br />

Lehrerkollegien erhobene IB sowie das berufliche BE. Der bereits 2005 in den beiden abhängigen<br />

Variablen erreichte Entwicklungsstand wurde in den Analysen kontrolliert. Zusätzlich fanden<br />

auch Merkmale der Schulorganisation Eingang in die Modelle. Die Analysen ergeben neben<br />

erwarteten Beziehungen (z.B. im Sinne einer besser gelingenden innerschulischen Kooperation)<br />

auch unerwartete Befunde: So zeigt sich im multiplen Bedingungszusammenhang, dass eine<br />

flexiblere Zeitorganisation günstige Entwicklungen in Bezug auf die IB nach sich zieht, aber einen<br />

ungünstigen Effekt auf die Entwicklung der BE hat. Darüber hinaus deuten die Befunde an, dass<br />

eine bessere Integration der Lehrkräfte in den Ganztagsbetrieb mit einer nachteiligen Entwicklung<br />

in der IB der Lehrerkollegien einhergehen kann.<br />

Holtappels, H. G & Rollett, E. (2007). Organisationskultur, Entwicklung und Ganztagsschulausbau. In H. G. Holtappels,<br />

E. Klieme, T. Rauschenbach & L. Stecher (Hrsg.). Ganztagsschule in Deutschland. Ergebnisse der Ausgangserhebung<br />

der „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen“ (StEG). Weinheim: Juventa. S. 209-226.<br />

Holtappels, H. G. (2003). Schulqualität durch Schulentwicklung und Evaluation. Konzepte, Forschungsbefunde,<br />

Instrumente. Neuwied: Luchterhand.<br />

Holtappels, H. G., Klieme, E., Rauschenbach T. & Stecher L. (2007) (Hrsg.). Ganztagsschule in Deutschland. Ergebnisse<br />

der Ausgangserhebung der „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen“ (StEG). Weinheim: Juventa.<br />

286


Di. 11.09.| Symposium 14 | 14:45:15 Uhr – 15:25 Uhr | H 13<br />

Birte Glesemann, Dominik Becker<br />

Der Zusammenhang zwischen schulischer Komposition, dem Einsatz von<br />

Instrumenten individueller Förderung und Chancen(un)gleichheit<br />

Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

Obwohl das Recht auf individuelle Förderung z.B. im Schulgesetz NRW verankert ist (SchulG<br />

NRW, §1), haben internationale Studien gezeigt, dass in Deutschland vor allem Schülerinnen und<br />

Schüler aus sozioökonomisch schlechter gestellten Elternhäusern oder mit Migrationshintergrund<br />

nicht die individuelle Förderung zu Teil wird, die zur Verwirklichung von Chancengerechtigkeit<br />

notwendig wäre (Graumann, 2008: 19). Aus der bildungsökonomischen Schuleffektivitätsforschung<br />

ist bekannt, dass die teacher quality von schulstrukturellen Variablen wie der<br />

sozialen Komposition abhängt (Bonesrønning et al., 2005). Im vorliegenden Beitrag soll daher<br />

untersucht werden, ob der Einsatz von Instrumenten individueller Förderung an Schulen – als<br />

Maß für teacher quality – in Abhängigkeit von der sozialen Komposition der Schulen variiert; und<br />

ob an Schulen mit häufigerer Verwendung individueller Förderungsinstrumente der Zusammenhang<br />

zwischen sozialer Herkunft und Schulerfolg geringer ist. Auf Basis der Schüler- (N = 3229),<br />

Eltern- (N = 2729) und Lehrerfragebögen (N = 564) der im Rahmen des Projekts „Ganz In - Mit<br />

Ganztag mehr Zukunft. Das neue Ganztagsgymnasium NRW“ im Jahr 2010 durchgeführten Ausgangserhebung<br />

an 31 Gymnasien in NRW wird mittels Mehrebenenanalysen zunächst der Effekt<br />

der sozialen Komposition der Schule auf die interschulische Varianz individueller Förderung<br />

berechnet. In einem zweiten Schritt wird ebenfalls mehrebenenanalytisch für jedes der erhobenen<br />

Förderungsinstrumente (z.B. Portfolioarbeit; Einsatz individualisierender Lernaufgaben) der<br />

Zusammenhang mit dem sozialen Gradienten der einzelnen Schulen geschätzt. Die vorliegenden<br />

Befunde werden im Rahmen des Beitrags sowohl unter der Perspektive der Schuleffektivitätsforschung<br />

als auch mit Blick auf die Implikationen für die schulische Praxis diskutiert.<br />

Bonesrønning, H., Falch, T., & Strøm, B. (2005). Teacher sorting, teacher quality, and student composition. European<br />

Economic Review, 49(2), 457-483.<br />

Graumann, O. (2008). Förderung und Heterogenität: Die Perspektive der Schulpädagogik. In K.-H. Arnold, O. Graumann,<br />

& A. Rakhkochkine (Eds.), Handbuch Förderung - Grundlagen, Bereiche und Methoden der individuellen<br />

Förderung von Schülern (pp. 16-25). Weinheim & Basel: Beltz Verlag.<br />

287


Di. 11.09.| Symposium 14 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | H 13<br />

Doris Winkelsett, Dominik Becker<br />

Kooperation zwischen Lehrkräften und weiterem pädagogisch tätigem<br />

Personal: Schulstrukturelle Determinanten und Schülerleistungseffekte<br />

Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

Einerseits kann Kooperation zwischen Lehrkräften einen positiven Effekt auf Schülerleistungen<br />

besitzen (Goddardet al., 2007) und ist somit mit Ditton (2000) als wichtiges Merkmal von Schulqualität<br />

zu nennen. Andererseits muss konstatiert werden, dass Kooperation zwischen Lehrkräften<br />

selten stattfindet, wofür u.a. schulstrukturelle Faktoren als verantwortlich genannt werden<br />

(Fussangel & Gräsel, 2012). Ein lange vernachlässigtes Forschungsfeld ist die Kooperation zwischen<br />

Lehrkräften und dem weiteren pädagogisch tätigem Personal (wptP) an Schulen, zu der<br />

erst in jüngerer Zeit erste Studien vorliegen. In diesem Beitrag soll auf Basis der im Projekt “Ganz<br />

In – Mit Ganztag mehr Zukunft. Das neue Ganztagsgymnasium NRW.” im Jahr 2010 an 31 Gymnasien<br />

in NRW durchgeführten Ausgangserhebung erstens untersucht werden, welche schulstrukturellen<br />

Faktoren wie etwa räumliche und zeitliche Bedingungen für die Kooperation zwischen<br />

Lehrkräften und dem wptP an Ganztagsschulen verantwortlich zeichnen; und zweitens, ob<br />

sich hier ebenfalls positive Effekte auf Schülerleistungen nachweisen lassen. Hierzu wird auf<br />

Grundlage der Befragungen von Schulleitungen (N=31), Lehrkräften (N=564) sowie des wptP‘s<br />

(N=70) in Form von Mehrebenen-Analysen zunächst der Effekt der schulstrukturellen Faktoren<br />

auf die selbsteingeschätzte Kooperation zwischen Lehrkräften und dem wptP geschätzt. Sodann<br />

wird die Varianz dieses Parameters zwischen den Schulen als Prädiktor für die interschulische<br />

Varianz von Schülerleistungen (N=3229) unter Berücksichtigung weiterer Kovariaten verwendet.<br />

Ditton, H. (2000). Qualitätskontrolle und-sicherung in Schule und Unterricht - ein Überblick zum Stand der empirischen<br />

Forschung. In A. Helmke, W. Hornstein, & E. Terhart (Eds.), Qualität und Qualitätssicherung im Bildungsbereich.<br />

Schule, Sozialpädagogik, Hochschule. 41. Beiheft der Zeitschrift für Pädagogik (Vol. 41, pp. 73-92).<br />

Weinheim & Basel: Beltz Verlag.<br />

Fussangel, K., & Gräsel, C. (2012). Lehrerkooperation aus der Sicht der Bildungsforschung. In E. Baum, T.-S. Idel, &<br />

H. Ullrich (Eds.), Kollegialität und Kooperation in der Schule - Theoretische Konzepte und empirische Befunde<br />

(pp. 29-40). Wiesbaden: Springer VS.<br />

Goddard, Y., Goddard, R. D., & Tschannen-Moran, M. (2007). A theoretical and empirical investigation of teacher<br />

collaboration for school improvement and student achievement in public elementary schools. The Teachers<br />

College Record, 109(4), 877-896.<br />

288


Di. 11.09.| Symposium 14 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | H 13<br />

Katharina Maag Merki<br />

Diskussion<br />

<strong>Universität</strong> Zürich<br />

Notizen:<br />

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Di. 11.09.| Symposium 15 | 13:15 Uhr – 16:40 Uhr | H 14<br />

Kai Maaz 1 , Ulrich Trautwein 2<br />

Leistungsbewertungen und soziale Ungleichheiten in der Grundschule<br />

1 <strong>Universität</strong> Potsdam, 2 Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen<br />

maaz@uni-potsdam.de<br />

Die Bewertung von Schülerleistungen ist eine zentrale und wichtige Aufgabe der Lehrkräfte.<br />

Besonders relevant sind Leistungsbewertungen, wenn sie unmittelbare Konsequenzen für die<br />

weitere Schullaufbahn der Schülerinnen und Schüler haben. Dies ist beispielsweise dann der Fall,<br />

wenn die Versetzung in die nächste Klassenstufe gefährdet ist oder wenn mit der Leistungsbewertung<br />

grundlegende Entscheidungen über den weiteren Bildungsweg verbunden sind, wie<br />

beispielsweise bei den Übertrittsempfehlungen am Ende der Grundschule. Die empirische Forschung<br />

hat, gerade in dem vergangenen Jahrzehnt immer wieder gezeigt, dass die Leistungsdiagnostik<br />

nicht frei von Fehlern ist. Das Zusammenwirken von so genannten systematischen und<br />

unsystematischen Fehlereinflüssen sorgt dafür, dass die Qualität von Noten und Übertrittsempfehlungen<br />

aus psychometrischer Sicht insgesamt nicht befriedigend ausfällt.<br />

Im Symposium steht die Frage im Mittelpunkt, inwieweit bei der Leistungsdiagnostik auch Effekte<br />

des sozialen Hintergrunds der Schülerinnen und Schüler und des Geschlechts eine Rolle spielen,<br />

insbesondere in Bezug auf die kritische Phase beim Übertritt von der Grundschule in die<br />

Bildungsgänge der Sekundarstufe I. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Ebenen, die die<br />

Leistungsbewertung beeinflussen, werden in den einzelnen Beiträgen vier zentrale Fragen untersucht:<br />

(1) In welchem Maß lassen sich Effekte der familiären Herkunft auf die Notenvergabe auf<br />

herkunftsbezogene Unterschiede in motivationalen Schülermerkmalen zurückführen? (2) Inwiefern<br />

können Geschlechtsunterschiede in der Benotung auch darauf zurückgeführt werden, dass<br />

Lehrkräfte bei Jungen eine geringere Fähigkeit zur Selbststeuerung im Lernen wahrnehmen als<br />

bei Mädchen? (3) Welchen Einfluss haben verschiedene Indikatoren des sozialen Klassenkontexts<br />

auf die Leistungs- und Schülerbeurteilung? (4) Wie oft geben Lehrkräfte nach eigenen<br />

Angaben eine „falsche“ Gymnasialempfehlung und wie sehr hängen Empfehlungen mit dem<br />

sozialen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler zusammen?<br />

Maaz, K., Baumert, J., Gresch, C. & McElvany, M. (Hrsg.). (2010). Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende<br />

Schule – Leistungsgerechtigkeit und regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten. Bonn &<br />

Berlin: BMBF.<br />

Maaz, K., Baeriswyl, F. & Trautwein, U. (2011). Leistungsdiagnostik und soziale Ungleichheit in der Schule. Expertise<br />

im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland.<br />

Stubbe, T. & Bos, W. (2008). Schullaufbahnempfehlungen von Lehrkräften und Schullaufbahnentscheidungen von<br />

Eltern am Ende der vierten Jahrgangsstufe. Empirische Pädagogik, 22 (1), 49-63.<br />

290


Beiträge<br />

1. Marko Neumann, Kai Maaz, Ulrich Trautwein<br />

Anstrengungsbereitschaft und Gewissenhaftigkeit: Die Bedeutung motivationaler<br />

Merkmale für familiäre Herkunftseffekte bei der Leistungsbewertung<br />

2. Poldi Kuhl<br />

Einschätzungen von Lehrkräften der Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen und ihr Einfluss<br />

auf die Benotung von Jungen und Mädchen<br />

3. Andrea Westphal, Michael Becker, Kai Maaz, Miriam Vock<br />

Statusabhängige Schülerbeurteilungen: Bedeutung von Kontextmerkmalen<br />

4. Christiane Fiege, Kai Maaz, Ulrich Trautwein<br />

Übertrittsempfehlung aus Sicht der Lehrkräfte<br />

291


Di. 11.09.| Symposium 15 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | H 14<br />

Marko Neumann 1 , Kai Maaz 1 , Ulrich Trautwein 2<br />

Anstrengungsbereitschaft und Gewissenhaftigkeit: Die Bedeutung<br />

motivationaler Merkmale für familiäre Herkunftseffekte bei der<br />

Leistungsbewertung<br />

1 <strong>Universität</strong> Potsdam, 2 Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen<br />

Es gilt mittlerweile als gut abgesicherter Befund, dass bei der schulischen Leistungsbewertung<br />

neben objektiven Leistungskriterien auch Merkmale der familiären Herkunft von Bedeutung<br />

sind. So zeigte sich in einer Reihe von Studien, in denen die Schulnoten durch leistungsbezogene<br />

und familiäre Schülermerkmale vorhergesagt wurden, dass auch nach Kontrolle der in Form<br />

standardisierter Leistungstests erfassten Fachleistungen Effekte des sozioökonomischen Status<br />

und des elterlichen Bildungsniveaus auftraten (z.B. Maaz & Nagy, 2009; Stubbe & Bos, 2008).<br />

Vergleichsweise wenig ist bislang über die vermittelnden Prozesse der herkunftsabhängigen<br />

Leistungsbewertung bekannt.<br />

Dieser Beitrag geht der Frage nach, in welchem Maß sich die beschriebenen Effekte der familiären<br />

Herkunft auf die Notenvergabe auf herkunftsbezogene Unterschiede in motivationalen Schülermerkmalen<br />

(selbstberichtete Anstrengungsbereitschaft und Gewissenhaftigkeit im Unterricht)<br />

zurückführen lassen.<br />

Die Datengrundlage bildet die am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung durchgeführte<br />

TIMSS-Übergangsstudie (Maaz, Baumert, Gresch & McElvany, 2010), in der der Übergang von<br />

der Grundschule in die weiterführenden Schulen am Ende der vierten Klasse untersucht wird.<br />

Die Analysen bestätigen zunächst den Einfluss der familiären Herkunft auf die Notenvergabe.<br />

Zudem zeigten sich Effekte der selbstberichteten Anstrengungsbereitschaft und Gewissenhaftigkeit<br />

der Schülerinnen und Schüler auf die Schulnoten, die jedoch nicht mit einer Verringerung<br />

der familiären Herkunftseffekte auf die Leistungsbewertung einhergingen. Allerdings ließen sich<br />

die motivationalen Schülermerkmale teilweise zur Erklärung ebenfalls vorhandener Geschlechtsunterschiede<br />

bei der Notenvergabe heranziehen.<br />

Stubbe, T. & Bos, W. (2008). Schullaufbahnempfehlungen von Lehrkräften und Schullaufbahnentscheidungen von<br />

Eltern am Ende der vierten Jahrgangsstufe. Empirische Pädagogik, 22 (1), 49-63.<br />

Maaz, K., Baumert, J., Gresch, C. & McElvany, M. (Hrsg.). (2010). Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende<br />

Schule – Leistungsgerechtigkeit und regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten. Bonn &<br />

Berlin: BMBF.<br />

Maaz, K., & Nagy, G. (2009). Der Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen des Sekundarschulsystems:<br />

Definition, Spezifikation und Quantifizierung primärer und sekundärer Herkunftseffekte. Zeitschrift<br />

für Erziehungswissenschaft, Sonderheft 12-2009 (Bildungsentscheidungen), 153-182.<br />

292


Di. 11.09.| Symposium 15 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | H 14<br />

Poldi Kuhl<br />

Einschätzungen von Lehrkräften der Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen<br />

und ihr Einfluss auf die Benotung von Jungen und Mädchen<br />

Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen<br />

In den letzten Jahren wurde den Bildungskarrieren von Jungen vermehrte Aufmerksamkeit gewidmet;<br />

häufig werden sie jetzt als "die neuen Bildungsverlierer" bezeichnet (Hannover & Kessels, 2011).<br />

Heutzutage sind Jungen an niedrigen Bildungsgängen überrepräsentiert und sie verlassen die Schule<br />

häufiger als Mädchen ohne oder nur mit einem geringwertigen Abschlusszertifikat. Da Noten beim<br />

Übergang auf die Sekundarschule einen wesentlichen Prädiktor der Empfehlung darstellen (Anders,<br />

McElvany & Baumert, 2010), verdient die Tatsache Aufmerksamkeit, dass Mädchen in der Grundschule<br />

bessere Noten erhalten als Jungen, auch wenn man für den Einfluss ihrer fachlichen Leistungen<br />

kontrolliert (Valtin, Wagner & Schwippert, 2005). In diesem Beitrag wird daher der Frage nachgegangen,<br />

inwiefern Geschlechtsunterschiede in der Benotung auch darauf zurückgeführt werden können,<br />

dass Lehrkräfte bei Jungen eine geringere Fähigkeit zur Selbststeuerung im Lernen wahrnehmen als<br />

bei Mädchen.<br />

Im Rahmen einer Längsschnittstudie zur Kompetenzentwicklung in der Grundschule nahmen N= 1.533<br />

Mädchen und Jungen aus 78 vierten Grundschulklassen an standardisierten Leistungstests zum Leseverständnis<br />

und in Mathematik teil. Die Lehrkräfte berichteten für jedes der Kinder in ihrer Klasse<br />

zudem die Halbjahresnoten für Deutsch und Mathematik sowie individuelle Einschätzungen zum<br />

Ausmaß der Fähigkeit zur Selbststeuerung im Lernen.<br />

Die Analysen zeigten, dass in Deutsch die Mädchen auch nach Kontrolle ihrer Lesekompetenz-<br />

Testleistungen bessere Noten hatten. Diese konnten teilweise durch die stärkere von der Lehrkraft<br />

wahrgenommene Selbststeuerung im Lernen erklärt werden. Für Mathematik waren die Ergebnisse<br />

weniger klar interpretierbar. Nach Kontrolle des Einflusses der Testleistungen ergab sich keine Ungleichbenotung<br />

der Geschlechter in Mathematik. Wurden jedoch zusätzlich die Einschätzungen der<br />

Lehrkräfte zur Selbststeuerungsfähigkeit ihrer Schülerinnen und Schüler herauspartialisiert, so wurden<br />

Jungen in Mathematik relativ besser bewertet als Mädchen. Die Ergebnisse der Studie werden dahingehend<br />

diskutiert, inwiefern sie auf tatsächliche Geschlechtsunterschiede in der Selbststeuerungsfähigkeit<br />

zurückgehen oder aber auch durch Geschlechtsstereotype der Lehrkräfte erklärt werden könnten.<br />

Anders, Y., McElvany, N. & Baumert, J. (2010). Die Einschätzung lernrelevanter Schülermerkmale zum Zeitpunkt<br />

des Übergangs von der Grundschule auf die weiterführende Schule: Wie differenziert urteilen Lehrkräfte? In:<br />

K.Maaz, J. Baumert, C. Gresch & N.McElvany (Hrsg.). Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende<br />

Schule – Leistungsgerechtigkeit und regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten (S. 313-330). Bonn<br />

& Berlin: BMBF.<br />

Hannover, B. & Kessels, U. (2011). Sind Jungen die neuen Bildungsversager? Empirische Befunde und theoretische<br />

Erklärungsansätze zu geschlechtsspezifischen Bildungsdisparitäten. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie,<br />

25, 89-103.<br />

Valtin, R., Wagner, C. & Schwippert, K. (2005). Schülerinnen und Schüler am Ende der vierten Klasse – schulische<br />

Leistungen, lernbezogene Einstellungen und außerschulische Lernbedingungen. In W. Bos, E.-M. Lankes, M.<br />

Prenzel, K. Schwippert, R. Valtin & G. Walther (Hrsg.), IGLU. Vertiefende Analysen zu Leseverständnis, Rahmenbedingungen<br />

und Zusatzstudien (S. 187–238). Münster: Waxmann.<br />

293


Di. 11.09.| Symposium 15 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | H 14<br />

Andrea Westphal, Michael Becker, Kai Maaz, Miriam Vock<br />

Statusabhängige Schülerbeurteilungen: Bedeutung von Kontextmerkmalen<br />

<strong>Universität</strong> Potsdam<br />

Lehrkräfte beurteilen alltäglich die Leistungen ihrer Schüler und Schülerinnen. Indem sie Noten<br />

vergeben, bei Schullaufbahnentscheidungen beraten und Bildungsempfehlungen aussprechen,<br />

haben sie einen entscheidenden Einfluss auf die Bildungsbiografien von Schülern und Schülerinnen.<br />

Die Genauigkeit von Lehrkrafturteilen ist deshalb wesentlich. Im Hinblick auf soziale Disparitäten<br />

bei der Bildungsbeteiligung und beim Kompetenzerwerb wurden soziale Herkunftseffekte<br />

auf Leistungsbeurteilungen nachgewiesen: Empirische Studien zeigen, dass die Leistungen von<br />

Schülern und Schülerinnen mit günstigem sozialem Hintergrund positiver beurteilt werden als<br />

Leistungen von Schülern und Schülerinnen mit vergleichbarem Leistungsniveau, aber weniger<br />

günstigem sozialem Hintergrund (z.B. Maaz et al., 2008). Weniger eindeutig ist die Befundlage<br />

zur Bedeutung der Klassenzusammensetzung für die Leistungsbeurteilung, was teilweise auf<br />

deren unterschiedliche Operationalisierung zurückzuführen sein mag (z.B. Neumann, Milek,<br />

Maaz & Gresch, 2010). In der vorliegenden Untersuchung wurde der Zusammenhang zwischen<br />

verschiedenen Indikatoren des sozialen Klassenkontexts und der Leistungsbeurteilung untersucht.<br />

Zugrunde lagen Daten der Studie „Übergang“, für die in Kooperation mit der Third International<br />

Mathematics and Science Study (TIMSS) im Schuljahr 2006/2007 Leistungsdaten von<br />

4768 Viertklässlern und -klässlerinnen aus 127 Klassen in 13 Bundesländern erfasst und deren<br />

Eltern sowie Klassenlehrer und lehrinnen befragt wurden. Vorgestellt werden mittels Mehrebenenanalysen<br />

gewonnene empirische Befunde zu Kontexteffekten der sozialen Klassenzusammensetzung<br />

auf die Leistungsbeurteilung.<br />

Maaz, K., Neumann, M., Trautwein, U., Wendt, W., Lehmann, R. & Baumert, J. (2008). Der Übergang von der<br />

Grundschule in die weiterführende Schule: Die Rolle von Schüler- und Klassenmerkmalen beim Einschätzen<br />

der individuellen Lernkompetenz durch die Lehrkräfte. Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften,<br />

30 (3), 519-548<br />

Neumann, M., Milek, A., Maaz, K. & Gresch, C. (2010). Zum Einfluss der Klassenzusammensetzung auf den Übergang<br />

von der Grundschule in die weiterführenden Schulen. In K. Maaz, J. Baumert, C. Gresch & N. McElvany<br />

(Hrsg.), Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule – Leistungsgerechtigkeit und regionale,<br />

soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten (S. 229-251). Bonn & Berlin: BMBF.<br />

294


Di. 11.09.| Symposium 15 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | H 14<br />

Christiane Fiege 1 , Kai Maaz 2 , Ulrich Trautwein 1<br />

Übertrittsempfehlung aus Sicht der Lehrkräfte<br />

1 Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen, 2 <strong>Universität</strong> Potsdam<br />

Der Übertritt von der Grundschule in die Bildungsgänge der Sekundarstufe I stellt eine zentrale<br />

Gelenkstelle für die individuellen Bildungsverläufe von Schülerinnen und Schülern dar. In der<br />

Bildungsforschung besteht dabei Konsens darüber, dass der Schulübertritt eine entscheidende<br />

Station für die Entstehung von Bildungsungleichheiten darstellt. Hierbei spielen primäre und<br />

sekundäre Herkunftseffekte (Boudon, 1974) eine zentrale Rolle. Primäre Herkunftseffekte sind<br />

Einflüsse der sozialen Herkunft, die sich direkt auf die Leistungsentwicklung auswirken. Sekundäre<br />

Herkunftseffekte hingegen beschreiben Effekte unterschiedlicher Bildungsaspirationen und<br />

Bildungsentscheidungen von Eltern verschiedener Sozialschichten. Ein weiterer zentraler Faktor<br />

für den Schulübertritt ist die Lehrkraft einer Grundschulklasse, die eine – in einigen Bundesländern<br />

verbindliche – Übergangsempfehlung stellt.<br />

In diesem Beitrag soll die Bedeutung unterschiedlicher Bildungsaspirationen der Lehrkräfte für<br />

den Schulübertritt und Schulerfolg betrachtet werden. Folgende Fragen stehen im Zentrum der<br />

Analyse: Wie oft geben Lehrkräfte nach eigenen Angaben eine „falsche“ Gymnasialempfehlung?<br />

Wie sehr hängen „falsche“ Gymnasialempfehlungen mit dem sozialen Hintergrund der Schülerinnen<br />

und Schüler zusammen? Wird von Lehrkräften das familiäre und soziale Umfeld bei der<br />

Übertrittsempfehlung für wichtig erachtet? Die Daten entstammen der TIMSS-Übergangsstudie,<br />

die am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung durchgeführte wurde (Maaz, Baumert,<br />

Gresch & McElvany, 2010). Nach dem Bericht der Lehrkräfte ist ein durchaus substanzieller<br />

Anteil der Empfehlungen zu gut oder zu schlecht. Die Befunde deuten auch darauf hin, dass<br />

Lehrkräfte den sozialen Hintergrund als wichtig für den Bildungserfolg der Schülerinnen und<br />

Schüler erachten. Allerdings zeigten sich keine Interaktionseffekte zwischen der Bedeutung, die<br />

Lehrkräfte dem sozialen Hintergrund für den Erfolg in der Sekundarstufe I zusprechen und der<br />

sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler in Hinblick auf die Übertrittsempfehlung.<br />

Boudon, R. (1974). Education, opportunity, and social inequality: Changing prospects in Western society. New<br />

York: Wiley.<br />

Maaz, K., Baeriswyl, F. & Trautwein, U. (2011). Leistungsdiagnostik und soziale Ungleichheit in der Schule. Expertise<br />

im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland.<br />

Maaz, K., Baumert, J., Gresch, C. & McElvany, M. (Hrsg.). (2010). Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende<br />

Schule – Leistungsgerechtigkeit und regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten. Bonn &<br />

Berlin: BMBF.<br />

295


Di. 11.09.| Symposium 16 | 13:15 Uhr – 17:25 Uhr | Raum S2 107<br />

Stefan Krauss, Anita Schilcher<br />

FALKO: Testentwicklung zur Erhebung fachspezfischer Lehrerkompetenzen<br />

– ein interdisziplinäres Projekt von Fachdidaktiken und Pädagogik an der<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

brigitte.eichenseher@mathematik.uni-r.de<br />

Die Projektgruppe FALKO („Fachspezifische Lehrerkompetenzen“), eine Gruppe von Fachdidaktikern<br />

und Pädagogen der <strong>Universität</strong> Regensburg, entwickelt Tests zum Professionswissen von<br />

Lehrkräften der Sekundarstufe I für verschiedene Fächer. Dem Forschungsprojekt liegt ein gemeinsames<br />

Rahmenkonzept zugrunde, das sich an der COACTIV-Studie (Kunter et al., 2011;<br />

Krauss et al., 2011) anlehnt.<br />

Inzwischen werden von den Didaktiken der Fächer Deutsch, Englisch, Latein, Geschichte, Musik,<br />

evangelische Religionslehre und Physik jeweils Tests zum fachdidaktischen Wissen und zum<br />

Fachwissen konstruiert. Diese Tests werden, der Taxonomie Shulmans (1986) folgend, durch<br />

einen Test über pädagogisches Wissen ergänzt, der für Lehrkräfte aller Fachrichtungen einsetzbar<br />

ist.<br />

Im Symposium wird der Stand aus einigen ausgewählten Fächern berichtet. Dabei werden die<br />

Bedeutung der gemeinsamen theoretischen Rahmenkonzeption herausgestellt sowie domänenspezifische<br />

Fragestellungen und Herangehensweisen erläutert, um deutlich zu machen, dass sich<br />

die Kompetenz von Lehrenden nur vor dem Hintergrund des Faches beurteilen lässt.<br />

Kunter, M., Baumert, J., Blum, W., Klusmann, U., Krauss, S. & Neubrand, M. (2011) (Hrsg.): Professionelle Kompetenz<br />

von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann.<br />

Krauss, S., Blum, W., Brunner, M, Neubrand, M., Baumert, J., Kunter, M., Besser, M. & Elsner, J. (2011). Konzeptualisierung<br />

und Testkonstruktion zum fachbezogenen Professionswissen von Mathematiklehrkräften. In: Kunter,<br />

M., Baumert, J., Blum, W., Klusmann, U., Krauss, S. & Neubrand, M. (Hrsg.): Professionelle Kompetenz von<br />

Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann, S. 135-161.<br />

Shulman, L. S. (1986): Those who understand: Know¬ledge growth in teaching. Educational Researcher, 15(2), pp.<br />

4-14.<br />

296


Beiträge<br />

1. Stefan Krauss, Anja Göhring<br />

Messung fachspezifischer Lehrerkompetenzen - Rahmenkonzeption des Projekts FALKO<br />

illustriert an den Unterrichtsfächern Mathematik und Physik<br />

2. Jakob Karg, Alfred Lindl<br />

Lehrerkompetenzen in den Fächern Englisch (E) und Latein (L) am Gymnasium<br />

3. Anita Schilcher Markus Pissarek<br />

Fachspezifische Lehrerkompetenzen im Fach Deutsch<br />

4. Michael Fricke<br />

Fachspezifische Lehrerkompetenzen im Fach Evangelische Religionslehre<br />

5. Susanne Sauer, Regina H. Mulder<br />

Pädagogische Professionalität von Lehrenden – Entwicklung eines Messinstruments<br />

297


Di. 11.09.| Symposium 16 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum S2 107<br />

Stefan Krauss, Anja Göhring<br />

Messung fachspezifischer Lehrerkompetenzen - Rahmenkonzeption des<br />

Projekts FALKO illustriert an den Unterrichtsfächern Mathematik und<br />

Physik<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

Dieser einleitende Vortrag verfolgt zwei Ziele. Zum Einen wird die theoretische Rahmenkonzeption,<br />

die der Testkonstruktion zum Fachdidaktischen Wissen und zum Fachwissen verschiedener<br />

Unterrichtsfächer zugrunde liegt, erläutert. Zum Anderen wird die Testkonstruktion an Itembeispielen<br />

der Unterrichtsfächer Mathematik (in COACTIV verwirklicht) und Physik illustriert.<br />

Die im Rahmen von COACTIV (Kunter et. al. 2011) für das Fach Mathematik entwickelten Tests<br />

waren Ausgangspunkt für die Entwicklung vergleichbarer Tests der am Projekt FALKO beteiligten<br />

Fächer. So wurden als Subfacetten des Fachdidaktischen Wissens das „Erklären und Repräsentieren<br />

von Sachverhalten“ sowie das „Kennen typischer Schülerfehler und Lernschwierigkeiten“<br />

operationalisiert. Während als dritte Subfacette des Mathematiktests das „Erkennen des multiplen<br />

Lösungspotenzials von Aufgaben“ erhoben wurde, ist für das Fachdidaktische Wissen im<br />

Rahmen des Physiktests das „Messen und Experimentieren“ von großer Relevanz. Der Fachwissenstest<br />

umfasst vertieftes Hintergrundwissen zur Schulphysik der Sekundarstufe I und hebt sich<br />

von bisherigen Tests (z. B. Riese & Reinhold 2009) ab, indem er nicht nur das Fachwissen in der<br />

Mechanik, sondern auch bzgl. der Elektrik, Optik, Wärmelehre und Radioaktivität abbildet.<br />

In der COACTIV-Studie hat sich vor allem das fachdidaktische Wissen von Mathematiklehrkräften<br />

als prädiktiv valide für die Unterrichtsqualität und den Lernzuwachs der Schüler herausgestellt<br />

(Baumert & Kunter 2011). Diese Ergebnisse ermutigen dazu, entsprechende Tests für andere<br />

Unterrichtsfächer zu entwickeln.<br />

Baumert, J., Kunter, M. (2011). Das mathematikspezifische Wissen von Lehrkräften, kognitive Aktivierung im<br />

Unterricht und Lernfortschritte von Schülerinnen und Schülern. In: Kunter, M., Baumert, J., Blum, W., Klusmann,<br />

U., Krauss, S. & Neubrand, M. (Hrsg.): Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms<br />

COACTIV. Münster: Waxmann, S. 163-192.<br />

Kunter, M., Baumert, J., Blum, W., Klusmann, U., Krauss, S. & Neubrand, M. (2011) (Hrsg.): Professionelle Kompetenz<br />

von Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann.<br />

Riese, J., Reinhold, P. (2008). Entwicklung und Validierung eines Instruments zur Messung professioneller Handlungskompetenz<br />

bei (angehenden) Physiklehrkräften. Lehrerbildung auf dem Prüfstand, 1(2), S. 625-640.<br />

298


Di. 11.09.| Symposium 16 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum S2 107<br />

Jakob Karg, Alfred Lindl<br />

Lehrerkompetenzen in den Fächern Englisch (E) und Latein (L) am<br />

Gymnasium<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

Der vorliegende Beitrag ist in das Forschungsprojekt FALKO (Fachspezifische Lehrerkompetenzen)<br />

der <strong>Universität</strong> Regensburg eingebunden. Die wissenschaftliche Fragestellung und die Rahmenkonzeption<br />

sind dem einführenden Beitrag (Krauss) zu entnehmen. Es werden der bisherige<br />

Testentwicklungsverlauf beider Fächer und erste Beobachtungen an den Testergebnissen dargestellt.<br />

Das Testkonstrukt in E geht grundsätzlich von den Vorgaben des GER aus, der Kompetenzaufbau<br />

in Sprachhandlungsbereichen und kulturelles Wissen in Anwendungssituationen fordert.<br />

In L ist der Testaufbau an Gymnasiallehrplänen und den EPA orientiert. Die jeweils fachspezifischen<br />

Kompetenzen müssen sich im Lehrerwissen insofern abbilden, als die didaktische Förderung<br />

dieser Kompetenzen das unterrichtliche Handeln des/r Fachlehrers/-in wesentlich bestimmt.<br />

Die Testitems versuchen im fachdidakt. Teil 1 die jeweiligen Kompetenzbereiche abzudecken,<br />

der fachwiss. Teil 2 soll exemplarisch entsprechendes Fachwissen erfassen, dessen inhaltliche<br />

Komposition sich nach universitären Teilfächern richtet. Der typologische Passungsgrad<br />

einzelner Items wurde in der Pilotierungsphase zusammen mit Trennschärfe und Schwierigkeitsgrad<br />

empirisch überprüft, indem die Testteilnehmer um eine Relevanzeinschätzung der angesprochenen<br />

Domänen des E- bzw. L-Unterrichts gebeten wurden.<br />

Schulung und Urteile der Rater ergaben in E wichtige Hinweise für Itemkonstruktion und Kodierungsbewertungen,<br />

so dass trotz weiterer nötiger Optimierung des Testinstruments dessen<br />

Pilotierung größtenteils geleistet, während sie für L noch nicht beendet ist.<br />

Blömeke, S., Bremerich-Vos, A. Haudeck, H., Kaiser, G., Nold, G., Schwippert , K. & Willenberg, H. (2011) (Hrsg.):<br />

Kompetenzen von Lehramtsstudie¬renden in gering strukturierten Domänen. Erste Ergebnisse aus TEDS-LT.<br />

Münster: Waxmann.<br />

Müller-Hartmann, Andreas & Marita Schocker-v. Ditfurth (eds.) (2001). Qualitative Forschung im Bereich Fremdsprachen<br />

lehren und lernen. Tübingen: Gunter Narr Verlag.<br />

Zydatiß, Wolfgang (Hrsg.) (1998). Fremdsprachenlehrerausbildung – Reform oder Konkurs? Berlin & München:<br />

Langenscheidt.<br />

299


Di. 11.09.| Symposium 16 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum S2 107<br />

Anita Schilcher Markus Pissarek<br />

Fachspezifische Lehrerkompetenzen im Fach Deutsch<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

Der vorliegende Beitrag ist in das Forschungsprojekt FALKO (Fachspezifische Lehrerkompetenzen)<br />

der <strong>Universität</strong> Regensburg eingebunden. Die wissenschaftliche Fragestellung und die Rahmenkonzeption<br />

sind dem einführenden Beitrag (Krauss) zu entnehmen. Ein Diskurs zur domänenspezifischen<br />

Expertiseforschung im Fach Deutsch beginnt sich erst zu etablieren. Erste Ergebnisse<br />

aus TEDS-LT mit studentischer Stichprobe liegen vor (Blömeke et al. 2011). Das DFG-<br />

Schwerpunkt -Programm LUK (Literaturästhetische Urteilskompetenz) diskutiert anhand eines<br />

komplexen Lernbereichs des Deutschunterrichts die Schwierigkeit, schwer messbare Kompetenzen<br />

auf Schülerseite für Testverfahren zu operationalisieren und valide Messinstrumente zu<br />

entwickeln (Roick et al. 2010). FALKO-Deutsch entwickelte hingegen in mehreren Pilotierungsphasen<br />

einen aufgabenbasierten Fragebogen für Lehrkräfte. Hauptanliegen ist dabei, nicht<br />

nur leicht zu operationalisierende und validierende Kompetenzen zu beschreiben, sondern auch<br />

komplexere Aufgabenfelder des Deutschunterrichts mit einzubeziehen (u. a. Textproduktion,<br />

literarisches Verstehen, Diagnosekompetenz von Schülerschwierigkeiten) und Aufgabenformate<br />

zu entwerfen, die die Handlungsdimension sichtbar machen. Der Beitrag gibt einen Bericht zur<br />

Aufgabenkonstruktion unter Mithilfe von Fachdiskurs und Deutschlehrkräften und reflektiert<br />

Schwierigkeiten bei der Festlegung zentraler Fachinhalte. Erste Forschungsergebnisse aus der<br />

zweijährigen Pilotierungsphase werden vorgestellt und Erkenntnisse aus der Testvalidierung<br />

(Interrater-Reliabilität) diskutiert.<br />

Blömeke, S., Bremerich-Vos, A., Haudeck, H., Kaiser, G., Lehmann, R., Nold, G., Schwippert, K. & Willenberg, H.<br />

(Hrsg.) (2011): Kompetenzen von Lehramtsstudierenden in gering strukturierten Domänen – Erste Ergebnisse<br />

aus TEDS-LT. Münster: Waxmann.<br />

Krauss, S., Blum, W., Brunner, M, Neubrand, M., Baumert, J., Kunter, M., Besser, M. & Elsner, J. (2011). Konzeptualisierung<br />

und Testkonstruktion zum fachbezogenen Professionswissen von Mathematiklehrkräften. In: Kunter,<br />

M., Baumert, J., Blum, W., Klusmann, U., Krauss, S. & Neubrand, M. (Hrsg.): Professionelle Kompetenz von<br />

Lehrkräften. Ergebnisse des Forschungsprogramms COACTIV. Münster: Waxmann, S. 135-161.<br />

Roick, T., Stanat, P., Dickhäuser, O., Frederking, V., Meier, C. & Steinhauer, L. (2010). Strukturelle und kriteriale<br />

Validität der literarästhetischen Urteilskompetenz. Projekt literarästhetische Urteilskompetenz. In: KLIEME, E.,<br />

LEUTNER, D. & KENK, M. (Hrsg.): Kompetenzmodellierung. Zwischenbilanz des DFG-Schwerpunktprogramms<br />

und Perspektiven des Forschungsansatzes. 56. Beiheft der Zeitschrift für Pädagogik . Weinheim: Beltz, S. 165-<br />

174.<br />

300


Di. 11.09.| Symposium 16 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum S2 107<br />

Michael Fricke<br />

Fachspezifische Lehrerkompetenzen im Fach Evangelische Religionslehre<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

Der vorliegende Beitrag ist in das Forschungsprojekt FALKO (Fachspezifische Lehrerkompetenzen)<br />

der <strong>Universität</strong> Regensburg eingebunden. Wissenschaftliche Fragestellung und Rahmenkonzeption<br />

sind dem einführenden Beitrag (Krauss) zu entnehmen. In der Evangelischen Religionsdidaktik<br />

werden seit 15 Jahren Konzepte darüber entwickelt, welche theologischreligionspädagogischen<br />

Kompetenzen auf Lehrerseite in Studium, Vorbereitungsdienst und Berufseingangsphase<br />

erworben werden sollen. In der jüngsten einschlägigen Veröffentlichung<br />

werden „religionspädagogische Reflexions-, Gestaltungs-, Förder-, Entwicklungs-, und Dialog-<br />

und Diskurskompetenz“ unterschieden (Kirchenamt der EKD 2009, 20f.), wobei offen ist, wie z.B.<br />

die Teilkompetenz „Fähigkeit zur theologisch und religionsdidaktisch sachgemäßen Erschließung<br />

zentraler Themen des Religionsunterrichts“ (ebd.) zu füllen ist. Erste empirisch-explorative Untersuchungen<br />

(Hofmann 2008) liegen vor, es gibt jedoch noch keine validierten Testverfahren<br />

zur Messung fachdidaktischen Wissens und Fachwissens.<br />

Diese Lücke versucht der Testbogen zu schließen, der am Institut für Ev. Theologie an der <strong>Universität</strong><br />

Regensburg entwickelt wurde. Nach einer sechsmonatigen Phase der Konstruktion, bei<br />

der Kollegen aus Lehre und Schulpraxis beratend mitwirkten, kam er als Pilotversion bei 30 Lehrkräften<br />

der Sekundarstufe zum Einsatz. Der Beitrag fragt nach Problemen und Wegen, „religionspädagogische<br />

Kompetenz“ in Testitems abzubilden, stellt statistisch-deskriptive Ergebnisse<br />

vor und gibt Einblick in die Weiterentwicklung des Tests bis zum aktuellen Stand.<br />

Hofmann, R. (2008): Religionspädagogische Kompetenz. Eine empirisch-explorative Studie zur Evaluation religionspädagogischer<br />

Kompetenz von ReligionslehrerInnen, Hamburg: Kovač.<br />

Kirchenamt der EKD (2009) (Hg.): Theologisch-Religionspädagogische Kompetenz - Professionelle Kompetenzen<br />

und Standards für die Religionslehrerausbildung. Empfehlungen der Gemischten Kommission zur Reform des<br />

Theologiestudiums, Hannover: Kirchenamt der EKD.<br />

301


Di. 11.09.| Symposium 16 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum S2 107<br />

Susanne Sauer, Regina H. Mulder<br />

Pädagogische Professionalität von Lehrenden – Entwicklung eines<br />

Messinstruments<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

Der vorliegende Beitrag ist in das Forschungsprojekt FALKO (Fachspezifische Lehrerkompetenzen)<br />

der <strong>Universität</strong> Regensburg eingebunden. Die wissenschaftliche Fragestellung und die Rahmenkonzeption<br />

sind dem einführenden Beitrag (Krauss) zu entnehmen. In der internationalen<br />

Forschung gibt es bislang kein Instrument, durch das pädagogische Professionalität von Lehrern<br />

umfassend erhoben werden kann. In diesem Projekt wurde daher ein solches Instrument entwickelt.<br />

Durch eine intensive Literaturrecherche konnten fünf Lehrerrollen identifiziert werden:<br />

Entwickler, Unterrichtsgestalter, Coach, Wissenschaftler und Lebenslang Lernender. Ein professioneller<br />

Lehrer ist, wer die fünf Lehrerrollen adaptiert, theoretisches Wissen besitzt, dieses in<br />

der Praxis umsetzt und sich stets weiterentwickelt. Das Instrument wurde nach der Szenario-<br />

Technik entwickelt, welches realitätsnahe problematische Situationen aus dem Schulalltag des<br />

Lehrers darstellt. Die Szenarien lassen sich neben den fünf Lehrerrollen vier pädagogischen<br />

Themenfeldern zuordnen (5x4-Design): Migrationsbedingte- und Leistungsheterogenität, Medien-<br />

und Evaluationskompetenz. Zur Validierung wurden zwei Interviewstudien(N=70) mit erfahrenen<br />

Lehrern und eine Pilotierung (N= 150) durchgeführt. Die Antworten der Lehrer spiegeln<br />

ihr Handlungswissen in der jeweiligen Situation wider und werden anhand einer quantitativen<br />

Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Ergebnisse hinsichtlich der Gütekriterien werden im Vortrag<br />

präsentiert.<br />

Cochran-Smith, M. (2005). Teacher educators as researchers: multiple perspectives. Teaching and Teacher Education,<br />

21, 219-225.<br />

Mulder, R.H., Messmann, G. & Gruber, H. (2009). Professionelle Entwicklung von Lehrenden als Verbindung von<br />

Professionalität und professionellem Handeln. In O. Zlatkin-Troitschanskaia, K. Beck, D. Sembill, R. Nickolaus &<br />

R.H. Mulder (Hrsg.): Lehrprofessionalität. Bedingungen, Genese, Wirkungen und ihre Messung (S.401-409).<br />

Weinheim: Beltz.<br />

Shulman, L.S. (1987). Knowledge and teaching: Foundations of the new reform. Harvard Educational Review, 57, 1-<br />

22.<br />

302


Di. 11.09.| Symposium 17 | 13:15 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 107<br />

Karl-Heinz Arnold 1 , Alexander Gröschner 2 , Tina Hascher 3<br />

Schulpraktika in der Lehrerbildung: Einflussfaktoren und multikriteriale<br />

Effekte (Teil 1)<br />

1 <strong>Universität</strong> Hildesheim, 2 Technische <strong>Universität</strong> München, 3 <strong>Universität</strong> Salzburg<br />

arnold@uni-hildesheim.de<br />

Schul- und Unterrichtspraktika sind ein zentrales Element der hochschulischen Lehrerbildung<br />

(Arnold, Hascher, Messner, Niggli, Patry & Rahm, 2011). Das gilt – mit einigen Ausnahmen – auch<br />

in internationaler Perspektive (Clift & Brady, 2005). Zwar variieren die curriculare Gestaltung und<br />

die institutionellen Rahmenbedingungen dieser Praxisphasen, aber zumeist schließen Schulpraktika<br />

nicht nur Analysen im Feld, sondern auch planungsbasierte Unterrichtserprobungen ein. Auf<br />

dieses gemeinsame Element richten sich die in dem Doppelsymposium vorgestellten Studien.<br />

Die nicht sehr umfangreiche empirische Forschungslage zur Lernwirksamkeit von Schulpraktika<br />

(Hascher, im Druck) steht in auffallendem Kontrast zu ihrer hohen Wertschätzung durch die<br />

Studierenden und zur jedenfalls in den deutschsprachigen Ländern in der vergangenen Dekade<br />

aufgekommenen starken bildungspolitischen Beachtung dieser Studienelemente. Das Doppelsymposium<br />

präsentiert aktuelle Studien zu zwei grundlegenden Forschungssträngen im Bereich<br />

der Schulpraktika. (1) Der erste Symposiumsstrang zeigt empirische Zugänge zur Erfassung von<br />

Lernwirkungen. Dabei werden sowohl Erfassungsinstrumente (Selbst- und Fremdeinschätzungsskalen,<br />

Tagebucheintragungen, Videographien) als auch längsschnittliche Designs (Lernfortschrittsanalyse,<br />

kausale und mediatorbezogene Analysen) vorgestellt. (2) Der zweite Symposiumsstrang<br />

umfasst Studien zum zentralen didaktischen Gestaltungselement von universitär<br />

begleiteten Praxisphasen; untersucht werden die Effekte von Supervision, Mentoring und Coaching.<br />

Arnold, K.-H., Hascher, T., Messner, R., Niggli, A., Patry, J.-L. & Rahm, S. (2011). Empowerment durch Schulpraktika:<br />

Perspektiven wechseln in der Lehrerbildung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Clift, R. T. & Brady, P. (2005). Research on methods courses and field experiences. In M. Cochran-Smith & K. M.<br />

Zeichner (Hrsg.), Studying Teacher Education (S. 309–424). Mahwah: Erlbaum.<br />

Hascher, T. (îm Druck). (im Druck). Lernfeld Praktikum – Evidenzbasierte Entwicklungen in der Leher/innenbildung.<br />

Zeitschrift für Bildungsforschung.<br />

303


Beiträge<br />

1. Andreas Bach, Kris-Stephen Besa, Karl-Heinz Arnold<br />

Kompetenzentwicklung im Schulpraktikum: Ergebnisse aus dem Projekt ESIS (Entwicklung<br />

Studierender in Schulpraktika)<br />

2. Titus Guldimann, Matthias Baer, Corinne Wyss, Mirjam Kocher<br />

Gelingt es der Lehrerbildung, dass Lehrpersonen kognitiv herausfordernd unterrichten?<br />

3. Christoph Schneider, Rainer Bodensohn<br />

Entwicklung der Schlüsselkompetenzen Lehramtsstudierender im Längsschnitt der ersten<br />

Phase – erste Ergebnisse aus der KOSTA-Studie<br />

4. Cornelia Kittinger, Tina Hascher<br />

Formen des Lernens im Schulpraktikum - Analysen aus einer Lerntagebuchstudie<br />

5. Alexander Gröschner, Janina Häusler, Tina Seidel<br />

Einstellungen von Mentorinnen und Mentoren gegenüber der Lernbegleitungvon Lehramtsstudierenden<br />

im Praktikum<br />

304


Di. 11.09.| Symposium 17 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 107<br />

Andreas Bach 1 , Kris-Stephen Besa 2 , Karl-Heinz Arnold 2<br />

Kompetenzentwicklung im Schulpraktikum: Ergebnisse aus dem Projekt<br />

ESIS (Entwicklung Studierender in Schulpraktika)<br />

1 Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin, 2 <strong>Universität</strong> Hildesheim<br />

Schulpraktika sind ein bedeutsames Element der Lehrerbildung. Allgemeine Schulpraktika intendieren<br />

insbesondere den Erwerb und die Erweiterung allgemeindidaktischer Kompetenz (vgl.<br />

Arnold et al., 2011). Bislang ist allerdings weitgehend unklar, ob die intendierten Lernwirkungen<br />

faktisch erreicht werden.<br />

Das Projekt ESIS (vgl. Bach, Brodhäcker &Arnold, 2010) untersucht die Entwicklung der allgemeindidaktischen<br />

Planungskompetenz von Lehramtsstudierenden im Rahmen der schulpraktischen<br />

Ausbildung. Neben der Kompetenzentwicklung wird untersucht, welchen Einfluss Bedingungsfaktoren<br />

(u.a. pädagogische Vorerfahrungen, Selbstwirksamkeitserwartung, Qualität der<br />

Beziehung zur Mentorenperson) auf die Entwicklung haben. Die Längsschnittstudie erfasst die<br />

Kompetenzselbsteinschätzung der Studierenden und die korrespondierenden Fremdeinschätzungen<br />

von Mentoren mit Hilfe einer selbstentwickelten Einschätzungsskala (vgl. Bach, Besa,<br />

Brodhäcker & Arnold, im Druck). Die Datenauswertung erfolgt mit Hilfe linearer Strukturgleichungsmodelle.<br />

Im Rahmen einer Latent-Change-Analyse konnte ein statistisch bedeutsamer Kompetenzanstieg<br />

innerhalb eines Blockpraktikums von mittlerer Effektstärke nachgewiesen werden. Der Befund<br />

deutet darauf hin, die Lernwirksamkeit von Schulpraktika auch hinsichtlich der allgemeindidaktischen<br />

Planungskompetenz anzunehmen.<br />

Arnold, K.-H., Hascher, T., Messner, R., Niggli, A., Patry, J. & Rahm, S. (2011). Empowerment durch Schulpraktika:<br />

Perspektiven wechseln in der Lehrerbildung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Bach, A., Brodhäcker S., Arnold, K.-H. (2010). Entwicklung allgemeindidaktischer Kompetenz in Schulpraktika:<br />

Erfassung der Kompetenzen zur Unterrichtsplanung, -durchführung und -analyse. Lehrerbildung auf dem Prüfstand,<br />

3(2), 158-178.<br />

Bach, A., Besa, K.-S., Brodhäcker S. & Arnold, K.-H. (im Druck).Kompetenzentwicklung in Schulpraktika: Erfassung<br />

allgemeindidaktischer Kompetenz zur Planung, Durchführung und Analyse von Unterricht. In T. Hascher & G.<br />

H. Neuweg (Hrsg.), Forschung zur (Wirksamkeit der) LehrerInnenbildung. Münster: LIT.<br />

305


Di. 11.09.| Symposium 17 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 107<br />

Titus Guldimann 1 , Matthias Baer 2,3 , Corinne Wyss 3 , Mirjam Kocher 3<br />

Gelingt es der Lehrerbildung, dass Lehrpersonen kognitiv herausfordernd<br />

unterrichten?<br />

1 Pädagogische Hochschule St.Gallen, 2 <strong>Universität</strong> Zürich, 3 Pädagogische Hochschule Zürich<br />

Die kognitive Aktivierung der Schülerinnen und Schüler ist eines der zentralenMerkmale von<br />

gutem Unterricht (Helmke, 2010). Sie bezweckt, die Schülerinnen und Schüler zuanspruchsvollemDenken<br />

und zum Verstehen im Sinne der verständnisvollen Konstruktion von Wissens- und<br />

Handlungsstrukturen zu veranlassen. Angehende Lehrpersonen die Kompetenz erwerben zu<br />

lassen,Unterricht kognitiv aktivierend zu gestalten, ist daher ein wichtiges Anliegen. Im Beitrag<br />

thematisiert wird, inwiefern es gelingt, Studierende die Kompetenz, kognitiv herausfordernd zu<br />

unterrichten, erwerben zu lassen, ob sich diese Kompetenz durch die Praxiserfahrung im ersten<br />

Berufsjahr verändert und ob sich in den Beruf einsteigende Lehrpersonen von erfahrenen Lehrpersonen<br />

unterscheiden. Die vorgestellten Ergebnissewurden in einervom schweizerischen<br />

Nationalfonds unterstützten Langzeitstudie zur Professionalisierung von Lehrpersonen erarbeitet<br />

(Baer et al.).<br />

Die Datenbasis besteht aus Unterrichtsstunden, die längsschnittlich über das Studium und das<br />

erste Berufsjahr videografiert wurden. Für den Vergleich mit erfahrenen Lehrpersonen wurde<br />

auch deren Unterricht auf Video aufgenommen. Die insgesamt 183Unterrichtsvideos wurden mit<br />

niedrig- und hoch-inferenten Verfahren analysiert.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass die Kompetenz zur kognitiven Aktivierung bis zum Ende des Studiums<br />

signifikant ansteigt und sich da nicht von derjenigen von erfahrenen Lehrpersonen unterscheidet.<br />

Mit dem Berufseinsteig fällt sie leicht und steigt bis zum Ende des ersten Berufsjahres<br />

wieder an. Das Niveau der kognitiven Aktivierung ist sowohl bei den in den Beruf einsteigenden<br />

wie bei den erfahrenen Lehrpersonen übereinstimmend mit Baumert et al. jedoch tief.<br />

Baer, M., Kocher, M., Wyss, C., Guldimann, T., Larcher, S. & Dörr, G. (2011). Lehrerbildung und Praxiserfahrung im<br />

ersten Berufsjahr und ihre Wirkung auf die Unterrichtskompetenzen von Studierenden und jungen Lehrpersonen<br />

im Berufseinstieg. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 14(1), 85-117.<br />

Baumert, J., Kunter, M., Blum, W., Brunner, M., Voss, T., Jordan, A., Klusmann, U., Krauss, S., Neubrand, M. & Tsai,<br />

Y.-M. (2010). Teachers’ mathematical knowledge, cognitive activation in the classroom, and student progress.American<br />

Educational Research Journal, 47(1), 133-180.<br />

Helmke, A. (2010). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des<br />

Unterrichts. Seelze: Klett-Kallmeyer.<br />

306


Di. 11.09.| Symposium 17 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 107<br />

Christoph Schneider, Rainer Bodensohn<br />

Entwicklung der Schlüsselkompetenzen Lehramtsstudierender im<br />

Längsschnitt der ersten Phase – erste Ergebnisse aus der KOSTA-Studie<br />

<strong>Universität</strong> Koblenz-Landau<br />

Gemäß der Kultusministerkonferenz (KMK, 2004) müssen Lehramtsstudierende und -anwärter<br />

im Lauf der Ausbildung Kompetenzen in den Bereichen ‚Unterrichten‘, ‚Erziehen‘, ‚Bewerten‘<br />

und ‚Innovieren‘ erwerben. An einem Hochschulstandort mit starker Lehrerbildung bewerteten<br />

N = 429 Lehramtsstudierende jeweils im Anschluss an zwei Schulpraktika (t1 und t2) den allgemeinen<br />

Stellenwert der Standards und die Häufigkeit, mit der sie die entsprechenden Kompetenzen<br />

in den Schulpraktika angewendet hatten. Sie wurden ferner dazu befragt, wie gut sie sich<br />

durch die <strong>Universität</strong> auf die Anwendung der Kompetenzen vorbereitet sehen. Der erste Teil der<br />

Ergebnisdarstellung bezieht sich auf die Charakteristika der verwendeten Maße und deren Binnenstruktur.<br />

Im Anschluss werden längsschnittliche Effekte berichtet. Der Stellenwert aller Kompetenzbereiche<br />

wird als hoch eingeschätzt, wobei die Einschätzungen zu t2 noch etwas höher<br />

liegen. Auch die selbsteingeschätzte Häufigkeit standardkonformen Verhaltens in den Schulpraktika<br />

steigt von t1 nach t2. Die Einschätzung der Qualität der Vorbereitung durch die <strong>Universität</strong><br />

ist insgesamt niedrig, wobei in allen Bereichen außer dem ‚Unterrichten‘ ein Anstieg von t1 nach<br />

t2 zu beobachten ist. Eine mögliche Interpretation dieser Befunde ist, dass die Kompetenzen in<br />

den Bereichen ‚Erziehen‘, ‚Bewerten‘ und ‚Innovieren‘ mehr in der theoretischen Ausbildung<br />

entwickelt werden können, während sich die Entwicklung des Bereichs ‚Unterichten‘ eher an<br />

Praxiserfahrungen selbst festmachen lässt.<br />

KMK (Kultusministerkonferenz) (2004). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften: Beschluss der<br />

Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004. Retrieved from http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen<br />

_beschluesse/2004/2004_12_16-Standards-Lehrerbildung.pdf<br />

307


Di. 11.09.| Symposium 17 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 107<br />

Cornelia Kittinger 1 , Tina Hascher 2<br />

Formen des Lernens im Schulpraktikum - Analysen aus einer<br />

Lerntagebuchstudie<br />

1 Private Pädagogische Hochschule der Diözese Linz, 2 <strong>Universität</strong> Salzburg<br />

Die Wirksamkeit von Schulpraktika lässt sich einerseits anhand von Kompetenzzuwächsen bei<br />

Studierenden, andererseits anhand der Qualität von Lernprozessen untersuchen. Neben einer<br />

Analyse möglicher Lernformen ist dabei von Bedeutung, wie Lernangebote im Praktikum genutzt<br />

werden (Angebot-Nutzungs-Modell, z. B. Lipowsky, 2006). Das Projekt geht der Frage nach, mit<br />

welchen Lerninhalten sich angehende Lehrpersonen auf der Grundschulstufe in ihren Praktika<br />

beschäftigen und wie sie dies tun (siehe auch Hascher, Katstaller & Kittinger, 2012). Studierende<br />

im 3. und 5. Semester der Privaten PH Linz wurden im Wintersemester 2010-2011 gebeten, im<br />

Rahmen ihres Praktikums ein Lerntagebuch zu führen und ihre Lernerfahrungen anhand von vier<br />

offenen Fragen (Wie verlief die Situation?, Was haben Sie dabei/daraus gelernt?, Was hat sich<br />

dadurch für Sie verändert?, Warum kam es zu dieser Veränderung?) und neun geschlossenen<br />

Fragebereichen (z. B. zum Kompetenzerwerb, zu Lerninhalten, Lernzielen und Bedeutung der<br />

Lernsituation) zu dokumentieren.<br />

Die Ergebnisse (N = 288 Lernsituationen) bestätigen acht Lernformen: Modelllernen, Learning by<br />

doing, Fehler und Erfolgserlebnisse, reflektierte Eigenerfahrung, Diskrepanzerfahrungen, Auseinandersetzung<br />

mit der eigenen Lernbiographie, Wissensrekonstruktion, Herausforderung durch<br />

andere (siehe auch Hascher & Wepf, 2007). Des Weiteren lassen sich drei Nutzungsformen identifizieren:<br />

ungenutztes Lernangebot, erkannter Lernbedarf sowie genutzter Lernanlass. Die Ergebnisse<br />

werden vor dem Hintergrund der Gestaltung wirksamer Lernsituationen im Praktikum<br />

diskutiert.<br />

Hascher, T., Katstaller, M. & Kittinger, C. (2012). Zur Funktion von Lerntagebüchern in der Lehrer/innenbildung.<br />

Schulpädagogik-heute, 5/2012, http://www.schulpaedagogik-heute.de/neue-ausgabe-52012/ forschungsbeitrage/.<br />

Hascher, T. & Wepf, L. (2007). Lerntagebücher im Praktikum von Lehramtsstudierenden. Empirische Pädagogik,<br />

21(2), 101-118.<br />

Lipowky, F. (2006). Auf den Lehrer kommt es an. Zeitschrift für Pädagogik, 51. Beiheft, 47-70.<br />

308


Di. 11.09.| Symposium 17 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 107<br />

Alexander Gröschner, Janina Häusler, Tina Seidel<br />

Einstellungen von Mentorinnen und Mentoren gegenüber der<br />

Lernbegleitungvon Lehramtsstudierenden im Praktikum<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

Die Lernbegleitung von Lehramtsstudierenden im Praktikum spielt eine bedeutsame Rolle<br />

für die Wirksamkeit von schulpraktischen Studien (Gröschner & Seidel, 2012). Dabei werden<br />

Einstellungen von MentorInnen sowie die Frage, inwiefern individuelle Einstellungen die<br />

Lernbegleitungbeeinflussen, eher selten untersucht (Hobson et al., 2009).<br />

Im Rahmen der KLiP-Studie (Gröschner & Schmitt, 2011), in der die Kompetenzentwicklung<br />

von Studierenden im Praxissemester an der <strong>Universität</strong> Jena im Zentrum stand, wurden<br />

deren MentorInnen (N=129, Berufserfahrung: M=23.11, SD=7.76) im WS 2009/10 schriftlich<br />

befragt. Dabei wurden als Aspekte der Lernbegleitung die Unterstützung der Studierenden<br />

bzw. die Betreuungszeit und darüber hinaus berufsbiografische Merkmalesowie individuelle<br />

Einstellungen (Berufszufriedenheit, Innovationsbereitschaft, Gewinn durch Mentoring)<br />

erfasst.<br />

Die Befunde zeigen, dass die Studierenden im Durchschnitt 2 ½-Stunden pro Woche betreut<br />

werden und die Unterstützung eher positiv wahrgenommen wird (M=4.00, SD=.85; Skala 1-<br />

5). Von den Einstellungen steht die Innovationsbereitschaft im regressiven Zusammenhang<br />

(alle p


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 16 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum S2 137<br />

Sonja Ganguin, Dorothee M. Meister<br />

Globalisierte Bildungsprozesse? Studium und Auslandserfahrungen<br />

<strong>Universität</strong> Paderborn<br />

sonja.ganguin@uni-paderborn.de<br />

Die Globalisierung hat ihr Zentrum in der Wirtschaft. Vor allem transnationale Unternehmen (TNU)<br />

werden aufgrund ihrer organisatorischen, technischen und finanziellen Ressourcen als treibende Kraft<br />

der Globalisierung beschrieben. Nach Angaben der United Nations Conference on Trade and<br />

Development (UNCTAD) lag die Zahl der TNU dabei im Jahr 1990 bei 35.000. Im Jahre 2008 stieg die<br />

Gesamtzahl der Transnationalen Unternehmen auf 82.000 und parallel dazu wuchs die Zahl der<br />

Tochterunternehmen von 150.000 (1990) auf mehr als 800.000 (2008) (vgl. Bundeszentrale für<br />

politische Bildung 2010: 1f.). Der rasante Zuwachs global operierender Unternehmen verdeutlicht die<br />

enorme Schubkraft globaler Veränderungsprozesse, und obwohl die wirtschaftliche Dimension für die<br />

Globalisierung zentral ist, reicht sie doch weit darüber hinaus und tangiert auch das komplexe<br />

Phänomen "Bildung": Beispielsweise avanciert die englische Sprache zur globalen ‚Lingua franca‘. In<br />

diesem Sinn haben sich im Laufe der Globalisierung die Anforderungen an das Individuum verändert<br />

und es wird immer häufiger erwartet, dass Arbeitnehmer eine Zeitlang im Ausland gearbeitet oder<br />

studiert haben, um ihre sprachlichen und interkulturellen Fähigkeiten zu schulen. Aufgrund dieser<br />

Entwicklungen sind Auslandsaufenthalte im Rahmen des Studiums in den letzten Jahrzehnten immer<br />

wichtiger und fordernder geworden.<br />

Während im Jahr 1991 der Anteil deutscher Studierender (ohne FH) mit einem Auslandsstudium bei<br />

8% lag, stieg diese Zahl im Jahr 2006 um zwölf Prozentpunkte an (20%) und hat sich dementsprechend<br />

mehr als verdoppelt (vgl. Heublein/Schreiber/Hutzsch 2011: 8). Im Jahr 2011 stagnierte die Zahl<br />

deutscher Bachelorabsolventen mit studienbezogenen Auslandsaufenthalten bzw. verhält sich leicht<br />

rückläufig, was sich möglicherweise auf den Bologna-Prozess zurückführen lässt, der grundlegende<br />

Änderungen bezüglich der Voraussetzungen für studienbezogene Auslandaufenthalte mit sich<br />

brachte. Allerdings ist im Vergleich zu anderen Ländern hervorzuheben, dass Deutschland laut<br />

Datenbasis der OECD als Herkunftsland auslandsmobiler Studierender mit rund 94.000 auf den vierten<br />

Platz liegt (1. Platz: China, gefolgt von Indien und Südkorea), wobei deutsche Studierende vor allem<br />

das europäische Ausland bevorzugen (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010: 5ff.).<br />

Der hier in Rede stehende Tagungsbeitrag hat zum Ziel, eine für die <strong>Universität</strong> Paderborn<br />

repräsentative empirische Studie vorzustellen (Datenerhebung: Juni 2012), die die Erwartungen, die<br />

Motivlagen und schließlich auch die Erfahrungen auslandsmobiler Studierender beleuchtet, analysiert<br />

und diskutiert.<br />

Bundeszentrale für politische Bildung (2010). Anzahl Transnationaler Unternehmen. Zahlen und Fakten<br />

Globalisierung. Berlin, Retrieved June 15, 2012, from http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-undfakten/globalisierung/52630/anzahl<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2010). Internationalisierung des Studiums. Ausländische<br />

Studierende in Deutschland - Deutsche Studierende im Ausland. Ergebnisse der 19. Sozialerhebung des<br />

Deutschen Studentenwerks. Durchgeführt durch HIS Hochschul-Informations-System. Bonn, Berlin, Retrieved<br />

June 15, 2012, from http://www.studentenwerke.de/pdf/Internationalisierungbericht.pdf<br />

Heublein, U., Schreiber, J., Hutzsch, C. (2011). Entwicklung der Auslandsmobilität Deutscher Studierender.<br />

HIS Projektbericht. DAAD. Hannover, Retrieved June 15, 2012, from http://www.go-out.de/imperia/md/content/<br />

go-out/entwicklung_auslandsmobilit__t_171111.pdf<br />

310


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 16 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum S2 137<br />

Elisabeth Wegner, Matthias Nückles<br />

„Jeder Student ist mein zukünftiger Kollege“. Lehrüberzeugungen von<br />

Hochschullehrenden zwischen Wissensaufbau und fachkultureller<br />

Sozialisation<br />

Albert-Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg<br />

elisabeth.wegner@ezw.uni-freiburg.de<br />

Lehrüberzeugungen wird eine zentrale Rolle für die Lehrpraxis von Hochschullehrenden<br />

zugeschrieben. Sie werden meist entlang der Dimension lehrendenorientiert vs. studierendenorientiert<br />

bzw. Transmission vs. Konstruktion beschrieben. Diese Dimensionierung beinhaltet<br />

jedoch eine eingeschränkte Perspektive auf Lernen, da sie Lernen allein als den individuellen<br />

Aufbau von Wissen beim Lernenden auffasst. Die situierte Perspektive auf Lernen als das<br />

Hineinwachsen in „Communities of Practice“ findet keinen Platz. Beide Perspektiven sind jedoch<br />

für das Verständnis von Lernen relevant, vor allem an <strong>Universität</strong>en, wo fachkulturelle<br />

Sozialisation und der Austausch zwischen Lehrenden und Lernenden eine große Rolle spielen.<br />

Lehrende dürften sich daher auch darin unterscheiden, ob sie Lernen vorwiegend als Aufbau<br />

bzw. Veränderung individueller Wissens-strukturen oder als wechselseitigen Prozess der<br />

Enkulturation betrachten.<br />

Insgesamt 36 Lehrende wurden zu Zielen und Ansätzen in der Lehre befragt. Zur Erfassung der<br />

impliziten Überzeugungen wurden sie gebeten, ihre „Metaphern des Lehrens und Lernens“ zu<br />

schildern. Die Daten wurden inhaltsanalytisch ausgewertet. Es ließen sich vier Gruppen<br />

unterscheiden: Neben solchen Metaphern, die auf der Idee von Lernen als individuellem<br />

Wissensaufbau beruhen (Transmission, d.h. Lehren als Vermittlung von Wissen, sowie<br />

Konstruktion, d.h. Lernen als aktiver Aufbau von Schemata), konnten auch solche identifiziert<br />

werden, denen eine situierte Perspektive auf Lernen zugrunde liegt (Enkulturation, d.h. Lernen<br />

als das Hineinwachsen in Fachkulturen, sowie Community Growth, d.h. gemeinsamer<br />

Wissensaufbau bei Lehrenden und Lernenden). Es zeigten sich systematische Zusammenhänge<br />

zwischen Metaphern, Zielen und Lehransätzen in Hinblick auf Aktivierung von Studierenden und<br />

der Förderung des fachspezifischen Denkens. Offenbar spielt die Perspektive des situierten<br />

Lernens sowohl in den Lehrüberzeugungen als auch in der Lehrpraxis eine wichtige Rolle. Daher<br />

sollte sie auch in der hochschulbezogenen Lehr-Lern-Forschung stärker Berücksichtigung finden.<br />

Sfard, A. (1998). On two metaphors for learning and the dangers of choosing just one. Educational researcher, 2, 4-<br />

13.<br />

Kember, D. (1997). A reconceptualisation of the research into university academ-ics' conceptions of teaching.<br />

Learning and Instruction, 3, 255–275.<br />

Lakoff, G. & Johnson, M. (1980). Conceptual Metaphor in Everyday Language. The Journal of Philosophy, 8, 453–<br />

486.<br />

311


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 16 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum S2 137<br />

Gerhard Minnameier<br />

Das Happy-Victimizer-Phänomen im Erwachsenenalter – Überraschende<br />

Befunde, neue Erklärungen und pädagogische Konsequenzen<br />

Goethe-<strong>Universität</strong> Frankfurt<br />

minnameier@econ.uni-frankfurt.de<br />

Das sog. Happy-Victimizer-Phänomen (HVP) besagt, dass Kinder zwischen etwa 4 und 7 Jahren einerseits<br />

moralische Regeln kennen, verstehen und auch akzeptieren, sie aber gleichwohl jemandem, der<br />

gegen moralische Regeln verstößt und z.B. anderen etwas stiehlt, ausschließlich positive Emotionen<br />

zuschreiben, anstatt Gefühle wie Schuld und Scham. Auch wenn sie selbst sich in die Position des<br />

Täters versetzen sollen, bleibt dieser Effekt bei etwa der Hälfte der Kinder bestehen. Man geht davon<br />

aus, dass das HVP zum 10. Lebensjahr verschwindet und man es danach allenfalls bei delinquenten<br />

Jugendlichen und Erwachsenen vorfindet (vgl. Krettenauer, Malti & Sokol, 2008).<br />

Die klassische Erklärung für das HVP unterstellt, dass Kinder sehr früh moralisches Wissen erwerben,<br />

sie danach aber erst sukzessive sog. moralische Motivation aufbauen müssen (vgl. z.B. Nunner-<br />

Winkler, 2007).<br />

Eine aktuelle Befragung von über 200 Studierenden der Wirtschaftswissenschaften und der Wirtschaftspädagogik<br />

hat allerdings ergeben, dass das HVP offenbar auch im Erwachsenenalter im großen<br />

Stil auftritt, und zwar in bestimmten Situationen und dabei bei mindestens 50 % der Probanden.<br />

Eingesetzt wurden vier Geschichten mit Situationsvarianten, analog zu den Geschichten, die in der<br />

klassischen HVP-Forschung bei Kindern eingesetzt wurden. Ähnliche Befunde werden ansonsten auch<br />

aus dem Bereich der Behavioural Economics berichtet.<br />

Diese Ergebnisse werden verständlich, wenn man das HVP nicht mit mangelnder moralischer Motivation<br />

erklärt (die als Disposition situationsübergreifend wirken müsste), sondern im Sinne einer bestimmten<br />

moralischen Urteilsstruktur, die in bestimmten Situationen aktiviert wird (vgl. hierzu Minnameier,<br />

2010; in Druck). Dass moralische Prinzipien situationsspezifisch genutzt werden, ist in der<br />

Moralforschung seit langem bekannt. Nur wurde das HVP bislang nicht als eine spezifische moralkognitive<br />

Perspektive interpretiert.<br />

Die aktuellen Ergebnisse sind nicht nur vor dem Hintergrund der klassischen HV-Forschung höchst<br />

interessant und überraschend, sondern sie sind auch pädagogisch höchst bedeutsam. Nach der klassischen<br />

Deutung müsste man dem HVP mit Anstrengungen zur Förderung der moralischen Motivation<br />

entgegenzuwirken versuchen. Im Lichte der aktuellen Erkenntnisse und der theoretischen Erklärung<br />

scheint es aber zumindest bei den älteren Individuen (die dem HV-Alter im Prinzip entwachsen sind)<br />

gute situationsspezifische Gründe für HVP-typische Orientierungen. Entsprechend wäre pädagogisch<br />

eher die Fähigkeit zu einer sinnvollen situationsspezifischen Differenzierung auszuprägen und zu<br />

fördern, gerade bei jungen Auszubildenden in kaufmännischen Berufen.<br />

Krettenauer, T., Malti, T., & Sokol, B. W. (2008). The development of moral emotion expectancies and the happy<br />

victimizer phenomenon: A critical review of theory and application. European Journal of Developmental Science,<br />

2, 221-235.<br />

Minnameier, G. (2010). The problem of moral motivation and the happy victimizer phenomenon: Killing two birds<br />

with one stone. New Directions for Child and Adolescent Development, 129, 55-75.<br />

Minnameier, G. (in Druck). A cognitive approach to the "happy victimiser". Journal of Moral Education.<br />

Nunner-Winkler, G. (2007). Development of moral motivation from childhood to early adulthood. Journal of Moral<br />

Education, 36, 399-414.<br />

312


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 16 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum S2 137<br />

Arthur Drexler<br />

Auswirkungen von gemeinsamen Lehrveranstaltungen auf<br />

Ausbildungsqualität und interdisziplinäres Handeln am Beispiel der<br />

Studiengänge Pflege und Physiotherapie<br />

<strong>Universität</strong> Innsbruck<br />

arthur.drexler@uibk.ac.at<br />

Ausbildungen im Gesundheitssystem sehen in unterschiedlichen Fachgebieten zunehmend<br />

gemeinsame Unterrichtseinheiten vor, um aktuellen Anforderungen in der Gesellschaft besser<br />

begegnen zu können. Eine ganzheitliche Sicht auf Personen und damit eine verbesserte<br />

PatientInnenversorgung wird durch die Verzahnung von verschiedenen Disziplinen in der<br />

Ausbildung ebenso angestrebt wie eine verstärkte Kooperation und Kommunikation zwischen<br />

den Fachrichtungen (Selle et al., 2008; Sieger et al., 2010).<br />

Im Rahmen eines von der Robert Bosch Stiftung geförderten Projekts konnten solche Wirkungen<br />

aus verschiedenen Blickwinkeln empirisch überprüft werden. Dazu wurden die Studiengänge<br />

Pflege und Physiotherapie an der KH Freiburg mit einem multimethodischen Design zu mehreren<br />

Erhebungszeitpunkten untersucht. Die Studierenden wurden in drei Fokusgruppeninterviews<br />

und die DozentInnen sowie die Praktikumsstellen zweimalig mittels standardisierter<br />

Onlinefragebogen zu den konkreten Auswirkungen der gemeinsamen Lehrveranstaltungen<br />

befragt.<br />

Die Auswertungen zeigen durchaus Wirkungen der gemeinsamen Lehrveranstaltungen, die aber<br />

von den befragten Gruppen unterschiedlich interpretiert wurden. Die Studierenden gaben als<br />

Effekt vermehrtes interdisziplinäres Verständnis an, würden aber das Ausmaß an „Verzahnung“<br />

nicht erhöhen wollen. Die DozentInnen bemerkten ein größeres Verständnis für die je andere<br />

Fachrichtung bei den Studierenden, gleichzeitig aber keine vermehrten Interaktionen im<br />

Studium und zusätzlich einen erhöhten Aufwand in der Lehre. Die Praktikumsstellen zeigten kein<br />

einheitliches Bild der Effekte, da die Anzahl der PraktikantInnen und die Nähe zu ihnen<br />

unterschiedlich waren, sie bestätigten aber tendenziell positive Effekte, insbesondere bei<br />

Fallbesprechungen und in fachtheoretischen Bereichen.<br />

Als ein weiterer Untersuchungsbefund sollte zukünftig auf die Selektion von gemeinsamen<br />

Lehrveranstaltungen größeres Augenmerk gelegt werden und sollten spezifische Kriterien für<br />

den gemeinsamen Unterricht erarbeitet werden.<br />

Selle, K M, Salamon, K, Boarman, R, and Sauer, J (2008). Providing interprofessional learning through interdisciplinary<br />

collaboratoin: The role of "modelling". Journal of Interprofessional Care, 22, 85-92.<br />

Sieger, M, Ertl-Schmuck, R, and Bögemann-Großheim, E (2010). Interprofessionelles Lernen als Voraussetzung für<br />

interprofessionelles Handeln - am Beispiel eines interprofessionell angelegten Bildungs- und<br />

Entwicklungsprojekts für Gesundheitsberufe. Pflege & Gesellschaft, 15, 197-216.<br />

313


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 16 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum S2 137<br />

Klaus-Peter Wild<br />

Das Studium als geschlechtsspezifischer Karrierefilter zwischen Schule und<br />

Berufstätigkeit. Eine differenzierte Analyse von Studienverlaufsdaten zu<br />

Fachwahl, Studienverbleib und Studienerfolg.<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

klaus-peter.wild@ur.de<br />

Gehobene berufliche Karrieren und Einkommensmöglichkeiten können in vielfacher Weise<br />

erreicht werden. In zahlreichen Domänen basieren diese aber auf einem erfolgreich absolvierten<br />

Hochschulstudium, den damit erworbenenen Kompetenzen und – oft notwendigerweise - den<br />

zugleich dokumentieren akademischen Graden. In diesem Sinne sind erfolgreiche<br />

Studienkarrieren zugleich auch wesentliche Voraussetzungen für erfolgreiche<br />

Erwerbsbiographien und angesichts der unterschiedlichen Einkommensverteilung zwischen<br />

Männern und Frauen auch eine kritische Frage nach impliziten Verteilungsprozessen.<br />

Individuelle Studienbiographien im tertiären Bildungssektor sind durch zahlreiche selbstselektive<br />

und fremdselektive Prozesse definiert. Dies umfasst nach dem Erwerb der Hochschulreife u.a.<br />

die grundlegende Entscheidung für ein Studium, die konkrete Studienfachwahl inklusive ihrer<br />

Implika-tionen für die spätere Berufswahl, in zahlreichen Fächern selektive Studieneignungsfestellungen,<br />

bei vielen Studierenden gravierende Studienabbruchs- und Studienwechselentscheidungen<br />

und vielfach auch Studienabbrüche aufgrund von Leistungsproblemen.<br />

Bekanntlich erfolgt vor allem die Studienfachwahl in hohem Maße geschlechtsspezifisch. Z.T. in<br />

Zusammenhang mit schulnotenbasierten Zulassungsverfahren ergeben sich teilweise extreme<br />

Ausgangsquoten zwischen männlichen und weiblichen Studierenden. Komplizierter wird das Bild<br />

zusätzlich durch den Umstand, das männliche und weibliche Studierende nicht gleichermaßen in<br />

Studiengängen mit hohen vs. niedrigen Studienerfolgsquoten vertreten sind und zudem auch<br />

nicht mit gleichen akademischen Eingangsvoraussetzungen diese Studiengänge beginnen.<br />

Genauere Untersuchungen zu dieser Problemstellung liegen bislang nur vereinzelt vor und sind<br />

z.T. mit erheblichen forschungsmethodischen Problemen belastet. Im Rahmen dieser<br />

Präsentation wird versucht, auf der Basis einer differenzierte Analyse umfangreicher<br />

Studienverlaufsdaten (N= 47.000) aus einem Zeitraum von 10 Jahren ein besseres Verständnis<br />

dieser karrierewirksamen Filterprozesse zu erreichen.<br />

Ewert, S. (2010). Male and Female Pathways Through Four-Year Colleges: Disruption and Sex Stratification in<br />

Higher Education. American Educational Research Journal, 47(4), 744–773.<br />

314


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 17 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum S2 121<br />

Saskia Körn, Claudia Schöne, Joachim Stiensmeier-Pelster<br />

Selbstwert und Motivation: Bedeutung der Selbstwertkontingenz für die<br />

motivationale Orientierung im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ)<br />

Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen<br />

saskia.koern@psychol.uni-giessen.de<br />

Selbstwertkontingenz bezeichnet die Abhängigkeit des Selbstwertes von einem Erfolg oder<br />

Misserfolg in einem selbstwert-relevanten Bereich, z.B. Kompetenz, Attraktivität, Moral (Crocker<br />

& Park, 2004). Um das aktuelle Selbstwertgefühl zu erhöhen oder es vor dem Absinken zu<br />

beschützen, tendieren kontingente Personen zum Verfolgen von Selbstvalidierungszielen. Die<br />

antizipierten Emotionen beim Bestreben, das aktuelle Selbstwertgefühl zu erhöhen (Stolz) bzw.<br />

es vor dem Absinken zu bewahren (Scham), wirken als bedeutsamer Anreiz für entsprechendes<br />

Verhalten. Das Ziel der Selbstvalidierung sollte sich auf die motivationale Orientierung, z.B.<br />

während der Tätigkeit im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), auswirken. Personen, die hoch<br />

kontingent sind in den Bereichen Sozialmoral und Kompetenz sollten daher das FSJ<br />

vergleichsweise stärker dazu nutzen, ihre sozialen Fähigkeiten und Einstellungen unter Beweis zu<br />

stellen. Es werden positive Korrelationen zwischen den Selbstwertkontingenzen für Sozialmoral<br />

und Kompetenz und der motivationalen Orientierung im FSJ erwartet. Je höher die<br />

Selbstwertkontingenz, desto stärker sollte aufgrund der inhaltlichen Nähe insbesondere die<br />

Leistungszielorientierung ausgeprägt sein.<br />

Die motivationale Orientierung wurde mit einer adaptierten Version der SELLMO (Spinath et al.,<br />

2012; Im FSJ geht es mir darum,...) erhoben. Die Selbstwertkontingenz wurde mit den SESKON<br />

(Schöne et al., in Vorb.) erfasst.<br />

Es zeigten sich erwartungsgemäß signifikante positive Zusammenhänge zwischen der<br />

Sozialmoral-Kontingenz und den Leistungszielorientierungen (Annäherung: r = .31 bzw.<br />

Vermeidung: r = .30), aber auch ein unerwarteter, signifikanter Zusammenhang mit der<br />

Lernzielorientierung (r = .23). Die Kompetenz-Kontingenz korreliert erwartungsgemäß signifikant<br />

positiv mit der Leistungsziel-orientierung (r = .27 bzw. r = .37) und nicht mit der<br />

Lernzielorientierung. Weitere Zusammenhänge zur motivationalen Orientierung zeigten sich für<br />

die Arbeitsmoral-, Prestige-, Status- und -in geringerem Maße- auch für die Attraktivitäts-<br />

Kontingenz. Die Korrelationen bei den männlichen Befragten fielen insgesamt höher aus als bei<br />

den weiblichen.<br />

Die bisherigen Befunde liefern wertvolle Hinweise, nicht nur für die Frage nach Determinanten<br />

der Zielorientierung, sondern auch für die Analyse der Motivation für Freiwilligenarbeit bei<br />

jungen Erwachsenen im sozialen Bereich.<br />

Crocker, J. & Park, L. E. (2004). The costly pursuit of self-esteem. Psychological Bulletin, 130, 392-414.<br />

Schöne, C., Herrmann, J., & Stiensmeier-Pelster, J. (2012). Entwicklung und Überprüfung einer Skala zur Erfassung<br />

der Selbstwertkontingenz bei Studierenden (SESKON-ST). Manuskript in Vorbereitung.<br />

Spinath, B., Stiensmeier-Pelster, J. , Schöne, C., & Dickhäuser, O. (2012). Skalen zur Erfassung der Lern und Leistungsmotivation<br />

(SELLMO). Göttingen: Hogrefe.<br />

315


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 17 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum S2 121<br />

Malte Schwinger 1 , Ricarda Steinmayr 2<br />

Kann hohe Motivation geringe Intelligenz oder fehlendes Vorwissen<br />

kompensieren? Eine Analyse der Auswirkungen individueller Schülerprofile<br />

auf schulische Leistungen<br />

1 Justus-Liebig-<strong>Universität</strong> Gießen, 2 Philipps-<strong>Universität</strong> Marburg<br />

malte.schwinger@psychol.uni-giessen.de<br />

Ein großer Teil pädagogisch-psychologischer Forschung beschäftigt sich mit der Frage, welche<br />

individuellen Faktoren von Schülerinnen und Schülern die größte Vorhersagkraft für gute<br />

schulische Leistungen besitzen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass diesbezüglich vor allem<br />

die allgemeine Intelligenz, das Vorwissen sowie die Motivation eines Lernenden von<br />

herausragender Bedeutung sind. Ungeachtet der beeindruckenden Evidenz für die absolute<br />

Bedeutsamkeit jedes einzelnen Merkmals (z.B. Hattie, 2009) existieren jedoch nur wenige<br />

Studien, in denen der relative Einfluss von Intelligenz, Vorwissen und Motivation analysiert<br />

wurde. Des Weiteren wurde bislang kaum untersucht, inwiefern geringere Ausprägungen eines<br />

der drei Merkmale durch höhere Werte in einem anderen kompensiert werden können. Von<br />

besonderem Interesse ist hierbei die Frage, ob Schülerinnen und Schüler mit geringem<br />

Vorwissen und/oder niedriger Intelligenz diese Defizite durch hohe Motivation beim Lernen<br />

ausgleichen können.<br />

In einer Studie mit N = 421 Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Oberstufe (49,4%<br />

weiblich) wurden anhand latenter Profilanalysen fünf Gruppen von Lernern mit<br />

unterschiedlichen Profilen hinsicht¬lich Intelligenz, Vorwissen und Motivation<br />

(Fähigkeitsselbstkonzept, Interesse) identifiziert. Anschließend wurde untersucht, ob sich diese<br />

fünf Gruppen in Bezug auf die fünf Monate später erhobenen schulischen Leistungen (Mittel<br />

aller Zeugnisnoten, ausgenommen Sport, Kunst und Musik) unterscheiden. Drei Gruppen wiesen<br />

einen ähnlichen, homogenen Profilverlauf mit hohen bzw. mittleren bzw. niedrigen Werten in<br />

allen drei Merkmalen auf. Wie zu erwarten unterschieden sich diese drei Gruppen auch<br />

signifikant in ihren schulischen Leistungen. Die beiden übrigen Gruppen wiesen diametrale<br />

Profilverläufe auf. Während die eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern durch hohe<br />

Intelligenz und hohes Vorwissen, aber sehr niedrige Motivation gekennzeichnet war, zeigte sich<br />

in der anderen Gruppe das gegenteilige Bild. Interessanterweise war die letztgenannte Gruppe<br />

der erstgenannten in ihren schulischen Leistungen signifikant überlegen. Insgesamt weisen die<br />

Befunde auf eine gegenseitige Substituierbarkeit der drei großen Schulleistungsdeterminanten<br />

hin.<br />

Hattie, J. (2009). Visible learning. London: Routledge.<br />

316


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 17 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum S2 121<br />

Michaela Katstaller, Tina Hascher<br />

Prädiktoren prokrastinierenden Lernverhaltens in der Schule<br />

<strong>Universität</strong> Salzburg<br />

michaela.katstaller@sbg.ac.at<br />

Schulisches Aufschiebeverhalten ist unter 10- bis 14-jährigen Schüler/inne/n ein weit<br />

verbreitetes Phänomen. Gesellschaftlich wird Prokrastination vorwiegend negativ bewertet, da<br />

die Gründe für Aufschiebeverhalten mit Faulheit, Arbeitsscheu oder mangelndem Ehrgeiz<br />

assoziiert werden. Simpson und Pychyl (2009, S. 906) definieren Prokrastination „as the<br />

voluntary, irrational postponement of an intended course of action despite the knowledge that<br />

this delay will have a negative effect on the individual“. Die Erklärungen für Prokrastination sind<br />

vielfältig, und es gibt bisher kaum Studien, die mehrere Einflussfaktoren systematisch testen. In<br />

einer Studie von Ferrari, Johnson und McCown (1995) wird darüber berichtet, dass Lernende mit<br />

Misserfolgserfahrungen signifikant höhere Ausprägungen von Prokrastination aufweisen. Ellis<br />

und Knaus (2002) wiederum postulieren, dass stark ausgeprägtes Aufschiebeverhalten die<br />

Funktion hat, ein negatives Selbstwertgefühl zu schützen. Für Steel (2007) ist eine<br />

beeinträchtigte Selbstregulation der Hauptgrund für aufschiebendes Lernverhalten. Gemäß Rist,<br />

Engberding, Patzelt und Beißner (2006) hängt das Aufschieben schulischer Aktivitäten auch mit<br />

dem subjektive Wohlbefinden zusammen.<br />

In unserer Studie wird schulische Prokrastination anhand folgender Faktoren spezifiziert: (F1)<br />

schulische Misserfolgserfahrungen, (F2) Selbstkonzept der/des Lernenden, (F3) schulische<br />

Selbstregulation sowie (F4) Wohlbefinden in der Schule. Ziel der Studie ist es, die Prävalenz von<br />

schulischem Aufschiebeverhalten in wohnortnahen Sekundarschulen mit unterschiedlichem<br />

Anspruchsniveau bei einer Gesamtstichprobe von 950 Schüler/inne/n zu vergleichen. Die Daten<br />

wurden im Frühjahr 2012 mittels schriftlicher Befragung der Schulstufen 5-8 erhoben. Anhand<br />

des Datenmaterials wird auch gezeigt, inwiefern Bildungsungleichheiten auf Grund sozialer<br />

Herkunft Prokrastination erklären. Strukturgleichungs- und Mehrebenenanalysen auf Schul- und<br />

Klassenebene werden gegenwärtig geprüft. Da in bisherigen Untersuchungen noch nicht<br />

eindeutig geklärt werden konnte, ob es sich bei Prokrastination um ein Trait- bzw. State-<br />

Merkmal (habituell bzw. aktuell) handelt, werden beide Ausprägungen berücksichtigt und die<br />

Ergebnisse entsprechend getrennt dargestellt.<br />

Ellis, A. & Knaus, W. J. (2002) Overcoming procrastination. New York: New American Library.<br />

Ferrari, J. R., Johnson, J. L. & McCown, W. G. (1995). Procrastination and task-avoidance. Theory, research, and<br />

treatment. New York: Plenum.<br />

Steel, P. (2007). The Nature of Procrastination: A Meta-Analytic and Theoretical Review of Quinntessential Self-<br />

Regulatory Failure. Psychological Bulletin, 133(1), 65-94.<br />

317


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 17 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum S2 121<br />

Helena van Vorst 1 , Sabine Fechner 2 , Elke Sumfleth 1<br />

Die Merkmale lebensweltlicher Kontexte und ihr Einfluss auf das<br />

Schülerinteresse im Fach Chemie<br />

1 <strong>Universität</strong> Duisburg-Essen, 2 Leibniz <strong>Universität</strong> Hannover<br />

helena.vanvorst@uni-due.de<br />

Die Bedeutung von Interesse für den erfolgreichen Verlauf schulischer Lernprozesse ist bekannt.<br />

Gerade im Bereich der Naturwissenschaften ist zudem ein hoher Rückgang des Interesses im<br />

Verlauf der Schulzeit festzustellen (Hoffmann, Häußler & Lehrke, 1998). Dies gilt vor allem für<br />

die Fächer Chemie und Physik, die gerade bei Mädchen besonders unbeliebt sind. Aus diesem<br />

Grund ist es Ziel dieser Studie, den Einfluss lebensweltlicher Anwendungsbezüge, s.g. Kontexte,<br />

auf das Interesse der SchülerInnen im Fach Chemie zu untersuchen.<br />

In den vergangenen Jahren fanden Kontexte einen zunehmenden Einzug in<br />

naturwissenschaftliche Curricula und Lehr-Lernmaterialien. Obwohl ihr positiver Einfluss auf das<br />

Schülerinteresse in vielen Studien nachgewiesen werden konnte, ist ein deutlicher<br />

Interessenunterschied, abhängig vom gewählten Kontext unverkennbar. Gleichzeitig scheint die<br />

bisherige Auswahl von Kontexten für den Unterricht eher intuitiv und wenig systematisch zu<br />

erfolgen.<br />

Um eine Systematisierung der Kontextauswahl zu ermöglichen, wurden im Rahmen dieser Studie<br />

zunächst geeignete Merkmale für die Kategorisierung von Kontexten herausgearbeitet. Dabei<br />

zeigten sich die Merkmale Alltagsbezug, Besonderheit und Aktualität als zentrale<br />

Untersuchungskategorien. Ihre Operationalisierung konnte anhand umschreibender Aussagen<br />

und adjektivischer Schlüsselwörter realisiert werden. Die Validierung erfolgte mithilfe eines<br />

Ratings durch fachdidaktische Mitarbeiter und Studierende. Auf dieser Grundlage wurden<br />

merkmalsgetreue Kontexte entwickelt, deren Merkmalszugehörigkeit durch 592 SchülerInnen<br />

der Jahrgangsstufe 9 überprüft wurde. So konnten Kontexte mit eindeutiger<br />

Merkmalszuschreibung für die anschließende Interessenbefragung ausgewählt werden. In einer<br />

Fragebogenstudie wurde das situationale Interesse an diesen Kontexten mithilfe von 691<br />

SchülerInnen der Jahrgangsstufe 9 an Gymnasien ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass Kontexte<br />

mit einer Kombination der Merkmale Besonderheit und Aktualität zu einem signifikant höheren<br />

situationalen Interesse im Vergleich zu Kontexten mit anderen Merkmalen führen. Dieses<br />

Ergebnis gilt für beide Geschlechter gleichermaßen. Darüber hinaus interessieren sich Mädchen<br />

signifikant mehr für alltägliche Kontexte als Jungen, während diese ein höheres Interesse an<br />

besonderen Kontexten angeben.<br />

Hoffmann, L., Häußler, P., & Lehrke, M. (1998). Die IPN-Interessenstudie Physik. Kiel: IPN.<br />

318


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 17 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum S2 121<br />

Sara Dallinger<br />

Motivation, Emotion und Kompetenzentwicklung im bilingualen<br />

Geschichtsunterricht – Eine quantitative Studie zu interaktiven Effekten im<br />

deutsch-englischen Sachfachunterricht in Baden-Württemberg<br />

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />

dallinger@ph-ludwigsburg.de<br />

Das Dissertationsprojekt untersucht interaktive Effekte bezüglich Emotionen, Motivation und<br />

Kompetenzen von Schülern zwischen dem Englisch- und dem bilingualen Geschichtsunterricht<br />

(bGU). Wie hängen Emotionen, Motivation und Kompetenzen zusammen? Gestaltet sich dies<br />

anders in Abhängigkeit davon, ob Schüler am bilingualen oder regulären GU teilnehmen? Mögen<br />

Schüler den bGU allein schon wegen der Fremdsprache?<br />

Die Fragestellung basieren auf Pekruns Kontroll-Wert-Theorie und Eccles Kontroll-Mal-Wert<br />

Theorie zur Entstehung von Leistungsemotionen bzw. Motivation. Theoretische Bezugspunkte<br />

zur Kompetenzmessung bilden der Bildungsplan des Landes, der Gemeinsame Europäische<br />

Referenz-rahmen für Sprachen sowie Körbers Kompetenzmodell für GU (Körber et. al 2006).<br />

Bisherige Studien (Götz 2010; Klieme 2006) wiesen einen Zusammenhang zwischen Emotionen,<br />

Motivation und Kompetenzen nach, stellten aber Domänenspezifität von Emotionen und<br />

Motivation fest. Bilingual unterrichteten Schülern wurden bereits bessere Sprachkenntnisse<br />

nachgewiesen (Nold 2008), der Mehrwert für das Fach Geschichte wurde bisher noch nicht<br />

quantitativ untersucht.<br />

Die deshalb quantitativ, quasi-experimentell und längsschnittlich angelegte Studie wird mit<br />

einem Fragebogen durchgeführt, der zu Beginn und Ende eines Schuljahres von ca. 30<br />

bilingualen Gymnasialklassen der 8. Klassenstufe ausgefüllt wird. Die Daten werden mithilfe von<br />

Mehrebenen-analysen interpretiert.<br />

Im Vortrag werden die Daten der Pilotierung des Fragebogens in 12 Schulklassen diskutiert. Die<br />

Ergebnisse sollen den Hype um den bilingualen Unterricht problematisieren.<br />

Götz, T. & Cronjäger, H. & Frenzel, A. & Lüdtke, O. & Hall, N. (2010). Academic self-concept and emotion relations:<br />

Domain specificity and age effects. Contemporary Educational Psychology, 35, 44-58.<br />

Klieme, E. & Eichler, W. & Helmke, A. et al. (2006). Unterricht und Kompetenzerwerb in Deutsch und Englisch.<br />

Zentrale Befunde der Studie Deutsch-Englisch-Schülerleistungen-International (DESI). Deutsches Institut für<br />

Internationale Pädagogische Forschung Frankfurt, Zugriff am 26.04.2012 unter<br />

http://www.dipf.de/de/projekte/pdf/biqua/desi-zentrale-befunde/view.<br />

Körber, A. & Schreiber, W. & Schöner, A. (Hrsg.) (2006): Kompetenzen historischen Denkens. Ein Struktur-Modell<br />

als Beitrag zur Kompetenzorientierung in der Geschichtsdidaktik, Neuried: Ars Una.<br />

Nold, G. & Hartig, J. & Hinz, S. & Rossa, H. (2008). Klassen mit bilingualem Sachfachunterricht: Englisch als<br />

Arbeitssprache. In DESI-Konsortium (Hrsg.), Unterricht und Kompetenzerwerb in Deutsch und Englisch.<br />

Ergebnisse der DESI-Studie (S. 451-457). Weinheim: Beltz.<br />

319


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 18 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum S2 147<br />

Nicole Heitzmann 1 , Frank Fischer 1 , Martin Fischer 2<br />

Förderung von Diagnosekompetenz: Effekte von Selbsterklärungsprompts<br />

und adaptierbarem Feedback<br />

1 Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München, 2 Klinikum Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> Mün-<br />

chen<br />

nicole.heitzmann@psy.lmu.de<br />

Eine Klassenzimmersituation richtig einzuschätzen ist für Lehrkräfte eine wichtige Kompetenz.<br />

Der Erwerb der dafür erforderlichen Diagnosekompetenz ist ein komplexer Prozess.<br />

Diagnosekompetenz besteht aus den Komponenten Faktenwissen (konzeptuelles Wissen) und<br />

aus handlungsbezogenen Aspekten (strategisches und konditionales Wissen).<br />

In diesem Projekt wird untersucht, inwieweit und wie Lösungsbeispiele genutzt werden, um die<br />

Diagnosekompetenz von angehenden Lehrkräften zu fördern. Die Vorgabe fehlerhafter Lösungsbeispiele<br />

kann Selbsterklärungsaktivität hervorrufen. Studien in der Medizin berichten vom<br />

erfolgreichen Einsatz fehlerhafter Lösungsbeispiele zur Diagnosekompetenzförderung (Stark et<br />

al. 2011). Eine intensive Verarbeitung der Fehler hatte positive Effekte auf das Lernergebnis.<br />

Selbst-erklärungsprompts (SEP) können zu intensiver Verarbeitung anregen (Stark et al. 2008).<br />

Ausführliches Feedback führte zu oberflächlicher Verarbeitung. Ein vom Lerner an die eigenen<br />

Bedürfnisse adaptierbares Feedback könnte positiv wirken, indem es positive motivationale<br />

Effekte hervorruft und so oberflächliche Verarbeitung vermieden wird (Leutner, 2002).<br />

Ausgehend von diesen Überlegungen wurde untersucht ob sich vergleichbare Effekte auch bei<br />

der Diagnosekompetenz von Lehrkräften finden. Zudem wurde überprüft ob SEP und<br />

adaptierbares Feedback (AF) einen positiven Effekt auf den Diagnosekompetenzerwerb haben.<br />

Dazu bearbeiteten Lerner fehlerhafte Lösungsbeispiele in einer online Lernumgebung.<br />

Studenten des Lehramts und der Pädagogik (n=108) wurden einer der 4 Bedingung zugeteilt<br />

mit/ohne SEP, mit/ohne AF. Diagnosekompetenz wurde erfasst indem konzeptuelles Wissen<br />

mittels MC Test, strategisches Wissen mittels Key Feature Aufgaben und konditionales Wissen<br />

über Problemlöseaufgaben gemessen wurde.<br />

Die Ergebnisse zeigten, dass die Gruppe, die ohne SEP und mit AF lernte, am meisten Diagnosekompetenz<br />

erwarb.<br />

Insgesamt lässt sich sagen, dass sich fehlerhafte Lösungsbeispiele mit adaptierbarem Feedback<br />

für die Diagnosekompetenzförderung von angehenden Lehrkräften eignen. Die ausbleibenden<br />

Effekte der SEP stehen im Widerspruch zu Stark et al. (2008). Eine mögliche Erklärung könnte<br />

sein, dass ein spezifisches Level an metakognitiver Kompetenz nötig ist um von SEP zu<br />

profitieren. Diese Annahme wird mittels Analyse der Prozessdaten derzeit untersucht. Insgesamt<br />

zeigte sich, dass wenn der fehlerhafte Lösungsbeispielansatz in der Lehrerbildung eingesetzt<br />

wird adaptierbares Feedback verwendet werden sollte.<br />

Leutner, D. (2002). Adaptivität und Adaptierbarkeit multimedialer Lehr- und Informationssysteme. In L. J. Issing &<br />

P. Klimsa (Hrsg.), Information und Lernen mit Multimedia (S. 114-125), Weinheim: PVU.<br />

320


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 18 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum S2 147<br />

Ulrike Hanke<br />

Die Rolle der Lehraufträge in der Unterrichtsplanung<br />

Albert-Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg<br />

ulrike.hanke@ezw.uni-freiburg.de<br />

Den Anstoß für das Planen von Unterricht bilden Lehraufträge (Hanke, in Press), die die<br />

Lehrenden erhalten. Diese umfassen unterschiedliche externe Bedingungen und möglicherweise<br />

Ziele, die durch den Unterricht erreicht werden sollen. Um handlungswirksam zu werden,<br />

müssen sie jedoch von den Lehrenden repräsentiert werden. Da dieser Repräsentationsprozess<br />

ein Wahrnehmungsprozess ist, entfalten hier Wahrnehmungsschemata eine Wirkung, so dass<br />

sich die Frage stellt, wie Lehraufträge repräsentiert werden, genauer welche Aspekte wie<br />

wahrgenommen und repräsentiert werden.<br />

In einem quasi-experimentellen Drei-Gruppen-Design haben wir Lehrende, Lehramtsstudierende<br />

und Instructional Design-Studierende verschiedener Fachsemester untersucht (N bis jetzt<br />

insgesamt: 231). Die Probanden erhielten jeweils den Auftrag eine Unterrichtseinheit von 90 min<br />

unter Berücksichtigung eines bestimmten Lehrauftrags, entsprechend ihres Faches, zu planen.<br />

Dabei wurden die Lehrauftragsformulierungen variiert: eine Gruppe erhielt einen schemakonformen,<br />

d.h. typischen Lehrauftrag, eine Gruppe einen nicht-schemakonformen, die dritte<br />

erhielt einen Lehrauftrag mit Handlungszielen für den Lehrenden statt Lernzielen.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass alle Probanden vorwiegend das Thema (79,7 %), die Zielgruppe (59,9<br />

%) und die zur Verfügung stehende Zeit (63,4 %) erinnerten. Außerdem konnte festgestellt<br />

werden, dass die Studierenden des 4. Fachsemesters im Instructional-Design-Studiengang<br />

signifikant mehr Aspekte des Auftrages erinnerten als die Studierenden des 2. Fachsemesters (T<br />

= -2,71, df = 39, p < .05). Dies weist auf eine Veränderung der Schemata der Studierenden hin,<br />

wie sie auch Berliner (1987 u.a.) und Mitarbeiter in ihren umfangreichen Studien zu den<br />

Wahrnehmungen von Experten und Novizen im Bereich des Lehrens feststellen konnten.<br />

Dagegen konnte kein Zusammenhang zwischen der Auftragsformulierung und den<br />

erinnerten/reproduzierten Aspekten gefunden werden (F = 2,99, df = 2, p>.05).<br />

Eine weitere Erhebungen mit Lehrenden im Schuldienst erfolgt im Juli.<br />

Berliner, D. C. (1987). Der Experte im Lehrerberuf: Forschungsstrategien und Ergebnisse. Unterrichtswissenschaft,<br />

15(3), 295&#8211;305.<br />

Berliner, D. C., & Carter, K. J. (1989). Differences in processing classroom information by expert and novice<br />

teachers. In C. M. Clark & J. Lowyck (Hrsg.), Teacher thinking and professional action (S. 55-74). Leuven<br />

University Press.<br />

Hanke, U. (2012). Bedingungen und Prozesse des Lehrens &#8211; Warum Lehrende unterrichten, wie sie<br />

unterrichten. Saarbrücken: SVH.<br />

321


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 18 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum S2 147<br />

Anja Göhring<br />

Modellversuch Naturwissenschaft und Technik (NWT) –<br />

naturwissenschaftlich integrierte Lehrerausbildung<br />

<strong>Universität</strong> Regensburg<br />

anja.goehring@physik.uni-regensburg.de<br />

International betrachtet ist der naturwissenschaftliche Unterricht in vielen Ländern in einem<br />

Fächerverbund organisiert statt in den Einzeldisziplinen Biologie, Chemie und Physik (vgl. Rehm<br />

et al. 2008, Möller 2007). In Deutschland wurden in zahlreichen Bundesländern und Schularten<br />

ebenfalls naturwissenschaftliche Fächerverbünde in den Bildungsplänen verankert. Gründe<br />

hierfür sind beispielsweise, dass Kinder und Jugendliche ihre Umwelt ganzheitlich wahrnehmen<br />

und eine naturwissenschaftlich integrierte Sichtweise das Wahrnehmen von Zusammenhängen,<br />

vernetztes Denken und Handeln sowie die Auseinandersetzung mit Fragestellungen aus Alltag,<br />

Umwelt und Gesellschaft erleichtert (vgl. Rehm et al. 2008). Lehrerinnen und Lehrer werden<br />

traditionell nur in einer oder in zwei Naturwissenschaften ausgebildet. Wie soll man jedoch<br />

Inhalte erfolgreich lehren, wenn man diese und deren angemessene didaktisch-methodische<br />

Aufbereitung selbst nie gelernt hat?<br />

Die <strong>Universität</strong> Regensburg hat auf die veränderten Anforderungen im Berufsfeld reagiert und<br />

bildet im Rahmen des Modellversuchs Naturwissenschaft und Technik (NWT) Studierende der<br />

Lehrämter Grundschule und Haupt- bzw. Mittelschule integriert aus. Ziel des Modellversuchs ist<br />

einerseits, mehr Lehrerinnen und Lehrer für die naturwissenschaftlich-technischen<br />

Fächerverbünde auszubilden als bisher und andererseits, ein neues, interdisziplinär und<br />

anwendungsbezogen angelegtes Studienfach so zu gestalten, dass die erforderlichen<br />

Kompetenzen der künftigen Lehrpersonen bereits in der ersten Ausbildungsphase besser<br />

aufgebaut werden.<br />

Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Modellversuchs wird u. a. zu mehreren<br />

Messzeitpunkten ein Fragebogen eingesetzt, um die Entwicklung/Einschätzung der Studierenden<br />

(persönlicher fachlicher Schwerpunkt und Förderbedarf, Fähigkeitsselbstkonzept,<br />

Unterrichtsinteresse, Selbstwirksamkeitserwartung …) über die Studienzeit hinweg zu verfolgen.<br />

Um darüber hinaus Aussagen zur Erlangung berufsrelevanter Kompetenzen durch ein<br />

naturwissenschaftlich integriertes Studium zu erhalten, ist eine Ausweitung des<br />

Erhebungszeitraums auf das Referendariat und die ersten Berufsjahre angedacht. Im Vortrag<br />

werden das Konzept des Modellversuchs, Ergebnisse eigener wissenschaftlicher<br />

Begleituntersuchungen sowie Einschätzungen der im WS 2011/12 durchgeführten externen<br />

Begutachtung präsentiert.<br />

322


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 18 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum S2 147<br />

Dirk Richter, Maria Engelbert, Hans Anand Pant<br />

Wenn Lehrkräfte zu Lernern werden: Eine Untersuchung zu<br />

Nutzungsprofilen in der Lehrerfortbildung<br />

Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen<br />

dirk.richter@iqb.hu-berlin.de<br />

Dieser Beitrag untersucht, in welcher Form sich Lehrkräfte anhand der von ihnen besuchten<br />

Fortbildungsveranstaltungen statistisch distinkten Gruppen zuordnen lassen, die inhaltliche<br />

Fortbildungsschwerpunkte abbilden. Die dabei identifizierten Nutzungsgruppen werden<br />

anschließend anhand ausgewählter Merkmale miteinander verglichen. Zum einen wird der<br />

Zusammenhang zwischen dem Nutzungsverhalten und der Berufserfahrung sowie<br />

institutionellen Merkmalen der Schule, an der die Lehrkraft arbeitet, in den Blick genommen.<br />

Zum anderen werden Zusammenhänge zwischen dem Nutzungsverhalten und<br />

professionsbezogenen Merkmalen wie der Lehrer-Selbstwirksamkeit, der beruflichen Belastung,<br />

der Berufszufriedenheit und der Kooperation im Fachkollegium untersucht. Grundlage dieser<br />

Untersuchung bildete eine Lehrkräftebefragung, die im Rahmen des IQB-Ländervergleichs<br />

Sprachen im Jahr 2009 durchgeführt wurde und an der N=2 076 Lehrkräfte der Fächer Deutsch<br />

und Englisch in der Sekundarstufe I teilnahmen (Köller et al. 2010).<br />

Mit dem Verfahren der Latenten Klassenanalyse konnten vier Gruppen ermittelt werden, die<br />

sich in den inhaltlichen Schwerpunkten der besuchten Fortbildungen und der Teilnahmeaktivität<br />

der Lehr-kräfte unterscheiden. Etwa ein Drittel der Lehrkräfte macht die Gruppe der global<br />

Aktiven aus, die Veranstaltungen zu allen abgefragten Themen besuchen. Eine Gruppe in<br />

vergleichbarer Größe besucht fachspezifische Veranstaltungen sowie Veranstaltungen zu<br />

ausgewählten pädagogischen Themen (fachlich Aktive). Weitaus weniger Lehrkräfte nehmen<br />

ausschließlich an pädagogischen Veranstaltungen teil (pädagogisch Aktive) und etwa ein Fünftel<br />

der Lehrkräfte besucht keine Fortbildungen (Inaktive). Besonders bedeutsam sind unter diesen<br />

Gruppen diejenigen mit der höchsten und geringsten Fortbildungsbeteiligung (global Aktive und<br />

Inaktive) hinsichtlich der untersuchten Merkmale. Die global Aktiven sind selbstwirksamer und<br />

mit ihrem Beruf zufriedener, nehmen weniger Belastungen wahr und kooperieren stärker in<br />

ihrem Fachkollegium. Im Gegensatz dazu zeigen die Inaktiven ein entsprechend reziprokes<br />

Muster. Die Befunde dieser Arbeit liefern erste Hinweise darauf, dass die Nutzung formalisierter<br />

Lerngelegenheiten systematisch mit berufs-bezogenem Erleben und Verhalten zusammenhängt.<br />

Köller, O., Knigge, M. & Tesch, B. (2010). Sprachliche Kompetenzen im Ländervergleich. Münster: Waxmann.<br />

323


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 18 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum S2 147<br />

Evelyn Müller<br />

Evaluation der Wirksamkeit der Lehrerfortbildung in Baden-Württemberg<br />

Pädagogische Hochschule Freiburg<br />

evelyn.mueller@ph-freiburg.de<br />

Ziel des Projekts EvaluNa LfBW ist die Untersuchung der Wirksamkeit der Lehrerfortbildung in<br />

Baden-Württemberg. Grundlage für die Definition der Beurteilungskriterien für die<br />

Längsschnittstudie ist das 4-Ebenen-Modell von Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006). Direkt nach<br />

der Fortbildung werden die unmittelbaren Reaktionen (Ebene 1) und kognitive Veränderungen<br />

(2) sowie nach einer Anwendungsphase in der Schule das veränderte Verhalten der Lehrperson<br />

(3) und die Auswirkungen auf die Schule (4) erfasst.<br />

Zwischen 11/2011 und 02/2012 wurden 2236 Teilnehmer (Rücklauf Teilnehmer 78,0 %) aus 136<br />

randomisiert ausgewählten Fortbildungen (Rücklauf Fortbildungen 74,6 %), sowie 46 Abrufveranstaltungen<br />

im Anschluss an die Fortbildung (t1) befragt. Der Fragebogen umfasste zwei<br />

Skalen zu unmittelbaren Reaktionen (Ebene 1, z. B. Nutzen) und sieben Skalen zu kognitiven<br />

Veränderungen (Ebene 2, z. B. Wissenszuwachs; Wertebereiche 1–5, 5 = positiv).<br />

Da die Analyseeinheit in der Systemevaluation die Fortbildung ist, wurden für jede Fortbildung<br />

die durchschnittlichen Beurteilungen (Mittelwert) der Fortbildungsteilnehmer berechnet.<br />

Anhand der Mittelwerte auf Fortbildungsebene wurden mittels Latenter Klassenanalysen (Latent<br />

Gold 4.0) Klassen von Fortbildungen mit vergleichbaren Ergebnisprofilen identifiziert.<br />

Anhand des BIC zeigte die 5-Klassenlösung den besten Modell-Fit. Klasse 1 umfasst 34,4 % der<br />

Fortbildungen und zeichnet sich durch sehr gute Bewertungen bezüglich Zufriedenheit (m = 4,6)<br />

und Wissenszuwachs (m = 4,4), und die geringste Bewertung für Sensibilisierung für die<br />

Bedürfnisse der Schüler (m = 3,7) aus. Die Klassen 2, 3 und 4 zeigen dazu parallel verlaufende<br />

Profile, mit besseren (Klasse 2: 30,4 %) respektive schlechtere Bewertungen(Klasse 3: 22,6 %;<br />

Klasse 5: 4,7 %). Der Profil-verlauf der Klasse 4 (7,8 %) weicht ab, wobei sechs Skalen (u. A.<br />

Wissenszuwachs) Bewertungen auf Niveau der besten Klasse 2 und drei Skalen (u. a. Reflexion)<br />

auf dem Niveau der schlechtesten Klassen 3 und 5 und erzielen.<br />

Bezogen auf das Gesamtsystem konnten direkt nach der Fortbildung keine gravierenden<br />

Einschränkungen der Wirksamkeit festgestellt werden. Allerdings konnten 25,4 % der<br />

randomisiert ausgewählten Fortbildung nicht in die Evaluation einbezogen werden. Darüber<br />

hinaus stehen die Ergebnisse zur Anwendung der Fortbildungsinhalte und der Auswirkungen auf<br />

die Schule (Ebene 3 und 4) noch aus.<br />

Kirkpatrick, D. L. & Kirkpatrick J.D. (2006). Evaluating Training Programs (3rd ed.). San Francisco, CA: Berrett-<br />

Koehler Publishers.<br />

324


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 19 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum S2 143<br />

Julia Rudolph<br />

Interessen- und Leistungsentwicklung in der Grundschule. Was ist das Ei,<br />

was die Henne?<br />

<strong>Universität</strong> Kassel<br />

juliarudolph@rocketmail.com<br />

Traditionell wird angenommen, dass die Leistung von Schülern u.a. durch ihr fachbezogenes<br />

Interesse bedingt ist (Schiefele, Krapp & Schreyer, 1993). Zugleich wird auch die umgekehrte<br />

Wirkrichtung (Leistung ist ein Prädiktor für nachfolgende Interessensentwicklung) postuliert.<br />

Empirische Ergebnisse zu dieser Thematik sind nicht eindeutig (Köller, Baumert & Schnabel,<br />

2000; Marsh, Trautwein, Lüdtke, Köller & Baumert, 2005) und stellen insbesondere für<br />

Grundschulkinder ein Desiderat dar.<br />

In der PERLE-Studie (Persönlichkeits- und Lernentwicklung von Grundschulkindern) wurde der<br />

Zusammenhang zwischen mathematikbezogenem Interesse und mathematischer Leistung<br />

längsschnittlich zwischen Ende des 3. Schuljahres und Ende des 4. Schuljahres anhand einer<br />

Stichprobe von N=621 Schülern untersucht.<br />

Der Vortrag untersucht den Zusammenhang zwischen mathematikbezogenem Interesse und<br />

mathematischer Leistung mittels Strukturgleichungsmodellen. Es zeigt sich, dass die<br />

Mathematik-leistung Ende des 3. Schuljahres die nachfolgende mathematikbezogene<br />

Interessensentwicklung vorhersagt. Ein umgekehrter Zusammenhang konnte jedoch nicht<br />

festgestellt werden.<br />

Köller, O., Baumert, J. & Schnabel, K. (2000). Zum Zusammenspiel von schulischem Interesse und Lernen im Fach<br />

Mathematik: Längsschnittanalysen in den Sekundarstufen I und II. In U. Schiefele & K.P. Wild. (Hrsg.), Interesse<br />

und Lernmotivation - Untersuchungen zu Entwicklung, Förderung und Wirkung (S. 163-183). Münster: Waxmann.<br />

Marsh, H.W., Trautwein, U., Lüdtke, O., Köller, O. & Baumert, J. (2005). Academic self-concept, interest, grades,<br />

and standardized test scores: Reciprocal effects models of causal ordering. Child Development, 76(2), 397-416.<br />

Schiefele, U., Krapp, A. & Schreyer, I. (1993). Metaanalyse des Zusammenhangs von Interesse und schulischer<br />

Leistung. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 25(2), 120-148.<br />

325


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 19 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum S2 143<br />

Julia Kretschmann 1 , Anna Gronostaj 2 , Miriam Vock 2 , Oliver Lüdtke 1 , Hans Anand Pant 1<br />

Schulische Leistungsentwicklung nach dem Überspringen einer<br />

Klassenstufe - Gruppenvergleiche anhand des Propensity Score Matching<br />

1 Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin, 2 <strong>Universität</strong> Potsdam<br />

kretschj@hu-berlin.de<br />

In der vorgestellten Studie wird die Fragestellung untersucht, ob Schülerinnen und Schüler, die<br />

eine Klassenstufe überspringen, in Folge dessen und im Vergleich mit nicht gesprungenen<br />

Schülerinnen und Schülern eine veränderte Leistungsentwicklung zeigen.<br />

Die akzelerative Maßnahme „Überspringen“ ist ein zentraler Ansatz der schulischen Begabtenförderung,<br />

der zu einer besseren Passung zwischen dem Lernpotenzial besonders begabter<br />

Schülerinnen und Schüler und den unterrichtlichen Lernanforderungen führen soll. In Hinblick<br />

auf die schulische Leistung stellt das individuelle Überspringen einer Klassenstufe sowohl im<br />

kognitiven, als auch im motivational-emotionalen Bereich hohe Anforderungen an die<br />

Springerinnen und Springer. Jedoch kann auch das Verbleiben in der Ursprungsklasse bei<br />

umfassender und dauerhafter intellektueller Unterforderung Risiken bergen (Heinbokel, 2004).<br />

Akzelerative Maßnahmen gelten als die in ihrer förderlichen Wirkung am besten belegten<br />

Begabtenfördermaßnahmen (Colangelo, Assouline & Gross, 2004). Jedoch sind empirische<br />

Studien, die belastbare Aussagen über die Effekte des Überspringens treffen, in Deutschland<br />

bisher rar. Die vorhandenen Befunde unterliegen methodischen Einschränkungen: neben<br />

kleinen Stichprobengrößen und fehlenden Vorhermessungen besteht ein zentrales Problem<br />

vorhandener Studien im Fehlen adäquater Vergleichsgruppen.<br />

Im vorliegenden Projekt wird daher der, in der Bildungsforschung in den letzten Jahren immer<br />

stärker angewandte, Ansatz des Propensity Score Matchings gewählt (Stuart, 2010) und dabei<br />

unter Rückgriff auf große, unausgelesene Stichproben eine adäquate Vergleichsgruppe<br />

konstruiert.<br />

Als Datengrundlage stehen Fragebogen- und Testdaten von über 20.000 Schülerinnen und<br />

Schülern aus Studien zur Erhebung der länderübergreifenden Bildungsstandards des Instituts zur<br />

Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin, sowie der<br />

ELEMENT-Daten zur Erfassung der Mathematik- und Leseleistung an Berliner Grundschulen, zur<br />

Verfügung.<br />

Erste Ergebnisse anhand der ELEMENT-Daten weisen darauf hin, dass Schülerinnen und Schüler,<br />

die eine Klassenstufe übersprungen haben, nicht in ihrer schulischen Leistung hinter der<br />

gematchten Vergleichsgruppe der nicht gesprungenen Schülerinnen und Schüler der neuen<br />

Klassenstufe zurückbleiben.<br />

Colangelo, N., Assouline, S. G. & Gross, M. U. M. (2004). A nation deceived: How schools hold back America’s<br />

brightest students. The Templeton National Report on Acceleration. Iowa City: University of Iowa.<br />

Heinbokel, A. (2004). Überspringen von Klassen 1980-2001. Labyrinth, 82, 4-12.<br />

Stuart, E. A. (2010). Matching Methods for Causal Inference: A Review and a Look Forward. Statistical Science, 25<br />

(1), 1-21.<br />

326


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 19 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum S2 143<br />

Mario Vennemann, Katja Scharenberg, Heike Wendt, Heinz Günter Holtappels<br />

Lernentwicklung in der Grundschule - Erste Ergebnisse aus dem<br />

europäischen Kooperationsprojekt ADDITION<br />

Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

vennemann@ifs.tu-dortmund.de<br />

Ziel des europäischen Projekts ADDITION („A Dynamic Effective Knowledge Base for Quality in<br />

Education") ist es, die dynamische Struktur von Ge- und Misslingensbedingungen schulischen<br />

Lernens zu analysieren, um empirisch fundierte Steuerungs- und Optimierungspotenziale<br />

aufzuzeigen. Als theoretische Basis dient das Dynamic Model of Educational Effectiveness<br />

(Creemers & Kyriakides, 2008), welches schulisches Lernen als Ergebnis mehrdimensionaler und<br />

multiperspektivischer Prozesse sieht. Das Projekt wird national von der Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)<br />

sowie international von der European Science Foundation (ESF) gefördert.<br />

Im Rahmen von ADDITION wurden in 6 Ländern die Lernstände von Schülerinnen und Schülern<br />

in Mathematik (N = 9.321) und den Naturwissenschaften (N = 9.150) zu zwei Messzeitpunkten<br />

erhoben, so dass die Lernentwicklung in der Jahrgangsstufe 4 nachvollzogen werden kann. Mit<br />

einem IRT-basierten Längsschnittdesign wurden Aufgaben- und Personenparameter zu beiden<br />

Messzeitpunkten modelliert (Concurrent Calibration; Kim & Cohen, 1998). Die<br />

Kompetenzmessung erfolgte anhand der im Literacy-Konzept verankerten Instrumente aus<br />

TIMSS 2007 (Ruddock, O´Sullivan, Arora & Erberber, 2008).<br />

Erste Analysen zeigen, dass die Lernzuwächse der Schülerinnen und Schüler im Verlauf der<br />

Jahrgangsstufe 4 in den Teilnahmeländern teilweise unterschiedlich ausfallen und durch<br />

verschiedene Bedingungsfaktoren auf individueller, klassenbezogener und schulischer Ebene<br />

erklärt werden können.<br />

Creemers, B. P. M. & Kyriakides, L. (2008). The dynamics of educational effectiveness: A contribution to policy,<br />

practice and theory in contemporary schools. London: Routledge.<br />

Kim, S.-H. & Cohen, A. S. (1998). A comparison of linking and concurrent calibration under item response theory.<br />

Applied Psychological Measurement, 22 (2), 131−143.<br />

Ruddock, G. J., O´Sullivan, C. Y., Arora, A. & Erberber, E. (2008). Developing the TIMSS 2007 Mathematics and<br />

Science assessments and scoring guides. In J. F. Olson, M. O. Martin & I. V. S. Mullis (Hrsg.), TIMSS 2007<br />

technical report (S. 13−44). Chestnut Hill, MA: TIMSS & PIRLS International Study Center, Boston College.<br />

327


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 19 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum S2 143<br />

Alex Bertrams, Chris Englert<br />

Eine Längsschnittanalyse zum Zusammenhang zwischen<br />

Selbstkontrollkapazität, kognitiver Interferenz während Mathematiktests<br />

und Mathematikzeugnisnoten<br />

<strong>Universität</strong> Mannheim<br />

alex.bertrams@uni-mannheim.de<br />

Testergebnisse erfüllen innerhalb des Bildungssystems wichtige Funktionen von hoher<br />

Bedeutsamkeit für die getesteten Personen. Deshalb sollten Testergebnisse ein möglichst<br />

akkurates Maß von Wissen und Können darstellen. Vor diesem Hintergrund ist die mit Angst<br />

während Testsituationen verbundene Beeinträchtigung der Informationsverarbeitung (sog.<br />

kognitive Interferenz) problematisch, da sie die Testleistung jenseits von Wissen und Können<br />

ungünstig beeinflussen kann (Zeidner, 1998). Wir nehmen an, dass kognitive Interferenz durch<br />

willentliche Aufmerksamkeitskontrolle – einem zentralen Aspekt der Selbstkontrolle (Schmeichel<br />

& Baumeister, 2010) – reduziert wird. Demnach sollten Schüler während Tests umso geringere<br />

angstbezogene kognitive Interferenz erleben, je höher ihre Kapazität zur Ausübung von<br />

Selbstkontrolle ausfällt. Wir überprüften diese Annahme mittels einer Längsschnittstudie (N =<br />

158 Wirtschaftsschüler). Wir erfragten die Selbstkontrollkapazität und die während<br />

Mathematiktests erlebte angstbezogene kognitive Interferenz der Schüler – zu Beginn des<br />

Schuljahres und kurz nach dem ersten Schulhalbjahr erneut. Die jeweils letzte<br />

Mathematikzeugnisnote erfassten wir als Testleistungsindikator. Eine Pfadanalyse erbrachte,<br />

dass steigende Selbstkontrollkapazität erwartungsgemäß mit sinkender kognitiver Interferenz<br />

assoziiert war. Sinkende kognitive Interferenz ging obendrein mit steigender Testleistung einher.<br />

Da es sich bei der Selbstkontrollkapazität um eine trainierbare Ressource handelt (Baumeister,<br />

Gailliot, DeWall & Oaten, 2006), verweisen die Befunde auf neue Interventionsansätze bezüglich<br />

der Vermeidung angstbezogener Leistungseinbußen.<br />

Baumeister, R. F., Gailliot, M., DeWall, C. N. & Oaten, M. (2006). Self-regulation and personality: How interventions<br />

increase regulatory success, and how depletion moderates the effects of traits on behavior. Journal of<br />

Personality, 74, 1773-1801. doi:10.1111/j.1467-6494.2006.00428.x<br />

Schmeichel, B. J. & Baumeister, R. F. (2010). Effortful attention control. In B. Bruya (Ed.), Effortless attention: A<br />

new perspective in the cognitive science of attention and action (pp. 29-49). Cambridge, MA: MIT Press.<br />

Zeidner, M. (1998). Test anxiety: The state of the art. New York, NY: Plenum Press.<br />

328


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 20 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 121<br />

Natalie Fischer, Marius Gerecht<br />

Schulqualität und individuelle Entwicklung von Schülerinnen und Schülern<br />

nach dem Übergang in die Sekundarstufe I<br />

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />

fischer@dipf.de<br />

Bei der Betrachtung von Schulqualität werden aktuell häufig Kontextmerkmale und Prozesse im<br />

Mehrebenenmodell fokussiert. Nimmt man an, dass Schule und Unterricht auf kognitive,<br />

motivational-affektive und verhaltensbezogene Merkmale der Schüler/-innen zielen (Seidel,<br />

2008), so ist die Veränderung dieser Merkmale als Zielkriterium für die Beurteilung von<br />

Schulqualität zu sehen. Allerdings zeigt sich empirisch zumeist, dass individuelle Merkmale der<br />

Schüler/-innen und Prozessmerkmale auf Ebene des Unterrichts Lernergebnisse stärker<br />

beeinflussen als schulische Prozessmerkmale (Klieme, Steinert & Hochweber, 2011).<br />

Creemers & Kyriakides (2008) unterscheiden zwischen unterrichtsnahen und institutionsbezogenen<br />

Merkmalen schulischer Prozessqualität. Es kann angenommen werden, dass<br />

unterrichtsnähere Qualitätsmerkmale stärkere Einflüsse auf Lernergebnisse der Schüler/-innen<br />

aufweisen. Im vorliegenden Beitrag wird überprüft, inwieweit geteilte Ansichten des Lehrkollegiums<br />

über Binnendifferenzierung nach Lernvoraussetzungen (unterrichtsnah) mit der<br />

Kooperationshäufigkeit im Kollegium (institutionsbezogen) zusammenhängen und ob sich<br />

direkte Einflüsse auf die Entwicklung von Motivation (Lernzielorientierung) und Schulnoten der<br />

Schüler/-innen zeigen.<br />

Die Analysen basieren auf Daten aus der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen. Angaben<br />

der Lehrkräfte in Bezug auf Binnendifferenzierung im Unterricht sowie Kooperationshäufigkeit<br />

aus 243 Schulen der Sekundarstufe I wurden auf Schulebene aggregiert. Sie gehen als<br />

Prädiktoren in 2-Ebenen-Pfadmodelle zur Erklärung der Entwicklung von Lernzielorientierung<br />

und Noten innerhalb von zwei Jahren nach dem Übergang in die Sekundarstufe I ein. Hintergrundmerkmale<br />

auf Schul- und Individualebene werden kontrolliert.<br />

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass sich Schulen hinsichtlich der von den Kollegien berichteten<br />

Binnendifferenzierung und der Kooperationshäufigkeit systematisch unterscheiden. Während<br />

das unterrichtsnahe Merkmal schulischer Prozessqualität die Lernergebnisse der Schüler/-innen<br />

direkt beeinflusst, ergeben sich im Hinblick auf die Kooperationshäufigkeit lediglich indirekte<br />

Einflüsse über die über das Kollegium hinweg berichteten Unterrichtsstrategien. Basierend auf<br />

diesen Ergebnissen werden Impulse für die weitere Forschung sowie für die Schulentwicklung<br />

abgeleitet.<br />

Creemers, B. P. M. & Kyriakides, L. (2008). The dynamics of educational effectiveness: a contribution to policy,<br />

practice and theory in contemporary schools. London: Routledge.<br />

329


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 20 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 121<br />

Thomas Markert<br />

Zur „Standortspezifik“: Ganztags-Entwürfe an Grundschule-Hort-<br />

Standorten entlang und abseits pädagogischer Konzeptionen<br />

Technische <strong>Universität</strong> Dresden<br />

Thomas.Markert@tu-dresden.de<br />

Im Rahmen der Ganztagsschulentwicklung wird die Erwartung formuliert, dass durch die<br />

Zusammenarbeit unterschiedlicher pädagogischer Professionen ein methodisch und inhaltlich<br />

vielfältiges Bildungsangebot unterbreitet wird. In diesem Zusammenhang erscheint die in<br />

Sachsen anzutreffende flächendeckende Kooperation zwischen Grundschulen mit<br />

Ganztagsangebot und Horten als eine günstige Ausgangslage. Indem Breuer und Reh zeigen, wie<br />

unter Erzieher/innen und Lehrkräften „Ressourcenfragen“ und „fachliche Zuständigkeiten“<br />

(Breuer & Reh, 2010, S. 40) ausgehandelt werden, wird eine Facette der Gestaltung der<br />

Ganztagsschule als „pädagogische Handlungseinheit“ (Fend, 2008, S. 146) deutlich.<br />

Die vielfältige und standortspezifische Praxis ganztägiger Bildung unter vergleichbaren<br />

strukturellen Voraussetzungen wirft aber die Frage auf, an was sich pädagogische Akteure<br />

jenseits professionsbezogener Grenzziehungen bei der Gestaltung des Bildungs- und<br />

Erziehungsangebotes orientieren. Dieser Frage geht die Studie „Das Ganztagsangebot von<br />

Grundschule und Hort zwischen Bildungsprogrammatik und akteursgebundenen Entwürfen“<br />

nach. Ethnografisch, d. h. über die „Befremdung des allzu Vertrauten“ (Breidenstein, 2010, S.<br />

206), wird die Ganztagspraxis an drei Standorten erschlossen. Der mittels teilnehmender<br />

Beobachtungen und Interviews geleistete schrittweise Nachvollzug des Ganztagsangebots<br />

eröffnet bspw. an einem Untersuchungsort den Blick auf ein informelles, daher nicht<br />

pädagogisch-konzeptionell geleitetes Zusammenspiel der Akteure. Es wird eine implizite<br />

Standortlogik sichtbar, in der sich das an der Schule verortete Ganztagsangebot auf die im Hort<br />

in der „offenen Arbeit“ geübte und alltäglich praktizierte Selbständigkeit der Kinder bezieht,<br />

ohne dass diese Verknüpfung reflektiert wird. Die segmentierte, von institutionellen und<br />

personenbezogenen Verantwortlichkeiten unterteilte Angebotsstruktur wird hier durch das<br />

kompetente Selbstmanagement der Kinder verbunden. Das hier so skizzierte implizite<br />

Zusammenspiel der Akteure ergibt für Kinder, die an dieser Anforderung scheitern, ein erhöhtes<br />

Risiko von Versagenserfahrungen, die, da nicht konzeptionell erkannt, von den pädagogischen<br />

Akteuren unbeachtet bleiben. So lenkt die Studie den Blick auf akteursgebundene Konzepte der<br />

Zusammenarbeit, die explizite, normativ positiv aufgeladene „Kooperation“ unterlaufen.<br />

Breidenstein, G. (2010). Einen neuen Blick auf schulischen Unterricht entwickeln: Strategien der Befremdung. In F.<br />

Heinzel, W. Thole, P. Cloos & S. Köngeter (Eds.), "Auf unsicherem Terrain": Ethnographische Forschung im<br />

Kontext des Bildungs- und Sozialwesens (205-215). Wiesbaden: VS.<br />

Breuer, A., & Reh, S. (2010). Zwei ungleiche Professionen? Wie LehrerInnen und ErzieherInnen in Teams<br />

zusammenarbeiten. Soziale Passagen, Jg. 2, H. 1, 29-46.<br />

Fend, H. (2008). Schule gestalten. Systemsteuerung, Schulentwicklung und Unterrichtsqualität. Wiesbaden: VS.<br />

330


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 20 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 121<br />

Hans Peter Kuhn 1 , Markus Sauerwein 2<br />

Partizipation und Sozialverhalten in der Ganztagsschule –<br />

Geschlechtsspezifische Effekte<br />

1 <strong>Universität</strong> Kassel, ²Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />

hpkuhn@uni-kassel.de<br />

Ganztagsschulen bieten durch den erweiterten Zeitrahmen und zusätzliche extracurriculare<br />

Angebote mehr Möglichkeiten zur Mitwirkung und Partizipation der Schülerinnen und Schüler<br />

(SuS) im Schulalltag. Auf der Datenbasis der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG)<br />

sollen hier die Wirkungen der Partizipation in der Ganztagsschule anhand längsschnittlicher<br />

Daten aus den Jahren 2005, 2007 und 2009 über den gesamten Zeitraum von der 5. bis zur 9.<br />

Klassenstufe analysiert werden. Im Zentrum der Analysen stehen dabei die Wirkungen von<br />

Partizipation in den Ganztagsangeboten auf zwei Dimensionen des Sozialverhaltens, die soziale<br />

Verantwortungs-übernahme (z.B. andere beim Lernen unterstützen) und das problematische<br />

Verhalten im Schulalltag (z.B. Störungen im Unterricht). Der theoretische Ansatz des Stage-<br />

Environment-Fit postuliert eine mangelnde Passung zwischen dem steigenden<br />

Autonomiebedürfnis in der psychosozialen Entwicklung von SuS in der Sekundarstufe I und den<br />

schulischen Bedingungen als eine Ursache für eine schlechtere schulische Performanz der SuS<br />

(Motivation, Leistung, Sozialverhalten) (Eccles et al., 1993). In dem Maße, in dem die Schule auf<br />

das Bedürfnis nach Autonomieerleben der SuS durch die Schaffung von mehr<br />

Partizipationsmöglichkeiten eingeht, können die Handlungsbereitschaft und das Sozialverhalten<br />

der SuS gesteigert werden (Deci & Ryan, 1993).<br />

Für die Analysen werden die Daten des Schülerlängsschnitts über drei Messzeitpunkte der Studie<br />

zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG; Fischer et al., 2011) herangezogen. Die<br />

Reliabilitäten der Skalen zur Partizipation und zum Sozialverhalten sind zufriedenstellend bis gut.<br />

Die Skalen werden auf Messinvarianz getestet.<br />

Erste Ergebnisse zeigen, dass zwischen der 5. und der 9. Klassenstufe die soziale<br />

Verantwortungs-übernahme der SuS signifikant abnimmt, während gleichzeitig das<br />

problematische Verhalten im Schulalltag tendenziell ansteigt; dabei zeigen Jungen auf beiden<br />

Dimensionen das problematischere Verhalten. Latent modellierte Cross-lag-panel-Analysen<br />

kommen zu dem Ergebnis, dass mehr Partizipation in den Ganztagsangeboten sich signifikant<br />

positiv – im Sinne einer geringeren Abnahme – auf die Entwicklung der sozialen<br />

Verantwortungsübernahme auswirkt, jedoch nur im Zeitraum von der 5. zur 7. Klassenstufe, und<br />

hier signifikant stärker für Jungen im Vergleich zu Mädchen.<br />

Praktische Konsequenzen für die Gestaltung von Ganztagsangeboten werden diskutiert.<br />

Deci, E.L. & Ryan, R.M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die<br />

Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39, 223-238.<br />

331


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 20 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 121<br />

Susanne Lindemann, Dominik Becker, Jan Schröder<br />

Individuelle Förderung, akademisches Selbstkonzept und<br />

Schülerleistungen in Abhängigkeit von der Prozessqualität des<br />

gebundenen Ganztags<br />

Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

Lindemann@ifs.tu-dortmund.de<br />

Während aus angloamerikanischen Studien ein Zusammenhang zwischen der Verwendung von<br />

Methoden zur individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern (SuS) (instructional strategies<br />

of teaching) und den erzielten Schülerleistungen belegt ist (Marzano, Pickering & Pollock, 2001),<br />

beruhen umfangreiche Reformierungen im deutschen Schulsystem – so zum Beispiel die Umwandlung<br />

von Halb- in Ganztagsschulen – oftmals lediglich auf Wirkungsannahmen. Die Einführung des<br />

gebundenen Ganztags verbindet mindestens zweierlei Ziele miteinander, und zwar 1) Schülerinnen<br />

und Schüler durch mehr Zeit individuell fördern zu können, um schließlich 2) deren Leistungen zu<br />

erhöhen (Keuffer & Trautmann, 2008).<br />

Aus den Erkenntnissen der empirischen Unterrichtsforschung kann bilanziert werden, dass der<br />

Unterricht keine direkten und linearen Wirkungen auf Schülerleistungen aufweist. Vielmehr sind<br />

dessen Effekte u.a. über die Wahrnehmungen von SuS zum Unterricht oder die Lern- und<br />

Denkprozesse zu erklären (Winne & Marx, 1977). Insofern stellen sich bezogen auf die Ausgangsthese<br />

folgende Forschungsfragen: 1) Wird auch im gebundenen Ganztag der Effekt der von den SuS<br />

wahrgenommenen individuellen Förderung auf die Schülerleistung durch die Kontrolle des<br />

fachdomänenspezifischen Selbstkonzepts mediiert? 2) Können potentielle Unterschiede des<br />

Mediationseffektes zwischen Ganztagsschulen auf die Prozessqualität des gebundenen Ganztags<br />

zurückgeführt werden?<br />

Als Datenbasis dient die Schülerbefragung der im Projekt „Ganz In - Mit Ganztag mehr Zukunft. Das<br />

neue Ganztagsgymnasium NRW“ im Jahr 2010 durchgeführten Ausgangserhebung an 31 Gymnasien in<br />

NRW (N=3229) und die anschließend stattgefundene Erhebung der Unterrichtsqualität. Auf Basis<br />

eines Mehrebenen-Pfadmodells wird zunächst getestet, ob es einen signifikanten Zusammenhang<br />

zwischen der durch die SuS wahrgenommenen individuellen Förderung und ihren Schulleistungen<br />

gibt, der durch Kontrolle ihres fachdomänenspezifischen akademischen Selbstkonzepts<br />

auspartialisiert werden kann. Anschließend sollen Stärke und Signifikanz des Effekts zwischen den 31<br />

Projektschulen verglichen und mittels Variablen der Prozessqualität des gebundenen Ganztags wie<br />

z.B. der Strukturierung des Unterrichts erklärt werden.<br />

Die Ergebnisse der Analysen tragen dazu bei, das Forschungsdesiderat hinsichtlich der Wirkung von<br />

Ganztagsschule zumindest in Teilen zu schließen.<br />

Keuffer, J. & Trautmann, M. (2008). Unterricht. In T. Coelen & H.-U. Otto (Hrsg.), Grundbegriffe Ganztagsbildung.<br />

Das Handbuch (S. 557-565). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Marzano, R. J., Pickering, D. J. & Pollock, J. E. (2001). Classroom instruction that works: research-based strategies<br />

for increasing student achievement. Alexandria: VA: Association for Supervision and Curriculum Development.<br />

Winne, P. H. & Marx, R. W. (1977). Reconceptualizing research on teaching. Journal of Educational Psychology, 69,<br />

668-678.<br />

332


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 21 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 204<br />

Josef Künsting, Julian Kempf<br />

Förderung des Scientific Discovery Learning durch metakognitive<br />

Lernhilfen<br />

<strong>Universität</strong> Kassel<br />

kuensting@uni-kassel.de<br />

Im Rahmen eines experimentellen 2x2-Designs wurden N = 129 Schüler/innen der neunten<br />

Klassen-stufe randomisiert den Bedingungen metakognitive Lernhilfen (ja vs. nein) und Lernziele<br />

(spezifisch vs. unspezifisch) zugewiesen. Als Lernumgebung diente ein virtuelles und curricular<br />

valides Physiklabor, das selbstreguliertes Lernen durch Experimentieren gemäß dem Ansatz<br />

Scientific-Discovery-as-Dual-Search (Klahr & Dunbar, 1988) ermöglicht.<br />

Die bislang unzureichend beantwortete und im vorliegenden Beitrag leitende Forschungsfrage<br />

ist, ob sich selbstreguliertes Lernen durch Experimentieren (z. B. de Jong & van Joolingen, 1998)<br />

auch bei Neuntklässlern bereits durch eine kurze Modellierung metakognitiver Lernhilfen mit<br />

anschließendem Prompting (vgl. Bannert & Reimann, 2012) bedeutsam fördern lässt. Ebenfalls<br />

wird als bisher unbeantwortete Frage geprüft, ob die Spezifität zusätzlich dargebotener Lernziele<br />

(Künsting, Wirth & Paas, 2011) das Ausmaß der Wirkung metakognitiver Lernhilfen auf den<br />

Lernerfolg beeinflusst.<br />

Abhängige Variablen sind zum einen das in der Lernphase erworbene konzeptuelle Wissen, das<br />

behaltene konzeptuelle Wissen nach drei Wochen und die prozessbasiert erfasste Nutzung einer<br />

zentralen Experimentierstrategie. Zum anderen werden der Cognitive Load sowie der aktuelle<br />

Zustand der Lernmotivation und der Lernemotion (Boekaerts, 2002, 2011) als abhängige<br />

Variablen untersucht. Kontrollvariablen sind das Vorwissen, kognitive Grundfähigkeiten sowie<br />

die direkt vor dem Lernen bestehende Lernmotivation und -emotion.<br />

Im Ergebnis zeigen sich zum Beispiel bedeutsam positive Effekte der metakognitiven Lernhilfen<br />

auf das unmittelbar erworbene und das behaltene konzeptuelle Wissen nach drei Wochen.<br />

Zudem nutzten metakognitiv unterstützte Schüler/innen zu einem signifikant höheren Anteil die<br />

Experimentierstrategie Isolierende Variablenkontrolle und berichten ein signifikant größeres<br />

Ausmaß an positiven Lernemotionen als Schüler/innen ohne metakognitive Unterstützung.<br />

Die Ergebnisse dieser Studie sprechen unter anderem für den lernpädagogischen Nutzen auch<br />

von zeitökonomischen Maßnahmen zur Förderung des selbstregulierten Lernens durch<br />

Experimentieren.<br />

Bannert, M. & Reimann, P. (2012). Supporting self-regulated hypermedia learning through prompts. Instructional<br />

Science, 40(1), 193–211.<br />

de Jong, T. & van Joolingen (1998). Scientific discovery with computer simulations of conceptual domains. Review<br />

of Educational Research, 68, 179–201.<br />

Künsting, J., Wirth, J. & Paas, F. (2011). The goal specificity effect on strategy use and instructional efficiency during<br />

computer-based scientific discovery learning. Computers & Education, 56, 668–679.<br />

333


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 21 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 204<br />

Sandra Bröderbauer, Franz Riffert<br />

Der Einfluss unbewusster Lösungshinweise auf problemlösendes Denken<br />

<strong>Universität</strong> Salzburg<br />

sandra.broederbauer@stud.sbg.ac.at<br />

In empirischen Untersuchungen u. a. von Maier (1931), Grant und Spivey (2003) oder Moss, Kotovsky<br />

und Cagan (2011) konnte gezeigt werden, dass supraliminal präsentierte Lösungshinweise, deren<br />

Lösungsrelevanz jedoch den ProbendInnen unbewusst bleibt, einen positiven Einfluss auf<br />

Lösungshäufigkeit bzw. Lösungszeit haben. Weitgehend ungeklärt ist allerdings (a) wie genau diese<br />

unbewussten Hinweise wirken, (b) wie sie idealerweise beschaffen sein sollten und (c) wann der beste<br />

Zeitpunkt ist, um sie zu präsentieren. Ziel dieser Studie war es, den positiven Einfluss unbewusster<br />

Hinweise auf problemlösendes Denken, mittels einer in diesem Kontext noch nie verwendeten<br />

Hinweisart zu belegen, sowie der Annahme, der Hinweis solle am besten zum Zeitpunkt einer<br />

Sackgasse präsentiert werden (z. B. Ohlsson, 1992), nachzugehen. Zudem wurden auch erste Schritte<br />

gesetzt, um den Einfluss durch solcherart Stimulierung erzielter Lösungssteigerung auf die<br />

Selbstwirksamkeits-überzeugungen zu untersuchen. Als Probleme wurden vier geometrische<br />

Streichholzaufgaben verwendet. Der unbewusste Hinweis war in Form eines Logos, welches die<br />

Grundstruktur einer von jeweils zwei Lösungsarten je Beispiel widerspiegelt, auf den Aufgabenblättern<br />

abgebildet. Die Stichprobe (N = 127) setzte sich zusammen aus (fast ausschließlich<br />

weiblichen) Studierenden und Schüler/innen der 12. und 13. Schulstufe. Die Ergebnisse zeigen einen<br />

positiven Effekt des unbewussten Hinweises auf (a) Lösungshäufigkeit und (b) Lösungsgeschwindigkeit.<br />

In Bezug auf (c) die Lösungsart lässt sich tendenziell eine Bevorzugung jener<br />

Lösungsmöglichkeit erkennen, die dem Hinweis ähnelt. Zur Klärung des idealen<br />

Präsentationszeitpunktes des Lösungshinweises ist allerdings weiterer Forschungsbedarf gegeben.<br />

Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die Anzahl der gelösten Aufgaben und die Selbstwirksamkeit<br />

positiv korrelieren (r=.70, p=.000) und dass Personen die einen unbewussten Lösungshinweis erhalten<br />

haben eine etwas höhere Selbst-wirksamkeit aufweisen als jene ohne Hinweis. Der Einsatz<br />

unbewusster Lösungshinweise scheint eine Möglichkeit zu bieten, bei Lernenden die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

zu stärken, Erfolgserlebnisse zu fördern und die Motivation zu erhöhen.<br />

Insbesondere bei elektronischen Lernprogrammen (vgl. z. B. auch Chalfoun & Frasson, 2008) könnten<br />

so selbstwirksamkeitssteigernde Effekte erzielt werden.<br />

Chalfoun, P. & Frasson, C. (2008). Subliminal priming enhances learning in a distant virtual 3D Intelligent Tutoring<br />

System. IEEE Multidisciplinary Engineering Education Magazine: Special Issueon Intelligent Tutoring Systems, 3<br />

(4), 125-130.<br />

Maier, N. R. F. (1931). Reasoning in humans 2. The solution of a problem and its appearance in consciousness.<br />

Journal of Comparative Psychology, 12, 181-194.<br />

Moss, J., Kotovsky, K. & Cagan, J. (2011). The Effect of Incidental Hints When Problems Are Suspended Before,<br />

During, or After an Impasse. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 37 (1),<br />

140-148.<br />

Ohlsson, S. (1992). Information-processing explanations of insight and related phenomena. In M.T. Keane & K. J.<br />

Gilhooly (Eds.), Advances in the psychology of thinking (pp. 1-44). New York, London, Toronto, Sydney, Tokyo,<br />

Singapore: Harvester Wheatsheaf.<br />

334


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 21 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 204<br />

Claudia Leopold<br />

Förderung des Lernens aus Sachtexten durch bildliches Vorstellen<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

claudia.leopold@psy.uni-muenster.de<br />

In Forschungsarbeiten zum multimedialen Lernen wurden hauptsächlich Effekte der Darbietung<br />

externer Bilder untersucht. Auf interne Bilder des Lerngegenstands – sogenannte mentale<br />

Vorstellungen – wurde dagegen weniger Aufmerksamkeit gerichtet. Diese sind bedeutsam, weil<br />

sie den Aufbau mentaler Modelle fördern können (Hegarty, 1992; Leutner, Leopold & Sumfleth,<br />

2009). Es wurde untersucht, ob Studierende von der Instruktion, mentale Vorstellungen zu<br />

einem Lerngegenstand zu generieren, profitieren und welche Rolle der räumlichen Perspektive<br />

der Lernenden hierbei zukommt. Zur Untersuchung der Fragestellung wurde ein Drei-Gruppen-<br />

Versuchsplan realisiert. Alle Teilnehmer (Studenten) lasen einen Text zur Funktionsweise des<br />

Blutkreislaufs. Eine Gruppe (externale Perspektive) wurde instruiert, sich den Blutkreislauf bei<br />

einer fiktiven ihr gegenüberstehenden Person vorzustellen. Die zweite Gruppe (internale<br />

Perspektive) sollte sich den Blutkreislauf bezogen auf den eigenen Körper vorstellen. Die<br />

Kontrollgruppe erhielt keine spezifische Instruktion. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass<br />

mentale Vorstellungen das Behalten der gelesenen Information fördern können. Bezüglich der<br />

Fähigkeit, das Gelernte auf neue Problemstellungen zu übertragen, erwies sich die internale<br />

gegenüber der externalen Vorstellungs-gruppe als überlegen. Aus theoretischer Sicht weisen die<br />

Ergebnisse auf enge Zusammenhänge zwischen der Konstruktion mentaler Vorstellungen und<br />

der Konstruktion mentaler Modelle hin. Aus praktischer Sicht weisen sie auf Bedingungen der<br />

Wirksamkeit mentaler Vorstellungen hin.<br />

Hegarty, M. (1992). Mental animation: inferring motion form static displays of mechanical systems. Journal of<br />

Experimental Psychology: Learning, memory, and Cognition, 5, 1084-1102.<br />

Leutner, D., Leopold, C., & Sumfleth, E. (2009). Cognitive load and science text comprehension: Effects of drawing<br />

and mentally imagining text content. Computers in Human Behavior, 25, 284-289.<br />

335


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 21 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 204<br />

Gabriele Beer<br />

BrainMove - Bewege dich schlau<br />

<strong>Universität</strong> Wien<br />

rg.beer@aon.at<br />

Das Zusammenführen neurobiologischer sowie trainingswissenschaftlicher Erkenntnisse führte<br />

über den Themenbereich Lernen und Bewegung zum Projekt „BrainMove – bewege dich schlau“.<br />

Der Inhalt des Projektes ist eine spezifische bewegungsorientierte Intervention, die unmittelbar<br />

in den Unterricht integriert wird. Die aufgestellte Hypothese, dass BrainMove-Übungen die<br />

Konzentrationsleistung verbessern und damit auch positive Wirkung auf das Lernen erzielt,<br />

stützt sich auf aktuelle Erkenntnisse der Hirnforschung.<br />

In der Forschungsfrage, ob „BrainMove“-Übungen eine geeignete Methode/Intervention zur<br />

langfristigen nachhaltigen und/oder kurzfristigen Steigerung der schulischen Konzentrations-<br />

und Aufmerksamkeitsleistung sind, bildet sich auch schon nahezu das Design ab.<br />

In der Studie mit Versuch- und Kontrollgruppe wird einerseits ein langfristig leistungssteigender<br />

Effekt mit einer Eingangs- und Ausgangstestung und einer 6-wöchig dazwischenliegenden<br />

Bewegungs-intervention und andererseits ein kurzfristig leistungssteigender Effekt eine Woche<br />

nach der Eingangstestung erfasst. Die Bewegungsintervention ist dem dreiphasigen Aufbau einer<br />

klassischen Sporteinheit angelehnt (Aktivierungsteil, Hauptteil und Überleitungsteil). Die<br />

Festlegung des Belastungsumfangs, der Interventionshäufigkeit und der Interventionsdauer<br />

basiert auf trainingswissenschaftlichen Kennziffern. Die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistung<br />

wird mit dem Test d2-Aufmerksamkeits-Belastungs-Test erhoben. Getestet wurden 305<br />

Schülerinnen und Schüler. Die Prüfung der Hypothesen erfolgte mittels einer univariaten<br />

Varianzanalyse mit Messwiederholung.<br />

Ergebnisse: Eine einmalige Bewegungsintervention „BrainMove“ führt zu keiner signifikanten<br />

Verbesserung der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistung unmittelbar nach der<br />

Bewegungsintervention. Hingegen stieg die Konzentrationsleistung bei der dreimal wöchentlich<br />

gesetzten Bewegungsintervention „BrainMove“ über sechs Wochen signifikant gegenüber der<br />

Kontrollgruppe.<br />

Ausblick: Eine neuerliche Testung im Juni 2012 soll Auskunft darüber geben, wie stabil die<br />

Effekte der langfristigen Intervention sind, nachdem die Intervention vier Monate zurückliegt.<br />

Bestehen Analogien zum sportlichen Training, ist zu erwarten, dass die Konzentrationsleistungswerte<br />

wieder auf das Ausgangsniveau zurückgegangen sind.<br />

Beer, G., & Schwarz, W. (2012). Lernen und Bewegung – Schlaglichter auf den aktuellen Forschungsstand. Wien.<br />

Ztschr. Erziehung und Unterricht 1-2/2012, S. 87-101.<br />

Beer, G., & Nikl, D., & Schwarz, W. (2012). Studie „Brain-Move – bewege dich schlau“. Aufmerksamkeitstestung<br />

und Bewegungsübungen. Wien. Ztschr. Erziehung und Unterricht 1-2/2012, S. 103-113.<br />

Beer, G., & Nikl, D., & Schwarz, W. (2012). Studie „Brain-Move – bewege dich schlau“. Eine bewegungsorientierte<br />

Intervention. Bewegungsübungen im Schulunterricht am Bundesrealgymnasium Zehnergasse, Wr. Neustadt.<br />

Wien. Ztschr. Erziehung und Unterricht 1-2/2012, S. 114-129.<br />

336


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 21 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 204<br />

Skadi Neubauer, Sabine Kirchner<br />

Rechtschreibförderung in schulischen Kleingruppen: Ergebnisse einer<br />

Evaluationsstudie<br />

<strong>Universität</strong> Erfurt<br />

skadi.neubauer@uni-erfurt.de<br />

Symptomspezifische Rechtschreibförderprogramme trainieren Teilprozesse von Lesen und<br />

Schreiben, in denen Kinder Entwicklungsverzögerungen haben. Für den Fördererfolg bei<br />

Rechtschreibproblemen ist die Vermittlung von Lernstrategien gewinnbringend (Roth, Warnke,<br />

2001). Dies findet in schulischen Fördersettings wenig Berücksichtigung, häufig wird hingegen<br />

der Deutschunterricht intensiviert (Schulte-Körne u.a., 2003, 75). Für unsere schulische<br />

Förderarbeit wurden zwei evaluierte Programme ausgewählt, die strategie- und regelgeleitet<br />

Rechtschreibprobleme didaktisch unterschiedlich bearbeiten.<br />

Die Untersuchung geht der Frage nach, ob phonologisches und regelgeleitetes Strategietraining<br />

bei Drittklässlern die Rechtschreibung fördert und inwiefern der Erfolg durch individuelle<br />

Voraussetzungen im Rechtschreiben beeinflusst wird. Über ein Schuljahr wurden rechtschreibschwache<br />

Schüler mit der lautgetreuen Lese-Rechtschreibförderung (Reuter-Liehr, 2006, 2008)<br />

oder mit dem Marburger Rechtschreibtraining (Schulte-Körne, Mathwig, 2001, 2004) durch<br />

Studierende gefördert. Jeweils zu Beginn und Ende der Förderung wurde der Lernstand mit der<br />

Hamburger Schreibprobe (May, 2009) erfasst sowie die Schüler zu ihrer Einschätzung und dem<br />

Erleben eigener Rechtschreibprobleme erfragt.<br />

Varianzanalysen zeigen, dass mit beiden Programmen signifikante Verbesserungen erzielt<br />

wurden. Im Zentrum des Beitrages stehen die Entwicklung der Rechtschreibstrategien nach den<br />

Programmen, der Fördererfolg nach unterschiedlichen Lernvoraussetzungen sowie eine<br />

Klassifizierung von Schüler-gruppen nach Lernzuwächsen.<br />

Roth, E., Warnke, A. (2001). Therapie der Lese-Rechtschreibstörung. Kindheit und Entwicklung, 10 (2), 87-96.<br />

Schneider, W., Berger, N. (2012): Möglichkeiten der Prävention und Intervention bei Lese-Rechtschreib-Störungen.<br />

In: Hellbrügge, T., Scheeweiss, B. (Hrsg.): Kinder im Schulalter – Verhaltensstörungen, Lernprobleme,<br />

Normabweichungen. Klett-Cotta: Stuttgart, S. 84-105.<br />

Schulte-Körne, G.; Deimel, W.; Remschmidt, H. (2003). Rechtschreibtraining in schulischen Fördergruppen –<br />

Ergebnisse eine Evaluationsstudie in der Primarstufe. Zeitschrift für Kinder und Jugendpsychiatrie, (31) 2, 75-<br />

87.<br />

Suchodolez, W.v. (2010): Konzepte in der LRS-Therapie. Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 38,<br />

329-339.<br />

337


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 22 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 208<br />

Sarah Franke<br />

Schulsozialarbeit - eine ethnographische Studie zu praxisbezogenen<br />

Herausforderungen im Spannungsfeld von Schule und Jugendhilfe<br />

<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

Sarah.Franke@uni-koeln.de<br />

Mit der Schulsozialarbeit entwickelte sich in den vergangenen vier Jahrzehnten ein neues<br />

pädagogisches Handlungsfeld. Dieser erweiterte „Bildungsort“ macht es erforderlich, schulische und<br />

sozialpädagogische (Förder-)Ansprüche zu integrieren. Der Vortrag rekurriert auf ein<br />

Promotionsvorhaben, das anders als die meisten Untersuchungen (vgl. Olk/ Speck, 2010) nicht die<br />

institutionell abgeleiteten Anforderungen an Schulsozialarbeit, sondern ihre situativen<br />

handlungspraktischen Anforderungen fokussiert. In der vorliegenden Arbeit rückt die Praxis der<br />

Schulsozialarbeit in den Mittelpunkt, um folgenden Forschungsfragen nachzugehen:<br />

1. Wie konstituiert sich Schulsozialarbeit in den alltäglichen Praktiken der Schulsozialarbeiterin und<br />

Schülerinnen und Schüler?<br />

2. Welches Verhältnis von Schule und Jugendhilfe zeigt sich in den Praktiken?<br />

3. Welche Herausforderungen und Spannungsfelder zwischen Schule und Jugendhilfe sind erkennbar?<br />

Wie handeln die Akteure in diesen Spannungsfeldern bzw. wie handeln sie diese aus?<br />

Aus ethnographischer Perspektive wird rekonstruiert, wie die beteiligten Akteure (Schüler(innen) und<br />

Pädagogin) in ihren sozialen Praktiken (vgl. Reckwitz 2003) Schulsozialarbeit koproduktiv gestalten.<br />

Dabei wird insbesondere das Verhältnis von Schule und Jugendhilfe in den Blick genommen, weil die<br />

Verknüpfung der beiden Bezugssysteme ein Spannungspotential birgt, das nicht unerhebliche<br />

Herausforderungen an das Handeln der Akteure stellt (vgl. Henschel et al. 2009).<br />

Es zeigt sich, dass sich die Praxis des untersuchten Schulsozialarbeitsprojekts nur teilweise mit den<br />

bildungspolitischen Forderungen nach einem, in das System Schule integrierten Modell von<br />

Schulsozialarbeit, das im Sinne von Schulentwicklungsprozessen auf die ganze Schule ausgerichtet ist<br />

(Maykus 2011), einhergehen. Im untersuchten Projekt findet keine Zusammenarbeit der<br />

Schulsozialarbeiterin mit den Lehrerinnen und Lehrern statt. Vielmehr bezieht sich die Pädagogin<br />

nicht auf Schule als die konkrete Einzelschule vor Ort, sondern auf Schule als einen lebensweltlichen<br />

Ort. Im Sinne einer Parteinahme für die Schülerschaft wirkt sich diese Positionierung als<br />

anwaltschaftliche Beziehung, förderlich auf das Vertrauensverhältnis zu den Schülerinnen und<br />

Schülern aus und betont die Bedeutung der unabhängigen Position von Schulsozialarbeit (vgl. Baier/<br />

Heeg 2011).<br />

Baier, Florian/ Heeg, Rahel (2011): Praxis und Evaluation von Schulsozialarbeit. Sekundäranalysen von<br />

Forschungsdaten aus der Schweiz. Wiesbaden: VS Verlag.<br />

Maykus, Stephan (2011): Kooperation als Kontinuum. Erweiterte Perspektive einer schulbezogenen Kinder- und<br />

Jugendhilfe. Wiesbaden: VS Verlag.<br />

Olk, Thomas; Speck, Karsten (Hg.) (2010): Forschung zur Schulsozialarbeit. Stand und Perspektiven. Weinheim:<br />

Juventa.<br />

Reckwitz, Andreas (2003): Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken. In: Zeitschrift für Soziologie. Jg. 32.<br />

Heft 4. S. 282 – 301.<br />

338


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 22 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 208<br />

Nicole Berner 1 , Miriam Lotz², Frank Lipowsky³<br />

Wie wirken sich das konstruktivistische Lehr-Lernverständnis von<br />

Kunstlehrpersonen und die Art von Aufgabenstellungen auf die<br />

Individualität im bildnerischen Gestalten von Grundschulkindern aus?<br />

1 <strong>Universität</strong> Augsburg, ² Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg, ³<strong>Universität</strong> Kassel<br />

nicole.berner@phil.uni-augsburg.de<br />

Bislang ist kaum etwas darüber bekannt, inwiefern Überzeugungen und das Verhalten von<br />

Lehrpersonen die Lernfortschritte der Schüler im Kunstunterricht beeinflussen. Dabei ist allgemein<br />

davon auszugehen, dass sich Überzeugungen von Lehrpersonen distal, d. h. vermittelt über<br />

Unterrichtsprozesse, auf die Leistungen der Schüler auswirken können. Dagegen dürfte sich das<br />

Verhalten der Lehrpersonen im Unterrichtsgeschehen als proximaler Einfluss deutlich stärker auf die<br />

Schülerleistung auswirken (Seidel & Shavelson, 2007).<br />

Eigenständige Bildlösungen zu entwickeln sowie diese individuell bildnerisch umzusetzen stellen als<br />

Aspekte von Kreativität zentrale Lernziele im Kunstunterricht dar. Da kreatives Verhalten von<br />

Kontextbedingungen entscheidend beeinflusst wird (Urban, 2004), kann vermutet werden, dass sich<br />

das konstruktivistische Lehr-Lernverständnis der Lehrpersonen sowie Fantasie anregende Themenstellungen<br />

für das Gestalten auf die Individualität der Schüler im bildnerischen Gestalten auswirken.<br />

Datengrundlage bildet das Forschungsprojekt PERLE (Lipowksy, Faust & Greb, 2009). Die individuelle<br />

bildnerische Umsetzung der Grundschüler (N = 617) wurde anhand von plastischen Schülerarbeiten,<br />

die im Rahmen der Videostudie Kunst in 33 Schulklassen (2. Schuljahr) entstanden sind, hoch inferent<br />

eingeschätzt (relativer Generalisierbarkeitskoeffizient: g > .70). Diese Unterrichtsstunden wurden in<br />

Bezug auf die Art der Themenstellungen ebenfalls hoch inferent eingeschätzt (g > .98). Das<br />

konstruktivistische Lehr-Lernverständnis der insgesamt 26 Kunstlehrpersonen wurde fragebogenbasiert<br />

erfasst (α = .72).<br />

Im Vortrag werden folgende Fragestellungen mehrebenenanalytisch beantwortet: (1) Wirkt sich ein<br />

konstruktivistisches Lehr-Lernverständnis der Lehrperson positiv auf die individuelle bildnerische<br />

Umsetzung im Gestalten der Grundschüler aus? (2) Welche Rolle kommt den Themenstellungen als<br />

Aspekt der Unterrichtsgestaltung zu? Anhand der Ergebnisse zeigt sich, dass das konstruktivistische<br />

Lehr-Lernverständnis der Lehrpersonen stärkeren Einfluss auf das Gestalten der Grundschüler hat als<br />

eine Fantasie anregende Themenstellung. Die praktischen Implikationen für das Lehrerverhalten im<br />

Kunstunterricht werden diskutiert.<br />

Lipowsky, F., Faust, G., & Greb, K. (Hrsg.). (2009). Materialien zur Bildungsforschung: 23/1. Dokumentation der<br />

Erhebungsinstrumente des Projekts "Persönlichkeits- und Lernentwicklung von Grundschulkindern" (PERLE) –<br />

Teil 1: PERLE-Instrumente: Schüler, Lehrer, Eltern (Messzeitpunkt 1). Frankfurt am Main: Gesellschaft zur<br />

Förderung Pädagogischer Forschung (GFPF).<br />

Seidel, T., & Shavelson, R. J. (2007). Teaching Effectiveness Research in the Past Decade: The Role of Theory and<br />

Research Design in Disentangling Meta-Analysis Results. Review of Educational Research, 77(4), 454–499.<br />

Urban, K. K. (2004). Kreativität: Herausforderung für Schule, Wissenschaft und Gesellschaft. Münster: LIT Verlag.<br />

339


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 22 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 208<br />

Clarissa Feth<br />

„Warum gibt’s im Sport nur Noten von 1 bis 3?“ - Rekonstruktion<br />

grundlegender Handlungsschemata von Sportlehrkräften im<br />

Benotungskontext<br />

Ruhr-<strong>Universität</strong> Bochum<br />

clarissa.feth@rub.de<br />

Die Benotung ist in der allgemein pädagogischen Fachliteratur in ihrer Sinnhaftigkeit und<br />

Wirkungsweise hoch umstritten. Auch in der Sportpädagogik ist die Zusammensetzung der<br />

„Sportnote“ bis hin zur Abschaffung immer wieder diskutiert worden. Aus diesen Diskussionen lassen<br />

sich auf theoretischer Ebene viele Widersprüchlichkeiten feststellen. Das Benoten als eine tägliche<br />

Handlung und zentrale Aufgabe von Lehrkräften ist in der empirischen Forschung bisher allerdings<br />

vernachlässigt worden. Aufgrund einer viel zitierten „Sonderstellung der Sportnote“ ist es<br />

verwunderlich, dass selbst die Sportpädagogik sich bislang kaum empirisch mit dieser Thematik<br />

auseinandergesetzt hat. Ziel der Forschungsarbeit ist es, die konkrete Handlungspraxis der Lehrkräfte<br />

herauszuarbeiten und damit die Diskussion um die Benotung unter einer eventuell neuen Perspektive<br />

wieder anzuregen. Gerade im Zusammenhang mit der Forderung nach einem kompetenzorientierten<br />

und individuell-fördernden Unterricht bieten sich wichtige Anknüpfungspunkte an die aktuellen<br />

Diskussionen in der Bildungsforschung.<br />

In einem iterativ angelegten Forschungsprozess wurde folgenden Forschungsfragen nachgegangen:<br />

(1.) Wie handeln Sportlehrkräfte im Hinblick auf Benotung?<br />

(2.) Welche theoretischen Hintergrundfolien beeinflussen ihr Handeln?<br />

(3.) Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für die Sportlehrerbildung?<br />

Hierbei wurden Muster aufgedeckt, die handlungsleitend für Sportlehrkräfte sind und kon-krete<br />

Bewertungspraktiken aus Sicht der Lehrkräfte erklären können. Um einen Verstehensprozess dieser<br />

Art zu erreichen, bediente sich die Studie Methoden qualitativen Sozialforschung.<br />

Haupterhebungsinstrument waren narrative und leitfaden-gestützte Interviews mit Sportlehrkräften<br />

(N=35) sowie mit Lehrkräften, die keinen Sport unterrichten (N=8). Die Auswertungsverfahren<br />

bedienten sich dabei der inhaltsanalytischen sowie der dokumentarischen Methode.<br />

Die zentralen Ergebnisse der Studie sind: ein erhöhter, gegenstandsbegründeter Legitimationsdruck<br />

der „Sportnote“ im Vergleich zu anderen Schulfächern sowie ein Kompetenzdefizit in diversen<br />

Beurteilungsbereichen. Hier müssen sowohl die derzeitigen Anforderungen an die „Sportnote“ neu<br />

überdacht als auch entsprechend intervenierende Maßnahmen in der Lehrerbildung angeregt<br />

werden.<br />

Kastrup, V. (2009). Der Sportlehrerberuf als Profession. Eine empirische Studie zur Bedeutung des<br />

Sportlehrerberufs. S. 226 - 285. Schorndorf: Hofmann.<br />

Terhart, E. (2000). Schüler beurteilen – Zensuren geben. Wie Lehrerinnen und Lehrer mit einem leidigen aber<br />

unaus-weichlichen Element ihres Berufsalltags umgehen. In S. Beutel & W. Vollstädt (Hrsg.), Leistung<br />

ermitteln und bewerten. Bergmann+Helbig Verlag: Hamburg.<br />

Zaborowski, K. U., Meier, M. & Breidenstein, G. (2011). Leistungsbewertung und Unterricht. Ethnographische<br />

Studien zur Bewertungspraxis in Gymnasium und Sekundarschule. Wiesbaden: Verlag für<br />

Sozialwissenschaften.<br />

340


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 22 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 208<br />

Marina Granzow, Julia Schneewind<br />

Berufliche Kompetenzen von Erzieherinnen im Elementarbereich –<br />

Zur Diskrepanz von Anforderungen des Erzieherinnenberufs und<br />

selbsteingeschätzten Ressourcen frühpädagogischen Personals im<br />

aktuellen Professionalisierungsprozess<br />

Hochschule Osnabrück<br />

m.granzow@hs-osnabrueck.de<br />

Um der Vielfalt an Erwartungen und neuen Ansprüchen im frühpädagogischen Bereich gerecht zu<br />

werden, müssen Erzieherinnen die fachlichen Anforderungen qua eigener Kompetenzressourcen im<br />

Kitaalltag bewältigen können. Bislang gibt es keine Studien, die aufzeigen, ob sich Erzieherinnen im<br />

derzeitigen Professionalisierungsprozess überfordert oder sogar für nicht kompetent genug<br />

einschätzen. Diese Perspektive steht im Forschungsvorhaben im Mittelpunkt, da Forschungen im<br />

Elementarbereich bislang auf eine subjektive Kompetenzeinschätzung der Akteure vollkommen<br />

verzichteten. Subjektive Einschätzungen beruflicher Kompetenz sind dahingehend bedeutend, dass in<br />

einem Professionalisierungsprozess erstens die Perspektive des zu Untersuchenden mit einbezogen<br />

wird und zweitens sie die Wirklichkeiten widerspiegeln, in denen sich die zu Untersuchenden sehen.<br />

Damit kann eine bestehende Diskrepanz von Anforderungen des Erzieherinnenberufs und<br />

selbsteingeschätzten Ressourcen frühpädagogischen Personals im aktuellen Professionalisierungsprozess<br />

deutlich gemacht werden.<br />

Die Daten des Kompetenzmodelles wurden im Rahmen der „Evaluationsstudie zur Kompetenz und<br />

Zufriedenheit von Erzieherinnen“ erhoben. Für die Datenerhebung wurden zwei Studien<br />

durchgeführt. In Studie 1 wurden elf explorative halbstandardisierte Interviews mit Vertretern/-innen<br />

von Fachschulen, Trägern und Kindertagesstätten durchgeführt. Ziel war die Begriffsklärung und –<br />

vorstellungen von Kompetenz im praktischen Arbeits- und Ausbildungssektor von Erzieherinnen. In<br />

der Zweiten Studie wurde das entwickelte Kompetenzkonstrukt in eine Fragebogenstudie mit<br />

eingebunden und an 3.500 Erzieherinnen im Land Niedersachsen versandt.<br />

Ziel der geplanten Dissertationsschrift ist es einerseits ein geeignetes Anforderungs-Ressourcen-<br />

Modell zur Einschätzung beruflicher Kompetenzen für Erzieherinnen zu entwickeln und andererseits<br />

eine Ist-Standanalyse der Kompetenzen von Erzieherinnen in Niedersachsen im Berufsfeld der<br />

Kindertagesstätte zu erheben. Die erwarteten Ergebnisse sollen nicht nur dazu beitragen, die<br />

Forschung auf diesem Gebiet zu erweitern, sondern den Erzieherinnen auch die Teilhabe am eigenen<br />

Reformprozess ermöglichen. Forschungsarbeit hat neben dem wissenschaftstheoretischen Beitrag<br />

auch die Möglichkeit eines praktischen Nutzens. So können die Skalen selbst oder die<br />

Forschungsergebnisse bspw. für die Weiterentwicklung berufsfachschulischer und akademischer<br />

Ausbildungskonzepte sowie in der Kitapraxis und Weiterbildungsinstitutionen Verwendung finden.<br />

Blossfeld, Hans-Peter; Bos, W.; Daniel, H.-D; Hannover, B.; Lenzen, D.; Prenzel, M. et al. (2012):<br />

Professionalisierung in der Frühpädagogik. Qualifikationsniveau und -bedingungen des Personals in<br />

Kindertagesstätten ; Gutachten. 1. Aufl. Münster: Waxmann.<br />

341


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 22 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 208<br />

Wilfried Smidt 1 , Christiane Theisen²<br />

Pädagogische Orientierungen von angehenden fachschul- und<br />

hochschulausgebildeten frühpädagogischen Fachkräften: erste Ergebnisse<br />

der bundesweiten Absolventenstudie ÜFA<br />

1 <strong>Universität</strong> Koblenz-Landau, ²Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />

smidt@uni-landau.de<br />

Pädagogische Orientierungen von frühpädagogischen Fachkräften stellen eine wichtige Dimension<br />

pädagogischer Qualität von Kindertageseinrichtungen dar (z. B. Tietze et al., 1998). Belegt sind bspw.<br />

Zusammenhänge mit der Prozessqualität in frühkindlichen Betreuungs- und Bildungsinstitutionen<br />

(Kuger & Kluczniok, 2008). Im Unterschied zu Strukturmerkmalen sind pädagogische Orientierungen<br />

nicht unmittelbar politisch-administrativ regulierbar, sondern abhängig von Sozialisationsprozessen,<br />

die ihrerseits mit individuellen und kulturspezifischen Merkmalen, aber auch mit Bedingungen der<br />

beruflichen Sozialisation assoziiert sind (Viernickel & Tietze, 2002). Im Vortrag wird insbesondere die<br />

Bedeutung der beruflichen Sozialisation aufgegriffen. Mit der seit 2004 sukzessiv erfolgenden<br />

Einrichtung neuer frühpädagogischer Hochschulstudiengänge ist die an Fachschulen verortete<br />

Ausbildungslandschaft um ein berufliches Ausbildungsprofil erweitert worden. Vor diesem<br />

Hintergrund werden folgende Fragen gestellt:<br />

-Unterscheiden sich angehende fachschul- und hochschulausbildete frühpädagogische Fachkräfte in<br />

ihren pädagogischen Orientierungen?<br />

-Welchen Einfluss haben darüber hinaus individuelle Merkmale auf die Ausprägung pädagogischer<br />

Orientierungen?<br />

Datengrundlage bildet das BMBF-geförderte Forschungsprojekt „Übergang von fachschul- und<br />

hochschulausgebildeten pädagogischen Fachkräften in den Arbeitsmarkt“ (ÜFA), das als<br />

repräsentative Längsschnittstudie bundesweit durchgeführt wird. Die erste Erhebungswelle (Mai/Juni<br />

2012) sieht eine Befragung von 9.000 Fachschul- und Hochschulabsolventinnen im letzten<br />

Ausbildungs- bzw. Studienjahr vor. Mit der zweiten Befragung (Herbst 2013) soll der Verlauf der<br />

Einmündung in die Berufstätigkeit untersucht werden. Für die Erhebung von pädagogischen<br />

Orientierungen wurde auf der Grundlage vorliegender Arbeiten (u. a. Wolf, Stuck, Roux, Lindhorst &<br />

Hippchen, 2001; Analyse frühkindlicher Bildungspläne) eine neue Item-Batterie entwickelt, die sich<br />

auf die Beurteilung vorschulischer Erziehungsziele bezieht. Zudem werden zahlreiche individuelle<br />

Merkmale (z. B. Geschlecht, Migrationshintergrund) erhoben, die für die Prädiktion pädagogischer<br />

Orientierungen herangezogen werden können. Die Bearbeitung der Fragen soll mittels<br />

mehrebenenanalytischer Verfahren erfolgen.<br />

Kuger, S. & Kluczniok, K. (2008). Prozessqualität im Kindergarten - Konzept, Umsetzung, Befunde. Zeitschrift für<br />

Erziehungswissenschaft, 10(11, Sonderheft), 159-177.<br />

Tietze, W., Meischner, T., Gänsfuß, R., Grenner, K., Schuster, K.-M., Völkel, P., et al. (1998). Wie gut sind unsere<br />

Kindergärten? Eine Untersuchung zur pädagogischen Qualität in Kindergärten. Neuwied: Luchterhand.<br />

Viernickel, S. & Tietze, W. (2002). Pädagogische Orientierungen von Müttern und Erzieherinnen in Ost- und<br />

Westdeutschland. Empirische Pädagogik, 16(2), 237-253.<br />

Wolf, B., Stuck, A., Roux, S., Lindhorst, H. & Hippchen, G. (2001). Erhebungsmethoden in der Kindheitsforschung.<br />

Aachen: Shaker.<br />

342


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 23 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 205<br />

Anna Gronostaj 1 , Susanne Jurkowski², Dorit Bosse², Martin Hänze²<br />

Argumentieren und Lernen: Unterstützung kooperativen Lernens durch ein<br />

Training der Argumentationskompetenz<br />

1 <strong>Universität</strong> Potsdam, ²<strong>Universität</strong> Kassel<br />

anna.gronostaj@uni-potsdam.de<br />

Die Argumentationskompetenz von Lernenden ist in den Bildungsstandards unterschiedlicher<br />

Fächer vertreten und nimmt eine Schlüsselfunktion im Lernprozess ein. Kooperative<br />

Lernumgebungen wie die konstruktive Kontroverse ermöglichen einen argumentativen Diskurs<br />

der Lernenden, in dem Perspektiven ausgetauscht, hinterfragt und reflektiert sowie ein<br />

gemeinsames Verständnis über den Lerngegenstand erarbeitet werden können (Leitão, 2000;<br />

Nussbaum, 2008). Entscheidend für den individuellen Lernerfolg beim kooperativen Lernen ist<br />

die Qualität der Lernerinteraktion, also im Falle der konstruktiven Kontroverse die Qualität des<br />

argumentativen Diskurses (Stegmann, Weinberger & Fischer, 2011). Ziel der vorliegenden<br />

Untersuchung war die Unterstützung des argumentativen Diskurses und des individuellen<br />

Lernerfolges in einer computergestützten konstruktiven Kontroverse mittels eines Trainings der<br />

Argumentationskompetenz. An der Studie nahmen 82 Lehramtsstudierende im Rahmen eines<br />

Hochschulseminars teil. Das Training umfasste Beispiele, Informationen und Übungen zum<br />

formal-logischen Aufbau einzelner Argumente und zum diskursiven Austausch von Argumenten<br />

und wurde in einem Prä-Post Kontrollgruppendesign mit einer Follow-up Messung evaluiert. Zu<br />

den drei Messzeitpunkten fanden zu drei unterschiedlichen Themen der Lehrerbildung<br />

computergestützte konstruktive Kontroversen statt, für die anhand der schriftlichen Dialoge<br />

verschiedene Kriterien des formal-logischen Aufbaus und des diskursiven Austauschs von<br />

Argumenten eingeschätzt wurden. Zusätzlich wurde im Post- und im Follow-Up-Test im<br />

Anschluss an die konstruktive Kontroverse der individuelle Lernerfolg anhand einer freien<br />

Erörterung erhoben. Präsentiert werden varianzanalytische Ergebnisse des argumentativen<br />

Diskurses während der konstruktiven Kontroverse und des individuellen Lernerfolgs.<br />

Leitão, S. (2000). The potential of argument in knowledge building. Human Development, 43, 332-360.<br />

Nussbaum, E.M. (2008). Collaborative discourse, argumentation, and learning: Preface and literature review.<br />

Contemporary Educational Psychology, 33, 345-359.<br />

Stegmann, K., Weinberger, A. & Fischer, F. (2011). Aktives Lernen durch Argumentieren: Evidenz für das Modell der<br />

argumentativen Wissenskonstruktion in Online-Diskussionen. Unterrichtswissenschaft, 39, 231-244.<br />

343


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 23 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 205<br />

Monika Cloppenburg, Martin Bonsen<br />

Klassenführung im Tandem- und Einzellehrerunterricht<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

monika.cloppenburg@uni-muenster.de<br />

Das Konzept der Klassenführung gilt als gut erforschtes und zentrales Qualitätsmerkmal von<br />

Unterricht (Seidel, 2009). Einflussreich sind hier vor allem die Arbeiten Kounins (2006), die eine<br />

verstärkt präventiv ausgerichtete Vorstellung von Klassenführung begründen. Durch die<br />

musikpädagogische Initiative „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi) werden Schülerinnen und<br />

Schüler der ersten Jahrgangsstufe von einem Tandem aus einer Musikschullehrkraft und einer<br />

Grundschullehrkraft gemeinsam unterrichtet. Das Verbundvorhaben „GeiGE“ fokussiert im<br />

Rahmen eines BMBF-geförderten Forschungsschwerpunkts die Gelingensbedingungen<br />

individueller Förderung im JeKi-Unterricht des ersten Schuljahres in NRW und untersucht in<br />

diesem Zusammenhang auch die Klassenführung im Tandemunterricht.<br />

Im Beitrag wird untersucht, ob sich Lehrkraft-Aussagen zur Klassenführung im JeKi-<br />

Tandemunterricht von Aussagen zur Klassenführung im Regelunterricht mit nur einer Lehrkraft<br />

unterscheiden. Es wird betrachtet, ob die Aussagen unterschiedliche Schwerpunkte in der<br />

Klassenführung (z.B. präventive versus reaktive Klassenführung) erkennen lassen.<br />

Hierzu wurden 37 Grundschullehrkräfte aus 19 Schulen in leitfadengestützten Telefoninterview<br />

zu ihren Erfahrungen mit Klassenführung im JeKi-Tandemunterricht einerseits und im<br />

Regelunterricht (Deutsch und Musik) andererseits befragt. Die Interviews werden<br />

computergestützt nach der inhaltsanalytischen Methode der inhaltlichen Strukturierung<br />

(Mayring 2010) ausgewertet.<br />

Erste Ergebnisse zeigen, dass im JeKi-Unterricht eher reaktive Formen der Klassenführung wie<br />

z.B. Zurechtweisungen (Kounin 2006) im Vordergrund stehen. Die Beschreibungen für den<br />

Einzellehrerunterricht in den Regelfächern hingegen zeigen eher ein Bild von präventiver<br />

Klassenführung, wie z.B. die Arbeit mit festgelegten Regeln und Ritualen.<br />

Die Ergebnisse können Impulse für die Umsetzung des Unterrichtsqualitätsmerkmals der<br />

Klassenführung geben und für besondere Herausforderungen in der Klassenführung im<br />

Teamteaching sensibilisieren.<br />

Mayring, P. (2010): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, (11., aktual., überarb Aufl.). Weinheim:<br />

Beltz.<br />

Kounin, J. S. (Hrsg.). (2006). Techniken der Klassenführung. (Original der deutschen Ausgabe, 1976). Münster:<br />

Waxmann.<br />

Seidel, T. (2009). Klassenführung. In E. Wild & J. Möller (Hrsg.), Pädagogische Psychologie (S. 135–148). Heidelberg:<br />

Springer.<br />

344


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 23 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 205<br />

Stefan Hahn, Cornelia Stiller, Andreas Stockey, Matthias Wilde<br />

Entwicklung und Evaluation eines naturwissenschaftspropädeutischen<br />

Basiskurskonzeptes<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

stefan.hahn@uni-bielefeld.de<br />

Das Oberstufen-Kolleg befasst sich als Versuchsschule des Landes NRW und Wissenschaftlicher<br />

Einrichtung der <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong> mit Strukturproblemen der gymnasialen Oberstufe. Hier<br />

werden Curricula und pädagogische Konzepte entwickelt, erprobt und evaluiert. Der<br />

Versuchsschulauftrag erfordert eine Kombinatorik verschiedener Forschungstypen –<br />

Praxisforschung, Evaluation, Transferforschung –, die bei der Entwicklung eines<br />

wissenschaftspropädeutischen Basiskurses „Naturwissenschaften“ umgesetzt wird.<br />

Im Vortrag wird das didaktisch-methodische Konzept des Basiskurses als Produkt der<br />

Praxisforschung sowie Anlage und Ergebnisse einer formativen Kursevaluation vorgestellt. Der<br />

Kurs zielt insbesondere auf die Vermittlung basaler Konzepte aus den Naturwissenschaften (“The<br />

Big Ideas of Science”) und die Entwicklung von Kompetenzen und Fertigkeiten im Feld der<br />

naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung (Scientific Inquiry) und damit mittelbar auf ein<br />

Verständnis epistemologischer Grundpositionen innerhalb der Naturwissenschaften (Nature of<br />

Science). Aufgrund eines steigenden Grades an Selbststeuerung bei der Ausführung<br />

naturwissenschaftlicher Experimente durch die SuS werden Wirkungen des Kurses erwartet, die<br />

in einem als Längsschnitt angelegten Evaluationsdesign geprüft werden. Sie betreffen<br />

insbesondere die Motivationsqualität der SuS sowie deren Verständnis basaler<br />

naturwissenschaftlicher Konzepte, Methoden und epistemologischer Überzeugungen.<br />

Hahn, S., Stockey, A., Wilde, M. (2012). »Basiskurs Naturwissenschaften«. In: Hahn, S. & Oelkers, J. (Hrsg.):<br />

Forschung und Entwicklung am Oberstufen-Kolleg. Bad Heilbrunn/Obb.: Verlag Julius Klinkhardt, S. 255-272.<br />

Hahn, S., Stockey, A. & M. Wilde (2011). Konzept und didaktische Leitlinien eines Basiskurses<br />

"Naturwissenschaften" in der Eingangsphase der Oberstufe. In: Der mathematische und naturwissenschaftliche<br />

Unterricht (MNU), 1/2011, S. 47 - 52.<br />

Hahn, S., Klingsiek, J., Stockey, A., Wilde, M. (2008). Entwicklung und Selbstevaluation eines Basiskurses<br />

»Naturwissenschaften« für die Eingangsphase der Sekundarstufe II. In: TriOS. Forum für schulnahe Forschung,<br />

Schulentwicklung und Evaluation 3 (2), S. 59-92.<br />

345


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 23 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 205<br />

Marina Meixner, Heinz Mandl, Jan Hense<br />

Analyse eines Unterrichts in der Grundschule im Rahmen einer Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

marina.meixner@psy.lmu.de<br />

Im Jahr 2002 wurde Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) von der UN als wichtiges<br />

Bildungsziel ausgerufen und die Jahre 2005-2014 wurden als Weltdekade für BNE deklariert. In<br />

diesem Zusammenhang sollen Fähigkeiten gefördert werden, die es ermöglichen die Zukunft<br />

nachhaltig zu gestalten. Ein wichtiges Kennzeichen eines BNE-Unterrichts ist, das sich der<br />

Unterrichtsgegenstand auf verschiedene Dimensionen der Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie<br />

und Soziales) bezieht. Außerdem wird im Rahmen einer BNE der Einsatz bestimmter Methoden<br />

(wie z.B. Phantasiereisen und Rollenspiel) empfohlen.<br />

Bisher wurden einige Unterrichtskonzepte zur Förderung von BNE-Fähigkeiten entwickelt und in<br />

den Schulen angewandt. Dennoch gibt es bisher wenige Untersuchungen, die die genaue<br />

Umsetzung der Konzepte analysieren. Unklar bleibt in welchem Ausmaß die<br />

Nachhaltigkeitsdimensionen in den Grundschulen thematisiert werden können.<br />

Daher bestand das Ziel der Untersuchung darin ein entwickeltes Unterrichtskonzept, dass in fünf<br />

Klassen (insgesamt N=105) der 3. Jahrgangsstufe durchgeführt wurde, hinsichtlich spezifischer<br />

Nachhaltigkeitsdimensionen mittels Unterrichtsbeobachtungen zu analysieren und die Wirkung<br />

auf die Schülerinnen und Schüler zu überprüfen. Die Unterrichtsanalyse erfolgte mit qualitativen<br />

und quantitativen Beobachtungskategorien durch zwei Beobachtern. Bezüglich der Wirkung<br />

wurde mittels einer Vorher- und Nachherbefragung erfasst, inwiefern die Schüler (N=60)<br />

bezüglich spezifischer Nachhaltigkeitsdimensionen mehr Kenntnisse erlangen.<br />

Erste Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Kinder nach der Umsetzung der Lerneinheit<br />

wesentlich mehr Kenntnisse bezüglich der Nachhaltigkeitsdimensionen aufweisen.<br />

de Haan, G. (2009). Bildung für nachhaltige Entwicklung für die Grundschule. Berlin.<br />

346


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 23 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 205<br />

Jessika Bertram, Sabine Gruehn, Marius Diekmann<br />

Begrenzte Wirksamkeit schulischer Umweltbildung – ein Ergebnis<br />

fehlender Passung zwischen Lernangebotsgestaltung und Lernbedürfnissen<br />

von Schülern?<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

jessika.bertram@uni-muenster.de<br />

In der Umweltbildung gelten Naturerfahrungen als wesentliches Instrument, um Schüler für ihre<br />

Umwelt zu sensibilisieren und ihnen den Aufbau positiv-emotionaler Beziehungen zu Naturobjekten<br />

zu ermöglichen, die ihrerseits wichtige Voraussetzungen für die Ausprägung verantwortungsvoller<br />

Verhaltensweisen gegenüber der Umwelt darstellen (Bögeholz 1999). Auf Basis von vier<br />

Naturerfahrungstypen (sozial, ökologisch-erkundend, instrumentell-erkundend und ästhetisch), die<br />

Bögeholz in ihrer Studie identifizierte, lässt sich zeigen, dass vor allem der ökologisch-erkundende<br />

Naturerfahrungstyp mit umweltgerechten Handlungen bzw. Handlungsabsichten einher geht. Jenseits<br />

dieser Typen verweisen die Befunde darauf, dass ökologische, erkundende und ästhetische<br />

Naturerfahrungszugänge einen deutlich höheren Einfluss auf Umwelthandeln haben als soziale oder<br />

instrumentelle.<br />

Diese Bedeutung erfahrungsbezogener Lernzugänge im Bereich der Umweltbildung steht im Kontrast<br />

zum sonstigen fachlichen, stärker auf kognitive Aneignungsformen und -prozesse ausgerichtete<br />

Lernen in der Schule. Ein wesentlicher Befund der Wirksamkeitsforschung zu schulischer<br />

Umweltbildung ist, dass diese zwar Umweltwissen und Umwelteinstellungen positiv beeinflusst, aber<br />

kaum Effekte auf umweltgerechtes Handeln hat. Eine Erklärung für diese ausbleibenden Effekte<br />

könnte in der fehlenden Passung von Lernangebotsgestaltung und Lernbedürfnissen der Schüler<br />

liegen. Mit Bezug auf das Stage-Environment-Fit-Modell (Eccles/Midgley 1989) sowie das Konzept des<br />

adaptiven Unterrichts (Helmke 2009) ist zu vermuten, dass die schulischen Lernangebote a) insgesamt<br />

zu wenig erfahrungsbasierte Lernprozesse ermöglichen und b) kaum Kongruenz zu den für<br />

Umwelthandeln relevanten Naturerfahrungsdimensionen bzw. -typen aufweisen.<br />

Zur Überprüfung dieser beiden Hypothesen stehen Fragebogendaten von Schülern unterschiedlicher<br />

Jahrgangsstufen verschiedener Schulformen, den sie unterrichtenden Lehrkräften und den<br />

Schulleitungen zur schulischen Umweltbildung sowie Naturerfahrungspräferenzen und -möglichkeiten<br />

zur Verfügung (ca. 1.300 Schüler aus 11 Schulen). Erste Ergebnisse anhand von Profilanalysen und<br />

Mittelwertvergleichen lassen vermuten, dass naturerfahrungsbezogene Lerngelegenheiten in der<br />

Schule wohl eher selten zu finden sind und ihre Passung zu den Lernbedürfnissen von Schülern<br />

optimiert werden könnte.<br />

Bögeholz, S. (1999). Qualitäten primärer Naturerfahrung und ihr Zusammenhang mit Umweltwissen und<br />

Umwelthandeln. Opladen: Leske und Budrich.<br />

Eccles, J. & Midgley, C. (1989). Stage/environment fit: Developmentally appropriate classrooms for early<br />

adolescents. In R. E. Ames & C. Ames (Eds.), Research on motivation in education (S. 139-186). San Diego, CA:<br />

Academic Press.<br />

Helmke, A. (2009). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Seelze:Kallmeyer.<br />

347


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 24 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 213<br />

Sabine Manzel<br />

Core Patterns im Politikunterricht - Videobasierte empirische<br />

Unterrichtsforschung<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

sabine.manzel@uni-due.de<br />

In Videostudien, z.B. der Didaktik der Naturwissen¬schaften, hat sich bestätigt, dass vor allem<br />

Tiefenstrukturen von Unterricht (Klieme) maßgeblichen Einfluss nehmen auf die Kompetenzentwicklung<br />

von Schüler/-innen, sowohl in Bezug auf den kognitiven Wissenserwerb als auch die<br />

motivational-affektive Entwicklung. Unklar ist jedoch, welche Unterrichts¬bausteine sich wie auf<br />

den Lernprozess auswirken. Insbesondere im Fach Politik ist der Zusammenhang zwi¬schen<br />

proximalen Unterrichtsfaktoren und der kognitiven Lernentwicklung von Schü¬ler/-innen noch<br />

nicht untersucht. Als theoretischer Rahmen der Politik-Studie fungiert das Angebots-Nutzungs-<br />

Modell von Helmke. Ziel ist es, mittels video¬gestützter Unter¬richtsauf¬zeichnungen „core<br />

patterns of social science teaching“ zu erfassen. Im ersten Schritt geht es um die systematische<br />

Identifizierung von Basisdimensionen des Konstrukts „guter Politikunterricht“, in einem zweiten<br />

Schritt stehen die Unterstützungsleistungen unterrichtlicher Lehr-Lernpro¬zesse beim<br />

Argumentieren und Urteilen sowie die fachdidaktische Strukturie¬rung von Unterricht bei<br />

Leh¬rkräften in Politik im Fokus (Prozessqualität). Das Kategoriensystem zum quantitativen<br />

Video-Rating wird sowohl deduktiv aus dem Theoriemodell von Weißeno als auch induktiv am<br />

Video-Material nach der qualitativen Inhaltsanalyse entwickelt (hybrider Mixed-Methods-Ansatz<br />

nach Mayring). Gewonnen werden sollen Hypothesen zu der Frage, welcher Interventionsbedarf<br />

sich aus der Bestandsaufnahme von Politik-unterricht ableiten lässt. Die Videostudie nimmt sich<br />

dem Desiderat an empirisch abgesicherten Kenntnissen über „alltäglichen“ Politikunterricht an.<br />

Im Anschluss der Vorstudie sollen mittels einer quantitativen Interventionsstu¬die im Pre-Post-<br />

Design (matched pairs) individuelle Lernergebnisse miteinander vergli¬chen und auf Signifikanz<br />

hinsichtlich eines kognitiven Wissenszuwachses bei den Lernen¬den ge¬testet (Produktqualität)<br />

werden.<br />

Helmke, A. (2010). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des<br />

Unterrichts. 3. Aufl., Seelze-Velber: Kallmeyer.<br />

Hostenbach et al. (2011). Modellierung der Bewertungskompetenz in den Naturwissenschaften zur Evaluation der<br />

Nationalen Bildungsstandards In Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 17, 289-313.<br />

Klieme (2006). Empirische Unterrichtsforschung: aktuelle Entwicklungen, theoretische Grundlagen und<br />

fachspezifische Befunde, In Zeitschrift für Pädagogik, 52 (6), 765-773.<br />

Weißeno, G. (2012). Dimensionen der Politikkompetenz. In G. Weißeno & H. Buchstein (Hrsg.), Politisch Handeln.<br />

Modelle, Möglichkeiten, Kompetenzen (S. 156-177). Opladen: Budrich.<br />

348


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 24 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 213<br />

Hans-Ulrich Grunder, Marianne Kunz, Annina Jäggi, Nerina Gross<br />

Private Tutoring Lessons in Switzerland (PTL). Eine empirische Studie zum<br />

Nachhilfeunterricht aus der Perspektive von Schülerinnen und Schülern in<br />

der deutschsprachigen Schweiz.<br />

Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz<br />

hansulrich.grunder@fhnw.ch<br />

Jüngst wird das Thema Nachhilfeunterricht unter dem Schlagwort 'Gekaufte Bildung?' erörtert.<br />

Schweizer Eltern sind offenbar bereit, erhebliche Mittel in den (privaten) Nachhilfeunterricht ihrer<br />

Kinder zu investieren. Bildungspolitisch gesehen ist es also interessant zu eruieren, welche Rolle<br />

Nachhilfeunterricht spielt, in welchem Bezug Nachhilfeunterricht zum schulischen Erfolg von Kindern<br />

steht und ob dadurch die Schule als öffentliche Bildungsinstitution betroffen ist. Ein empirisches<br />

Defizit hinsichtlich der Fragen nach der Verbreitung und nach den Wirkungen von Nachhilfeunterricht<br />

ist erkennbar. In nationalen und internationalen Schulleistungsvergleichsstudien sind kaum Hinweise<br />

zum privaten und kommerziellen Nachhilfeunterricht zu finden. Bisherige empirische Studien decken<br />

zudem zumeist ein lokales Feld ab.<br />

Im Beitrag berichten wir über die bisher vorliegenden und ausgewerteten Ergebnisse des vom SNF<br />

finanzierten Forschungsprojekts 'Verbreitung und Wirkungen (privater) Nachhilfe', in dem 2011 über<br />

10'000 Schülerinnen und Schüler (Schweizer Mittelland) zwei Mal befragt worden sind. Die<br />

aufgeworfenen Fragen wurden mittels einer Online-Erhebung bei den Schülerinnen und Schülern der<br />

5. bis 9. Klasse der obligatorischen öffentlichen Schulen in den deutschsprachigen Kantonen der<br />

Schweiz beantwortet. Dann wurden in einer drei Monate später stattfindenden Befragung einer<br />

Stichprobe aus der Online-Erhebung die Wirkungen des Nachhilfeunterrichts auf die Schulnoten im<br />

Nachhilfefach/in den Nachhilfefächern sowie in anderen Fächern und die Veränderung des<br />

schulischen Selbstkonzepts von Nachhilfeschülerinnen und -schülern erhoben. Bei 'PTL' handelt sich<br />

um ein deskriptives und erklärend-interpretierendes Projekt der 'empirisch-schulpädagogischen<br />

Grundlagenforschung'.<br />

Die Ergebnisse werden - mit Blick auf die deutschsprachige Schweiz - Aussagen über Verbreitung<br />

(insbesondere auch fächer-, schultypen- und klassenstufen-bezogene Hinweise) und Wirkung von<br />

Nachhilfeunterricht erlauben. Damit soll ein öffentlich-diskursrelevantes Defizit verringert werden,<br />

weil empirisch erhobene Daten und Interpretationen zur 'Wirklichkeit des Nachhilfeunterrichts' den<br />

bisherigen Kontroversen um Sinn und Zweck, Verbreitung und Wirkung von Nachhilfeunterricht eine<br />

feste Basis verschaffen. Weiter sind Hinweise zu erhoffen auf Lücken zwischen fachdidaktischen/lehrlehrtheoretischen<br />

Diskussionen und pädagogischen Praxen, etwa hinsichtlich des Verhältnisses von<br />

privatem Nachhilfeunterricht und öffentlicher Schule.<br />

Bray. M. (2006). Private Supplementary Tutoring: Comparative Perspectives on Pat-terns and Implications.<br />

Compare: A Journal of Comparative Education, vol 36, 4, 515-530.<br />

349


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 24 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 213<br />

Holger Gärtner<br />

Selbstevaluation des Unterrichts: Macht es den Unterricht besser?<br />

Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg<br />

holger.gaertner@isq-bb.de<br />

Im Zuge des aktuellen Steuerungsparadigmas werden Schulen und Lehrkräfte zunehmend mit<br />

extern generierten Rückmeldungen konfrontiert. Der Ausbau an Angeboten zur internen<br />

Evaluation geht dagegen nur schleppend voran, obwohl ihr eine stärke Wirksamkeit hinsichtlich<br />

Schulentwicklung zugeschrieben wird (McNamara & O´Hara, 2008). In dieser Studie wird der<br />

Frage nachgegangen, was ein Online-Angebot für Lehrkräfte zur Selbstevaluation ihres<br />

Unterrichts bewirkt.<br />

Zur Beantwortung dieser Frage wurden zunächst Interviews mit 10 Nutzern des<br />

Selbstevaluations-portals (SEP) durchgeführt. Der Leitfaden beruhte auf dem<br />

Unterrichtsentwicklungs-modells von Helmke und Hosenfeld (2005), um subjektiv<br />

wahrgenommene Effekte der Rückmeldung zu erfassen. Die mittels qualitativer Inhaltsanalyse<br />

ausgewerteten Interviews weisen auf komplexe Reflexions- und Rezeptionsprozesse hin und<br />

lassen darauf schließen, dass ein Schülerfeedback u.a. durch die Bereitstellung verhaltensnaher<br />

Items über „guten Unterricht“ wirksam sein kann. Darauf aufbauend wurde ein Fragebogen mit<br />

primär geschlossenen Items entwickelt, der bislang von 235 Nutzern online ausgefüllt wurde.<br />

Erste Ergebnisse bestätigen, dass die Nutzer hauptsächlich intrinsisch motiviert sind, das SEP zu<br />

nutzen; dass die Mehrheit die Ergebnisse sowohl mit der Klasse (71%) als auch mit Kollegen<br />

(62%) bespricht. Veränderungen im Unterricht sowie im Umgang mit dem Thema<br />

Selbstevaluation werden beschrieben. Die Ergebnisse liefern erste Hinweise darauf, welche<br />

Wirkungen ein standardisiertes Schüler-Feedback auf die Entwicklung des Unterrichts haben<br />

kann.<br />

McNamara, G. & O'Hara, J. (2008). The importance of the concept of self-evaluation in the changing landscape of<br />

education policy. Studies in Educational Evaluation, 34, 173-179.<br />

Helmke, A., & Hosenfeld, I. (2005). Standardbezogene Unterrichtsevaluation. In G. Brägger, B. Bucher & N. Landwehr<br />

(Hrsg.), Schlüsselfragen zur externen Schulevaluation (S. 127-151). Bern: hep Verlag.<br />

350


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 24 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 213<br />

Miriam Lotz<br />

Individuelle Lernunterstützung im Leseunterricht des ersten Schuljahres –<br />

Ergebnisse einer Videostudie<br />

Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg<br />

miriam.lotz@uni-bamberg.de<br />

Lehrpersonen im Anfangsunterricht der Grundschule stehen vor der Herausforderung, trotz<br />

heterogener Lernausgangslagen jedem einzelnen Schüler förderliche Lernangebote bereitzustellen<br />

(Pauli & Reusser, 2006). Im Unterricht ermöglichen Schülerarbeitsphasen eine dem eigenen<br />

Lerntempo entsprechende Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand und geben der<br />

Lehrperson zahlreiche Gelegenheiten, einzelne Schüler individuell zu unterstützen (Krammer, 2009).<br />

Bislang ist allerdings wenig darüber bekannt, wie Lehrpersonen im Deutschunterricht der Grundschule<br />

Hilfestellungen geben.<br />

Das Ziel der Studie besteht daher in der Beschreibung der individuellen Lernunterstützung im<br />

Leseunterricht des ersten Schuljahres. Dabei werden folgende Fragen beantwortet: Wie häufig<br />

beschäftigen sich die Lehrpersonen mit einzelnen Schülern? Erfolgen diese individuel-len Lehrer-<br />

Schüler-Interaktionen vorwiegend lehrer- oder schülerinitiiert? Welche Hilfestellungen gewähren die<br />

Lehrpersonen den Schülern? Zeigen sich Unterschiede in der Häufigkeit und Art der individuellen<br />

Lernunterstützung in Abhängigkeit von der Schülerleistung?<br />

Dazu wurden 48 Unterrichtsvideos aus dem Projekt PERLE (Persönlichkeits- und Lernentwicklung von<br />

Grundschulkindern; Lotz et al., 2011) analysiert. Es wurden Beobachtungssysteme entwickelt, mit<br />

denen die Unterrichtvideos von trainierten Kodierern unabhängig voneinander ausgewertet wurden<br />

(prozentuale Übereinstimmung > 85%; Cohens Kappa > .70).<br />

Jede individuelle Lehrer-Schüler-Interaktion wurde zunächst im Event-Sampling-Verfahren<br />

identifiziert. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Lehrpersonen: Während einige<br />

Lehrkräfte überhaupt nicht mit den Schülern interagieren, sind bei anderen Lehrpersonen durchschnittlich<br />

bis zu sechs Interaktionen pro Minute zu beobachten, die insgesamt bis zu 97% der<br />

Übungszeit einnehmen. Im Mittel treten drei Lehrer-Schüler-Interaktionen pro Minute auf. Im<br />

Anschluss an die Ereignisidentifikation wurde niedrig inferent kodiert, an welchen Schüler sich die<br />

Lehrperson richtet und ob die Interaktion lehrer- oder schülerinitiiert stattfindet. Weiterhin wurde<br />

jede einzelne Hilfestellung identifiziert und klassifiziert.<br />

Im Vortrag werden das methodische Vorgehen bei der Videoanalyse und Ergebnisse der Kodierungen<br />

zu den aufgeführten Fragestellungen berichtet sowie Schlussfolgerungen für die Lehrerbildung<br />

diskutiert.<br />

Krammer, K. (2009). Individuelle Lernunterstützung in Schülerarbeitsphasen. Eine videobasierte Analyse des<br />

Unterstützungsverhaltens von Lehrpersonen im Mathematikunterricht. Münster: Waxmann.<br />

Lotz, M., Berner, N. E., Gabriel, K., Post, S., Faust, G. & Lipowsky, F. (2011). Unterrichtsbeobachtung im Projekt<br />

PERLE. In D. Kucharz, T. Irion & B. Reinhoffer (Hrsg.), Grundlegende Bildung ohne Brüche (S. 183-194).<br />

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Pauli, C. & Reusser, K. (2006). Von international vergleichenden Video Surveys zur videobasierten<br />

Unterrichtsforschung und -entwicklung. Zeitschrift für Pädagogik, 52(6), 774-798.<br />

351


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 24 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 213<br />

Isabella Wilmanns 1 , Ariane S. Willems², Ulrike Platz², Wilfried Bos²<br />

Zur Entwicklung von Sprachkompetenzen bei SchülerInnen durch den<br />

Einsatz von SprachFörderCoaches zur Förderung der Unterrichtssprache<br />

Deutsch<br />

1 Technische <strong>Universität</strong> Dortmund, ²Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische<br />

<strong>Universität</strong> Dortmund<br />

iwilmanns@fk12.tu-dortmund.de<br />

Sprachliche Kompetenzen sind eine zentrale Voraussetzung für das Erschließen von Wissen und<br />

die Entwicklung fächerübergreifender Kompetenzen (Baumert et al., 2001). Umso alarmierender<br />

ist, dass aktuelle Befunde aus Schulleistungsstudien einen deutlichen Förderbedarf von<br />

SchülerInnen in diesem Bereich feststellen (Bos et al., 2007). Daher erscheint es notwendig,<br />

mithilfe geeigneter Förderkonzepte SchülerInnen insbesondere mit Blick auf die Bildungssprache<br />

Deutsch gezielt und individuell zu fördern (Gogolin et al., 2011). Hier setzt das Projekt<br />

„Förderung in der Schulsprache Deutsch – Qualifizierung von Lehrkräften zu<br />

SprachFörderCoaches (SFC)“ an. Im Projekt werden durch ein gezieltes fachspezifischpädagogisches<br />

Coaching Kompetenzen im Bereich der individuellen Sprachförderung bei<br />

Lehrkräften gestärkt, mit dem Ziel, SchülerInnen in ihren Sprachkompetenzen zu fördern. An<br />

insgesamt N=80 Schulen wurden zuvor speziell geschulte Coaches eingesetzt. Ziel der Studie war<br />

es, zu untersuchen, ob sich sprachliche Schülerleistungen durch den Einsatz der SFCs über ein<br />

Schuljahr hinweg – und im Vergleich zu einer Kontrollgruppe – verändern. Mithilfe eines prä-<br />

/post-Designs wurden die sprachlichen Leistungen von N=619 SchülerInnen der SFC-Schulen und<br />

der Kontrollschulen (N=567) gemessen. Die Befunde zeigen, dass sich die sprachlichen<br />

Leistungen der SchülerInnen der Schulen mit Coaches im Verlauf eines Schuljahres signifikant<br />

verbesserm und diese Verbesserungen in ihrer Höhe auch signifikant stärker ausfallen, als die<br />

Leistungsveränderungen der SchülerInnen an den Kontrollschulen.<br />

Baumert, J., Klieme, E., Neubrand, M., Prenzel, M., Schiefele, U., Schneider, W. et al. (Hrsg.) (2001). PISA 2000:<br />

Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Opladen: Leske + Budrich.<br />

Bos, W., Hornberg, S., Arnold, K.-H. et al. (2007). IGLU 2006. Lesekompetenzen von Grundschulkindern in Deutschland<br />

im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann.<br />

Gogolin, I., Dirim, I., Klinger, T. et al. (Hrsg.). (2011a). Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

FörMig. Münster: Waxmann.<br />

352


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 25 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 214<br />

Susanne Heininger, Johannes Bauer, Manfred Prenzel<br />

E4teach – Evidence for teachers: „Konstruktion von Situationsvignetten zur<br />

Erhebung der Kompetenz im Umgang mit Evidenz – ein Faktorieller<br />

Survey“<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

susanne.heininger@tum.de<br />

Im Projekt E4teach wird untersucht, wie Lehramtsstudierende und aktive Lehrkräfte Evidenz in<br />

alltags- und professionsrelevanten Kontexten bewerten und nutzen. Hierfür wird ein Erhebungsinstrument<br />

zur Messung des Umgangs mit Evidenz entwickelt und validiert. Das Instrument<br />

beruht auf einem theoretischen Modell, das die Facetten (a) der Bewertung von Evidenz, sowie<br />

(b) der Nutzung von Evidenz differenziert und sich dabei an bestehenden Messverfahren aus<br />

dem medizinischen sowie naturwissenschaftlichen Kontext (MacRae, 2004; Wilson, 2005)<br />

orientiert. Zur Erhebung der Kompetenz im Umgang mit Evidenz werden problemorientierte<br />

Situationsvignetten eingesetzt, in denen die Teilnehmenden auf Basis von Evidenz eine<br />

Entscheidung bzw. Empfehlung für eine schulbezogene Problemstellung generieren sollen.<br />

Die vorliegende Studie befasst sich mit der Erstellung eines geeigneten Konstruktionsschemas<br />

für diese Vignetten. Ziel war die Klärung der folgenden Forschungsfrage: Wie können Text-<br />

Vignetten in Bezug auf (a) die Problemperspektive, (b) die Initiierung der in den Vignetten<br />

beschriebenen Handlung und (c) die Menge an präsentierter Information so konstruiert werden,<br />

dass die Probanden zu einer ausführlichen argumentativen Explikation ihrer Problemlösung<br />

angeregt werden?<br />

Die Beantwortung dieser Fragestellung erfolgte mit Hilfe eines faktoriellen Surveys (Auspurg,<br />

2009). Hierfür wurden die genannten drei Dimensionen der Vignettengestaltung mit jeweils zwei<br />

Ausprägungen systematisch variiert: Perspektive (Problem betrifft die Lehrkraft selbst vs. eine<br />

andere Lehrkraft), Initiierung (Eigeninitiative der Lehrkraft vs. Aufforderung durch eine andere<br />

Person) und Informationsmenge (niedrig vs. hoch). Die Untersuchung war als dreifaktorielles<br />

(2x2x2) within-subjects-Design angelegt. N=38 Probanden bewerteten dabei 8 konstruierte<br />

Vignetten in einem Fragebogen bezüglich der Explikation der Argumentation. Zusätzlich wurde<br />

ein Gruppeninterview (N=7) durchgeführt, um weiterführende Informationen zur Bewertung der<br />

präsentierten Vignetten zu erhalten.<br />

Die gesammelten Daten werden aktuell mit Hilfe multivariater Varianzanalysen ausgewertet.<br />

Das Gruppeninterview wird inhaltsanalytisch betrachtet. Die Ergebnisse werden im Rahmen der<br />

Tagung zur Diskussion gestellt.<br />

Auspurg, K., Hinz, T., & Liebig, S. (2009). Komplexität von Vignetten, Lerneffekte und Plausibilität im Faktoriellen<br />

Survey. MDA – Methoden, Daten, Analysen, Zeitschrift für Empirische Sozialforschung, 3(1), 59–96.<br />

MacRae, H. M., Regehr, G., Brenneman, F., McKenzie, M. & McLeod, R. S. (2004). Assessment of critical appraisal<br />

skills. American Journal of Surgery, 187, 120-123.<br />

Wilson, M. (2005). Constructing measures. New York: Taylor & Francis.<br />

353


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 25 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 214<br />

Ronny Scherer, Rüdiger Tiemann<br />

Modellierung interaktiver Problemlösekompetenz im Fach Chemie<br />

Humboldt-<strong>Universität</strong> zu Berlin<br />

ronny.scherer@chemie.hu-berlin.de<br />

Die Fähigkeit zur Lösung komplexer und interaktiver Probleme ist eine der Kernkompetenzen<br />

naturwissenschaftlichen Unterrichts. Bisherige Studien fokussierten auf eine<br />

domänenübergreifende Modellierung des Konstrukts und transferierten theoretische Modelle<br />

der Intelligenzforschung (z.B. Danner et al., 2011). Domänenspezifische Ansätze hingegen<br />

verstehen Problemlösen als einen Prozess, der sich aus verschiedenen Teilprozessen<br />

zusammensetzt. So konnte Koppelt (2011) zeigen, dass für die zehnte Jahrgangsstufe vier<br />

Teilkompetenzen vorliegen. Dennoch rückt im Zuge der Kompetenzmodellierung auch die Frage<br />

nach der Veränderung von Messmodellen in den Vordergrund (Köller & Parchmann, 2012).<br />

Das Ziel der Studie ist es demnach, die interaktive Problemlösekompetenz von Schülern der<br />

Jahrgangsstufen 8, 10 und 12 zu modellieren und deren Kompetenzunterschiede zu beschreiben.<br />

Dazu wurden interaktive Problemlöseumgebungen entwickelt, welche die Teilprozesse des<br />

Problemlösens abbilden und über Anker-Items verlinkt sind. Mit Methoden der vertikalen<br />

Skalierung konnten die Daten von N=1500 Schülern evaluiert und auf Messinvarianz untersucht<br />

werden. Die Ergebnisse zeigen, dass ein an den Teilprozessen orientiertes, vierdimensionales<br />

Messmodell Jahrgangsstufen-invariant ist. Die hierdurch beschriebene Problemlösefähigkeit<br />

zeigt substanzielle Zusammenhänge mit Strategiewissen, fluider Intelligenz und Vorwissen.<br />

Gemäß den Befunden lässt sich folgern, dass eine Kompetenzförderung nicht nur am Erreichen<br />

einer Problemlösung, sondern auch an den verschiedenen Teilprozessen orientiert sein sollte.<br />

Danner, D., Hagemann, D., Schankin, A., Hager, M., & Funke, J. (2011). Beyond IQ: A latent state-trait analysis of<br />

general intelligence, dynamic decision-making, and implicit learning. Intelligence, 39, 323-334.<br />

Köller, O., & Parchmann, I. (2012). Competencies: The German Notion of Learning Outcomes. In S. Bernholt, K.<br />

Neumann, & P. Nentwig (Eds.), Making It Tangible - Learning Outcomes in Science Education (pp. 165-185).<br />

Münster: Waxmann.<br />

Koppelt, J. (2011). Modellierung dynamischer Problemlösekompetenz im Chemieunterricht. Berlin: Mensch &<br />

Buch.<br />

354


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 25 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 214<br />

Eva-Maria Lankes 1 , Claus Carstensen², Mirjam Steffensky³<br />

Naturwissenschaftliche Kompetenzen zwischen Kindergarten und<br />

Grundschule im Vergleich – Ergebnisse einer Validierungsstudie aus dem<br />

SNaKE-Projekt<br />

1 Technische <strong>Universität</strong> München, ²Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg, ³Institut für die<br />

Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik<br />

lankes@tum.de<br />

Im Projekt SNaKE (Studie zur naturwissenschaftlichen Kompetenzentwicklung im<br />

Elementarbereich) wird die naturwissenschaftliche Kompetenz von Kindern im letzten<br />

Kindergartenjahr sowie sowie deren Förderung untersucht (Steffensky et al. 2012). Eine<br />

besondere Herausforderung bestand dabei in der Entwicklung eines validen und ökonomischen<br />

Tests für Vorschulkinder. Verschiedene Modellvergleiche sowie die erwartungsgemäß<br />

vorhandene, aber schwache manifeste Korrelation bzw. mittlere latente Korrelation des Tests<br />

mit den allgemeinen kognitiven Fähigkeiten geben Hinweise auf die interne und diskriminante<br />

Validität des Tests (Carstensen et al. 2011).<br />

Offen war die Frage, ob der Test das Konstrukt auch über den Kindergarten hinaus valide<br />

abbilden kann. Um dies zu prüfen wurde der Test mit Grundschulkindern der 1. Klasse (N=85)<br />

durchgeführt. Wir erwarten, dass das Modell der naturwissenschaftlichen Kompetenz repliziert<br />

werden kann, die Grundschulkinder aufgrund des Sachunterrichts und der durch den<br />

Altersunterschied bedingten zusätzlichen informellen Lerngelegenheiten jedoch höhere<br />

Kompetenzen aufweisen als die Kindergartenkinder.<br />

Die Ergebnisse liefern einen weiteren Hinweis auf die Validität des Tests: Die Kompetenzen der<br />

Erstklässler lassen sich im Modell abbilden, wobei der Mittelwert der Kompetenzen der<br />

Grundschulkinder im Vergleich zu den Vorschulkindern bei Kontrolle der kognitiven Fähigkeiten<br />

um eine Effektstärke von d=1.0 (signifikant) höher ist. Neben der Betrachtung des<br />

Testergebnisses insgesamt werden differentielle Veränderungen in den Schwierigkeiten der<br />

einzelnen Testaufgaben präsentiert und diskutiert.<br />

Carstensen, C.H., Lankes, E.M. & Steffensky, M. (2011). Ein Modell zur Erfassung naturwissenschaftlicher<br />

Kompetenz im Kindergarten. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 14(4), 651-669.<br />

Steffensky, M., Lankes, E.M., Carstensen, C.H. & Nölke, C. (2012). Alltagssituationen und Experimente - Was sind<br />

geeignete naturwissenschaftliche Lerngelegenheiten für Kindergartenkinder? Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

15(1), 37-54.<br />

355


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 25 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 214<br />

Kirsten Aust, Stefanie Hartz<br />

Qualität in Weiterbildungsmaßnahmen: Was beeinflusst die Zufriedenheit,<br />

den Lern- und Transfererfolg der Teilnehmenden?<br />

Technische <strong>Universität</strong> Braunschweig<br />

k.aust@tu-braunschweig.de<br />

Qualität und Qualitätsentwicklung spielen in der heutigen Gesellschaft in vielen Bereichen eine<br />

zentrale Rolle. Entsprechend wächst ihre Bedeutung im Weiterbildungsbereich. Dass ein<br />

implementiertes QM-System jedoch nicht zwangsläufig zu einer verbesserten Lehr-Lern-<br />

Interaktion führt, zeigen inzwischen unterschiedliche Studien (z. B. Hartz, 2011). Zwar wird in<br />

den Lehrenden eine Schlüsselrolle für Qualität gesehen, welche konkreten Faktoren gerade auch<br />

im Zusammenspiel mit organisationalen Bedingungen und den Weiterbildungsteilnehmenden<br />

allerdings zentral sind, ist noch weitgehend ungeklärt.<br />

Ziel der vorliegenden Studie war es, Einflussfaktoren auf die Qualität von Weiterbildung in ihrem<br />

Zusammenwirken zu untersuchen. Dazu wurden zunächst in Vorstudien potentielle<br />

Einflussfaktoren extrahiert. Die herausgearbeiteten Faktoren (u. a. Vorkenntnisse,<br />

Einschätzungen während des Kurses bezogen auf Inhalte, Organisation und Lehrende) wurden<br />

dann in einer empirischen Studie mit 295 Teilnehmenden aus 35 Weiterbildungskursen zu drei<br />

Messzeitpunkten (zu Beginn des Kurses - im Anschluss - drei Monate später) erhoben und<br />

hinsichtlich ihrer Effektstärke auf die Zufriedenheit der Teilnehmenden, ihren Lern- und<br />

Transfererfolg untersucht. Um der Komplexität der Einflussfaktoren gerecht zu werden, liegen<br />

darüber hinaus Daten der Bildungsdienstleister und der Lehrenden vor.<br />

Der Beitrag fokussiert Ergebnisse der Teilnehmererhebungen. Die adressierte Frage, welche<br />

Faktoren einen Einfluss auf die Zufriedenheit, den Lern- und den Transfererfolg haben, wurde<br />

mit Regressionsmodellen analysiert. Dabei zeigte sich, dass vor allem eine gute Abstimmung der<br />

vermittelten Inhalte auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden positive Effekte auf die<br />

verschiedenen Qualitätskriterien hat. Gleichzeitig deutet sich an, dass die Kurse im untersuchten<br />

Themengebiet des Interaktionswissens inhaltlich eher zu einfach sind. Darüber hinaus wird<br />

deutlich, dass die Teilnehmenden selbst einen nicht geringen Einfluss auf die Qualität der Kurse<br />

haben. Da diese Ergebnisse Konsequenzen für die Gestaltung entsprechender Lehr-Lern-<br />

Interaktionen sowie deren Evaluationen haben, sind die Forschungsergebnisse von<br />

unmittelbarer pädagogischer Bedeutung und werden unter diesem Gesichtspunkt diskutiert.<br />

Hartz, S. (2011). Qualität in Organisationen der Weiterbildung. Eine Studie zur Akzeptanz und Wirkung von LQW.<br />

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

356


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 25 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 214<br />

Klaus Peter Treumann<br />

Zur empirischen Modellierung subjektorientierter E-Learning-Nutzung in<br />

der beruflichen Fort- und Weiterbildung (WB)<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

klaus.treumann@uni-bielefeld.de<br />

Es wird über Ergebnisse eines von der DFG geförderten gleichnamigen Forschungsprojekts<br />

berichtet. Den Ausgangspunkt bildete die Applizierung einer quantitativen Online-<br />

Fragebogenstudie von E-Learnern, die sich in Deutschland bei kommerziellen<br />

Bildungsinstitutionen beruflich oder betrieblich weiterbilden, wobei die Qualitätsbedürfnisse, -<br />

strategien und -kriterien den inhaltlichen Focus bilden.<br />

Die Forschungsfrage lautet: Ob und inwieweit gelingt die Rekonstruktion eines quantitativ<br />

fundierten handlungstheoretischen Rahmenmodells subjektbezogener E-Learning-Nutzung, das<br />

es abzuschätzen gestattet, in welchem Ausmaß externe Variablenblöcke zur Erfassung von<br />

„Sozialstrukturellen Bedingungen der Lebenslage“, Personenbezogenen Ressourcen“ und<br />

„Akteursspezifischen Orientierungen von E-Learnern“ einen Einfluss auf die Zugehörigkeit zu<br />

unterschiedlichen (Cluster)Typen von TeilnehmerInnen an computer- und/oder internetgestützten<br />

Weiterbildungsmaßnahmen hinsichtlich deren Handlungs- und Nutzungsstilen<br />

besitzen?<br />

Es wird mit Hilfe hierarchisch angeordneter multinominaler Regressionsanalysen zum Einen<br />

gezeigt, dass sich die typologisch differenten Formen der E-Learning-Nutzung in substantiellem<br />

Ausmaß auf Ungleichheiten in den obigen Variablenblöcken zurückführen lassen. Zum Anderen<br />

gelingt es, die unterschiedlichen Einflüsse der einzelnen Komponenten in den Merkmalsgruppierungen<br />

(z.B. Personenbezogene Ressourcen: Kulturelles vs. Ökonomisches Kapital;<br />

Akteursspezifische Orien-tierungen: Lernstil vs. bereits vorhandene E-Learning-Erfahrung vs.<br />

Persönliche Einstellung gegenüber computer-/internetbasierten WB-Maßnahmen) quantitativ<br />

abzuschätzen und damit ihre relative Bedeutung zu bestimmen. Sich daraus ergebene<br />

Konsequenzen für die pädagogisch-didaktische Gestaltung von E-Learning-Umgebungen werden<br />

diskutiert.<br />

Abschließend wird in einem empirischen Exkurs der Frage nachgegangen, ob sich bei E-Learnern<br />

in der WB eine besonders ausgeprägte Affinität zu Merkmalen des berufs- und betriebssoziologische<br />

viel diskutierten verbetrieblichten Arbeitskraftunternehmers nachweisen lässt.<br />

Dittler, U./Krameritsch, J./Nistor, N./Schwarz, C./UThillosen, A. (2009): E-Learning. Eine Zwischenbilanz. Kritischer<br />

Rückblick als Basis eines Aufbruchs. Münster u.a.: Waxmann<br />

Ehlers, U. (2011): Qualität im E-Learning aus Lernersicht. 2. Aufl. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften<br />

Pongratz, H.J./Voß, G.G. (2003): Arbeitskraftunternehmer. Erwerbsorientierungen in entgrenzten Arbeitsformen.<br />

Berlin: edition sigma<br />

357


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 26 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 220<br />

Simone Eliana Schnurr, Sabine Weiß, Ewald Kiel<br />

Anforderungsanalyse für den Lehrberuf<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

simone.schnurr@edu.lmu.de<br />

Es gibt mehr oder minder konkrete Vorstellungen welche Aufgaben, Anforderungen und<br />

Fähigkeiten Lehrer in ihrem Beruf und für die jeweiligen Schularten erfüllen müssen. Die<br />

Standards, festgelegt durch die Kultusministerkonferenz, umfassen ganz allgemein die<br />

Komptenzbereiche Unterrichten, Erziehen, Beruteilen, Beraten und Innovieren (KMK, 2005). Eine<br />

fundierte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Themengebiet gibt es jedoch noch<br />

nicht. Bislang setzen sich nur wenige Untersuchungen wissenschaftlich mit Anforderungen bzw.<br />

Fähigkeits- und Eigenschafts-profilen von Lehrkräften auseinander, wie z.B. die Schweizer Studie<br />

zur Wirksamkeit von Lehrer-bildung (Oser & Oelkers, 2001) sowie die COAKTIV-Studie (Kunter et.<br />

al. 2009).<br />

Das vorliegende Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, eine Anforderungsanalyse für den Lehrerberuf<br />

zu erstellen, wobei die möglicherweise unterschiedlichen Anforderungen in den Schularten<br />

berücksichtigt werden können. Im Fokus stehen Eigenschaften und Fähigkeiten, die für den<br />

Lehrberuf wichtig sind und für die Berufsausübung als entscheidend gelten.<br />

Um zu identifizieren, welche Anforderungen für die Lehrertätigkeit von Bedeutung sind, wurde<br />

aus der Arbeits- und Organisationspsychologie das Instrument „Fleishman Job Analysis Survey“<br />

(Fleischman, 1998) in adaptierter Form herangezogen. Das Instrument wurde von Experten<br />

geratet. Die Expertengruppen umfassten Wissenschaftler der Lehrerausbildung, Ausbildungspersonal<br />

in Schulen sowie Lehrkräfte. Ferner erfolgte das Rating nach Schularten getrennt. Nach<br />

dem Rating der 98 Items fanden Gruppendiskussionen statt, welche das Instrument zur<br />

Diskussion als Grundlage hatten.<br />

In der Auswertung wurden aufgrund theoretischer Überlegungen, Korrelationen und Faktorenanalysen<br />

Konstrukte gebildet, die vorgestellt werden.<br />

Fleishman, E.A. (1998). Fleishman Job Analysis Survey: F.JAS. Potomac/MD: Management Research Institute.<br />

Kultursminsterkonferenz (2005). Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz. Erläuterung zur Konzeption und<br />

Entwicklung. München: Luchterhand.<br />

Oser, F. &Oelkers, J. (2001). Die Wirksamkeit der Lehrerbildungssysteme. Von der Allrounderausbildung zur<br />

Ausbildung professioneller Standards. Zürich: Rüegger Verlag.<br />

358


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 26 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 220<br />

Didier Vaccaro 1 , Eva-Maria Lankes²<br />

Kriteriumsübergreifende Konstruktionen von Qualität aus Sicht der Eltern,<br />

Schüler und Lehrkräfte<br />

1 Qualitätsagentur am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, München,<br />

²Technische <strong>Universität</strong> München<br />

didier.vaccaro@isb.bayern.de<br />

Qualität von Schulen wird in der empirischen Forschung häufig anhand von Skalen erfasst (z.B.<br />

Gerecht et al., 2007). Der Einsatz solcher Messinstrumente impliziert, dass es sich bei den<br />

Qualitäts-kriterien um eindimensionale Konstrukte handelt. Wissenschaftliche Untersuchungen<br />

haben jedoch gezeigt, dass die faktorielle Struktur von Fragebögen zur Schulqualität in<br />

Abhängigkeit der befragten Zielgruppe variieren kann (z. B. Clausen, M. 2002). Folglich sprechen<br />

die einzelnen Qualitätskriterien u. U. verschiedene Dimensionen an, deren Ausprägungen erst in<br />

Form eines "Index" zu einer neuen Variablen zusammengefasst werden müssen (vgl. Schnell, Hill<br />

& Esser, 2005).<br />

Das bayerische Verfahren der externen Evaluation folgt einer solchen Konzeption von<br />

Schulqualität. Die Qualitätskonstrukte werden dabei nicht durch eindimensionale Skalen, sondern<br />

durch multiple Indikatoren erfasst, die z. T. mit unterschiedlichen Methoden aus<br />

verschiedenen Quellen gewonnen werden. Jeder Fragebogen ist dabei ein zielgruppenspezifischer<br />

Ausschnitt der manifesten Variablen zu den jeweiligen Konstrukten, die pro<br />

Zielgruppe durch ein bis zwei Items erfasst werden.<br />

In der vorliegenden Studie wurde untersucht, inwieweit angesichts dieser Konzeption von<br />

Indikatoren die Angaben der Eltern, Schüler und Lehrkräfte dennoch einer kriteriumsübergreifenden<br />

Struktur folgen, die sich jeweils als zielgruppen-spezifische Konstruktion von<br />

Schulqualität interpretieren lässt. Aufgrund der Faktorenanalyse ließen sich für jede Zielgruppe<br />

plausible Faktoren extrahieren und an einer unabhängigen Stichprobe validieren.<br />

Clausen, M. (2002). Qualität von Unterricht – Eine Frage der Perspektive? Waxmann: Münster.<br />

Gerecht, M. Steinert, B., Klieme, E., Döbrich, P. (2007). Skalen zur Schulqualität: Dokumentation der Erhebungsinstrumente.<br />

2. überarb. Aufl. Frankfurt a.M.: DIPF.<br />

Schnell R., Hill, P. B., Esser, E. (2005). Methoden der Empirischen Sozialforschung. 7. Auflage. Oldenbourg,<br />

München.<br />

359


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 26 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 220<br />

Stefanie Vigerske<br />

Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung des Transfers von<br />

Lehrerfortbildungsinhalten in die Schule<br />

Pädagogische Hochschule Freiburg<br />

stefanie.vigerske@ph-freiburg.de<br />

Im Projekt „Evaluation der Nachhaltigkeit der Lehrerfortbildung im Land Baden-Württemberg“<br />

(EvaluNa LfBW) wird in einer Längsschnittuntersuchung der Transfer von Fortbildungsinhalten in<br />

die Schule untersucht. Zur Erfassung des Transfers werden Teilnehmer sechs Monate nach der<br />

Fortbildung befragt. Als Grundlage für die Fragebogenkonstruktion wurde – ausgehend von<br />

verschiedenen Transfermodellen (z. B. Formen des Transfers, Mandl et al. 1992) – ein Modell<br />

erarbeitet, welches die Tiefe des Transfers in drei Stufen beschreibt. Die Stufen zeichnen sich<br />

durch die Konstrukte (a) eine zunehmende Generalisierung des Gelernten auf unterschiedliche<br />

Anwendungssituationen und die Aufrechterhaltung über die Zeit sowie (b) durch eine<br />

zunehmende kognitive Integration des Gelernten aus. Auf Grundlage einer Literaturanalyse und<br />

des theoretischen Modelles, wurden Items entwickelt. Die Inhaltsvalidität wurde mittels<br />

Diskussionsgruppen (n=5) und eines schriftlichen Experten-Surveys (n=78) überprüft. Für die<br />

psychometrische Prüfung wurden 205 Fortbildungsteilnehmer befragt. Die explorativen<br />

Faktorenanalysen bestätigten die Annahmen des Modells zu den beschriebenen Konstrukten.<br />

Das Konstrukt (a) wird durch die Skalen „Anwendung/Nachhaltigkeit“ sowie „Anpassung“<br />

abgebildet. Das Konstrukt (b) bezieht sich auf die Skalen „Verständnis“ und „Kognitive<br />

Veränderungen“. Die Reliabilitätsanalysen zeigten, dass alle Skalen reliabel sind (Cronbachs<br />

Alpha > .83). Da der Fragebogen zudem ökonomisch und inhaltlich valide ist, kann dieser zur<br />

geplanten Erfassung des Transfers im Projekt eingesetzt werden.<br />

Mandl, H., Prenzel, M., & Gräsel, C. (1992). Das Problem des Lerntransfers in der betrieblichen Weiterbildung.<br />

Unterrichtswissenschaft – Zeitschrift für Lernforschung, 20, 126-143.<br />

360


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 26 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 220<br />

Christin Lotz 1 , Jörn R. Sparfeldt 1 , Sarah Sapp², Detlef H. Rost³<br />

Erfassung des sozialen Selbstkonzepts bei Grundschulkindern – Bildertest<br />

versus Fragebogen?<br />

1 <strong>Universität</strong> des Saarlandes, ²Schulpsychologische Beratungsstelle Soest, ³Philipps-<br />

<strong>Universität</strong> Marburg<br />

c.lotz@mx.uni-saarland.de<br />

Die besondere Relevanz sozialer Selbstkonzepte – also die kognitive Repräsentation eigener<br />

sozialer Kompetenzen in sozialen Interaktionssituationen (vgl. Byrne & Shavelson, 1996) – ist<br />

unbestritten und dokumentiert sich in entsprechend vermehrten Forschungsbemühungen.<br />

Bezogen auf die Erfassung sozialer Selbstkonzepte stellen die ersten Grundschuljahre unter<br />

anderem aufgrund eingeschränkter Lesefertigkeiten besondere Ansprüche. Eine Alternative zum<br />

üblichen Fragebogenformat stellen bildbasierte Verfahren dar. So umfasst der Bildertest zum<br />

sozialen Selbstkonzept (BSSK) von Langfeldt und Prücher (2004) 18 Bildpaare, die alterstypische<br />

Aktivitäten (wie Schaukeln oder Basteln) mit entweder nur einem oder aber drei Akteuren<br />

abbilden. Die Kinder sollen jeweils ankreuzen, welche der beiden Situationen (z.B. allein vs. mit<br />

anderen Schaukeln) auf sie eher zutrifft. Weitgehend ungeklärt ist, ob und inwieweit bildbasierte<br />

Verfahren und übliche Fragebogen Gleiches erfassen.<br />

Insgesamt 320 Schülerinnen und Schüler der zweiten Klassenstufe bearbeiteten neben dem BSSK<br />

die Skala „Peer Relations“ des SDQ–I (Marsh, 1992). Zusätzlich wurden ausgewählte BSSK-Bilder<br />

mit mehrstufigem Antwortformat vorgelegt.<br />

Im Vortag werden (1) die psychometrischen Kennwerte des BSSK und der Skala „Peer Relations“<br />

des SDQ I sowie (2) die (konvergente) Korrelation beider Verfahren berichtet. Auch wird (3) der<br />

Frage nachgegangen, ob Zweitklässler BSSK-Items mit mehrstufigem Antwortformat adäquat<br />

bearbeiten können. Implikationen für die Diagnostik sozialer Selbstkonzepte werden diskutiert.<br />

Byrne, B. M. & Shavelson, R. J. (1996). On the structure of social self-concept for pre-early, and late adolescents: A<br />

test of Shavelson, Huber, and Stanton (1976) Model. Journal of Personality and Social Psychology, 70, 599–<br />

613.<br />

Langfeldt, H.-P. & Prücher, F. (2004). Bildertest zum sozialen Selbstkonzept (BSSK). Ein Verfahren für Kinder der<br />

Klassenstufe 1 und 2. Göttingen: Belz.<br />

361


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 26 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 220<br />

Markus Vogel 1 , Andreas Eichler²<br />

Muster im Entscheidungshandeln von Schülerinnen und Schülern in<br />

einfachen statistischen Situationen<br />

1 Pädagogische Hochschule Heidelberg, ²Pädagogische Hochschule Freiburg<br />

vogel@ph-heidelberg.de<br />

Mit der Leitidee Daten und Zufall der KMK-Bildungsstandards ist der Anspruch verbunden, dass<br />

die Schülerinnen und Schüler beim Umgang mit empirischen Daten prognostische sowie<br />

verallgemeinernde Entscheidungen begründet treffen lernen sollen. Welche Modelle sie solchen<br />

Entscheidungen zugrunde legen und wie sie diese sprachlich und handelnd begründen, wurde<br />

anhand einiger alltagsnaher statistischer Entscheidungssituationen empirisch untersucht. Ziel<br />

dieser Studien war es, für eine systematische Erforschung vorab Informationen darüber zu<br />

erhalten, welche basalen Modelle sich bei Schülerinnen und Schülern bei der Bearbeitung<br />

statistischer Situationen rekonstruieren lassen, welche statistischen Situationen geeignet<br />

scheinen, um solche Modellkonstruktionen zu aktivieren und welche Unterschiede sich auf<br />

verschiedenen Altersstufen und Schularten zeigen.<br />

Basierend auf dem theoretischen Konstrukt der mentalen Modelle (Johnson-Laird, 1984; Dutke,<br />

1994; Seel, 2001) und dem Informationsverarbeitungsmodell nach Schnotz & Bannert (1999)<br />

wurde theoriegeleitet ein vierstufiges Schwierigkeiten-Klassifikationsschema entwickelt. Als Teil<br />

eines umfassenderen Forschungsprogramms (vgl. Eichler & Vogel, accepted) wurde die<br />

theoriegeleitete Deduktion von Aufgabenschwierigkeitsgraden in zwei Studien mit zwei<br />

verschiedenen Schülerstichproben (n1=134, n2=44) in den Klassenstufen 4 und 6 (zusätzlich<br />

differenziert nach Hauptschule und Gymnasium) empirisch überprüft. Hierzu wurden die<br />

Lösungshäufigkeiten in entsprechenden Aufgabensettings anhand von Fragebogen quantitativ<br />

ausgewertet. Eingeforderte schriftliche Begründungen (n = 73) wurden von zwei unabhängigen<br />

Ratern kodiert und hinsichtlich der von Schülerinnen und Schülern als wesentlich die Situation<br />

beeinflussenden Faktoren kategorisiert. Trianguliert wurden die schriftlichen Lösungen über<br />

Videoaufzeichnungen und interviewbasierte Protokolle lauten Denkens einer zufälligen Auswahl<br />

von Schülerinnen und Schülern, die qualitativ analysiert wurden. Zusammenfassend lässt sich die<br />

theoriegeleitete Aufgabenkonstruktion durch signifikant (auf 5%-Niveau) unterschiedliche<br />

Lösungshäufigkeiten und interpretative Evidenz von Kodierungs- und Transskriptanalysen als<br />

empirisch validiert betrachten.<br />

Schnotz, W. & Bannert, M. (1999). Einflüsse der Visualisierungsform auf die Konstruktion mentaler Modelle beim<br />

Text-und Bildverstehen. Zeitschrift für Experimentelle Psychologie, 46(3), 217-236.<br />

Johnson-Laird, P. N. (1983). Mental models. Cambridge: University Press.<br />

Dutke, S. (1994). Mentale Modelle: Konstrukte des Wissens und Verstehens. Göttingen: Verlag für Angewandte<br />

Psychologie.<br />

Eichler, A. & Vogel, M. (accepted). Basic Modelling of Uncertainty – Young Students’ Mental Models. In R. Biehler<br />

& D. Pratt (Eds.), Probability in reasoning about data and risk, ZDM – The International Journal on<br />

mathematics Education, 44(7)<br />

362


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 27 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 226<br />

Sylvia Rahn, Sabine Gruehn<br />

Schülerfeedback – fachübergreifend valide? Schülerinteressen als<br />

Verzerrungsfaktoren der Unterrichtsevaluation<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

Sylvia.Rahn@uni-muenster.de<br />

Schülerratings werden nicht nur in der Unterrichtsforschung, sondern auch zu schulpraktischen<br />

Zwecken als Datenquelle der Unterrichtsbeschreibung und zur Lehrevaluation genutzt. In<br />

gängigen Verfahren der Schul- und Unterrichtsevaluation ist es üblich, den Lehrkräften das<br />

Feedback der Klasse im Vergleich mit dem „aggregierten Bewertungsprofil“ der eigenen Schule<br />

oder auch einer schulübergreifenden Stichprobe zurückzumelden. Es wird also ein<br />

fächerübergreifender sozialer Vergleich vorgenommen, obwohl angesichts des Forschungsstandes<br />

zu den Determinanten der Unterrichtsbeurteilung durch Schüler fachspezifische<br />

Verzerrungen durchaus wahrscheinlich sind.<br />

Insbesondere das Sach- und Fachinteresse, das die Schüler dem Unterrichtsinhalt mehr oder<br />

weniger entgegenbringen, ist ein empirisch gut belegter und relativ stark wirksamer<br />

Einflussfaktor des Schülerfeedbacks (vgl. u. a. Greimel-Fuhrmann 2003). Schülerinteressen<br />

differenzieren sich mit steigender Schulbesuchsdauer zunehmend domänenspezifisch aus und<br />

insbesondere im Vergleich zwischen beruflichen Gymnasien verschiedenen Typs ist von Unterschieden<br />

in der „dominanten Interessenorientierung der Schülerschaft“ auszugehen (vgl.<br />

Lüdtke/Trautwein 2004).<br />

Folglich ist zu erwarten, dass das durchschnittliche Sach- und Fachinteresse der Schüler sich in<br />

beruflichen Gymnasien<br />

1. innerhalb eines Gymnasialtyps zwischen den Unterrichtsfächern und<br />

2. innerhalb eines Fachs zwischen den Gymnasialtypen<br />

signifikant unterscheidet.<br />

In der Konsequenz ist<br />

3. damit zu rechnen, dass das Schülerfeedback in Abhängigkeit vom Unterrichtsfach und<br />

Schultyp je spezifischen Verzerrungsmustern unterliegt, d. h. fach- und schultypübergreifend<br />

nicht gleichförmig durch das Sachinteresse der Schüler beeinflusst wird (vgl. Wagner 2008).<br />

Diese drei Hypothesen werden im Vortrag zunächst varianz-, dann regressionsanalytisch geprüft.<br />

Als Datenbasis dient eine Ende 2010 in 32 Lerngruppen der Jahrgangsstufe 11 und 13 in den<br />

gymnasialen Bildungsgängen zweier nordrhein-westfälischer Bildungsgänge durchgeführte<br />

Schülerbefragung zur wahrgenommenen Unterrichtsqualität des Deutsch- und Mathematikunterrichts<br />

sowie des Unterrichts im profilbildenden Fach.<br />

Der Vortrag mündet in eine Einschätzung, ob - wie in den fach- und schulformübergreifend<br />

vergleichenden Rückmeldeverfahren implizit unterstellt - das Schülerfeedback als fachübergreifend<br />

valide gelten kann.<br />

Greimel-Fuhrmann, B (2003). Evaluation von Lehrerinnen und Lehrern. Einflussgrößen auf das Gesamturteil von<br />

Lernenden. Innsbruck/Wien/München: Studienverlag.<br />

363


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 27 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 226<br />

Viola Hartung-Beck 1 , Barbara Muslic²<br />

Methodologische Überlegungen zu Möglichkeiten valider<br />

Rekonstruktionen von schulischen Organisationen<br />

1 Bergische <strong>Universität</strong> Wuppertal, ²Freie Universtität Berlin<br />

hartung-beck@uni-wuppertal.de<br />

Innerhalb der empirischen Schulforschung kann durch das Paradigma der outputorientierten<br />

Steuerung und der Autonomie der Einzelschule eine Tendenz beobachtet werden, dass Schulen<br />

verstärkt als empirische Falleinheiten (Horstkemper&Tillmann, 2008) untersucht werden, um<br />

Rückschlüsse zwischen schulischen Organisationsmerkmalen und den Effekten der neuen<br />

Steuerungsstrategie zu ziehen. Problematisch bei dieser Forschung ist aber, dass methodisch –<br />

weder aus der qualitativen noch aus der quantitativen Forschungslogik heraus – nicht eindeutig<br />

geklärt ist, wie valide individuelle Aussagen – meist auch aggregiert auf mehreren Ebenen oder<br />

aus mehreren Perspektivendes Schulsystems – schulische Organisationen abbilden. Der Beitrag<br />

geht deshalb der Frage nach, wie zuverlässig schulische Organisationen anhand von qualitativen<br />

Interviewstudien (Fallstudien) methodisch erfasst werden können, um Rückschlüsse von<br />

Organisationsstrukturen auf schulische Entscheidungen im Sinne der neuen outputorientierten<br />

Steuerung zu treffen. Dafür werden sowohl methodische Aspekte – wie etwa die Fallauswahl,<br />

Interviewverfahren, Validitätund Triangulation – beleuchtet als auch theoretische Konzepte –<br />

wie z.B. die Luhmannsche Systemtheorie (Luhmann, 1984) und die rekonstruktive<br />

Sozialforschung (Bohnsack, 2007) – vorgestellt, die zu einem methodologischen Modell zur<br />

Rekonstruktion von schulischen Organisationen führen. Die empirische Grundlage dieser<br />

Überlegungen bilden verschiedene, eigene qualitative (Interview)Studien aus dem Bereich der<br />

(externen) Evaluation (v.a. Lernstandserhebungen).<br />

Horstkemper, M. & Tilmann, K.-J. (2008): Schulformvergleiche und Studien zu Einzelschulen. In: Helsper, W. &<br />

Böhme, J.(Hrsg.): Handbuch der Schulforschung. 2. durchges. & erweit. Aufl. Wiesbaden: VS-Verlag. S.285-319.<br />

Luhmann, N. (1984): Soziale Systeme. Grundrisse einer allgemeinen Theorie. Frankfurt/M.: Suhrkamp.<br />

364


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 27 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 226<br />

Franziska Wyßuwa<br />

Konversationsanalytische Unterrichtsforschung: Zum Nutzen einer<br />

übersehenen Methode in der empirischen Pädagogik<br />

Technische <strong>Universität</strong> Chemnitz<br />

franziska.wyssuwa@phil.tu-chemnitz.de<br />

Die empirische Pädagogik stellt sich in der Unterrichtsforschung klassisch den Fragen einer<br />

technischen Umsetzung (präskriptiver) normativer Ideale, die sich in verschiedenen<br />

Bildungsbegriffen manifestieren. Aus diesem lassen sich zentrale Fragen ableiten, die der<br />

Bearbeitung von Heterogenität und der Erzielung von Nachhaltigkeit, Emanzipation, Reflexivität<br />

o.ä. beinhalten. Im Zuge der Diskussion um eine neue Lernkultur hat sich dabei vor allem auch<br />

die systemtheoretisch- konstruktivistische Didaktik in den Vordergrund gedrängt.<br />

Alle diese Ansätze postulieren, sie wüssten bereits, was die Probleme des Unterrichts sind und<br />

entwickeln auf mehr oder weniger normativ fundierten Bildungsbegriffen didaktische Antworten<br />

wie zum Beispiel den „handlungsorientierten Fremdsprachenunterricht“. Die meisten Versuche,<br />

die Didaktik empirisch grundzulegen, enden jedoch oftmals nur in einer fachlichen Kritik der<br />

Lehrer, der Lehrbücher oder Curriculare.<br />

Vor diesem Hintergrund ist es geboten, auch in der Pädagogik den Fokus zunächst stärker auf<br />

das „wie“, statt auf das „warum“ zu lenken, wie es in interaktionstheoretischen Methodologien<br />

in Anlehnung an Garfinkel und Goffman bereits in verschiedenen Bereichen demonstriert wurde.<br />

Die Frage danach, wie Interaktion im Unterricht faktisch abläuft, ist von zentraler Bedeutung,<br />

denn fachdidaktische Empfehlungen sind nutzlos, wenn sie an den Herausforderungen und<br />

Problemen des alltäglichen Unterrichts vorbeigehen und so nichts als Idealvorstellungen von<br />

Unterricht sind. Die ethnomethodologische Konversationsanalyse, die sich als Struktur- UND<br />

Interaktionsanalyse versteht (Bergmann 1981), ist ein geeignetes Instrument zur Erforschung der<br />

„interactional architecture“ von Unterricht (vgl. Seedhouse 2004). Anhand einer Studie zu<br />

Englischunterricht in der Erwachsenen-bildung wird der Nutzen einer konversationsanalytischen<br />

Vorgehensweise demonstriert, indem gezeigt wird, welche Interaktionsprobleme durch<br />

lebensweltliche Elemente (vgl. Beier/Wyßuwa 2012) im Unterricht erzeugt werden.<br />

Bach, Gerhard/Timm, Johannes-Peter (2003): Handlungsorientierung als Ziel und als Methode. In: dies.: Englischunterricht.<br />

Grundlagen und Methoden einer handlungsorientierten Unterrichtspraxis. Tübingen: A. Francke<br />

Verlag Tübingen und Basel. 1-21.<br />

Beier, Frank / Wyßuwa, Franziska (i. D.), Beispielerzählungen und Szenarioentwicklung in der Weiterbildung als<br />

Veranschaulichungen von Wissen und Relevanzen. In: Birkner, K. / Ehmer, O.: Veranschaulichungsverfahren im<br />

Gespräch. Verlag für Gesprächsforschung (Im Druck)<br />

Bergmann, Jörg (1981): Ethnomethodologische Konversationsanalyse. In: Schröder, Peter/ Steger, Hugo (Hrsg.):<br />

Dialogforschung. Jahrbuch 1980 des Instituts für deutsche Sprache. Düsseldorf: Pädagogischer Verlag<br />

Schwann. S. 9-52.<br />

Seedhouse, Paul (2004): The interactional architecture of the language classroom. A conversation analysis perspective.<br />

Oxford: Blackwell Publishing.<br />

365


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 27 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 226<br />

Martina Hechinger<br />

Validierung und Kultur: Die Untersuchung der Kulturspezifität als<br />

Bestandteil der Validitätsprüfung von Skalen<br />

<strong>Universität</strong> Salzburg<br />

martina.hechinger@gmx.at<br />

Für die Überprüfung der Validität von Test- bzw. Messinstrumenten stehen verschiedene<br />

Konzepte zur Verfügung (z.B.: Campbell & Fiske, 1959; Christensen, 2004; Cronbach & Meehl,<br />

1955). Diese Validierungskonzepte behandeln zum Teil verschiedene Formen der Validität und<br />

erachten unterschiedliche Quellen der Beweisführung als relevant. Erforderlich ist ein Verfahren,<br />

bei welchem eine Berücksichtigung aller bedeutenden Validitätsformen erfolgt. Es wird ein<br />

Modell präsentiert, welches für die Überprüfung der Validität von Skalen herangezogen werden<br />

kann. Die Entwicklung dieses Validierungsmodells findet auf Basis existierender<br />

Validierungskonzepte statt, und zudem werden neue Quellen der Beweisführung festgelegt. So<br />

stellt die Untersuchung der Kulturspezifität ein wichtiger Bestandteil des Validierungsprozesses<br />

dar, welcher im Besonderen thematisiert wird. Skalen werden oftmals im Kontext einer<br />

bestimmten Kultur entwickelt und anschließend ohne weitere Prüfung in anderen Kulturen<br />

eingesetzt. Aufgrund des Bestehens kultureller Differenzen, wie etwa Unterschiede in den<br />

Orientierungsmustern, ist aber davon auszugehen, dass die Skalen an den jeweiligen Kulturen<br />

gebunden sind. Soll nun eine Skala, welche im Kontext einer bestimmten Kultur entwickelt wird,<br />

auch in anderen Kulturen zum Einsatz kommen, muss zunächst sichergestellt werden, dass die<br />

Skala das betreffende Konstrukt auch in der besagten bzw. gewünschten Kultur erfasst. Hierfür<br />

gilt es im Validierungsprozess die Skalenbeschreibung zu begutachten und den gesamten<br />

Skaleninhalt sowie die Konstruktkonzeption einer Prüfung zu unterziehen. In der Präsentation<br />

wird das Vorgehen der Untersuchung der Kulturspezifität durch die Heranziehung einer Skala<br />

exemplarisch dargestellt.<br />

Campbell, D. T. & Fiske, D. W. (1959). Convergent and Discriminant Validation by the Multitrait-Multimethod<br />

Matrix. Psychological Bulletin, Vol. 56, No. 2, 81-105.<br />

Christensen, L. B. (2004). Experimental Methodology (9th edition). Boston: Pearson.<br />

Cronbach, L. J. & Meehl, P. E. (1955). Construct Validity in Psychological Tests. Psychological Bulletin, Vol. 52, No. 4,<br />

281-302.<br />

Van de Vijver, F. J. R. & Hambleton, R. K. (1996). Translating Tests: Some Practical Guidelines. European<br />

Psychologist, Vol. 1, No. 2, 89-99.<br />

366


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 27 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 226<br />

Jürgen Abel, Michelle Mitchell<br />

Messen NEO-PI-R und NEO-FFI das selbe?<br />

Otto-Friedrich-<strong>Universität</strong> Bamberg<br />

Juergen.abel@uni-bamberg.de<br />

Innerhalb des GLANZ Projekts (Neuorientierung der Grundschullehrerausbildung an der<br />

<strong>Universität</strong> Bamberg) sind im Rahmen der Evaluation sowohl der NEO-PI-R als auch der NEO-FFI<br />

verwendet worden. Da neben anderen Paradigmen das Persönlichkeitsparadigma in der<br />

Lehrerbildung (Mayr 2011) immer wieder genannt wird, bei dem die BIG-Five prominent<br />

vertreten sind, erschien uns der Einsatz der NEO-Tests durchaus sinnvoll. Als Beispiel für den<br />

Einsatz der Tests ist u.a. eine Studie aus Zypern (Kokkinos, 2007) zu nennen. Hier wurde an einer<br />

repräsentativen Stichprobe von Grundschullehrkräften der Beitrag von<br />

Persönlichkeitsmerkmalen der „Big Five“ und beruflichen Stressfaktoren (z.B. Umgang mit<br />

Disziplinschwierigkeiten) zur Vorhersage von Burnout untersucht. Insbesondere zur Vorhersage<br />

der (reduzierten) Leistungsfähigkeit der Grundschullehrkräfte leisteten die drei<br />

Persönlichkeitsmerkmale „Gewissenhaftigkeit“, „Extraversion“ und „Neurotizismus“ den<br />

höchsten Beitrag. Eine erste Auswertung des NEO-PI-R bei Studierenden des<br />

Grundschullehramts an der <strong>Universität</strong> Bamberg, zeigte in fast allen Dimensionen die niedrigsten<br />

Ausprägungen, mit Ausnahme des Merkmals „Neurotizismus“. Neben der Erhebung mit dem<br />

NEO-PI-R in Bamberg wurden auch Vergleichsdaten von Studierenden für das Lehramt an<br />

Grundschulen der <strong>Universität</strong>en Nürnberg und Regensburg mit dem NEO-FFI erhoben. Da die<br />

Tests bei unterschiedlichen Stichproben eingesetzt wurden, ist es notwendig zu überprüfen, ob<br />

beide Tests, also NEO-PI-R und NEO-FFI, auch das Gleiche messen. Wir werden sowohl das<br />

Ergebnis des Vergleichs als auch die Ergebnisse der Stichproben vorstellen. Auf der Ebene der<br />

Dimensionen ergeben sich folgende Korrelationen: Neurotizismus r=0.74; Extraversion r=0.79;<br />

Offenheit für neue Anforderungen r=0.67; Verträglichkeit r=0.64; Gewissenhaftigkeit r=0 .60.<br />

Diese könne gerade noch als hinreichend angesehen werden. Vergleiche zwischen den<br />

Stichproben der verschiedenen <strong>Universität</strong>en müssen deshalb vorsichtig interpretiert werden.<br />

Borkenau, P. & Ostendorf, F. (1993). NEO-Fünf-Faktoren Inventar (NEO-FFI) nach Costa und McCrae. Göttingen:<br />

Hogrefe.<br />

Mayr, H. (2011). Der Persönlichkeitsansatz in der Lehrerforschung. In E. Terhart, H. Bennewitz & M. Rotland<br />

(Hrsg.). Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf. Münster: Waxmann.<br />

Ostendorf, F. & Angleitner, A. (2004). NEO-PI-R. NEO Persönlichkeitsinventar nach Costa und McCrae. Göttingen:<br />

Hogrefe.<br />

367


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 28 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 227<br />

Bettina Amrhein<br />

Inklusion in der Sekundarstufe – Eine empirische Analyse<br />

<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

bettina.amrhein@uni-koeln.de<br />

Der Beitrag versucht zu klären, worin die besonderen Schwierigkeiten begründet sind, den in der<br />

Primarstufe seit vier Jahrzehnten sehr erfolgreich praktizierten Gemeinsamen Unterricht von<br />

Schüler/-innen mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf in Weiterführende Schulen zu<br />

implementieren. Er beschreibt den Weg unter Zuhilfenahme von Helmut Fends Neuer Theorie<br />

der Schule (2006), die Geschehnisse in integrativen Schulentwicklungsprozessen zu verstehen.<br />

Es besteht eine massive Forschungslücke für den Bereich integrativer oder auch inklusiver<br />

Schulentwicklungsprozesse in Deutschland. Wir wissen nicht, wie sich diese Konzepte in der<br />

Schule erfolgreich umsetzen lassen. Zur Anwendung kommt hier ein Multimethoden-Ansatz, bei<br />

welchem beide Forschungslogiken quantitativ wie qualitativ einbezogen werden. Der für die<br />

Studie gewählte Forschungsansatz besteht im Kern aus einer quantitativen Befragung mit Panel-<br />

Charakter und einer sich daran anschließenden Interviewstudie. Hierzu wird zunächst mit einem<br />

quantitativ-analytischen Forschungsdesign eine spezifische Perspektive unter vielen möglichen<br />

eingenommen. Die daran anschließenden und durch die Interviewstudie erhobenen subjektiven<br />

Einschätzungen der Schulleiterinnen und Schulleiter sowie der IL-Teams werden dann als eine<br />

Möglichkeit verstanden, den in der quantitativen Teilstudie eingenommenen Blickwinkel zu<br />

durchbrechen und so eine Perspektiverweiterung zu erzielen.<br />

Der Beitrag zeigt auf, zu welchen Reaktionen und Resultaten die Einführung sogenannter<br />

„Integrativer Lerngruppen“ in Schulen der Sekundarstufe geführt hat. Die Ergebnisse zeigen sehr<br />

eindrücklich dass die handelnden Akteure durch die Einführung der IL an der eigenen Schule vor<br />

Anforderungen gestellt werden, die mit der konkreten Schulsituation inkompatibel sind. Um<br />

Anforderung und Ressource in eine Balance zu bringen und so für die eigene ebenenspezifische<br />

Optimierung zu sorgen, kommt es im Rahmen der Implementierung einer IL auf allen<br />

Akteursebenen zu sich wiederholenden systemkonformen Rekontextualisierungsprozessen. Die<br />

Innovation wird an das bestehende System angepasst.<br />

Damit ist der Beitrag von hoher Relevanz für die empirische Inklusionsforschung und zugleich<br />

auch für die praktischen Probleme, die sich zurzeit aus den unterschiedlichsten<br />

Transformationsprozessen im Rahmen der Herausbildung eines „inclusive school systems at all<br />

levels“ (UN-Konvention) ergeben.<br />

Amrhein, B. (2011): Inklusion in der Sekundarstufe - Eine empirische Analyse. Bad Heilbrunn: Klinkhardt<br />

Dumke, D. (1989): Schulische Integration in der Beurteilung von Eltern und Lehrern. Weinheim: Dt. Studien-Verl.<br />

368


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 28 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 227<br />

Sebastian Franke, Jessica Carlitscheck, Rüdiger Kißgen<br />

Schulbegleitung an Förderschulen in NRW<br />

<strong>Universität</strong> Siegen<br />

sebastian.franke@uni-siegen.de<br />

Beginnend Mitte der 1990er Jahre hat sich in den letzten Jahren im schulischen Alltag neben den<br />

Lehrpersonen und der Schülerschaft eine Personen- bzw. Professionsgruppe etabliert, deren Anzahl<br />

und Bedeutung stetig zunimmt: die Schulbegleiter. Unter der Bezeichnung Schulbegleiter werden<br />

Personen verstanden, die Schülerinnen und Schülern mit einem besonderen Betreuungsbedarf<br />

während ihrer Schulzeit für bestimmte unterstützende Tätigkeiten zur Seite stehen. Ein besonderer<br />

Betreuungsbedarf kann in den Bereichen des Lernens, des Verhaltens, der Kommunikation, der<br />

medizinischen Versorgung oder der Alltagsbewältigung gegeben sein.<br />

Die Veröffentlichungslage zum Thema Schulbegleitung ist im deutschen Sprachraum als sehr<br />

überschaubar zu charakterisieren. Derzeit liegen lediglich zwei veröffentlichte quantitativ-empirische<br />

Studien zum Thema Schulbegleitung vor (Bacher, Pfaffenberger & Pöschko, 2007; Beck, Dworschak &<br />

Eibner, 2010). Letztere zeigt unter anderem auf, dass seit Beginn der schulbegleitenden Maßnahmen<br />

im Schuljahr 1997/1998 bis zum Schuljahr 2007/2008 am Förderschultyp Geistige Entwicklung in<br />

Bayern die Anzahl der Schulbegleiter von 7 um das 48fache auf 336 angestiegen ist. Die Inanspruchnahme<br />

dieser Maßnahme variiert zwischen 0 bis 20 Schulbegleitern/innen an den einzelnen Schulen.<br />

Daher zielte die 2011 begonnene explorative "Studie zur Schulbegleitung in NRW" darauf ab, die<br />

Demografie schulbegleitender Maßnahmen seit deren Beginn zu erfassen und die Gründe für die<br />

Beantragung zu erheben. Zudem sollte die Qualifikation und Motivation sowie die Art der<br />

Einarbeitung, das Aufgabenspektrum und die Weiterbildungs-/Supervisionsangebote für Schulbegleitern/innen<br />

erhoben werden.<br />

Die Bearbeitung der genannten Fragestellungen erfolgte aus der Perspektive der Schulleitung, der<br />

Klassenleitung und der Schulbegleitung. Das Studiendesign ist explorativ angelegt, erlaubt aber neben<br />

deskriptiv-statistischen Analysen inferenzstatistische Berechnungen. Insgesamt ist zu erwarten, dass<br />

durch die Erhebung an den verschiedenen Grundgesamtheiten zahlreiche Forschungshypothesen für<br />

Folgestudien generiert werden können. Im Jahr 2011 wurde die Befragung an den 115 Förderschulen<br />

Geistige Entwicklung (GG) des Landes NRW umgesetzt. Im Jahr 2012 wurden zudem die<br />

Schulleiter/innen aller Förderschultypen befragt. Erste Ergebnisse sollen auf der 77. Tagung der AEPF<br />

präsentiert werden.<br />

Bacher, J., Pfaffenberger, M., & Pöschko, H. (2007). Arbeitssituation und Weiterbildungsbedarf von<br />

Schulassistent/innen. Endbericht. Retrieved May 30, 2012, from http://members.a1.net/poscher1/pundp/<br />

Endbericht.pdf<br />

Beck, C., Dworschak, W., & Eibner, S. (2010). Schulbegleitung am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt<br />

geistige Entwicklung. Zeitschrift für Heilpädagogik, 61(7), 244-254.<br />

Gress, J. (2008): Schulbegleitung - Hinweise zu den rechtlichen Voraussetzungen und zur Beantragung eines<br />

Schulbegleiters/Integrationshelfers (2 ed.). Retrieved May 30, 2012, from http://www.hoffmann-gress.de<br />

/skripten/Schulbegleitung.pdf<br />

Rumpler, F. (2004): Erziehung und Unterricht von Kindern mit autistischem Verhalten. Zeitschrift für<br />

Heilpädagogik, 55(3), 136-141.<br />

369


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 28 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 227<br />

Sven Oleschko<br />

Der Zusammenhang von Sozialraum und Sprachkompetenz zur<br />

Beschreibung bedarfsgerechter Schulentwicklung<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

sven.oleschko@uni-due.de<br />

Die vergleichenden Schulleistungsstudien stellen seit mehr als zehn Jahren immer wieder fest,<br />

dass das deutsche Schulsystem stark benachteiligend gegenüber Schülerinnen und Schülern aus<br />

sozial schwachen und zugewanderten Familien ist. Aktuelle Studien (Bildungsbericht Ruhr 2011,<br />

Chancenspiegel 2012) konstatieren erneut, dass das Schulsystem die soziale Selektivität nicht<br />

reduzieren konnte. Häufig wird eine ethnische Segregation für das schlechtere Abschneiden der<br />

Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund verantwortlich gemacht. Doch die soziale<br />

Segregation, unabhängig von Zuwanderungsgeschichte, übt wesentlich mehr Einfluss auf den<br />

Schulerfolg aus. In letzter Zeit wird vermehrt die mangelnde Sprachkompetenz im Bereich der<br />

Bildungssprache, bei ein- wie mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern, als ursächlich für das<br />

schlechte Abschneiden in der Schule angesehen. Dabei können besonders mehrsprachige<br />

Schüler doppelt benachteiligt sein, da ihre Mehrsprachigkeit häufig kumuliert mit einer<br />

niedrigen sozialen Schicht auftritt. Daher ist in diesem Kontext zu hinterfragen, welchen Einfluss<br />

der soziale Raum, in dem sich die Schule befindet, auf den Schulalltag nimmt und wie mit<br />

Sprache im Fachunterricht umgegangen wird.<br />

Im Rahmen des Vortrags soll ein Studiendesign vorgestellt werden, das den komplexen<br />

Zusammenhang von Sozialraum und Sprachkompetenz analysiert. Erste Ergebnisse einer<br />

Vorstudie werden Aufschluss über den Zusammenhang von Mehrsprachigkeit und sozialem<br />

Milieu geben. Ziel der Untersuchung ist die adäquate Beschreibung des komplexen Systems<br />

Schule im verorteten Stadtteil, aus der sich eine bedarfsgerechte Schulentwicklung ableiten<br />

lässt.<br />

Autorengruppe Bildungsbericht (2010). Bildung in Deutschland 2010. <strong>Bielefeld</strong>: Bertelsmann. + Bertelsmann<br />

Stiftung,<br />

370


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 28 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 227<br />

Mareike Wickop, Alex Bertrams<br />

Wirksamkeitsevaluation eines standardisierten Unterrichtsprogramms zur<br />

Förderung des subjektiven Wohlbefindens von Schülern (Schulfach<br />

„Glück“)<br />

<strong>Universität</strong> Mannheim<br />

mareike.wickop@googlemail.com<br />

Vor Kurzem wurde mit dem Schulfach „Glück“ ein standardisiertes Unterrichtsprogramm zur<br />

Förderung des subjektiven Wohlbefindens von Schülern entwickelt, das mittlerweile an über 50<br />

Schulen implementiert wurde. Mittels eines quasiexperimentellen Prätest-Posttest-Designs<br />

untersuchten wir die Wirksamkeit des Schulfachs Glück. Die Erhebung fand an zwei<br />

Berufsschulen statt, die für Teile der Schülerschaft das Schulfach Glück im Schuljahr 2010/11<br />

einführten. Wir testeten die Effekte eines Schuljahres Unterrichtung im Schulfach Glück auf das<br />

subjektive Wohlbefinden der Schüler sowie auf deren Selbstwirksamkeitserwartung, Optimismus<br />

und wahr-genommene soziale Integration im Klassenverband. Ergänzend prüften wir, ob die im<br />

Sinne einer stabilen Persönlichkeitseigenschaft verstandene emotionale Stabilität der Schüler die<br />

Effekte moderiert. Insgesamt 106 Berufsschüler, die entweder der Treatmentgruppe oder der<br />

Kontrollgruppe angehörten, bearbeiteten zu Beginn und erneut am Ende des Schuljahres<br />

2010/11 psychometrische Skalen zur Erfassung der abhängigen Variablen. Zum ersten<br />

Messzeitpunkt füllten die Schüler außerdem das Big Five Inventory aus (u. a. zur Messung der<br />

emotionalen Stabilität). Regressionsanalysen zeigten, dass das Schulfach Glück förderliche<br />

Effekte auf das subjektive Wohlbefinden und die wahrgenommene soziale Integration im<br />

Klassenverband hatte, wobei mit höherer emotionaler Stabilität stärkere Effekte einhergingen.<br />

Keine Effekte fanden sich hingegen für die Selbstwirksamkeitserwartung und den Optimismus.<br />

Hinsichtlich der mittelfristigen Effekte des Schulfachs Glück ist somit von einer bedingten<br />

Wirksamkeit auszugehen.<br />

371


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 29 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 233<br />

Britta Schmidt<br />

Die Verwendung von Konnektoren bei Grundschülern deutscher und nicht<br />

deutscher Herkunftssprache - Auswertung unter quantitativen und<br />

qualitativen Gesichtspunkten<br />

Julius-Maximilians-<strong>Universität</strong> Würzburg<br />

britta.schmidt@uni-wuerzburg.de<br />

Aufgrund des monolingualen Habitus der Schule, den Gogolin (1994) konstatiert, sind<br />

ausreichend Sprachkenntnisse des Deutschen notwendig, um das Schulsystem erfolgreich<br />

durchlaufen zu können.<br />

Bisherige Studien konzentrieren sich zumeist auf eine Analyse der Grammatik und des Satzbaus,<br />

um sprachliche Fähigkeiten zu diagnostizieren. In der vorliegenden Studie wird hingegen in<br />

einem ersten Schritt eine Korpusanalyse durchgeführt, in der die sprachlichen Elemente aus<br />

Interviewtexten mit 180 Schülern der zweiten Grundschulklasse analysiert werden. In den<br />

mündlichen Daten finden sich insbesondere Konnektoren, Präpositionen und Modalverben,<br />

deren Verwendungshäufigkeit bei den unterschiedlichen Sprechern differiert.<br />

Erst im zweiten Schritt stellt sich bei der qualitativen Auswertung der Daten heraus, dass sich<br />

möglicherweise die Art der eingesetzten sprachlichen Mittel zwischen den Kindern deutscher<br />

und nicht deutscher Herkunftssprache unterscheidet. Im Gegensatz zu den lernersprachlichen<br />

Daten der vorliegenden Studie findet Tankó (2004) in den Äußerungen von ungarisch-sprachigen<br />

Englischlernern eine erhöhte Anzahl von Konnektoren, jedoch in geringerer Vielfalt. Der<br />

zusätzliche Gewinn der qualitativen Auswertung in Ergänzung zu den quantitativ gewonnen<br />

Korpusdaten soll im Rahmen des Vortrags kritisch beleuchtet werden.<br />

Die Daten wurden im Rahmen einer Studie zur Kompetenzentwicklung in multilingualen<br />

Schulklassen (KEIMS) unter der Leitung von Prof. Karl-Heinz Arnold an der <strong>Universität</strong> Hildesheim<br />

erhoben.<br />

Gogolin, I. (1994). Der monolinguale Habitus in der Schule. Münster:Waxmann.<br />

Schmidt, B. (2011). Mehrsprachigkeit in deutschen Grundschulen. Zusammenhänge kohäsiver und modaler Mittel<br />

sprachlicher Performanz im Kontext zu fachlichen, kognitiven und sozialen Fähigkeiten im Grundschulalter.<br />

Hildesheim: Franzbecker.<br />

Tankó, G. (2004). The use of adverbial connectors in Hungarian University student’s argumentative essays. In<br />

Sinclair, J. (Ed.), How to use corpora in language teaching. Amsterdam: Benjamins, pp. 157-181.<br />

372


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 29 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 233<br />

Christopher Osterhaus 1 , Susanne Koerber 1 , Daniela Mayer², Beate Sodian²<br />

Wissenschaftsverständnis und Methodenkompetenz in der Grundschule<br />

1 Pädagogische Hochschule Freiburg, ²Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

osterhaus@ph-freiburg.de<br />

Bereits im Grundschulalter verfügen Kinder über ein erstes „Wissenschaftsverständnis” sowie<br />

elementare Methodenkompetenzen. So zeigen neuere Studien, dass sie erste Vorstellungen<br />

darüber besitzen, wie beispielsweise naturwissenschaftliches Wissen entsteht, wie neue<br />

Erkenntnisse gewonnen werden, oder was ein gutes von einem schlechten Experiment<br />

unterscheidet. In diesem Beitrag stellen wir die Befunde zweier Studien vor, in denen das Wissen<br />

über Naturwissenschaften von über 2000 Grundschülern mittels eines schriftlichen<br />

Gruppentests untersucht wurde. Beide Studien wurden im Rahmen des Projekts Science-P, in<br />

dem auch der Gruppentest entwickelt wurde, durchgeführt. In der ersten Studie, einer groß<br />

angelegten Querschnittstudie, bearbeiteten 1824 Zweit-, Dritt- sowie Viertklässler unseren<br />

schriftlichen Gruppentest, in dem sowohl das Wissenschaftsverständnis als auch die<br />

Methodenkompetenz der Kinder getestet wurden. Ein Ziel der Studie war es, zu untersuchen, ob<br />

sich naturwissenschaftliche Kompetenz in die Dimensionen Wissenschaftsverständnis und<br />

Methodenkompetenz unterteilen lässt. Während die Ergebnisse signifikante<br />

Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Klassenstufen sowie einen Zusammenhang der<br />

Kompetenz zu allgemeinen kognitiven Fähigkeiten, dem Leseverständnis und dem sozioökonomischen<br />

Hintergrund der Kinder zeigten, bestätigte sich das postulierte Strukturmodell<br />

nicht: So ließen sich die Daten besser durch ein eindimensionales Raschmodell beschreiben als<br />

durch ein zweidimensionales, das zu einer leicht schlechteren Passung führte. In einer zweiten<br />

Studie bearbeiteten 235 Drittklässler eine überarbeitete Version unseres Gruppentests, die<br />

ausschließlich aus Multipe-Select Items bestand. Ziel der Anpassung war es, die angenommenen<br />

unterschiedlichen Niveaus des Wissenschaftsverständnisses und der Methodenkompetenz zu<br />

unterscheiden. Wie die Ergebnisse dieser zweiten Studie zeigten, lassen sich bei Drittklässlern<br />

naive Vorstellungen von Zwischen- sowie wissenschaftlich-fortgeschrittenen Vorstellungen<br />

unterscheiden.<br />

Diese Ergebnisse werden wir hinsichtlich der Struktur der naturwissenschaftlichen Kompetenz<br />

und des Wissenschaftsverständnisses sowie seiner Einflussfaktoren diskutieren.<br />

Koerber, S., Sodian, B., Kropf, N., Mayer, D., & Schwippert, K. (2011). Die Entwicklung des wissenschaftlichen<br />

Denkens im Grundschulalter: Theorieverständnis, Experimentierstrategien, Dateninterpretation. Zeitschrift für<br />

Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie,43/(1), 16-21.<br />

Zimmerman, C. (2007). The development of scientific thinking skills in elementary and middle school. Developmental<br />

Review,27/(2), 172-223.<br />

373


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 29 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 233<br />

Bernd Haasler<br />

Technische Bildung von Grundschulkindern: Wissen und Können beim<br />

Umgang mit alltäglichen technischen Problemlagen<br />

Pädagogische Hochschule Weingarten<br />

haasler@ph-weingarten.de<br />

Kinder wachsen in einer höchst technisierten Umwelt auf; Kinderzimmer mit elektronischen<br />

chipgesteuerten Spielzeugen sind Alltag. Bereits mechanische Spiel-, Sport- und Gebrauchsgegenstände<br />

sind oft sehr komplex und technologisch selbst für Erwachsene in Konstruktion und<br />

Wirkweise kaum zu entschlüsseln, um sie zu verstehen.<br />

Ausgehend von überschaubaren alltäglichen Problemlagen wird in einem Forschungsprojekt<br />

(TechniGS) untersucht, welches Verständnis und welche Zugänge Grundschulkinder zu<br />

technischen Problemen wählen und welche praktischen Fertigkeiten und<br />

Problemlösungsstrategien sie dabei beweisen. Interessant ist dabei einerseits die Offenlegung<br />

des technischen Vorverständnisses und der Pläne der Kinder zur Problemlösung. Andererseits<br />

verharrt das Forschungsprojekt nicht auf der Planungsebene der Handlungen, sondern<br />

konfrontiert die Kinder auch mit der konkreten praktisch zu lösenden technischen Aufgabe aus<br />

dem Alltag. Handlungsvorbereitendes Wissen in Form von Plänen (als vorweggenommene<br />

Handlungen), wird hier mit dem handwerklich praktischen Können auf der Ebene konkreten<br />

Tuns in Zusammenhang gebracht und untersucht.<br />

Die Testaufgaben mit denen die Kinder konfrontiert werden, sind ausdrücklich keine<br />

modellierten didaktisierten technischen Teilprobleme. Die Kinder werden in herausfordernde<br />

reale Problem-situationen gestellt, deren Bewältigung kein „Kinderspiel“ ist. Auch für technisch<br />

gewandte Erwachsene haben die Alltagsaufgaben durchaus einen Ernstcharakter.<br />

Empirische Bildungsforschung zur Technischen Bildung mit Grundschulkindern, die in einigen<br />

Bundesländern Technik- und Werkunterricht im Fächerkanon der Primarstufe besuchen, kann<br />

Erkenntnisse aufzeigen, die für die künftige Gestaltung von Bildungsprozessen hilfreich sein<br />

können.<br />

Auf der Tagung vorgestellt wird das Forschungsdesign und Ergebnisse der Vorstudie aus der<br />

empirischen Untersuchung zum technischen Grundverständnis und zur praktischen technischen<br />

Handlungsfähigkeit von 10jährigen Grundschulkindern. Durchgeführt wird die Studie zunächst in<br />

Baden-Württemberg, einem Bundesland mit langer Tradition des Unterrichtsfaches Technik.<br />

Hacker, W. (1992). Expertenkönnen. Erkennen und Vermitteln. Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie.<br />

Höpken, G., Osterkamp, S., Reich, G., & International Technology Education Association (Eds.). (2003). Standards<br />

für eine allgemeine technische Bildung. Villingen-Schwenningen: Neckar-Verlag.<br />

Neuweg, G. H. (1999): Könnerschaft und implizites Wissen. Münster: Waxmann Verlag<br />

374


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 29 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 233<br />

Sara Leyener, Erin Gerlach, Christian Herrmann, Uwe Pühse<br />

Die Erfassung von motorischen Basisqualifikationen zur Analyse<br />

sportunterrichtlicher Maßnahmen - Querschnittliche Ergebnisse der Basler<br />

IMPEQT-Studie<br />

<strong>Universität</strong> Basel<br />

sara.leyener@unibas.ch<br />

Während in der empirischen Bildungsforschung speziell in den „harten“ Fächern Fragen der<br />

Wirkungen der Beschulung eine große Rolle spielen, laufen viele „weiche“ Fächer wie der<br />

Sportunterricht dieser Entwicklung hinterher. Dies liegt daran, dass (1) vor dem Hintergrund<br />

seiner bildungstheoretischen Begründung bislang kaum ein Konsens über die Indikatoren erzielt<br />

wurde, da diese sich keineswegs auf motorische Leistungen beschränken, und (2) ein<br />

Kompetenzmodell für das Fach Sport derzeit noch in der Konzeptualisierung ist (Gogoll, 2012).<br />

Zur Erfassung dieser Wirkungen sind konventionelle Tests aus der Trainingswissenschaft und<br />

Motorikforschung unzureichend, da sie kaum curriculare Validität aufweisen und nicht an die<br />

Diskussion um den Kompetenzansatz ansetzen. Der einzige derzeit geeignete Zugang ist der<br />

Ansatz zur Ermittlung so genannter motorischer Basisqualifikationen (MOBAQ; Kurz & Fritz,<br />

2007). MOBAQs werden dabei als komplexe kontextuale psychomotorische Dispositionen<br />

angesehen, die die zentrale Voraussetzung bilden, um am Unterricht überhaupt erst aktiv<br />

teilnehmen zu können, und können damit Bildungsoptionen in der Domäne eröffnen. Sie bilden<br />

zudem die Grundlage, einen Zugang zur hiesigen Bewegungskultur zu erlangen und können als<br />

Kulturwerkzeuge gelten (Baumert, 2008).<br />

Ziel der längsschnittlich angelegten Basler-Wirkungsstudie „IMPEQT“ ist es, Veränderungen in<br />

den MOBAQs im Längsschnitt zu untersuchen. Hierfür wurden bei ca. 1000 Siebtklässlern aus 42<br />

Klassen in den Schweizer Kantonen Basel-Land, Aargau und Zürich Merkmale guten Unterrichts<br />

(z.B. Klassenführung, lernförderliches Klima) mit validierten Instrumenten aus der<br />

Bildungsforschung (z.B. aus DESI, TIMSS, IGLU, Pythagoras) erfasst. Auf der Basis der<br />

querschnittlichen Datenerhebung des ersten Messzeitpunktes werden diese Merkmale zunächst<br />

ins Verhältnis zu den MOBAQs und anderen Ergebnismerkmalen des Unterrichts (motivationale<br />

und volitionale Dispositionen) gestellt. In Beitrag werden Korrelate und Determinanten der<br />

MOBAQs mit der Zielstellung analysiert, empirisches Hintergrundwissen zu Lernergebnissen im<br />

Sportunterricht zu gewinnen. Erste Ergebnisse zeigen, dass im Durchschnitt bei 75% der Schüler<br />

die motorischen Basisqualifikationen vorhanden sind. Etwa 10% aller Schüler weisen in mehr als<br />

einem Bereich solche Defizite auf, dass eine Teilnahme an der Bewegungskultur stark<br />

eingeschränkt ist.<br />

Baumert, J. (2008). Was soll man unter Bildung verstehen? Die Deutsche Schule, 11, 16-21.<br />

Gogoll, A. (2011). Sport- und bewegungskulturelle Kompetenz. Eine Voraussetzung für den Aufbau von Handlungskompetenz<br />

im Bereich Sport und Bewegung. Sportpädagogik, 35 (5), 46-51.<br />

Kurz, D. & Fritz, T. (2007). Motorische Basisqualifikationen von Kindern. Ergebnisse einer repräsentativen Untersuchung<br />

in Nordrhein-Westfalen. Abschlussbericht über das Forschungsprojekt MOBAQ I und II. <strong>Bielefeld</strong>: <strong>Universität</strong>.<br />

375


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 29 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 233<br />

Daniela Wagner, Franziska Perels<br />

Interventionsprogramm zur Förderung selbstregulierten Lernens und<br />

Übersetzungskompetenzen von Lateinschülern der 10. Klassenstufe<br />

<strong>Universität</strong> des Saarlandes<br />

daniela.wagner@mx.uni-saarland.de<br />

Die Bedeutsamkeit selbstregulierten Lernens ist aufgrund der stetig steigenden Verfügbarkeit<br />

weltweiten Wissens sowie der immer komplexer werdenden Aufgaben der Berufswelt für den<br />

schulischen Kontext sehr hoch. Daher erscheint es zunehmend unabdingbar, Heranwachsenden schon<br />

frühzeitig entsprechende Kompetenzen zu vermitteln. Aufbauend auf theoretischen Annahmen zum<br />

selbstregulierten Lernen (Pintrich, 2000, Zimmerman, 2000) wurde ein Interventionsprogramm für<br />

den Lateinunterricht der 10. Klassenstufe entwickelt, in dessen Rahmen Übersetzungskompetenzen<br />

mit den Inhalten selbstregulierten Lernens in Verbindung gebracht wurden.<br />

Die teilnehmenden Schüler wurden drei Interventionsbedingungen zugeordnet: (a) Kombination aus<br />

selbstregulativen Lern- und Übersetzungsstrategien (KomG), (b) reines Übersetzungstraining (ÜG), (c)<br />

Kontrollgruppe (KG). Die Wirksamkeit des Trainingsprogramms sowohl hinsichtlich der Förderung<br />

selbstregulierten Lernens als auch der Verbesserung von Übersetzungskompetenzen wurde mithilfe<br />

eines Prätest-Posttest-Kontrollgruppendesigns evaluiert.<br />

Ein Selbstregulationsfragebogen erhob die Einschätzung der Schüler (N = 109, 53,2% weiblich; Alter M<br />

= 15.72, SD = 0.56) hinsichtlich ihres selbstregulierten Lernens. Ein Übersetzungstest diente der<br />

Erfassung der Übersetzungskompetenz.<br />

Untersucht werden soll, ob die Schüler der KomG im Vergleich zu TG und KG vom<br />

Interventionsprogramm sowohl hinsichtlich ihrer Selbstregulations- als auch ihrer<br />

Übersetzungskompetenzen mehr profitieren (vgl. Perels, Gürtler & Schmitz, 2005).<br />

Varianzanalysen mit Messwiederholung ergaben sodann einen signifikanten Interaktionseffekt in<br />

Bezug auf selbstreguliertes Lernen, F(2, 106)=3.10, p < .05, η2 =.06 sowie die Übersetzungskompetenz,<br />

F(2, 102)=32.61, p < .001, η2=.39.<br />

Gemäß den Erwartungen zeigte die KomG einen signifikanten Anstieg der Selbstregulationskompetenzen,<br />

wohingegen die ÜG sowie die KG keine signifikanten Veränderungen verzeichnen<br />

konnten.<br />

In Bezug auf die Übersetzungskompetenz wiesen die Schüler der ÜG die stärkste Verbesserung auf,<br />

wobei auch hier die KomG eine Steigerung zeigen konnte. Bei der KG hingegen fand sich eine signifikante<br />

Verschlechterung der Übersetzungskompetenzen.<br />

Die Ergebnisse werden hinsichtlich ihrer Bedeutung für die empirische Schul- und Unterrichtsforschung<br />

sowie ihrer praktischen Relevanz diskutiert.<br />

Perels, F., Gürtler, T., & Schmitz, B. (2005). Training of self-regulatory and problem-solving competence. Learning<br />

and Instruction, 15, 123–139.<br />

Pintrich, P. R. (2000). The role of goal orientation in self-regulated learning. In M. Boekaerts, P. R. Pintrich, & M.<br />

Zeidner (Eds.), Handbook of self-regulation (pp. 451–502). San Diego: Academic Press.<br />

Zimmerman, B. J. (2000). Attaining self-regulation. A social cognitive perspective. In M. Boekaerts, P. R. Pintrich, &<br />

M. Zeidner(Eds.), Handbook of self-regulation (pp. 13-39). San Diego: Academic Press.<br />

376


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 30 | 13:15 Uhr – 13:55 Uhr | Raum T2 220<br />

Margit Stein, Niels Logemann<br />

Internetnutzung junger Menschen auf dem Land – ein differentieller<br />

Vergleich anhand sozialräumlicher Parameter<br />

<strong>Universität</strong> Vechta<br />

margit.stein@uni-vechta.de<br />

Theoretischer Hintergrund, wissenschaftliche Fragestellung und Stand der Forschung<br />

Jugend und Internet stellt sich als ein wichtiges sozialwissenschaftliches Forschungsfeld dar. Es<br />

existiert eine Reihe von repräsentativen Untersuchungen zum Internetverhalten (junger)<br />

Menschen in Deutschland. Neben deskriptiven Darstellungen der Internetnutzung junger<br />

Menschen werden oft differentielle Betrachtungen anhand der Linien Geschlecht und soziale<br />

Schicht vorgenommen. Kaum Beachtung bei den differentiellen Studien findet die<br />

sozialräumliche Analyse anhand der Dimension Stadt-Land. Die Beschreibung unterschiedlicher<br />

Internettypen in der Shell Jugendstudie 2010 lässt jedoch erste Vermutungen darüber zu, dass<br />

insbesondere junge Menschen auf dem Land als sogenannte digitale Netzwerker das Internet<br />

aufgrund der großen Entfernung zu Bekannten und den Mittel-/Oberzentren in erster Linie zur<br />

sozialen Kontaktpflege sowie zu Informations- und Einkaufszwecken nutzen, während die<br />

Funktionen wie etwa Musik- oder Onlinespielefunktionen gleich genutzt werden.<br />

Eingesetzte empirische Forschungsmethode, zentrale Forschungsergebnisse und pädagogische<br />

Relevanz des Forschungsprojekts<br />

Dieser Hypothese wird anhand der Landjugendstudie 2010, die in umfängliche Fragen zum<br />

Internetverhalten beinhaltet, nachgegangen (n=408). Die Antworten werden mit jeweils den<br />

entsprechenden Altersgruppen der JIM-Studie 2011, BITKOM-Studie 2011 und ARD/ZDF-<br />

Onlinestudie 2011 kontrastiert, um inferenzstatische Aussagen treffen zu können. Die<br />

Hypothesen konnten anhand des Datensatzes der Landjugendstudie 2010 im Vergleich mit<br />

repräsentativem Datenmaterial der JIM Studie 2011, der BITKOM-Studie 2011 und der ARD/ZDF-<br />

Onlinestudie 2011 bestätigt werden. Die Ergebnisse, wonach insbesondere die noch jüngeren<br />

Befragten ohne eigene Autos in vielfältigen Bereich stärker auf das Internet zurückgreifen als<br />

Altersgenossen in städtisch geprägten Gebieten, geben wichtige Impulse für eine<br />

Neuorientierung der (auch internetbasierten) Jugendarbeit in ländlichen Räumen.<br />

Logemann, N. & Feldhaus, M. (2005): Zwischen SMS und download – Erste Ergebnisse zur Untersuchung der neuen<br />

Medien Mobiltelefon und Internet in der Familie. medienimpulse, 54, 52-61.<br />

Logemann, N. (2003): Wissenskluft trotz Wissensmedium? Zum familialen Umgang mit dem Internet und der Frage<br />

nach der Medienkompetenz der Familienmitglieder. Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation,<br />

23 (2), 165-183.<br />

Stein, M. & Logemann, N. (2012): Jugend in ländlichen Räumen: Die Landjugendstudie 2010. Bad Heilbrunn:<br />

Klinkhardt, im Druck<br />

Stein, Margit und Martin Stummbaum. 2011. Kindheit und Jugend im Fokus aktueller Studien. Bad Heilbrunn:<br />

Klinkhardt<br />

377


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 30 | 14:00 Uhr – 14:40 Uhr | Raum T2 220<br />

Nantje Otterpohl, Jelena Hollmann, Elke Wild<br />

„Weil auf einem Schulfest können wir Spenden sammeln für uns selbst.“<br />

Argumentationskompetenz von Kindern in der Sekundarstufe I<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

nantje.otterpohl@uni-bielefeld.de<br />

Die Fähigkeit zu argumentieren gilt als zentrale Voraussetzung gesellschaftlicher Partizipation<br />

und spielt eine große Rolle für die kindliche schulische Entwicklung. Während bei anderen<br />

schulischen Schlüsselkompetenzen (z.B. Lesekompetenz) der Einfluss des Elternhauses bereits<br />

häufig untersucht wurde, fehlen bislang empirische Studien zum familiären Einfluss auf die<br />

Argumentationskompetenz. Wie wirken sich distale (z. B. SES) und proximale (z.B. Erziehungsstil,<br />

Kommunikation) familiäre Charakteristika auf die kindliche Argumentationsfähigkeit aus und wie<br />

greifen die beteiligten Faktoren ineinander? Dieser Frage wird im vom BMBF geförderten Projekt<br />

„Die Rolle familialer Unterstützung beim Erwerb von Diskurs- und Schreibfähigkeiten in der<br />

Sekundarstufe I“ (FUnDuS) nachgegangen, in dem SchülerInnen und ihre Eltern von der fünften<br />

bis zur siebten Jahrgangsstufe begleitet werden. Im vorliegenden Beitrag sollen erste Ergebnisse<br />

aus dem laufenden Projekt vorgestellt werden.<br />

N = 1465 Schülerinnen und Schüler (60 % Gymnasiasten, 40 % Hauptschüler, 54 % männlich)<br />

wurden zu drei Messzeitpunkten (5. bis 7. Klasse) im Jahresabstand gebeten, verschiedene, im<br />

Projekt neu konzipierte Argumentationsaufgaben im offenen und geschlossenen Antwortformat<br />

zu bearbeiten und verschiedene Merkmale ihres Elternhauses (z.B. Erziehungsverhalten,<br />

Kommunikation in der Familie) einzuschätzen. Diese Einschätzungen wurden zusätzlich aus<br />

Elternsicht erhoben und um Angaben zum sozio-ökonomischen Status ergänzt. Bezüglich der<br />

Struktur von Argumentations-kompetenz zeigte sich in Faktorenanalysen ein guter Modellfit für<br />

das theoretisch angenommene Dreifaktorenmodell aus Vorläuferfähigkeiten, rezeptiven und<br />

produktiven Kompetenzen (χ² [6, N = 1465] = 12.9, p = .07; CFI = .99; RMSEA = .02). Erste<br />

Analysen zeigen querschnittliche Zusammenhänge der Argumentationskompetenz mit den<br />

Deutsch- und Mathematiknoten sowie distalen (soziale Herkunft) und proximalen Merkmalen<br />

des Elternhauses. Insbesondere zeigten sich Zusammenhänge zu elterlicher bedingter<br />

Zuneigung, kontrollierenden Instruktionen im Umgang mit schulischen Belangen sowie Toleranz<br />

von Dissenz in Eltern-Kind-Kommunikationen.<br />

Die Ergebnisse sprechen für die Möglichkeit eines Ansetzens an proximalen Merkmalen des<br />

Elternhauses in Form von Elterntrainings, um den Einfluss der sozialen Herkunft auf die<br />

Argumentationskompetenz abzumildern.<br />

Wild, E., Quasthoff, U., Hollmann, J., Otterpohl, N., Krah, A. & Ohlhus, S. (2012). Die Rolle familialer Unterstützung<br />

beim Erwerb von Argumentationskompetenz in der Sekundarstufe I. Diskurs Kindheits- und Jugendforschung,<br />

1, 101-112.<br />

378


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 30 | 14:45 Uhr – 15:25 Uhr | Raum T2 220<br />

Jana-Elisa Rüth, Nantje Otterpohl, Elke Wild<br />

„Wer prägt hier eigentlich wen?“ -- Eine Untersuchung der<br />

Wechselwirkung elterlicher Autonomieunterstützung und Kontrolle und<br />

der kindlichen Regulation von Wut<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

jrueth@uni-bielefeld.de<br />

Emotionsregulation (ER) gilt als eine wichtige Entwicklungsaufgabe im Kindes- und Jugendalter,<br />

die mit bedeutsamen Auswirkungen auf die psychosoziale Anpassung assoziiert wird. Die<br />

Einflüsse familialer Kontextfaktoren auf die kindliche ER wurden von Morris, Silk, Steinberg,<br />

Myers und Robinson (2007) im Tripartite Model of the Impact of the Family on Children’s<br />

Emotion Regulation and Adjustment, welches sich als konzeptuelles Rahmenmodell versteht,<br />

zusammengefasst. Während die kausale Wirkrichtung zwischen der kindlichen ER und<br />

psychosozialen Anpassung, sowie dem elterlichen Erziehungsverhalten und der kindlichen<br />

Anpassung bereits in längsschnittlichen Studien untersucht wurde, mangelt es vor allem an<br />

prospektiven Studien zum Zusammenhang elterlichen Erziehungsverhaltens mit der ER von<br />

Kindern und Jugendlichen.<br />

Zur Analyse dieser Wirkrichtung wurden N = 738 Eltern zu zwei Messzeitpunkten (Ende der 5.<br />

Klasse und Ende der 6. Klasse) gebeten, ihr eigenes negativ kontrollierendes und<br />

autonomieunterstützendes Erziehungsverhalten, sowie die Häufigkeit der bei Wut eingesetzten<br />

adaptiven und maladaptiven ER-Strategien ihrer Kinder einzuschätzen. Die Berechnungen von<br />

unterschiedlich restringierten Cross-lagged-Panel Modellen und deren Vergleiche zeigten<br />

zunächst einen größeren Einfluss elterlicher Autonomieunterstützung und Kontrolle auf<br />

maladaptive als auf adaptive ER-Strategien. Für Autonomieunterstützung und die Häufigkeit des<br />

Einsatzes maladaptiver ER-Strategien scheint eine reziprok negative Beziehung vorzuliegen. Der<br />

Einfluss elterlicher Kontrolle auf kindliche maladaptive ER-Strategien scheint dagegen eher<br />

unidirektional zu sein und von den Eltern auszugehen. Die Wirkrichtung zwischen spezifischen<br />

Dimensionen elterlichen Erziehungsverhaltens und der kindlichen ER sollte im Rahmen von<br />

Präventions- und Interventionsprogrammen berücksichtigt werden.<br />

Morris, A. S., Silk, J. S., Steinberg, L., Myers, S. S. & Robinson, L. R. (2007). The Role of the Family Context in the<br />

Development of Emotion Regulation. Social Development, 16 (2), 361-388.<br />

379


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 30 | 16:00 Uhr – 16:40 Uhr | Raum T2 220<br />

Stephanie Moldenhauer<br />

Resilient im Gewaltmilieu?<br />

<strong>Universität</strong> Osnabrück<br />

stephanie.moldenhauer@uos.de<br />

Die empirische Untersuchung von Gewalt in der Lebenswelt Jugendlicher gehört zu den<br />

zentralen Themen innerhalb der Jugendforschung. Dabei liegt der Fokus zumeist auf<br />

individueller Gewalt. Seltener untersucht wird die Frage, warum die meisten Jugendlichen trotz<br />

Risikobelastungen ihre Entwicklungsaufgaben insgesamt positiv meistern. Die zwei zentralen<br />

Konzepte dieses Beitrags sind a) das Gewaltmilieu und b) die Gewaltresilienz. Ein Gewaltmilieu<br />

wird hier verstanden als Konstellation von gewaltdominierenden Strukturen. Sie entstehen<br />

demnach dort, wo Gewalt das zentrale Thema ist und die sozialen Beziehungen bestimmt. Unter<br />

Gewaltresilienz wird hier die Fähigkeit verstanden, sich von den gewaltimmanenten Strukturen<br />

der Gewaltmilieus positiv zu lösen und resiliente Strategien zu entwickeln. Die zentrale Frage der<br />

Untersuchung ist, welche Handlungsstrategien im Gewaltmilieu hervortreten und welche<br />

Konstellation weiterer Faktoren sich ergibt. Die Untersuchung des Zusammenhangs von Milieu<br />

und Resilienz erfolgt mittels multivariater Analysen (Varianzanalyse, multinomiale Regression)<br />

der internationalen Daten des Projektes „Formation of non-violent behaviour in school and<br />

leisure time among youths from violent families (2009 – 2011)“. Dieses EU-Projekt ist Teil des<br />

„Daphne III Programmes“ und wurde in vier Ländern (Deutschland, Österreich, Spanien,<br />

Slowenien) durchgeführt. Die repräsentative Stichprobe umfasst 5.146 Jugendliche<br />

(Durchschnittsalter: 14,4 Jahre). Zur Erfassung des Milieu-Resilienz-Nexus wurde ein<br />

Adaptionsscore entwickelt, der die relative Anpassung des individuellen Gewaltverhaltens an das<br />

Gewaltmilieu misst (drei Ausprägungen: positive/negative Abweichung, neutrale Anpassung).<br />

Präsentiert werden Ergebnisse aus den Analysen für Schule und Familie als Gewaltmilieus. Ein<br />

zentrales Ergebnis ist, dass in stark ausgeprägten Gewaltmilieus die klassischen Resilienzfaktoren<br />

zurücktreten, d.h. sich die an das Milieu Angepassten und die sich positiv Abgrenzenden nicht<br />

mehr unterscheiden. Ausgehend von der Tatsache, dass die Zugehörigkeit zu beiden hier<br />

untersuchten Milieus nicht freiwillig ist, erhalten die Ergebnisse eine besondere pädagogische<br />

Relevanz. Dort wo Gewalt das dominierende Thema ist, treten Bildung und Erziehung zurück und<br />

es besteht die Gefahr, dass Gewalt als geeignete oder auch einzige Strategie wahrgenommen<br />

wird, Entwicklungsaufgaben zu bewältigen.<br />

Ungar, M. (Hrsg.). (2012). The Social Ecology of Resilience. A Handbook of Theory and Practice. New York u.a.:<br />

Springer Verlag<br />

380


Di. 11.09.| Einzelbeiträge 30 | 16:45 Uhr – 17:25 Uhr | Raum T2 220<br />

Wolfgang Lauterbach, Sarah Ninette Kaliga<br />

Bildungsverläufe Jugendlicher, oder: die Wirkung elterlicher Präferenzen<br />

und jugendlicher Autonomiebestrebungen auf die Bildungsqualifikation<br />

<strong>Universität</strong> Potsdam<br />

wolfgang.lauterbach@uni-potsdam.de<br />

In den letzten Jahren ist mehrfach nachgewiesen worden, dass Eltern die Bildungsqualifikation<br />

ihrer Kinder auch während des schulischen Bildungsverlaufes beeinflussen. Hierzu wurden<br />

handlungstheoretisch fundierte Ansätze zum elterlichen Entscheidungsverhalten bei<br />

Bildungsübergängen ihrer Kinder herangezogen. Derartige Ansätze betonen generell den Einfluss<br />

der Eltern auf den Bildungsverlauf ihrer Kinder, speziell beim Übergang von der Primar- in die<br />

Sekundarstufe. Weniger deutlich konzentriert sich dieser Ansatz auf späte Übergänge im<br />

Bildungsverlauf, etwa beim Übergang in das Ausbildungssystem oder das tertiäre System. Jedoch<br />

ist auffallend, dass diese Ansätze überhaupt nicht den Einfluss der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen selbst auf ihre Bildungsqualifikation betrachten. Die Annahme, einer Beteiligung<br />

an den Entscheidungen über den Bildungsverlauf der Jugendlichen selbst erscheint aber vor<br />

allem deswegen gerechtfertigt, da in der Sozialisationsforschung von einer mit dem Alter<br />

zunehmenden Autonomie der Jugendlichen von ihren Eltern ausgegangen wird. Betrachtet man<br />

den Bildungsverlauf bis ins junge Erwachsenenalter, so ist es evident, dass besonders viele<br />

Übergänge vollzogen werden müssen und der Einfluss der Jugendlichen über ihre<br />

Bildungsverläufe mit zunehmendem Alter größer werden wird. Wir möchten in dem Beitrag<br />

gerade dieser Perspektive nachgehen: Wie groß ist der Einfluss der Jugendlichen, repräsentiert<br />

durch deren Autonomiebestrebungen auf ihre eigene Bildungsqualifikation bis ins junge<br />

Erwachsenenalter?<br />

Unsere Analysen beruhen auf der LIfE-Studie (Fend/Lauterbach/Georg/Grob/Berger 2012) die<br />

als Follow Up der Konstanzer Jugendstudie (1979-1983) weiter verfolgt wurde. Wir betrachten<br />

die Auf- und Abwärtsmobilität der Jugendlichen hinsichtlich des erwartbaren und bis zum jungen<br />

Erwachsenenalter tatsächlich erreichten Schulabschlusses ebenso wie ihr Verhalten in der<br />

Ausbildung. Wir diskutieren zuerst ein Weiterentwicklung des Handlungstheoretischen Ansatzes<br />

und zeigen dann anhand statistischer Modelle den Einfluss der Jugendlichen selbst auf die<br />

Bildungsqualifikation im jungen Erwachsenenalter.<br />

Fend (2009): Chancengleichheit im Lebenslauf – Kurz- und Langzeitwirkungen von Schulstrukturen. In:<br />

Lebensverläufe, Lebensbewältigung, Lebensglück. Ergebnisse der LifE-Studie. Hrsg. von Fend, H./Berger,<br />

F./Grob, U. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaft<br />

381


Mi. 12.09.| Symposium 18 | 10:30 Uhr – 14:10 Uhr | H 1<br />

Alexander Gröschner, Marc Kleinknecht<br />

Lernen mit Unterrichtsvideos im Referendariat und in der<br />

Lehrerfortbildung<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

alexander.groeschner@tum.de<br />

In jüngster Zeit hat der Einsatz von Unterrichtsvideos insbesondere in der Lehrerfortbildung<br />

zugenommen (u.a. Brophy, 2004; Krammer et al., 2010). Vorhandene Studien zeigen, dass das<br />

individuelle und gemeinsame Reflektieren von Videosequenzen die Lehrkräfte sowohl zur Versprachlichung<br />

von Erfahrungen und Vorwissen als auch zu einer kritischen Auseinandersetzung<br />

mit alternativen Denk- und Handlungsweisen ermutigt. Das Potenzial von Videofallbeispielen<br />

wird vor allem darin gesehen, dass sie eine hohe Involviertheit der teilnehmenden Personen<br />

herstellen, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit zu distanziertem Beobachten bieten. Außerdem<br />

erlaubt der flexible Einsatz von Videos einen situationsspezifischen Einbezug verschiedener<br />

theoretischer Perspektiven. Die Analyse von Unterrichtsvideos scheint damit vor allem dazu<br />

geeignet, eine „analytische Beobachtungskompetenz“ (Seidel & Prenzel, 2007) zu entwickeln.<br />

Allerdings ist bislang unklar, wie sich ein solcher Kompetenzaufbau vollzieht und sich Lernprozesse<br />

positiv beeinflussen lassen. Damit wird die Frage evident, welche Prozesse bei der Analyse<br />

von Unterrichtsvideos initiiert werden und inwieweit sich diese in unterschiedlichen didaktischen<br />

Settings und beim Einsatz verschiedenartiger Videos unterscheiden. Im Symposium werden<br />

empirische Studien zum Lernen von (angehenden) Lehrpersonen mit Unterrichtsvideos zu<br />

verschiedenen Themengebieten (vor allem Klassenführung, Klassengespräch, kognitive Aktivierung)<br />

und in unterschiedlichen Unterrichtsfächern (insbesondere Mathematik, Naturwissenschaften)<br />

präsentiert.<br />

Brophy, J. (2004). Using video in teacher education. Oxford, UK: Elsevier.<br />

Krammer, K., Schnetzler, C. L., Pauli, C., Reusser, K., Ratzka, N., Lipowsky, F. & Klieme, E. (2010). Unterrichtsvideos<br />

in der Lehrerfortbildung. Überblick über Konzeption und Ergebnisse einer einjährigen netzgestützten Fortbildungsveranstaltung.<br />

In F. H. Müller, A. Eichenberger, M. Lüders, J. Mayr (Hrsg.). Lehrerinnen und Lehrer lernen.<br />

Konzepte und Befunde der Lehrerfortbildung (S. 227-243). Münster: Waxmann.<br />

Seidel, T. & Prenzel, M. (2007). Wie Lehrpersonen Unterricht wahrnehmen und einschätzen – Erfassung pädagogisch-psychologischer<br />

Kompetenzen bei Lehrpersonen mit Hilfe von Videosequenzen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

Sonderheft 8, 201-216.<br />

382


Beiträge<br />

1. Alexander Gröschner, Tina Seidel, Katharina Kiemer & Ann-Kathrin Pehmer<br />

Lernen von Lehrpersonen am Beispiel des Klassengesprächs – Konzeption einer videobasierten<br />

Interventionsstudie und empirische Befunde zur Implementation<br />

2. Margaretha Müller, Petra Hetfleisch, Annika Goeze, Josef Schrader<br />

Förderung der Kompetenz von angehenden Lehrkräften: Experimentelle Wirkungsforschung<br />

zur Implementation video-fallbasierten Lernens in die Referendarausbildung<br />

3. Felicitas Thiel, Diemut Ophardt<br />

Unterrichtsvideos in der Lehrerfortbildung – ein Training zum Klassenmanagement<br />

4. Marc Kleinknecht<br />

Eigene und fremde Unterrichtsvideos in der Lehrerfortbildung. Kognitive, motivationale<br />

und emotionale Prozesse beim Beobachten zweier Videotypen<br />

5. Kathrin Krammer<br />

Diskutantin<br />

383


Mi. 12.09.| Symposium 18 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | H 1<br />

Alexander Gröschner, Tina Seidel, Katharina Kiemer, Ann-Kathrin Pehmer<br />

Lernen von Lehrpersonen am Beispiel des Klassengesprächs – Konzeption<br />

einer videobasierten Interventionsstudie und empirische Befunde zur<br />

Implementation<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

Ausgehend von Befunden zur Dominanz des Klassengesprächs im mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />

Unterricht (Seidel, 2011) und Merkmalen effektiver Lehrerfortbildungen (Desimone,<br />

2009) wurde eine videobasierte Interventionsstudie durchgeführt. Im Schuljahr 2011/12 nahmen<br />

Lehrpersonen einer Interventionsgruppe (N=9) an zwei „Problem-Solving Cycle“ (PSC) (Borko,<br />

2012) teil, in denen sie sich anhand von Videoclips eigenen Unterrichts zur Klassengesprächsführung<br />

austauschten. Lehrkräfte einer Kontrollgruppe (N=7) nahmen individuell an Fortbildungen<br />

zum Thema teil und tauschte sich als Gruppe (ohne eigene Videoclips) in zwei „Runden<br />

Tischen“ darüber aus. Die PSC-Workshops bzw. Runden Tische wurden videografiert und die<br />

Lehrkräfte zu Beginn, zum Halbjahr sowie am Schuljahresende befragt. Im Beitrag werden die<br />

Konzeption und Befunde zur Implementation der Intervention vorgestellt. Die Forschungsfragen<br />

sind: (1) In welchem Ausmaß werden Merkmale effektiver Lehrerfortbildungen in beiden Gruppen<br />

implementiert? (2) Inwiefern führen beide Ansätze zu ähnlichen Lehrereinschätzungen u.a.<br />

hinsichtlich der Lernumgebung und der intrinsischen Motivation zur Fortbildung? Inwieweit<br />

verändern sich die Einschätzungen der Lehrkräfte in Abhängigkeit ihrer Teilnahme an einem der<br />

beiden Angebote? Die Befunde zeigen zunächst ein hohes Ausmaß der Implementation effektiver<br />

Merkmale (codiert von zwei unabhängigen Ratern) sowie eine ähnliche Teilnahmemotivation<br />

der Lehrkräfte.<br />

Borko, H. (2012). The Problem-Solving Cycle and Teacher Leader Preparation. In: M. Gläser-Zikuda, T. Seidel, C.<br />

Rohlfs, A. Gröschner & S. Ziegelbauer (Hrsg.), Mixed Methods in der empirischen Bildungsforschung (S. 259–<br />

272). Münster: Waxmann.<br />

Desimone, L. M. (2009). Improving Impact Studies of Teachers‘ Professional Develop-ment: Toward Better Conceptualizations<br />

and Measures. Educational Researcher, 38(3), 181–199.<br />

Seidel, T. (2011). Lehrerhandeln im Unterricht. In E. Terhart, H. Bennewitz, & M. Rothland (Hrsg.), Handbuch der<br />

Forschung zum Lehrerberuf (S. 549–573). Münster: Waxmann.<br />

384


Mi. 12.09.| Symposium 18 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | H 1<br />

Margaretha Müller, Petra Hetfleisch, Annika Goeze, Josef Schrader<br />

Förderung der Kompetenz von angehenden Lehrkräften: Experimentelle<br />

Wirkungsforschung zur Implementation video-fallbasierten Lernens in die<br />

Referendarausbildung<br />

Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen<br />

Das im Rahmen der Tübinger DFG-Forschergruppe „Analyse und Förderung effektiver Lehr-<br />

Lernprozesse“ durchgeführte Projekt fokussiert u.a. die Wirkungen langfristiger, quasiexperimenteller<br />

Interventionen in der Praxis auf die Kompetenz zur Diagnose von Lehr-<br />

Lernsituationen. Diese Kompetenz betrifft die Fähigkeit, Lehr-Lernsituationen differenziert beschreiben,<br />

sie aus verschiedenen Perspektiven der handelnden Akteure betrachten und mithilfe<br />

(fach ) didaktischer oder pädagogisch-psychologischer Konzepte analysieren zu können sowie<br />

daraus Erkenntnisse für den Fall und eine Falldiagnose zu gewinnen, die wesentliche Aspekte des<br />

Lehr-Lerngeschehens erfasst. Diese Kompetenz kann durch ein Konzept videogestützten fallbasierten<br />

Lernens gezielt gefördert werden (DFG-Vorgängerprojekt Goeze et al., 2010) und wird<br />

nun in die zweite Phase der Lehrerbildung implementiert. Dabei werden in einem 3x2-Design<br />

u.a. die Freiheitsgrade variiert, mit denen Fachleiter in Studienseminaren das Konzept umsetzen<br />

(geringe vs. mittlere vs. große eigenständige Veränderungsmöglichkeiten des ursprünglichen<br />

Konzepts). Es wird untersucht, wie dieser Faktor nicht nur den Aufbau, sondern auch die Weiterentwicklung<br />

der adressierten Kompetenz beeinflusst (Ericsson, 2004). Vorgestellt werden Ergebnisse<br />

des Vergleichs der Kompetenzentwicklung der Referendare bei mittleren (n=65) vs. hohen<br />

(n=70) Freiheitsgraden bei der Implementation videofallbasierten Lernens(n=65).<br />

Ericsson, K. A. (2004). Deliberate practice and the acquisition and maintenance of expert performance in medicine<br />

and related domains. Academic Medicine, 79(10), 70-81.<br />

Goeze, A., Zottmann, J., Schrader, J., & Fischer, F. (2010). Instructional support for case-based learning with digital<br />

videos: Fostering pre-service teachers’ acquisition of the competency to diagnose pedagogical situations. In D.<br />

Gibson & B. Dodge (Eds.), Proceedings of the Society for Information Technology & Teacher Education International<br />

Conference (SITE), San Diego, CA, 2010 (pp.1098-1104). Chesapeake, VA: AACE.<br />

385


Mi. 12.09.| Symposium 18 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | H 1<br />

Felicitas Thiel, Diemut Ophardt<br />

Unterrichtsvideos in der Lehrerfortbildung – Ein Training zum<br />

Klassenmanagement<br />

Freie <strong>Universität</strong> Berlin<br />

Das Training zum Klassenmanagement für Lehrkräfte – Kompetenzen des Klassenmanagement<br />

(KODEK) basiert auf aktuellen videobasierten Fortbildungskonzepten (Sherin, 2004) und umfasst<br />

drei Module (M 1-3):<br />

M 1 zielt auf die Vermittlung theoretischer Grundlagen und Grundbegriffe des Klassenmanagement<br />

anhand kurzer videographierter Unterrichtsauschnitte. M 2 umfasst die Beurteilung von<br />

Unterrichtsvideos zu Störungssituationen, die Entwicklung alternativer Interventionen und deren<br />

Erprobung in Simulationsübungen. M 3 besteht aus Videozirkeln, in denen Ausschnitte des eigenen<br />

Unterrichts hinsichtlich des Klassenmanagements kooperativ analysiert werden.<br />

Die Überprüfung der Wirksamkeit des Trainingsprogramms erfolgte in einem quasiexperimentellen<br />

Design. Gemessen wurden vier Variablen (angelehnt an die Evaluationskriterien<br />

von Kirkpatrick, 1998): Deklaratives Wissen (Selbsteinschätzung der Lehrkräfte), Lehrerverhalten<br />

(Fremdbeobachtung, Schülerbefragung), Schülerverhalten (Fremdbeobachtung mittels Münchner<br />

Aufmerksamkeitsinventar, Helmke & Renkl, 1992) sowie Reflexion und Praxistransfer<br />

(Selbsteinschätzung der Lehrkräfte).<br />

Die durchgeführten Analysen zeigen starke Effekte bei der Interventionsgruppe für den Zuwachs<br />

an deklarativem Wissens und für die Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler. Mittlere Effekte<br />

ergaben sich für die erfassten Lehrerkompetenzen Monitoring und Gruppenaktivierung und<br />

wiederum starke Effekte für Reflexion und Praxistransfer.<br />

Kirkpatrick, D.L. (1998). Evaluating training programs. The four levels (2nd ed.). San Francisco, CA: Berett-Koehler.<br />

Helmke, A. & Renkl, A. (1992). Das Münchner Aufmerksamkeitsinventar (MAI): Ein Instrument zur systematischen<br />

Verhaltensbeobachtung der Schüleraufmerksamkeit im Unterricht. Diagnostica 38, 130–142.<br />

Sherin, M. G. (2004). New perspectives on the role of video in teacher education. In J.Brophy (Ed.), Using video in<br />

teacher education (pp. 1–28). New York: Elsevier.<br />

386


Mi. 12.09.| Symposium 18 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | H 1<br />

Marc Kleinknecht<br />

Eigene und fremde Unterrichtsvideos in der Lehrerfortbildung. Kognitive,<br />

motivationale und emotionale Prozesse beim Beobachten zweier<br />

Videotypen<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

Im Fortbildungskontext sind mit dem Beobachten von eigenen und fremden Unterrichtssequenzen<br />

je spezifische Wirksamkeitsannahmen verbunden. Bislang zeigen Studien positive Effekte<br />

des Beobachtens eigener Videos vor allem hinsichtlich der Motivation und der Wahrnehmung<br />

relevanter Aspekte. Die Vorteile beim Einsatz fremder Videos liegen dagegen bei der Reflexion<br />

kritischer Unterrichtsereignisse (Seidel et al., 2011; Zhang et al., 2011).<br />

Die explorativ angelegte Studie zielte darauf, die kognitiven, motivationalen und emotionalen<br />

Prozesse beim Beobachten von Videos systematisch zu vergleichen. Das Forschungsinteresse<br />

richtete sich auf die individuelle Analyse im Rahmen einer webbasierten Lernumgebung.<br />

Zehn Mathematiklehrkräfte kommentierten anhand von Leitfragen (u.a. zur kognitiven Aktivierung)<br />

Unterrichtssequenzen ihres eigenen oder eines ihnen fremden Unterrichts. Zudem wurden<br />

mittels offener und geschlossener Fragen emotional-motivationale Prozesse erhoben.<br />

Die Ergebnisse zeigen in einigen Bereichen deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen. Die<br />

Lehrkräfte der Gruppe ‚fremdes Video‘ benennen deutlich häufiger Handlungsalternativen als<br />

Lehrkräfte der Gruppe ‚eigenes Video‘, die oftmals lediglich kritische Ereignisse anführen und<br />

oberflächlich bewerten. Auch bei den Emotionen und der Involviertheit mit Schülerinnen und<br />

Schüler finden sich vergleichsweise mehr Kodierungen bei der Gruppe ‚fremdes Video‘.<br />

Die Ergebnisse verweisen auf höhere Lernpotenziale beim Einsatz von fremden Videos. Der<br />

Einsatz eigener Videos stellt vermutlich höhere Anforderungen an die Adaptivität der Lernumgebung.<br />

Seidel, T, Stürmer, K., Blomberg, G., Kobarg, M., & Schwindt, K. (2011). Teacher Learning From Analysis of Videotaped<br />

Classroom Situations. Does it Make a Difference Whether Teachers Observe Their Own Teaching or That<br />

of Others? Teaching an Teacher Education, 27(2), 259–267.<br />

Zhang, M., Lundeberg, M.A., Koehler, M.J., & Eberhardt, J. (2011). Understanding affordances and challenges of<br />

three types of video for teacher professional development. Teaching and Teacher Education, 27(2), 454–262.<br />

387


Mi. 12.09.| Symposium 18 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | H 1<br />

Kathrin Krammer<br />

Diskussion<br />

Pädagogische Hochschule Luzern<br />

Notizen:<br />

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388


Mi. 12.09.| Symposium 19 | 10:30 Uhr – 13:25 Uhr | H 11<br />

Tamara Katschnig, Corinna Geppert, Michaela Kilian, Helene Feichter<br />

Das Evaluationsprojekt NOESIS (Längschnittstudie zur neuen Mittelschule<br />

in Österreich 2010-2014)<br />

<strong>Universität</strong> Wien<br />

tamara.katschnig@univie.ac.at<br />

Mit der Einführung der Neuen Mittelschule, einem neuen Schulmodell in Österreich, wird versucht<br />

dem Problem der frühen Trennung der SchülerInnen in unterschiedliche Bildungswege<br />

entgegenzuwirken. Das Evaluationsprojekt noesis (www.noesis-projekt.at) evaluiert im Auftrag<br />

des Landes Niederösterreich u.a. ob die intendierten Zielsetzungen dieses Schulversuchs (mehr<br />

individuelle Förderung der SchülerInnen, standortspezifische pädagogische Maßnahmen, Veränderung<br />

des Unterrichts und des Schullebens, um faire Übergänge sowie höhere Bildungschancen<br />

für alle zu ermöglichen u.v.m.) bei jenen die direkt davon betroffen sind, nämlich SchülerInnen,<br />

LehrerInnen, SchulleiterInnen, Eltern und SchulpartnerInnen auch wahrgenommen werden. Das<br />

Evaluationsteam der Abteilung Schule, Bildung und Gesellschaft am Institut für Bildungswissenschaft<br />

der <strong>Universität</strong> Wien greift hierfür auf vielfältige Ansätze empirisch-pädagogischer Forschung<br />

zurück. In einer Längsschnittstudie werden in 3 Kohorten SchülerInnen, deren LehrerInnen<br />

und Eltern über den Zeitraum von der 4. bis zur 9. Schulstufe hinweg an ausgewählten Niederösterreichischen<br />

Mittelschulen (NöMS) (und deren Nachbarschulen eines anderen Schultyps:<br />

AHS und Hauptschulen) jährlich mittels quantitativer Erhebungsinstrumente verfolgt. Zudem<br />

werden um dem multiperspektivischen und mehrdimensionalen Evaluationsansatz gerecht zu<br />

werden einige NöMS einer intensiven Evaluierung unterzogen: Es kommen dabei vor allem qualitative<br />

Methoden zur Datengewinnung und Datenauswertung zum Einsatz, sowie Forschungsdesigns,<br />

die den Beteiligten auf unterschiedliche Weise die Möglichkeit zur Partizipation bieten.<br />

Projektteam NOESIS (Hg.) (2012). Eine Schule für alle? Zur Evaluation der Niederösterreichischen Mittelschule.<br />

Graz: Leykam<br />

Katschnig, T., Geppert, C. & Kilian, M. (2011). School transitions – life decisions? Der Übergang von der Volksschule<br />

in die Sekundarstufe 1 anhand aktueller Längsschnittdaten (noesis-Studie 2010–2014), Erziehung und Unterricht<br />

9+10.<br />

389


Beiträge<br />

1. Tamara Katschnig, Michaela Kilian<br />

Kooperation und Klassenklima - bedingt das eine das andere?<br />

2. Corinna Geppert<br />

„Shadow Education“ – ein Muss, ein Wunsch, ein Thema?<br />

3. Feichter Helene<br />

Gemeinsam und mitunter doch einsam? Lernen und Kooperation im offenen Unterricht<br />

an Niederösterreichischen Mittelschulen<br />

4. Martin Retzl<br />

Schulen entwickeln durch demokratische Einbindung von SchülerInnen, Eltern, LehrerInnen<br />

und Gemeinderepräsentanten<br />

390


Mi. 12.09.| Symposium 19 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | H 11<br />

Tamara Katschnig, Michaela Kilian<br />

Kooperation und Klassenklima - bedingt das eine das andere?<br />

<strong>Universität</strong> Wien<br />

In diesem Beitrag werden die von SchülerInnen wahrgenommene Kooperation sowie das<br />

wahrgenommene Klassenklima behandelt. Mit Hilfe der Methode der Mehrebenenanalyse<br />

soll den Rufen einiger Schul- und KlassenklimaforscherInnen nach Untersuchung sowohl<br />

individueller als auch kollektiver Wahrnehmung des Klassenklimas entsprochen werden.<br />

Hierbei wird herausgefiltert, welche Einflüsse, insbesondere im Bereich der Kooperation,<br />

auf das Klassenklima wirken und inwiefern diese Einflüsse sichtbar werden. Dabei wird im<br />

Gegensatz zu den meisten bisherigen Studien nicht nur das individuelle Empfinden des<br />

Klassenklimas durch jede/n einzelne/n SchülerIn berücksichtigt, sondern auch die Wahrnehmung<br />

des kollektiven Klimas durch die Klasse sowie das Schulklima in der Schule. Es<br />

werden Daten aus der ersten Kohorte (2010-2014) der Längsschnittstudie noesis (N=3779<br />

SchülerInnen in 155 Klassen, 50 Schulen, ein Erhebungszeitpunkt in der fünften Schulstufe)<br />

herangezogen. Dabei lassen sich Effekte querschnittlich nachweisen und interessante Unterschiede<br />

zwischen Schulen und zwischen Klassen konnten hierbei gefunden werden. Dabei<br />

ist zu betonen, dass gerade die Kooperation zwischen den SchülerInnen eine positiv<br />

beeinflussende Komponente für das Klima darstellt. Gerade hier zeigt sich das Potential<br />

einer standortspezifischen Gestaltung des Klassenklimas, auf welches in den noch folgenden<br />

längsschnittlichen Analysen besonderes Augenmerk gelenkt werden soll, nämlich die<br />

Komponente der Inter-Schüler-Kooperation für ein gelungenes Klima.<br />

Eder, F. (2005). Das Befinden von Kindern- und Jugendlichen in der Schule. Innsbruck, Wien: Österreichischer<br />

Studienverlag.<br />

Hascher, T. (2004). Schule positiv erleben. Ergebnisse und Erkenntnisse zum Wohlbefinden von Schülerinnen und<br />

Schülern. Bern: Haupt.<br />

Raufelder, D. (2010). Luxus oder Notwendigkeit? Soziale Beziehungen in der Schule. In: Ittel, A., Merkens, H.,<br />

Stecher, L. & Zinnecker, J. (Hrsg.). Jahrbuch Jugendforschung (S. 187-202). Wiesbaden: VS Verlag.<br />

391


Mi. 12.09.| Symposium 19 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | H 11<br />

Corinna Geppert<br />

„Shadow Education“ – ein Muss, ein Wunsch, ein Thema?<br />

<strong>Universität</strong> Wien<br />

International ist „Shadow Education“, Lernunterstützung von SchülerInnen außerhalb der<br />

Schule, aktuell. Ausgehend vom asiatischen Raum, wo die außerschulische Lernbetreuung<br />

der SchülerInnen eine lange Tradition hat, sind nun auch im angloamerikanischen und europäischen<br />

Raum häufiger Tendenzen spürbar, die diesem Trend folgen. Gerade wenn internationale<br />

Assessments wie PISA aber auch die Einführung von Bildungsstandards, nationale<br />

Leistungserhebungen und Zentralmatura stärkeres Gewicht erlangen, sind auch Eltern<br />

zunehmend bereit, ihren Kindern bezahlte Nachhilfe angedeihen zu lassen, um ihnen die<br />

bestmögliche Bildungskarriere zu ermöglichen und ihnen im Wettbewerb um knappe Ressourcen<br />

(Arbeitsplätze) Vorteile zu verschaffen.<br />

Die Niederösterreichischen Mittelschulen (NöMS) verfolgen mit ihrem Konzept das Ziel, den<br />

Bedarf an außerschulischen Fördermaßnahmen abzuschwächen. Innere Differenzierung<br />

und spezielle Förderung, sollen dies gewährleisten. Der Beitrag geht der Frage nach, ob<br />

diese spezielle Zielsetzung in der empirischen Realität eine Entsprechung findet.<br />

Erste empirische Ergebnisse im Längsschnitt (4.-6. Schulstufe) zeigen, dass knapp ein Drittel<br />

jener SchülerInnen, die in die NöMS übertreten, bezahlte Nachhilfe in Anspruch nehmen.<br />

Der Anteil halbiert sich zu Beginn der fünften Schulstufe, um im sechsten Schuljahr erneut<br />

anzusteigen. Nicht nur bezahlte Nachhilfe ist häufig, sondern die Eltern selbst sind als unterstützende<br />

Mechanismen gefragt. Im Beitrag werden differenzierte empirische Ergebnisse<br />

dargestellt und deren theoretische und praktische Implikationen diskutiert.<br />

Baker, D. P., Akiba, M., LeTendre, G. K. & Wiseman, A. W. (2001). Worldwide Shadow education: Outside-School<br />

Learning, Institutional Quality Schooling, and Cross-National Mathematics Achievement. Educational Evaluation<br />

and policy Analysis 23 (1), 1-17.<br />

Bray, M. (2010). Researching shadow education: methodological challenges and directions. Asia Pacific Education<br />

Review 11 (1), 3-13.<br />

Schneider, T. (2005). Nachhilfe als Strategie zur Verwirklichung von Bildungszielen. Eine empirische Untersuchung<br />

mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Zeitschrift für Pädagogik 51 (3), 363-379<br />

392


Mi. 12.09.| Symposium 19 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | H 11<br />

Feichter Helene<br />

Gemeinsam und mitunter doch einsam? Lernen und Kooperation im offenen<br />

Unterricht an Niederösterreichischen Mittelschulen<br />

<strong>Universität</strong> Wien<br />

Die Niederösterreichische Mittelschule (NöMS) als neue Schulform in Österreich setzt in<br />

ihrem Programm zur individuellen Förderung der SchülerInnen auf innere Differenzierung<br />

und auf offenes/selbständiges Lernen im Unterricht. Der vorliegende Beitrag gibt einen<br />

Einblick in die Sichtweisen der SchülerInnen in Bezug auf die Unterrichtsgestaltung an<br />

NöMS. Im Rahmen von Peer Evaluationen (Teilprojekt der Noesis Evaluation) bei der SchülerInnen<br />

aktiv als Peer EvaluatorInnen tätig sind, haben sie aufgrund der Vor-Ort-Besuche<br />

die Möglichkeit den Unterrichtsalltag an einer anderen NöMS zu beobachten und zu beforschen.<br />

Hierbei zeigen sich interessante Phänomene. Die gemachten Erfahrungen der SchülerInnen<br />

kommen manchmal einem „Kulturschock“ gleich, erleben sie doch, dass Unterricht<br />

ganz anders sein kann als sie es an ihrer eigenen Schule erleben. Besonders auffallend ist,<br />

dass bei dieser Differenzerfahrung die Andersartigkeit des offenen Unterrichts an der evaluierten<br />

Schule von ihnen hervorgehoben wird. Während Gruppenarbeiten dort durchwegs<br />

positiv beurteilt werden, sowie die unterschiedlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />

von MitschülerInnen, zeigt sich eine grundlegende Ablehnung gegenüber der ständigen<br />

Bearbeitung von Arbeitsblättern an der eigenen Schule. Da die Arbeitsaufträge meist so<br />

konzipiert sind, dass schnellere SchülerInnen von langsameren in der Bearbeitung der Arbeitsblätter<br />

eher gehindert werden, scheint eine Kooperation im Unterricht aus SchülerInnensicht<br />

nicht immer gewinnbringend zu sein, obwohl sie diese grundsätzlich sehr schätzen.<br />

Feichter, H. J. & Krainz. U. (2012). „Wenn jemand eine Reise tut...“ Ergebnisse und Erfahrungen aus der NOESIS<br />

Peer Evaluation mit SchülerInnen. In Projektteam NOESIS: Eine Schule für alle? Zur Evaluation der Niederösterreichischen<br />

Mittelschule (S. 197-217). Graz: Leykam.<br />

Schratz, M. & Westfall-Greiter T. (2010). Das Dilemma der Individualisierungsdidaktik. Plädoyer für personalisiertes<br />

Lernen in der Schule. In Journal für Schulentwicklung, 14(1), 18-31.<br />

Thiessen, D. & Cook-Sather A. (Hrsg.) (2007). International Handbook of Student Experience in Elementary and<br />

Secondary School. Dordrecht: Springer.<br />

393


Mi. 12.09.| Symposium 19 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | H 11<br />

Martin Retzl<br />

Schulen entwickeln durch demokratische Einbindung von SchülerInnen,<br />

Eltern, LehrerInnen und Gemeinderepräsentanten<br />

<strong>Universität</strong> Wien<br />

Entsprechend der standortspezifischen Orientierung und dem Entwicklungsauftrag der Niederösterreichischen<br />

Mittelschulen (NÖMS) zielt das Teilprojekt "Schullandschaften" auf standortspezifische<br />

Schulentwicklung ab. Im Denken John Deweys wird deutlich, dass die Realisierung<br />

von demokratischen Prinzipien, wie sie in seinem demokratischen Ideal zum Ausdruck kommen,<br />

die Voraussetzung für geplante, soziale Veränderung ist. Im diesem Sinne werden durch die<br />

Anwendung von Elementen der "Delphi-Methode" und deliberativer Problemlösungsmethoden<br />

alle LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern einer Schule sowie Vertreter der Schulgemeinde mittels<br />

Fragebögen kontinuierlich mit ihren Gedanken, Bedürfnissen und Vorschlägen über Schule<br />

und Unterricht konfrontiert. Ergebnisse von vier Schulen zeigen, dass gemeinsame Bedürfnisse<br />

und Handlungsstrategien identifiziert und entwickelt werden konnten, wodurch sehr individuelle,<br />

standortspezifische Dynamiken und Konfigurationen sichtbar wurden. Es scheint daher ratsam,<br />

die allgemein intendierten Zielsetzungen des Schulversuchs vor dem Hintergrund dieser<br />

unterschiedlichen Dynamiken und Konfigurationen an den Schulen vor Ort zu beleuchten, ihre<br />

Anschlussfähigkeit zu prüfen und notwendig erscheinende Adaptionen zu ermöglichen.<br />

Retzl, M. & Ernst R. (2012): Schullandschaften: Schulen reformieren und entwickeln durch demokratische Einbindung<br />

von Schule, Familie und Gemeinde. In: Projektteam NOESIS (Hrsg.): Eine Schule für alle? Zur Evaluation<br />

der Niederösterreichischen Mittelschule. Graz: Leykam; 95-115.<br />

Dewey, J. (1916/1929): Democracy and Education. An Introduction to the Philosophy of Education. Norwood<br />

Mass.: Norwood Press.<br />

Häder, M. (2009): Delphi-Befragungen. Ein Arbeitsbuch. Wiesbaden: VS-Verlag.<br />

394


Mi. 12.09.| Symposium 20 | 10:30 Uhr – 13:25 Uhr | H 12<br />

Andreas Seifert, Johannes König<br />

Lehrerbildung in NRW: Fokus Bildungswissenschaften<br />

<strong>Universität</strong> Paderborn<br />

seifert@plaz.upb.de<br />

Die Lehrerausbildung soll zukünftige Lehrkräfte adäquat auf ihren Beruf vorbereiten. Hierbei<br />

sind neben fachspezifischen Anteilen auch fächerübergreifende, also bildungswissenschaftliche<br />

Kompetenzanteile maßgeblich. Die Entwicklung solcher allgemeinen pädagogischen Kompetenzen<br />

soll in der hiesigen Lehrerausbildung während der ersten Phase durch das bildungswissenschaftliche<br />

Studium, während der zweiten Phase durch den Besuch des Hauptseminars bzw.<br />

Kernseminars forciert werden. Doch was lernen angehende Lehrkräfte wirklich?<br />

In diesem Symposium werden unterschiedliche Projekte und Studien aus Nordrhein-Westfalen<br />

vorgestellt (das Kölner Modellkolleg Bildungswissenschaften; STEP – Subjektive Theorien von<br />

Studierenden und Lehrenden zwischen Praxisbezug, Employability und Professionalisierung; LEK<br />

– Längsschnittliche Erhebung pädagogischer Kompetenzen von Lehramtsstudierenden; BilWiss –<br />

Bildungswissenschaftliches Wissen und der Erwerb professioneller Kompetenz in der Lehramtsausbildung),<br />

die die Zielsetzung verfolgen, die Effizienz der bildungswissenschaftlichen<br />

Studienanteile bestimmbar zu machen. Hierbei werden strukturelle Aspekte der Studiengänge,<br />

das bildungswissenschaftliche Studium und die erlangten Kompetenzen aus der Sicht der Studierenden<br />

sowie die Struktur und die Entwicklung des allgemeinen pädagogischen Wissens betrachtet<br />

und in Beziehung gesetzt. Aus diesen auf empirischer Basis gewonnenen Erkenntnissen werden<br />

Anregungen zur zukünftigen Gestaltung dieses Teils der Lehrerausbildung abgeleitet. Des<br />

Weiteren werden Impulse für das Design künftiger Studien formuliert, mit denen dann weitergehende<br />

Fragestellungen beantwortet werden können.<br />

Oechsle, M., Scharlau, I., Hessler, G. & Günnewig, K. (2011): Wie sehen Studierende das Verhältnis von Studium<br />

und Beruf? Praxisbezug und Professionalität in den Subjektiven Theorien Studierender. In: S. Nickel (Hrsg): Der<br />

Bologna-Prozess aus Sicht der Hochschulforschung. Analysen und Impulse für die Praxis. CHE Arbeitspapier Nr.<br />

148: S. 178-191.<br />

König, J. & Seifert, A. (Hrsg.) (2012). Lehramtsstudierende erwerben pädagogisches Professionswissen. Ergebnisse<br />

der Längsschnittstudie LEK zur Wirksamkeit der erziehungswissenschaftlichen Lehrerausbildung. Münster:<br />

Waxmann.<br />

Kunina-Habenicht, O., Lohse, H., Kunter, M., Baumert, J., Leutner, D., Terhart, E., Dicke, T., Gößling, J. & Schulze, F.<br />

(2010). Bildungswissenschaftliches Wissen und der Erwerb professioneller Kompetenz in der Lehramtsausbildung<br />

(BilWiss)- Ergebnisse einer Delphi-Studie. Vortrag auf der 74. Tagung der Arbeitsgruppe für Empirische<br />

Pädagogische Forschung (AEPF), Jena.<br />

395


Beiträge<br />

1. Michaela Artmann, Petra Herzmann, Johannes König<br />

Kompetenzanforderungen in der neuen Lehrerbildung: Zum Vergleich von geplantem<br />

und realisiertem Curriculum<br />

2. Kathrin Günnewig, Christina Watson<br />

Institutionelle Voraussetzungen und subjektive Professionalitätskonzepte bei Lehramtsstudierenden<br />

an der <strong>Universität</strong> Paderborn<br />

3. Andreas Seifert, Johannes König<br />

Längsschnittliche Erhebung pädagogischer Kompetenzen von Lehramtsstudierenden<br />

(LEK): Detaillierte Analyse der Ergebnisse von den <strong>Universität</strong>en Köln und Paderborn<br />

4. Detlev Leutner, Olga Kunina-Habenicht, Theresa Dicke, Annett Schmeck, Mareike<br />

Kunter, Doris Förster<br />

Bildungswissenschaftliches Wissen in der Lehramtsausbildung: Erste Ergebnisse der Bil-<br />

Wiss-Hauptstudie<br />

396


Mi. 12.09.| Symposium 20 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | H 12<br />

Michaela Artmann, Petra Herzmann, Johannes König<br />

Kompetenzanforderungen in der neuen Lehrerbildung: Zum Vergleich von<br />

geplantem und realisiertem Curriculum<br />

<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

Aktuelle Reformdiskurse zur Lehrerbildung konzentrieren sich in verstärktem Maße auf den<br />

Erwerb von Kompetenzen, die die angehenden Lehrpersonen für die Bewältigung ihrer späteren<br />

beruflichen Aufgaben benötigen. Damit verbindet sich auch eine curriculare Umgestaltung der<br />

Lehrerbildung einschließlich der Schaffung adäquater Lerngelegenheiten. Bei der Entwicklung<br />

der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge im Lehramt orientieren sich die Hochschulen<br />

inhaltlich vor allem an den von der KMK formulierten Kernkompetenzen, die in Form konkreter<br />

Erwerbssituationen (z.B. ‚situiertes Lernen‘, Fallarbeit, interdisziplinäre Unterrichtsreflexionen<br />

etc.) operationalisiert werden.<br />

Gegenstand des Vortrags ist die evaluative Begleitung des Kölner Modellkollegs Bildungswissenschaften,<br />

das zwischen 2009 und 2011 mit 56 Lehramtsstudierenden ein neu gestaltetes bildungswissenschaftliches<br />

Begleitstudium als vorbereitendes Modell für die neue Lehrerausbildung<br />

an der <strong>Universität</strong> zu Köln erprobte (Artmann et al. 2010, König & Herzmann 2011).<br />

Der Vortrag gibt zunächst einen Überblick über das Modellkolleg, insbesondere über die dort<br />

implementierten Lerngelegenheiten, und vergleicht dann das geplante mit dem realisierten<br />

Curriculum bzw. dessen Beurteilung durch die Studierenden des Modellkollegs (Herzmann et al.<br />

2012). Dabei wird anhand des in der Lehrerausbildung zentralen Moduls „Unterrichten“ im<br />

quantitativen Teil der Untersuchung der Frage nachgegangen, inwieweit sich die inhaltlichen<br />

Schwerpunkte und Kompetenzanforderungen des intendierten Curriculums in den Fragebogenangaben<br />

der Studierenden zu drei Messzeitpunkten im Verlauf des Modellkollegs niederschlagen,<br />

während der qualitative Teil der Untersuchung die von den Studierenden in Portfolio-<br />

Dokumenten („Erste“ und „Zweite Arbeitstheorie“) formulierten Überzeugungen und Kompetenzeinschätzungen<br />

zu Beginn und nach Ablauf des Moduls rekonstruiert. Während die Befunde<br />

der quantitativen Untersuchung eine bedeutsame Schnittmenge zwischen intendiertem und<br />

realisiertem Curriculum belegen, verweisen die qualitativen Analysen auf eine kritische Auseinandersetzung<br />

der Studierenden mit den curricularen (Kompetenz-)Erwartungen im Sinne des<br />

erfahrenen Machbaren nach dem Durchlaufen des (realisierten) Curriculums.<br />

Artmann, M.; Herzmann, P.; Karduck, S. & König, J. (2010). Das Kölner Modellkolleg Bildungswissenschaften: Konzeption<br />

und Evaluationsdesign einer kompetenzorientierten Lehrerbildung. In: Faulstich-Christ, K.; Lersch, R. &<br />

Moegling, K. (Hrsg.): Kompetenzorientierung in Theorie, Forschung und Praxis. Sekundarstufen I und II, Immenhausen<br />

bei Kassel, 256-274.<br />

Herzmann, P., König, J. & Artmann, M. (2012). Das Modellkolleg Bildungswissenschaften: Zum geplanten und<br />

realisierten Curriculum in der neuen Lehrerausbildung. Schulpädagogik-heute 5 (2012). Online unter:<br />

http://www.schulpaedagogik-heute.de/conimg/33.pdf.<br />

König, J. & Herzmann, P. (2011). Lernvoraussetzungen angehender Lehrkräfte am Anfang ihrer Ausbildung. Erste<br />

Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Begleitung des Kölner Modellkollegs Bildungswissenschaften. Lehrerbildung<br />

auf dem Prüfstand, 4 (2), 186-210.<br />

397


Mi. 12.09.| Symposium 20 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | H 12<br />

Kathrin Günnewig, Christina Watson<br />

Institutionelle Voraussetzungen und subjektive Professionalitätskonzepte<br />

bei Lehramtsstudierenden an der <strong>Universität</strong> Paderborn<br />

<strong>Universität</strong> Paderborn<br />

Wirken sich die institutionellen Voraussetzungen an der <strong>Universität</strong> Paderborn auf die Professionalitätskonzepte<br />

angehender Lehrkräfte aus?<br />

Professionelle Handlungskompetenz von Lehrkräften setzt sich nach Baumert & Kunter (2006)<br />

aus dem Professionswissen sowie den motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften<br />

und Fähigkeiten zusammen. Dieses grundlegende Kompetenzstrukturmodell wird auch in der<br />

LEK-Studie zugrunde gelegt. Im Zentrum dieser Studie steht das pädagogische Professionswissen<br />

angehender Lehrkräfte. In der davon unabhängig durchgeführten Studie STEP wurden hingegen<br />

die Subjektiven Theorien von Lehramtsstudierenden mit Blick auf ihr Verständnis von Lehrerprofessionalität<br />

untersucht.<br />

Ein Bestandteil der LEK-Studie ist die Erfassung des intendierten Curriculums (Analyse von Studien-<br />

und Prüfungsordnungen des bildungswissenschaftlichen Teilstudiums), also die institutionellen<br />

Voraussetzungen. Als Referenzrahmen gelten die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen der<br />

KMK (2004). Ein zentrales Ergebnis ist die eher randständige Bedeutung der Auseinandersetzung<br />

mit der eigenen Lehrerrolle. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die unabhängig durchgeführte<br />

Studie STEP, in deren Rahmen Interviews inhaltsanalytisch ausgewertet wurden. In den Professionalitätskonzepten<br />

der Lehramtsstudierenden können nach deduktiver Analyse sowohl Hinweise<br />

auf ein Professionsverständnis nach Baumert & Kunter (2006) als auch nach Helsper (2001)<br />

identifiziert werden. Die erste Gruppe zeichnet sich durch ein Professionsverständnis aus, das<br />

vor allem erziehungswissenschaftliche, fachwissenschaftliche und fachdidaktische Komponenten<br />

hervorhebt. Die zweite Gruppe hingegen legt Schwerpunkte in der Argumentation auf sich wiederholende<br />

Nähe-Distanz-Abgleiche, Reflexivität der Lehrperson und die Auseinandersetzung<br />

mit der eigenen Lehrerrolle. Diese Auseinandersetzung steht für viele Interviewpartner in einem<br />

direkten Zusammenhang mit den Praxisphasen und wird in Bezug auf Reflexionsmöglichkeiten<br />

innerhalb der <strong>Universität</strong> selten genannt und auch als defizitär bezeichnet. Die Auseinandersetzung<br />

mit der eigenen Professionalität ist ein wichtiger Prozess in der Ausbildung angehender<br />

Lehrkräfte. Jedoch zeigen die beiden Studien die Notwendigkeit auf, mehr Reflexion in den Studienordnungen<br />

zu verorten, um Studierenden die Möglichkeit zur Selbstreflexion bezüglich ihrer<br />

Lehrerrolle zu geben.<br />

Baumert, J. & Kunter, M. (2006): Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

9. Jg. S. 469-520.<br />

Helsper, W. (2001): Praxis und Reflexion. Die Notwendigkeit einer „doppelten Professionalisierung“ des Lehrers. In:<br />

journal für lehrerinnen- und lehrerbildung, 1 Jg., Heft 3. S. 7-15.<br />

KMK (2004). Standards für die Lehrerbildung: Bericht der Arbeitsgruppe.<br />

398


Mi. 12.09.| Symposium 20 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | H 12<br />

Andreas Seifert 1 , Johannes König²<br />

Längsschnittliche Erhebung pädagogischer Kompetenzen von<br />

Lehramtsstudierenden (LEK): Detaillierte Analyse der Ergebnisse von den<br />

<strong>Universität</strong>en Köln und Paderborn<br />

1 <strong>Universität</strong> Paderborn, ²<strong>Universität</strong> zu Köln<br />

Der universitären Lehrerausbildung, insbesondere dem bildungswissenschaftlichen Teil des<br />

Studiums, wurde wiederholt eine mangelnde Effizienz attestiert, jedoch wurden diese Annahmen<br />

bislang kaum empirisch bestätigt (Terhart, 2000; Tenorth, 2006). Die LEK-Studie (König &<br />

Seifert, 2012) hat hingegen für vier bundesdeutsche <strong>Universität</strong>en gezeigt, dass eine Leistungsentwicklung<br />

bezüglich des pädagogischen Professionswissens in den ersten vier Semestern stattfindet.<br />

Ziel des Beitrags ist es, institutionelle und individuelle Einflussgrößen auf den Stand des pädagogischen<br />

Professionswissens zur Mitte des Studiums zu identifizieren und Anregungen für die<br />

Gestaltung der ersten Phase der Lehrerbildung zu formulieren.<br />

Als institutionelle Einflussgrößen kommen die Studien- und Prüfungsordnungen der <strong>Universität</strong>en<br />

in Frage, also das intendierte Curriculum. Bei den individuellen Einflussgrößen kann unterschieden<br />

werden in Merkmale, die als Studienvoraussetzungen bezeichnet werden können (z.B.<br />

Abiturnote, Geben von Nachhilfeunterricht) und Merkmale, die die Nutzung der Lerngelegenheiten<br />

kennzeichnen (z.B. Anzahl besuchter Veranstaltungen).<br />

Durch den Vergleich des Leistungsstands bezüglich des pädagogischen Professionswissens in<br />

verschiedenen Inhalts- und Anforderungsbereichen an zwei <strong>Universität</strong>en in Nordrhein-<br />

Westfalen – der <strong>Universität</strong> zu Köln und der <strong>Universität</strong> Paderborn – und durch den Vergleich<br />

der Zusammenhänge zwischen den Einflussgrößen und dem Leistungsstand an beiden <strong>Universität</strong>en<br />

sollen auf empirischer Basis Impulse für die zukünftige Gestaltung der Curricula in den<br />

bildungswissenschaftlichen Teilen der Lehramtsausbildung gegeben werden. Diese werden vor<br />

dem Hintergrund der im Wintersemester 2011/12 erfolgten, flächendeckenden Einführung neuer<br />

Studienstrukturen (BA/MA) in Nordrhein-Westfalen diskutiert.<br />

Tenorth, H.-E. (2006). Professionalität im Lehrerberuf. Ratlosigkeit der Theorie, gelingende Praxis. Zeitschrift für<br />

Erziehungswissenschaft, 9, 580-597.<br />

Terhart, E. (Ed.) (2000). Perspektiven der Lehrerbildung in Deutschland. Abschlussbericht der von der Kultusministerkonferenz<br />

eingesetzten Kommission. Weinheim: Beltz.<br />

König, J. & Seifert, A. (Hrsg.) (2012). Lehramtsstudierende erwerben pädagogisches Professionswissen. Ergebnisse<br />

der Längsschnittstudie LEK zur Wirksamkeit der erziehungswissenschaftlichen Lehrerausbildung. Münster:<br />

Waxmann.<br />

399


Mi. 12.09.| Symposium 20 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | H 12<br />

Detlev Leutner 1 , Olga Kunina-Habenicht², Theresa Dicke 1 , Annett Schmeck 1 , Mareike<br />

Kunter², Doris Förster²<br />

Bildungswissenschaftliches Wissen in der Lehramtsausbildung:<br />

Erste Ergebnisse der BilWiss-Hauptstudie<br />

1 <strong>Universität</strong> Duisburg-Essen, ²Goethe-<strong>Universität</strong> Frankfurt<br />

Im Rahmen der BilWiss-Studie werden das bildungswissenschaftliche Wissen und seine Auswirkungen<br />

auf die berufliche Entwicklung von angehenden Lehrkräften untersucht. Nach Erarbeitung<br />

eines grundlegenden Modells der zu testenden Wissensbereiche und der Entwicklung und<br />

Erprobung eines standardisierten Wissenstests liegen nun die Daten von allen Referendarinnen<br />

und Referendaren vor, die im Frühjahr 2011 in NRW das Referendariat aufgenommen haben<br />

(Vollerhebung der Kohorte an allen Seminarstandorten). Erste Auswertungen erweisen das bildungswissenschaftliche<br />

Wissen als mehrdimensionales Konstrukt, dessen Teildimensionen (Wissen<br />

über Unterrichtsmethodik und –didaktik, psychologisches Grundlagenwissen, schulpädagogisches<br />

Wissen, Bildungstheorie und methodisches Wissen) nur mäßig miteinander korrelieren.<br />

Weiterhin sind die Wissensausprägungen weitgehend unabhängig davon, an welcher <strong>Universität</strong><br />

die angehenden Lehrkräfte studiert haben. Beide Befunde spiegeln somit die hohe Wahlfreiheit<br />

und geringe Vernetzung innerhalb der bildungswissenschaftlichen Lehrangebote wider, die als<br />

Kernprobleme der herkömmlichen universitären Lehrerbildung diskutiert werden. Ein Vergleich<br />

des Wissens von Referendarinnen und Referendaren mit dem Wissen von Studienanfängerinnen<br />

und Studienanfängern liefert ergänzende Hinweise auf die Validität des Tests.<br />

Terhart, E., Lohmann, V., & Seidel, V. (2010). Die bildungswissenschaftlichen Studien in der universitären Lehrerbildung.<br />

Eine Analyse aktueller Studienordnungen und Modelhandbücher an <strong>Universität</strong>en in Nordrhein-<br />

Westfalen. Unveröffentlichter Bericht. Institut für Erziehungswissenschaft. Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong><br />

Münster.<br />

Neu-Clausen, M., Demski, D., Ackeren, I. van (2010). Die bildungswissenschftlichen Anteile der Studienseminarprogramme<br />

in Nordrhein-Westfalen. Eine vergleichende Bestandsaufnahme und Analyse. Abschlussbericht. Essen:<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen.<br />

Kunina-Habenicht, O., Lohse, H., Kunter, M., Baumert, J., Leutner, D., Terhart, E., Dicke, T., Gößling, J. & Schulze, F.<br />

(2010). Bildungswissenschaftliches Wissen und der Erwerb professioneller Kompetenz in der Lehramtsausbildung<br />

(BilWiss)- Ergebnisse einer Delphi-Studie. Vortrag auf der 74. Tagung der Arbeitsgruppe für Empirische<br />

Pädagogische Forschung (AEPF), Jena.<br />

400


Mi. 12.09.| Symposium 21 | 10:30 Uhr – 13:25 Uhr | H 13<br />

Nina Dunker<br />

Lehrervorstellungen, -überzeugungen und -handeln: Untersuchung und<br />

Modifikation auf Basis videographierten Unterrichts<br />

<strong>Universität</strong> Bremen<br />

dunker@uni-bremen.de<br />

Videographierter Unterricht wird für die qualitative Forschung noch relativ wenig genutzt. Dabei<br />

können Unterrichtsvideos gerade im Hinblick auf die Erfassung und Analyse von Vorstellungen,<br />

Überzeugungen und Handlungen helfen, deren interdependente Beziehungen zu beschreiben.<br />

Den Vorstellungen und Überzeugungen kommen in der Professionsforschung große Bedeutung<br />

zu, da sie handlungsleitend sein und somit direkten Einfluss auf unterrichtliche Inszenierungsprozesse<br />

haben können (Baumert & Kunter 2006).<br />

In der Lehreraus- und -fortbildung können Unterrichtsvideos zur Reflexion genutzt werden, um<br />

Vorstellungen von (angehenden) Lehrkräften zu explizieren. Dies ist ein entscheidender Schritt,<br />

um Handlungsentscheidungen zu modifizieren (Wahl 2006). Auch die Standards für Lehrerbildung<br />

weisen ausdrücklich auf das Potential der „Analyse […] filmisch dargebotener […] komplexer<br />

Schul- und Unterrichtssituationen“ bzw. den „Einsatz von Videostudien“ hin (KMK 2004).<br />

Das Bremer-Oldenburger Netzwerk, welches dieses Symposium veranstaltet, beschäftigt sich mit<br />

der Identifizierung und Analyse von Lehrervorstellungen sowie -überzeugungen und setzt diese<br />

mit dem unterrichtlichen Handeln in Beziehung. Ziel der Ansätze ist es, Schwierigkeiten und<br />

Herausforderungen von Lehrkräften zu beschreiben und daraus Möglichkeiten zur Veränderung<br />

bzw. Verbesserung ihrer eigenen Handlungen sowie der Lehrerbildung beizutragen.<br />

Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

4, 469-520.<br />

Kultusministerkonferenz (2004): Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der Kultusministerkonferenz<br />

vom 16.12.2004. http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004<br />

/2004_12_16-Standards-Lehrerbildung.pdf (19.03.2012)<br />

Wahl, D. (2006). Lernumgebungen erfolgreich gestalten: Vom trägen Wissen zum kompetenten Handeln. Heilbrunn:<br />

Klinkhardt.<br />

401


Beiträge<br />

1. Anja Kizil , Ulrich Kattmann<br />

Videographierter Unterricht als Hilfsmittel zur Erfassung von Lehrervorstellungen zum<br />

Experimentieren im Biologieunterricht<br />

2. Wiebke Schröder<br />

Epistemologische Überzeugungen von Lehrerinnen und Lehrern im Kontext ihres unterrichtlichen<br />

Handelns – eine Videostudie<br />

3. Nina Dunker, Anne Levin<br />

Entwicklung der epistemischen Überzeugungen und des pädagogischen (Fach-)Wissens<br />

von Grundschullehrkräften zum Experimentieren<br />

4. Katrin Hee, Jens Winkel<br />

Videobasierte Unterrichtsreflexion in der Lehrerbildung – Konzeption und Einsatz von<br />

Lehr-Lern-Szenarien<br />

402


Mi. 12.09.| Symposium 21 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | H 13<br />

Anja Kizil , Ulrich Kattmann<br />

Videographierter Unterricht als Hilfsmittel zur Erfassung von<br />

Lehrervorstellungen zum Experimentieren im Biologieunterricht<br />

1 Carl von Ossietzky <strong>Universität</strong> Oldenburg<br />

Dem Experimentieren kommt für das Verständnis der naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen<br />

eine Schlüsselrolle zu (Prenzel & Parchmann 2003). Die Ergebnisse internationaler<br />

Vergleichsstudien wie TIMMS und PISA bescheinigen deutschen Schülerinnen und Schülern<br />

allerdings Defizite in diesem Bereich.<br />

In der hier vorgestellten qualitativen Forschungsarbeit wird der Fokus auf erfahrene Lehrpersonen<br />

für das Fach Biologie gerichtet und untersucht, wie diese experimentellen Unterricht gestalten,<br />

wenn dieser explizit die naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweise widerspiegeln soll.<br />

Insbesondere soll herausgearbeitet werden, warum die Lehrkräfte ihren Unterricht so gestalten<br />

bzw. welche Einstellungen und Erfahrungen hinter ihrem Handeln stehen. Anhand von Unterrichtsvideos<br />

regulären Unterrichts und anschließenden stimulated-recall-Interviews sollten<br />

handlungsnahe Vorstellungen der befragten 12 Lehrpersonen zum Experimentieren erfasst<br />

werden. Zusätzlich wurden die Schülerinnen und Schüler der befragten Lehrpersonen schriftlich<br />

zum gefilmten Unterricht befragt.<br />

Die Erforschung der Lehrervorstellungen soll durch die Berücksichtigung ihrer Stärken und<br />

Schwächen zu einer Verbesserung der Lehrerbildung beitragen. Der Forschungsarbeit liegt das<br />

Modell der Didaktischen Rekonstruktion für die Lehrerbildung zugrunde (Van Dijk & Kattmann<br />

2007). Im Vortrag werden neben theoretischem Hintergrund und eingesetzter Forschungsmethodik<br />

erste Ergebnisse vorgestellt.<br />

Fischler, H. (2001). Verfahren zur Erfassung von Lehrer-Vorstellungen zum Lehren und Lernen in den Naturwissenschaften.<br />

Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 7, 105-120.<br />

Prenzel, M. & Parchmann, I. (2003). Kompetenz entwickeln. Vom naturwissenschaftlichen Arbeiten zum naturwissenschaftlichen<br />

Denken. Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 76/77, 15-19.<br />

Van Dijk, E. & Kattmann, U. (2007). A research model for the study of science teachers` PCK and improving teacher<br />

education. Teaching and Teacher Education, 23, 885-897.<br />

403


Mi. 12.09.| Symposium 21 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | H 13<br />

Wiebke Schröder<br />

Epistemologische Überzeugungen von Lehrerinnen und Lehrern im Kontext<br />

ihres unterrichtlichen Handelns – eine Videostudie<br />

1 Carl von Ossietzky <strong>Universität</strong> Oldenburg<br />

Epistemologische Überzeugungen weisen relativ stabile kognitive Strukturen auf, die jedoch<br />

durch Erfahrung veränderbar sind (Groeben et al. 1988). Sie sind meistens unbewusst und unreflektiert,<br />

können aber unter bestimmten Bedingungen dem Bewusstsein der Person zugänglich<br />

gemacht werden. In komplexen Lebensbereichen wie Erziehung und Unterricht leiten sie das<br />

Handeln meist sogar stärker als wissenschaftliche Theorien (vgl. Bromme, Rheinberg, Minsel,<br />

Winteler & Weidenmann 2006; Helmke 2009, S. 117). Daraus folgt, dass besonders die handlungsleitende<br />

und handlungssteuernde Funktion im Kontext von Lehren und Lernen bedeutsam<br />

und folgenreich ist.<br />

Bisherige Untersuchungen zu epistemologischen Überzeugungen von Lehrenden gründen sich<br />

vom methodischen Zugang her zumeist entweder auf die quantitative Methode der Fragebogenerhebung<br />

oder auf die qualitative Methode des Interviews in verschiedenen Ausprägungen.<br />

Beobachtungen von unterrichtlichem Handeln und gemeinsame Interpretationen dieses Handelns<br />

im Dialog-Konsens-Verfahren in Bezug auf mögliche und zugleich handlungslei-tende Überzeugungen<br />

zu Wissen und Wissenserwerbsprozessen fehlen gänzlich.<br />

Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Videografie des unterrichtlichen Handelns von Lehrer(inne)n,<br />

um einerseits die eingesetzten Unterrichtsmethoden und Lernaufgaben zu erheben und andererseits<br />

epistemologische Überzeugungen sichtbar zu machen. Damit soll die Frage geklärt werden,<br />

ob und wenn ja, wie die epistemologischen Überzeugungen von Lehrkräften die Ausgestaltung<br />

des Lehr-Lernprozesses beeinflussen und das daraus resultierende tatsächliche unterrichtliche<br />

Handeln.<br />

Bromme, R.; Rheinberg, F.; Minsel, B.; Winteler, A. & Weidenmann, B. (2006). Die Erziehenden und Lehrenden. In<br />

A. Krapp & B. Weidenmann (Hrsg.), Pädagogische Psychologie (S. 269-355; 5. Aufl.). Weinheim: Beltz.<br />

Groeben, N.; Wahl, D.; Schlee, J. & Scheele B. (1988). Das Forschungsprogramm Subjektive Theorien. Eine Einführung<br />

in die Psychologie des reflexiven Subjekts. Tübingen: Francke.<br />

Helmke, A. (2009). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Seelze-Velber: Klett Kallmeyer.<br />

404


Mi. 12.09.| Symposium 21 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | H 13<br />

Nina Dunker, Anne Levin<br />

Entwicklung der epistemischen Überzeugungen und des pädagogischen<br />

(Fach-)Wissens von Grundschullehrkräften zum Experimentieren<br />

<strong>Universität</strong> Bremen<br />

In dieser Untersuchung soll der Frage nachgegangen werden, welcher Art das pädagogische<br />

(Fach-)Wissen und insbesondere die Überzeugungen erfahrener Grundschullehrkräfte zum Experimentieren<br />

sind, diese salient in ihren Handlungen werden und inwieweit sich diese durch Reflexionen<br />

des eigenen unterrichtlichen Handelns verändern lassen. Insbesondere die affektiven<br />

Anteile der epistemischen Überzeugungen sind dabei von Interesse, da sie großen Einfluss auf<br />

die intentionalen Entscheidungen von Lehrkräften haben (Haney et al. 2002).<br />

Dass Überzeugungen sehr gute Indikatoren für Handlungsentscheidungen von Individuen sind<br />

wurde vielfach herausgestellt (Pajares 1992). Somit kommt ihnen gerade im unterrichtlichen<br />

Kontext große Bedeutung zu.<br />

Ob und wie das Experimentieren im Unterricht eingesetzt wird, ob es erkenntnisgenerierend<br />

eingesetzt wird oder ob durch das Experiment bereits bekannte Ideen reproduziert werden<br />

sollen, hängt von der Inszenierung des Unterrichtes ab, welche neben anderen Faktoren auch<br />

stark durch die Überzeugungen der Lehrkräfte determiniert sind (Haney et al. 2002, Savasci<br />

2012). Ihre Handlungsentscheidungen bezüglich des Experimentierens hängen von ihren Überzeugungen<br />

ab und steuern somit auch die Art der Lernprozesse – sollen konstruktivistische Prozesse<br />

initiieren werden oder dient es instruktionalistischen Zielen?<br />

Das Vorhaben soll erste Grundlagen für die Entwicklung von Leitlinien für die Lehreraus- und -<br />

fortbildung liefern.<br />

Haney, J. Lumpe, A. Czerniak, C. & Egan, V. (2002). From beliefs to action: The beliefs and action of teachers implementing<br />

change. In: Journal of Science Teacher Education, 13(3), 171-187<br />

Parajes, M. (1992). Teachers’ beliefs and educational research: Cleaning up a messy construct. Review of Educational<br />

Research, 62, 307-332<br />

Savasci, F. & Berlin, D. (2012). Science Teacher beliefs and classroom practice related to constructivism in different<br />

school settings. In: Journal of Science Teacher Education, 23(1), 65-86<br />

405


Mi. 12.09.| Symposium 21 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | H 13<br />

Katrin Hee, Jens Winkel<br />

Videobasierte Unterrichtsreflexion in der Lehrerbildung – Konzeption und<br />

Einsatz von Lehr-Lern-Szenarien<br />

1 Carl von Ossietzky <strong>Universität</strong> Oldenburg<br />

In den letzten Jahren ist die Unterrichtsvideographie in Forschung und Lehrerbildung (wieder)<br />

virulent geworden, was sich u.a. in zahlreichen erschienenen Sammelbänden (z.B. Brophy, 2004;<br />

Welzel&Stadler, 2005) zeigt.<br />

An mehreren <strong>Universität</strong>en in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die videobasierte<br />

Unterrichtsreflexion in der universitären Lehrerbildung implementiert. Auch die Standards für<br />

Lehrerbildung weisen ausdrücklich auf das Potential der „Analyse […] filmisch dargebotener […]<br />

komplexer Schul- und Unterrichtssituationen“ bzw. auf den „Einsatz von Videostudien“ hin (vgl.<br />

KMK, 2004, S. 6).<br />

Verschiedene Studien konnten positive Effekte von Videoreflexion in der Lehrer(fort)bildung und<br />

die positive Evaluation durch Studierende feststellen.<br />

Bei allen positiven Aspekten einer videobasierten Unterrichtsreflexion bleibt kritisch zu bedenken:<br />

„Video is but a tool“ (Seago, 2004, S. 263). Es muss eingebettet in kognitiv aktivierende<br />

Settings sein, um einen positiven Effekt zu erreichen.<br />

In diesem Sinne sollen im Rahmen des Projektes mögliche Szenarien vorgestellt werden, wie der<br />

Einsatz von Unterrichtsvideos in die universitäre Lehrerbildung, v.a. in Seminare zur Vorbereitung,<br />

Begleitung und Nachbereitung von Schulpraktika, implementiert werden kann. Die Konzeption<br />

dieser Szenarien schließt an Erkenntnisse aus der Forschung an. In diesem Sinne versteht<br />

sich der Vortrag auch als eine Synopse der verschiedenen Beiträge dieses Symposions und als<br />

Perspektive, wie die Ergebnisse der Untersuchungen in die Lehrerbildung einfließen und sie ggf.<br />

verbessern können.<br />

KMK (2004). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften: Beschluss der Kultusministerkonferenz vom<br />

16.12.2004.<br />

Verfügbar unter http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Standards-<br />

Lehrerbildung.pdf [10.05.2012]<br />

Seago, N. (2004). Using Videos as an Object of Inquiry for Mathematics Teaching Education. In J. Brophy (Hrsg.),<br />

Using video in teacher education (S. 259-286). Oxford: Elsevier.<br />

Welzel, M. & Stadler, H. (Hrsg.). (2005). „Nimm doch mal die Kamera!“ Zur Nutzung von Videos in der Lehrerbildung<br />

– Beispiele und Empfehlungen aus den Naturwissenschaften. Münster: Waxmann.<br />

406


Mi. 12.09.| Symposium 22 | 10:30 Uhr – 14:10 Uhr | H 14<br />

Angelika Paseka 1 , Manuela Keller-Schneider²,<br />

Vielfalt empirischer Forschung in der Fassung von pädagogischer<br />

Professionalität<br />

1 <strong>Universität</strong> Hamburg, ²Pädagogische Hochschule Zürich<br />

angelika.paseka@uni-hamburg.de<br />

Die Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Konzepten zur Fassung pädagogischer Professionalität<br />

und Kompetenzen, die Lehrkräfte für die Ausübung ihres Berufs benötigen, lässt sich derzeit<br />

eher durch ein Nebeneinander beschreiben. Brückenschläge sind kaum auszumachen. Terhart (2011)<br />

fasst die vorliegenden Ansätze in drei Theoriefamilien zusammen.<br />

Strukturtheoretisch fundierte Ansätze, die von professionstheoretischen Überlegungen ausgehen und<br />

von dorther Ansprüche an die Lehrpersonen formulieren, fühlen sich empirisch der qualitativen Methodologie<br />

verpflichtet (u.a. Schratz, Paseka & Schrittesser 2011)<br />

Kompetenzorientierte Ansätze gehen von den konkreten beruflichen Anforderungen aus, wobei das<br />

Wissen und die Kompetenzen primär mit quantitativen Forschungsdesigns zu fassen versucht werden<br />

(z.B. COACTIV-Studie).<br />

Biographisch orientierte Ansätze fragen danach, wie sich berufsphasenspezifische Handlungsanforderungen<br />

eines Feldes – gefasst im Konzept der Entwicklungsaufgaben – in der individuellen Kompetenzentwicklung<br />

niederschlagen (Keller-Schneider & Hericks 2011), erforscht werden diese über quantitative<br />

wie auch qualitative Zugänge.<br />

Unabhängig der theoretischen Zugänge steht die Fassung von Kompetenz als Potential zur Bewältigung<br />

beruflicher Anforderungen im Zentrum. Doch wie kann Kompetenz erfasst werden?<br />

Die vier Beiträge zeigen verschiedene Ansätze, um in der Vielfalt mögliche Anschlüsse und Brückenschläge<br />

auszuloten. Ziel ist es, einen Dialog über Möglichkeiten und Grenzen methodologischer Zugänge<br />

zu führen und in einem kritischen Diskurs jeweilige „blinde“ Flecken sichtbar zu machen. Auf<br />

Basis eines strukturtheoretischen Modells wurden zwei empirische Zugänge entwickelt: Sarah Brodhäcker<br />

(Heidelberg) stellt Ergebnisse einer quantitativen Befragung von Studierenden vor, Paseka &<br />

Hinzke (Hamburg) präsentieren Fallvignetten mit Dilemma-Situationen, die Studierenden und Lehrkräften<br />

zu Assoziationen anregen sollten. Julia Kosinar (Bremen) verwendet einen kombinierten quantitativ-qualitativen<br />

Zugang, um Entwicklungsprozesse von Referendaren und Referendarinnen nachzuzeichnen.<br />

Manuela Keller-Schneider (Zürich) untersucht über grafische und evaluative Zugänge das<br />

Kompetenzerleben von Lehrpersonen in der Berufseinstiegsphase. Fritz Oser & Sarah Heinzer (Fribourg)<br />

stellen in einem Vergleich zwei unterschiedliche Zugänge zur Kompetenzerfassung dar.<br />

Keller-Schneider, M. & Hericks, U. (2011). Forschungen zum Berufseinstieg. Übergang von der Ausbildung in den<br />

Beruf. In: E. Terhart, H. Bennewitz & M. Rothland (Hrsg.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf (S. 298-<br />

313). Münster: Waxmann.<br />

Schratz, M., Paseka, A. & Schrittesser, I. (Hrsg.) (2010). Pädagogische Professionalität: Quer denken – umdenken –<br />

neu denken. Wien: Facultas.<br />

Terhart, E. (2011). Lehrerberuf und Professionalität. Gewandeltes Begriffsverständnis – neue Herausforderungen.<br />

In: W. Helsper & R. Tippelt (Hrsg.), Pädagogische Professionalität. 57. Beiheft der Zeitschrift für Pädagogik (S.<br />

202-224). Weinheim und Basel: Beltz.<br />

407


Beiträge<br />

1. Sarah Brodhäcker<br />

Erfassung eines strukturtheoretisch fundierten Modells mit Hilfe eines quantitativen Erhebungsinstrumentes<br />

2. Angelika Paseka, Jan-Hendrik Hinzke<br />

Erfassen von pädagogischer Professionalität mit Hilfe von Fallvignetten<br />

3. Manuela Keller-Schneider<br />

Kompetenzerleben in der Bewältigung von Berufsanforderungen im Berufseinstieg von<br />

Lehrpersonen – Die Bedeutung von zwei unterschiedlichen methodischen Zugängen<br />

4. Julia Kosinar<br />

Professionalisierungsverläufe im Referendariat – eine komplementär-methodische<br />

Längsschnittuntersuchung<br />

5. Fritz Oser, Sarah Heinzer<br />

Modelle der Erfassung pädagogischer Professionalität<br />

408


Mi. 12.09.| Symposium 22 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | H 14<br />

Sarah Brodhäcker<br />

Erfassung eines strukturtheoretisch fundierten Modells mit Hilfe eines<br />

quantitativen Erhebungsinstrumentes<br />

Pädagogische Hochschule Heidelberg<br />

Im Sommersemester 2011 wurde an der <strong>Universität</strong> Hamburg erstmals das Kernpraktikum im<br />

Master der Lehramtsstudiengänge durchgeführt. Neben einer Evaluation der Rahmenbedingungen<br />

wurde auch eine Begleitforschung initiiert. Es gilt zu untersuchen, ob die unterschiedlichen<br />

Lernorte und Praxiserfahrungen zu einem Kompetenzzuwachs beitragen und inwiefern die Studierenden<br />

einen solchen wahrnehmen.<br />

Der Begriff der Kompetenz wird in der Bildungswissenschaft in vielerlei Hinsicht genutzt und<br />

auch in unterschiedlicher Weise erhoben. Der hier vorgestellten Untersuchung liegt das Kompetenzverständnis<br />

nach dem Domänen-Modell des Projektes EPIK (vgl. Schratz, Paseka & Schrittesser,<br />

2011) zugrunde.<br />

Um die Kompetenzen der Studierenden zu erheben, wurde auf Grundlage des Domänen-Modells<br />

ein Fragebogen entwickelt, der theoriegeleitet erstellte Items zu den verschiedenen Domänen<br />

enthält. Die Items, die auf einer 4-er Likert-Skala zu beantworten sind („trifft nicht zu“ bis „trifft<br />

zu“), beziehen sich auf die Erhebung der Selbsteinschätzung von Studierenden bezüglich ihrer<br />

Kompetenzen innerhalb der jeweiligen Domäne. Alle Studierenden, welche am ersten Durchgang<br />

des Kernpraktikums teilnahmen (N = 290), wurden zu drei Messzeitpunkten (vor, während<br />

und nach dem Praktikum) mit dem Instrument zur Selbsteinschätzung befragt. Dabei zeigte sich<br />

in statistischen Analysen ein fünffaktorielles Modell für pädagogische Professionalität, welches<br />

für alle drei Messzeitpunkte verifiziert werden konnte. Im nächsten Schritt soll nun ein Latent-<br />

Change-Modell Auskünfte über die Veränderungen der Mittelwerte über die drei Messzeitpunkte<br />

hinweg geben. Diese weisen in deskriptiven Analysen darauf hin, dass ein Anstieg vom ersten<br />

zum zweiten Messzeitpunkt zu verzeichnen ist, zwischen dem zweiten und dritten Messzeitpunkt<br />

aber eine Stagnation eintritt.<br />

Die Ergebnisse der Längsschnittanalysen sollen dazu beitragen, die Kompetenzentwicklung der<br />

Studierenden im Kernpraktikum genauer zu betrachten und eventuelle ungewollte Effekte aufzuzeigen,<br />

welche anschließend durch Veränderungen im Curriculum zu einer Verbesserung des<br />

neu eingeführten Kernpraktikums beitragen können.<br />

Schratz, M., Paseka, A. & Schrittesser, I. (Hrsg.) (2011). Pädagogische Professionalität: Quer denken – umdenken –<br />

neu denken. Wien: Facultas.<br />

409


Mi. 12.09.| Symposium 22 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | H 14<br />

Angelika Paseka, Jan-Hendrik Hinzke<br />

Erfassen von pädagogischer Professionalität mit Hilfe von Fallvignetten<br />

<strong>Universität</strong> Hamburg<br />

Das Forschungsprojekt „Erfassung von LehrerInnenprofessionalität“ an der <strong>Universität</strong> Hamburg<br />

basiert auf einem theoretischen Konzept, das aus professionstheoretischen Überlegungen fünf<br />

Kompetenzbereiche, Domänen, für Lehrkräfte ableitet. Domänen werden als Kompetenzfelder<br />

definiert, in denen Subjekte und ihr Handeln dialektisch mit jenen Strukturen gedacht werden,<br />

durch die und in denen sie handeln. Diese Domänen – Reflexions- und Diskursfähigkeit, Differenzfähigkeit,<br />

Personal Mastery, Kooperation und Kollegialität, Professionsbewusstsein – beschreiben<br />

die Kernmerkmale von pädagogischer Professionalität (vgl. Schratz, Paseka & Schrittesser,<br />

2011).<br />

Um diese Domänen und deren Ausprägung empirisch zu erfassen, wurden Fallvignetten entwickelt.<br />

Fallvignetten als kurze Fallgeschichten kommen in der Forschung zur LehrerInnenprofessionalität<br />

bisher selten zum Einsatz. Mit Blick auf die einschlägigen Veröffentlichungsdaten lässt<br />

sich allerdings feststellen: Vignetten sind im Trend, allerdings ist deren Nutzung durchaus unterschiedlich<br />

und vielfältig. Die zentrale Fragestellung lautet, ob Vignetten geeignet sind, LehrerInnenprofessionalität<br />

zu erfassen. Darüber hinaus wird der Frage nachgegangen, ob sich Unterschiede<br />

in den Domänenausprägungen bei LehrerInnen und Lehramtsstudierenden feststellen<br />

lassen.<br />

Forschungsziel ist es daher, ein innovatives Instrument für die Erfassung des Professionsverständnisses<br />

und der professionellen Entwicklung zu schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden<br />

bisher theoriegeleitet und unter Berücksichtigung der vorliegenden empirischen Erkenntnisse<br />

über Vignettenarbeit mindestens zwei Vignetten pro Domäne konstruiert. Jede Vignette beinhaltet<br />

eine für den LehrerInnenberuf typische Dilemmasituation, auf die die Befragten reagieren<br />

sollen. Die Vignetten werden im Rahmen von Einzelinterviews mit ausgewählten LehrerInnen<br />

und Studierenden getestet. Auf dieser Grundlage sollen die Fallvignetten unter anderem für<br />

einen anvisierten Einsatz in einem Fragebogen weiterentwickelt werden.<br />

Die Analyse der über 35 geführten Vignetteninterviews lässt erkennen: Mit Vignetten lassen sich<br />

Hinweise auf die professionellen Problemlösekompetenzen der Befragten erfassen, die über<br />

eine reine Selbsteinschätzung hinausgehen. Gleichzeitig wird deutlich, dass Forschung mit Fallvignetten<br />

voraussetzungsreich ist.<br />

Schratz, M., Paseka, A. & Schrittesser, I. (Hrsg.) (2011). Pädagogische Professionalität: Quer denken – umdenken –<br />

neu denken. Wien: Facultas.<br />

410


Mi. 12.09.| Symposium 22 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | H 14<br />

Manuela Keller-Schneider<br />

Kompetenzerleben in der Bewältigung von Berufsanforderungen im<br />

Berufseinstieg von Lehrpersonen – Die Bedeutung von zwei<br />

unterschiedlichen methodischen Zugängen<br />

Pädagogische Hochschule Zürich<br />

Professionalisierung von Lehrpersonen und insbesondere der Beitrag der Lehrerbildung zur<br />

Kompetenzentwicklung sind viel diskutierte Themen. Eine gute Ausbildung stellt notwendige<br />

Grundlagen für die Bewältigung der Berufsanforderungen, kann das Gelingen des Berufseinstiegs<br />

jedoch nicht garantieren. Der individuellen Wahrnehmung und Deutung von Anforderungen<br />

kommt eine mitbedingende Funktion zu (Lazarus & Launier 1981; Hobfoll 1989). In die individuelle<br />

Denkstruktur integrierte Erfahrungen aus bewältigten Herausforderungen führen zu<br />

veränderten individuellen Ressourcen, die nachfolgenden Anforderungen einen veränderten<br />

Referenzrahmen bieten (Keller-Schneider 2010).<br />

Die Frage stellt sich, wie Kompetenz und Kompetenzerleben gefasst werden kann und inwiefern<br />

der zeitliche Bezug die Einschätzung des Erlebens verändert.<br />

Im folgenden Beitrag wird dargelegt, (1) inwiefern das über methodisch unterschiedliche Zugänge<br />

erfasste Kompetenzerleben zu vergleichbaren Werten führt, oder ob sich methodisch bedingte<br />

oder individuumsspezifische Tendenzen feststellen lassen, und (2) inwiefern zeitperspektivisch<br />

unterschiedliche Zugänge zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (zeitgleich oder rückblickend<br />

eingeschätzt).<br />

Zur Prüfung der Fragestellung wurde mittels Fragebogen das Kompetenzerleben von 140 Berufseinsteigenden<br />

zu zwei Messzeitpunkten erhoben (2007 – 2008). Im ersten Zugang wurde die<br />

Bewältigung berufsphasenspezifisch wahrgenommener Berufsanforderungen mittels geschlossener<br />

Fragen unter den Perspektiven des Kompetenzerlebens, der Relevanzeinschätzung und<br />

der Beanspruchung eingeschätzt. Im zweiten Zugang wurde am Ende des zweiten Berufsjahres<br />

das Gelingen der Bewältigung von Anforderungen rückblickend über grafisch dargestellte Verlaufskurven<br />

erfasst und über eine Rasterung der Bildfläche in metrische Werte übergeführt<br />

(Verlauf und Ausmaß). Das Kompetenzerleben wird somit über zwei methodische Zugänge und<br />

in zwei Zeitbezügen erfasst. Geprüft wird, inwiefern die metrisch und die grafisch erfassten<br />

Einschätzungen des Gelingens übereinstimmen, welche Bedeutung die Relevanzeinschätzung<br />

und die Beanspruchung hat und ob sich methodenspezifische Tendenzen der Einschätzungen<br />

abzeichnen. Weiter wird geprüft, inwiefern rückblickend getätigte Einschätzungen sich von zeitgleichen<br />

Einschätzungen unterscheiden.<br />

Hobfoll, S.E. (1989). Conservation of resources. A new attempt at conceptualizing stress. American Psychologist,<br />

44, 513-524.<br />

Keller-Schneider, M. (2010). Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrpersonen. Beanspruchung durch<br />

berufliche Herausforderungen im Zusammenhang mit Kontext- und Persönlichkeitsmerkmalen. Münster:<br />

Waxmann.<br />

Lazarus, R.S. & Launier, R. (1981). Stressbezogene Transaktionen zwischen Person und Umwelt. In: Nitsch , J.R.<br />

(Hrsg.): Stress, S. 213-259. Bern: Huber.<br />

411


Mi. 12.09.| Symposium 22 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | H 14<br />

Julia Kosinar<br />

Professionalisierungsverläufe im Referendariat – eine komplementärmethodische<br />

Längsschnittuntersuchung<br />

<strong>Universität</strong> Bremen<br />

Die Vielfalt und Komplexität der Aufgaben des Lehrerberufs stellen darin handelnde Akteur/innen<br />

vor große Anforderungen. Referendar/innen begegnen in ihren Ausbildungsschulen<br />

denselben Aufgaben und müssen sich zudem unter problematischen Rahmenbedingungen<br />

(mehrere Ausbildungsorte, Beobachtungs- und Bewertungssituation, divergierende Erwartungen<br />

der Ausbilder/innen) bewähren. Sie sind mit einer Bündelung von Anforderungen konfrontiert,<br />

was die Frage nahe legt, inwiefern sie diese annehmen, sie also zu Aufgaben eigener Professionalisierung<br />

machen und bearbeiten (vgl. Keller-Schneider & Hericks 2011). Einflussnehmend<br />

hierauf sind ihre Selbstwirksamkeitsüberzeugungen in den für sie relevanten Anforderungsbereichen,<br />

aber auch ihre Fähigkeit Beanspruchung zu regulieren, z.B. durch das Ergreifen adäquater<br />

Maßnahmen, durch Selbststärkung oder durch Rückgriff auf institutionelle Ressourcen und<br />

Angebote.<br />

Das an der <strong>Universität</strong> Bremen angesiedelte Projekt „Den Anforderungen gewachsen? – Professionalisierungsprozesse<br />

im Referendariat“ (2009-2011) beinhaltet eine Komplementärstudie, die<br />

zwei, methodologisch und methodisch verschiedenen Parametern folgende, Längsschnittuntersuchungen<br />

vereinigt: 1) Referendar/innen aus Hamburg wurden mithilfe standardisierter Fragebögen<br />

an drei Erhebungszeitpunkten (ZP1 N = 146, ZP2 N = 142, ZP3 N = 121) befragt 2) Ein<br />

Teilsample (n = 9) wurde im Ausbildungsalltag teilnehmend beobachtet und an vier Zeitpunkten<br />

interviewt.<br />

Die Fragebogenstudie wurde eingesetzt, um Veränderungen im Ausbildungsverlauf bzgl. der<br />

Einschätzung personaler Kompetenzen, des Belastungserlebens, der Selbstwirksamkeitserwartung<br />

sowie institutioneller Unterstützungsmaßnahmen zu ermitteln und Wirkungszusammenhänge<br />

festzustellen, die auf Bedingungen für die Kompetenzentwicklung hinweisen. Mit der –<br />

zunächst auf Fallstudien und später auf Typenbildung (vgl. Nohl 2009) ausgerichteten – Vergleichsstudie<br />

werden die wesentlichen verlaufsbestimmenden Anforderungen, ihre Bewertung<br />

und Bearbeitung durch die Protagonist/innen rekonstruiert und die Auswirkungen auf den Professionalisierungsprozess<br />

festgestellt.<br />

Im Beitrag wird der Mehrwert eines kontrastiven Vorgehens für die Ermittlung von Professionalisierungsprozessen<br />

im Referendariat an ausgewählten Beispielen dargestellt.<br />

Keller-Schneider, M. & Hericks, U. (2011). Beanspruchung, Professionalisierung und Entwicklungsaufgaben im<br />

Berufseinstieg von LehrerInnen. Journal für LehrerInnenbildung, 11(2), 20-31.<br />

Nohl, A.-M. (2009). Interview und dokumentarische Methode. Anleitungen für die Forschungspraxis (3. Auflage).<br />

Wiesbaden: VS.<br />

412


Mi. 12.09.| Symposium 22 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | H 14<br />

Fritz Oser, Sarah Heinzer<br />

Modelle der Erfassung pädagogischer Professionalität<br />

Université de Fribourg<br />

In den letzten Jahren hat sich pädagogische Professionalität vorwiegend auf das Problem der<br />

Genese, Modellierung und Messung von Kompetenzen gerichtet. Zwei Elemente sind dabei<br />

ausgeblendet worden: a) die Unterscheidung zwischen Kompetenzen von Auszubildenden und<br />

b) Kompetenzen von Lehrpersonen/Trainern/Ausbildnern. Beim ersteren geht es darum, ob eine<br />

bestimmte Leistung innerhalb einer Leistungsstufe erreicht wird, beim zweiten, ob die Kompetenz<br />

mit einer bestimmten Qualität in konkreten Situationen zum Ausdruck gebracht werden<br />

kann (vgl. Oser & Bauder, 2012).<br />

In dieser Präsentation möchten wir uns mit der zweiten Frage beschäftigen und zeigen, wie<br />

Entscheidungsprozesse in welcher Weise zu welchen Typen von Merkmalen von Kompetenzen<br />

führen. Dabei gehen wir in zwei Schritten vor.<br />

(1) Ein gängiger Weg zur Erfassung pädagogischer Professionalität spiegelt sich in der Erhebung<br />

von beruflichen und/oder erzieherischen Kompetenzen über einen ethnographischen Prozess,<br />

ein bottom-up Approach, ab. Über Delphi-Verfahren, Videobeobachtung oder Nachzeichnung<br />

nicht-funktioneller Handlungsweisen wurden 45 zentrale Könnensleistungen erfasst, modelliert<br />

und auf Wichtigkeit, Anschlussfähigkeit, Brauchbarkeit, Schwierigkeit etc. eingeschätzt. Die Stärken<br />

im bottom-up Weg liegen darin, dass die Wirklichkeit mehr an Handlungsreichtum verlangt,<br />

als die Theorie es leisten könnte; der Nachteil besteht in der Randomisierung der auszuwählenden<br />

Situationen, die nach einer besseren Systematisierung ruft.<br />

(2) Im Rahmen der Arbeiten zur Qualität der beruflichen Bildung an der <strong>Universität</strong> Fribourg<br />

(Projekt „Leading Houses“) wurde der so genannte Advokatorische Ansatz entwickelt. Dieser ist<br />

überall dort sinnvoll, wo es möglich ist, Handlungsformen und Könnenspotentialitäten filmisch<br />

sichtbar zu machen. Hier beurteilen Fachleute - im Film über on-line Erhebungs- und Auswertungsprogramme<br />

- andere Fachleute, die im Kontext handeln, und ihre Beurteilung wird verglichen<br />

mit der Beurteilung von Experten oder mit den Mittelwerten einer repräsentativen Stichprobe<br />

anderer Fachleute (benchmark Setzung). Erste Untersuchungen zeigen, dass „nur“ Kompetenz,<br />

aber keine Performanz aufscheint. Deshalb soll das Perfomance Testing Konzept mit<br />

seinen Grenzen aufgezeigt werden (Shavelson, 2012).<br />

Beide Modelle sollen auf den Professionsgehalt hin eruiert werden.<br />

Oser, F. & Bauder, T. (Hrsg.) (2012, in Druck). Ohne Kompetenzen keine Qualität. München: Klinkhardt.<br />

Shavelson, R. (2012, in press). Perfomance testing. In S. Bloemecke & O. Troitschanskaia (eds.), Competence measurement.<br />

Amsterdam: Sense.<br />

413


Mi. 12.09.| Symposium 23 | 10:30 Uhr – 12:40 Uhr | Raum S2 107<br />

Karl-Heinz Arnold 1 , Alexander Gröschner 2 , Tina Hascher 3<br />

Schulpraktika in der Lehrerbildung: Einflussfaktoren und multikriteriale<br />

Effekte (Teil 2)<br />

1 <strong>Universität</strong> Hildesheim, 2 Technische <strong>Universität</strong> München, 3 <strong>Universität</strong> Salzburg<br />

arnold@uni-hildesheim.de<br />

Schul- und Unterrichtspraktika sind ein zentrales Element der hochschulischen Lehrerbildung<br />

(Arnold, Hascher, Messner, Niggli, Patry & Rahm, 2011). Das gilt – mit einigen Ausnahmen – auch<br />

in internationaler Perspektive (Clift & Brady, 2005). Zwar variieren die curriculare Gestaltung und<br />

die institutionellen Rahmenbedingungen dieser Praxisphasen, aber zumeist schließen Schulpraktika<br />

nicht nur Analysen im Feld, sondern auch planungsbasierte Unterrichtserprobungen ein. Auf<br />

dieses gemeinsame Element richten sich die in dem Doppelsymposium vorgestellten Studien.<br />

Die nicht sehr umfangreiche empirische Forschungslage zur Lernwirksamkeit von Schulpraktika<br />

(Hascher, im Druck) steht in auffallendem Kontrast zu ihrer hohen Wertschätzung durch die<br />

Studierenden und zur jedenfalls in den deutschsprachigen Ländern in der vergangenen Dekade<br />

aufgekommenen starken bildungspolitischen Beachtung dieser Studienelemente. Das Doppelsymposium<br />

präsentiert aktuelle Studien zu zwei grundlegenden Forschungssträngen im Bereich<br />

der Schulpraktika. (1) Der erste Symposiumsstrang zeigt empirische Zugänge zur Erfassung von<br />

Lernwirkungen. Dabei werden sowohl Erfassungsinstrumente (Selbst- und Fremdeinschätzungsskalen,<br />

Tagebucheintragungen, Videographien) als auch längsschnittliche Designs (Lernfortschrittsanalyse,<br />

kausale und mediatorbezogene Analysen) vorgestellt. (2) Der zweite Symposiumsstrang<br />

umfasst Studien zum zentralen didaktischen Gestaltungselement von universitär<br />

begleiteten Praxisphasen; untersucht werden die Effekte von Supervision, Mentoring und Coaching.<br />

Arnold, K.-H., Hascher, T., Messner, R., Niggli, A., Patry, J.-L. & Rahm, S. (2011). Empowerment durch Schulpraktika:<br />

Perspektiven wechseln in der Lehrerbildung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Clift, R. T. & Brady, P. (2005). Research on methods courses and field experiences. In M. Cochran-Smith & K. M.<br />

Zeichner (Hrsg.), Studying Teacher Education (S. 309–424). Mahwah: Erlbaum.<br />

Hascher, T. (îm Druck). (im Druck). Lernfeld Praktikum – Evidenzbasierte Entwicklungen in der Lehrer/innenbildung.<br />

Zeitschrift für Bildungsforschung.<br />

414


Beiträge<br />

1. Roger Gut, Sandra Heimgartner-Moroni, Alois Niggli<br />

Lernen im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis in Mentoring-Gesprächen: Ergebnisse<br />

einer Interventionsstudie im Praktikum künftiger Grundschullehrpersonen<br />

2. Stefanie Schnebel<br />

Einstellungen und Motive von Mentorinnen und Mentoren zur Betreuungsaufgabe in<br />

Schulpraktika<br />

3. Fritz Staub, Kathrin Futter, Monika Waldis<br />

Unterrichtsvorbesprechungen als Lerngelegenheiten im Praktikum<br />

415


Mi. 12.09.| Symposium 23 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum S2 107<br />

Roger Gut, Sandra Heimgartner-Moroni, Alois Niggli<br />

Lernen im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis in Mentoring-<br />

Gesprächen: Ergebnisse einer Interventionsstudie im Praktikum künftiger<br />

Grundschullehrpersonen<br />

Haute Ecole pédagogique Fribourg<br />

In der präsentierten Studie wurdeein“hybriderRaum“ zwischen Akteuren aus Theorie und Praxisinstalliert.<br />

Diese Kooperation ermöglicht es, fallbasierte Lernsituationen zu schaffen. Ein lerntheoretischerAnsatz,<br />

der mit diesen Voraussetzungen verträglich ist, basiert auf der Theorie der<br />

kognitiven Flexibilität(Spiro et al. 1991). Sie besagt, dass komplexes Handlungswissenunter multiplen<br />

Perspektiven erworben wird. In einer Längsschnittstudie mit 25 Studierenden wurdendrei<br />

unterschiedliche Settingsbzw. Perspektiven untersucht.<br />

Perspektive 1 - Vorgespräch mit dem Dozenten der Hochschule: Fokus wissenschaftlichen Wissen.<br />

Perspektive 2 - Planungsgespräch mit der Praxislehrperson: Fokus Erfahrungswissen der Praxis.<br />

Perspektive 3 - Gespräch zu Dritt: Fokus Theorie und Praxis.<br />

Analysiert werden vorerst die folgenden Fragestellungen:<br />

1) Welche Aspekte der Theorie fanden Eingang in die Problemlösung?<br />

2) Variierten die Themen je nach Setting?<br />

3) Welche Person bestimmte in den verschiedenen Settings die Themen?<br />

4) Wie schätzten die Studierenden, ihre erworbenen Kompetenzen im Laufe des Problemlösezyklus<br />

ein?<br />

Die Auswertung erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Die Kodierungen wurden durch eine<br />

quantitative Fragebogenerhebung ergänzt.<br />

Spiro, L. J., Feltovich, P. J., Jacobson, M. J., Coulson, R. L. (1991). Cognitive flexibility, constructivism, and hypertext:<br />

Random access instruction for advanced knowledge acquisition in ill-structured domains. Educational Technology,<br />

31 (5), 24-33.<br />

416


Mi. 12.09.| Symposium 23 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum S2 107<br />

Stefanie Schnebel<br />

Einstellungen und Motive von Mentorinnen und Mentoren zur<br />

Betreuungsaufgabe in Schulpraktika<br />

Pädagogische Hochschule Weingarten<br />

Schulpraktika stellen einen wichtigen Baustein der Lehrerausbildung dar. Zentrale Akteure in den<br />

Prak-tika sind neben den Praktikantinnen und Praktikanten die betreuenden Lehrkräfte. Neue<br />

Prakti-kumskonzepte und verlängerte Praxisphasen bringen für Mentorinnen und Mentoren<br />

sowie für die Prak-tikumsschulen veränderter Herausforderungen mit sich.<br />

Wenig bekannt ist bisher darüber, mit welchen Einstellungen und Motiven Mentorinnen und<br />

Mentoren diese zusätzliche Betreuungsaufgabe übernehmen und was sie sich davon erhoffen<br />

(vgl. Hobson, Ash-by, Malderez & Tomlinson, 2009).<br />

Im Rahmen eines Modellversuchs zu verlängerten Praxisphasen an der Pädagogischen Hochschule<br />

Weingarten wurden die beteiligten Mentorinnen und Mentoren in einer qualitativen<br />

Interviewstudie zu ihren Beliefs und Motiven befragt. Grundlage des Interviewleitfadens und des<br />

Analysesystems bildete das Modell zu Innovation an Schulen von Strittmatter (2001), das individuelle<br />

und systemische Fakto-ren verbindet. Das Modell ermöglicht aufzuzeigen, welche förderlichen<br />

und hemmenden Faktoren für die Mentorinnen und Mentoren im Hinblick auf ihre Professionalisierung<br />

in den Praktika entstehen.<br />

Die Erkenntnisse der Studie zeigen auf, inwiefern Schulpraktika auch für die betreuenden Mentorinnen<br />

und Mentoren und damit für die beteiligten Schulen Möglichkeiten der Personal- und<br />

Unterrichtsent-wicklung bieten (vgl. Schnebel & Ilka, 2009).<br />

Hobson, A.J., Ashby, P., Malderez, A., & Tomlinson, P.D. (2009).Mentoring beginning teachers. What we know and<br />

what we don’t know. Teaching and Teacher Education, 25, 207-216.<br />

Schnebel, S., & Ilka, H. (2009). Auswirkungen des Praxisjahres auf Mentorinnen und Mentoren. In M. Dieck, G.<br />

Dörr, D. Kurcharz, O. Küster, K. Müller, B. Reinhoffer, et al. (Eds.), Kompetenzentwicklung von Lehramtsstudieren-den<br />

während des Praktikums. Erkenntnisse aus dem Modellversuch Praxisjahr Biberach (pp. 35–66). Baltmanns-weiler:<br />

Schneider Verlag Hohengehren.<br />

Strittmatter, A. (2001). Bedingungen für die nachhaltige Aufnahme von Neuerungen an Schulen. Jour-nal für<br />

Schulentwicklung, 4, 58-66.<br />

417


Mi. 12.09.| Symposium 23 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum S2 107<br />

Fritz Staub, Kathrin Futter, Monika Waldis<br />

Unterrichtsvorbesprechungen als Lerngelegenheiten im Praktikum<br />

Université de Fribourg<br />

Über die Wirkungen verschiedener Formen der Lernunterstützung im Praktikum auf die Entwicklung<br />

professioneller Kompetenzen bei angehenden Lehrpersonen ist noch wenig bekannt (Hobson,<br />

Ashby, Malderez& Tomlinson, 2009).Eine verbreitete Form der Unterstützung sind Unterrichtsnachbesprechungen.<br />

Ihre Wirksamkeit wird jedoch aufgrund der meist geringen Theoriebezüge<br />

und ungewissen Nachhaltigkeit der Unterrichtsreflexion in Frage gestellt (Schüpbach,<br />

2007). Auf der Grundlage des Modells des Fachspezifisch-Pädagogischen Coachings (Staub,<br />

2004)unterstützen Praktikumslehrpersonen ihre/n Praktikanten/Praktikantin dagegen bereits<br />

bei der Unterrichtsplanung in Unterrichtsvorbesprechungen.<br />

In einer Interventionsstudie an schweizerischen Pädagogischen Hochschulen wird die Wirkung<br />

einer Weiterbildung für Praktikumslehrpersonen zur Durchführung von Unterrichtsvorbesprechungen<br />

und zum Gebrauch von Kernperspektiven für Unterrichtsbesprechungen mittels eines<br />

2x2-Designs untersucht. Der Beitrag fokussiert auf die Frage der Wirkung von Vorbesprechungen<br />

auf das Lernen der Lehrerstudierenden. Die Analyse vorliegender Fragebogendaten (n = 46 Praktika,<br />

Teildatensatz) zeigt Effekte des Interventionssettings (mit/ohne Vorbesprechung) auf die<br />

Wahrnehmung der Unterrichtsbesprechungen durch die Lehrerstudierenden, auf deren selbstberichteten<br />

Kompetenzzuwachs am Ende des Praktikums und die Unterrichtsqualitätswahrnehmung<br />

der Schüler/-innen. Die Vorbesprechung als produktive Lerngelegenheit in der schulpraktischen<br />

Grundausbildung wird auf der Grundlage der Ergebnisse diskutiert.<br />

Hobson, A. J., Ashby, P., Malderez, A., & Tomlinson, P. D. (2009). Mentoring beginning teachers: What we know<br />

and what we don't. Teaching andTeacher Education, 25, 207-216.<br />

Schüpbach, J. (2007). Über das Unterrichten reden. Die Unterrichtsnachbesprechung in den Lehrpraktika – eine<br />

„Nahtstelle von Theorie und Praxis“? Bern: Haupt.<br />

Staub, F. C. (2004). Fachspezifisch-Pädagogisches Coaching: Ein Beispiel zur Entwicklung von Lehrerfortbildung und<br />

Unterrichtskompetenz als Kooperation von Wissenschaft und Praxis. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft,<br />

Beiheft 3 (7), 113-141.<br />

418


Mi. 12.09.| Symposium 24 | 10:30 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 121<br />

Katja Driesel-Lange 1 , Benjamin Dreer²<br />

Perspektiven auf Kompetenzentwicklung und Sozialisation im Übergang<br />

Schule - Beruf<br />

1 <strong>Universität</strong> Erfurt, ²Friedrich-Schiller-<strong>Universität</strong> Jena<br />

katja.driesel-lange@uni-erfurt.de<br />

Die Gestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf ist eine Entwicklungsaufgabe, die junge<br />

Menschen im Spannungsfeld individueller Entwicklung und gesellschaftlicher Veränderungsprozesse<br />

vor große Herausforderungen stellt. Die seit Jahren geführte Diskussion um gelingende Übergänge in<br />

nachschulische Bildungswege hat eine Reihe von pädagogisch motivierten Aktivitäten mit unterschiedlichen<br />

Schwerpunkten hervorgebracht, deren Konzeptionen jedoch eher selten evidenzbasiert<br />

sind. Zudem ist damit eine begriffliche und inhaltliche Unschärfe hinsichtlich der Ziele berufsorientierender<br />

Maßnahmen verbunden. Hinzu kommt eine stark heterogene Adressatengruppe pädagogischer<br />

Aktivitäten. Diese Heterogenität zeigt sich innerhalb einer altersgleichen Gruppe einer Schulart;<br />

es lassen sich stark differenzierte Entwicklungsstände und mögliche Übergänge ablesen (Neuenschwander<br />

et al., 2012). Die davon ableitbare notwendige Individualisierung von Berufsorientierung<br />

ist eine der größten Herausforderungen kompetenzorientierten pädagogischen Handelns.<br />

In der Vergangenheit richtete sich pädagogische Unterstützung eher auf Entscheidungsprozesse unmittelbar<br />

vor der Berufswahl. Wenig Beachtung wurde hingegen Prozessen geschenkt, die der Berufswahl<br />

vorausgehen und ihr zu- sowie abträglich sein können. So wurden die erforderlichen Kompetenzen<br />

von Berufswählern für eine sichere Berufswahlentscheidung sowie die notwendige Professionalisierung<br />

des pädagogischen Personals bislang kaum systematisch untersucht. Die Forschung zu<br />

Effekten von hemmenden bzw. förderlichen individuellen und kontextuellen Faktoren auf den Berufswahlprozess<br />

steht ebenfalls noch am Anfang. Insbesondere rücken hier geschlechtsbezogene<br />

Faktoren in den Mittelpunkt. Diese haben neben der sozialen Herkunft den stärksten Einfluss auf die<br />

Gestaltung von Übergängen beruflicher Entwicklung.<br />

Einen wichtigen Beitrag zur Fundierung pädagogischer Praxis kann die Forschung am Übergang Schule<br />

– Beruf leisten. Bedeutsam ist hier vor allem ein multiperspektivischer Ansatz, der zum einen auf<br />

Adressaten und Akteure der Berufsorientierung fokussiert. Zum anderen sind die Zusammenhänge<br />

von individuellen Einflussfaktoren und schulischer Sozialisation sowie deren Langzeiteffekte auf berufliche<br />

Sozialisationsprozesse salient.<br />

Fend, H. (2003). Entwicklungspsychologie des Jugendalters. Opladen: Leske + Budrich.<br />

Köck, M. (2010). Grundsätzliche Aspekte einer arbeits- und berufsorientierten Didaktik. In M. Köck & M. Stein<br />

(Hrsg.), Übergänge von der Schule in Ausbildung, Studium und Beruf. Voraussetzungen und Hilfestellungen (S.<br />

19-50). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

Neuenschwander, M., Gerber, M., Frank, N. & Rottermann, B. (2012). Schule und Beruf. Wege in die Erwerbstätigkeit.<br />

Wiesbaden: VS.<br />

Reusser, K. (2011). Von der Unterrichtsforschung zur Unterrichtsentwicklung – Probleme, Strategien, Werkzeuge.<br />

In W. Einsiedler (Hrsg.), Unterrichtsentwicklung und Didaktische Entwicklungsforschung (S. 11-40). Bad Heilbrunn:<br />

Klinkhardt.<br />

419


Beiträge<br />

1. Katja Driesel-Lange<br />

Kompetenzerfassung im Berufswahlprozess - Diagnostik beruflicher Entwicklung als<br />

Ausgangspunkt individueller berufsorientierender Unterstützung<br />

2. Belinda Vogt, Elena Makarova, Walter Herzog<br />

Die Bedeutung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts auf der Sekundarstufe<br />

I für die geschlechtsuntypische Berufswahl von jungen Frauen<br />

3. Nicola Schindler<br />

Soziale Unterstützung im Kontext der beruflichen Entwicklung von Jugendlichen unterschiedlicher<br />

Schularten<br />

4. Benjamin Dreer<br />

Professionalisierung des pädagogischen Personals am Übergang Schule - Beruf: Förderung<br />

berufsorientierungsrelevanter Kompetenzen von Lehrpersonen an allgemeinbildenden<br />

Schulen<br />

420


Mi. 12.09.| Symposium 24 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 121<br />

Katja Driesel-Lange<br />

Kompetenzerfassung im Berufswahlprozess - Diagnostik beruflicher<br />

Entwicklung als Ausgangspunkt individueller berufsorientierender<br />

Unterstützung<br />

<strong>Universität</strong> Erfurt<br />

Die Unterstützung im Übergang Schule – Beruf basiert bislang eher auf gelingender pädagogischer<br />

Praxis als auf theoretisch fundierten Konzepten, die mit einer Prüfung ihrer Effekte verbunden<br />

sind. Mit dem „Thüringer Berufsorientierungsmodell“ wurde der Versuch unternommen,<br />

pädagogischen Aktivitäten zur Berufsorientierung eine theoriegeleitete Grundlage voranzustellen.<br />

Kern des Modells bildet die Definition von Berufswahlkompetenz als zu fördernder<br />

Gegenstand bzw. Ziel berufsorientierender Interventionen. Mit dem Modell zur Berufswahlkompetenz<br />

wird beschrieben, welches Wissen, welche motivationalen Haltungen und welche Handlungsfähigkeiten<br />

Heranwachsende entwickeln sollten, um eine fundierte Berufswahlentscheidung<br />

herbeiführen, umzusetzen und verantworten zu können (Driesel-Lange et al., 2011). Damit<br />

soll eine Basis für die Konzeption entwicklungsangemessener Interventionen geschaffen werden.<br />

Aufbauend auf diesem Modell bildet die Diagnostik des Entwicklungsstandes von Mädchen und<br />

Jungen im Berufswahlprozess den Ausgangspunkt pädagogischen Handelns. Bisher wurden im<br />

Bereich der Diagnostik beruflicher Entwicklung nur wenige Instrumente vorgelegt (Kracke et al.,<br />

2012).<br />

Das Ziel der vorliegenden Studie ist zum einen die empirische Erfassung motivationaler und<br />

handlungsbezogener Facetten von Berufswahlkompetenz. Zum anderen wird ein Messinstrument<br />

erarbeitet, das Schulen künftig zur Diagnostik individueller Entwicklungsstände im Berufswahlprozess<br />

als Ausgangspunkt von Interventionen dienen kann. Zu diesem Zweck wurde Schülerinnen<br />

und Schülern der Klassenstufen 7 – 11 an fünf Schulen ein Fragebogen vorgelegt. Das<br />

Messinstrument enthält sowohl bewährte Skalen zur Selbsteinschätzung, wie sie im Kontext<br />

internationaler Studien zur career adaptability (vgl. z.B. Hirschi, 2009) eingesetzt wurden, als<br />

auch neu entwickelte Skalen, die verschiedene Dimensionen von Berufswahlkompetenz erfassen.<br />

Die Ergebnisse zeigen Unterschiede nicht nur zwischen den Schularten, sondern belegen<br />

auch interindividuelle Varianzen auf Klassenstufenniveau. Mit der theoretischen Fundierung und<br />

empirischen Prüfung von pädagogischen Interventionen wird ein Beitrag zur Qualitätsentwicklung<br />

gelingender Förderung des Übergangs Schule - Beruf geleistet.<br />

Driesel-Lange, K., Kracke, B., Hany, E. & Schindler, N. (2011). Konzepte und Qualitätsmerkmale schulischer Berufsorientierung<br />

an allgemeinbildenden Schulen. DDS, 103, 4, 312-325.<br />

Hirschi, A. (2009). Career adaptability development in adolescence: Multiple predictors and effects on sense of<br />

power and life satisfaction. Journal of Vocational Behavior, 74(2), 145- 155.<br />

Kracke, B., Dreer, B., Driesel-Lange, K. & Schindler, N. (2012). Berufswahlprozess- und Berufsorientierung – aktuelle<br />

Perspektiven vor dem Hintergrund der Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe Berufsorientierung an der <strong>Universität</strong><br />

Erfurt. In A. Jantowski (Hrsg.), Thillm.2012. Kontinuität und Wandel in der Bildung. Bad Berka: Thüringer<br />

Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien.<br />

421


Mi. 12.09.| Symposium 24 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 121<br />

Belinda Vogt, Elena Makarova, Walter Herzog<br />

Die Bedeutung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts auf<br />

der Sekundarstufe I für die geschlechtsuntypische Berufswahl von jungen<br />

Frauen<br />

<strong>Universität</strong> Bern<br />

Ein wiederkehrendes Ergebnis gleichstellungs- und bildungspolitischer Analysen der vergangenen<br />

Jahre ist die beharrende Geschlechtersegregation bei der Berufs- und Studienwahl (vgl.<br />

Arnold & Borkowsky, 1998; OECD, 2009). Zwar holen die Frauen bei anspruchsvolleren Berufen<br />

im Sozial- und Gesundheitsbereich deutlich auf, Berufe im Bereich MINT werden von Frauen<br />

jedoch weiterhin weitgehend gemieden (vgl. Leemann & Keck, 2005). Die Geschlechtersegregation<br />

führt nicht nur zu Engpässen bei der Rekrutierung von Arbeitskräften in naturwissenschaftlich-technischen<br />

Branchen, sondern auch zu einer fortlaufenden Reproduktion von Frauen- und<br />

Männerberufen (ebd., p. 73).<br />

Im Beitrag werden Ergebnisse aus dem laufenden Forschungsprojekt „Geschlechtsuntypische<br />

Berufs- und Studienwahlen bei jungen Frauen“ (www.gbsf.unibe.ch), das im Rahmen des Nationalen<br />

Forschungsprogramms der Schweiz «Gleichstellung der Geschlechter» (NFP 60) angesiedelt<br />

ist, vorgestellt. Basierend auf den Daten einer standardisierten Befragung von 1445 Berufsmaturitätsschülerinnen<br />

und -schülern aus 12 Kantonen der deutschen Schweiz zu ihrem Mathematik-<br />

oder Naturwissenschaftsunterricht auf der Sekundarstufe I, steht im Mittelpunkt der<br />

Auseinandersetzung die Frage: Welchen Beitrag zur Klärung der anhaltenden Geschlechtersegregation<br />

in der Berufswahl leistet der didaktisch-methodische Unterricht auf der Sekundarstufe?<br />

Zunächst wird dargelegt, wie gendergerecht der mathematisch-naturwissenschaftliche Unterricht<br />

auf der Sekundarstufe I ist. In einem weiteren Analyseschritt wird überprüft, inwiefern die<br />

untersuchten Aspekte des Unterrichts die individuellen Schülerinnen- und Schülermerkmale<br />

(Selbsteinschätzung im Fach, Interesse, Leistung) zu beeinflussen vermögen. Darüber hinaus<br />

wird der Einfluss des gendergerechten mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts auf<br />

die geschlechtsuntypische Berufswahl von jungen Frauen analysiert.<br />

Die Überprüfung der Hypothese, wonach die geschlechtsuntypische Berufswahl durch eine geschlechtergerechte<br />

Unterrichtsgestaltung positiv beeinflusst werden kann, leistet einen wichtigen<br />

Beitrag zur bisher schmalen Erkenntnisbasis in diesem Forschungsfeld.<br />

Arnold, B., & Borkowsky, A. (1998). Tendenzen in der Berufswahl von Frauen und Männern. Frauenfrage, 21 (2),<br />

41-44.<br />

Leemann, R. J., & Keck, A. (2005). Der Übergang von der Ausbildung in den Beruf. Die Bedeutung von Qualifikation,<br />

Generation und Geschlecht. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik.<br />

OECD (2009). Equally Prepared for Life? How 15-Years-Old Boys and Girls Perform in School. Verfügbar unter:<br />

[25.11.2010].<br />

422


Mi. 12.09.| Symposium 24 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 121<br />

Nicola Schindler<br />

Soziale Unterstützung im Kontext der beruflichen Entwicklung von Jugendlichen<br />

unterschiedlicher Schularten<br />

<strong>Universität</strong> Erfurt<br />

Die Entscheidung für einen Beruf oder ein Studium ist eine zentrale Entwicklungsaufgabe im<br />

Jugendalter und stellt in der heutigen Zeit besonders komplexe Anforderungen an die jungen<br />

Berufswähler. Dabei spielen nicht nur eine schier unübersichtliche Anzahl verschiedener Ausbildungsberufe<br />

und Studienfächer eine Rolle, sondern auch die von der Gesellschaft vermittelte<br />

normative Erwartung, möglichst rasch die richtige Entscheidung zu treffen. Vor dem Hintergrund<br />

dieser Anforderungen überrascht es nicht, dass der Prozess der Berufswahl von vielen Jugendlichen<br />

als belastend empfunden wird (Seiffge-Krenke, 1995). Soziale Unterstützung kann auf zwei<br />

Wegen dazu beitragen, die Vorbereitung auf diesen wichtigen Übergang zu optimieren. Soziale<br />

Unterstützung kann dazu beitragen, dass eine Situation im Sinne der primären bzw. sekundären<br />

Bewertung nach Lazarus als weniger belastend erlebt wird. Insbesondere bei Schülern, die über<br />

Probleme im Elternhaus berichten bzw. deren Eltern sie nicht angemessen unterstützen können,<br />

können Lehrkräfte eine kompensatorische Unterstützungsfunktion übernehmen (Helsper &<br />

Hummrich, 2009). Zurzeit gibt es lediglich einige wenige empirische Hinweise, die die Relevanz<br />

von sozialer Unterstützung durch Lehrkräfte im Kontext der Berufswahl belegen. Die vor allem<br />

aus dem angloamerikanischen Raum vorliegenden Befunde, die einen positiven Zusammenhang<br />

zwischen Lehrerunterstützung und verschiedenen berufswahlrelevanten Variablen, wie bspw.<br />

der berufsbezogenen Selbstwirksamkeit oder der Sicherheit in Bezug auf die Berufswahl (Metheny,<br />

McWhirter, & O’Neil, 2008), finden berücksichtigen naturgemäß nicht die Besonderheiten<br />

des deutschen Bildungssystems, wie bspw. die Mehrgliedrigkeit des Schulsystems.<br />

In einer Studie mit 432 Jugendlichen wurden schulartspezifische Unterschiede des Zusammenhangs<br />

von Lehrerunterstützung und den berufswahlrelevanten Variablen mehrebenenanalytisch<br />

untersucht. Ziel dieser Studie ist zu klären, ob der im angloamerikanischen Raum gefundene<br />

positive Zusammenhang zwischen Lehrerunterstützung und berufswahlrelevanten Variablen<br />

auch auf Deutschland übertragbar ist und ob es schulartspezifische Unterschiede zwischen<br />

Gymnasium und Regelschule gibt. Die Ergebnisse zeigen signifikante Unterschiede zwischen<br />

Regelschülern und Gymnasiasten hinsichtlich a) der Höhe der Lehrerunterstützung und b) des<br />

Zusammenhangs zwischen Lehrerunterstützung und den berufswahlbezogenen Planungsaktivitäten<br />

der jungen Berufswähler. Die Studie untermauert die Bedeutung von Lehrkräften im Kontext<br />

der beruflichen Entwicklung von Jugendlichen.<br />

Helsper, W., & Hummrich, M. (2009). Lehrer-Schüler-Beziehung. In K. Lenz & F. Nestmann (Eds.), Handbuch persönliche<br />

Beziehungen. Juventa: Weinheim.<br />

Metheny, J., McWhirter, E. H., & O’Neil, M. E. (2008). Measuring Perceived Teacher Support and Its Influence on<br />

Adolescent Career Development. Journal of Carer Assessment, 16(2), 218-237.<br />

Seiffge-Krenke, I. (1995). Stress, coping and relationships in adolescence. Mahwah, NJ: Lawrence-Erlbaum Associates.<br />

423


Mi. 12.09.| Symposium 24 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 121<br />

Benjamin Dreer<br />

Professionalisierung des pädagogischen Personals am Übergang Schule -<br />

Beruf: Förderung berufsorientierungsrelevanter Kompetenzen von<br />

Lehrpersonen an allgemeinbildenden Schulen<br />

Friedrich-Schiller-<strong>Universität</strong> Jena<br />

Die zunehmende Berücksichtigung der Heterogenität der Lernvoraussetzungen von Schülerinnen<br />

und Schülern, aber auch der Vielgestaltigkeit und Vielfältigkeit formeller sowie informeller Lernkontexte<br />

stellt Lehrpersonen (nicht nur) an allgemeinbildenden Schulen vor neue Herausforderungen.<br />

Individualisierung und Differenzierung in die Gestaltung von qualitätsvollen Lerngelegenheiten<br />

einfließen zu lassen, setzt voraus, dass Lehrerinnen und Lehrer Vielfältigkeit als Chance<br />

begreifen und zu nutzen bereit sind sowie, dass sie auf die damit verbundenen Aufgaben<br />

systematisch vorbereitet wurden. So selbstverständlich wie dies gegenwärtig für den fachbezogenen<br />

Schulunterricht gefordert wird, so wenig wurden die Konsequenzen dieses Paradigmenwechsels<br />

für fächerübergreifende Aufgaben, wie beispielsweise die schulische Berufsorientierung,<br />

ausbuchstabiert. Auch die anforderungsreichen Aufgaben einer modernen und qualitätsvollen<br />

Berufsorientierung, die durch das Überschreiten unterrichtlicher wie auch schulischer<br />

Inhalts- und Organisationsgrenzen sowie durch zahlreiche Kooperationen geprägt ist (z.B. Famulla<br />

et al., 2008), verlangen eine umfassende Vorbereitung der Akteure.<br />

In Kontrast dazu ist bislang wenig darüber bekannt, welche Kompetenzen auf Seiten der Lehrpersonen<br />

für eine erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben der schulischen Berufsorientierung<br />

bedeutsam sind und wie diese systematisch gefördert werden können.<br />

Innerhalb dieses Beitrags wird eine Intervention zur Förderung berufsorientierungsrelevanter<br />

Kompetenzen bei angehenden Lehrpersonen vorgestellt, die vor dem Hintergrund eines theoretischen<br />

Kompetenzmodells entwickelt wurde. Die Vorstellung umfasst ebenfalls die Konzeption<br />

und die Ergebnisse der Evaluation dieses mit 125 Lehramtsstudierenden erprobten Interventionsprogramms.<br />

Ziel der Evaluation war unter anderem eine möglichst objektive Veränderungsmessung<br />

der zu fördernden Kompetenzen.<br />

Die Ergebnisse der Evaluationsstudie geben Hinweise auf eine hohe Wirksamkeit des Programms<br />

hinsichtlich zentraler berufsorientierungsrelevanter Kompetenzkomponenten und sprechen für<br />

eine Adaption dieser Bildungsmaßnahme, die sowohl für Lehrerfort- und Weiterbildungsangebote<br />

als auch mit Blick auf die Qualifizierung weiterer Akteure am Übergang Schule-Beruf von<br />

Bedeutung sein könnte.<br />

Famulla, G. E., Butz, B., Deeken, S., Horst, M., Michaelis, U., Möhle, V., et al. (2008). Berufsorientierung als Prozess.<br />

Persönlichkeit fördern, Schule entwickeln, Übergang sichern. Ergebnisse aus dem Programm „Schule - Wirtschaft/Arbeitsleben“.<br />

Baltmannsweiler: Schneider.<br />

424


Mi. 12.09.| Symposium 25 | 10:30 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 227<br />

Klaus Breuer<br />

Methodische Zugänge zur Abbildung von Voraussetzungen für die betriebliche<br />

Weiterbildung – Verfahren und Befunde<br />

Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz<br />

breuer@uni-mainz.de<br />

Die betriebliche Ausbildung bildet einen klassischen Akzent wirtschafts- und berufspädagogischer<br />

Forschung. Zurzeit ist ein Akzent dieser Aktivitäten auf der Abbildung der Kompetenzen<br />

der Auszubildenden aus der Perspektive des LSA ausgerichtet. Methodisch stehen dabei Verfahren<br />

der IRT im Mittelpunkt. Neben der Ausbildung der zukünftigen Facharbeiter ist in den Unternehmen<br />

das Feld der betrieblichen Weiterbildung von hoher Bedeutung. Sie investieren hohe<br />

Beträge, um im sozialen und technischen Wandel bestehen, bzw. ihre Führungsrolle behaupten<br />

zu können. Dabei entsteht einerseits hoher Bedarf für die Orientierung zur Konzeption von Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

Andererseits liegen nur eingeschränkt Voraussetzungen vor, an denen<br />

sich Gestaltungsbemühungen orientieren können. Drei zentrale Akzente bestehen im Transfer<br />

von Lernerfahrungen auf die Anwendungszusammenhänge am Arbeitsplatz, in dem Bezug auf<br />

die Lernvoraussetzungen von (neuen) Mitarbeitern und in der gezielten Förderung der Kompetenz<br />

zur Wahrnehmung von Funktionen mit einem besonderen Stellenwert für die betrieblichen<br />

Prozesse.<br />

Dem gehen die drei Beiträge im Symposium nach. Auf der Grundlage von methodisch anspruchsvollen<br />

Zugängen werden empirisch angelegte Fragestellungen in den Blick genommen, zu<br />

denen bislang für die Betriebliche Weiterbildung nur geringe Voraussetzungen vorliegen. Das<br />

Symposium setzt damit zwei Akzente: Zur Diskussion gestellt werden methodische Zugänge zur<br />

qualifizierten Forschung. Auf dieser Basis ergeben sich Befunde für die Betriebliche Aus- und<br />

Weiterbildung. Deren Substanz und Tragweite bilden den zweiten Akzent für die Diskussion. Die<br />

Diskussion wird durch den Beitrag des Diskutanten gestützt. Dieser Ansatz soll verhindern, dass<br />

im Symposium nur die fachlichen Beiträge mit geringem Bezug zueinander zur Geltung kommen.<br />

Ajzen, I. (1991). The theory of planned behavior. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 50, 179-<br />

211. doi: 10.1016/0749-5978(91)90020-T<br />

Beck, K.; Krumm, V.; Dubs, R. (1998): Wirtschaftskundlicher Bildungstest (WBT). Göttingen: Hogrefe.<br />

Guinea, A. & Webster, J. (2011). Are we talking about the task or the computer? An examination of the associated<br />

domains of task-specific and computer self-efficacies. Computers in Human Behaviour, 27(2). 978-987.<br />

425


Beiträge<br />

1. Markus Mathieu<br />

Qualifiziertes berufliches Handeln in ERP-gestützten Arbeitsprozessen<br />

2. Andreas Gegenfurtner, Carla Quesada-Pallarès<br />

Lerntransfer in der betrieblichen Weiterbildung: Ein Strukturgleichungsmodell<br />

3. Olga Zlatkin-Troitschanskaia, Roland Happ<br />

Der Stand des wirtschaftswissenschaftlichen Fachwissens von Bacherlorabsolventen –<br />

Implikationen für die betriebliche Weiterbildung<br />

4. Klaus Breuer<br />

Diskutant<br />

426


Mi. 12.09.| Symposium 25 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 227<br />

Markus Mathieu<br />

Qualifiziertes berufliches Handeln in ERP-gestützten Arbeitsprozessen<br />

Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz<br />

Für die Gestaltung von ERP-Weiterbildungsmaßnahmen lassen sich nur wenige Empfehlungen<br />

aussprechen, da bisher kaum Erfahrungen für dieses Teilgebiet betrieblicher Weiterbildung<br />

dokumentiert sind (Mohr, 2009, S.4). Deshalb wird überprüft, welche individuellen Merkmale<br />

die tätigkeitsspezifische Performanz in ERP-gestützten Arbeitsprozessen beeinflussen. Auf der<br />

Grundlage der Ergebnisse sollen Empfehlungen für die Konzeption einschlägiger betrieblicher<br />

Weiterbildungskonzepte dargelegt werden können.<br />

Es wird angenommen, dass ein multidimensionales Erklärungsmodell tätigkeitsspezifischer Performanz<br />

vorliegt, welches neben spezifischem Arbeitsprozesswissen kognitive, metakognitive,<br />

motivationale und volitionale Komponenten umfasst. Die abhängige Variable der tätigkeitsspezifischen<br />

Performanz wird ebenso wie das Arbeitsprozesswissen anhand objektiver Leistungskriterien<br />

erfasst. Die Operationalisierung der Dimensionen Kognition, Metakognition, Motivation und<br />

Volition erfolgt mit Hilfe modifizierter Skalen wissenschaftlich erprobter Messinstrumente. Die<br />

entsprechenden Items werden per Selbsteinschätzung erhoben.<br />

Für die Entwicklung eines Testverfahrens können sechs zentrale Aspekte der Konstruktvalidität<br />

herangezogen werden (Arnold, 2002, S. 121). Dem Aspekt der Relevanz der Testinhalte wurde<br />

besondere Bedeutung beigemessen, indem umfangreiche tätigkeitsspezifische Arbeitsprozessanalysen<br />

durchgeführt und entsprechend kontextbezogene Items konstruiert wurden. Die Ergebnisse<br />

des Pretests sollen im Rahmen des Symposiums präsentiert werden.<br />

Guinea, A. & Webster, J. (2011). Are we talking about the task or the computer? An examination of the associated<br />

domains of task-specific and computer self-efficacies. Computers in Human Behaviour, 27(2). 978-987.<br />

Mohr, M. (2009). Qualifizierungsstrategien für betriebswirtschaftliche Unternehmenssoftware. Eine empirische<br />

Untersuchung bei deutschen Unternehmen. Wiesbaden: Gabler.<br />

O’Neil, H. & Brown, R. (1997). Differential Effects of Question Formats in Math Assessment on Metacognition and<br />

Affect. Gefunden am 14.01.2012 unter http://www.cse.ucla.edu/products/reports/tech449.pdf<br />

427


Mi. 12.09.| Symposium 25 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 227<br />

Andreas Gegenfurtner 1 , Carla Quesada-Pallarès²<br />

Lerntransfer in der betrieblichen Weiterbildung:<br />

Ein Strukturgleichungsmodell<br />

1 Technische <strong>Universität</strong> München, ²Universitat Autònoma de Barcelona<br />

Fragestellung<br />

Kann die Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen, 1991) Lerntransfer in der betrieblichen Weiterbildung<br />

vorhersagen (Gegenfurtner, 2011; Quesada et al., 2011)? Basierend auf Ajzens Theorie<br />

wurde der Einfluss von Einstellungen, sozialer Norm und wahrgenommener Kontrolle auf<br />

Transferintention bzw. ein Einfluss von Transferintention auf späteren Lerntransfer vermutet.<br />

Methoden<br />

128 Teilnehmer an fünftägigen Trainings in betrieblichem Arbeitsschutz bearbeiteten Fragebögen<br />

zu Einstellung zum Weiterbildungsinhalt, sozialer Norm, wahrgenommener Verhaltenskontrolle<br />

und Transferintention direkt nach dem Training (T1) bzw. zu Lerntransfer drei Monate<br />

nach dem Training (T2). Strukturgleichungsanalysen schätzten den model fit und Pfade im hypothetisch<br />

angenommenen Modell.<br />

Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse zeigen eine gute Modellpassung: χ2 (243)=328.24, CFI=0.93, SRMR=0.08 und<br />

RMSEA=0.05 (90% CI=0.04, 0.07). Transferintention wurde beeinflusst von der Einstellung zum<br />

Weiterbildungsinhalt (β=0.70, p


Mi. 12.09.| Symposium 25 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 227<br />

Olga Zlatkin-Troitschanskaia, Roland Happ<br />

Der Stand des wirtschaftswissenschaftlichen Fachwissens von<br />

Bacherlorabsolventen – Implikationen für die betriebliche Weiterbildung<br />

Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz<br />

Zum gegenwärtigen Stand der Forschung gibt es wenig empirisch gesicherte Erkenntnisse über<br />

die Effekte des Bologna-Prozesses und der damit verbundenen Studienreform auf die Ausprägung<br />

und Entwicklung der Fachkompetenz von Studierenden (Zlatkin-Troitschanskaia & Kuhn<br />

2010). Insbesondere stehen aus Sicht der Unternehmen systematische Analysen aus, welche<br />

eine Aussage zu den zu erwartenden Fachkompetenzniveaus der Absolventen der neuen Bachelor-<br />

und Masterstudiengänge im Vergleich zu den Diplomabsolventen zulassen.<br />

Das Projekt ILLEV fokussiert die Ausprägung und Entwicklung der Fachkompetenz von Studierenden<br />

der Wirtschaftswissenschaften und der Wirtschaftspädagogik in den alten (Diplom) und<br />

neuen (Bachelor/Master) Studienmodellen im Vergleich. Ein Forschungsfokus liegt dabei auf der<br />

Modellierung und Messung des wirtschaftswissenschaftlichen Fachwissens. Darüber hinaus<br />

werden weitere Kompetenz- und Persönlichkeitsaspekte wie Überzeugungen, Einstellungen,<br />

Motivation, allgemeine kognitive Fähigkeiten, soziodemografische Daten erhoben und deren<br />

Einfluss auf Fachwissen kontrolliert. Zur Erfassung des fachbezogenen Wissens und Denkens<br />

wurden der Wirtschaftskundliche Bildungstest (WBT, Beck et al. 1998) sowie der „Business Administration<br />

Knowledge Test“ (BAKT; Bothe et al. 2005) curricular validiert und eingesetzt.<br />

Um die Ausprägung und Entwicklung im Verlauf des Studiums in den verschiedenen Studienmodellen<br />

zu untersuchen, wurde eine Längsschnitterhebung mit vier Untersuchungszeitpunkten<br />

(WS 08/09; WS 09/10; WS 10/11 und WS 11/12) durchgeführt. In dem Vortrag wird auf die Ergebnisse<br />

aus dem vierten Erhebungszeitpunkt eingegangen. Dabei wird insbesondere der Frage<br />

nachgegangen, welchen Stand des wirtschaftswissenschaftlichen Fachwissens die Absolventen<br />

der neuen Bachelorstudiengänge gegen Ende ihres Studiums vorweisen. Aufbauend auf diesen<br />

Ergebnissen werden Implikationen für die betriebliche Weiterbildung aufgezeigt, die unmittelbar<br />

an die Schnittstelle des Übergangs der Absolventen von den Hochschulen hin zur betrieblichen<br />

Praxis anschließen.<br />

Beck, K.; Krumm, V.; Dubs, R. (1998): Wirtschaftskundlicher Bildungstest (WBT). Göttingen: Hogrefe.<br />

Bothe, T.; Wilhelm, O.; Beck, K. (2005): Business Administration Knowledge: Assessment of Declarative Business<br />

Administration knowledge: Measurement Development and Validation. Unveröffentlichtes Manuskript.<br />

Zlatkin-Troitschanskaia, O. & Kuhn, C. (2010). Messung akademisch vermittelter Fertigkeiten und Kenntnisse von<br />

Studierenden bzw. Hochschulabsolventen – Analyse zum Forschungsstand. Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong><br />

Mainz: Arbeitspapiere Wirtschaftspädagogik, 56.<br />

429


Mi. 12.09.| Symposium 25 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 227<br />

Klaus Breuer<br />

Diskussion<br />

Johannes Gutenberg-<strong>Universität</strong> Mainz<br />

Neben der Ausbildung der zukünftigen Facharbeiter ist in den Unternehmen das Feld der betrieblichen<br />

Weiterbildung von hoher Bedeutung. Sie investieren hohe Beträge, um im sozialen<br />

und technischen Wandel bestehen, bzw. ihre Führungsrolle behaupten zu können. Dabei entsteht<br />

einerseits hoher Bedarf für die Orientierung zur Konzeption von Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

Andererseits liegen nur eingeschränkt Voraussetzungen vor, an denen sich Gestaltungsbemühungen<br />

orientieren können. Drei zentrale Akzente bestehen im Transfer von Lernerfahrungen<br />

auf die Anwendungszusammenhänge am Arbeitsplatz, in dem Bezug auf die Lernvoraussetzungen<br />

von (neuen) Mitarbeitern und in der gezielten Förderung der Kompetenz zur Wahrnehmung<br />

von Funktionen mit einem besonderen Stellenwert für die betrieblichen Prozesse.<br />

Dem gehen die drei Beiträge im Symposium nach. Auf der Grundlage von methodisch anspruchsvollen<br />

Zugängen werden empirisch angelegte Fragestellungen in den Blick genommen, zu<br />

denen bislang für die Betriebliche Weiterbildung nur geringe Voraussetzungen vorliegen. Das<br />

Symposium setzt damit zwei Akzente: Zur Diskussion gestellt werden methodische Zugänge zur<br />

qualifizierten Forschung. Auf dieser Basis ergeben sich Befunde für die Betriebliche Aus- und<br />

Weiterbildung. Deren Substanz und Tragweite bilden den zweiten Akzent für die Diskussion. Die<br />

Diskussion wird durch den Beitrag des Diskutanten gestützt. Dieser Ansatz soll verhindern, dass<br />

im Symposium nur die fachlichen Beiträge mit geringem Bezug zueinander zur Geltung kommen.<br />

Breuer, K.& Brahm, T. (2004). Die Abbildung von Befähigungen zur Selbstregulation. In M. Wosnitza, A. Frey & R. S.<br />

Jäger (Hrsg.), Lernprozess, Lernumgebung und Lerndiagnostik. Wissenschaftliche Beiträge zum Lernen im 21.<br />

Jahrhundert (S. 363-374). Landau: VEP.<br />

Guinea, A. & Webster, J. (2011). Are we talking about the task or the computer? An examination of the associated<br />

domains of task-specific and computer self-efficacies. Computers in Human Behaviour, 27(2). 978-987.<br />

430


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 31 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum S2 137<br />

Svea Korff<br />

Ausstieg aus der postgradualen Förderung – Abbruchgedanken von<br />

NachwuchswissenschaftlerInnen in der strukturierten Promotion<br />

<strong>Universität</strong> Hildesheim<br />

korffs@uni-hildesheim.de<br />

Im Kontext der Bildungsforschung beschränken sich die Untersuchungen zur Förderung des<br />

wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland vor allem auf die erfolgreichen Promotionen;<br />

die Erforschung des vorzeitigen Abbruchs der Promotion bleibt unberücksichtigt, da verlässliche<br />

Zahlen fehlen. Durch die Betrachtung von Abbruchgedanken bei Promovierenden soll nun eine<br />

Forschungs-lücke geschlossen werden, denn Bean stellte fest, dass „intent to leave had the<br />

largest direct influence on dropout.” (Bean 1982: 312f.). Untersucht wird, ob es Faktoren des<br />

Individuums oder der Organisation sind (Tinto 1975), die dazu beitragen, dass der vorzeitige<br />

Abbruch der Promotion in Betracht gezogen wird. Mittels multivariater Regressionsmodelle wird<br />

daher der Einfluss von sozio-demografischen, psychologischen, ökonomischen und<br />

organisationalen Faktoren analysiert. Welche Faktoren wirken sich auf das Vorhandensein, die<br />

Häufigkeit und die Schwere der Abbruchgedanken von Promovierenden aus? Die Frage wird im<br />

Beitrag anhand von Daten einer deutschlandweiten und fächerübergreifenden Online-Befragung<br />

mit 1.468 strukturiert Promovierenden beantwortet. Die Analysen zeigen, dass es nicht nur der<br />

personelle Background der Promovierenden ist (konträr zu internationalen Erkenntnissen; vgl.<br />

Lovitts 2001), sondern es auch darauf ankommt, wie die Promotionsphase in Programmen der<br />

strukturierten Promotion ausgestaltet ist (z. B. verpflichtende Tätigkeiten, Betreuung, Anzahl der<br />

angebotenen Veranstaltungen und soziale Unterstützung).<br />

Lovitts, B. E. (2001). Leaving the Ivory Tower: The Causes and Consequences of Departure from Doctoral Study.<br />

Lanham: Rowman & Littlefield Publichers.<br />

Bean, (1982). Student Attrition, Intentions, and Confidence: Interaction Effects in a Path Model. Research in Higher<br />

Education, 17 (4), 291-320.<br />

Tinto, V. (1975). Dropout from Higher Education: A Theoretical Synthesis of Recent Research. Review of<br />

Educational Research, 45 (1), 89-125.<br />

431


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 31 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum S2 137<br />

Carola Grunschel 1 , Justine Patrzek 1 , Katrin Klingsieck², Stefan Fries 1<br />

Akademische Prokrastination bewältigen - Evaluation eines Trainings<br />

1 <strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong>, ²<strong>Universität</strong> Paderborn<br />

carola.grunschel@uni-bielefeld.de<br />

Akademische Prokrastination, das unnötige Aufschieben von studienrelevanten Tätigkeiten,<br />

kann bei Studierenden zu einem schlechten Gewissen, Unzufriedenheit sowie Leistungseinbußen<br />

führen. In der vorliegenden Studie wurde ein Training zur Reduktion von akademischer<br />

Prokrastination konzipiert, durchgeführt und evaluiert. Da prokrastinierende Studierende<br />

Defizite hinsichtlich wesentlicher Prozesse des selbstregulierten Lernens aufweisen (Steel, 2007),<br />

basierten die Inhalte des Trainings auf den verschiedenen Phasen und Prozessen des Modells<br />

zum selbstregulierten Lernen von Zimmerman (2002). Somit wurden Strategien zur Verbesserung<br />

des Ziel- und Zeitmanagements, der Selbstmotivation, Selbstreflexion und zum<br />

Umgang mit Ablenkungen vermittelt.<br />

Das Training bestand aus fünf wöchentlichen Sitzungen à 90 Minuten und wurde in Gruppen à<br />

10 Personen durchgeführt. Insgesamt nahmen 109 Studierende (59 weiblich) verschiedener<br />

Studienfächer der <strong>Bielefeld</strong>er Hochschulen am Training teil. Die Evaluation des Trainings erfolgte<br />

mittels eines Experimental-Wartekontrollgruppen-Designs mit Prä-, Post- und Follow-up<br />

Messungen.<br />

Insgesamt bewerteten die Teilnehmer das Training positiv und die vermittelten Strategien als<br />

nützlich. Während die Experimentalgruppe nach Abschluss des Trainings (n = 54) ihre<br />

akademische Prokrastination signifikant verringerte, unter anderem ihre Techniken der<br />

Zielsetzung und Planung signifikant verbesserte und sich ihre Konzentration signifikant steigerte,<br />

zeigte die nicht trainierte Wartekontrollgruppe (n = 55) keine Veränderung hinsichtlich dieser<br />

Variablen. Nach Abschluss ihres Trainings ließen sich für die Wartekontrollgruppe ebenfalls diese<br />

erwünschten Effekte feststellen. Zum Follow-up nach vier Wochen hatten beide Gruppen ihre<br />

akademische Prokrastination noch signifikant stärker verringert und ihre Zielsetzung und<br />

Planung sowie Konzentration verbessert. Zudem nahm über die fünf Wochen des Trainings der<br />

Prozentsatz an tatsächlich erledigten studienrelevanten Tätigkeiten zu.<br />

Somit führte das Gruppentraining sowohl zu einer Reduktion der akademischen Prokrastination<br />

als auch zu einer Optimierung wesentlicher Prozesse des selbstregulierten Lernens. Künftig<br />

könnte das Training an <strong>Universität</strong>en präventiv in der Studieneingangsphase angeboten oder in<br />

adaptierter Form mit anderen Personengruppen (z.B. Schülern, Doktoranden) erprobt werden.<br />

Steel, P. (2007). The nature of procrastination: A meta-analytic and theoretical review of quintessential selfregulatory<br />

failure. Psychological Bulletin, 133, 65–94.<br />

Zimmerman, B. J. (2002). Becoming a self-regulated learner: An overview. Theory into Practice, 41, 64–70<br />

432


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 31 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum S2 137<br />

Pablo Pirnay-Dummer<br />

Die Nachhaltigkeit oberflächlicher Lesestrategien bei der Vorbereitung von<br />

Vorlesungen<br />

Albert-Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg<br />

pablo.dummer@ezw.uni-freiburg.de<br />

In dieser Studie wurde geprüft, ob bereits durch oberflächliche Lesevorbereitungen bei<br />

Studierenden ein Effekt auf die Lernleistung existiert. Daraus ergibt sich die für Lernende<br />

pragmatische Frage aus einer Synthese von Überlegungen zum „Hören um zu lernen“ sowie<br />

metakognitiv-konstruktiver Erwägungen zum „Lesen um zu lernen“.Lernende müssen in diesem<br />

Prozess zuhören wollen und zuhören können (Heinrich 2002, Imhof 2004). Ein informiertes<br />

Zuhören beeinflusst die Lerneffizienz. Liegen zu Beginn mental bereits Leerstellen vor, entstehen<br />

Erwartungen an das später Gesprochene, dessen Inhalte an den ausgesuchten Stellen leichter<br />

assimiliert werden können (Stanovitch 2000). Die theoretische Grundlagen für die Annahmen<br />

dieser Hypothese finden sich einerseits im Prozessmodell der Metakognition von Nelson &<br />

Narens (1994) im Modell der Metakognition beim Umgang mit Texten von Winter (1992) sowie<br />

insbesondere – wie bereits erwähnt – in den Annahmen zum Zuhören von Imhof (2004). Ferner<br />

ist werden die Voraussetzungen zur Arbeit mit Texten aus Aeblis Grundformen des Lernens zu<br />

Grunde gelegt (vgl. Aebli, 1991). Hierbei vor allem der erwähnte Umgang kognitiver Systeme mit<br />

den Leerstellen beim Textverstehen .<br />

Zwei Experimentalgruppen und erhielten zu verschiedenen Zeitpunkten einen zum<br />

Vorlesungstermin passenden Lehrtext – lediglich mit der Vorgabe maximal 10 Minuten die<br />

Augen über den Text schweifen zu lassen. Die Kontrollgruppe kam unter üblichen Umständen in<br />

die Vorlesung.<br />

Die Ergebnisse dieser Studie sprechen mit hohem Effekt (Eta-Quadrat = 0,85) zwischen drei<br />

Gruppen (Gesamt N=65) für die oberflächliche Vorbereitung im Vergleich zu keiner<br />

Vorbereitung. Der Effekt bleibt auch im Retest nach einer Woche stabil. Wenn die Vorbereitung<br />

unter Verwendung oberflächlicher Lesestrategien nicht unmittelbar vor der Veranstaltung<br />

sondern am Vorabend erfolgt, ist bei vergleichbarem unmittelbaren Wissenszuwachs ein<br />

deutlich geringeres Vergessen der Inhalte zu erwarten. Vor der Teilnahme an der Vorlesung aber<br />

nach der Vorbereitung der Experimentalgruppen unterschieden die Gruppen sich nicht.<br />

Aebli, H. (1991). Zwölf Grundformen des Lehrens: eine allgemeine Didaktik auf psychologischer Grundlage. Medien<br />

und Inhalte didaktischer Kommunikation, der Lernzyklus. (6 ed.). Stuttgart: Klett-Cotta.<br />

Heinich, R. (2002). Instructional media and technologies for learning (7th ed.). Upper Saddle River, N.J.: Merrill.<br />

Imhof, M. (2004). Zuhören und Instruktion empirische Ansätze zu psychologischen Aspekten auditiver<br />

Informationsverarbeitung (Vol. 44). Münster: Waxmann.<br />

Nelson, T. O., & Narens, L. (1994). Why investigate Metacognition. In J. Metcalfe & A. P. Shimamura (Eds.),<br />

Metacognition. Knowing about Knowing. (pp. 1-25). Cambridge, Mass: Cambridge University Press.<br />

Stanovitch, K. E. (2000). Progress in understanding reading: Scientific foundations and new frontiers. New York.<br />

Guilford. Winter, A. (1992). Metakognition beim Textproduzieren. Tübingen: Gunter Narr.<br />

433


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 31 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum S2 137<br />

Bernhard Ertl 1 , Sog Yee Mok²<br />

Gender und Karrierewahl in MINT<br />

1 <strong>Universität</strong> der Bundeswehr München, ²<strong>Universität</strong> Konstanz<br />

bernhard.ertl@unibw.de<br />

LehrerInnen und Eltern können großen Einfluss auf die Karriereentscheidungen von<br />

SchülerInnen nehmen. Schülerinnen zeigen sich besonders in MINT-Fächern (Mathematik,<br />

Informatik, Naturwissenschaften und Technik) immer noch zurückhaltender und sind oft weniger<br />

selbstbewusst, was sich negative auf die Interessenausbildung und somit auf die Karrierewahl in<br />

MINT auswirken kann. Das europäische Projekt „SESTEM“ untersucht Einflussfaktoren der<br />

Karrierewahl von SchülerInnen. Im Rahmen des Projekts werden qualitative und quantitative<br />

Studien mit SchülerInnen, Eltern, LehrerInnen und Studentinnen aus MINT durchgeführt, um den<br />

Karrierewahlprozess aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.<br />

Der Beitrag behandelt dabei die Ergebnisse einer quantitativen Studie mit 622 Studentinnen und<br />

einer qualitativen Studie mit 11 Studentinnen aus dem MINT-Bereich. Die Ergebnisse weisen auf<br />

einen positiven Einfluss von LehrerInnen und Eltern auf die Karrierewahl hin, während der<br />

Einfluss von Peers gerade im MINT-Bereich eher nachgeordnet ist. So können LehrerInnen durch<br />

praktische Unterrichtsgestaltung für MINT begeistern und positive Berufsvorbilder sein; bei den<br />

Eltern spielt eine frühe Förderung des Interesses für MINT eine große Rolle, die eine erfolgreiche<br />

Techniksozialisation ermöglichen kann. Darüber hinaus, kann besonders für Mädchen eine<br />

Vernetzung von weiblichen Rollenvorbildern aus der Praxis in MINT und Schule positive auf die<br />

Karrierewahl in dem Bereich auswirken.<br />

Dick, T. P. & Rallis, S. F. (1991). Factors and Influences on High School Students' Career Choices. Journal for<br />

Research in Mathematics Education, Vol. 22 (4), pp. 281- 292.<br />

Langmeyer, A., Tarnai, Ch. & Bergmann, Ch. (2009). Empirische Untersuchungen zur Übereinstimmung beruflicher<br />

Interessen von Eltern und Kindern. Erziehung & Unterricht, 159, 387-395.<br />

Marx, D. M., & Roman, J. S. (2002). Female Role Models: Protecting Women's Math Test Performance. Personality<br />

and Social Psychology Bulletin, 28(9), 1183-1193.<br />

434


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 32 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum S2 121<br />

Maike Wäckerle<br />

Konstruktionen kultureller Differenz und Gemeinsamkeit – Eine<br />

rekonstruktive Studie zu Orientierungen von Fremdsprachenlernern im<br />

Fach Französisch der gymnasialen Oberstufe<br />

Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen<br />

maike.waeckerle@iqb.hu-berlin.de<br />

Die Ausbildung interkultureller Kompetenz wird heute in fast allen bildungspolitischen<br />

Dokumenten als eine zentrale Aufgabe des schulischen Unterrichts genannt und deren<br />

systematische Entwicklung im Unterricht eingefordert. Dem Fremdsprachenunterricht wird<br />

dabei eine tragende Rolle zugeschrieben. Die unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen haben<br />

eine kaum überschaubare Anzahl an Modellen zur Beschreibung und Entwicklung<br />

interkultureller Kompetenz hervorgebracht. Gemein ist den meisten Konzepten, dass sich<br />

interkulturelle Kompetenz im Umgang mit kultureller Differenz und Fremdheit zeigt. Allerdings<br />

fehlt es bislang noch an empirischer Fundierung inter-kultureller Lernprozesse von<br />

Fremdsprachenlernern (Hu & Byram 2009).<br />

Im Zentrum der rekonstruktiven Studie zu Orientierungen von Fremdsprachenlernern der<br />

gymnasialen Oberstufe steht die Frage, wie sich Jugendliche, die Französisch in der Schule lernen<br />

und kurz vor dem Ende ihrer Schulzeit stehen, sich mit Frankreich und seinen Bewohnern<br />

auseinander-setzen. Jedem Fremdsprachenlerner sind bestimmte Konstrukte zu eigen, die sich<br />

aus dem Schnitt-punkt jener Diskurse ergeben, in denen er sich bewegt. In der Dynamik einer<br />

Gruppendiskussion kommt durch wechselseitige Stimulation das wesentlich Gemeinte zur<br />

Sprache und wird durch die Realitätsnähe der Situation und die Spontaneität der Äußerung<br />

unterstützt (Dreher & Dreher 1991). Die Auswertung der durchgeführten Gruppendiskussionen<br />

mithilfe der Dokumentarischen Methode nach Bohnsack (Bohnsack 2010) soll zeigen, wie<br />

Fremdsprachenlerner kulturelle Differenz und Gemeinsamkeit konstruieren. Der Fokus liegt<br />

dabei auf den Fragen, welche Erfahrungen, Einstellungen und Erwartungen diesen<br />

Konstruktionen zugrunde liegen und welche Bedeutung in diesem Zusammenhang der<br />

Französischunterricht gewinnt. Anschließend soll untersucht werden, in welchem Verhältnis die<br />

ermittelten Ergebnisse zu den in den künftigen KMK-Bildungsstandards für die Allgemeine<br />

Hochschulreife (KMK-Veröffentlichung voraus. Herbst 2012) formulierten Lernzielanforderungen<br />

im Bereich der interkulturellen Kompetenz stehen. In diesem Beitrag werden<br />

erste empirische Ergebnisse der rekonstruktiven Studie vorgestellt und diskutiert.<br />

Bohnsack, R. (2010): Rekonstruktive Sozialforschung – Einführung in qualitative Methoden (8. Aufl.). Opladen &<br />

Farmington Hills: Barbara Budrich/UTB.<br />

435


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 32 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum S2 121<br />

Julia Tetzner 1 , Michael Becker 1 , Kai Maaz 1 , Jürgen Baumert²<br />

Domänenspezifische Entwicklung im akademischen, sozialen und<br />

emotionalen Bereich<br />

1 <strong>Universität</strong> Potsdam, ²Max-Planck-Institut für Bildungsforschung<br />

julia.tetzner@uni-potsdam.de<br />

Jugendliche werden im Verlauf ihrer Entwicklung mit verschiedenen Anforderungen<br />

konfrontiert, die sie unterschiedlich gut bewältigen. Sie sollen nicht nur in der Schule erfolgreich<br />

sein, sondern sich zudem sozial integrieren und zu emotional stabilen Erwachsenen entwickeln.<br />

Inwieweit die individuelle Entwicklung bereichsspezifisch verläuft, wird in der Resilienzforschung<br />

kontrovers diskutiert. Die Ergebnisse verschiedener Studien unterstützen die Annahme<br />

multidimensionaler Modelle menschlicher Entwicklung (u.a. Masten et al., 1995). Empirisch sind<br />

einerseits wechselseitige Zusammenhänge verschiedener Entwicklungsbereiche als auch<br />

differentielle Entwicklungen verschiedener Domänen nachweisbar. In der vorliegenden Arbeit<br />

wurde die Struktur und Kontinuität individueller Entwicklungsverläufe untersucht. Dabei wurde<br />

eine Differenzierung in akademische, soziale und emotionale Entwicklung vorgenommen. Zu<br />

diesem Zweck wurden Daten der Haupt-kohorte der Längsschnittstudie BIJU (Bildungsverläufe<br />

und psychosoziale Entwicklung im Kindes- und Jugendalter) genutzt, die im Schuljahr 1991/1992<br />

an 5948 Schülerinnen und Schülern der 7. Jahrgangsstufe einsetzte und deren Entwicklung über<br />

4 Schuljahre verfolgte. Auf der Basis latenter Strukturgleichungsmodelle werden gewonnene<br />

Befunde zur faktorenanalytischen Trennbarkeit der Entwicklungsdomänen, der Stabilität im<br />

Entwicklungsverlauf und querschnittlicher sowie längs-schnittlicher Zusammenhänge zwischen<br />

den unterschiedlichen Entwicklungsdomänen berichtet.<br />

Masten, A. S., Coatsworth, J. D., Neemann, J., Gest, S. D., Tellegen, A., & Garmezy, N. (1995). The structure and<br />

coherence of competence from childhood through adolescence. Child Development, 66, 1635-1659.<br />

436


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 32 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum S2 121<br />

Natalie Hambitzer, Carsten John, Carola Lindner-Müller, Karl-Heinz Arnold<br />

Zusammenhänge zwischen sozialen Problemlösestrategien, prosozialem<br />

Verhalten und sozialer Akzeptanz bei Grundschulkindern<br />

<strong>Universität</strong> Hildesheim<br />

natalie.hambitzer@uni-hildesheim.de<br />

Der schulische Bildungsauftrag umfasst sowohl den Erwerb fachlichen Wissens als auch<br />

Erziehungsziele wie die Förderung sozialer Kompetenzen und die Vermittlung von Konfliktlösestrategien<br />

(z.B. NSchG § 2). Die Multidimensionalität und Situationsspezifität des Konstrukts der<br />

sozialen Kompetenz bringt allerdings besondere testdiagnostische Herausforderungen mit sich.<br />

In der von der DFG geförderten Längsschnittstudie KEIMSplus („Soziale Kompetenzentwicklung in<br />

multilingualen Schulklassen“) wurde die Entwicklung sozialer und schulfachlicher Kompetenzen sowie<br />

die Beziehungsstrukturen dieser Kompetenzen über die vier Grundschuljahre hinweg untersucht. Zur<br />

Erfassung sozialer Kompetenzaspekte wurden verschiedene Verfahren eingesetzt. Vor dem<br />

Hintergrund des Modells der sozialen Informationsverarbeitung (Crick & Dodge, 1994) kam ein<br />

Interviewverfahren in Anlehnung an Mayeux und Cillessen (2003) zur Erfassung von<br />

Problemlösestrategien in sozialen Konfliktsituationen zur Anwendung. Erste Auswertungen zeigten,<br />

dass dieses Interview psychometrische Schwächen in Bezug auf die Varianz in der Strategienutzung<br />

einzelner Konfliktsituationen (Vignetten) und die Zusammenhänge mit konvergenten Validierungskriterien<br />

aufweist.<br />

Im Rahmen des Beitrags wird untersucht, ob eine vignettenspezifische Auswertung an Stelle der<br />

Zusammenfassung von Antworten über verschiedene Konfliktsituationen hinweg der<br />

Situationsspezifität sozialer Kompetenz besser gerecht wird. Zentral ist die Frage, ob sich unter dieser<br />

Auswertungsperspektive Zusammenhänge des sozialkognitiven Interviews mit verhaltensbezogenen<br />

und soziometrischen Indizes sozialer Kompetenz zeigen lassen (vgl. ähnlich Pakaslathi, Karjalainen und<br />

Keltikangas-Järvinen, 2002). Anhand von Korrelationsanalysen zeigt sich, dass die Lehrereinschätzung<br />

des prosozialen Verhaltens moderat mit den soziometrischen Kennwerten, jedoch allenfalls gering mit<br />

der Anzahl der Nennungen verschiedener Problemlösestrategien im sozialkognitiven Interview<br />

zusammenhängt. Varianzanalytische Auswertungsstrategien für die Frage von Effekten soziometrischer<br />

Statusgruppen auf die Strategienutzung werden bei Pakaslathi et al. (2002) vorgestellt. Die<br />

Übertragbarkeit dieses Vorgehens auf die vorliegende situationsspezifische Auswertung wird<br />

diskutiert; die Ergebnisse werden hinsichtlich der Konsequenzen für ein anstehendes Dissertationsprojekt<br />

betrachtet.<br />

Crick, N. R. & Dodge, K. A. (1994). A review and reformulation of social information-processing mechanisms in<br />

children’s social adjustment. Psychological Bulletin, 115, 74-101.<br />

Mayeux, L. & Cillessen, A. H. N. (2003). Development of social problem solving in early childhood: Stability, change,<br />

and associations with social competence. Journal of Genetic Psychology, 164, 153-173.<br />

Pakaslathi, L., Karjalainen, A. & Keltikangas-Järvinen, L. (2002). Relationships between adolescent prosocial<br />

problem solving strategies, prosocial behaviour, and social acceptance. International Journal of Behavioral<br />

Development, 26, 137-144.<br />

437


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 32 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum S2 121<br />

Sabine Al-Diban<br />

Theaterintervention, Identität und soziale Kompetenzen Jugendlicher: Eine<br />

explorative Feldstudie<br />

Technische <strong>Universität</strong> Dresden<br />

sabine.al-diban@tu-dresden.de<br />

Die Suche nach Identität und die Entwicklung sozialer Kompetenzen sind zentrale Entwicklungsaufgaben<br />

in der Adoleszenz. Moderne Gesellschaften erfordern eine kontinuierlich selbst-<br />

konstruierte Identität. Wenn es Jugendlichen nicht gelingt, ihre Rolle in der Gesellschaft zu finden,<br />

kann es zur Rollendiffusion und schließlich zu einer Identitätsdiffusion (Pauls, 1990) kommen. So ist<br />

auch die inhaltlich allgemeiner gefasste WHO-Definition der „Lebenskompetenzen“ (1994) inzwischen<br />

ein Bestandteil der Lehrpläne der meisten allgemeinbildenden Schulen.<br />

Eine Möglichkeit, sich intensiv mit den Anforderungen verschiedener Rollen auseinanderzusetzen,<br />

bietet das Theaterspiel (Holland, Eichfeld, 2003). Bereits Mead (1934) nahm an, dass Identität über<br />

Sprache, Spiel und Wettkampf erworben wird. Dies alles sind Komponenten, die in intensivierter Form<br />

im Theater stattfinden.<br />

Bislang konzentrierten sich die wenigen, empirischen Studien zur Wirksamkeit des Theaterspielens<br />

auf das Selbstkonzept (Freeman, Sullivan, (2003); Hui, Chan, Lau, S.(1999); Jupp, Griffith,<br />

(1990);Wright, 2006), was angesichts der Komplexität der Entwicklungs-aufgaben in der Adoleszenz<br />

unzureichend erscheint.<br />

In dieser explorativen Studie werden die Auswirkungen einer Theaterintervention auf ein breiteres<br />

Spektrum von Entwicklungskriterien untersucht. Die Fragestellungen betreffen eine bei Theater<br />

spielenden Jugendlichen eine jeweils positiver verlaufende Identitätsentwicklung, ein positiveres<br />

Selbstkonzept und einen angemesseneren Selbstwert, bessere Fähigkeiten zur Rollenübernahme,<br />

Rollendistanz und Ambiguitätstoleranz (Krappmann, 2000) sowie stärker ausgeprägte soziale<br />

Kompetenzen.<br />

In einer explorativen Feldstudie mit Pre-, Postdesign über 6 Monate und im Vergleich einer Versuchsgruppe<br />

von Teilnehmern eines Theaterkurses mit einer Kontrollgruppe wurden die Identität (Adams,<br />

Bennion, 1986), das Selbstkonzept und der Selbstwert (Deusinger, 1986) sowie die sozialen<br />

Kompetenzen (Kanning, 2009) Jugendlicher untersucht. Es kamen vorrangig standardisierte Verfahren<br />

zum Einsatz.<br />

Die positiven Tendenzen in den quantitativen Daten werden durch die Selbstauskünfte der Theaterkursteilnehmer<br />

unterstrichen. Empfehlungen zur notwendigen Replikation der Studie an größeren<br />

Stichproben und mit verfeinerten Instrumenten werden abgeleitet.<br />

Adams, G.R., Bennion, L.D.(1986). A revision of the extended version of the objective measure of ego identity<br />

status: An identity instrument for use with late adolescents. Journal of Adolescent Research, 1, 183-198.<br />

Deusinger, I.M.(1986). Frankfurter Selbstkonzeptskalen (FSKN). Handanweisung. Göttingen: Hogrefe<br />

Kanning, U.P. (2009). Inventar sozialer Kompetenzen. Göttingen. Hogrefe.<br />

Pauls, M. (1990). Identitätsbildung und Selbstbewußt-Werdung. Pädagogische Zielsetzungen in der technisch-<br />

rationalen Gesellschaft. Sankt Augustin. Academia Verlag.<br />

438


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 33 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum S2 147<br />

Barbara Heinemann, Lars Behrmann, Elmar Souvignier<br />

Professionalisierung durch Netzwerkarbeit – Kann Netzwerkarbeit das<br />

Lehrerhandeln beeinflussen und die Einstellung zur Wissensvermittlung<br />

verändern?<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

barbara.heinemann@uni-muenster.de<br />

Obgleich Lesestrategien das Textverstehen fördern (Dole, Nokes & Drits, 2009), wird für das Unterrichten<br />

von Strategien nur ein sehr geringer Anteil der Unterrichtszeit veranschlagt (Hamman,<br />

Berthelot, Saia & Crowley, 2000). Um hier eine Veränderung zu bewirken, bietet sich zunächst der<br />

Einsatz ausgearbeiteter Unterrichtsprogramme an. Diese führen allerdings kaum zu nachhaltigen<br />

Effekten, was auf eine mangelnde Identifikation mit den Programmen zurückgeführt wird, die nicht zu<br />

handlungsrelevanten Veränderungen der Lehrereinstellungen führt. In Anlehnung an ein Modell der<br />

Lehrerbildung von Guskey (1986) wurde daher im Rahmen kollegialer Netzwerke angestrebt,<br />

Änderungen des Unterrichtshandelns und der fachdidaktischen Einstellungen längerfristig<br />

abzusichern.<br />

In 54 Schulklassen der Sekundarstufe I wurde ein strategieorientiertes Unterrichtsprogramm<br />

(„Textdetektive“) eingesetzt. Dabei erhielten die Lehrkräfte der KG (n=19) keine, der EG1 (n=25) drei<br />

und der EG2 (n=10) sechs Fortbildungsnachmittage in Form von Netzwerkarbeit. Die Fortbildungen<br />

unterschieden sich, neben dem zeitlichen Umfang, in ihrer inhaltlichen Ausrichtung. Während in der<br />

EG1 die Reflexion und Planung des strategieorientierten Unterrichtens fokussiert wurde, wurden die<br />

Lehrkräfte in der EG2 angeleitet, Unterrichtsmaterialien selbstständig zu entwickeln, um so eine<br />

höhere Identifikation mit den Prinzipien strategieorientierten Unterrichtens zu bewirken,. Als<br />

Kriterium für das Unterrichtshandeln wurden über einen Zeitraum von 14 Monaten vier Unterrichtsbeobachtungen<br />

durchgeführt, mittels derer die Veränderung des Leseunterrichts, speziell der<br />

unterrichteten Strategien, überprüft wurde. Da als Indikator für stabiles Lehrerhandeln fachdidaktische<br />

Überzeugungen gelten, wurden diese bezogen auf den Leseunterricht ebenfalls viermal<br />

erhoben.<br />

In allen teilnehmenden Schulklassen konnte ein signifikanter Anstieg der Strategienennungen im<br />

Unterricht beobachtet werden, der bis zum vierten Messzeitpunkt anhielt. Unterschiedliche Verläufe<br />

zwischen den Bedingungen konnten nicht nachgewiesen werden. Die Wirkung des Unterrichtsprogramms<br />

auf das Lehrerhandeln ist offenbar – unabhängig von der Art und Häufigkeit der wahrgenommenen<br />

Netzwerktreffen – in den einzelnen Bedingungen vergleichbar. Bezüglich der<br />

Lehrereinstellungen ließen sich weder über die Zeit noch zwischen den Bedingungen Veränderungen<br />

feststellen.<br />

Dole, J. A., Nokes, J. D., & Drits, D. (2009). Cognitive strategy instruction. In S.E: Israel & G.G. Duffy (Eds.),<br />

Handbook of research on reading comprehension (pp. 347–372). New York, NY: Routledge.<br />

Guskey, T.R. (1986). Staff development and the process of teacher change. Educational Researcher, 15, 5-12.<br />

Hamman, D., Berthelot, J., Saia, J., & Crowley, E. (2000) Teachers' coaching of learning and its relation to students'<br />

strategic learning. Journal of Educational psychology, 92, 342-348.<br />

439


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 33 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum S2 147<br />

Sonja Mohr, Angela Ittel<br />

Individuelle Entwicklungsverläufe der bildungswissenschaftlichen<br />

Kompetenzeinschätzung von Lehramtsstudierenden an technischen<br />

<strong>Universität</strong>en<br />

Technische <strong>Universität</strong> Berlin<br />

sonja.mohr@tu-berlin.de<br />

Wenngleich in der empirischen Lehrerbildungsforschung häufig Untersuchungen zu der<br />

Entwicklung von Kompetenzen von Lehramtsstudierenden im Fokus stehen, liegen bislang kaum<br />

längsschnittliche Untersuchungen der Kompetenzentwicklung vor, insbesondere in Bezug auf<br />

bildungswissenschaftliche Studieninhalte (KMK, 2004). In der hier vorliegenden Studie werden<br />

institutionenübergreifend und längsschnittlich die Einschätzungen von Lehramtsstudierenden an<br />

technischen <strong>Universität</strong>en erfasst (NT1 = 590; NT2 = 263; T3 in Vorbereitung). Das zentrale Ziel<br />

der Analysen ist die Analyse der Entwicklung der bildungswissenschaftlichen Kompetenzeinschätzungen<br />

(Gröschner & Schmitt, 2009) als Indikatoren für die (berufliche) Selbstwirksamkeit.<br />

Die tatsächliche Performanz der Studierenden wird dadurch nicht erfasst (Cramer,<br />

2010). Von Interesse ist vielmehr, wie sich die subjektiven Kompetenzeinschätzungen während<br />

des Studiums verändern, auch in Abhängigkeit von Faktoren wie Persönlichkeitsmerkmalen und<br />

spezifischen Stichprobenmerkmalen. Mithilfe von Fixed-Effects Regressionsmodellen wurden<br />

intraindividuelle Entwicklungsprozesse der Kompetenzeinschätzung in den Bereichen Unterrichten,<br />

Erziehen, Beurteilen und Innovieren analysiert. Dabei konnten Veränderungen in der<br />

Kompetenzeinschätzung bei personenspezifischen Variationen in den ausgewählten unabhängigen<br />

Variablen identifiziert werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass signifikante Interaktionseffekte<br />

der Persönlichkeitsmerkmale Selbstkontrolle bzw. Stabilität und dem Geschlecht auf die<br />

Entwicklung der Einschätzung im Bereich Beurteilen vorliegen. Die Ergebnisse verdeutlichen die<br />

Relevanz von Persönlichkeits- sowie Stichprobenmerkmalen für die Kompetenzeinschätzung und<br />

ermöglichen eine Diskussion zur Gestaltung entwicklungsförderlicher Studienbedingungen.<br />

KMK (2004). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom<br />

16.12.2004. Verfügbar unter: http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/<br />

2004_12_ 16-Standards-Lehrerbildung.pdf [07.05.2012]<br />

440


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 33 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum S2 147<br />

Ulrike Zentner 1 , Karsten Krauskopf², Josef Schrader 1 , Carmen Zahn³<br />

Zum Zusammenhang von Lernumgebung und Kompetenzförderung: Wie<br />

unterschiedliche videobasierte Lernumgebungen die Kompetenzen von<br />

Lehrkräften fördern können.<br />

1 Eberhard Karls <strong>Universität</strong> Tübingen, ²Institut für Wissensmedien Tübingen, ³University of<br />

Applied Sciences Northwestern Switzerland<br />

ulrike.zentner@uni-tuebingen.de<br />

Der videobasierten Fallarbeit wird besonderes Potential zugeschrieben, bei Lehrkräften so-wohl<br />

die Kompetenz, Lehr-Lernsituationen professionell zu deuten (AV1), als auch die Kompetenz,<br />

neue Instruktionsformen selbst in die Unterrichtsplanung integrieren zu können (AV2), gezielt zu<br />

fördern (Kunze, 2008; Putnam & Borko, 1997). Zahlreiche Ansätze im Bereich der Lehreraus- und<br />

-weiterbildung greifen daher auf den Einsatz von Videofallarbeit zurück – mit unterschiedlichen<br />

Lernumgebungen, die auch unterschiedliche Kompetenzaspekte in den Fokus der Förderung<br />

stellen (Janik et al., 2009). Der Frage, welche Art Lernumgebung sich dabei als besonders<br />

förderlich hinsichtlich der genannten Kompetenzen erweist, wurde in einer experimentellen<br />

Studie im Rahmen des WissenschaftsCampus‘ Tübingen mit Studierenden der Erziehungswissenschaft<br />

untersucht. In einem pre-post-Interventionsdesign mit drei Experimentalgruppen<br />

analysierten die Teilnehmenden (n=48) mehrere Unterrichtsvideos. Die Lernumgebungen<br />

unterschieden sich dabei zum einen hinsichtlich der instruktionalen Hilfen und zum anderen<br />

hinsichtlich der Möglichkeiten, an bzw. mit den Videos zu arbeiten: 1) Kurztexte zu (fach-<br />

)didaktischen Konzepten und Modellen waren gegeben + Kommentierung des Videos; 2)<br />

Kurztexte zu (fach-)didaktischen Konzepten und Modellen waren gegeben + Ausschneiden/<br />

Fokussieren einzelner Teile inkl. Kommentierung; 3) nur Ausschneiden/Fokussieren einzelner<br />

Teile inkl. Kommentierung). Es werden erste Ergebnisse zu Unterschieden zwischen den drei<br />

Gruppen in der Entwicklung der adressierten Kompetenzen präsentiert.<br />

Janik, T., Janíková, M., Knecht, P., Kubiato, M., Najvar, P., Najvarová, V., & Šebestová, S. (2009). Exploring Different<br />

Ways of Using Video in Teacher Education: Examples from CPV Video Web. In T. Janík & T. Seidel (Eds.), The<br />

Power of Video Studies in Investigat-ing Teaching and Learning in the Classroom (pp. 207–224). Münster, New<br />

York, Mün-chen, Berlin: Waxmann.<br />

Kunze, S. (2008). Zusammenhänge zwischen allgemeinen und situiert erhobenen unterrichts-bezogenen<br />

Kognitionen und Überzeugungen von Mathematiklehrern. Unterrichtswissen-schaft, 36(2), 167–192.<br />

Putnam, R. T., & Borko, H. (1997). Teacher Learning: Implications of New Views of Cogni-tion. In B. J. Biddle, T. L.<br />

Good, & I. Goodson (Eds.), International handbook of teachers and teaching (pp. 1223–1296). Dordrecht ;,<br />

Boston: Kluwer Academic Publishers.<br />

441


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 33 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum S2 147<br />

Barbara E. Meyer<br />

Praxis trifft Lehramtsstudent - Eine Grounded Theory zum Umgang mit<br />

kritischen Situationen<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

barbara.e.meyer@edu.lmu.de<br />

Schulpraktika leisten laut Reinhöffer und Dörr (2008) für die Lehrerbildung nicht das, was sie<br />

sollen. Um aber die dennoch wirksamen Bestandteile fruchtbar zu machen, bedürfe es weiterer<br />

Studien über Wirkungszusammenhänge. Da bisherige Forschungen diesbezüglich zu wenig<br />

Erkenntnisse liefern, wurde in einer Studie (Meyer 2010) ein alternierendes Forschungsdesign<br />

gewählt: Im Versuch, der großen Komplexität der Geschehnisse im Praktikum gerecht zu<br />

werden, wurden qualitative und quantitative Vorgehensweisen mithilfe des methodologischen<br />

Rahmenkonzepts einer „Grounded Theory“ (nach Strauss/Corbin 1996) kombiniert.<br />

So wurden 319 Studenten der LMU München 2007 bis 2009 nach kritischen Erlebnissen während<br />

ihrer ersten Praxiskontakte schriftlich befragt. Auf der Grundlage dieser in drei Wellen<br />

erhobenen Datenbasis wurde erforscht, wie diese Erlebnisse im Praktikum verarbeitet werden.<br />

Iterativ-zyklisch wurde durch eine Kodierung der Anfangsdaten und mithilfe von Workshops mit<br />

Studenten bzw. Lehrern Hypothesen entworfen und diese zuerst in den vorhandenen Daten<br />

sowie durch neue Erhebungen überprüft.<br />

Die Untersuchung mündet in eine gegenstandsverankerte Theorie. Darin ist ein „typischer“<br />

Ablauf ebenso festgehalten wie das zentrale Anliegen der Studenten, ihr Selbstbild zu erhalten<br />

oder zu verbessern. Zudem wurden die getroffenen Maßnahmen in drei Kategorien summiert<br />

und betrachtet, unter welchen Umständen Studenten sinnvoll auf die kritischen Situationen<br />

reagierten. Da die Ergebnisse empirisch abgesichert und dennoch nah an der Lebenswelt der<br />

Studierenden sind, können konkrete und hilfreiche Folgerungen für die Gestaltung der<br />

Lehrerbildung abgeleitet werden.<br />

Meyer, B. E. (2010). Zur Professionalisierung durchSchulpraktika: Wie Lehramtsstudenten Anforderungen in ihren<br />

erstenPraxiskontakten begegnen. Baltmannsweiler: Schneider-Verl. Hohengehren.<br />

Reinhoffer, B. & Dörr, G.(2008). Zur Wirksamkeit Schulpraktischer Studien. In M. Rotermund (Hrsg.), Bologna<br />

verändert die Lehrerbildung.Auswirkungen der Hochschulreform (Schriftenreihe der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

Schulpraktische Studien, Bd. 3, S. 10*31). Leipzig:Leipziger Univ.-Verl.<br />

Strauss, A. & Corbin, J. (1996). Grounded theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim:Beltz<br />

Psychologie Verl.-Union.<br />

442


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 33 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum S2 147<br />

Christoph Herrmann, Stefan Brauckmann<br />

Tätigkeitsbezogenes Belastungserleben von Schulleitern/-innen – erste<br />

Befunde aus dem BMBF geförderten SHaRP-Projekt<br />

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung<br />

herrmann@dipf.de<br />

Obwohl das Belastungserleben von Lehrern/-innen schon sehr umfangreich untersucht wurden<br />

ist (vgl. hierzu z.B. Rothland 2007), gibt es bisher nur vereinzelt empirisch fundierte<br />

Untersuchungen zu Tätigkeitsanforderungen und –ausübungen und dem damit einhergehenden<br />

Belastungserleben von Schulleitern/-innen (vgl. Brauckmann & Herrmann 2012). Vor diesem<br />

Hintergrund werden erste Befunde aus dem Pretest des SHaRP (Schulleitungshandeln zwischen<br />

erweiterten Rechten und Pflichten)- Projektes berichtet.<br />

Der Fokus liegt auf der Beschreibung von Tätigkeitskontingenten (Zeitstunden ausgeführter<br />

Tätigkeiten nach Tätigkeitsbereichen) und dem Belastungserleben von Schulleitern/-innen. Die<br />

leitende Fragestellung ist, welche Tätigkeiten ausgeführt werden und welche Beanspruchungen<br />

bezüglich dieser bestehen. Tätigkeiten werden darüber hinaus zur erlebten Belastung der<br />

Befragten in Beziehung gesetzt und vor dem Hintergrund personaler und organisationaler<br />

Merkmale analysiert.<br />

Die Datenbasis beruht auf einer in Niedersachsen durchgeführten standardisierten Befragung,<br />

die neben individuellen Merkmalen, wie z.B. Skalen zur Persönlichkeit, zum Belastungserleben,<br />

zur Selbstregulationsfähigkeit und zum Führungsverhalten auch organisationale Merkmale (z.B.<br />

Schulform, -größe) erfasste.<br />

Die Ergebnisse dienen dazu bereichsspezifische Beanspruchungen zu identifizieren und kenntlich<br />

zu machen, wo mögliche Ansatzpunkte liegen, aufgabenbezogene Anforderungen von<br />

Schulleitern/-innen zu verstehen.<br />

Rothland, M. (Hrsg.) (2007). Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf. Modelle, Befunde, Interventionen.<br />

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Brauckmann, S. & Herrmann, C. (2012). Schulleitungshandeln im Rahmen Neuer Steuerung. Belastung oder<br />

Chance?. Zeitschrift für Bildungsverwaltung (1), 87-98.<br />

443


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 34 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 204<br />

Stanislaw Schukajlow, Andre Krug<br />

Multiple Lösungen, Leistungen und Interesse von Lernenden beim<br />

mathematischen Modellieren<br />

<strong>Universität</strong> Paderborn<br />

schustan@math.upb.de<br />

Konstruktivistische Lerntheorien wie die cognitiv flexibility theory lassen eine lernförderliche<br />

Wirkung der Entwicklung von multiplen Lösungen vermuten. Auch motivationale Dispositionen<br />

von Lernenden können gemäß der Selbstbestimmungstheorie durch die Behandlung von<br />

multiplen Lösungen verbessert werden. Im letzten Jahrzehnt wurden erste empirische<br />

Ergebnisse gesammelt, wie der Unterricht mit multiplen Lösungen gestaltet werden sollte<br />

(Große & Renkl, 2006; Rittle-Johnson & Star, 2009). Studien, welche die Effekte von multiplen<br />

Lösungen auf Leistungen und Interessen von Lernenden untersuchen, fehlen jedoch. An diesem<br />

Forschungsdesiderat setzt das DFG-Projekt MultiMa („Multiple Lösungen in einem<br />

selbständigkeitsorientierten Mathematikunterricht“) an. In der aktuellen Phase des Projekts<br />

MultiMa werden Lösungen untersucht, die durch das Treffen von Annahmen beim Bearbeiten<br />

von realitätsbezogenen Modellierungsaufgaben entwickelt werden können.<br />

In der Feldstudie wurde der Frage nachgegangen, in wie weit die Behandlung von mehreren<br />

Lösungen zu einer Modellierungsaufgabe Leistungen und Interesse von Lernenden beeinflusst.<br />

Hierfür wurden zwei 5-stündige Lernszenarien entwickelt, in 12 Lerngruppen (ca. 140 Schüler)<br />

erprobt und evaluiert. Die Studie war so konzipiert, dass der Einfluss der Lehrperson auf die<br />

beiden Untersuchungsbedingungen konstant gehalten wurde. In beiden Bedingungen wurde die<br />

selbständigkeitsorientierte operativ-strategische Unterrichtsmethode (Schukajlow et al., 2012)<br />

angewandt. Im Vortrag werden erste Ergebnisse dieser Feldstudie präsentiert.<br />

Große, C. S., & Renkl, A. (2006). Effects of multiple solution methods mathematics learning. Learning and Instruction,<br />

16(2), 122-138.<br />

Rittle-Johnson, B., & Star, J. R. (2009). Compared With What? The Effects of Different Comparisons on Conceptual<br />

Knowledge and Procedural Flexibility for Equation Solving. Journal of Educational Psychology, 101(3), 529-544.<br />

Schukajlow, S., Leiss, D., Pekrun, R., Blum, W., Müller, M., & Messner, R. (2012). Teaching methods for modelling<br />

problems and students’ task-specific enjoyment, value, interest and self-efficacy expectations. Educational<br />

Studies in Mathematics, 79(2), 215-237.<br />

444


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 34 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 204<br />

Andrea Ohst, Inga Glogger, Matthias Nückles, Alexander Renkl<br />

Knowledge in Pieces einen Rahmen geben? Ein Ansatz zur Optimierung<br />

eines Trainings<br />

Albert-Ludwigs-<strong>Universität</strong> Freiburg<br />

ohst@psychologie.uni-freiburg.de<br />

Knowledge in pieces - inkohärentes, unsystematisches (Vor)wissen, das häufig vom normativem<br />

Wissen abweicht– kann die Wirksamkeit von Fortbildungen einschränken. Die Vorabvermittlung<br />

eines übergreifenden, kategorialen Schemas, als strukturierender Rahmen, könnte Lernenden<br />

mit derartig strukturiertem Vorwissen helfen, mehr aus einer anspruchsvollen Schulung zu<br />

lernen. Befunde, die diese Hypothese stützen, fanden Slotta und Chi (2006) beim Physiklernen.<br />

Sie steigerten die Lernleistung von Studierenden über Elektrizität durch ein Pre-Training, bei<br />

dem zwei abstrakte Kategorien vorab vermittelt wurden, denen Lernende spontan oft<br />

physikalische Phänomene in inkorrekter Weise zuordnen. In einem Experiment bearbeiteten 45<br />

Lehramtsstudierende eine computerbasierte Lernumgebung zur Diagnose von primären<br />

Lernstrategien. Der Rahmenkonzeptionsgruppe (n=23) wurde zuvor ein übergreifendes,<br />

kategoriales Schema zur Abgrenzung von Lernstrategien vermittelt, das ihnen als<br />

strukturierender Rahmen zur Organisation ihres Wissens diente. Die Kontrollgruppe erhielt in<br />

einem vergleichbaren Pre-Training nur konkrete Informationen und damit keinen<br />

strukturierenden Rahmen. Bei gleichem bzw. deskriptiv leicht besserem Lernerfolg und<br />

größerem Interesse konnte die Rahmenkonzeptionsgruppe 7.32% der Lernzeit im Lernprogramm<br />

einsparen. Die vorgenommene Intervention führte zu effizienterem Lernen, sollte für<br />

durchschlagendere Effekte jedoch optimiert werden. Insgesamt liefert die Untersuchung einen<br />

Hinweis darüber, welche Maßnahmen helfen, die Barriere „inkompatibles Vorwissen“ zu<br />

überwinden und damit zur Optimierung von Schulungen.<br />

Slotta, J. D., & Chi, M. T. H. (2006). Helping students understand challenging topics in science through ontology<br />

training. Cognition and Instruction, 24, 261-289.<br />

445


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 34 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 204<br />

Nicole Brunnemann 1 , Jörn Sparfeldt 1 , Linda Wirthwein², Susanne R. Buch³, Detlef H. Rost²<br />

Zielorientierungen, schulische Interessen und Schulleistungen:<br />

Schulfachspezifische oder schulfachübergreifende Zusammenhänge?<br />

1 <strong>Universität</strong> des Saarlandes, ²Philipps-<strong>Universität</strong> Marburg, ³Bergische <strong>Universität</strong><br />

Wuppertal<br />

n.brunnemann@mx.uni-saarland.de<br />

Zielorientierungen gelten als bedeutsame Korrelate und Prädiktoren schulisch-motivationaler<br />

Variablen, Verhaltensweisen und schulischer Leistungen. Während seit den Anfängen der<br />

Zielorientierungsforschung Lern- und Leistungsziele unterschieden wurden, stützen<br />

zwischenzeitlich vielfältige Hinweise weitere Differenzierungen – insbesondere die Aufspaltung<br />

von Leistungszielen in Annäherungs- und Vermeidungsleistungsziele. Lange Zeit wurden<br />

Zielorientierungen außerdem lediglich inhaltsübergreifend oder auf konkrete Inhalte (z.B.<br />

Schulfächer, Kurse) bezogen erfasst; nur selten wurden simultan verschiedene Spezifitätsniveaus<br />

erhoben. Im Sinne des Symmetrieprinzips lassen sich die engsten Zusammenhänge mit<br />

Drittvariablen bei einander entsprechendem Spezifitätsniveau erwarten. Bei Baranik, Barron und<br />

Finney (2010) zeigte sich ein solches Befundmuster jedoch nur teilweise – insbesondere<br />

differierte die Vorhersage von Kursnoten (spezifisch) und kursübergreifenden Semesternoten<br />

(allgemein) aus spezifischen und allgemeinen Zielorientierungen nicht bedeutsam; lediglich bei<br />

der Prädiktion spezifischer Interessen und Wichtigkeitseinschätzungen konnte aus spezifischen<br />

Zielorientierungen substantiell mehr Varianz aufgeklärt werden.<br />

Zur Klärung dieser Widersprüche beantworteten Schülerinnen und Schüler der 7. bis 10.<br />

Klassenstufe (N = 1210) einen Fragebogen, in dem vier Zielorientierungen (Lernzielorientierung,<br />

Annäherungs-Leistungszielorientierung, Vermeidungs-Leistungszielorientierung,<br />

Arbeitsvermeidung; Spinath, Stiensmeier-Pelster, Schöne & Dickhäuser, 2002), bezogen auf (a)<br />

die Schule im Allgemeinen und (b) sechs Schulfächer berücksichtigt wurden. Gleichermaßen<br />

wurden Schulleistungen, schulische Interessen, Selbstkonzepte und Wichtigkeitseinschätzungen<br />

sowohl schulfachübergreifend als auch schulfachspezifisch erfasst. Mittels Korrelations- und<br />

Regressionsanalysen wird den Fragen engster Korrelationen und maximaler statistischer<br />

Vorhersagen bei einander entsprechendem Spezifitätsniveau nachgegangen. Das bezüglich der<br />

betrachteten Zielorientierungen teilweise differentielle Befundmuster wird hinsichtlich der<br />

pädagogischen Relevanz diskutiert.<br />

Baranik, L. E., Barron, K. E. & Finney, S. J. (2010). Examining specific versus general measures of achievement goals.<br />

Human Performance, 23, 155-172.<br />

Spinath, B., Stiensmeier-Pelster, J., Schöne, C. & Dickhäuser, O. (2002). Skalen zur Erfassung der Lern- und<br />

Leistungsmotivation – SELLMO. Göttingen: Hogrefe.<br />

446


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 34 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 204<br />

Sarah Wieckert<br />

Akademische Selbstkonzepte und gemeinsamer Unterricht<br />

Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

sarah.wieckert@tu-dortmund.de<br />

Theoretischer Hintergrund und bisheriger Stand der Forschung<br />

Der Schulbeginn kennzeichnet für alle Kinder einen entscheidenden neuen Lebensabschnitt. Ab<br />

diesem Zeitpunkt treten sie in das institutionalisierte Bildungssystem ein und sehen sich vielfältigen<br />

Herausforderungen gegenüber. Dabei ist die Entwicklung eines realistischen Selbstkonzepts für die<br />

weitere Schullaufbahn von besonderer Bedeutung (vgl. Kammermeyer/Martschinke 2003,<br />

Krause/Wiesmann/Hannich 2004, Prücher 2002).<br />

Eingesetzte empirische Forschungsmethode<br />

Unter Bezugnahme auf das multidimensionale Modell nach Shavelson, Hubner und Stanton (1976)<br />

werden das akademische Selbstkonzept sowie der Leistungsstand von Kindern mit und ohne<br />

Sehschädigung im Bereich mathematischer Kompetenzen erhoben, die gemeinsam beschult werden<br />

(vgl. Sundermann/Selter 2006). Dies geschieht zu drei Erhebungszeitpunkten (zu Beginn, zum<br />

Halbjahresende und zum Schuljahresende des ersten Schuljahres) anhand von leitfadengestützten<br />

Interviews und Lernstandserhebungen. Darüber hinaus finden Unterrichtshospitationen mit<br />

anschließender Befragung der Lehrkräfte über deren subjektive Theorien hinsichtlich ihres<br />

professionellen Handelns statt. Insgesamt nehmen fünf Grundschulklassen an der Untersuchung teil.<br />

Wissenschaftliche Fragestellung<br />

Es soll zum einen festgestellt werden, ob die Selbstkonzepte der Kinder mit ihren tatsächlichen<br />

mathematischen Fähigkeiten übereinstimmen. Zum anderen wird der Frage nachgegangen, welche<br />

Möglichkeiten der Unterstützung einer positiven Selbstkonzeptentwicklung im Unterrichtsalltag<br />

bestehen (vgl. Walthes 2005).<br />

Zentrale Forschungsergebnisse<br />

Es zeigen sich keine signifikanten Unterschiede in der Selbstkonzeptentwicklung von Kindern mit und<br />

ohne Sehschädigung. Die Entwicklungsverläufe stimmen mit den Ergebnissen anderer Studien überein<br />

(vgl. Beutel/Hinz 2008). Die Mehrzahl der befragten Grundschullehrerinnen sieht die in den Klassen<br />

bestehende Heterogenität als Herausforderung, der sie mit handlungsorientierter, individualisierter<br />

Unterrichtsgestaltung begegnet.<br />

Pädagogische Relevanz der Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse zeigen Möglichkeiten auf, gemeinsamen Unterricht zu gestalten und verweisen auf<br />

Anforderungen, die dadurch an das System Schule gestellt werden. Die Studie kann als Grundlage für<br />

weitere Forschungsvorhaben dienen. Die Studie kann als Grundlage für weitere Forschungsvorhaben<br />

dienen.<br />

Beutel, S.-I. & Hinz, R. (2008). Schulanfang im Wandel. Selbstkonzepte der Kinder als pädagogische Aufgabe. Berlin:<br />

LIT.<br />

Kammermeyer, G. & Martschinke, S. (2003). Schulleistung und Fähigkeitsselbstbild im Anfangsunterricht - Ergebnisse<br />

aus dem KILIA-Projekt. Empirische Pädagogik, 17, 486–503.<br />

Sundermann, B. & Selter, C. (2006). Beurteilen und Fördern im Mathematikunterricht. Gute Aufgaben - Differenzierte<br />

Arbeiten - Ermutigende Rückmeldungen. Berlin: Cornelsen Scriptor.<br />

Walthes, R. (2005). Einführung in die Blinden- und Sehbehindertenpädagogik. München: Reinhardt.<br />

447


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 35 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 208<br />

Franziska Frost, Tina Seidel, Manfred Prenzel<br />

Studienentscheidungen von Lehramtskandidatinnen und<br />

Lehramtskandidaten unter Berücksichtigung unterschiedlicher<br />

Zulassungsbedingungen und individueller Voraussetzungen<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

franziska.frost@tum.de<br />

Seit wenigen Jahren durchlaufen Lehramtsbewerberinnen und Lehramtsbewerber der TUM<br />

School of Education (Technische <strong>Universität</strong> München) ein zweistufiges Eignungsfeststellungsverfahren.<br />

Neben Direktzulassungen in der ersten Verfahrensstufe, welche u.a. auf Abiturnoten<br />

basieren, bestreitet ein Teil der Bewerberinnen und Bewerber ein Auswahlgespräch. Verglichen<br />

mit anderen Zulassungs-kriterien erfahren Auswahlgespräche eine hohe Akzeptanz unter<br />

Studienbewerberinnen und Studienbewerbern (Hell & Schuler, 2005). Bisher ist jedoch nur<br />

wenig darüber bekannt, welche Auswirkungen die Implementation eines derartigen<br />

Auswahlverfahrens auf die Studien-entscheidungen individueller Personen hat. Diese Studie<br />

geht der Frage nach, inwieweit Studienentscheidungen a) mit den Zulassungsbedingungen<br />

‚Direktzulassung‘ versus ‚Auswahl-gespräch‘ und b) mit individuellen Merkmalen zusammenhängen.<br />

Der Bewerbungsverlauf einer vollständigen Bewerberkohorte (N = 237; WS 2011/12) des<br />

gymnasialen Lehramtsstudiengangs Naturwissenschaftliche Bildung an der TUM School of<br />

Education wurde rekonstruiert. Innerhalb der Gruppe mit direkten Zulassungen (N = 133),<br />

nahmen ca. 48.9 % den Studienplatz an. N = 144 Personen erhielten eine Einladung zum<br />

Auswahlgespräch. Von den zugelassenen Personen immatrikulierten sich 53.5 %, 1.8 % wurden<br />

abgelehnt und 44.7 % nahmen das Auswahlgespräch nicht wahr. Zusätzlich laufen derzeit<br />

Nachforschungen darüber, wer sich an einer anderen <strong>Universität</strong> für ein Lehramtsstudium<br />

entschieden hat.<br />

Systematische Analysen der Abiturzeugnisse, Motivationsschreiben und Lebensläufe erlauben<br />

Aussagen über kognitive Voraussetzungen, Studienwahlmotive und das Vorhandensein<br />

pädagogischer Vorerfahrungen der Bewerberinnen und Bewerber.<br />

Erste Ergebnisse zeigen, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Immatrikulation in beiden<br />

Zulassungs-bedingungen nicht signifikant unterscheidet. Mittels deskriptiven Statistiken werden<br />

die unterschiedlichen Verfahrensgruppen in ihren kognitiven, motivationalen und biografischen<br />

Merkmalen charakterisiert. Varianzanalysen und Chi-Quadrat-Tests werden eingesetzt, um<br />

signifikante Unterschiede in den individuellen Merkmalen der Personengruppen zu<br />

identifizieren. Die Ergebnisse der Studie tragen zur Diskussion darüber bei, wie Auswahlverfahren<br />

gestaltet werden können, um zur Selektion von Personen mit günstigen Voraussetzungen<br />

für das Lehramtsstudium beizutragen.<br />

Hell, B., & Schuler, H. (2005). Verfahren der Studierendenauswahl aus Sicht der Bewerber. Empirische Pädagogik,<br />

19(4), 361-376.<br />

448


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 35 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 208<br />

Bernadette Gold, Manfred Holodynski, Stephan Förster<br />

Lernen Unterricht zu analysieren – Evaluation eines videobasierten<br />

Lehrseminars zur Förderung der klassenführungsbezogenen<br />

Analysekompetenz<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

Bernadette.Gold@uni-muenster.de<br />

Klassenführung ist eine wichtige Lehrerkompetenz und es liegen zahlreiche empirische<br />

Evidenzen für ihre Bedeutsamkeit vor (Wang, Haertel & Walberg, 1993). Eine wesentliche<br />

Voraussetzung für eine effektive Klassenführung ist die Fähigkeit, klassenführungsrelevante<br />

Situationen im Unterricht erkennen, analysieren und mögliche Handlungsalternativen benennen<br />

zu können (Sherin, 2002). Diese Analysekompetenz erfordert neben deklarativem Wissen über<br />

Klassenführung vor allem situiertes und fallbasiertes Wissen über klassenführungsrelevante<br />

Unterrichtssituationen. Solch eine unterrichtsbezogene Analysekompetenz fungiert als<br />

Vermittler zwischen Wissen und Handeln. Die vorliegende Evaluationsstudie beschäftigt sich<br />

damit, inwiefern sich diese Kompetenz bereits in der universitären Lehramtsausbildung anhand<br />

von Unterrichtsvideos und ihrer angeleiteten Analyse vermitteln lässt. In den Lehrseminaren im<br />

Umfang von 60 Stunden analysierten die Studierenden in Partnerarbeit ausgewählte<br />

Unterrichtsausschnitte hinsichtlich der Klassenführungsdimensionen Allgegenwärtigkeit/Überlappung,<br />

Strukturierung und Gruppenfokus (Kounin, 2006). An der Studie nahmen 120<br />

Studierende mit einem Prä-Post-Kontrollgruppendesign teil, von denen 57 das Seminar<br />

besuchten und 63 nur die Prä- und Postmessung ohne Erhalt des Trainings bearbeiteten. Es<br />

zeigte sich ein signifikanter Interaktionseffekt von Messzeitpunkt und Gruppe in der erwarteten<br />

Richtung, wobei sich für die Facetten Strukturierung und Gruppenfokus eine mittlere<br />

Effektstärke ergab während für die Facette Allgegenwärtigkeit keine Effekte gefunden wurden.<br />

Kontrollvariablen wie Alter, Geschlecht, Fachsemester aber auch Erfahrungen mit Unterrichtsanalysen<br />

und Klassenführung hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Analysekompetenz<br />

klassenführungsrelevanter Unterrichtssituationen. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf<br />

forschungsrelevante und praktische Implikationen diskutiert.<br />

Kounin, J. S. (2006). Techniken der Klassenführung. Münster: Waxmann.<br />

Schwindt, K. (2008). Lehrpersonen betrachten Unterricht. Kriterien für die kompetente Unterrichtswahrnehmung.<br />

Münster: Waxmann.<br />

Wang, M. C., Haertel, G. D. & Walberg, H. J. (1993). Toward a knowledge base for school learning. Review of Educational<br />

Research, 63, 249-294.<br />

449


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 35 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 208<br />

Heike Brauer, Matthias Wilde<br />

Erhebung von Lern- und Lehrvorstellungen von künftig Lehrenden der<br />

Biologie<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

heike.brauer@osnanet.de<br />

Lehr- und Lernvorstellungen wurden bislang entweder als Vorstellungen zum Lernen der<br />

Schülerinnen und Schüler (SuS) oder als Vorstellungen zum eigenen Lernen der Lehrenden<br />

erhoben. Ein zentrales Ziel dieses Instruments ist daher die Verbindung der beiden Perspektiven.<br />

Darüber hinaus soll die Erhebung von allgemein-pädagogischen und fachspezifischpädagogischen<br />

Vorstellungen kombiniert werden. Dabei werden die allgemein-pädagogischen<br />

Vorstellungen in den Dimensionen transmissiv und konstruktivistisch, die fachspezifischpädagogischen<br />

Vorstellungen in den Dimensionen Vernetzung und Präkonzepte erhoben.<br />

Den Fragebogen füllten 252 künftig Lehrende der Biologie in unterschiedlichen Fachsemestern<br />

aus verschiedenen Bundesländern aus. In ihm wurden die Items zu den Vorstellungen zum<br />

Lernen der SuS „gespiegelt“, indem jedes Item ein zweites Mal verwendet und auf die<br />

Vorstellungen zum eigenen Lernen gerichtet wurde. Die Validierung wurde extern mithilfe<br />

weiterer Testinstrumente konzeptionell und diskriminant erfolgreich vorgenommen.<br />

In beiden Perspektiven zeigt die Hauptkomponentenanalyse eine gute Trennung der<br />

angenommenen Faktoren. Die Werte für Cronbachs α weisen für alle Skalen Werte im guten<br />

bzw. akzeptablen Bereich auf. In beiden Perspektiven sind die Zustimmungen auf allgemeinpädagogischer<br />

Ebene zu konstruktivistisch orientierten Aussagen höher als zu transmissiv<br />

orientierten. Auf fachspezifisch-pädagogischer Ebene befürworten künftig Lehrende Vernetzung,<br />

äußern aber geringere Zustimmung zu Aussagen über Präkonzepte.<br />

Beide mit der Entwicklung des Instruments verbundenen Ziele wurden erreicht. So lassen sich<br />

die Vorstellungen von künftig Lehrenden zum Lernen der SuS von den Vorstellungen zum<br />

eigenen Lernen getrennt voneinander erheben und sind somit einem direkten Vergleich<br />

zugänglich. Des Weiteren lassen sich die Lern- und Lehr-Vorstellungen auch auf der Ebene der<br />

allgemein-pädagogischen Vorstellungen mit fachspezifisch-pädagogischen Vorstellungen direkt<br />

vergleichen. Dies ist bedeutsam, um Ansatzpunkte für eine Förderung einer stärker<br />

konstruktivistisch orientierten Didaktik im Sinne eines conceptual change zu identifizieren (van<br />

Driel, Beijaard & Verloop, 2001). Erkenntnisse über Lehr- und Lernvorstellungen lassen<br />

Rückschlüsse auf mögliche Ansatzpunkte für eine zeitgemäße Lehrerausbildung und gelingende<br />

Professionalisierung zu (de Jong, 2007).<br />

van Driel, J.H., Beijaard, D. & Verloop, N. (2001). Professional development and reform in science education: The<br />

role of teachers’ practical knowledge. Journal of Research in Science Teaching, 38(2), 137-158<br />

450


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 35 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 208<br />

Eva Schumacher<br />

Professionelle Kompetenz und Persönlichkeitsmerkmale bei<br />

Lehramtsstudierenden<br />

<strong>Universität</strong> des Saarlandes<br />

e.schumacher@mx.uni-saarland.de<br />

Ziel der Studie ist es zu überprüfen, ob Lehramtsstudierenden über ähnliche berufsbezogene<br />

Eigenschaften verfügen, die in Bezug auf professionelle Handlungskompetenz bei Lehrkräften<br />

formuliert werden. Darüber hinaus sollte untersucht werden, ob basierend auf den Profilen von<br />

Persönlichkeitsfaktoren verschiedene Typen von zukünftigen Lehrkräften unterschieden werden<br />

können.<br />

Ausgehend vom Modell der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften (Baumert &<br />

Kunter, 2006) wurden in der Studie vier Kernaspekte professionellen Handelns analysiert: Professionswissen,<br />

Überzeugungen und Erwartungen, Motivation sowie selbstregulative Fähigkeiten. Darüber<br />

hinaus wurden solche Persönlichkeitsfaktoren (Big Five) erfragt, von denen nachweisbar ist, dass hohe<br />

Ausprägungen dieser Faktoren hilfreich bei der Bewältigung des Schulalltages sind (Wetzel, 2007):<br />

Gewissenhaftigkeit, Extraversion und Emotionale Stabilität (als geringe Ausprägung des Faktors<br />

Neurotizismus).<br />

Insgesamt nahmen 39 Lehramtsstudierende (66,7% Frauen) an der Studie teil. Die Teilnehmer waren<br />

hauptsächlich im fünften Semester (SD=2.54) für ein Lehramtsstudium eingeschrieben und im<br />

Durchschnitt 24.38 Jahre (SD=3.73) alt. Die Studierenden bearbeiteten einen Fragebogen mit 104<br />

Items zur Erfassung von Kompetenzaspekten und 21 Items zur Persönlichkeit (Reliabilitäten: α>.60),<br />

welche der deutschen Kurzfassung des Big-Five-Fragebogens von Rammstedt und John (2005)<br />

entsprachen.<br />

Die Ergebnisse (Hauptkomponentenanalyse) ergaben, dass sich das Modell der professionellen<br />

Kompetenz auch auf Lehramtsstudierende übertragen lässt. Außerdem konnte gezeigt werden, dass<br />

der Großteil der Studierenden (N=37) hohe Ausprägungen auf den Skalen Gewissenhaftigkeit und<br />

Extraversion aufweisen. Eine Clusterzentrenanalyse ergab, dass ein Viertel der Probanden (N=11) eine<br />

günstige Kombination der Persönlichkeitsfaktoren zeigte: hohe Ausprägungen auf den Skalen<br />

Gewissenhaftigkeit und Extraversion gehen einher mit geringen Ausprägungen der Skala<br />

Neurotizismus.<br />

Im Sinne nachhaltiger Forschung zum Thema Lehrerprofessionalität soll der Fokus in zukünftigen<br />

Studien mehr auf selbstregulative Fähigkeiten der Lehrpersonen gelenkt werden, da angenommen<br />

wird, dass diese in der Lehrerbildung ausgebaut werden können. Außerdem soll untersucht werden,<br />

welchen Einfluss selbstregulative Fähigkeiten der Lehrkräfte auf die Leistung von Lernenden hat.<br />

Baumert, J.& Kunter (2006).Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für<br />

Erziehungswissenschaft, 9 (4), 469-520.<br />

Rammstedt, B. & John O. P. (2005). Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K): Entwicklung und Validierung eines<br />

ökonomischen Inventars zur Erfassung der fünf Faktoren der Persönlichkeit. Diagnostica, 51 (4), 195-206.<br />

Wetzel, C. (2007). Die Bedeutung von Soft Skills für Erfolg im Studium und Beruf. Eine vergleichende Studie von<br />

hochbegabten Studenten und Unternehmensberatern. Münster: Waxman.<br />

451


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 35 | 13:30 Uhr – 14:10 Uhr | Raum T2 208<br />

Sabine Weiß, Ewald Kiel<br />

„Was muss ich als Lehrer/in können?“ Die Sicht von Lehrkräften und<br />

Ausbildungspersonen auf ihren Beruf<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

sabine.weiss@edu.lmu.de<br />

Lehrerarbeit insgesamt sowie die daraus resultierenden Anforderungen an Lehrkräfte stellen ein<br />

wenig untersuchtes Forschungsfeld dar (Roth, 2011). Jenseits normativer Vorstellungen fehlt<br />

eine wissenschaftliche Fundierung der für den Lehrerberuf erforderlichen Fähigkeiten und<br />

Eigenschaften weitgehend.<br />

Die vorliegende, in die beiden Projekte „Anforderungsanalysen für den Lehrberuf“ und „Risiko-<br />

Check für das Lehramt“ eingebettete, Untersuchung hat dieses Defizit als Ausgangspunkt. In<br />

Form einer ermittelnden Gruppendiskussion werden Meinungen und Einstellungen zu den für<br />

die Berufsausübung zentralen Anforderungen erhoben. Die Auswertung orientierte sich am<br />

Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2003). Als Experten wurden Lehrkräfte<br />

sowie in der Lehrerausbildung tätige Personen herangezogen. Die Identifikation der für den<br />

Beruf bedeutsamen Anforderungen erfolgt, ausgehend von verschiedenen Arbeitsinhalten,<br />

schulartspezifisch (vgl. Weiß, Schramm & Kiel, im Druck).<br />

Der Vortrag stellt zentrale Ergebnisse dieser empirisch entwickelten Anforderungsprofile dar. Als<br />

ein Ergebnis zeigt sich, dass die Anforderungsprofile schulartenspezifisch differieren, z.B. was die<br />

Bedeutung von Fachwissen und pädagogischen Fähigkeiten betrifft. Über diesen, nicht allzu<br />

überraschenden, Befund hinaus sind jedoch auch Unterschiede bezüglich der Ausprägung von<br />

u.a. Führungsverhalten, Stressresistenz oder didaktischen Fähigkeiten festzustellen. Ebenso<br />

besteht aber Konsens über einige v.a. sozialen Fähigkeiten (z.B. Kommunikation,<br />

Einfühlungsvermögen), die in allen Lehrämtern als wichtig eingeschätzt werden.<br />

Als einen zweiten Befund ist auf Unterschiede zwischen den Expertengruppen, also der<br />

Perspektive der Lehrkräfte und der der Ausbildungspersonen, hinzuweisen. Während Lehrkräfte<br />

in erster Linie die Bedeutung von Empathie und Authentizität herausstellen, ohne dies näher zu<br />

begründen, verweisen Ausbilder auf Fähigkeiten zur Lehrerrolle, das Auftreten und die Haltung,<br />

sowie fachliche Kompetenz.<br />

Mayring, P. (2003). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim, Basel: Beltz.<br />

Roth, L. (Hrsg.) (2011). Paedagogik. Handbuch fuer Studium und Praxis. Muenchen: Oldenbourg.<br />

Weiss, S., Schramm, S. & Kiel, E. (im Druck). Was sollen Grundschullehrerinnen und -lehrer koennen?<br />

Lehrerbildung auf dem Pruefstand.<br />

452


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 36 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 205<br />

Jenna Sänger, Markus Emden, Elke Sumfleth<br />

Förderung naturwissenschaftlich-experimentellen Arbeitens durch Worked<br />

Examples mit integrierten hands-on Experimenten<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

jenna.saenger@uni-due.de<br />

Naturwissenschaftlich-experimentelles Arbeiten ist zentraler Bestandteil des Kompetenzbereichs<br />

Erkenntnisgewinnung der Nationalen Bildungsstandards im Fach Chemie (KMK, 2005) und muss<br />

als solcher gefördert werden. Zur Förderung entsprechender Kompetenzen im Rahmen eines<br />

zusätzlichen Angebots vor Beginn des Chemieunterrichts an Gymnasien wurden drei<br />

Lerneinheiten für die Jahrgangsstufe 6 entwickelt. Zwei der Einheiten kombinieren hands-on<br />

Experimente mit Worked Examples. In Versuchsgruppe 1 hingegen wurden experimentelle<br />

Problemlöseaufgaben mit optionalen Hinweiskarten eingesetzt. Gruppe 2 arbeitete mit Worked<br />

Examples, die durch Realexperimente führen. Während Gruppe 3 mit identischen Worked<br />

Examples und additiven metakognitiven Prompts lernte. Gemäß der Cognitive Laod Theorie<br />

(Chandler & Sweller, 1991) ist zunächst davon auszugehen, dass SchülerInnen, die mit Worked<br />

Examples arbeiten, einen höheren Wissenszuwachs erzielen, als solche, die mit<br />

Problemlöseaufgaben arbeiten. Eine Pilotierung der Lernmaterialien erfolgte im Rahmen eines<br />

Prä-, Post-, Follow up-Designs und einer Stichprobe von N=68. Erste Ergebnisse zeigen, dass die<br />

entwickelten Reihen naturwissenschaftlich-experimentelles Arbeiten fördern können. Im Zuge<br />

einer sich anschließenden Hauptstudie mit N>300 SchülerInnen und optimierten Materialien<br />

wird weiter untersucht, welche Art von Lernmaterial sich im Bereich der naturwissenschaftlichexperimentellen<br />

Arbeitsweisen als am lernförderlichsten erweist.<br />

Chandler, P., & Sweller, J. (1991). Cognitive Load Theory and the Format of Instruction. Cognition and Instruction,<br />

8(4), 293–332.<br />

Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland [KMK]. (2005).<br />

Bildungsstandards im Fach Chemie für den Mittleren Schulabschluss. Beschluss vom 16.12.2004. München:<br />

Luchterhand.<br />

453


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 36 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 205<br />

Regula Fankhauser<br />

Ich mach' mir ein Bild. Bildnerische Lernformen im Sachunterricht.<br />

Pädagogische Hochschule Bern<br />

regula.fankhauser@phbern.ch<br />

Der Beitrag fokussiert den Prozesscharakter von schulischem Lernen und orientiert sich<br />

dabei an der interpretativen Unterrichtsforschung (Wiesemann, 2006). Das Forschungsprojekt,<br />

das vorgestellt wird, untersucht den Zusammenhang zwischen unterschiedlichen symbolischen<br />

Repräsentationsmodi, in denen Wissen erarbeitet wird, und dem Lernprozess.<br />

Theoretisch wird dabei an den Ansatz der Forschergruppe von Project Zero in Harvard angeknüpft<br />

(z.B. Tishman & Palmer, 2007). Dieser geht davon aus, dass bildnerische Repräsentationsformen<br />

kognitive Dispositionen wie z.B. Beobachten und Beschreiben fördern können<br />

und dass der Einsatz unterschiedlicher symbolischer Darstellungsformen der Vielfalt<br />

individueller Lerntypen besser gerecht werden kann als monoperspektivische Lernsettings.<br />

Die Fallstudie stellt zwei Unterrichtssequenzen im Sachunterricht der Mittelstufe einander<br />

gegenüber; eine sprachlich dominierte Sequenz wird mit einer bildnerischen verglichen. In<br />

einem Triangulationsverfahren werden 8 Fokuskinder während des Unterrichts videografiert,<br />

die von ihnen hergestellten Dokumente analysiert und in fokussierten Interviews besprochen.<br />

Erste Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass der Wert bildnerischer Lernformen<br />

v.a. auch in ihrem diagnostischen Potential zu sehen ist: sie machen die individuellen<br />

Konstruktionsprozesse und die verschiedenen Lerntypen sichtbar und dadurch empirisch<br />

beobachtbar.<br />

Tishman, S., & Palmer, P. (2007). Es lohnt sich, über Kunstwerke nachzudenken. In R. Niehoff & R. Wenrich (Eds.),<br />

Denken und Lernen mit Bildern. Interdisziplinäre Zugänge zur Aesthetischen Bildung. (pp. 122-161). München:<br />

kopaed.<br />

Wiesemann, J. (2006). Die Sichtbarkeit des Lernens. Empirische Annäherung an einen pädagogischen Lernbegriff.<br />

In P. Cloos & W. Thole (Eds.), Ethnografische Zugänge. Professions- und adressatInnenbezogene Forschung im<br />

Kontext von Pädagogik. (pp. 171-183). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

454


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 36 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 205<br />

Nicola Hericks<br />

Selbstständigkeitsentwicklung von Schüler/-innen im Offenen Unterricht –<br />

Ergebnisse einer Studie zur Wirksamkeit und Nachhaltigkeit<br />

Eigenverantwortlichen Lernens und Arbeitens am Gymnasium<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

nicola.hericks@uni-bielefeld.de<br />

Bei dem Konzept zum Eigenverantwortlichen Lernen und Arbeiten handelt es sich um ein<br />

umfassendes pädagogisch-didaktisches Vorhaben, Unterricht auf der Grundlage einer<br />

Neubestimmung des Zusammenhangs von schulischer Allgemeinbildung, eines zeitgemäßen<br />

Lernkompetenzmodells und einer Kultur erweiterter Lehr- und Lernarrangements zu innovieren.<br />

Reformpädagogisch schließt das Eigenverantwortliche Lernen und Arbeiten an gesellschaftspolitisch<br />

und bildungstheoretisch begründete schulische Leitideen an, die für die heutige<br />

veränderte Aufwachsens- und Lebenssituation von besonderer Relevanz sind. Unter der<br />

Leitkategorie einer Erziehung zur Selbstständigkeit geht es einerseits um die Akzentuierung<br />

selbstregulierten Lernens und andererseits um die Stärkung von emotional-sozialer, Methoden-<br />

und Ich-Kompetenz. Die Lernarrangements, die dazu angeboten werden, sind in den<br />

didaktischen Makroformen Schüleraktiven (Offenen) Unterrichts, der Freiarbeit und der Projektarbeit,<br />

angesiedelt.<br />

Empirische Untersuchungen zum Offenen Unterricht in der Sekundarstufe liegen bislang nur<br />

sehr begrenzt vor. Eine Verallgemeinerung und Übertragung der Ergebnisse auf den weiteren<br />

Regelunterricht sowie die Klärung kurz- und mittelfristige Effekte offener Lernformen sind daher<br />

zurzeit noch nicht in ausreichendem Maß möglich.<br />

Die explorativ angelegte Studie greift die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum<br />

Schüleraktiven (Offenen) Unterricht auf. Darunter aktuelle Befunde der Motivations- und<br />

Lernpsychologie zum Zusammenhang von Identitätsentwicklung (Selbstkonzept), Kompetenzerwerb<br />

(Selbstwirksamkeit) und Autonomie (Eigenverantwortlichkeit). Dazu wurden Lehrkräfte,<br />

Eltern und Schüler/-innen nach ihren subjektiven Überzeugungen, Meinungen und Reaktionen<br />

zum derzeitigen Frei- und Projektarbeits-Konzepts der Schule sowie zu dessen intendierten<br />

Effekten befragt. Untersuchungsschwerpunkte waren unter anderem die Beurteilung über die<br />

Anschlussfähigkeit der Frei- und Projektarbeit an den übrigen Unterricht, die Einschätzung des<br />

Kompetenzerwerbs, Optimierungsmöglichkeiten sowie Qualifikationen und Kompetenzen der<br />

unterrichtenden Lehrkräfte bezüglich des Reformkonzepts.<br />

Der Vortrag geht insbesondere auf die Entwicklung der Selbstständigkeit der Schüler/-innen in<br />

Abhängigkeit von der Dauer des Offenen Unterrichts sowie auf das Selbststän-digkeitsempfinden<br />

der Schüler/-innen ein.<br />

Jürgens, E. / Standop, J. / Hericks, N. (2011). Eigenverantwortliches Lernen und Arbeiten am Gymnasium.<br />

Weinheim und Basel: Beltz Juventa.<br />

455


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 36 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 205<br />

Maximilian Knogler, Doris Lewalter<br />

Entwicklung und empirische Analyse einer problemorientierten<br />

schulischen Lernumgebung nach dem Design-Based Research Ansatz<br />

Technische <strong>Universität</strong> München<br />

maximilian.knogler@tum.de<br />

Der Beitrag beschreibt das Vorgehen, Ergebnisse und Schlussfolgerungen eines Forschungsprogramms<br />

entsprechend des Design-Based Research (DBR) Ansatzes zur<br />

Motivationsentwicklung im problemorientierten Unterricht.<br />

Der Begriff Design-Based Research bezieht sich auf ein zunehmend verbreitetes Forschungsparadigma,<br />

das auf die Kooperation von Akteuren aus dem Bereich der Bildungsforschung und<br />

der Bildungspraxis angelegt ist (Anderson & Shattuck, 2012). Die zweifache Zielsetzung<br />

entsprechender kooperativer Bemühungen betreffen neben theoriebildenden Erkenntnissen zu<br />

kontextbasierten Lernprozessen, die Entwicklung theoretisch fundierter Lernumgebungen, die<br />

durch iterative Prozesse nach und nach optimiert werden. DBR wird dabei als eine<br />

vielversprechende Möglichkeit gesehen Unterrichtsentwicklung zielgerichtet auf Bildungsstandards<br />

und praxiswirksam zu betreiben, der zugleich das Potential zugeschrieben wird,<br />

Innovationen im Bildungswesen forschungsgeleitet voranzubringen (Reusser, 2011).<br />

Entsprechend der iterativen Vorgehensweise des DBR-Ansatzes werden im Vortrag die ersten<br />

Zyklen eines Forschungsprogrammes zur Entwicklung und Analyse einer umfangreichen,<br />

problemorientierten Lernumgebung (Planspiel zum Thema Energieversorgung) für den<br />

naturwissenschaftlichen Unterricht der Sekundarstufe II vorgestellt. Zwischen Design und Re-<br />

Design standen dabei jeweils unterrichtliche Implementierungen in verschiedenen Gymnasien.<br />

Die Stichprobengrößen betragen N=112 und N=158 Schülerinnen und Schüler. Handlungsleitend<br />

für Veränderungen am Design waren dabei die Erkenntnisse der empirischen Begleitforschung,<br />

die motivationale Prozesse und Kriterien in den Blick nahm. Forschungsfragen bezogen sich u.a.<br />

auf die Wirksamkeit und mögliche Bedingungsfaktoren hinsichtlich der Relevanzwahrnehmung<br />

von Naturwissenschaft und Technik sowie für das Interesse am Thema. Stand zunächst die<br />

theoriegeleitete Entwicklung der Lernumgebung im Vordergrund, so wurden in späteren Zyklen<br />

zunehmend differenziertere empirische Analysen zur Theoriebildung im Bereich der Interessenentwicklung<br />

(Renninger & Su, 2012) durchgeführt.<br />

Bilanzierend kann festgehalten werden, dass sowohl das Design der Lernumgebung an<br />

Wirksamkeit hinzugewann, als auch das Forschungsdesign im Rahmen des DBR Prozesses<br />

zunehmend präzisiert wurde und damit letztlich auch ein Beitrag zur Theoriebildung geleistet<br />

werden konnte.<br />

Anderson, T. & Shattuck, J. (2012). Design-based research: A decade of progress in education research?<br />

Educational Researcher, 41 (1), 16-25.<br />

456


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 37 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 213<br />

Denise Klinge, Kai Maaz, Hanna Dumont<br />

Milieuspezifische Einflüsse auf die Übergangsentscheidung von der<br />

Grundschule auf die weiterführende Schule<br />

<strong>Universität</strong> Potsdam<br />

denise.klinge@uni-potsdam.de<br />

Bildungsbiographien sind maßgeblich von Übergängen innerhalb des Bildungssystems geprägt<br />

(vgl. Maaz et al., 2010). Gerade in Deutschland werden schon früh, im Übergang von der<br />

Grundschule auf weiterführende Schulen, Weichen für den späteren beruflichen Lebensweg<br />

gestellt.<br />

Die Wahl der Schule hängt dabei nicht nur von der Leistung sondern auch vom Entscheidungsverhalten<br />

der Eltern ab (vgl. Maaz et al., 2010). Ein Modell, das besonders in quantitativen<br />

Studien zur Modellierung des elterlichen Entscheidungsverhaltens genutzt wird, ist das Rational-<br />

Choice-Modell, in welchem unterschiedliche Kosten-Nutzen-Bilanzen der Bildungsbeteiligung vor<br />

dem Hintergrund der eigenen sozialen Position gezogen werden (vgl. Esser, 1999). Weitestgehend<br />

unerforscht sind jedoch die vorgelagerten elterlichen Annahmen und milieuspezifischen<br />

Überzeugungen zu den verschiedenen Bildungsinstitutionen, welche maßgeblich die<br />

Entscheidung beeinflussen. Der vorliegende Beitrag geht daher der Frage nach, welche<br />

Orientierungsrahmen der elterlichen Bildungsentscheidung sich bei dem Übergang von der<br />

Grundschule auf weiterführende Schulen finden lassen. Dabei wird untersucht, inwiefern sich<br />

das Rational-Choice-Modell um die Habitustheorie (vgl. Helsper et al., 2009) erweitern lässt.<br />

Vorliegend wird angenommen, dass habituelle handlungsleitende Orientierungen als<br />

vorgelagerter Rahmen in das Rational-Choice-Modell integriert werden können.<br />

Dazu werden leitfadengestützte narrative Interviews mit Eltern nach der Entscheidungssituation<br />

durchgeführt und mithilfe der dokumentarischen Methode ausgewertet, um die handlungsleitenden<br />

Orientierungen der Eltern zu rekonstruieren. Die Interviews wurden mit Berliner Eltern<br />

durchgeführt, welchen zwar im Berliner System eine Übergangsempfehlung gegeben wird, diese<br />

jedoch keinen bindenden Charakter hat. Kontrastiert werden dabei Eltern, die sich im neuen<br />

Schulsystem für das Gymnasium, oder für die in Berlin neu eingerichtete integrierte Sekundarschule<br />

(ISS) entschieden haben. Im Beitrag sollen das Design des Forschungsvorhabens, sowie<br />

erste Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt werden.<br />

Esser, H. (1999). Soziologie. Spezielle Grundlagen. (Vol. 1). Frankfurt / New York: Campus Verlag.<br />

Helsper, W., Kramer, Thiersch, S., Ziems, C. (2009). Bildungshabitus und Übergangserfahrungen bei Kindern.<br />

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft Sonderheft 12-2009 (Bildungsentscheidungen),126-152. Wiesbaden: VS<br />

Verlag für Sozialwissenschaften.<br />

Maaz, K, Baumert, J., Gresch, C. & McElvany, M. [Hrsg.]. (2010): Der Übergang von der Grundschule in die<br />

weiterführende Schule – Leistungsgerechtigkeit und regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten.<br />

Bonn & Berlin: BMBF.<br />

457


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 37 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 213<br />

Karin Guill 1 , Katrin Lintorf²<br />

Nachhilfeunterricht vor dem Grundschulübergang<br />

1 Institut für Schulentwicklungsforschung; Technische <strong>Universität</strong> Dortmund, ²Westfälische<br />

Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

guill@ifs.tu-dortmund.de<br />

Weltweit nehmen zahlreiche Schüler privaten Nachhilfeunterricht. Das Ausmaß der Nutzung schwankt<br />

international erheblich von nur wenigen Prozent bis hin zur Mehrheit eines Schülerjahrgangs (Guill,<br />

2010). Eine prominente Hypothese zur Erklärung dieser Varianz ist der Einsatz von high-stakes exams<br />

in einigen Staaten. Diese Prüfungen haben eine erhebliche Bedeutung für die Bildungskarriere, indem<br />

sie etwa den Zugang auf gute Sekundarschulen oder <strong>Universität</strong>en regeln. Daher wird angenommen,<br />

dass Familien in den betreffenden Staaten Nachhilfeunterricht nutzen, um die Erfolgschancen ihres<br />

Kindes zu erhöhen (Baker, Akiba, LeTendre & Wiseman, 2001). Ein empirischer Beleg dieser<br />

Hypothese steht jedoch aus und ist angesichts der sozioökonomischen und kulturellen Unterschiede<br />

zwischen den Staaten sowie der unterschiedlichen Platzierung der high-stakes exams im<br />

Bildungsverlauf schwierig.<br />

Hier stellen Analysen zur Nachhilfenutzung am Ende der deutschen Grundschulzeit eine gute<br />

Alternative dar: Ähnlich einem high-stakes exam hat die Grundschulempfehlung eine hohe Bedeutung<br />

für die weitere Bildungskarriere. Zudem variieren die Bundesländer bei ansonsten geringen<br />

sozioökonomischen und kulturellen Unterschieden in der Verbindlichkeit der Übergangsempfehlung<br />

und im Aufwand, den Familien ggf. erbringen müssen, um sich darüber hinwegzusetzen (Füssel,<br />

Gresch, Baumert & Maaz, 2010). Es wird daher die Hypothese überprüft, ob Schüler mit hohen<br />

Bildungsaspirationen in Bundesländern mit verbindlicher Übergangsempfehlung eher<br />

Nachhilfeunterricht nutzen als Schüler in Bundesländern mit weniger verbindlicher Empfehlung.<br />

Weitere relevante Prädiktoren der Nutzung von Nachhilfeunterricht wie der sozioökonomische Status<br />

der Schülerfamilien, ihr Einkommen und die Schulleistung der Kinder (Guill, 2012) werden kontrolliert.<br />

Die Datengrundlage entstammt einer aktuellen repräsentativen Grundschuluntersuchung. Zur<br />

Erklärung der binären abhängigen Variable (Nachhilfe ja/nein) wird aufgrund der geclusterten<br />

Stichprobe ein hierarchisches logistisches Regressionsmodell (HGLM) spezifiziert, wobei die<br />

Interaktion zwischen familiärer Bildungsaspiration und Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung im<br />

Fokus steht.<br />

Die Relevanz der empirischen Ergebnisse in Hinblick auf die Notwendigkeit und die Möglichkeit, die<br />

Verlagerung schulischen Lernens in die außerschulische Nachhilfe einzudämmen, wird diskutiert.<br />

Baker, D. P., Akiba, M., LeTendre, G. K. & Wiseman, A. W. (2001). Worldwide shadow education: outside-school<br />

learning, institutional quality of schooling, and cross-national mathematics achievement. Educational Evaluation<br />

and Policy Analysis, 23 (1), 1–17<br />

Füssel, H.-P., Gresch, C., Baumert, J. & Maaz, K. (2010). Der institutionelle Kontext von Übergangsentscheidungen:<br />

Rechtliche Regelungen und die Schulformwahl am Ende der Grundschulzeit. In K. Maaz, J. Baumert, C. Gresch<br />

& N. McElvany (Hrsg.), Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule (S. 87–106). Berlin:<br />

BmBF<br />

Guill, K. (2012). Nachhilfeunterricht. Individuelle, familiäre und schulische Prädiktoren. Münster: Waxmann.<br />

458


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 37 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 213<br />

Michael Lichtblau, Rolf Werning<br />

Kindliche Interessenentwicklung in der Transition vom Kindergarten zur<br />

Schule<br />

Leibniz <strong>Universität</strong> Hannover<br />

michael.lichtblau@ifs.phil.uni-hannover.de<br />

Vorgestellt werden die Ergebnisse einer Längsschnittstudie zur Interessenentwicklung von<br />

Kindern aus soziokulturell benachteiligten Familien im Übergang vom Kindergarten zur Schule.<br />

Ziel war es, Erkenntnisse über Einflüsse belastender familiärer Lebensverhältnisse auf die<br />

kindliche Interessenentwicklung zu gewinnen und kompensatorische Wirkmechanismen zu<br />

analysieren. Empirische Untersuchungen zur Interessenentwicklung (Kasten, 1991; Leibham et<br />

al., 2005) in dieser Entwicklungsphase haben Kinder, die unter familiär belasteten Verhältnissen<br />

aufwachsen, bisher nicht gezielt fokussiert. Mehrfach belegt sind jedoch lernförderliche Effekte<br />

einer Beachtung individueller Interessen in Bildungskontexten (Hattie, 2012). Unter dieser<br />

Perspektive wurden folgende Frage-stellungen untersucht:<br />

(1) Welche individuellen Interessen besitzen Kinder aus soziokulturell benachteiligten Familien in<br />

der Transition vom Kindergarten in die Schule?<br />

(2) Welche Interessenentwicklungsverläufe charakterisieren Kinder aus soziokulturell<br />

benachteiligten Familien in der Transition vom Kindergarten in die Schule?<br />

(3) Wie wirkt sich die Transition vom Kindergarten in die Schule auf die Interessenentwicklung<br />

der Kinder aus?<br />

Die theoretische Grundlage des Projekts bildete die Person-Gegenstands-Theorie des Interesses<br />

(Prenzel, Krapp & Schiefele) und das Ecological and Dynamic Model of Transition (Rimm-<br />

Kaufman & Pianta). Es wurde ein Mixed-Methods-Design angewandt und zu drei<br />

Messzeitpunkten im Kinder-garten und in der Schule qualitative Interviews mit Kindern, Eltern,<br />

Erzieherinnen und Lehrkräften erhoben. Zusätzlich sind Beobachtungen im Elternhaus und den<br />

päd. Einrichtungen, sowie quanti-tative Datenerhebungen durchgeführt worden. Im Rahmen des<br />

Forschungsreferates werden nach theoretischer Einführung und Darstellung des Designs, die<br />

Ergebnisse zu (a) unterschiedlichen inhaltlichen Orientierungen der Interessen und deren<br />

Anschlussfähigkeit an Familie, Kita und Schule, zu (b) unterschiedlich komplexen und<br />

kontinuierlich entwickelten Interessen im Verhältnis zur familiären Unterstützungsqualität und<br />

(c) zum Bruch der institutionell unterstützten Interessenent-wicklung in der Transition Kita-<br />

Schule dargestellt. Die Ergebnisse der Untersuchung bilden die Basis zur Entwicklung eines<br />

interessenbasierten Förderkonzeptes zum Start in die Schule innerhalb eines Anschlussprojektes.<br />

Hattie, J. (2012). Visible learning for teachers. Maximizing impact on learning. New York: Routledge.<br />

Kasten, H. (1991). Beiträge zu einer Theorie der Interessenentwicklung. Frankfurt am Main: Lang.<br />

Leibham, M. E., Alexander, J. M., Johnson, K. E., & Neitzel, C. &. Reis-Henrie, F. (2005). Parenting behaviors<br />

associated with the maintenance of preschoolers’ interests: A prospective longitudinal study. Journal of<br />

Applied Developmental Psychology, 26, 397–414.<br />

459


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 37 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 213<br />

Antje Greiling<br />

"Jugendschule Schlänitzsee". Ein Projekt der Montessori-Oberschule in<br />

Potsdam zur "Entschulung" in der Erprobung.<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bielefeld</strong><br />

antje.greiling@uni-bielefeld.de<br />

Gegenstand der Untersuchung ist die Evaluation der „Jugendschule Schlänitzsee“, ein Projekt<br />

der Montessori-Oberschule in Potsdam (Deutscher Schulpreis 2007) zur „Entschulung“ der<br />

Klassen 7 und 8 in der Erprobung.<br />

Am Schlänitzsee wird ein alternatives Beschulungsmodell zur „Entschulung“ der Jahrgangsstufen<br />

7 und 8 erprobt, das den entwicklungspsychologischen und motivationalen Bedürfnissen von<br />

Jugend-lichen in der Pubertät in optimaler Weise Rechnung tragen soll. Im Projektunterricht in<br />

einer außerschulischen Umgebung am Schlänitzsee werden dafür Experimentier- und<br />

Bewährungs-möglichkeiten bereitgestellt. Es wird angenommen, dass hierdurch die u.a.<br />

Persönlichkeits-entwicklung gestärkt wird, die Lernmotivation nicht nur erhalten bleibt, sondern<br />

angehoben wird und insgesamt eine ganzheitliche Lernkompetenz entscheidend gefördert wird.<br />

Die zentralen Forschungsfragen überprüfen, wie wirkungsvoll, nachhaltig und gleichzeitig der<br />

Situation der Jugendlichen angemessen der entschulte Projektunterricht am See bereits<br />

umgesetzt wird. Insbesondere interessieren Veränderungen hinsichtlich der Lernmotivation, der<br />

Persönlichkeits-entfaltung, der Kooperation und des eigenverantwortlichen Lernens.<br />

Der theoretische Hintergrund der Untersuchung ist zweifach aufgebaut. Es werden einerseits<br />

aktuelle Erkenntnisse der Jugendforschung, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung der<br />

Jugendlichen in der Pubertät aus sozialisationstheoretischer, neurobiologischer und<br />

entwicklungspsychologischer Sicht aufgearbeitet, um die Situation der Jugendlichen aus vielen<br />

Perspektiven möglichst umfassend verstehen zu können. Andererseits stehen die theoretischen<br />

Grundlagen des Projektunterrichts im Zentrum, unter anderem im Kontext eines erweiterten<br />

Bildungs- und Lernbegriffs und der reform-pädagogischen Debatte zur Entschulung.<br />

Bisher liegen keine vergleichbaren Untersuchungen zum Thema vor.<br />

Für die Studie wurde ein standardisierter Fragebogen für eine Schüler-, Lehrer- und<br />

Elternbefragung konzipiert.<br />

Erste Ergebnisse zeigen eine deutlich positive Veränderung hinsichtlich der Lernmotivation und<br />

des Arbeitsklimas.<br />

Die pädagogische Relevanz der Forschungsergebnisse und des Projekte der Jugendschule an sich<br />

ist erheblich, denn hier wird ein zukunftsweisendes Beschulungsmodell überprüft, das zur<br />

Beschulung der Klassen 7 und 8 in der Sekundarstufe I empfohlen werden könnte.<br />

Kegler, U. (2009): In Zukunft lernen wir anders. Weinheim:Beltz.<br />

460


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 38 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 226<br />

Julia Schlenker, Alexander Siegmund<br />

Erfassung naturwissenschaftlicher Kompetenz im Vorschulalter – vom<br />

theoretischen Kompetenzmodell zur empirischen Absicherung<br />

Pädagogische Hochschule Heidelberg<br />

schlenker@ph-heidelberg.de<br />

Die Bedeutung einer frühen naturwissenschaftlicher Bildung zeigt sich in den Bildungsplänen der<br />

Kindertagesstätten aller 16 Bundesländer (Blaseio, 2009). Darin ist verbindlich verankert, an das<br />

hohe Interesse von Kindergartenkindern an naturwissenschaftlichen Phänomenen anzuknüpfen<br />

und die naturwissenschaftlichen Kenntnisse und Kompetenzen im Elementarbereich zu fördern.<br />

Das Projekt „Zukunft gestalten – Mit Kindern Erneuerbare Energie entdecken“ setzt an diesem<br />

frühen Bildungsanspruch an und hat zum Ziel, den Themenebereich der Erneuerbaren Energie<br />

nachhaltig in den Kindergartenalltag zu integrieren. An dem interdisziplinär angelegten Projekt<br />

sind Biologie-, Physik- und Geographiedidaktiker beteiligt. Die Abt. Geographie der<br />

Pädagogischen Hochschule Heidelberg entwickelt dabei im Rahmen der Evaluierung und<br />

Optimierung des Projekts ein Messinstrument, mit dem der Kompetenzzuwachs bei<br />

Vorschulkindern durch zwei unterschiedliche Treatments im naturwissenschaftlichen Bereich mit<br />

dem Fokus auf Erneuerbare Energie messbar gemacht werden soll. Hierfür ist ein Pretest-<br />

Posttest-Design vorgesehen.<br />

Die Grundlage bildet dabei ein für Vorschulkinder entwickeltes normatives Kompetenzstruktur-<br />

und Kompetenzstufenmodell. Durch den bisherigen Mangel an systematischer<br />

(naturwissenschaftlicher) Kompetenzforschung im Elementarbereich (Hardy, Kempert, 2011)<br />

wurden bislang vier qualitative Vorstudien durchgeführt, aus denen unterschiedlich graduierte<br />

Kompetenzniveaus abgeleitet werden können. Die Operationalisierung des Kompetenzmodells<br />

basiert im Wesentlichen auf einer Bildbetrachtung durch Vorschulkinder, die qualitative und<br />

quantitative Fragestellungen umfasst. Auf dieser Grundlage kann eine empirische Absicherung<br />

und ggf. Differenzierung und Erweiterung des Kompetenzmodells erfolgen, das als Grundlage zur<br />

Dokumentation des Kompetenzzuwachses im Rahmen des Projekts „Zukunft gestalten – Mit<br />

Kindern Erneuerbare Energie entdecken“ dient. In dem Vortrag sollen der theoretische<br />

Hintergrund für die Entwicklung des Kompetenzmodells, die unterschiedlichen<br />

Niveauabstufungen sowie erste Ergebnisse aus der Pilottestung präsentiert werden.<br />

Hardy, I. & Kempert, S. (2011). Entwicklung und Förderung früher naturwissenschaftlicher Kompetenzen im<br />

Elementarbereich. In F. Vogt, M. Leuchter, A. Tettenborn, U. Hottinger, M. Jäger & E. Wannack . (Hrsg.),<br />

Entwicklung und Lernen junger Kinder (S. 23-36). Münster: Waxmann.<br />

Blaseio, B. (2009). Natur in den Bildungsplänen des Elementarbereichs. In R. Lauterbach, H. Giets, B. Marquardt-<br />

Mau (Hrsg.), Lernen und kindliche Entwicklung. Elementarbildung und Sachunterricht (S. 85-92). Bad<br />

Heilbrunn: Klinkhardt.<br />

461


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 38 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 226<br />

Franziska Schwabe<br />

(Test-)Fairness für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund:<br />

Analysen eines Wortschatztests<br />

Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische <strong>Universität</strong> Dortmund<br />

schwabe@ifs.tu-dortmund.de<br />

Die faire Erfassung sprachlicher Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern mit<br />

unterschiedlichen sprachlichen Hintergründen stellt eine zentrale Herausforderung für<br />

Bildungspraxis, Politik und Forschung dar. Kinder mit Migrationshintergrund erzielen in einem<br />

substantiellen Anteil standardisierter Tests signifikant niedrigere Resultate als die<br />

Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund. Untersuchungen im US-amerikanischen Raum<br />

zeigen, dass diese Leistungsdifferenzen zu einem Teil aus einer systematischen Diskriminierung<br />

innerhalb der Testaufgaben, der (Test-)Unfairness, resultieren (Taylor & Lee, 2011). Vor diesem<br />

Hintergrund analysiert der Beitrag, ob vergleichbare Effekte für den Bereich Wortschatz bei<br />

Kindern mit Migrationshintergrund in Deutschland bestehen. Dabei wird die testinterne Balance<br />

geprüfter sprachlicher Register und Wortgruppen auf ihre Bedeutung für die vermutete<br />

Unfairness hin untersucht.<br />

Die Stichprobe besteht aus 81 Kindern der vierten Klassenstufe, die in ihrem familiären Umfeld<br />

ausschließlich Deutsch sprechen, sowie 207 Kindern, deren Familiensprache auch oder nur eine<br />

andere Sprache ist. Zur Analyse wird Differential Item Functioning (DIF) nach dem Ansatz von<br />

Mantel und Haenszel (Mantel & Haenszel, 1959) sowie die auf der Item Response Theorie<br />

beruhende Lord-Methode (Lord, 1980) genutzt.<br />

Beide Verfahren identifizieren DIF von nicht vernachlässigbarer Größe. Die empirischen Befunde<br />

weisen darauf hin, dass Unfairness aufgrund der in den Vergleichsgruppen systematisch<br />

unterschiedlich ausgeprägten Vertrautheit im Umgang mit den untersuchten Wörtern und<br />

einem Ungleichgewicht innerhalb der im Test verwendeten sprachlichen Register besteht und<br />

unterstreichen die Bedeutung der Analysen unter Aspekten der Fairness, denn nur auf<br />

Grundlage einer adäquaten Diagnostik können Rückschlüsse auf den aktuellen Leistungsstand<br />

gezogen und individuelle Förderungsbedarfe abgeleitet werden.<br />

Lord, F.M. (1980). Applications of item response theory to practical testing problems. Hillsdale. NJ: Lawrence<br />

Erlbaum Associates.<br />

Mantel, N. & Haenszel, W. (1959). Statistical aspects of the analysis of data from retrospective studies of disease.<br />

Journal of the National Cancer Institute, 22, 719-748.<br />

Taylor, C. & Lee, M. (2011). Ethnic DIF in Reading Tests with Mixed Item Formats. Educational Assessment, 16, 35-<br />

68.<br />

462


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 38 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 226<br />

Manfred Holodynski, Bernadette Gold<br />

Validierung eines videobasierten Diagnoseinstruments zur Erfassung der<br />

Analysekompetenz (angehender) Lehrkräfte hinsichtlich der Dimension<br />

Klassenführung<br />

<strong>Universität</strong> Münster<br />

manfred.holodynski@uni-muenster.de<br />

Die Kompetenz, Unterrichtssituationen auf ihre Lernwirksamkeit hin analysieren zu können, gilt<br />

als ein wichtiger Bestandteil von Lehrerexpertise und wird auch als „professional vision“<br />

bezeichnet (Seidel, Blomberg & Stürmer, 2010; Sherin, 2007). Zwei wichtige Dimensionen dieser<br />

Analysekompetenz sind das Erkennen und zutreffende theoriebasierte Interpretieren von<br />

Unterrichtsereignissen, die zum einen für eine effiziente Klassenführung und zum anderen für<br />

eine effiziente Lernunterstützung relevant sind. Eine klassenführungsbezogene Analysekompetenz<br />

zeigt sich beim Umgang mit Unterrichtsstörungen, beim Gestalten von Übergängen<br />

zwischen Unterrichtsaktivitäten und beim Umgang mit Unterrichtsregeln und -routinen. Bislang<br />

gibt es allerdings noch kein standardisiertes Diagnoseverfahren zur Erfassung dieser Kompetenz.<br />

Im Projekt „Videobasierte Unterrichtsanalyse: Early Science (ViU)“ wurde ein videobasiertes Instrument<br />

entwickelt, mit dem die unterrichtsbezogene Analysekompetenz hinsichtlich der<br />

Klassenführung (und der Lernunterstützung) in Grundschulklassen erfasst werden kann. Das<br />

Verfahren benutzt kurze Unterrichtsvideos, die vom Betrachter anhand geschlossener Items<br />

bzgl. der drei klassenführungsrelevanten Facetten Allgegenwärtigkeit, Strukturierung und<br />

Regeln/Routinen eingeschätzt werden sollen. Sowohl die Videoclips als auch die Items wurden<br />

mit Hilfe von Expertenbefragungen evaluiert und ausgewählt. Die Konstruktvalidität wurde in<br />

einer Pilotierungsstudie mit einem Bi-Faktoren-Modell überprüft, das die teststatistische<br />

Trennung der situationsübergreifenden Analysekompetenz von situationsbezogenen Einflüssen<br />

der konkreten Unterrichtsszenen erlaubt.<br />

Im Beitrag werden Ergebnisse der Kreuzvalidierungsstudie vorgestellt. Dabei nahmen 209 Bachelor-,<br />

114 Masterstudierende des Grundschullehramtes und 125 Grundschullehrkräfte teil. Es<br />

werden die Konstruktion des videobasierten Instruments, die Anlage der Validierungsstudie und<br />

erste Ergebnisse berichtet. Das in der Pilotierungsstudie erstellte einfaktorielle Modell mit drei<br />

Facetten (Allgegenwärtigkeit, Strukturierung und Regeln/Routinen) konnte mit den zugehörigen<br />

Items bestätigt werden. Ebenso zeigten sich die postulierten Kompetenzunterschiede, nach<br />

denen die Lehrkräfte die Unterrichtsszenen zutreffender als die Bachelorstudierenden<br />

einschätzen konn-ten und die Masterstudierenden zwischen beiden Gruppen lagen.<br />

Seidel, T., Blomberg, G. & Stürmer, K. (2010). OBSERVE - Validierung eines videobasierten In-struments zur<br />

Erfassung der professionellen Wahrnehmung von Unterricht. Zeitschrift für Pädagogik, 56, 296-306.<br />

Sherin, M. G. (2007). The development of teachers’ professional vision in video clubs. In R. Goldman, R. Pea, B.<br />

Barron & S. J. Derry (Hrsg.), Video research in the learning sciences (pp. 383-395). Mahwah, NJ: Erlbaum.<br />

463


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 38 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 226<br />

Mirjam Steffensky 1 , Nicola Meschede 1 , Marco Wolters², Kornelia Möller²<br />

Validierung eines Diagnoseinstruments zur Erfassung der<br />

Analysekompetenz (angehender) Lehrkräfte hinsichtlich der Dimension<br />

Lernunterstützung<br />

1 Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, ²Westfälische<br />

Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

steffensky@ipn.uni-kiel.de<br />

Die Kompetenz, Unterrichtssituationen auf ihre Lernwirksamkeit hin analysieren zu können, gilt<br />

als ein wichtiger Bestandteil von Lehrerexpertise. In Anlehnung an Sherin (2007) umfasst diese<br />

Kompetenz von Lehrkräften (1) das theoriegeleitete Erkennen lernrelevanter Unterrichtsereignisse<br />

(noticing), also solcher Ereignisse, die das Lernen der Schülerinnen und Schüler<br />

erleichtern oder erschweren und (2) die Interpretation dieser Ereignisse (knowledge-based<br />

reasoning). Es wird angenommen, dass diese Kompetenz zentral für das (spätere) Handeln im<br />

Unterricht ist. Bisher ist allerdings wenig darüber bekannt, wie sich eine solche unterrichtsbezogene<br />

Analysekompetenz entwickelt und wie sie gefördert werden kann.<br />

In dem Projekt „ViU: Early Science“ wird Analysekompetenz in Bezug auf die Unterstützung des<br />

Lernens im naturwissenschaftlichen Grundschulunterricht untersucht. Bedeutsam für die<br />

Lernunterstützung sind die beiden Unterrichtsqualitätsmerkmale kognitive Aktivierung sowie<br />

inhaltliche Strukturierung (Rakoczy, Klieme, Lipowsky & Drollinger-Vetter, 2010).<br />

In der ersten Projektphase wurde ein videobasiertes Instrument mit Rating-Items entwickelt, mit<br />

dem die Analysekompetenz hinsichtlich der Lernunterstützung erfasst werden soll. Dieses wurde<br />

mit Studierenden und Lehrkräften pilotiert; zusätzlich wurde ein externes Expertenrating<br />

durchgeführt. Um Hinweise auf die Reliabilität und Konstruktvalidität des videobasierten<br />

Instruments zu erhalten, wurde ein Bi-Faktoren-Modell berechnet, das eine zufriedenstellende<br />

Anpassungsgüte aufweist. In einem zweiten Schritt wurde das Instrument mit 209 Bachelor-, 114<br />

Master-Studierenden des Grundschullehramtes und 125 Grundschullehrkräften kreuzvalidiert.<br />

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass das Instrument sensitiv für Expertiseunterschiede ist; so<br />

schneiden Lehrkräfte und Masterstudierende besser ab als die Bachelor-Studierenden. Im<br />

Vortrag werden die Anlage des Projekts, die Konstruktion des videobasierten Instruments und<br />

Ergebnisse der Pilotierung sowie erste Ergebnisse der Hauptstudie berichtet.<br />

Rakoczy, K., Klieme, E., Lipowsky, F. & Drollinger-Vetter, B. (2010). Strukturierung, kognitive Aktivität und<br />

Leistungsentwicklung im Unterricht. Unterrichtswissenschaft, 38, 194-209.<br />

Sherin, M. G. (2007). The development of teachers’ professional vision in video clubs. In R. Goldman, R. Pea, B.<br />

Barron & S. Derry (Hrsg.), Video research in the learning sciences (S. 383-395). Hillsdale, NJ: Lawrence<br />

Erlbaum.<br />

464


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 39 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 233<br />

Michaela Krüger, Oliver Hormann<br />

Pädagogische Interaktionen im Kontext. Eine videographiebasierte Analyse<br />

gemeinsamer Aktivitäten zwischen Kindern und Erzieherinnen.<br />

Technische <strong>Universität</strong> Braunschweig<br />

michaela.krueger@tu-braunschweig.de<br />

Im Mittelpunkt der Präsentation stehen erste Ergebnisse der 4. Teilstudie des Projekts<br />

„Sprachförderung für Migrantenkinder im Elementarbereich – Evaluation unterschiedlicher<br />

Sprachförderkonzepte in niedersächsischen Kindertagesstätten“. Bisherige Befunde der Teilstudien<br />

1-3 zeigen, dass Kinder (im Alter von 3-5 Jahren), die Kindertageseinrichtungen mit<br />

einem expliziten Sprachförderprogramm besuchen, größere sprachliche Zuwächse verzeichnen.<br />

Entgegen unseren Erwartungen profitierten von diesen Programmen alle Kinder gleichermaßen<br />

– und nicht primär Kinder mit einem multilingualen Sprachhintergrund, die mutmaßlich einen<br />

höheren Förderbedarf aufweisen. Weiterführende Ergebnisse deuten auf die (von den<br />

strukturellen und konzeptionellen Rahmenbedingungen der untersuchten Einrichtungen unabhängige)<br />

Bedeutung potenziell sprachfördernder Erzieherin-Kind-Interaktionen für die Sprachentwicklung<br />

hin. Deren Wirksamkeit hängt jedoch von den Kontexten ab, in denen die<br />

Interaktionen mit den Kindern stattfinden. Eine Erklärung könnte darin bestehen, dass – wie<br />

nationale und internationale Forschungen (u.a. Katz 2004; Dickenson & Tabors 2001, Albers<br />

2009) nahelegen – das unmittelbare sprachliche Verhalten der Erzieherinnen durch die<br />

Situationsmerkmale beeinflusst wird. Die letzte Förderphase des Projekts ist der genaueren<br />

Erfassung der bei verschiedenen Sprachanlässen sich manifestierenden Kommunikationsmuster<br />

sowie der zugrundeliegenden sprachdidaktischen Strategien gewidmet, um die (noch<br />

unzureichend fundierten) Ergebnisse der Teilstudien 1 - 3 zu ergänzen, denen zufolge in der<br />

konkreten Nutzung des Kindergartenalltags für sprachbezogene Aktivitäten ein zentraler<br />

Schlüssel für gelingende Erwerbsprozesse in der (Zweit-)Sprache im Kindergartenalter liegt.<br />

Der Vortrag setzt sich mit folgenden Fragen auseinander, die anhand videographischer<br />

Materialien aus vier potenziell sprachfördernden „Settings“ (u.a. Sprachfördereinheiten,<br />

Morgenkreis, Bilderbuchbetrachtung, Freispiel) der untersuchten Einrichtungen beantwortet<br />

werden:<br />

1) Welche Zusammenhänge gibt es zwischen den Merkmalen der sprachfördernden Settings und<br />

den sprachlichen Mustern der Erzieherin-Kind-Interaktionen?<br />

2) Welchen Beitrag können die untersuchten Kommunikationsmuster zur Erklärung der Unterschiede<br />

zwischen „erfolgreichen“ und „weniger erfolgreichen“ Kindertagesstätten (bzw.<br />

Settings) leisten?<br />

Katz, Jane R. (2004). Building peer relationships in talk: toddlers´peer conversation in childcare. Discours studies, 6:<br />

329-346.<br />

Dickensen, David K., Tarbor, Patton O. (2001). Beginning literacy with language. Baltimore, MD: Paul H. Brookes.<br />

Albers, Timm (2009). Sprache und Interaktion im Kindergarten. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.<br />

465


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 39 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 233<br />

Raphaela Schätz, Heinz Mandl, Jan Hense<br />

Sprachförderung für Grundschulkinder nichtdeutscher Erstsprache –<br />

Konzeption, Umsetzung und empirische Analyse<br />

Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München<br />

raphaela.schaetz@psy.lmu.de<br />

Nach wie vor belegen Kompetenzstudien den Rückstand von Schülern nichtdeutscher<br />

Erstsprache in Deutschland (Stanat, Rauch & Segeritz, 2010). Gleichzeitig fehlt es an wissenschaftlich<br />

begleiteten Sprachförderprogrammen, die adäquat und längerfristig umgesetzt<br />

werden.<br />

Diese Studie untersucht ein 2-jähriges Sprachförderprogramm für Schulanfänger nichtdeutscher<br />

Erstsprache. Es basiert auf dem Fördermaterial „Deutsch für den Schulstart“, das einen<br />

entwicklungsproximalen Ansatz verfolgt und dessen didaktische Prinzipien aus empirischen<br />

Ergebnissen des frühen Zweitspracherwerbs abgeleitet sind (Kaltenbacher, 2009). Um das<br />

Programm an die Zielgruppe und Rahmenbedingungen anzupassen, wurde es mit themenübergreifendem<br />

und -spezifischem Material ergänzt.<br />

Basierend auf dem aktuellen Forschungsstand liegt der Studie ein Modell zugrunde, das neben<br />

der Wirkung die Input-, Prozess- und Kontextfaktoren auf der Ebene des Individuums und der<br />

Fördergruppe berücksichtigt (Ellis, 2008).<br />

Im ersten Schritt wurde überprüft, wie das Konzept im ersten Förderjahr bei 10 Fördergruppen à<br />

6 Kinder an 5 Berliner Grundschulen umgesetzt wurde. Dabei stand im Fokus, ob mithilfe des<br />

Materials die didaktischen Prinzipien umgesetzt werden konnten und welche Ergänzungen<br />

gemacht wurden. Dies wurde mithilfe von Interviews der Förderkräfte, theoretisch hergeleiteten<br />

Checklisten zum Material und Beobachtungen der Förderung erhoben. Erste Ergebnisse zeigen,<br />

dass sich die didaktischen Prinzipien des Konzepts mithilfe des Materials gut umsetzen lassen,<br />

gleichzeitig aber die Vielfalt der Materialien und Flexibilität in der Umsetzung wichtig ist.<br />

Im zweiten Schritt soll die Wirkung auf die sprachliche Entwicklung der Kinder unter Berücksichtigung<br />

der Bedingungs- und Prozessfaktoren anhand eines Prä-Post Vergleichs mit einer<br />

Kontrollgruppe überprüft werden.<br />

Ellis, R. (2008). The study of second language acquisition. Second edition. Oxford: Oxford University.<br />

Kaltenbacher, E. (2009). Vom Nutzen der Spracherwerbsforschung für die Sprachvermittlung. Zeitschrift für<br />

Literaturwissenschaft und Linguistik, 39 (153), 39-59.<br />

Stanat, P., Rauch, D. & Segeritz, M. (2010). Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. In E. Klieme, C.<br />

Artelt, J. Hartig, N. Jude, O. Köller, M. Prenzel & W. Schneider (Hrsg.). PISA 2009. Bilanz nach einem Jahrzehnt.<br />

(S. 200-230). Münster: Waxmann.<br />

466


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 39 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 233<br />

Nora Ferber, Markus Emden, Elke Sumfleth<br />

Kompetenzentwicklung im Fachwissen Chemie in der Sekundarstufe I<br />

<strong>Universität</strong> Duisburg-Essen<br />

nora.ferber@uni-due.de<br />

Auf die Frage, wie sich Kompetenzen im Umgang mit Chemie-Fachwissen im Laufe der<br />

Sekundarstufe I entwickeln, kann derzeit keine empirisch gesicherte Antwort gegeben werden<br />

(vgl. Schecker & Parchmann, 2006). Um solche Entwicklungsverläufe in konkreten Inhalten<br />

erheben zu können, werden valide, längsschnittgeeignete Testaufgaben benötigt, die derzeit<br />

nicht zur Verfügung stehen. Deswegen wird, um Kompetenzentwicklung im Kompetenzbereich<br />

Fachwissen valide abbilden zu können, im Rahmen des Projektes „Ganz In – Mit Ganztag mehr<br />

Zukunft“ ein entsprechendes Testinstrument für eine Längsschnittstudie entwickelt. Auf Basis<br />

eines dreidimensionalen Kompetenzmodells (vgl. Ferber et al., 2012) wurden 221 Aufgaben zu<br />

ausgewählten Inhalten des Chemieunterrichts der Sekundarstufe I entwickelt. Die Aufgaben<br />

werden in einem Quasilängsschnitt über das Schuljahr 2011/12 zu drei Messzeitpunkten auf ihre<br />

Anwendbarkeit überprüft. Die Studie umfasst 1100 Schüler der Jahrgangsstufen 7, 8 und 9 an<br />

nordrhein-westfälischen Gymnasien. Die Aufgaben des ersten Messzeitpunkts wurden mit Hilfe<br />

Rasch-analytischer Verfahren analysiert und scheinen geeignet, Kompetenzentwicklung zu<br />

erfassen. Ergebnisse des ersten Messzeitpunkts zeigen einen signifikanten Zuwachs des<br />

Fachwissens im Verlauf der Sekundarstufe I (F(2,1077) = 96; p< 0.001; p2= .15). Die Fähigkeiten<br />

der Schülerinnen und Schüler steigen sowohl beim Lösen von Aufgaben auf dem Teilchenniveau<br />

(F(2,1100) = 39; p< 0.001; p2 = .067) als auch bei der Lösung phänomenbasierter Aufgaben<br />

signifikant (F(2,1100) = 66; p< 0.001; p2 = .108).<br />

Ferber, N., Emden, M. & Sumfleth, E. (2012). Entwicklung und Validierung eines Testinstruments zur Diagnose der<br />

Kompetenzentwicklung im Fach Chemie. In D. Höttecke (Hrsg.), Konzepte fachdidaktischer Strukturierung für<br />

den Unterricht. (S. 560 - 562). Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik, Oldenburg.<br />

Berlin: LIT Verlag.<br />

Schecker, H. & Parchmann, I. (2006). Modellierung naturwissenschaftlicher Kompetenz. Zeitschrift für Didaktik der<br />

Naturwissenschaften, 12, 45-66.<br />

467


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 39 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 233<br />

Markus Gebhardt, Susanne Schwab, Matthias Krammer, Barbara Gasteiger Klicpera<br />

Mathematische Entwicklung im Grundrechnen bei SchülerInnen mit und<br />

ohne SPF in der Sekundarstufe I - Auswertung einer explorativen<br />

Längsschnittstudie<br />

Karl-Franzens-<strong>Universität</strong> Graz<br />

markus.gebhardt@uni-graz.at<br />

In der vorliegenden Studie wurden die Mathematik-Schulleistungen von 189 SchülerInnen aus<br />

acht Integrationsklassen und einer allgemeinen Sonderschule untersucht. Ziel der Studie war es,<br />

die Leistungen aller SchülerInnen mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf SPF zu<br />

erfassen und einen Überblick über die heterogenen Fähigkeiten in Integrationsklassen im<br />

städtischen Bereich zu gewinnen. Die SchülerInnen wurden im Abstand von 6 Monaten mit einer<br />

adaptierten Version des Eggenberger Rechentest ERT4+ untersucht (Ende der 5. Schulstufe,<br />

Beginn und Ende der 6. Schulstufe). Zusätzlich zu den Rechenleistungen wurden weitere<br />

Variablen, wie kognitive Fähigkeiten der Kinder (IQ), Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund<br />

und kulturelles Kapital der Herkunftsfamilie erfasst. Im vorliegenden Beitrag wird auf die<br />

Konstruktion der Instrumente eingegangen und die Ergebnisse werden im Quer- und<br />

Längsschnitt dargestellt und kritisch diskutiert.<br />

Die Ergebnisse der ersten Erhebung zeigen die enorme Heterogenität der Leistungen von<br />

SchülerInnen in städtischen Integrationsklassen im Bereich der Grundschulmathematik und<br />

verdeutlichen den hohen Unterstützungsbedarf von SchülerInnen mit SPF, aber auch von<br />

einzelnen SchülerInnen ohne SPF und die daraus resultierende didaktische Herausforderung für<br />

das LehrerInnenteam.<br />

Im Rahmen der ersten Erhebung erreichten die SchülerInnen mit SPF erwartungsgemäß im<br />

Schnitt niedrigere Werte in den Subtests des ERT4+ als die SchülerInnen ohne SPF. Allerdings<br />

hatten auch mehr als 30% der SchülerInnen ohne SPF im Grundrechnen große Schwierigkeiten.<br />

Gebhardt, M., Schaupp, H., Schwab, S., Rossmann, P. & Gasteiger Klicpera, B. (in press). Heterogene Gruppen in<br />

mathematischen Grundfertigkeiten. Eine explorative Erkundung der Fähigkeiten im Grundrechnen in<br />

Integrationsklassen der 5. Schulstufe. Zeitschrift für Inklusion<br />

Ennemoser, M., Krajewski, K. & Schmidt, S. (2011). Entwicklung und Bedeutung von Menge-Zahlen-Kompetenzen<br />

und eines basalen Konventions- und Regelwissens in der Klasse 5 bis 9. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie<br />

und Pädagogische Psychologie, 43 (4), 228-242<br />

Moser Opitz, E. (2007). Rechenschwäche - Dyskalkulie: Theoretische Klärungen und empirische Studien an<br />

betroffenen Schülerinnen und Schülern. Bern: Haupt.<br />

Schaupp, H., Lenart, F. & Holzer, N. (2010). Eggenberger Rechentest (ERT 4+): Diagnostikum für Dyskalkulie für das<br />

Ende der 4. Schulstufe bis zur Mitte der 5. Schulstufe. Bern: Huber<br />

468


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 40 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 238<br />

Wassilis Kassis<br />

Inner- und außerschulische Missachtungserfahrungen Jugendlicher<br />

und die Effekte auf die emotionale und soziale Entwicklung<br />

<strong>Universität</strong> Osnabrück<br />

wkassis@uos.de<br />

Wenn in Bezug auf weibliche oder männliche Jugendliche von internalisierter<br />

(Depressionsneigung) oder externalisierter (physische Gewalt gegen gleichaltrige) Gewalt die<br />

Rede ist, fokussiert sich das Interesse allzu häufig auf die zugegebenermaßen erschreckende<br />

Verbreitung wie auch auf Gewaltexzesse, die als Phänomene eine problematische Qualität<br />

aufweisen. Gewalt wird demnach erst dann zum Thema, wenn die Effekte der<br />

Gewaltsozialisation, also der individuellen wie auch sozialen Prozesse hin zu Gewalt, deutlich<br />

sichtbar werden. Dabei vermag die Gewaltsozialisationsforschung sowohl schlüssig wie auch<br />

dezidiert aufzuzeigen, dass Jugendliche nicht gewalttätig sind, sondern über lange Prozesse<br />

gewalttätig werden.<br />

Im Rahmen des vorliegenden Beitrags fragen wir insbesondere nach dem Beitrag der<br />

Sozialisationsfelder Familie und Schule hin zur Gewalttätigkeit von Jugendlichen. Im Konkreten<br />

fragen wir dabei nach belastenden Interaktionsmustern zwischen Eltern bzw. Lehrpersonen und<br />

den Jugendlichen. Sozial-emotionale Desintegrationserfahrungen in Elternhaus und Schule als<br />

die zwei relevantesten pädagogischen Sozialisationsfelder Heranwachsender haben demnach, so<br />

die dahinterliegende Hypothese, massive negative Auswirkungen auf die<br />

Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen.<br />

Die Ergebnisse stützen sich auf eine von der <strong>Universität</strong> Osnabrück koordinierten Querschnitt-<br />

Fragebogenstudie des EU-Daphne-Forschungsprojektes „Formation of non-violent behaviour in<br />

school and leisure time among youths from violent families“ (Laufdauer, 2009–2011), die in<br />

Deutschland, Slowenien, Spanien und Österreich im Frühjahr 2009 durchgeführt wurde. Die<br />

repräsentative Stichprobe aus den vier teilnehmenden Ländern setzt sich aus insgesamt 5.149<br />

Jugendlichen der achten Jahrgangsstufe zusammen.<br />

Dem Querschnittdesign der noch vorzustellenden Studie folgend geht es bei den Analysen nicht<br />

um Kausalität, sondern um die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes internalisierter oder<br />

externalisierter Gewalt durch Jugendliche. Da die Analysen auch bezüglich vier unterschiedlicher<br />

EU-Ländern vorgenommen wurden, wird ebenfalls die Möglichkeit erarbeitet, sowohl die<br />

rechnerische Stabilität wie auch die sozialpolitische Relevanz der eingeführten<br />

Erklärungsmodelle zu überprüfen.<br />

Kassis, W., Artz, S., Scambor, E., Scambor, Ch., Moldenhauer, S. (2012, accepted paper). A dynamic understanding<br />

of adolescent violence resilience: A non-dichotomous approach for working with the social and personal<br />

characteristics of youth who are expose<br />

469


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 40 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 238<br />

Judit Marheineke, Torsten Porsch, Stephanie Pieschl<br />

Einmal Opfer, immer Opfer? Eine Längsschnittstudie zur Stabilität von<br />

Cybermobbing<br />

Westfälische Wilhelms-<strong>Universität</strong> Münster<br />

Judit.Marheineke@uni-muenster.de<br />

Cybermobbing bezeichnet die systematische Schikanierung von Personen über das Internet /<br />

Handy. Das Problem ist verbreitet, Querschnittsuntersuchungen zeigen bei SchülerInnen<br />

Prävalenzzahlen zwischen 14 und 40 % (mpfs, 2011; Tokunaga, 2010).<br />

Es ist offen, ob Opfer und Täter über längere Zeit in ihren Rollen bleiben.<br />

In dieser Längsschnittstudie wurden zwei Kohorten (K1: N = 42 K2: N = 52; Alter (T1) jeweils ca.<br />

18 Jahre) erstmalig (T1) 2009 (K1) und 2010 (K2) mittels Online-Fragebogen zu ihren Erfahrungen<br />

mit Cybermobbing befragt. Mit einem zeitlichen Abstand (T2) von einem (K2) bzw. zwei Jahren<br />

(K1) wurden sie nochmals zu dem gleichen Thema befragt.<br />

Ergebnisse zeigen, dass Cybermobbing ein verbreitetes Problem war und geblieben ist. In K1 und<br />

K2 sind die Opferzahlen stabil geblieben (K1: T1: 30 %, T2: 40 %; K2: T1: 31%, T2: 33 %). Die<br />

Täterzahlen haben in K1 signifikant abgenommen (T1: 41 %, T2: 14 %, p= .031), in K2 sind sie<br />

stabil geblieben (T1: 35 %, T2: 25 %). Die Korrelation der Opferschaft zwischen T1 und T2 war in<br />

beiden Kohorten nicht signifikant. Es gibt SuS, die neu in Cybermobbing involviert werden, aber<br />

auch solche, die ihren Rollen entkommen. Die Korrelation der Täterschaft zwischen den beiden<br />

Messzeitpunkten war in K1 und K2 signifikant (K1: φ= .478, p = .025; K2: φ=.420, p=.002). Einige<br />

Täter konnten ihre Rolle zwar verlassen, es kamen aber nur wenige Personen neu als Täter<br />

hinzu.<br />

In diesem Vortrag werden Implikationen für die Präventions- und Interventionspraxis ebenso<br />

wie der Einfluss weiterer Variablen auf die Stabilität von Cybermobbing diskutiert.<br />

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2011). JIM 2011 Jugend, Information, (Multi-)Media.<br />

Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland .Abgerufen am 2.7.2012 über<br />

http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf11/JIM2011.pdf<br />

Tokunaga, R. S. (2010). Following you home from school: A critical review and synthesis of research on<br />

cyberbullying victimization. Computers in Human Behavior, 26(3), 277-287. doi:10.1016/j.chb.2009.11.014<br />

470


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 40 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 238<br />

Christine Schmid 1 , Beate Bitzenhofer²<br />

Geschwistereffekte auf die moralische Entwicklung im Kindergartenalter<br />

1 <strong>Universität</strong> Salzburg, ²Georg-August-<strong>Universität</strong> Göttingen<br />

christine.schmid@sbg.ac.at<br />

Die Familie bildet einen der wichtigsten Kontexte für die moralische Entwicklung von Kindern im<br />

Kindergartenalter (Dunn, 2006). Dabei stellt sich die Frage, inwieweit Geschwister die Qualität<br />

dieses Kontextes mit beeinflussen. Auf der Grundlage einer Stichprobe von 65 4- und 5-jährigen<br />

Kindergartenkindern wurde überprüft, ob das Haben von jüngeren oder älteren Geschwistern<br />

einen Effekt auf den Erwerb moralischen Wissens und die Entwicklung moralischer Sensibilität<br />

im Kindergartenalter hat. Verwendet wurde ein Instrument aus der Tradition der Happy-<br />

Victimizer-Forschung (Nunner-Winkler, 1996), bei dem den Kindern bebilderte Geschichten<br />

vorgelegt werden. Eine Geschichte thematisierte die Norm des Stehlens, eine zweite die Norm<br />

des Teilens. Anhand eines Leitfadens wurden die Kinder zu ihrem Wissen über die, der jeweiligen<br />

Geschichte zugrunde liegenden moralischen Regel sowie über Gefühlszuschreibungen zu den<br />

Tätern und Opfern der Geschichten befragt.<br />

Die Ergebnisse zeigten einen signifikanter Anstieg im Normwissen zwischen dem Alter von 4 und<br />

5 Jahren (Stehlen: 63% und 88%, Teilen: 53% und 85%). Zudem schrieben die Kinder, die über<br />

Normwissen verfügten, den Opfern signifikant häufiger negative Emotionen zu als diejenigen,<br />

die über kein Normwissen verfügten (Stehlen: 92% zu 8% vs. 56% zu 44%, Teilen: 89% zu 11% vs.<br />

45% zu 55%). Positive Emotionszuschreibungen für den Täter nahmen nur zum Teil mit dem<br />

Alter ab (Stehlen: 25% und 12%, Teilen: 25% und 27%), negative Emotionszuschreibungen<br />

dagegen nahmen konsistent mit dem Alter zu (Stehlen: 41% und 61%, Teilen: 25% und 52%).<br />

Ein älteres Geschwister zu haben zeigte keinen Effekt auf das Normwissen, jedoch hatten Kinder<br />

mit einem jüngeren Geschwister signifikant häufiger Normwissen in der Teilen-Geschichte.<br />

Offensichtlich wird die Norm des Teilens im Alltag von Kindern mit einem jüngeren Geschwister<br />

häufiger thematisiert als im Alltag von Kindern ohne oder mit einem älteren Geschwister. Ein<br />

weiterer Effekt ergab sich bei der Emotionszuschreibung des Täters: Jüngere Geschwister<br />

schrieben dem Täter in der Teilen-Geschichte signifikant häufiger positive Gefühle zu.<br />

Insgesamt unterstützen die Befunde die Annahme, dass Geschwister die Qualität der alltäglichen<br />

Interaktionen im Elternhaus in moralentwicklungsrelevanter Weise beeinflussen können. Die<br />

Normspezifität der gefundenen Effekte weist dabei auf die Bedeutung expliziter Lernprozesse<br />

hin, die über konkrete Alltagsinteraktionen vermittelt sind (Nunner-Winkler, 1996).<br />

Dunn, J. (2006). Moral development in early childhood and social interaction in the family. In M. Killen & J. G.<br />

Smetana (Eds.), Handbook of moral development (pp. 331-350). Mahwah, NJ; London: Lawrence Erlbaum.<br />

Nunner-Winkler, G. (1996). Moralisches Wissen - moralische Motivation - moralisches Handeln. In M.-S. Honig, H.<br />

R. Leu & U. Nissen (Eds.), Kinder und Kindheit (pp. 129-156). Weinheim, München: Juventa.<br />

471


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 40 | 12:45 Uhr – 13:25 Uhr | Raum T2 238<br />

Lotte Rose, Rhea Seehaus, Katharina Schneider<br />

Sozialisierungen am Mittagstisch. Ethnografische Analysen zum Essen in<br />

der Schule<br />

Fachhochschule Frankfurt<br />

rose@fb4.fh-frankfurt.de<br />

In der Schulverpflegung dominieren derzeit vor allem betriebswirtschaftliche, logistische,<br />

räumliche und ernährungsphysiologische Fragen. Aus dem Blick gerät dabei, dass Essen immer<br />

auch ein ‚phénomène social total‘ (Mauss 1990) darstellt, denn es werden fortwährend soziale<br />

Verhältnisse verhandelt und hergestellt. Der Beitrag widmet sich der praxisanalytischen<br />

Erforschung der generationalen (Macht )Verhältnisse beim betreuten Mittagessen in der Schule:<br />

Welche Ordnungsprozeduren finden statt und auf welche kindlichen Sozialisierungsprozesse<br />

zielen diese? Der Beitrag basiert auf Ergebnissen einer ethnografischen Untersuchung von<br />

Verpflegungssituationen in Schulen (FH Frankfurt am Main, 2011 – 2012), in der teilnehmende<br />

Beobachtungen von Verpflegungssituationen, Experteninterviews und Diskursanalysen<br />

programmatischer Dokumente (z.B. Praxisempfehlungen der DGE) durchgeführt wurden. Die<br />

Prozesse des generationalen Ordnens umfassen räumliche, zeitliche, verhaltenspraktische und<br />

speisenmaterielle Dimensionen. Sie sind getragen nicht allein von menschlichen Interventionen,<br />

sondern ebenso durch die Macht der Dinge. Die erwachsenen Akteure nehmen die Rolle der<br />

Ordnungshüter ein und die kindlichen Akteure die der Ordnungssaboteure. Die Rekonstruktion<br />

dieser Vorgänge liefert neue Impulse für eine pädagogische und empiriebasierte Debatte zur<br />

Schulverpflegung, denn bislang wird diese „Pädagogik der Schulverpflegung“ ausschließlich in<br />

der Ökotrophologie und hier vor allem unter normativ-teleologischen und adultozentristischen<br />

Vorzeichen diskutiert.<br />

Mauss, Marcel: Gabe. Form und Funktion des Austausches in archaischen Gesellschaften. Frankfurt am Main 1990<br />

472


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 41 | 10:30 Uhr – 11:10 Uhr | Raum T2 214<br />

Jörn Sparfeldt<br />

„Schwere Aufgaben nach hinten?“ – Aufgabenreihenfolge und<br />

Mathematikleistung in schriftlichen Prüfungen<br />

<strong>Universität</strong> des Saarlandes<br />

j.sparfeldt@mx.uni-saarland.de<br />

Die Beurteilung von Schülerleistungen gehört zum Alltagsgeschäft von Lehrkräften. Im Zuge der<br />

Konzeption schriftlicher Leistungsüberprüfungen wie Klassenarbeiten sollten die Aufgaben in<br />

einer pädagogisch und psychologisch sinnvollen Reihenfolge angeordnet werden. Während die<br />

psychodiagnostische Literatur zur Leistungsmessung mit Aufgabenreihen, deren Aufgaben<br />

unterschiedliche Schwierigkeiten aufweisen und die in begrenzter Zeit zu bearbeiten sind (wie<br />

Klassenarbeiten; sog. speeded-power-Tests) eine schwierigkeitsgestaffelte Anordnung (leicht ʻ<br />

schwer) empfiehlt, wurde in der pädagogisch-diagnostischen Literatur wiederholt nahegelegt<br />

(z.B. Sacher, 2009), zunächst mit leichteren Aufgaben zu beginnen und die schwierigsten<br />

Aufgaben ungefähr in der Mitte der Klassenarbeit zu platzieren. Eventuelle Beeinträchtigungen<br />

durch Konzentrationsabfall und Ermüdung würden so nicht mit der Bearbeitung der<br />

schwierigsten Aufgaben zusammenfallen. Die bisherige Befundlage zu Effekten der<br />

Aufgabenreihenfolge ist recht inkonsistent (vgl. z.B. Leary & Dorans, 1985).<br />

In zwei aufeinander aufbauenden interindividuellen Feldexperimenten (Zufallszuweisung zu den<br />

Bedingungen innerhalb jeder Schulklasse) bearbeiteten Schüler der 8. Gymnasialklassenstufe (N<br />

= 181 bzw. N = 212) entsprechend pseudoparallele, aus VERA-Aufgaben mit bekannter<br />

Aufgaben-schwierigkeit zusammengestellte Rechentests: (a) ansteigende Aufgabenschwierigkeit<br />

gemäß den Empfehlungen der psychodiagnostischen Literatur, (b) ansteigende und dann<br />

abfallende Aufgabenschwierigkeit gemäß den Empfehlungen von Sacher (z.B. 2009), (c)<br />

erwürfelte Aufgabenanordnung (nur im zweiten Feldexperiment).<br />

Im Vortrag wird erstens die Gesamtleistung in den Experimentalbedingungen miteinander<br />

verglichen. Zweitens werden ergänzend die Leistungen einzelner Aufgaben, die in den<br />

Bedingungen an verschiedener Position standen, einander gegenübergestellt. Drittens werden<br />

die korrelativen Zusammenhänge der Gesamtrechenleistung mit der Mathematikzeugniszensur<br />

und dem mathematischen Selbstkonzept in den Bedingungen verglichen. Die Relevanz der<br />

Befunde für die Konzeption schulischer Leistungsüberprüfungen wird diskutiert.<br />

Leary, L. F. & Dorans, N. J. (1985). Implications for altering the context in which test items appear: A historical<br />

perspective on an immediate concern. Review of Educational Research, 55, 387–413.<br />

Sacher, W. (2009). Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen (5. Aufl.). Bad Heibrunn: Klinkhardt<br />

473


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 41 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 214<br />

Saskia Koltermann 1 , Nils Berkemeyer², Wilfried Bos 1<br />

Innovationskompetenz von Lehrkräften – Erste Ergebnisse einer<br />

qualitativen Exploration am Beispiel eines Projektes zur Qualitätssicherung<br />

des Fachunterrichts<br />

1 Technische <strong>Universität</strong> Dortmund, ²Friedrich-Schiller-<strong>Universität</strong> Jena<br />

Saskia.Koltermann@tu-dortmund.de<br />

Auf die Lehrkraft kommt es an! Sowohl bezogen auf die Leistungen der Schüler als auch in der<br />

Auswirkung auf Schulentwicklung nehmen Lehrkräfte und ihr berufliches Handeln eine Schlüsselrolle<br />

ein. Aber: Wie werden die Lehrkräfte für diese Aufgaben ausgebildet und über welche Kompetenzen<br />

müssen sie nach Abschluss ihrer Ausbildung verfügen? Gerade die Einführung des neuen<br />

Lehrerausbildungsgesetzes (LABG, 2009) und des reformierten Vorbereitungsdienstes in Nordrhein-<br />

Westfalen unterstreichen, dass die bisherige Ausbildung der Lehrkräfte in ihrer Konzeption<br />

überholungsbedürftig ist. Ergebnisse aus Theorie und Empirie (vgl. u.a. Gröschner, 2010) belegen,<br />

dass es nicht nur disparate Vorstellung darüber gibt, was unter Kompetenz und Kompetenzentwicklung,<br />

sondern insbesondere auch unter dem Aspekt des Innovierens verstanden werden kann.<br />

Innovieren fällt laut KMK (2004) in den Aufgabenbereich von Lehrkräften, es kann aber auch als<br />

Metakompetenz bzw. Querstruktur (Girmes, 2008) verstanden werden.<br />

Daraus resultiert die im Rahmen des vorzustellenden Dissertationsvorhaben zu beantwortende Frage,<br />

ob die in den Vorgaben für die Bildungswissenschaften der KMK (2004) im Bereich ‚Innovieren‘<br />

vorgestellten Standards und Kompetenzen zu verifizieren sind. In einem explorativ-qualitativen<br />

Untersuchungsdesign wird in professionstheoretischer Perspektive in einem ersten Schritt aufgezeigt,<br />

in welchem Verhältnis die Vorgaben der KMK mit vorliegenden theoretischen und empirischen<br />

Erkenntnissen stehen. In einem zweiten Schritt werden leitfadengestützte Interviews (N=35) mit<br />

Lehrkräften einer qualitativen Inhaltsanalyse (vgl. Mayring, 2010) unterzogen, um den Entwicklungsstand<br />

von Lehrkräften in Innovationsprozessen zu erfassen. Das im Spannungsfeld von Induktion und<br />

Deduktion gewonnene Kategoriensystem (vgl. Bos & Tarnai, 1989) und Ergebnisse der Analysen<br />

werden vorgestellt.<br />

Die pädagogische Relevanz der zu erwartenden Forschungsergebnisse liegt in der Entwicklung eines<br />

neustrukturierten standardorientierten Kategoriensystems für die Kompetenzentwicklung von<br />

Lehrkräften im Bereich Innovieren, welches gleichermaßen für die Curricula der Lehrerbildung aber<br />

auch Weiterbildung der Lehrkräfte nutzbar gemacht werden kann. Denn „wenn diejenigen, die bis<br />

jetzt Lehrerbildung betrieben haben, ohne kritische Befunde eine neue Ausbildung konzipieren, laufen<br />

sie Gefahr, vieles ähnlich zu machen und wenig treffsicher zu erneuern“ (Oser & Oelkers, 2001, S. 15).<br />

Girmes, R. (2006). Lehrprofessionalität in einer demokratischen Gesellschaft. Über Kompetenzen und Standards in<br />

einer erziehungswissenschaftlich fundierten Lehrerbildung. In C. Allemann-Ghionda & E. Terhart (Hrsg.),<br />

Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern: Ausbildung und Beruf (Zeitschrift für<br />

Pädagogik 51. Beiheft, S. 14–29). Weinheim: Beltz.<br />

Gröschner, A. (2010). Innovation als Lernaufgabe: Eine quantitativ-qualitative Untersuchung zur Erfassung und<br />

Förderung von Innovationskompetenz in der Lehrerausbildung. Münster [u.a.]: Waxmann.<br />

Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2004).<br />

Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss vom 16.12.2004.<br />

474


Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 41 | 12:00 Uhr – 12:40 Uhr | Raum T2 214<br />

Björn Mokwinski 1 , Karin Rebmann 1 , Manuela Paechter²<br />

Do teachers differ between their own epistemic beliefs and the beliefs<br />

they assume of their pupils?<br />

1 Carl von Ossietzky <strong>Universität</strong> Oldenburg, ²Karl-Franzens-<strong>Universität</strong> Graz<br />

karin.rebmann@uni-oldenburg.de<br />

Epistemic beliefs are assumed to serve an important function in learning and instruction.<br />

However, there is hardly any research on the question whether teachers differentiate between<br />

their own epistemic beliefs and the beliefs they assume that their pupils hold. Yet, this question<br />

may be crucial for understanding a teacher’s instructional design.<br />

In this study, we investigated two research questions: (1) How can we best describe teachers’<br />

epistemic beliefs? Can we identify groups of teachers who differ in their beliefs? (2) Do teachers<br />

differ between their own beliefs and what they assume their pupils believe? To which degree do<br />

teachers’ beliefs they assume of their pupils depend on their own epistemic beliefs? A sample of<br />

182 pre-service teachers, all students at Oldenburg University, described their own epistemic<br />

beliefs by the Epistemic Beliefs Inventory before starting a five-week internship at a vocational<br />

school. Approximately ten weeks after their internship, they were asked to describe the beliefs<br />

of a typical pupil they had met in their internship.<br />

For the identification of different groups of teachers, a Latent Class Analysis was calculated. For<br />

each dimension of epistemic beliefs, LCA indicated two subgroups, one with more and one with<br />

less sophisticated beliefs. Teachers with more sophisticated own beliefs assumed less<br />

sophisticated beliefs of their pupils. Teachers with less sophisticated beliefs usually assume<br />

similar or slightly higher beliefs of their pupils. However, both groups of teachers have a similar<br />

view on the beliefs their students hold.<br />

Schraw, G., Bendixen, L. D., Dunkle, M. E. (2002), Development and validation of the Epistemic Belief Inventory<br />

(EBI), in B. K. Hofer, P. R. Pintrich (Eds.), Personal epistemology, Erlbaum, Mahwah, 261-275.<br />

475


Personenregister<br />

A<br />

Abel, Jürgen 367<br />

Ackel-Eisnach, Kristina 202<br />

Ackermann, Hanna 155<br />

Adenstedt, Kay 182<br />

Al-Diban, Sabine 438<br />

Alke, Matthias 216<br />

Allabauer, Kurt 128<br />

Amrhein, Bettina 368<br />

Arens, Frank 179<br />

Arnold, Karl-Heinz 199, 303, 305, 414, 437<br />

Artelt, Cordula 111, 129<br />

Artmann, Michaela 397<br />

Aust, Kirsten 356<br />

B<br />

Bach, Andreas 199, 305<br />

Backhaus, Johanna 209<br />

Baer, Matthias 306<br />

Barth, Armin 80<br />

Basten, Melanie 237<br />

Bauer, Johannes 353<br />

Baumanns, Rebecca 38<br />

Baumert, Jürgen 436<br />

Becher, Andrea 163<br />

Beck, Klaus 270<br />

Becker, Dominik 152, 287, 288, 332<br />

Becker, Judith 54<br />

Becker, Michael 162, 294, 436<br />

Beege, Barbara 223<br />

Beer, Gabriele 336<br />

Beer, Rudolf 169<br />

Behrmann, Lars 439<br />

Benthien, Jessica 68<br />

Berg, Alena 88<br />

Berkemeyer, Nils 474<br />

Berner, Nicole 339<br />

Bernhard, Matthias 236<br />

Berthold, Kirsten 81<br />

Bertram, Jessika 347<br />

Bertrams, Alex 328, 371<br />

Besa, Kris-Stephen 199, 305<br />

Billmayer, Jakob 141<br />

Bischof, Linda Marie 184<br />

476<br />

Bitzenhofer, Beate 471<br />

Björkman, Jaana 175<br />

Bloch, Bianca 250<br />

Bloh, Thiemo 197<br />

Blömeke, Sigrid 68<br />

Bochnik, Katrin 260<br />

Bodensohn, Rainer 69, 307<br />

Bogatz, Andrea 209<br />

Bohl, Thorsten 204, 251, 253<br />

Böhme, Katrin 61<br />

Böhm-Kasper, Oliver 103, 206<br />

Bonsen, Martin 344<br />

Borowski, Andreas 238<br />

Bos, Wilfried 149, 192, 352, 474<br />

Böse, Susanne 167<br />

Bosse, Dorit 343<br />

Brauckmann, Stefan 443<br />

Brauer, Heike 450<br />

Breuer, Klaus 425, 430<br />

Bröderbauer, Sandra 334<br />

Brodhäcker, Sarah 409<br />

Brose, Nicole 43<br />

Brückner, Annette 261<br />

Brückner, Sebastian 275<br />

Brunnemann, Nicole 446<br />

Buch, Susanne R. 446<br />

Buchwald, Petra 220<br />

Buddeberg, Magdalena 113<br />

Bylinski, Ursula 181<br />

C<br />

Carlitscheck, Jessica 369<br />

Carstensen, Claus 355<br />

Christ, Charlotte 229<br />

Clausen, Marten 105, 266<br />

Cloppenburg, Monika 344<br />

D<br />

Dallinger, Sara 319<br />

Dämon, Konrad 281<br />

Daniek, Iris 256<br />

Darsow, Annkathrin 59<br />

Dedering, Kathrin 187<br />

Demski, Denise 266<br />

Dicke, Theresa 400


Diekmann, Marius 347<br />

Dietrich, Fabian 104<br />

Dillner, Nicole 126<br />

Dizinger, Vanessa 206<br />

Döhrmann, Marina 68<br />

Dörfler, Tobias 129<br />

Dreer, Benjamin 419, 424<br />

Dreke, Claudia 117<br />

Drews, Frauke 110<br />

Drexler, Arthur 313<br />

Driesel-Lange, Katja 419, 421<br />

Drope, Tilman 183<br />

Duchhardt, Christoph 244<br />

Dumont, Hanna 457<br />

Dunkake, Imke 190<br />

Dunker, Nina 401, 405<br />

E<br />

Eberhard, Verena 87<br />

Ecarius, Jutta 88<br />

Edele, Aileen 58<br />

Eder, Ferdinand 234, 277, 280<br />

Ehlert, Antje 176<br />

Ehmke, Timo 244<br />

Ehstand, Andreas 228<br />

Eichler, Andreas 362<br />

Eickelmann, Birgit 192, 231<br />

Emden, Markus 453, 467<br />

Emmrich, Rico 160, 235, 240<br />

Endberg, Manuela 192<br />

Engelbert, Maria 323<br />

Englert, Chris 328<br />

Entrich, Steve 120<br />

Ertl, Bernhard 434<br />

F<br />

Fankhauser, Regula 454<br />

Faust, Gabriele 242<br />

Fechner, Sabine 318<br />

Feichter, Helene 389<br />

Felbrich, Anja 56, 59<br />

Feldhoff, Tobias 184<br />

Ferber, Nora 467<br />

Feth, Clarissa 340<br />

Fiege, Christiane 295<br />

Fischer, Bernd 232<br />

477<br />

Fischer, Frank 127, 320<br />

Fischer, Martin 320<br />

Fischer, Natalie 207, 212, 329<br />

Förster, Doris 400<br />

Förster, Manuel 270, 272<br />

Förster, Sabrina 172, 225<br />

Förster, Stephan 449<br />

Franke, Sarah 338<br />

Franke, Sebastian 369<br />

Frei, Sandra 217<br />

Freitag, Susanne 226<br />

Frey, Anne 194<br />

Fricke, Michael 301<br />

Friebe, Jens 44<br />

Fries, Stefan 432<br />

Fritsch, Nina 187<br />

Fritz, Annemarie 176<br />

Frost, Franziska 448<br />

Fussangel, Kathrin 211<br />

Futter, Kathrin 418<br />

G<br />

Gaertner, Elena 193<br />

Ganguin, Sonja 310<br />

Gartmeier, Martin 153<br />

Gärtner, Holger 350<br />

Gastager, Angela 137<br />

Gasteiger Klicpera, Barbara 34, 137, 174, 468<br />

Gebauer, Miriam M. 149<br />

Gebhardt, Markus 34, 137, 468<br />

Gebrande, Johanna 44<br />

Gegenfurtner, Andreas 92, 94, 239, 248, 428<br />

Geiling, Ute 35<br />

Geppert, Corinna 389, 392<br />

Gerecht, Marius 329<br />

Gerhards, Christian 178<br />

Gerlach, Erin 375<br />

Geyer, Claudia 138<br />

Glammeier, Sandra 70, 75, 191<br />

Gläser, Eva 163<br />

Gläser-Zikuda, Michaela 115, 136, 221<br />

Glesemann, Birte 287<br />

Glogger, Inga 79, 445<br />

Gnahs, Dieter 40<br />

Göbel, Kerstin 48, 53<br />

Goeze, Annika 385<br />

Gohlke, Rico 218<br />

Göhring, Anja 298, 322


Gold, Bernadette 449, 463<br />

Golyszny, Klaudia 108<br />

Gorges, Julia 32, 38<br />

Graf, Tanja 160, 235<br />

Granato, Mona 85, 90<br />

Granzow, Marina 341<br />

Gräsel, Cornelia 173<br />

Greiling, Antje 460<br />

Gronostaj, Anna 326, 343<br />

Grosche, Michael 36<br />

Gröschner, Alexander 303, 309, 382, 384, 414<br />

Gross, Nerina 349<br />

Große, Christiane 145<br />

Gruehn, Sabine 347, 363<br />

Grunder, Hans-Ulrich 349<br />

Grüninger, Rahel 124<br />

Grunschel, Carola 38, 432<br />

Guill, Karin 458<br />

Guldimann, Titus 63, 306<br />

Günnewig, Kathrin 398<br />

Gut, Roger 416<br />

H<br />

Haasler, Bernd 374<br />

Haeberlin, Urs 37<br />

Hahn, Stefan 345<br />

Hambitzer, Natalie 437<br />

Hanke, Petra 209<br />

Hanke, Ulrike 321<br />

Hannover, Bettina 54<br />

Hansen-Schirra, Silvia 273<br />

Hänze, Martin 343<br />

Happ, Roland 429<br />

Hartig, Johannes 131<br />

Hartmann, Stefan 241<br />

Hartung-Beck, Viola 364<br />

Hartz, Stefanie 356<br />

Harych, Peter 160, 235, 240<br />

Hascher, Tina 303, 308, 317, 414<br />

Hater, Julia 55<br />

Häusler, Janina 309<br />

Hechinger, Martina 366<br />

Hecht, Petra 67<br />

Heckersbruch, Carolin 190<br />

Hee, Katrin 406<br />

Heemsoth, Tim 135<br />

Heikamp, Tobias 195<br />

Heimgartner-Moroni, Sandra 416<br />

478<br />

Heinemann, Barbara 439<br />

Heininger, Susanne 353<br />

Heinze, Aiso 135<br />

Heinzer, Sarah 413<br />

Heitzmann, Nicole 320<br />

Helene, Feichter 393<br />

Hellmich, Frank 172, 225<br />

Helm, Christoph 142<br />

Helmke, Andreas 161<br />

Hendler, Jessica 114<br />

Henkel, Jennifer 200<br />

Hennemann, Thomas 36<br />

Hense, Jan 180, 346<br />

Hericks, Nicola 455<br />

Herrmann, Christian 375<br />

Herrmann, Christoph 443<br />

Herzmann, Petra 397<br />

Herzog, Walter 422<br />

Hessel, Silvia 218<br />

Hetfleisch, Petra 385<br />

Heyne, Nora 143<br />

Hiltmann, Stephanie 214, 215<br />

Hinzke, Jan-Hendrik 410<br />

Hochweber, Jan 131, 146<br />

Hoffmann, Lars 61<br />

Hofmann, Franz 282<br />

Hofmann, Sascha 273<br />

Höke, Julia 213<br />

Hollmann, Jelena 378<br />

Holodynski, Manfred 449, 463<br />

Holtappels, Heinz Günter 144, 285, 286, 327<br />

Homuth, Christoph 155<br />

Hopf, Barbara 128<br />

Hörl, Gabriele 279<br />

Hormann, Oliver 465<br />

Hornberg, Claudia 70<br />

Hößl, Stefan E. 88<br />

Hoya, Fabian 172, 225<br />

Huelmann, Thorben 149<br />

I<br />

Ihme, Jan Marten 157<br />

Isaac, Kevin 146<br />

Ittel, Angela 440


J<br />

Jäggi, Annina 349<br />

Jahn, Gloria 97<br />

Hense 466<br />

Janke, Nike 165<br />

Jarsinski, Sascha 231<br />

Jasker, Lutz 166<br />

Jirasko, Marco 196<br />

John, Carsten 437<br />

Juhasz, Zsofia 196<br />

Jurczok, Anne 183<br />

Jurkowski, Susanne 343<br />

K<br />

Kahnert, Julia 192, 231<br />

Kaiser, Lena Sophie 250<br />

Kaliga, Sarah Ninette 381<br />

Kammermeyer, Gisela 156, 249<br />

Kanitz, Katharina 259<br />

Karg, Jakob 299<br />

Karing, Constance 111, 129<br />

Kärner, Tobias 108<br />

Karwath, Claudia 155<br />

Kasper, Daniel 147<br />

Kassis, Wassilis 107, 469<br />

Kathmann, Verena 249<br />

Katschnig, Tamara 389, 391<br />

Katstaller, Michaela 317<br />

Kattmann, Ulrich 403<br />

Kavemann, Barbara 76<br />

Keller-Schneider, Manuela 407, 411<br />

Kempf, Julian 256, 333<br />

Kernbichler, Gerda 137<br />

Kiel, Ewald 194, 358, 452<br />

Kiemer, Katharina 384<br />

Kilian, Michaela 389, 391<br />

Kirchner, Sabine 337<br />

Kißgen, Rüdiger 369<br />

Kittinger, Cornelia 308<br />

Kizil, Anja 403<br />

Kleickmann, Thilo 140<br />

Klein, Patricia 68<br />

Kleinbub, Iris 51<br />

Kleinknecht, Marc 201, 204, 251, 253, 382,<br />

387<br />

Klieme, Eckhard 131<br />

479<br />

Klinge, Denise 457<br />

Klingsieck, Katrin 432<br />

Kluczniok, Katharina 145<br />

Kneuper, Daniel 166<br />

Knievel, Imke 96<br />

Knogler, Maximilian 456<br />

Kobarg, Mareike 244<br />

Koch, Alexander 203<br />

Kocher, Mirjam 306<br />

Koerber, Susanne 373<br />

Köker, Anne 132<br />

Kollar, Ingo 127<br />

Koltermann, Saskia 474<br />

König, Johannes 66, 395, 397, 399<br />

Korff, Svea 431<br />

Körn, Saskia 315<br />

Kornmann, Reimer 222<br />

Kosinar, Julia 412<br />

Kramer, Nadine 245<br />

Krammer, Kathrin 388<br />

Krammer, Matthias 34, 468<br />

Krauskopf, Karsten 441<br />

Krauss, Stefan 296, 298<br />

Kretschmann, Julia 326<br />

Kristen, Cornelia 57, 58<br />

Kröger, Rebecca 245<br />

Kröger-Bidlo, Hanna 255<br />

Kropf, Michaela 162<br />

Krug, Andre 444<br />

Krüger, Dirk 241<br />

Krüger, Michaela 465<br />

Kucharz, Diemut 67<br />

Kuhl, Poldi 293<br />

Kuhn, Hans Peter 212, 331<br />

Kühne, Stefan 170<br />

Kullmann, Harry 133<br />

Kunina-Habenicht, Olga 400<br />

Künsting, Josef 65, 256, 333<br />

Kunter, Mareike 400<br />

Kuntze, Sebastian 253<br />

Kunz, Marianne 349<br />

L<br />

Labudde, Peter 203<br />

Lahtz, Thorben 210<br />

Lala, Sarah Sumita 224<br />

Lambrech, Maike 102


Lankes, Eva-Maria 92, 94, 186, 233, 239, 248,<br />

355, 359<br />

Lattner, Katrin 106<br />

Lauterbach, Oliver 274<br />

Lauterbach, Wolfgang 381<br />

Lehmann-Grube, Sabine K. 177<br />

Leidinger, Manuela 134<br />

Lenske, Gerlinde 234<br />

Leopold, Claudia 261, 335<br />

Lettau, Wolf-Dieter 211<br />

Leutner, Detlev 99, 400<br />

Levin, Anne 405<br />

Lewalter, Doris 138, 456<br />

Leyener, Sara 375<br />

Lichtblau, Michael 459<br />

Liebers, Katrin 35<br />

Limprecht, Susi 136<br />

Linberg, Tobias 254<br />

Lindemann, Susanne 332<br />

Lindl, Alfred 299<br />

Lindmeier, Anke 96<br />

Lindner-Müller, Carola 437<br />

Lintorf, Katrin 112, 458<br />

Lipowsky, Frank 65, 339<br />

Logemann, Niels 377<br />

Lorenz, Christian 155<br />

Lorenz, Ramona 231<br />

Lossen, Karin 285, 286<br />

Lotz, Christin 361<br />

Lotz, Miriam 339, 351<br />

Lüdtke, Oliver 326<br />

Lütje-Klose, Birgit 32, 39<br />

M<br />

Maag Merki, Katharina 289<br />

Maaz, Kai 162, 167, 290, 292, 294, 295, 436,<br />

457<br />

Maier, Uwe 268<br />

Makarova, Elena 422<br />

Mandl, Heinz 180, 346, 466<br />

Mandon, Felicitas 233<br />

Mania, Ewelina 45<br />

Manzel, Sabine 348<br />

Marheineke, Judit 470<br />

Markert, Thomas 330<br />

Marmer, Elina 263<br />

Mathieu, Markus 427<br />

Mattern, Jessica 109<br />

480<br />

Matuschek, Miriam 285<br />

Mayer, Daniela 373<br />

Mayr, Johannes 234<br />

McElvany, Nele 62<br />

Meister, Dorothee M. 310<br />

Meixner, Marina 346<br />

Merk, Samuel 198<br />

Meschede, Nicola 464<br />

Meyer, Barbara 223, 442<br />

Minnameier, Gerhard 312<br />

Mischo, Christoph 114<br />

Mitchell, Michelle 367<br />

Mohr, Ingola 165<br />

Mohr, Sonja 440<br />

Mok, Sog Yee 434<br />

Mokwinski, Björn 475<br />

Moldenhauer, Stephanie 380<br />

Möller, Andreas 223<br />

Möller, Kornelia 140, 171, 464<br />

Mudiappa, Michael 111<br />

Mulder, Regina H. 302<br />

Müller, Evelyn 324<br />

Müller, Margaretha 385<br />

Müller, Regina 247<br />

Muslic, Barbara 268, 364<br />

N<br />

Nennstiel, Karin-Ulrike 188<br />

Neubauer, Katrin 138<br />

Neubauer, Skadi 337<br />

Neuber, Victoria 65<br />

Neumann, Marko 162, 167, 292<br />

Neumeyer, Sebastian 119<br />

Niedermeier, Sandra 180<br />

Niehoff, Stephanie 211<br />

Niggli, Alois 416<br />

Nissen, Annika 244<br />

Noll, Anne 153<br />

Nückles, Matthias 311, 445<br />

O<br />

Oberle, Monika 130<br />

Ohst, Andrea 445<br />

Oleschko, Sven 370<br />

Ophardt, Diemut 386<br />

Orth, Sonja 242


Oser, Fritz 413, 276<br />

Osterhaus, Christopher 373<br />

Otterpohl, Nantje 378, 379<br />

Ottinger, Sarah 94<br />

Otto, Johanna 208<br />

P<br />

Paechter, Manuela 475<br />

Paetsch, Jennifer 59<br />

Panetta, Sabina 126<br />

Pant, Hans Anand 267, 323, 326<br />

Paseka, Angelika 407, 410<br />

Patrzek, Justine 432<br />

Pehmer, Ann-Kathrin 384<br />

Perels, Franziska 134, 376<br />

Pfeifer, Michael 144<br />

Pieschl, Stephanie 470<br />

Pietsch, Marcus 165<br />

Pirnay-Dummer, Pablo 433<br />

Pissarek, Markus 300<br />

Platz, Ulrike 352<br />

Plöger-Werner, Magdalena 246<br />

Podschun, Frederik 189<br />

Pollmeier, Judith 171<br />

Porsch, Torsten 470<br />

Poschinski, Nina 201<br />

Pradel, Julia 200<br />

Praetorius, Anna-Katharina 161<br />

Prasse, Doreen 185, 269<br />

Prenzel, Manfred 97, 109, 153, 353, 448<br />

Prinz, Eva 253<br />

Puhe, Henry 72<br />

Pühse, Uwe 375<br />

Q<br />

Quesada-Pallarès, Carla 428<br />

R<br />

Radisch, Falk 184, 211<br />

Rahn, Sylvia 363<br />

Rausch, Tobias 129<br />

Ray, Johanna 205<br />

Rebmann, Karin 475<br />

Reichersdorfer, Elisabeth 127<br />

Reinhold, Sarah 239<br />

481<br />

Reiss, Kristina 127<br />

Renkl, Alexander 79, 126, 445<br />

Reuker, Sabine 95<br />

Richter, Dirk 323<br />

Richter, Marisa 218<br />

Riegel, Christine 91<br />

Riegel, Ulrich 52<br />

Retzl, Martin 394<br />

Riffert, Franz 334<br />

Robitzsch, Alexander 150<br />

Roelle, Julian 77, 81<br />

Rohde, Julia 221<br />

Roick, Thorsten 60<br />

Rollett, Wolfram 283, 285, 286<br />

Römer, Jasmin 110<br />

Rösch, Lisa 161<br />

Rose, Lotte 472<br />

Rosenbusch, Christoph 266<br />

Rost, Detlef H. 361, 446<br />

Rothland, Martin 66<br />

Roux, Susanna 156, 249<br />

Rudolph, Julia 325<br />

Rudolph-Albert, Franziska 186<br />

Rummel, Nikol 82, 83<br />

Rüprich, Claudia 243<br />

Rürup, Matthias 102<br />

Rüth, Jana-Elisa 379<br />

S<br />

Sänger, Jenna 453<br />

Sapp, Sarah 361<br />

Sauer, Susanne 302<br />

Sauerwein, Markus 207, 331<br />

Schäfer, Stefanie 98<br />

Schätz, Raphaela 466<br />

Schalk, Lennart 80<br />

Scharenberg, Katja 327<br />

Schellenbach-Zell, Judith 173, 189<br />

Scherer, Ronny 354<br />

Schilcher, Anita 296, 300<br />

Schindler, Nicola 423<br />

Schlenker, Julia 461<br />

Schlömerkemper, Jörg 158<br />

Schmeck, Annett 400<br />

Schmid, Christine 471<br />

Schmidt, Britta 372<br />

Schmidt, Maria 94, 219<br />

Schmidt, Uwe 266


Schmitz, Anke 255<br />

Schnebel, Stefanie 417<br />

Schneewind, Julia 106, 341<br />

Schneider, Christoph 307<br />

Schneider, Jürgen 251<br />

Schneider, Katharina 472<br />

Schnotz, Wolfgang 84<br />

Schnurr, Simone Eliana 358<br />

Schöne, Claudia 315<br />

Schrader, Friedrich-Wilhelm 161<br />

Schrader, Josef 40, 385, 441<br />

Schröder, Jan 332<br />

Schröder, Wiebke 404<br />

Schröttle, Monika 72, 74<br />

Schuchart, Claudia 220<br />

Schukajlow, Stanislaw 444<br />

Schuler, Stephanie 245<br />

Schulze-Stocker, Franziska 230<br />

Schumacher, Eva 451<br />

Schumacher, Ralph 80<br />

Schurig, Michael 159<br />

Schwab, Susanne 174, 468<br />

Schwabe, Franziska 462<br />

Schwanenberg, Jasmin 152<br />

Schwinger, Malte 32, 38, 316<br />

Schwonke, Rolf 79, 123<br />

Seehaus, Rhea 472<br />

Seidel, Tina 97, 98, 309, 384, 448<br />

Seifert, Andreas 395, 399<br />

Selders, Odette 103<br />

Sellach, Brigitte 73<br />

Sembill, Detlef 108<br />

Senkbeil, Martin 157<br />

Seuring, Julian 58<br />

Siegmund, Alexander 461<br />

Sigel, Maike 227<br />

Skuballa, Irene T. 126<br />

Smidt, Wilfried 342<br />

Sodian, Beate 373<br />

Sommer, Norbert 164<br />

Souvignier, Elmar 439<br />

Sparfeldt, Jörn 361, 446, 473<br />

Spoden, Christian 151<br />

Stanat, Petra 56, 58<br />

Staub, Fritz 418<br />

Steffensky, Mirjam 355, 464<br />

Stein, Margit 377<br />

Steinert, Brigitte 131<br />

Steinfeld, Julia 252<br />

482<br />

Steinmayr, Ricarda 316<br />

Stelling, Silke 39<br />

Stiensmeier-Pelster, Joachim 315<br />

Stiller, Cornelia 345<br />

Stockey, Andreas 345<br />

Strohmer, Janina 114<br />

Stubbe, Tobias C. 113<br />

Stuck, Andrea 156<br />

Sulzer, Annika 257<br />

Sumfleth, Elke 318, 453, 467<br />

Sydorenko, Tetyana 275<br />

Syring, Marcus 204<br />

T<br />

Terpoorten, Tobias 168<br />

Tetzner, Julia 436<br />

Thalhammer, Veronika 46<br />

Theisen, Christiane 342<br />

Thiel, Felicitas 264, 267, 386<br />

Thielen, Marc 85, 89<br />

Thielsch, Angelika 223<br />

Thillmann, Katja 264, 267<br />

Thomas, Almut 128<br />

Thoren, Katharina 107, 240<br />

Thormann, Sabine 139<br />

Tiemann, Rüdiger 175, 354<br />

Tillack, Carina 212<br />

Trautwein, Ulrich 290, 292, 295<br />

Treier, Anne-Katrin 79<br />

Trempler, Kati 173<br />

Trendtel, Matthias 148<br />

Treumann, Klaus Peter 357<br />

Tröbst, Steffen 140, 171<br />

Trommsdorff, Gisela 195<br />

Trump,Stephanie 238<br />

Turcinovic, Edita 112<br />

U<br />

Ufer, Stefan 127<br />

Ünlü, Ali 147, 148, 149<br />

Upmeier zu Belzen, Annette 241<br />

Urhahne, Detlef 243<br />

V<br />

Vaccaro, Didier 359


Vakhromova, Galina 262<br />

van Ackeren, Isabell 266<br />

van Ophuysen, Stefanie 112, 226<br />

van Vorst, Helena 318<br />

Vennemann, Mario 327<br />

Vigerske, Stefanie 360<br />

Vock, Miriam 294, 326<br />

Vogel, Freydis 127<br />

Vogel, Markus 362<br />

Vogt, Belinda 422<br />

Vogt, Kathrin 191<br />

Voigt, Christine 115<br />

Vollstedt, Maike 135<br />

W<br />

Wäckerle, Maike 435<br />

Wackermann, Rainer 55<br />

Wagner, Daniela 376<br />

Wahl, Stefan 114<br />

Waldis, Monika 50, 418<br />

Walter, Oliver 121<br />

Walzebug, Anke 113<br />

Watson, Christina 398<br />

Wegner, Elisabeth 311<br />

Wegner, Heike 122<br />

Weiland, Meike 40, 47<br />

Weingarten, Jörg 122<br />

Weis, Mirjam 195<br />

Weishaupt, Horst 218<br />

Weiß, Sabine 194, 358, 452<br />

Weißeno, Georg 130<br />

Wendt, Heike 327<br />

Wendt, Wolfgang 60, 240<br />

Wenz, Sebastian 116<br />

Werning, Rolf 459<br />

Weschenfelder, Eva 130<br />

Westerholt, Friederike 200<br />

483<br />

Westermann, Katharina 82<br />

Westphal, Andrea 294<br />

Weyer, Christian 187<br />

Wickop, Mareike 371<br />

Wieckert, Sarah 447<br />

Wiedmann, Michael 83<br />

Wilbert, Jürgen 36, 154<br />

Wild, Elke 32, 378, 379<br />

Wild, Klaus-Peter 214, 215, 314<br />

Wilde, Matthias 237, 345, 450<br />

Wiley, Jennifer 83<br />

Willems, Ariane S. 283, 285, 286, 352<br />

Wilmanns, Isabella 352<br />

Winkel, Jens 406<br />

Winkelsett, Doris 288<br />

Wirthwein, Linda 446<br />

Wißing, Gerti 176<br />

Wissinger, Jochen 100, 259<br />

Witt, Ralf 276<br />

Wittel, Nicole 258<br />

Witting, Eva 248<br />

Wittmann, Gerald 245<br />

Wohlkinger, Florian 247<br />

Wolf, Katrin M. 60<br />

Wolters, Marco 464<br />

Würfl, Magdalena 214, 215<br />

Wurster, Sebastian 267<br />

Wyss, Corinne 306<br />

Wyßuwa, Franziska 365<br />

Z<br />

Zahn, Carmen 441<br />

Zander, Lysann 54<br />

Zentner, Ulrike 441<br />

Zettl, Evamaria 118<br />

Ziegelbauer, Sascha 115, 125<br />

Zlatkin-Troitschanskaia, Olga 270, 429

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