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Kommunikationsprozesse - Studienkreis Rundfunk und Geschichte

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Hagenah, Ahle <strong>und</strong> Weißpflug: Determinanten der Nachrichtennutzung 17<br />

sein des Publikums erreicht«. 7 Nach Staab gibt es<br />

unter anderem folgende Nachrichtenfaktoren: Status<br />

der Ereignisnation/-region, räumliche Nähe, kulturelle<br />

Nähe, Prominenz, tatsächlicher/ möglicher<br />

Schaden, Überraschung, Reichweite. 8 Nach Christiane<br />

Eilders spielen die Nachrichtenfaktoren jedoch<br />

nicht nur bei der journalistischen Verarbeitung eine<br />

Rolle, sondern auch bei der Rezeption. 9 Sie beeinflussen<br />

das Interesse der Zuschauer an <strong>und</strong> deren<br />

Hinwendung zu den Nachrichten.<br />

Eine gezielte Hinwendung zu Nachrichtensendungen<br />

kann natürlich nur unter der Voraussetzung erfolgen,<br />

dass die Inhalte bzw. Ereignisse schon vorab<br />

bekannt geworden sind – beispielsweise über andere<br />

Medien oder interpersonelle Kommunikation. Man<br />

kann jedoch davon ausgehen, dass herausragende<br />

Ereignisse den meisten Menschen schon vor den<br />

Abendnachrichten bekannt sind, denn: ȟber 70%<br />

lesen regelmäßig eine Tageszeitung, nahezu 75%<br />

hören tagsüber Nachrichtensendungen im <strong>R<strong>und</strong>funk</strong>«<br />

10 <strong>und</strong> der Rest kommuniziert mit denjenigen,<br />

die von dem Ereignis vorab erfahren haben. Somit<br />

kann angenommen werden, dass infolge von herausragenden<br />

Ereignissen, die einen entsprechend<br />

höheren Nachrichtenwert aufweisen, die Nachrichtennutzung<br />

stärker ausfällt. 11<br />

Einschränkend soll angemerkt werden, dass die<br />

subjektive Beurteilung des Nachrichtenwerts oft erst<br />

bei der stattfindenden Rezeption der Nachrichten<br />

selektiv zum Tragen kommt <strong>und</strong> nicht bereits im Vorfeld<br />

der Rezeption. Eilders beschreibt dies folgendermaßen:<br />

»Da sowohl Inhalt als auch Abfolge der<br />

Beiträge innerhalb einer Nachrichtensendung meistens<br />

unbekannt sind, nutzen Rezipienten in der Regel<br />

alle Beiträge. Hier kann lediglich durch ein erhöhtes<br />

Maß an Aufmerksamkeit ein bestimmter Beitrag<br />

‚ausgewählt‘ werden.« 12 Folglich muss berücksichtigt<br />

werden, dass selbst bei herausragenden Ereignissen<br />

die notwendige Information zur Vorab-Beurteilung<br />

des Nachrichtenwertes eines Ereignisses<br />

nicht unbedingt gegeben sein muss, was wiederum<br />

eine verstärkte Zuwendung zu den Hauptnachrichten<br />

verhindern könnte.<br />

Beim dynamisch-transaktionalen Modell wird davon<br />

ausgegangen, dass Medienwirkungen ein Ergebnis<br />

von Austauschprozessen zwischen Kommunikator<br />

<strong>und</strong> Rezipient sind. 13 Der Medienkontakt wird<br />

dadurch determiniert, dass Austauschprozesse <strong>und</strong><br />

gegenseitige Beurteilung zwischen Rezipient <strong>und</strong><br />

Medieninstitution (Kommunikator) stattfinden. Diese<br />

Zusammenhänge werden als Inter-Transaktionen<br />

bezeichnet. Im Gegensatz dazu stellen die Intra-<br />

Transaktionen die Prozesse innerhalb des kognitiven<br />

Systems der Kommunikationspartner dar. Beim Re-<br />

zipienten finden Transaktionen zwischen seinen Vorkenntnissen<br />

zum Inhalt der Medienbotschaft (bzw.<br />

Ereignis) <strong>und</strong> seiner Aufmerksamkeit dem gegenüber<br />

statt. Vereinfacht dargestellt: Informationen zu<br />

einem bestimmten Ereignis führen beim Rezipienten<br />

zu mehr Interesse am Thema <strong>und</strong> somit zu (stärkerer)<br />

Nachrichtennutzung. Diese wiederum veranlasst die<br />

Medieninstitutionen zu weiterer Berichterstattung. 14<br />

Daraus kann man schließen, dass infolge eines herausragenden<br />

Ereignisses über ein bestimmtes Zeitintervall<br />

eine stärkere Nachfrage nach weiteren<br />

Informationen entsteht, welche vermehrte Berichterstattung<br />

nach sich zieht, die wiederum intensiv genutzt<br />

wird. Gemäß der Ereignishypothese wird also<br />

erwartet, dass die Nachrichten an Ereignis- <strong>und</strong> Ereignisfolgetagen<br />

stärker rezipiert werden als davor.<br />

Des Weiteren müssen intervenierende Faktoren berücksichtigt<br />

werden, welche die Nachrichtennutzung<br />

von Tag zu Tag neu bedingen (Wetter, Wochentag),<br />

also situationale Einflüsse. Außerdem stellt sich die<br />

Frage nach konstanten Einflussfaktoren (Soziodemographie)<br />

beim Rezipienten, sprich personenbezogenen<br />

Faktoren. (Wie) Kann man Nachrichtenseher<br />

von Nichtsehern abgrenzen?<br />

Zu den situationalen Einflussfaktoren kann beispielsweise<br />

das Wetter gezählt werden. Denkbar ist, dass<br />

schlechtes <strong>und</strong> unbeständiges Wetter eher dazu<br />

führt, dass Menschen zu Hause bleiben <strong>und</strong> fernsehen,<br />

als dies bei schönem Wetter der Fall ist. Zudem<br />

soll der Wochentag des Ereignisses als möglicher<br />

Einflussfaktor in Betracht gezogen werden.<br />

Man kann annehmen, dass an manchen Wochentagen<br />

mehr ferngesehen wird als an anderen. Laut<br />

7 Winfried Schulz: Die Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien.<br />

Analyse der aktuellen Berichterstattung. Freiburg <strong>und</strong><br />

München 1976, S. 30.<br />

8 Staab, 1990 (Anm. 5), S. 120f.<br />

9 Christiane Eilders: Nachrichtenfaktoren <strong>und</strong> Rezeption. Eine empirische<br />

Analyse zur Auswahl <strong>und</strong> Verarbeitung politischer Information.<br />

Opladen 1997 (= Studien zur Kommunikationswissenschaft; 20),<br />

S. 69ff.<br />

10 Lutz Erbring: Nachrichten zwischen Professionalität <strong>und</strong> Manipulation.<br />

Journalistische Berufsnormen <strong>und</strong> politische Kultur. In: Max<br />

Kaase <strong>und</strong> Winfried Schulz (Hrsg.): Massenkommunikation. Theorien,<br />

Methoden, Bef<strong>und</strong>e. Opladen 1989 (= Kölner Zeitschrift für Soziologie<br />

<strong>und</strong> Sozialpsychologie; Sonderheft 30), S. 301–313; Zitat, S. 301.<br />

11 Vgl. Udo Michael Krüger: Fernsehnachrichten bei ARD, ZDF, RTL<br />

<strong>und</strong> SAT1: Strukturen, Themen <strong>und</strong> Akteure. In: Media Perspektiven,<br />

H. 2, 2006, S. 52 sowie Udo Michael Krüger: Themenprofile deutscher<br />

Fernsehnachrichten. In: Media-Perspektiven, H. 7, 2005, S. 302–319.<br />

12 Eilders, 1997 (Anm. 9), S. 69ff.<br />

13 Werner Früh: Medienwirkungen: Das dynamisch-transaktionale<br />

Modell. Theorie <strong>und</strong> empirische Forschung. Opladen 1991; sowie<br />

Früh <strong>und</strong> Schönbach, 2005 (Anm. 5).<br />

14 Werner Früh <strong>und</strong> Klaus Schönbach: Der dynamisch-transaktionale<br />

Ansatz. Ein neues Paradigma der Medienwirkungen. In: Werner<br />

Früh (Hrsg.): Medienwirkungen: das dynamisch-transaktionale Modell.<br />

Opladen 1991, S. 23–39; Zitat, S. 23ff.

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