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Kultur - Der Club zu Bremen

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te. Wie jeden Morgen liefen ein paar Bauernlümmel hinter der<br />

Kutsche her, machten Bemerkungen über den Schwarzen, der<br />

mit unbeweglicher Miene über sie hinweg in unbekannte Fernen<br />

blickte. Alte Frauen auf dem Weg <strong>zu</strong>m Markt blieben stehen und<br />

steckten die Köpfe tuscheln <strong>zu</strong>sammen. Bauern zogen ehrerbietig<br />

die Mützen.<br />

Bequem lehnte sich Cassel in der Kutsche <strong>zu</strong>rück und streckte<br />

die Beine von sich. Er horcht in sich hinein. Ja, die Glücksgöttin<br />

Fortuna war auf seiner Seite. Er konnte <strong>zu</strong>frieden sein. Sein<br />

Handelshaus in der Obernstraße, das er mit dem Kaufmann Traube<br />

betrieb, gedieh prächtig. Sein Haus hatte die erste Expedition<br />

nach Fernost ausgerichtet und den Handel mit China forciert.<br />

Was für eine Sensation damals als die Präsident 1784 aus Fernost<br />

kommend nach <strong>Bremen</strong> <strong>zu</strong>rückkehrte, beladen mit Tee, Kaffee,<br />

Zinn, Pfeffer. Was für ein Hurra in der Bremer Gesellschaft<br />

Museum (heute <strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong>), der er seit Gründung<br />

angehörte. Wochenlang war das Wagnis, nach Fernost <strong>zu</strong> fahren,<br />

Diskussionsstoff in den abendlichen Runden im <strong>Club</strong> gewesen.<br />

Ja sein Ansehen in der Bremer Kaufmannschaft war gefestigt.<br />

Und 1789, ja 1789 hatte man ihn <strong>zu</strong>m preußischen Konsul<br />

benannt. Er lächelt leise in sich hinein, musste er doch daran<br />

denken, dass gerade im August dieses Jahres der Senat darüber<br />

Haus Landruh 1912<br />

91<br />

debattiert hatte, wie man den Hochmut Bremer Bürger, die sich<br />

mit Titeln fremder Mächte schmückend eindämmen könne.<br />

„Möge Gott mir noch einige erfüllte Jahre schenken“, murmelt<br />

er in einem Anflug von Frömmigkeit. „Gott und Fortuna, beide<br />

sind mir hold gewesen, haben meine Wege segensreich begleitet.“<br />

Er schließt die Augen und gibt sich ganz dem Schaukeln<br />

der Kutsche und seinen Erinnerungen hin und es schien ihm, als<br />

stände er wieder an Deck des Dreimasters der holländisch-ostindischen<br />

Kompanie, bei der er sich in frühen Jahren als Schiffsjunge<br />

verpflichtet hatte. Ja, jung war er gewesen, herrlich jung,<br />

als er damals das Gymnasium verließ. Voller Leidenschaft, Abenteuerlust<br />

und brennendem Fernweh hatte er den Entschluss<br />

gefasst, Seemann <strong>zu</strong> werden. Alle Bedenken wurden zerstreut. Er<br />

packte seinen Seesack und heuerte in Amsterdam an. Es waren<br />

harte und beschwerliche Jahre, aber was waren Rückschläge<br />

gegen das Glück, auf schwankendem Schiffsdeck die Meere <strong>zu</strong><br />

durchkreuzen. Was war ungemach gegen das Gefühl grenzenloser<br />

Freiheit auf See? Ein seliges Leuchten erhellte sein Gesicht.<br />

Seine wilde Jugend hatte von ihm Besitz ergriffen. Er sieht sich,<br />

an den Großmast gelehnt, das Kap der Guten Hoffnung <strong>zu</strong>r Linken<br />

und vor sich die träge Weite des Indischen Ozeans. Fern am<br />

flimmernden Horizont, die Hafenstädte des indischen Mogul-

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