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Sigrid Schuer<br />
„Ein Pilot-Projekt für ganz Deutschland“<br />
„KonTakt“ begeisterte alle Mitwirkenden, Tänzer wie Musiker der<br />
Deutschen Kammerphilharmonie <strong>Bremen</strong><br />
„<strong>Der</strong> Eisberg, der schmilzt“, dieses Bild aus Alexander Hauers<br />
Choreographie auf Nicolai Rimskij-Korsakovs sinfonische Dichtung<br />
„Scheherazade“ spricht Bände. Ihm gelang mit der Deutschen<br />
Kammerphilharmonie <strong>Bremen</strong> das Kunststück, den Eisberg<br />
aus Misstrauen, mangelndem Selbstvertrauen und Aggression<br />
behutsam <strong>zu</strong>m Schmelzen <strong>zu</strong> bringen.<br />
Für die rund 150 Beteiligten des sozialintegrativen Tanztheater-<br />
Projektes „KonTakt“ gibt es nach dem großen Erfolg der Uraufführung<br />
am 29. März nur eine Frage: „Wann tun wir es wieder?“,<br />
erzählt Ulrich König. <strong>Der</strong> Solo-Oboist der Deutschen Kammerphilharmonie<br />
und Choreograph Alexander Hauer, gemeinsam mit<br />
Schul-Koordinatorin Sabine Heinecke und Mechthild Strake, Vorsitzende<br />
des Vereins „Anders? Na und!“, „KonTakt“-Motoren<br />
geraten ins Schwärmen: „Dieses Projekt müsste in ganz Deutschland<br />
Schule machen und wie bei einem Domino-Effekt etwas<br />
anstoßen. Denn das ist das beste, was man mit unserer Gesellschaft<br />
anfangen kann“.<br />
Das Konzept hatte Alexander Hauer bereits fix und fertig im<br />
Kopf, als er mit der Choreographen-Ikone Royston Maldoom vor<br />
zwei Jahren an dem „Dance4Life“-Projekt der Deutschen Kammerphilharmonie<br />
mitarbeitete. Damals lernten sich Hauer und<br />
König kennen. <strong>Der</strong> endgültige Anstoß kam dann von Sabine<br />
Heinecke, die an der Grundschule, in der Uli Königs Tochter<br />
Tabea Schülerin ist, ein Tanzprojekt realisierte.<br />
„Rhythm is it – kann man so ein Projekt wie das der Berliner<br />
Philharmoniker auch auf dem Land machen ?“, so ihre Frage. Das<br />
Triumvirat aus Sabine Heinecke, Mechthild Strake und Alexander<br />
Hauer machte mit der tatkräftigen Unterstüt<strong>zu</strong>ng von Ulrich<br />
König das scheinbar Unmögliche möglich. Sie brachten rund 45<br />
107<br />
Orchestermusiker (die Kammerphilharmonie in verstärkter Version)<br />
mit 100 Tänzerinnen und Tänzer im Alter von 9 bis 75 Jahren<br />
unter einen Hut. Tanz und Musik entwickelten sich innerhalb<br />
von sechs Monaten <strong>zu</strong> einer universellen, Grenzen überwindenden<br />
Sprache zwischen so unterschiedlichen Gruppen wie Grund-,<br />
Haupt-, Real- und Förderschulen sowie Gymnasien und Landfrauen<br />
sowie Erwachsenen mit Behinderungen aus <strong>Bremen</strong> und den<br />
Landkreisen Diepholz und Oldenburg.<br />
Wie konnte dieses Wagnis gelingen? Während Mechthild Strake,<br />
die mit dem Verein „Anders ? Na und!“ viel Herzblut in die Integration<br />
von Behinderten gesteckt hat, unermüdlich unterwegs<br />
war, um bei Sponsoren aus der Wirtschaft und Politikern Geld<br />
auf<strong>zu</strong>treiben und Sabine Heinecke als Schul-Koordinatorin die<br />
Fäden <strong>zu</strong>sammenhielt, betätigte sich Alexander Hauer „als<br />
rasender Choreograph“ und formierte im fliegenden Wechsel in<br />
Bassum, Syke und Ganderkesee mit individuell unterschiedlicher<br />
Ansprache <strong>zu</strong>nächst Einzelgruppen, die er dann schließlich <strong>zu</strong><br />
einer homogenen Gruppe <strong>zu</strong>sammenschweißte.<br />
Unterdessen hatte Uli König, ebenso Feuer und Flamme für das<br />
Projekt wie seine Mitstreiter, die Vollversammlung der Deutschen<br />
Kammerphilharmonie <strong>Bremen</strong> überzeugt, bei „KonTakt“ mit<strong>zu</strong>mischen<br />
und dafür auf die Hälfte ihrer Gage <strong>zu</strong> verzichten. Kein<br />
Neuland für die Spitzenmusiker, die als Botschafter <strong>Bremen</strong> in<br />
aller Welt bekannt gemacht haben.<br />
Das orchestrale Selbstverständnis fußt seit den Gründungsjahren<br />
mit Projekten wie „Response“ auf dieser Basisarbeit. Nicht von<br />
ungefähr hat das Zukunftsinstitut das Orchester und die Gesamtschule<br />
<strong>Bremen</strong>-Ost mit dem „Zukunftsaward 2007“ ausgezeichnet.<br />
Als die Kammerphilharmoniker ihr neues Probendomizil in<br />
der Gesamtschule Ost bezogen, titelte der Tagesspiegel in Berlin:<br />
„Elite goes social. Mehr von solchen Nachrichten!“ Seitdem<br />
mischen die Musiker mit den GSO-Schülern mit Projekten wie<br />
dem Musical „Die Melodie des Lebens“ den multi-ethnisch