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überall in Straßen- und Ortsnamen (Lüderitz, Seeheim, Grünau) stößt. Andere, mit deutschem<br />

Pass, betreiben die Großfarmen als Hobby, leben und arbeiten aber außerhalb des Landes.<br />

Von schwarzen Kleinfarmern – offiziell rund 37.000 – werden etwa 2,2 Millionen Hektar<br />

Land bewirtschaftet. Aber über 240.000 haben sich als »landlos« registrieren lassen und damit<br />

ihren Anspruch auf Zuteilung von Pachtland oder Erwerb von Landeigentum angemeldet, um<br />

sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.<br />

Namibias Regierung will das Problem durch eine vergleichsweise moderat wirkende Landreform<br />

langfristig lösen. Willkürliche Enteignungen soll es nicht geben. Aber das Prinzip »willing<br />

seller – willing buyer« (williger Käufer – williger Verkäufer) soll jetzt konsequenter als<br />

bisher umgesetzt werden. Der Staat will »weißes« Farmland gegen Entschädigung aufkaufen,<br />

um es an Landlose umzuverteilen. Weiße Farmbesitzer, die ihr Land aus irgendwelchen<br />

Gründen verkaufen wollen, müssen es jedenfalls zuerst dem Staat anbieten. Der Kaufpreis<br />

richtet sich nach dem Wert, der bei Erhebung der Grundgewerbesteuer ermittelt wurde. Mit<br />

den Erträgen dieser Steuer sollte landlosen Bauern der Kauf von Farmland ermöglicht werden.<br />

Die weißen Farmer haben jedoch alle Register gezogen, um den Wert ihres Bodens und<br />

damit die Steuer herunterzurechnen.<br />

Das rächt sich jetzt. Staatliche Aufforderungen zum Verkauf, so ist in Windhoek zu hören,<br />

ergehen in erster Linie an Ausländer, die in Namibia Land besitzen, es aber nicht bewirtschaften.<br />

Aber auch weiße Namibier, die ihre Farmen nicht nutzen, oder Besitzer mehrerer Farmen<br />

erhalten Post von Jerry Ekandjo, dem Minister für Ländereien und Neuansiedlung. Für Ingo<br />

Oelkers, einen deutschstämmigen Namibier, der sich als Busfahrer etwas zu den Erträgen seines<br />

Farmbetriebs hinzuverdient, handelt es sich dabei um »Zwangsverkäufe«, eine Art »verklausulierter<br />

Enteignung«.<br />

Wenn man das Land wirklich an die ursprünglichen Besitzer zurückgeben wolle, so argumentieren<br />

viele Weiße, dürften nur die Nama und die San (Buschleute) berücksichtigt werden,<br />

denn alle anderen Völker Namibias, auch die Ovambo als das größte, seien wie die Weißen<br />

erst viel später ins Land gekommen.<br />

Überhaupt wird die Fähigkeit Schwarzer zur Führung landwirtschaftlicher Betriebe in Frage<br />

gestellt. Rainer von Hase, Präsident der Namibischen Landwirtschaftsunion (NLU), die die<br />

Interessen weißer Farmer vertritt, bekundet zwar grundsätzliches Einverständnis mit der<br />

Landreform, bemängelt jedoch Umfang und Zeitraum. Die Umverteilung von 15 Millionen<br />

Hektar bis zum Jahr 2020 sei nicht realisierbar. Schon nach den ersten vom Staat angeordneten<br />

Landverkäufen (darunter befand sich ein seit 1907 in Familienbesitz befindlicher Betrieb<br />

in der Nähe Windhoeks) breite sich Unruhe unter den Großfarmern aus. Viele seien verunsichert<br />

und erledigten nur noch die notwendigsten Arbeiten. Eine Ausreisewelle habe bereits<br />

eingesetzt.<br />

Die deutschsprachige »Allgemeine Zeitung« dagegen kritisiert, dass die Landübergabe an die<br />

Neusiedler zu langsam vor sich gehe. An den Staat verkaufte Farmen blieben zu lange ungenutzt<br />

und ungeschützt. Plünderern seien Tür und Tor geöffnet. Auch der Gewerkschaft der<br />

Farmarbeiter geht alles viel zu langsam. Deren Generalsekretär Alfred Angula forderte, »die<br />

Landlosen sollten sich einfach ihr Land wieder zurückholen, so wie es damals die Siedler einfach<br />

nahmen«. Und Risto Kapenda, Präsident der Nationalen Gewerkschaft Namibischer Arbeiter,<br />

wurde noch deutlicher: Die Regierung dürfe nicht »Diebe belohnen, indem sie gestohlenes<br />

Land zurückkauft«. In einem Sprichwort der Nama, jener etwas hellhäutigeren Ureinwohner<br />

Namibias, heißt es: »Anfang und Ende sind zweierlei.« Das bedeutet wohl so viel wie<br />

»Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben«.<br />

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