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DIE BRIEFFORM IM 18. JAHRHUNDERT - DEA - Debreceni Egyetem

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Gemahlin der „Weimarer Exzellenz“. So muss sie von der Gesellschaft anerkannt<br />

werden, auch wenn es verschiedenen Damen in den adeligen Zirkeln noch so schwer<br />

fällt. Es gibt viele Freunde – wie z.B. Johanna Schopenhauer -, die ihm Hilfe leisten.<br />

Sie empfangen Christiane lieb. Sie berichtet Goethe mit Freude in ihren Briefen<br />

darüber, an was für gesellschaftlichen Ereignisse sie teilnimmt, wer sie besucht. 28<br />

Die Anschauung über Christiane beginnt sich zu ändern. Goethe macht daraus<br />

kein Geheimnis, wenn seine Frau irgendwie beleidigt wird, richtet sich diese<br />

Beleidigung unmittelbar gegen ihn. So streben die Damen der Weimarer Gesellschaft<br />

danach, irgendwelche Beziehung zu Christiane auszubilden. Sie laden sie in ihre<br />

eigenen Häuser ein. Es ist also Goethe gelungen, Christiane gesellschaftliche<br />

Anerkennung zu erkämpfen. 29<br />

Solange die Einstellung der Gesellschaft zu Christiane sich langsam verändert,<br />

ändert sich die Persönlichkeit von Christiane nicht. Goethe betont oft, dass er sich<br />

darüber sehr freut, dass sie während der Zeit aus ihrer Individualität nichts aufgegeben<br />

hat: „Sollte man wohl glauben, daβ diese Person schon zwanzig Jahre mit mir gelebt<br />

hat? Aber das gefällt mir eben an ihr, daβ sie nichts von ihrem Wesen aufgibt und<br />

bleibt, wie sie war.“ Er will sie zu keiner gebildeten Dame entwickeln. Sie ist unfähig,<br />

das geistige Leben ihres Gatten zu schätzen oder zu teilen. Wie zum Schreiben, so<br />

fehlte Christiane auch die Geduld zum Lesen. Nur aus Langweile nimmt sie ein Buch in<br />

die Hand. Karoline Jagemann, die alles andere als eine Freundin der Christiane ist, stellt<br />

im Zusammenhang mit Christianes unveränderter Natur fest: „Man muβ es ihr<br />

nachsagen, daβ sie darum den Kopf nicht höher trug und ihre Gewohnheiten nicht<br />

veränderte.“ 30<br />

Ihr Briefwechsel umfasst fast die ganze Zeit ihrer Beziehung. Es gibt fehlende<br />

Briefe, ihrem gemeinsamen Leben kann man aber durch die übrig gebliebenen Briefe<br />

auf der Spur folgen. Wer nur ihre Briefe liest und über keine Hintergrundkenntnisse<br />

verfügt, kann sich auch diese zwei Menschen, ihr Leben vor sich vorstellen. Im<br />

folgenden Kapitel versuche ich auch, ihre aneinander geschriebenen Briefe zu<br />

untersuchen, dadurch die Briefschreiber kennen zu lernen und mit anderen bekannt zu<br />

machen.<br />

__________________<br />

28 a.a.O. S. 277-278.<br />

29 a.a.O. S. 279-280.<br />

30 a.a.O. S. 271.<br />

23

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