DIE BRIEFFORM IM 18. JAHRHUNDERT - DEA - Debreceni Egyetem
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4.3.5. Haupttugenden der Hausfrau<br />
Wie ich schon erwähnt habe, sehnt Goethe in seinem Leben nach einer Frau, die<br />
ihm das Zuhause sichern kann. Dieser Wunsch geht ihm in Erfüllung. Goethe schätzt<br />
sehr die tätigen Frauen, so hat er viele Freude an Christianes häuslicher Tätigkeit und an<br />
ihren Berichten darüber. Oft genug lässt die Sorge für das Hauswesen, für den Garten<br />
Christiane kaum Zeit, dem geliebten Mann nur das Notwendigste mitzuteilen. So muss<br />
Goethe sich oft mit kurzen Zettelchen Christianes begnügen. 58<br />
„Mir haben seit Montag gewaschen und getrocknet und heute bügeln mir, und die<br />
Stähle glühen, da kann ich Dir nicht mehr schreiben. Leb wohl und behalte Deinen<br />
Haus-Schatz lieb.“ 59<br />
In ihren Briefen kann man es merken, dass die Hausarbeit ihr groβe Freude macht, dass<br />
sie keine Mühe scheut.<br />
Das war aber nicht immer so. 1791 ziehen sie in ein neues Haus am Frauenplan<br />
um. In der ersten Zeit in diesem Haus ist Christiane oft der Verzweiflung nahe. Das<br />
Gewirr von Zimmern, Treppenaufgängen und Fluren, in dem man sich nur schwer<br />
zurechtfinden kann, verursacht ihr anfangs Beklemmungen und läβt sie befürchten, nie<br />
und nimmer damit fertig zu werden. Auch später droht ihr die Arbeit manchmal über<br />
den Kopf zu wachsen. Sie hat aber eine natürliche Begabung für die Organisation der<br />
Hauswirtschaft, so kann sie das Haus am Frauenplan beherrschen und die vielfältigen<br />
Aufgaben meistern. Natürlich stehen ihr Hilfskräfte, Diener zur Verfügung. Doch allein<br />
die Beaufsichtigung dieser, die Einteilung der täglichen Arbeiten erfordern viel Kraft<br />
und Hingabe.<br />
Dazu kommt noch die ewige Rechnerei mit dem Wirtschaftsgeld, das für den<br />
riesigen Haushalt nicht immer üppig bemessen ist. Zu dieser Zeit ist Goethe noch kein<br />
reicher Mann. Erst nach dem Tod seiner Mutter bekommt er mehr Geld und die<br />
Einnahmen aus der Schriftstellerei beginnen erst später zu flieβen. Zunächst hat er nur<br />
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58 Gräf, Hans Gerhard: Goethes Ehe in Briefen. Insel Verlag 1956. S. XXII-XIV.<br />
59 a.a.O. S. 93.<br />
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