DIE BRIEFFORM IM 18. JAHRHUNDERT - DEA - Debreceni Egyetem
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Aber umso mehr kann sich Christiane bestimmt dafür freuen. Dieser Brief ist ein gutes<br />
Beispiel darauf, als Goethe den vorher Gesagten gegenüber seine Gefühle mit<br />
Christiane teilt. Das kommt nicht so oft vor, dass sich seine Gedanken fast im ganzen<br />
Brief um Christiane drehen. Er erklärt ihr seine Liebe, nennt sie „mein Liebchen“.<br />
Wenn man von seiner Geliebten entfernt ist, fühlt man nur dann, wie es wichtig ist,<br />
einen Partner zu haben. Goethe schreibt diesen Brief aus dem französischen Feldzug,<br />
dort konfrontiert er damit, dass man schätzen muss, was man hat. Er drückt auch<br />
Eifersucht aus, er will der einzige Mann im Leben von Christiane sein.<br />
„Behalte mich ja lieb! Denn ich bin manchmal in Gedanken eifersüchtig und stelle mir<br />
vor: daβ Dir ein andrer besser gefallen könnte, weil ich viele Männer hübscher und<br />
angenehmer finde als mich selbst. Das muβt Du aber nicht sehen, sondern Du muβt<br />
mich für den besten halten, weil ich Dich ganz entsetzlich lieb habe und mir auβer Dir<br />
nichts gefällt.“ 37<br />
Sie ist froh, hat einen Sohn von Goethe. Sie möchte keine anderen Männer, nur viel Zeit<br />
mit Goethe verbringen. Manchmal sehen sie einander monatelang nicht, deshalb ist sie<br />
in ihren Briefen oft begierig nach ein paar „Schlampamps-Stündchen“. Das ist ihr<br />
Ausdruck für Liebesstunden, Stunden von Nähe und Gespräch.<br />
Bevor wir die weiteren Einzelheiten ihres Lebens kennen lernen würden, ist es<br />
verdient, zu beobachten, wie sich die Länge der Liebeserklärung verändert. Am Anfang<br />
einer Beziehung sagt man seinem/seiner Geliebten noch öfter, was man für ihn/sie fühlt.<br />
In den ersten Jahren haben sowohl Goethe als auch Christiane in ihren Briefen durch<br />
eine halbe Seite ihre Gefühle geschildert. Mit dem Vergehen der Zeit zieht sich die<br />
Liebe in den Hintergrund, die alltäglichen Probleme, Ereignisse treten in den<br />
Vordergrund. In den Briefen der späteren Jahre werden auch die derartigen<br />
Mitteilungen bevorzugt. Goethe und Christiane vergessen aber nie, einander daran zu<br />
erinnern, dass sie einander lieb haben.<br />
„So wie ich mich dieses Mal auf Dich freue, läβt sich nicht beschreiben, ich darf mir es<br />
gar nicht denken. Nun lebe wohl. Mit Liebe erwarte ich Dich wie immer und bin<br />
glücklich.“ 38<br />
__________________<br />
37 Gräf, Hans Gerhard: Goethes Ehe in Briefen. Insel Verlag 1956. S. 7.<br />
38 a.a.O. S. 394.<br />
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