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AUF DEM ABSTELLGLEIS - tages anzeiger

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24. Mai 20133Themavon Gerhard LobIm Dezember 2014 soll die neueBahnlinie Mendrisio-Stabio-Varese(FMV) in Betrieb gehen. So ist es inVerträgen zwischen Italien und derSchweiz festgelegt. 2008 begannendie Arbeiten. Es gab zwar schonzwei Mal Unterbrüche, aber weitgehendlief bisher alles nach Plan.„Wir haben mit den Italienern sogareine Wette abgeschlossen, wer mitden Arbeiten zuerst fertig ist“,scherzte vor wenigen Monaten derdamalige Tessiner Bau- und UmweltdirektorMarco Borradori anlässlicheiner Baustellenbesichtigung.Doch die Zeit der Scherze ist vorbei;der Wettausgang jetzt schon klar.Während nämlich die Arbeiten aufSchweizer Seite gemäss Marschtabellevoranschreiten und im Frühjahr2014 beendet sein sollten,herrscht jenseits der Grenze von StabioStillstand. Das federführendeBauunternehmen „Ingegner ClaudioSalini Grandi Lavori SpA“ (ICS) hatdie Arbeiten eingestellt. Auf EndeMonat wird es sich von der Baustelleganz zurückziehen, wie ihr PersonalchefSebastiano Rao gegenüberdem Radio RSI erklärte. Das Unternehmenhat gemäss italienischenPresseberichten vor einem Zivilgerichtin Rom den Antrag gestellt, ausdem Auftrag aussteigen zu wollen.Hintergrund für den Baustopp ist dieLagerung des Aushubmaterials. Daim Aushub natürliches Arsen gefundenwurde, gelten für die Deponierungstrengere gesetzliche Vorschriften.Doch dies bringt Mehrkostenmit sich – Kosten, die das Unternehmennicht alleine tragen kannoder will. Ausserdem fehlen geeigneteDeponien. „Wir haben keineMöglichkeit, das Aushubmaterial zudeponieren“, so Rao. Und auf derneuen Linie fällt wegen der Tieferlegungvon Trassen und Tunnelbaureichlich Erde und Schutt an (sieheArtikel rechts).Im Tessin ist man konsterniert undempört. Der in Mendrisio wohnhafteCVP-Nationalrat Marco Romanofordert: „Bern muss jetzt ein kräftigesZeichen senden.“ Er will mitBundesrätin und VerkehrsministerinDoris Leuthard das Problem erörtern.Besonders stossend findet Romano,dass die Schweizer Seite überden Baustopp in Italien nicht offiziellinformiert worden ist. Nachfragenbeim Kanton Tessin, der SBBund dem Bundesamt für Verkehr bestätigendies. „Offiziell wissen wirvon nichts“, sagt etwa SBB-SprecherinRoberta Trevisan. Doch dieKunde vom Baustopp hat auch ohneoffizielle Kanäle schnell die Rundegemacht. Die Geschäftsprüfungskommissiondes Grossen Rates sowiedie regionale Verkehrskommissiondes Mendrisiotto verlangen bereitsein Eingreifen Berns.Die Konsternation beschränkt sichindes nicht auf das Tessin. NebenTi-PressDie mit dem Bau der neuen Bahnlinie Mendrisio-Varese beauftrageFirma hat in Italien ihre Arbeiten eingestellt. Die Schweizer wurdennicht einmal informiert. Im Tessin reibt man sich die AugenEMPÖRUNG NACHBAUSTOPPIN ITALIENJenseits der Grenze herrscht Stillstand: jetzt soll Bern eingreifenmehr als 200 Arbeitern, die bei Saliniund Subunternehmen ihre Arbeitverlieren, sind auch Gemeindenwie Arcisate und Induno-Olanoin Aufruhr. Dort führt die neue Linieteils direkt durch Wohngebieteund das halbfertige Trassee gammeltseit Monaten vor sich hin. Angesichtsdes Dauerregens verwandelnsich die Baustellen momentanin Sturzbäche. Dabei hatte die BauherrinRFI, die italienische NetzbetreiberinRete ferroviaria italiana,versprochen, dass die Unannehmlichkeitennicht lange dauern würden.Netzbetreiberin RFI kommuniziertzurzeit nicht öffentlich. Aber es istbekannt, dass nach Auswegen ausder Krise gesucht wird. Es soll einTreffen zwischen den Bürgermeisternder betroffenen Gemeindenmit dem neuen lombardischen VerkehrsministerMaurizio Del Tennogeben. Gestern Donnerstag sollte inComo das KoordinationskomiteeFMV tagen, in dem neben der RFIauch die SBB, die Region Lombardei,der Kanton Tessin, das Bundesamtfür Verkehr (BAV) und das italienischeVerkehrsministerium vertretensind. Doch das Treffen wurdeauf Vorschlag von RFI und RegionLombardei auf Anfang Juni verschoben.Der neue Direktor desTessiner Bau- und Umweltdepartements,Michele Barra, hat dieseWoche mit Del Tenno telefoniert.Dieser habe ihm versichert, dass eralles tun werde, um die Wiederaufnahmeder Arbeiten in die Wege zuleiten. Ziel sei es, die Verzögerunggegenüber der Marschtabelle aufmaximal drei Monate zu beschränken,teilten das Bau- und Umweltdepartement,SBB und Bundesamtfür Verkehr in einem gemeinsamenKommuniqué mit.Ausbau und Neubauauf 17,7 Kilometernzwischen Mendrisiound VareseVon der 17,7 km langen Gesamtstrekkeder neuen Bahnverbindung Mendrisio-Vareseverlaufen 6,6 km in derSchweiz, die restlichen 11,1 Kilometerin Italien. Die grenzüberschreitendeLinie stellen für die SBB und denKanton Tessin ein Schlüsselprojektdar. Zum einen wird die FerroviaMendrisio Varese (FMV) eine direkteVerbindung von Mendrisio und Luganoan den InterkontinentalflughafenMailand-Malpensa herstellen. Zudemwird die neue Querspange in Gallarate(I) einen Anschluss von Mendrisio/Luganoan die Linie Mailand-Genf via Simplon ermöglichen. DieFahrzeit zwischen Lugano und Lausannewird sich um fast zwei Stundenverringern. Schliesslich soll die neueBahnlinie Grenzgänger aus demRaum Varese, die ins Tessin pendeln,dank eines 30-Minuten-Taktes zumUmsteigen auf den öffentlichen Verkehrbewegen. Die Italiener legten ihrerseitsWert darauf, dass dieses Projektrechtzeitig vor der WeltausstellungExpo 2015 in Mailand fertiggestelltist.Für die SBB-Abteilung Infrastrukturist die Bedeutung der FMV durchausvergleichbar mit der Durchmesserliniein Zürich oder dem grenzüberschreitendenProjekt Cornavin-Eaux-Vives-Annemasse (CEVA) in Genf.Zurzeit werden die Kosten aufSchweizer Seite auf 186 MillionenFranken geschätzt, auf italienischerSeite auf umgerechnet zirka 280 MillionenFranken.Kompliziert und aufwändig sind dieArbeiten vor allem auf italienischerSeite, wo die bestehende BahnlinieVarese-Porto Ceresio zum Teil aufDoppelspur ausgebaut wird (4,5 km),aber auch einen neuen Seitenast erhält(3,5 km), der von Arcisate zurGrenze nach Stabio und damit zumAnschluss ans Schweizer Trasseeführt. Haltestellen sind in Stabio-Gaggiolo, Arcisate und Induno-Olanovorgesehen, jeweils mit Park &RideAnlagen. In Arcisate führt die Liniedirekt durch Wohngebiete und wirdzum Teil aus Schallschutzgründentiefer gelegt oder in Tunnels geführt,um Bahnübergänge zu vermeiden.Die neue Linie soll dereinst in einemEinzugsgebiet mit rund 600‘000 Einwohnerndie Städte Bellinzona, Lugano,Mendrisio, Chiasso, Como undVarese verbinden. Dabei ist es das ersteMal, dass die S-Bahn TILO einGebiet mit neuen Gleisen erschliesst.Bisher expandierte TILO auf bestehendenGleisanlagen sowie durch eineVerbesserung des Rollmaterialsund der Taktfrequenz, beispielsweisenach Albate-Camerlata (Como) undMailand. Mendrisio soll dank derFMV zu einem Schweizer Knotenpunktder italienischen öV-VerbindungComo-Varese werden.Mit dem Regio-Express wird dieFahrzeit Lugano-Varese nur 30 Minutenbetragen, mit der S-Bahn zirka 45Minuten. Die Fahrt von Lugano biszum Interkontinentalflughafen Mailand-Malpensawird auf knapp 60 Minutenveranschlagt und soll einmalstündlich angeboten werden. Lugano-Varese ist alle 30 Minuten angesagt.All diese angepeilten Verbindungenmitsamt Fahrzeiten bleiben abergraue Theorie, solange die Gleisarbeitennicht abgeschlossen werden.gl

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