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Siedlungen <strong>de</strong>s Mietwohnungsbaus –<br />
ein Teil <strong>de</strong>r europäischen Stadt<br />
In seinem programmatischen Vortrag<br />
„Große Wohnsiedlungen als Bestandteil <strong>de</strong>r<br />
europäischen Stadt“ machte Prof. Werner<br />
Durth von <strong>de</strong>r Technischen Universität<br />
Darmstadt <strong>de</strong>utlich, dass <strong>de</strong>r Wohnungsbau<br />
für breite Schichten <strong>de</strong>r Bevölkerung kein<br />
Betriebsunfall <strong>de</strong>s Städtebaus war, son<strong>de</strong>rn<br />
ein wesentlicher Abschnitt <strong>de</strong>r europäischen<br />
Stadtgeschichte, durch <strong>de</strong>n die<br />
Wohnungsnot überwun<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r soziale<br />
Zusammenhalt gestärkt wur<strong>de</strong>. Nicht zu<br />
unterschätzen allerdings sei das Imageproblem<br />
<strong>de</strong>s Wohnungsbaus <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne.<br />
Er kritisierte, die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Mietwohnungsbaus<br />
<strong>de</strong>r 1920er bis 1980er Jahre für<br />
das qualitativ hohe Niveau <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />
Wohnungsmarktes wür<strong>de</strong> im öffentlichen<br />
Bewusstsein zu wenig reflektiert.<br />
Der Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s GdW Bun<strong>de</strong>sverband<br />
<strong>de</strong>utscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />
e. V., Axel Gedaschko, betonte:<br />
Dank <strong>de</strong>s enormen Wohnungsbaugeschehens<br />
in diesen Jahrzehnten konnte „gut und<br />
sicher wohnen“ zu einem Markenzeichen<br />
<strong>de</strong>s GdW wer<strong>de</strong>n. Neun von zehn GdW-<br />
Wohnungen – mehr als fünf Millionen Wohnungen<br />
für fast zehn Millionen Menschen<br />
– befin<strong>de</strong>n sich in <strong>de</strong>n zwischen 1920 und<br />
1990 errichteten Wohnsiedlungen. Mit Blick<br />
auf die Zukunft wies er auf die beson<strong>de</strong>re<br />
Eignung <strong>de</strong>r Wohnsiedlungen für Klimaschutz<br />
und Energieeinsparung hin. Die kompakte<br />
Bebauung, die Möglichkeit rationeller<br />
Mo<strong>de</strong>rnisierungsverfahren und das abgestimmte<br />
Han<strong>de</strong>ln professioneller Vermieter<br />
in ganzen Wohnquartieren führten bereits<br />
heute dazu, dass diese Wohnsiedlungen zu<br />
Vorreitern bei <strong>de</strong>r klimagerechten Stadtentwicklung<br />
gewor<strong>de</strong>n seien. Nötig seien<br />
weiterhin intelligente quartiersbezogene<br />
Ansätze, die Erneuerung, Anpassung und<br />
eventuell Rückbau von Gebäu<strong>de</strong>n und Infrastrukturen<br />
zusammen<strong>de</strong>nken. Gedaschko<br />
wies zu<strong>de</strong>m darauf hin, dass es ein Fehler<br />
sei, wenn sich die <strong>de</strong>rzeitige Debatte um<br />
die Zukunftsfähigkeit <strong>de</strong>r Städte nur auf die<br />
Innenstädte konzentriere: Die Realität <strong>de</strong>s<br />
Wohnens sehe an<strong>de</strong>rs aus, <strong>de</strong>r Großteil <strong>de</strong>r<br />
Menschen wohnten dort nicht.<br />
Keine Verengung auf „Platte“<br />
und „Hochhaus“<br />
Die neue Sichtweise „vom Sorgenkind zum<br />
Zukunftsquartier“ bestätigte <strong>de</strong>r Vereinsvorsitzen<strong>de</strong><br />
Dr. Bernd Hunger in seiner<br />
das kompetenzzentrum großsiedlungen e. V. …<br />
…wirbt für integrierte Konzepte, die städtebauliche<br />
Erneuerung, Klimaschutz, energetische Sanierung<br />
und soziale Stabilisierung im Rahmen wirtschaftlich<br />
tragbaren wohnungswirtschaftlichen Han<strong>de</strong>lns ganzheitlich<br />
angehen und dabei innovative Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
baulichen Durchführung und <strong>de</strong>s sozialen Umgangs<br />
anwen<strong>de</strong>n. Es pflegt ein Kooperationsnetzwerk, um<br />
Kompetenzen zu bün<strong>de</strong>ln und die gesammelten<br />
Erfahrungen seinen <strong>de</strong>utschen und internationalen<br />
Partnern zur Verfügung zu stellen, mit <strong>de</strong>m Ziel, die<br />
zukunftsfähige Entwicklung großer Wohngebiete als<br />
wichtige Herausfor<strong>de</strong>rung für die Politik <strong>de</strong>r Europäischen<br />
Union herauszustellen.<br />
Die auf <strong>de</strong>r Konferenz vorgestellte Publikation „Große Wohnsiedlungen – Wohnen mit<br />
Zukunft“, stellt beispielhafte Projekte <strong>de</strong>r Siedlungserneuerung von <strong>de</strong>n Siedlungen<br />
<strong>de</strong>r 1920er Jahre bis zu <strong>de</strong>n Siedlungen <strong>de</strong>r 1980er Jahre erstmals im Zusammenhang<br />
dar. Sie kann unter info@gross-siedlungen.<strong>de</strong> bestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Bilanz <strong>de</strong>r zehnjährigen Arbeit <strong>de</strong>s Kompetenzzentrums.<br />
War das Vereinsziel zuerst,<br />
„Kümmerer“ für die Siedlungen zusammenzuführen,<br />
sei <strong>de</strong>r Verein schnell von einer<br />
„Berliner Pflanze“ zu einer bun<strong>de</strong>sweit und<br />
international bekannten Plattform mit über<br />
80 Mitglie<strong>de</strong>rn und thematisch breit aufgestellten<br />
Arbeitskreisen gewor<strong>de</strong>n. Er wirke<br />
an europäischen Projekten wie „Urb.Energy“<br />
o<strong>de</strong>r „Longlife“ mit, die die Zukunftspotenziale<br />
betonen: Klimaschutz, Energiewen<strong>de</strong>,<br />
sozialer Zusammenhalt. Einen Zulauf<br />
neuer Mitglie<strong>de</strong>r vor allem aus <strong>de</strong>n alten<br />
Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn habe das Konzept bewirkt,<br />
die Debatte über die Zukunft <strong>de</strong>r großen<br />
Wohnsiedlungen nicht auf „Platte“, „Hochhaus“<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n „Osten“ zu beschränken, so<br />
Dr. Hunger, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n seit <strong>de</strong>n 1920er<br />
Jahren in Deutschland errichteten, sozialen<br />
Zielen verpflichteten Mietwohnungsbau in<br />
seiner ganzen Vielfalt zu diskutieren.<br />
In <strong>de</strong>r abschließen<strong>de</strong>n Podiumsdiskussion<br />
verwiesen Jürgen Marx, Geschäftsführer <strong>de</strong>r<br />
Berliner Wohnungsbaugesellschaft STADT<br />
UND LAND, ebenso wie Reiner Kuklinski,<br />
Geschäftsführer <strong>de</strong>r Volkswohnung Karlsruhe,<br />
darauf, dass die Erneuerung <strong>de</strong>r Siedlungen<br />
wirtschaftlich tragbar sein müsse.<br />
Die Entwicklung <strong>de</strong>r Siedlungen dürfe nicht<br />
nur auf wenigen Schultern lasten, viele<br />
Unternehmen und Standorte bräuchten<br />
noch Hilfe. Neben einem professionellen<br />
Wohnungsmanagement sei eine Entlastung<br />
von <strong>de</strong>n Altschul<strong>de</strong>n entschei<strong>de</strong>nd, so Marx:<br />
Viele För<strong>de</strong>rprogramme seien jedoch nicht<br />
investorenfreundlich. Die Diskussion über<br />
problemadäquate För<strong>de</strong>rinstrumente sei, so<br />
Prof. Dr. János Brenner vom Bun<strong>de</strong>sbauministerium,<br />
im Zuge <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung<br />
beschlossenen Energiewen<strong>de</strong> in vollem<br />
Gange. Dr. Hans-Jürgen Gaudig, Geschäftsführer<br />
<strong>de</strong>s Büros BBP Bauconsulting, <strong>de</strong>r<br />
ebenfalls die Notwendigkeit wirtschaftlich<br />
tragbarer Sanierungskonzepte betonte,<br />
erklärte, dass sich das in Deutschland erarbeitete<br />
Know-how zu einem Markenzeichen<br />
entwickelt habe und für die Erneuerung <strong>de</strong>r<br />
Siedlungen in Ost- und Westeuropa genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n könne. Schließlich stelle sich in<br />
Osteuropa die Frage, wie diese Siedlungen<br />
in zukunftsfähige Strukturen überführt<br />
wer<strong>de</strong>n könnten, und zu<strong>de</strong>m in rund zehn<br />
Jahren – an<strong>de</strong>rs als hierzulan<strong>de</strong> – die Frage<br />
<strong>de</strong>r wirtschaftlichen Existenz und <strong>de</strong>r physischen<br />
Standsicherheit.<br />
Mehr öffentliche Aufmerksamkeit für<br />
Wohnsiedlungen<br />
Die Konferenzteilnehmer waren sich einig:<br />
Die Erneuerung <strong>de</strong>r großen Wohnsiedlungen<br />
müsse weitergehen, zumal die<br />
soziale Wohnraumversorgung vor <strong>de</strong>m<br />
Hintergrund fortschreiten<strong>de</strong>r sozialer Polarisierungsprozesse<br />
für immer größere Bevölkerungsgruppen<br />
wie<strong>de</strong>r an Be<strong>de</strong>utung<br />
gewinnen wer<strong>de</strong>, so <strong>de</strong>r Tenor. Längst seien<br />
nicht alle Bestän<strong>de</strong> saniert, <strong>de</strong>r Nachholbedarf<br />
immens. Es sei <strong>de</strong>shalb Zeit, dass<br />
sich die politische Aufmerksamkeit wie<strong>de</strong>r<br />
stärker auf die großen Bestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Mietwohnungsbaus<br />
richtet (siehe hierzu auch<br />
<strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Artikel).<br />
Olaf Berger<br />
Die Wohnungswirtschaft 8/2011 23