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Reichtum - Vontobel

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Dr. Gerhard Schwarzist Direktor bei der Schweizer Denkfabrik Avenir Suisse. Zuvor arbeitete er währendrund 30 Jahren auf verschiedenen Positionen bei der «Neuen Zürcher Zeitung»,unter anderem als Wirtschaftskorrespondent in Paris, ab 1994 als Leiter der Wirtschaftsredaktionund von 2008 bis 2010 als stellvertretender Chefredaktor. Der gebürtigeÖsterreicher studierte an der Hochschule St.Gallen Volks- und Betriebswirtschaft, wo erauch promovierte. Studienaufenthalte führten Schwarz nach Kolumbien und in dieUSA, wo er an der Harvard Business School das Advanced Management Program absolvierte.Der Ökonom ist seit 1989 auch Lehrbeauftragter an der Universität Zürich. Dr. Gerhard SchwarzDie Schweiz ist ein reiches Land. Mit gut 50’000 US-Dollar ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf das dritthöchsteder Welt (Preise von 2012). Das durchschnittliche Vermögenliegt bei 375’000 Dollar, höher als in jedem anderen Land undungefähr 100-mal so hoch wie in Indien. 9.5 Prozent der Bevölkerungbesitzen mehr als eine Million Dollar Vermögen;höher ist dieser Anteil nur in Singapur, Kuwait und Katar. Allerdingsist der Geldreichtum nicht zuletzt dank der auf Sparenstatt Umverteilen basierenden Alterssicherung (zweite Säule)gleichmässiger verteilt als in anderen Ländern. Und er wird seltenplakativ zur Schau gestellt, trotz einer in den letzten Jahrzehntenunter angelsächsischem Einfluss erfolgten Erosion dereinst so wichtigen Kultur des Understatements. Die Villen vonDallas bleiben aber weiterhin grösser als jene in der Schweiz, derLebensstil der Oberschicht in Frankreich oder Spanien feudaler,der Luxuskonsum russischer Oligarchen protziger und der Auftrittarabischer Ölscheichs auffälliger.Zerrbilder und KlischeesKrimiautoren, Boulevardjournalisten und Politiker inaller Welt zeichnen gleichwohl mit Vorliebe ein meist ziemlichklischeehaftes Zerrbild einer besonders reichen Schweiz, dieihren Wohlstand fast ausschliesslich den etwas unheimlichenGnomen von Zürich verdanke. Gewiss nimmt man an, dassauf Schweizer Banken rund 2’250 Milliarden Dollar Privatvermögenliegen, mehr als ein Viertel der verwalteten Privatvermögenweltweit. Und die Schweiz weist auch pro Kopf ammeisten global tätige Grossunternehmen mit einem enormenAuslandvermögen auf (die Kennzahl ist zweieinhalb Mal sohoch wie jene der nächstplatzierten Niederlanden). Aber in beidenFällen liegen die Eigentumsrechte ja nicht mehrheitlich beiSchweizerinnen und Schweizern. Das wird ebenso verdrängtwie die Tatsache, dass die Schweiz die Niederlande oder Grossbritannien,beides Kolonialmächte, die weit vor ihr reich wurden,in Sachen Wohlstand zwischen dem Ende des 19. Jahrhundertsund der Zeit um den Ersten Weltkrieg überholt hat,zu einer Zeit, als Steuerflucht kaum eine Rolle spielte. Und dassihr dies vor allem dank der «Realwirtschaft» gelang, besondersdank der chemischen und der pharmazeutischen Industrie, derNahrungsmittel- und der Maschinenindustrie sowie der frühenInternationalisierung dieser vier Branchen.Jenseits aller Zahlen und aller Zerrbilder zeigt ein Blick unterdie Oberfläche ohnehin, dass der wahre <strong>Reichtum</strong> derSchweiz nicht allein, ja nicht einmal hauptsächlich im privatenGeldreichtum liegt. Was die Schweiz zum auffällig reichen Landmacht, sind viel eher jene Faktoren, welche die Weltbank-Studie«Where is the Wealth of Nations?» neben dem natürlichen Kapital(Landschaft, Rohstoffe) und dem produzierten Kapital (Anlagen,Gebäude, Infrastruktur) als immaterielles Kapital (Bildung,politische Führung, Behördenqualität, Rechtssystem) bezeichnet.Die Autoren der Weltbank-Studie errechneten 2006 fürdie Schweiz unter Einbezug aller drei Arten von Kapital ein Pro-Kopf-Vermögen von rund 700’000 Franken. Damit führte dieSchweiz die Rangliste mit grossem Abstand an, vor Dänemark,Schweden, den USA und Deutschland. Während bei den ärmstenLändern ein Drittel bis zur Hälfte des <strong>Reichtum</strong>s aus natürlichenRessourcen besteht, dominiert in reicheren Ländern wieder Schweiz und Deutschland mit einem Anteil von über 80Prozent das immaterielle Kapital. Das leuchtet zwar ein, aberdass in diesen Ländern der natürliche <strong>Reichtum</strong> nur etwa einProzent des gesamten <strong>Reichtum</strong>s ausmachen soll, wirft dennochFragen auf. Wer würde nämlich mit der Schweiz nichtauch eine Natur von seltener Schönheit auf kleinstem Raumin Verbindung bringen, bis ins Letzte gehegt und gepflegt,manchmal sogar ein wenig zu herausgeputzt, so dass eineMischung aus Ballenberg und Disneyland entsteht?18 <strong>Vontobel</strong> Porträt 2013

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