Bürgerliches RechtBGB ATDer Widerruf einer ErklärungIn besonderen Fällen wird einer Vertragspartei das Recht eingeräumt, <strong>ihre</strong> Willenserklärungrückgängig zu machen.Rechtshindernder Widerruf (Einwendung)Verhindert das eine bereits abgegebene Willenserklärung wirksam wird.- Gemäß § 130 I S. 2 BGB wird eine Willenserklärung gegenüber Anwesendennicht wirksam, wenn der Widerruf vorher oder gleichzeitig zugeht.- Nach § 109 I BGB kann der Vertragspartner ein RG mit einem Minderjährigenbis zur Genehmigung des Vertrages durch die gesetzliche Vertretung,widerrufen, sofern er die Minderjährigkeit nicht kannte.- Beim falsus procurator kann das RG nach § 178 BGB widerrufen werden,sofern die fehlende Vertretungsmacht nicht bekannt war.- Die Einwilligung (=vorherige Zustimmung) kann gemäß § 183 BGB bis zurVornahme des RG widerrufen werden, wenn die Wirksamkeit des RG vonseiner Zustimmung abhängt, vgl. § 182 BGB.Unterscheide:Rechtsvernichtender Widerruf (Einwendung)Beseitigt ein Rechtsgeschäft, <strong>bei</strong> besonders schutzwürdigen Vertragspartnern.- Bei Verbraucherverträgen wird einheitlich auf das Widerrufsrecht gemäߧ 355 BGB verwiesen, wonach der Verbraucher an seine Willenserklärungnicht mehr geb<strong>und</strong>en ist, wenn er sie fristgerecht widerruft. Die Rechtsfolgensind in § 357 BGB geregelt, wonach für die Rückabwicklung die gesetzlicheRücktrittsvorschriften gemäß § 323 ff. BGB Anwendung finden.- Solche Verbraucherverträge sind z.B.:Das Haustürengeschäft gem. § 312 BGBFernabsatzverträge gem. § 312 b BGBVerbraucherdarlehn nach § 495 BGBTeilzeit – Wohnrechteverträge nach § 458 BGB- Widerruf einer Schenkung gem. § 530 BGB wegen schwerer Verfehlungoder groben Undanks- Jederzeitiger Widerruf des Auftrages möglich nach § 671 BGB© Dr. W. Nolden Seite 18
Bürgerliches RechtBGB ATAnfechtung einer WillenserklärungBEACHTE: Auslegung geht vor Anfechtung!I. Zulässigkeit der Anfechtung1. analog <strong>bei</strong> geschäftsähnlichen Handlungen (z.B. Mahnung) BGH NJW 1989, 17922. vorrangige Sonderregelungen im Erb- <strong>und</strong> Familienrecht, §§ 1600, 1949, 2308 BGB; 119 II BGB(-), wennRegeln über Sachmängelgewährleistung greifen3. Nicht anfechtbar:!• nichtige Rechtsgeschäfte (str.)• Realakte (z.B. Verbindung, Vermischung (§§ 946-948 BGB), Verar<strong>bei</strong>tung (§ 950 BGB); F<strong>und</strong> (§ 965BGB)• Schweigen mit der Begründung, man kenne die Wirkung des Schweigens als WE nicht• Rechtsscheintatbestände (z.B. Anscheinsvollmacht h.M., Bevollmächtigung §§ 171, 172 BGB)• prozessrechtliche Erklärungen, es sei denn, dass die Prozesshandlung zugleich ein materiell- rechtlichesRechtsgeschäft ist• Gründungs- <strong>und</strong> Beitrittserklärungen zur GmbH, Aktiengesellschaft <strong>und</strong> Genossenschaft nach Eintragung• nach MM ausgeübte InnenvollmachtII. Anfechtungsgr<strong>und</strong>1 § 119 I BGB, unbewusstes Auseinanderfallen von Wille <strong>und</strong> Erklärunga) InhaltsirrtumDer Erklärende benutzt das Zeichen, das er benutzen wollte, doch misst er diesem eine andere Bedeutungzu, als es objektiv hat, § 119 I 1. Alt. BGB, z.B. mieten“ bedeute unentgeltlichb) ErklärungsirrtumWenn die Erklärungshandlung fehlerhaft verläuft, § 119 I 2. Alt BGB, z.B. Versprechen, Verschreiben,Vergreifen nicht Motivirrtum oder Rechtsfolgenirrtum; P: Kalkulationsirrtum2. § 119 II BGB, EigenschaftsirrtumIrrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften ⇒ Eigenschaften sind alle wertbildenden Faktoren. Verkehrswesentlichist eine Eigenschaft, wenn sie für eine WE im Rahmen des konkreten Rechtsgeschäfteswichtig ist oder aus objektiver Sicht für wichtig gehalten wird.a) Eigenschaften einer Person: Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Alter, Sachk<strong>und</strong>e, Geschlechtb) Eigenschaften einer Sache: Größe, Material, Herkunft (nicht aber der Preis, da dieser von äußeren Faktorenbestimmt wird, eben regelmäßig durch die Summe der verkehrswesentlichen Eigenschaften)3. § 120 BGB, unbewusste unrichtige Übermittlung durch Erklärungsboten (nicht anwendbar auf den Empfangsboten<strong>und</strong> den Empfangsvertreter). Auch die Post fällt darunter.4. § 123 BGB, Arglistige Täuschung oder Drohung: Täuschungshandlung, Irrtum, Kausalität, ArglistIII. KausalitätDer Erklärende kann nur anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er die WE <strong>bei</strong> Kenntnis <strong>und</strong> verständiger Würdigungdes Falles nicht abgegeben hätte.IV. Anfechtungserklärung gem. § 143 I BGBErklärung muss <strong>ihre</strong>m Inhalt nach eindeutig erkennen lassen, dass sich der Erklärende nicht an den Inhalt derWillenserklärung geb<strong>und</strong>en fühlt.V. Anfechtungsgegner gemäß § 143 BGBRichtiger Anfechtungsgegner gem. § 143 I-IV BGBVI. Anfechtungsfrist1. gem. § 121 I BGB „unverzüglich“ nach Kenntniserlangung; spätestens vor Ablauf von 10 Jahren, § 121 IIBGB2. gem. § 124 BGB binnen 1 Jahres nach Kenntniserlangung; spätestens vor Ablauf von 10 Jahren, § 124 IIIBGBVII. Kein Ausschluss gem. § 144 BGBVIII. Rechtsfolge1. Willenserklärung nach § 142 I BGB ex tunc nichtig2 BEACHTE: <strong>bei</strong> in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen ex nunc Wirkung (Ar<strong>bei</strong>ts-, Gesellschaftsvertrag)3. Schadensersatz nach § 122 BGB: negatives Interesse (Höhenbegrenzt durch positives Interesse)© Dr. W. Nolden Seite 19