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MORO - Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg

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Prof. Dr. Dr. h. c. Günter Stock<br />

<strong>Berlin</strong>–<strong>Brandenburg</strong>ische Akademie der Wissenschaften<br />

Gesundheit (auch) als Wirtschaftsfaktor<br />

Wichtige gesellschaftliche und wissenschaftliche Zukunftsfragen<br />

haben zunehmend mit Gesundheitsthemen zu tun.<br />

Chronische, degenerative Krankheiten, also Krankheiten,<br />

die langfristig behandelt werden müssen, sind auf dem Vormarsch.<br />

Die demographische Entwicklung ist hier entscheidend,<br />

wobei es jedoch nicht darum geht, dass wir noch älter<br />

werden (dafür gibt es natürliche Grenzen), sondern darum,<br />

den Zeitpunkt hinauszuzögern, an dem wir pflegebedürftig<br />

werden.<br />

Häufig wird das Thema Gesundheit bislang nur als Faktor des<br />

Sozialsystems gesehen. Gesundheit ist in unserer Region jedoch<br />

auch ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Betrachtet man die<br />

Gesundheitswirtschaft einmal in einem weiteren Fokus, wie<br />

es z. B. in der Automobilindustrie mit ihren Zulieferern längst<br />

üblich ist, gehören zur Gesundheitswirtschaft die präventive<br />

Medizin, z. B. Sport, gesundheitsorientierte Freizeitaktivitäten<br />

und Wellness dazu. Heute werden im Bereich Wellness mit 55<br />

Mrd. Euro bereits deutlich höhere Umsätze und Wachstumsraten<br />

erzielt als für verschreibungspflichtige Medikamente<br />

mit derzeit 40 Mrd. Euro. Die Gesundheitswirtschaft hat einen<br />

Anteil an der Gesamtbruttowertschöpfung von aktuell über<br />

11 % und ist gleichzeitig der einzige Wirtschaftsbereich, der<br />

nicht stagniert, sondern wächst. 70 % der Angebote sind staatlich<br />

oder halbstaatlich. Es gilt, diese Angebote im staatlichen/<br />

halbstaatlichen Bereich zu halten, die Wachstumspotenziale<br />

liegen jedoch v. a. im nichtstaatlichen Bereich.<br />

8<br />

Der Nordosten ist im Bereich der Gesundheitswirtschaft bereits<br />

gut aufgestellt. Er weist eine große Dichte hochqualifizierter<br />

Forschungs­ und Entwicklungseinrichtungen auf. In<br />

<strong>Berlin</strong> und <strong>Brandenburg</strong> erzielten im Jahr 2008 über 350.000<br />

Erwerbstätige in der Gesundheitswirtschaft eine Bruttowertschöpfung<br />

von 14,25 Mrd. Euro. Es gibt in der Region 15.000<br />

Studierende in 88 Gesundheitsstudiengängen sowie 30.000<br />

Auszubildende in 60 Gesundheitsberufen. Zudem sind hier<br />

180 Unternehmen der Bereiche Biotechnologie und ebenso<br />

viele in der Medizintechnik tätig. Auf dieser Grundlage können<br />

wir bei wissensbasierten Innovationen mit anderen Regionen<br />

Schritt halten, vor allem in der Biotechnologie.<br />

Der Anteil biotechnologisch hergestellter Medikamente steigt,<br />

was nicht nur finanziell, sondern auch unter ethischen Gesichtspunkten<br />

hochinteressant ist. Nur eines der weltweiten<br />

Top Ten Biotech–Unternehmen kommt aus Deutschland, kein<br />

einziges aus der Region. Hier besteht noch großes Potenzial,<br />

zumindest für die Ansiedlung von Unternehmensteilen, wie<br />

Deutschland­ oder Europazentralen in der Region.<br />

Ein interessantes Forschungsfeld biotechnologischer Entwicklung<br />

sind z. B. „Orphan Drugs“, also Medikamente für<br />

eine sehr kleine Zahl von Erkrankten. Ein Problem hierbei<br />

ist jedoch, dass für die Forschung in Deutschland zwar Fördermöglichkeiten<br />

vorhanden sind, aber nur bis die Entwicklung<br />

in die Nähe der Anwendung kommt. Hier muss es uns<br />

gelingen, fehlendes Venture Capital in die Region zu holen<br />

oder weitergehende staatliche Forschungsfördermittel zu generieren.<br />

Die Zukunft der Medizin liegt nicht im Krankheitsmanagement,<br />

sondern im Gesundheitsmanagement. Ein Beispiel hierfür<br />

ist die Genomforschung zur Analyse von Risikofaktoren,<br />

auf die man frühzeitig reagieren kann. Im Bundesvergleich<br />

sind <strong>Berlin</strong>/<strong>Brandenburg</strong> und Mecklenburg–Vorpommern<br />

hier bereits sogar besser als andere Bundesländer. Bei der<br />

regenerativen Medizin gibt es Chancen, ganz vorn mit dabei<br />

zu sein.<br />

Die gute Ausgangssituation und die weitere Entwicklung des<br />

vielfältigen gesundheitswirtschaftlichen Potenzials erfordert<br />

ein verstärktes Augenmerk auf die Ausbildung. Wichtig für<br />

die Region ist, dass in diesem Bereich Berufschancen für alle<br />

Qualifikationsstufen von niedrig bis sehr hoch qualifiziert bestehen.<br />

Auch die weitere Entwicklung <strong>Berlin</strong>s zur Gesundheitsmessestadt<br />

wäre wünschenswert und möglich.

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