Unser Haus der Kinderrechte - Amadeu Antonio Stiftung
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Im schulischen Bereich sind die Beteiligungsrechte von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen vor allem<br />
in Form <strong>der</strong> Schülervertretung rechtlich durch das Schulgesetz gesichert. So heißt es<br />
beispielsweise im Berliner Schulgesetz im § 4: »Sie [die Schule] ermöglicht den Schülerinnen<br />
und Schülern gemäß ihrem Alter und ihrer Entwicklung ein Höchstmaß an Mitwirkung in Unterricht<br />
und Erziehung, damit sie ihren Bildungsweg individuell und eigenverantwortlich gestalten und<br />
zur Selbständigkeit gelangen können.«<br />
Als weitere positive Wirkung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>rechtskonvention lässt sich das im Jahr 2000 verabschiedete<br />
Gesetz zur Ächtung <strong>der</strong> Gewalt in <strong>der</strong> Erziehung (§1631 Abs.2 BGB) nennen, nach<br />
dem Kin<strong>der</strong> ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung haben. Laut diesem Gesetz sind »körperliche<br />
Bestrafungen, seelische Verletzungen und an<strong>der</strong>e entwürdigende Maßnahmen unzulässig«.<br />
Auch wenn diese Gesetze und Maßnahmen zur Stärkung von Kin<strong>der</strong>rechten in Deutschland<br />
beigetragen haben, sind weite Teile <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>rechtskonvention hierzulande nur unzureichend<br />
umgesetzt. Als die Kin<strong>der</strong>rechtskonvention hier 1992 in Kraft trat, geschah dies nur<br />
unter Vorbehalten. Das bedeutet, dass Deutschland das Übereinkommen nur mit Einschränkungen<br />
ratifiziert und bezüglich einiger strittige Punkte eine Interpretationserklärung hinterlegt<br />
hat. Diese bezieht sich insbeson<strong>der</strong>e auf die Situation <strong>der</strong> Flüchtlingskin<strong>der</strong>. Ein<br />
wesentlicher Vorbehalt besagt, dass die Kin<strong>der</strong>rechtskonvention nicht das Recht <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschlands beschränken darf, Gesetze und Verordnungen über die Einreise<br />
von Auslän<strong>der</strong>n und die Bedingungen ihres Aufenthaltes zu erlassen o<strong>der</strong> Unterschiede zwischen<br />
Inlän<strong>der</strong>n und Auslän<strong>der</strong>n zu machen. Mit diesem Vorbehalt wird das Asyl- und Auslän<strong>der</strong>gesetz<br />
in Deutschland rechtlich über die Kin<strong>der</strong>rechtskonvention gestellt. Dies führt<br />
u.a. dazu, dass unbegleiteten min<strong>der</strong>jährigen Flüchtlingen nicht <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>liche Schutz gewährt<br />
wird - sie gelten mit 16 Jahren als asylmündig, d.h. sie werden beim Asylverfahren wie<br />
Erwachsene behandelt und haben faktisch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Jugendhilfegesetz.<br />
Im Rahmen des Asylverfahrens werden auf sie ebenso die »Drittstaaten-Regelung«<br />
und das »Flughafenasylverfahren« angewendet. Durch den Vorrang des Asyl- und<br />
Auslän<strong>der</strong>gesetzes sind Flüchtlingskin<strong>der</strong> und Kin<strong>der</strong> mit einem ungesicherten Aufenthaltsstatus<br />
schlechter gestellt als Kin<strong>der</strong> mit einem deutschen Pass. Beson<strong>der</strong>s in den Bereichen<br />
Gesundheit und Bildung sind diese Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen benachteiligt. Geduldete<br />
Flüchtlingskin<strong>der</strong> haben keinen uneingeschränkten Zugang zu Bildung und Ausbildung:<br />
So unterliegen sie nicht in allen Bundeslän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Schulpflicht, in einigen wird ihnen das<br />
Schulrecht gewährt, in an<strong>der</strong>en sogar das Recht auf einen Schulbesuch versagt. Sie sind zudem<br />
ständig dem Risiko <strong>der</strong> Abschiebung ausgesetzt. (6)<br />
Auch in an<strong>der</strong>en gesellschaftlichen o<strong>der</strong> sozialen Bereichen werden die Vorgaben <strong>der</strong> UN-<br />
Kin<strong>der</strong>rechtskonvention nicht ausreichend erfüllt. So wies <strong>der</strong> UN-Son<strong>der</strong>berichtserstatter<br />
für das Recht auf Bildung, Prof. Dr. Vernor Muñoz Villalobos, in <strong>der</strong> Bundespressekonferenz<br />
im Februar 2006 u.a. auf soziale Ungleichheit im Bildungssystem zulasten von Kin<strong>der</strong>n und<br />
Jugendlichen mit Migrations- und Flüchtlingshintergrund, mit Behin<strong>der</strong>ung und aus sozial<br />
benachteiligten Familien hin. Der UN-Kin<strong>der</strong>rechtsausschuss zeigt sich in seinen Abschließenden<br />
Bemerkungen vom Januar 2004 (7) zudem besorgt über die wachsende Armut und soziale<br />
Benachteiligung von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen in Deutschland, die dem Recht auf soziale<br />
Sicherung und einen angemessenen Lebensstandard gegenüberstehen.<br />
Die UN-Kin<strong>der</strong>rechtskonvention stellt einen universalen Maßstab für die Beurteilung <strong>der</strong><br />
Lebensbedingungen von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen in Deutschland wie auch in allen an<strong>der</strong>en<br />
Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt dar. Wer sich heute für und mit Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen für <strong>der</strong>en<br />
Interessen einsetzt, braucht nicht mehr auf das Wohlwollen von Regierungen und an<strong>der</strong>en<br />
gesellschaftlichen Institutionen zu hoffen, son<strong>der</strong>n kann sich auf den universellen Rechtsanspruch<br />
von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen berufen, um menschenwürdige Lebensbedingungen<br />
für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche weltweit einzufor<strong>der</strong>n. Damit gedruckte Rechte gelebte Rechte<br />
werden, ist <strong>der</strong> Einsatz vieler Einzelner notwendig, insbeson<strong>der</strong>e von denjenigen, die mit<br />
Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen zu tun haben.<br />
(1) Der Artikel beruht auf: Lohrenscheit, Claudia: Einführung – Kin<strong>der</strong>rechte sind Menschenrechte. In: Deutsches Institut<br />
für Menschenrechte (Hrsg): Die Menschenrechte von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen stärken: Dokumentation eines<br />
Fachgespräches über die Umsetzung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>rechtskonvention in Deutschland, 2006<br />
(2) Portmann, Rosemarie: Kin<strong>der</strong> haben ihre Rechte. Denkanstöße, Übungen und Spielideen zu den Kin<strong>der</strong>rechten.<br />
München 2001, S. 10<br />
(3) Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes hier und im Folgenden zit. nach: Bundeszentrale für politische<br />
Bildung (Hrsg.): Menschenrechte. Dokumente und Deklarationen. Berlin 2005<br />
(4) Ebd.<br />
(5) Vgl. Deutsches Komitee für UNICEF (Hrsg.): Kin<strong>der</strong> haben Rechte! Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes.<br />
Eine Einführung. Köln 2001<br />
(6) Vgl. Riedelsheimer, Albert: Die Rechte von Flüchtlingskin<strong>der</strong>n stärken. In: Deutsches Institut für Menschenrechte<br />
(Hrsg.): Die Menschenrechte von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen stärken: Dokumentation eines Fachgespräches über<br />
die Umsetzung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>rechtskonvention in Deutschland. Berlin 2006, S. 23-29<br />
(7) Vgl. UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes: Abschließende Bemerkungen: Deutschland. Fünfunddreißigste Sitzung,<br />
16. 01.-30. 01. 2004. UN-Doc.CRC/C/15/Add. 226<br />
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