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Unser Haus der Kinderrechte - Amadeu Antonio Stiftung

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Was wäre Ihrer Meinung<br />

nach beim Lernen von<br />

Kin<strong>der</strong>rechten wichtig?<br />

Sie haben gerade erwähnt,<br />

ein guter Zugang zum<br />

Lernen über Kin<strong>der</strong>rechte<br />

wäre, mit den Beteiligungsrechten<br />

anzufangen. Wie<br />

sieht es Ihres Erachtens mit<br />

dem Recht auf Beteiligung<br />

von Kin<strong>der</strong>n in Deutschland<br />

aus?<br />

Woran, glauben Sie, liegt<br />

es, dass Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugendliche in <strong>der</strong> Schule<br />

zu wenig beteiligt werden?<br />

Was würden Sie Lehrerinnen<br />

und Lehrern sagen<br />

wollen, worauf sie achten<br />

sollen?<br />

Die Kin<strong>der</strong>rechtskonvention sollte nicht erst im Zusammenhang mit dem Unterricht über<br />

Menschenrechte in <strong>der</strong> Sekundarstufe, son<strong>der</strong>n vom Kin<strong>der</strong>garten an in allen Kin<strong>der</strong>einrichtungen<br />

auftauchen. Natürlich in Versionen, die für Kin<strong>der</strong> verständlich sind. Die Konvention<br />

ist ein schwieriger Text, aber es gibt ansprechende Darstellungen für Kin<strong>der</strong>, in einfacher<br />

Sprache, bebil<strong>der</strong>t und mit Beispielen, jedoch getreu <strong>der</strong> Konvention. Lehrer und Erzieher<br />

haben schon manches Mal den Kin<strong>der</strong>n ihrer Klassen und Gruppen die Rechte in vorzüglicher<br />

Weise nahe gebracht. Dann sollte man sich einzelne Bestimmungen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>rechtskonvention<br />

vornehmen. Ich glaube, dass es immer interessant ist, mit den Beteiligungsrechten<br />

anzufangen. Auch über die Interessen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> zu sprechen, wäre ein guter<br />

Ausgangspunkt. »Ihr habt Interessen, und ihr habt ein Recht, eure Interessen vorzubringen;<br />

aber auch an<strong>der</strong>e Menschen haben Interessen, und auch diese Interessen sind zu respektieren.«<br />

Ich denke dabei auch sehr an die Lehrerinteressen. Es ist nicht denkbar, in <strong>der</strong> Schule<br />

Kin<strong>der</strong>rechte zu verwirklichen, wenn nicht auch die Menschenrechte <strong>der</strong> Lehrer geachtet<br />

werden.<br />

Kin<strong>der</strong> haben nach <strong>der</strong> Konvention das Recht, bei allen Angelegenheiten, die sie betreffen,<br />

mitzusprechen, z.B. in Fragen des Sorgerechts, wenn Eltern sich trennen, bei <strong>der</strong> Planung<br />

von Radwegen in <strong>der</strong> Stadt, in Unterricht und Schule und auch zu <strong>Haus</strong>e, wenn kleine o<strong>der</strong><br />

große Entscheidungen anstehen, etwa <strong>der</strong> Ausflug am Sonntag o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Umzug in eine an<strong>der</strong>e<br />

Stadt.<br />

Es gibt durchaus Beispiele für gute Beteiligung von Kin<strong>der</strong>n, aber insgesamt, so muss man<br />

sagen, mangelt es doch an alltäglicher Lebendigkeit. Beteiligung sollte nicht ein Son<strong>der</strong>ereignis,<br />

son<strong>der</strong>n ständige Praxis sein.<br />

Beteiligung von Kin<strong>der</strong>n nach <strong>der</strong> Konvention verlangt keineswegs, dass Erwachsene alles so<br />

machen, wie Kin<strong>der</strong> es wollen, son<strong>der</strong>n Kin<strong>der</strong> haben das Recht, ihre Ansicht vorzubringen.<br />

Dieser Meinung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> ist Gewicht beizumessen, sagt die Konvention. Das ist anspruchsvoll,<br />

denn die Konvention for<strong>der</strong>t, transparent zu machen, wie mit <strong>der</strong> Meinung <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong> umgegangen wurde. Die Konvention zieht übrigens keine Altersgrenze, aber sie<br />

weist darauf hin, dass Alter und Reife <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> zu beachten sind. <strong>Unser</strong> Ausschuss betont,<br />

dass dies nicht so zu verstehen sei, Kin<strong>der</strong> möglichst lange auszuschließen. Man solle vielmehr<br />

immer versuchen, Kin<strong>der</strong> einzubeziehen, denn die Erfahrung lehrt, dass Kin<strong>der</strong>, die<br />

sich beteiligen können, durch diese Herausfor<strong>der</strong>ung lernen und Verantwortung entwikkeln.<br />

Manches scheint einfacher, wenn man nicht lange diskutiert. Lehrerinnen und Lehrer haben<br />

natürlich oft eine gute Lösung; sie sind ja erfahrene Fachleute. Aber die Priorität für die<br />

schnelle Lösung ist falsch. Es geht nicht darum, möglichst schnell das zu tun, was schon immer<br />

gut war. Es geht darum, Möglichkeiten zu eröffnen, Einsichten zu gewinnen. Das ist <strong>der</strong><br />

erste Grund dafür, Kin<strong>der</strong> ihre Meinung aussprechen zu lassen. Es ist wichtig für ihr Lernen<br />

und ihre persönliche Entwicklung. Aber es gibt einen zweiten Grund: Man erfährt sehr oft<br />

erstaunliche Dinge, auf die man nicht gekommen wäre, wenn man Kin<strong>der</strong>n nicht zugehört<br />

hätte. Sie machen gute Vorschläge o<strong>der</strong> verhelfen zu besseren Lösungen. Manche Äußerung<br />

mag auch ihre fehlende Kenntnis und Erfahrung demonstrieren. Aber selbst das ist oft interessant,<br />

denn so erkennt man, in welcher Weise Kin<strong>der</strong> Probleme missverstehen. Dann weiß<br />

man auch, warum irgendwelche Maßnahmen nichts bewirken, denn sie passen nicht zu<br />

dem, was in den Köpfen o<strong>der</strong> in den Gefühlen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> vorgeht. Fängt man einmal an,<br />

Kin<strong>der</strong> zu beteiligen, ist es schwer verständlich, warum Menschen nicht von vornherein Kin<strong>der</strong><br />

sehr viel mehr einbeziehen.<br />

Ich sage immer wie<strong>der</strong>, sie sollten mehr mit den Kin<strong>der</strong>n sprechen, mit allen zusammen in<br />

<strong>der</strong> Klasse und mit ihnen einzeln. Lehrerinnen und Lehrer behaupten oft, sie reden dauernd<br />

mit den Kin<strong>der</strong>n. In einer gewissen Weise ist das wahr, weil <strong>der</strong> Unterricht weitgehend aus<br />

Reden besteht, aber es ist nicht wirklich Rede und Gegenrede. Die Lehrerin o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lehrer<br />

gibt Erklärungen und Anweisungen. Dies ist zumeist kein offenes Gespräch, in dem sich verschiedene<br />

Positionen entfalten können und erstmal stehen bleiben, bis jemand sagt, es<br />

könnte doch auch an<strong>der</strong>s sein. Es wird immer schnell dafür gesorgt, dass die Kin<strong>der</strong>, wie<br />

man meint, in die richtige Spur kommen. Gespräche zwischen Erwachsenen und Kin<strong>der</strong>n<br />

müssten an<strong>der</strong>s werden, damit die Kin<strong>der</strong> sich als Personen angenommen fühlen können.<br />

Meiner Meinung nach müsste mit den Kin<strong>der</strong>n in je<strong>der</strong> Klasse, in je<strong>der</strong> Unterrichtsstunde,<br />

vor und nach irgendwelchen Ereignissen, zur Vorbereitung von irgendwelchen Dingen wie<br />

Sportveranstaltungen, Klassenreisen, Schulhofumgestaltung etc. intensiv gesprochen werden.<br />

Gespräche schaffen die Anerkennung, von <strong>der</strong> es eben hieß, dass sie grundlegend für<br />

die Entwicklung einer Person ist. Wer anerkannt ist, so wissen wir, lässt auch die an<strong>der</strong>en<br />

und ihre Meinung gelten und traut sich gegebenenfalls, zu wi<strong>der</strong>sprechen o<strong>der</strong> nach besseren<br />

Urteilen und Lösungen zu suchen.<br />

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