Unser Haus der Kinderrechte - Amadeu Antonio Stiftung
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Was ist Menschenrechtsorientierung in <strong>der</strong> Kommune?<br />
Die Durchsetzung <strong>der</strong> Menschenrechtsorientierung in <strong>der</strong> Kommune unterstützt Menschen<br />
dabei, in Würde zu leben, Schutz zu finden und demokratische Rechte einzufor<strong>der</strong>n. Sie leistet<br />
damit nicht nur einen Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> Lebensverhältnisse benachteiligter<br />
Menschen o<strong>der</strong> Gruppen, son<strong>der</strong>n trägt dazu bei, dass diese ihre Rechte kennen und sie<br />
durchsetzen können. Auf diese Weise kann die Kommune einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung<br />
<strong>der</strong> Menschenrechte leisten: Sie kann Verwaltungen dabei unterstützen, ihre Pflichten<br />
besser zu erfüllen, und die Menschen befähigen, ihre Rechte einzufor<strong>der</strong>n.<br />
Landkreise, Städte und Gemeinden können sich zur Beachtung <strong>der</strong> Menschenrechte verpflichten<br />
und dies mit <strong>der</strong> Verabschiedung eines Aktionsplans für Menschenrechte bekräftigen.<br />
Beispielhafte Inhalte eines solchen Aktionsplanes könnten sein: Thematisierung <strong>der</strong><br />
Menschenrechte in möglichst vielen Institutionen und Organisationen in <strong>der</strong> Stadt; Formulierung<br />
erreichbarer Ziele und Entwicklung von Indikatoren zur Umsetzung von Menschenrechten,<br />
um die Wirkung <strong>der</strong> kommunalen Maßnahmen bewerten zu können; Entwicklung<br />
eines Systems <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit Organisationen <strong>der</strong> Zivilgesellschaft, um<br />
rasch auf Menschenrechtsverletzungen reagieren und die zuständigen Behörden informieren<br />
zu können; Entwicklung o<strong>der</strong> Unterstützung von Maßnahmen zum Umgang mit Kin<strong>der</strong>-<br />
und Menschenrechtsverletzungen und zur För<strong>der</strong>ung des Konfliktmanagements; Einsetzung<br />
eines Expertengremiums (Wissenschaftler, Praktiker, Betroffene), das die Verwaltung<br />
und die Bevölkerung berät, Konfliktsituationen analysiert und vor übereilten Reaktionen<br />
warnt; Integration von Programmen, die die soziale und herkunftsspezifische Vielfalt <strong>der</strong><br />
städtischen Bevölkerung repräsentieren; offizielle Kulturangebote <strong>der</strong> Stadt; Benennung öffentlicher<br />
Bereiche (Straßen, Plätze etc.) zur Erinnerung an diskriminierte Personen o<strong>der</strong><br />
Gruppen bzw. an entsprechende Ereignisse; Entwicklung eines Angebots zur Menschenrechtsorientierung<br />
für relevante Institutionen wie Polizei, Schulen, Jugendzentren, Integrationseinrichtungen<br />
u.v.a.m.<br />
Zudem ist eine systematische Berücksichtigung <strong>der</strong> Menschenrechte in <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Kommune<br />
anzustreben. Durch »capacity development« z.B. kann die Menschenrechtsorientierung<br />
geför<strong>der</strong>t werden. Die systematische Orientierung an den Menschenrechten führt dabei<br />
nicht notwendigerweise zu einer völlig neuen Schwerpunktsetzung o<strong>der</strong> neuen<br />
Methoden, son<strong>der</strong>n knüpft an bereits vorhandene Ressourcen und Qualitäten an wie z.B.<br />
»gutes Verwaltungshandeln«. An<strong>der</strong>e menschenrechtliche Aspekte sind bereits seit Jahren<br />
Qualitätskriterien in vielen Kommunen, zum Beispiel <strong>der</strong> Partizipationsgrundsatz. Ein neuer<br />
Akzent entsteht jedoch durch den expliziten Bezug auf menschenrechtliche Verpflichtungen.<br />
So werden <strong>der</strong> Schutz von Einzelnen o<strong>der</strong> die gesellschaftliche Ausgrenzung nicht<br />
mehr als Probleme bedürftiger Individuen o<strong>der</strong> Gruppen gesehen, auf die man reagieren<br />
kann o<strong>der</strong> auch nicht, son<strong>der</strong>n als Rechtsverletzungen, auf die die Kommune aufgrund nationaler<br />
und internationaler Verpflichtungen angemessen reagieren muss. Strukturell zielt<br />
die Menschenrechtsorientierung auf institutionelle und politische Verän<strong>der</strong>ungsprozesse<br />
ab, die die Achtung <strong>der</strong> Menschenwürde und Demokratie als anerkannte Prinzipien des Zusammenlebens<br />
in <strong>der</strong> Kommune garantieren.<br />
Als Grundlage für die kommunale Menschenrechtsarbeit bietet sich die »Europäische Charta<br />
zum Schutz <strong>der</strong> Menschenrechte in <strong>der</strong> Stadt« an. Unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Europäischen<br />
Charta <strong>der</strong> kommunalen Selbstverwaltung formuliert sie die Menschenrechte, die in<br />
internationalen Abkommen und Erklärungen garantiert sind, verständlicher und bezieht sie<br />
auf den städtischen Alltag. So soll die Charta den Unterzeichnerstädten im Rahmen <strong>der</strong> geltenden<br />
Gesetze Leitlinie bei <strong>der</strong> konkreten Umsetzung sozialer und politischer Rechte aller<br />
Bewohnerinnen und Bewohner sein. Initiiert wurde die Charta von <strong>der</strong> Europäischen Konferenz<br />
<strong>der</strong> Städte für die Menschenrechte. 2004 wurde von dieser Institution eine europäische<br />
Städtekoalition gegen Rassismus und Diskriminierung gegründet, die neben an<strong>der</strong>en<br />
Aktivitäten einen Zehn-Punkte-Aktionsplan verabschiedet hat, <strong>der</strong> u.a. eine verstärkte Wachsamkeit<br />
gegenüber Rassismus, eine bessere Unterstützung für die Opfer von Rassismus und<br />
Diskriminierung und die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung durch Bildung<br />
und Erziehung vorsieht.<br />
Kin<strong>der</strong>rechtsorientierung in <strong>der</strong> Kommune<br />
Die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verän<strong>der</strong>ungsprozesse, ihre Öffnung hin zu<br />
<strong>der</strong> ethnischen und religiösen Vielfalt einer Einwan<strong>der</strong>ungsgesellschaft, die Entwicklung<br />
unterschiedlicher Familien- und Lebensformen sowie <strong>der</strong> demographische Wandel stellen<br />
in den Kommunen insbeson<strong>der</strong>e für Kin<strong>der</strong> eine immer größere Herausfor<strong>der</strong>ung dar. Aber<br />
auch auf die unzähligen Fälle von Kindesmisshandlungen, Verwahrlosung und die zunehmende<br />
Kin<strong>der</strong>armut muss reagiert werden. Viel zu oft werden die Rechte von Kin<strong>der</strong>n missachtet<br />
und mit Füßen getreten. Ohne eine Vorstellung darüber, was Kin<strong>der</strong>rechte in <strong>der</strong><br />
Kommune bedeuten, wird es kaum möglich sein, diesen Herausfor<strong>der</strong>ungen und Proble-<br />
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