geringsten Erschütterung des Systems, bei der geringsten klimatischenZufälligkeit. Als der vergangene Tsunami nahte und die Touristen weiterin den Wellen herumtollten, flüchteten die Jäger und Sammler derInsel, den Vögeln folgend, eilig von den Küsten. Das gegenwärtige Paradoxder Ökologie ist es, dass sie unter dem Vorwand, die Erde zu retten,lediglich das Fundament dessen rettet, was aus ihr dieses verödeteGestirn gemacht hat.Die Regelmäßigkeit des globalen Funktionierens verdeckt in normalenZeiten unseren wahrhaft katastrophalen Zustand der Enteignung. WasKatastrophe genannt wird, ist nichts als die notgedrungene Aufhebungdieses Zustands, einer der wenigen Momente, in dem wir ein wenigAnwesenheit in dieser Welt zurückgewinnen. Auf dass wir früher alserwartet an die Grenzen der Erdölreserven gelangen, auf dass die internationalenStröme, die das Tempo der Metropole aufrechterhalten,unterbrochen werden, auf dass wir großer sozialer Unordnung entgegengehen,dass die »Verwilderung der Bevölkerungen«, die »planetareBedrohung«, das »Ende der Zivilisation« geschehe! Irgendein Kontrollverlustist jedem Krisenverwaltungs-Szenario vorzuziehen. Die bestenTips sind von nun an nicht bei den Experten für nachhaltige Entwicklungzu suchen. In den Funktionsstörungen, den Kurzschlüssen desSystems erscheinen die Elemente logischer Antworten, auf das, wasaufhören könnte ein Problem zu sein. Die einzigen Länder unter denUnterzeichnern des Kyoto-Protokolls, die ihren Verpflichtungen unfreiwilliggerecht werden, sind die Ukraine und Rumänien. Erratet warum.Das im weltweiten Vergleich am Weitesten fortgeschrittene Experimentierenin Sachen »biologische Landwirtschaft« findet seit 1989 auf Cubastatt. Erratet warum. Entlang der afrikanischen Pisten und nicht woanders,hat die Automechanik den Rang einer Volkskunst erreicht. Erratetwie.Was die Krise wünschenswert macht, ist, dass die Umwelt in ihr aufhörtUmwelt zu sein. Wir sind im Begriff, einen Kontakt wiederzuknüpfen,auch wenn er fatal ist, mit dem, was da ist, die Rhytmen der Realitätwiederzufinden. Was uns umgibt, ist nicht mehr Landschaft, Panorama,Schauplatz, sondern was es zu bewohnen gilt, womit wir uns abfindensollen und wovon wir lernen können. Wir werden uns nicht von denenberauben lassen, die sie verursacht haben, die möglichen Inhalteder »Katastrophe«. Während sich die Verwalter platonisch fragen, wiedas Tempo gedrosselt werden kann, »ohne alles zu zertrümmern«, sehenwir keine realistischere Option als so früh wie möglich «alles zu52 - Sechster Kreis
zertrümmern», und bis es so weit ist, jeden Zusammenbruch des Systemsauszunutzen, um an Stärke zu gewinnen.Einige Tage, nachdem New Orleans vom Hurrikan Cathrina heimgesuchtwurde. In dieser apokalyptischen Atmosphäre reorganisiert sichhier und dort ein Leben. Vor der Untätigkeit der Behörden, die eher mitder Reinigung des Touristenviertels »Carré français« und dem Schutzder Geschäfte beschäftigt waren, als den armen Stadtbewohnern Hilfezu leisten, erwachten vergessene Formen zu neuem Leben. Trotz denmanchmal energischen Versuchen, die Zone zu evakuieren, trotz dervon White-Supremacist-Milizen 32 bei diesem Anlass eröffneten »Negerjagd«,wollten viele das Gebiet nicht verlassen. Für diejenigen, die sichweigerten, als »Umweltflüchtlinge« in alle Ecken des Landes deportiertzu werden, und für diejenigen von überall her, die sich nach dem Aufrufeines ehemaligen Black Panther entschieden, sich ihnen solidarisch anzuschließen,tauchte die Offenkundigkeit der Selbstorganisierung wiederauf. Innerhalb weniger Wochen wurde die Common Ground Clinicauf die Beine gestellt. Dieses waschechte Landkrankenhaus bietet vomersten Tage an, dank dem unaufhörlichen Strom von Freiwilligen, immereffizientere, kostenlose Pflege an. Seit nun einem Jahr bildet die Klinikdie Basis eines tagtäglichen Widerstands gegen die Tabula-Rasa-Aktionder Regierungsbulldozer, die darauf abzielt, den ganzen Stadtteildem Erdboden gleichgemacht an den Immobilienmakler zu übergeben.Volksküchen, Versorgung, Straßenmedizin, wilde Beschlagnahmungen,Bau von Notunterkünften: Das von den Einen und Anderen im Laufedes Lebens angehäufte praktische Wissen hat seinen Ort der Entfaltunggefunden. Weit weg von den Uniformen und Sirenen.Wer die mittellose Freude in diesen Vierteln von New Orleans vor derKatastrophe gekannt hat, das Misstrauen gegenüber dem Staat, dasvorher schon dort herrschte, und die massiven Praktiken des Zurechtkommensgekannt hat, wird sich nicht darüber wundern, dass all dieshier möglich gewesen ist. Wer hingegen im blutarmen und atomisiertenAlltag unserer Wohnwüsten gefangen ist, wird an einer derartigen Entschlossenheitzweifeln. Nach Jahren des normalisierten Lebens an dieseGesten anzuknüpfen ist jedoch der einzig gangbare Weg, um nicht mitdieser Welt unterzugehen. Auf dass eine Zeit komme, in die wir unsverlieben.32 In den USA weitverbreitete Form des Rassismus, die auf der Idee allgemeiner Überlegenheitder Weißen beruht.<strong>Der</strong> <strong>kommende</strong> <strong>Aufstand</strong> - 53
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