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Der kommende Aufstand - Jens Frank

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Arbeiterfamilie, die an Hunger stirbt. Man hat sich seit – sagen wir 1945– darauf geeinigt, dass die Manipulation der Massen, die Aktivitätender Geheimdienste, die Einschränkung der öffentlichen Freiheiten unddie vollständige Souveränität der verschiedenen Polizeien angemesseneMittel zur Sicherung von Demokratie, Freiheit und Zivilisation sind. Imletzten Stadium dieser Evolution: der erste sozialistische Bürgermeistervon Paris, der letzte Hand anlegt an die urbane Befriedung, an diepolizeiliche Erneuerung eines Arbeiterviertels, und sich mit sorgfältigabgewogenen Worten rechtfertigt: »Hier wird ein zivilisierter Raum errichtet«.Nichts ist dem hinzuzufügen, alles ist zu zerstören.Hinter ihrem Anschein von Allgemeinheit hat jene Frage der Zivilisationnichts von einer philosophischen Frage. Eine Zivilisation ist keineAbstraktion, die das Leben überragt. Sie ist vielmehr, was herrscht, belagertund kolonisiert, die alltäglichste, die persönlichste Existenz. Sieist, was die intimste und die allgemeinste Dimension zusammenhält. In<strong>Frank</strong>reich ist die Zivilisation nicht vom Staat zu trennen. Je stärker undälter ein Staat, desto weniger ist er eine Suprastruktur, das Exoskeletteiner Gesellschaft, desto mehr ist er in der Tat die Form der Subjektivitäten,die ihn bewohnen. <strong>Der</strong> französische Staat ist das eigentliche Gewebeder französischen Subjektivitäten, der Aspekt, der nach der jahrhundertelangenKastration seiner Untertanen bleibt. Es erstaunt dahernicht, dass man sich in der Psychatrie die Welt anhand von politischenFiguren zusammenspinnt, dass man sich darin einig ist, den Ursprungall unseren Übels in unseren Führern zu sehen, dass es uns so gefällt,über sie zu meckern, und dass diese Meckereien die Jubelrufe sind, mitdenen wir sie als unsere Herrscher inthronisieren. Denn hier sorgt mansich nicht um die Politik als eine fremde Realität, sondern als Teil seinerselbst. Das Leben, das wir in diese Figuren stecken, ist dasjenige, dasuns geraubt wurde.Wenn es eine französische Ausnahme gibt, stammt sie von dort 35 . Esgibt nichts, bis hin zur weltweiten Ausstrahlung der französischen Literatur,was nicht die Frucht dieser Amputation wäre. Die Literaturist in <strong>Frank</strong>reich der Raum, den man selbstherrlich zur Unterhaltungder Kastrierten zugelassen hat. Sie ist die formelle Freiheit, die denengewährt wurde, die sich nicht an die Nichtigkeit ihrer realen Freiheit35 Die französische Ausnahme bezeichnet das Selbstbild einer herausragenden französischenKultur, die es z.B. gegen die US-amerikanische Kulturindustrie zu behauptengilt.56 - Siebster Kreis

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