Eifel
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<strong>Eifel</strong><br />
KURZ NOTIERT<br />
Über 100 Jahre alt –<br />
und nur ein bisschen leise<br />
Maria Stollenwerk feierte ihren 102. Geburtstag<br />
Nideggen.<br />
Veilchendienstag 2014: Der Wenkbüggel wird ein letztes Mal zu den (Gast)Stätten seiner Untaten getragen.<br />
Vor hundertundzwei Jahren, genauer<br />
am 23. Januar 1913, erblickte Maria<br />
Stollenwerk in Lammersdorf das Licht<br />
der Welt. Die größte Überraschung, über die sie<br />
sich auf ihrem Geburtstag freute, den sie in der<br />
Senioreneinrichtung Haus Kappen in Nideggen<br />
feierte, war der Besuch ihrer ersten, zarte sechs<br />
Wochen alten Ur-Enkelin Jasmin.<br />
Maria Stollenwerk, geborene Meeßen, kann auf ein<br />
bewegtes Leben zurückschauen, das von Entbehrungen,<br />
Mut, und ganz viel Durchsetzungsvermögen geprägt<br />
ist. Noch zu Kaiser Wilhelm II. geboren, war sie die<br />
jüngste Schneidermeisterin im Kammerbezirk Aachen,<br />
als sie 1936 die Meisterprüfung ablegte. 1950 und<br />
1953 schenkte sie ihren beiden Söhnen Bernd und<br />
Karl-Heinz das Leben. Nachdem sie in den 1950er<br />
Jahren ihr Haus in der Lammersdorfer Schießgasse<br />
erbaut und Familie und Betrieb jahrzehntelang durch<br />
alle Stürme des Lebens geschifft hatten, zogen sich<br />
Maria und ihr Mann Willi, der als Montagerichtmeister<br />
viel im Ausland tätig war, ins Privatleben zurück.<br />
Nun lebt die erste Bürgerin von Lammersdorf, die<br />
jemals das 100. Lebensjahr erreicht hat, seit Jahren im<br />
Nideggener Seniorenheim Haus Kappen. Und obschon<br />
die altersbedingten körperlichen Beeinträchtigungen<br />
zunehmen, begegnet sie dem Tag und den Menschen<br />
um sich herum mit Freundlichkeit, Energie und Humor.<br />
Gerne erinnert sich die Familie an ein Erlebnis, das<br />
ihnen Maria Stollenwerk noch im hohen Alter von fast<br />
90 Jahren bescherte. Damals rief sie ihren Sohn Bernd<br />
unvorbereiteter Dinge an und teilte ihm kurzerhand<br />
mit, dass sie in Monte Carlo sei. Nachdem der erste<br />
Schock verarbeitet war, stellte sich heraus, dass sie<br />
„nur“ in Avignon gelandet sei. Ihr Humor flammt<br />
besonders in der Karnevalszeit auf. Dann schmettert<br />
sie zur Freude aller, ihr geliebtes „Heidewitzka, Herr<br />
Kapitän“ – sogar vor großem Publikum, wie zu ihrem<br />
100. Geburtstag, live bei Radio Rur.<br />
Die Wenkbüggel-Zunft<br />
Nideggen lädt ein<br />
Nideggen.<br />
Seit dem vorigen Jahr gibt es im Nideggener<br />
Karneval bekanntlich ein Novum: die<br />
Wenkbüggel-Zunft. Ihren Namen gaben sich<br />
die Damen und Herren in Anspielung darauf, dass<br />
die umliegenden Ortschaften stets spöttisch von<br />
Nideggen und seiner besonderen Windart sprechen.<br />
Ein Wenkbüggel ist für sie jemand, der angibt, sein<br />
Wort nicht hält und nur dumme Sprüche macht, der<br />
also viel Wind macht. Dieses Fehlverhalten führen<br />
sie auf die den Nideggenern wegen ihrer früheren<br />
Privilegien nachgesagten Hochnäsigkeit zurück.<br />
Besonders während der Karnevalszeit treibt er sein<br />
Unwesen, trinkt Unmassen Schnaps und Bier, feiert<br />
bis zum Umfallen und gibt den Schürzenjäger.<br />
Kein weibliches Wesen ist vor ihm sicher. Und so<br />
kam es im vorigen Jahr wie es kommen musste:<br />
der Wenkbüggel fiel vom Hocker und war tot. Die<br />
Zunftmitglieder bereiteten ihm daraufhin eine<br />
würdige Feuerbestattung auf dem Marktplatz,<br />
begleitet von großem Heulen und Wehklagen. Anfang<br />
Januar gelang es ihnen nach langem Bemühen jedoch,<br />
den Wenkbüggel wieder zum Leben zu erwecken.<br />
Da wurde gesungen, getrommelt, von Mund zu<br />
Mund beatmet, Elixier gespritzt, das Herz massiert<br />
und gebetet. Als all das nicht half, erweckten ihn<br />
schließlich die Bützchen der Bürgermeisterin. Da<br />
der Wenkbüggel sich aber sicherlich auch in dieser<br />
Session wieder nicht an seine guten Vorsätze und<br />
die Regeln des Zusammenlebens halten dürfte, lädt<br />
die Zunft für Veilchendienstag, den 17. Februar 2015<br />
(18 Uhr), vorsorglich zu seiner Verbrennung ein.<br />
Nach einem vom Tambourcorps „Edelweiß“ aus Berg<br />
begleiteten Rundgang durch die Zülpicher Straße<br />
mit kurzen Stopps an den Stellen, an denen der<br />
Wenkbüggel nach seinem Motto „strongse on fiere“<br />
(angeben und feiern) lebte, findet auf dem Marktplatz<br />
die „Trauerfeier“ statt. Wie im Vorjahr lässt ein<br />
Grabredner zunächst das Leben des „Wenkbüggels“<br />
noch einmal Revue passieren. Hierbei sollen auch seine<br />
Verdienst um die Herzogstadt nicht unerwähnt bleiben.<br />
Er möchte nämlich versuchen, die Zunftschwestern<br />
und -brüder von ihrem Vorhaben der Verbrennung<br />
abzuhalten. Ob er damit in diesem Jahr mehr Erfolg<br />
hat, als im vergangenen? Kommen Sie und sehen Sie<br />
selbst! Egal wie die Bemühungen des Grabredners<br />
auch ausgehen werden, ob der Wenkbüggel verbrannt<br />
wird oder nicht: im Anschluss an die Zeremonie wird<br />
im „Ratskeller“ die Karnevalszeit in geselliger Runde<br />
ausklingen gelassen. Die Organisatoren freuen sich<br />
erneut auf viele Gäste und bitten um dem Anlass<br />
entsprechend dunkle Bekleidung. Wer´s aber lieber<br />
karnevalistisch und farbenfroh mag, ist ebenfalls<br />
herzlich willkommen. Die Mitglieder der Wenkbüggel-<br />
Zunft bitten die Anwohner der Bahnhof- und Zülpicher<br />
Straße sowie des Marktes herzlich, an diesem Abend<br />
Lämpchen in ihren Fenstern aufzustellen. Ein erstes<br />
Wiedersehen mit dem Wenkbüggel und der Zunft gibt<br />
es bereits beim großen närrischen Umzug durch die<br />
Straßen der Altstadt am Karnevalssonntag.<br />
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