Testimonial - Universität Kaiserslautern
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sagen wir mal, quantitative Schrumpfung geben wird, oder<br />
passiert möglicherweise auch etwas Strukturelles? Oder muss<br />
etwas Strukturelles passieren?<br />
Arnold: Ich würde sagen, es passiert ja schon etwas<br />
Strukturelles. Die Öffentlichkeit weiß ja zum Teil gar nicht, dass<br />
sich heute schon 500.000 Jugendliche in den sogenannten<br />
Übergangssystemen befinden, während nur noch 58% in eine<br />
Duale Berufsausbildung einmünden, wie die Studie von Euler<br />
und Severing deutlich gemacht hat. Das heißt, wir können heute<br />
gar nicht mehr so über das Duale System reden, als sei das noch<br />
immer das, was wir kennen aus der Vergangenheit: Der übliche<br />
berufliche Einmündungsweg für den großen Teil von<br />
Jugendlichen, über 70 Prozent waren das ja einmal, hat sich<br />
heute in seiner Bedeutung deutlich relativiert. Ich persönlich bin<br />
ja kein Prophet. Ich glaube, die demographische Entwicklung<br />
schiebt uns noch stärker in paradoxe Entscheidungssituationen.<br />
Das heißt, die Unternehmen werden anfangen. um Köpfe zu<br />
konkurrieren, auch um Köpfe die in eine duale Ausbildung gehen<br />
sollen. Und um dort erfolgreich zu sein in diesem Wettbewerb<br />
müssen sie sich auf Konzepte einlassen, die über das Duale<br />
System hinausweisen. Das ist so eine Richtung, die ich sehe. Ich<br />
sehe, dass fortschrittliche Unternehmen die Leute nach dem<br />
Motto ansprechen „Kommt zu uns in die Ausbildung und ihr könnt<br />
studieren, oder ihr könnt Credit Points erwerben, die in eurem<br />
Studium relevant sind.“ Das ist die eine Entwicklung. Und dann<br />
denke ich, da müssen wir aber genauer hinschauen, das<br />
Übergangssystem, in dem ja auch diese vielen Jugendlichen<br />
„landen“ – das sind ja in Deutschland 10 Prozent, die wir zu gar<br />
nichts führen, weder Schulabschluss noch Bildungsabschluss –<br />
gewinnt eine neue Bedeutung, denn wir müssen uns als<br />
Gesellschaft um alle Begabungspotenziale bemühen – auch um<br />
die derer, die wir nicht „begabt“ haben. Diese Bemühung findet<br />
bereits in den Berufsgrundbildungsjahren usw., Berufsvorbereitungsjahren<br />
statt. Das, was dort geschieht, wird uns zukünftig<br />
stärker beschäftigen müssen. Wir müssen die Quote von 10<br />
Prozent „Drop-Outs“ stark herunterfahren. Langer Rede, kurzer<br />
Sinn, ich sehe das duale System stark in der Entwicklung nach<br />
zwei Richtungen hin.<br />
Ich glaube aber eines, das habe ich in der internationalen<br />
Zusammenarbeit gelernt: der stärkste Faktor, der ein Bildungssystem<br />
bestimmt, ist die kulturelle Tradition eines Landes. Das<br />
hat auch Wolf-Dietrich Greinert geschrieben wie du weißt und da<br />
kannst du auch mit Interventionen durch Entwicklungshilfe<br />
letztlich niemanden erfolgreich dazu überreden, etwas anderes<br />
zu machen. Deutschland hat einen Professionalismus, das hat<br />
mit dem Protestantismus etwas zu tun. Deutschland hat eine<br />
Berufsorientierung, die bis tief in die Identität der einzelnen<br />
Menschen hineingreift. Und darin wurzelt das Duale System. Ich<br />
würde deshalb sagen: „Was wir mit Sicherheit in Zukunft immer<br />
haben werden – aufgrund der kulturellen Einwurzelung unseres<br />
Berufsprinzips -, ist die Einbeziehung der Betriebe und zwar<br />
schwerpunktmäßig in die Qualifizierung des Nachwuchses.“<br />
.<br />
Münch: Was in anderen Ländern überhaupt nicht selbstverständlich<br />
ist. Deshalb ist auch die Einführung des dualen<br />
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