Testimonial - Universität Kaiserslautern
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Dahinter verbirgt sich doch eine revolutionäre Veränderung?<br />
Arnold: Ja, durchaus. Dieses Denken markiert den Beginn vom<br />
Ende des Bildungslaufbahn- bzw. Titel- und Zertifikatslernens,<br />
welches gerade unser deutsches Bildungswesen prägt, wie kein<br />
anderes. Bildungsabschlüsse determinieren Lebenschancen, und<br />
ein Abschluss, der einmal versäumt wurde, kann nur mit<br />
äußerster Mühe noch einmal nachgeholt werden –<br />
entsprechend gering sind die Zahlen, denen ein zweiter Versuch<br />
wirklich gelingt.<br />
Was ist daran schlecht?<br />
Arnold: Es geht weniger um gut oder schlecht, als vielmehr um<br />
gerecht und ungerecht, aber auch um volkswirtschaftliche Frage.<br />
Zum Problem wird die ungerechtfertigt hohe Selektivität, welche<br />
Menschen dauerhaft nicht bloß von Lebenschancen, sondern<br />
auch von anspruchsvollem Tun ausschließt. Dadurch werden<br />
Potenziale vergeudet, die der Innovationskraft sowie dem<br />
wirtschaftlichen Erfolg eines Landes zu Gute kommen könnten.<br />
So streben im OECD-Schnitt 57 Prozent der 15-Jährigen ein<br />
Hochschulstudium an, während es in Deutschland lediglich 21<br />
Prozent sind – dies zeigt die Qualifikationslücke, in die wir<br />
hineinlaufen.<br />
Möglicherweise sind das deutsche Abitur und die<br />
Studiengänge in Deutschland anspruchsvoller als in den<br />
erwähnten anderen Ländern. Benötigen wir nicht gerade als<br />
ein Land, das mit wissensintensiven Dienstleistungen auf<br />
den Weltmärkten punktet, solche anspruchsvollen und<br />
selektiven Regelungen?<br />
Arnold: So wird dann gerne argumentiert, allerdings sind diese<br />
Stimmen nach der Vorlage der ersten PISA-Untersuchungen<br />
deutlich kleinlauter geworden. Wir müssen erkennen:<br />
Deutschland gelingt es offensichtlich wesentlich schlechter, seine<br />
Begabungsreserven zu erschließen als in anderen europäischen<br />
Ländern. Und hier müssen wir rasch umschwenken, wie die<br />
Zahlen zeigen. Derzeit werden ca. 25 Prozent eines<br />
Altersjahrganges in die mittleren und höheren Führungspositionen<br />
unserer wissensintensiven Dienstleistungsgesellschaft<br />
rekrutiert. Um diese Führungspositionen auch in Zukunft adäquat<br />
besetzen zu können, müssen wir in 15 Jahren 50 Prozent aller<br />
Jugendlichen in solche Positionen „bringen“ – in einem Land, das<br />
derzeit noch 10 Prozent der Jugendlichen ohne Abschluss aus<br />
der Sekundarstufe entlässt.<br />
Was wäre dafür nötig?<br />
Arnold: Wir stehen vor der Herausforderung, unsere Lernkulturen<br />
daraufhin zu befragen, ob die Art und Weise, wie wir Lehren und<br />
Lernen organisieren, wirklich geeignet ist, Kompetenzen bei den<br />
Schülern und Schülerinnen, den Auszubildenden oder den<br />
Studierenden entstehen zu lassen. Und gleichzeitig müssen wir<br />
unsere Prüfungs- und Zulassungsentscheidungen nur auf das<br />
beziehen, was ein Mensch tatsächlich kann – egal, wo er dieses<br />
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