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Begrenzter Journalismus - MainzerMedienDisput

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14. <strong>MainzerMedienDisput</strong> <strong>Begrenzter</strong> <strong>Journalismus</strong>Die Haltung des Deutschen Journalisten-Verbands, derauch Öffentlichkeitsarbeiter zu Journalisten zählt,reflektiert teilweise das, was in der Forschung als „Entgrenzungsprozesseim <strong>Journalismus</strong>, welche die Identitätder Profession zur Disposition stellen“ beschriebenwird (Weischenberg et al. 2005:346). Weischenbergbeschreibt die Veränderung im Selbstverständnis derJournalisten folgendermaßen: „Viele Journalisten – Personen,die sich so nennen, die einschlägig ausgebildetsind und/oder einer Journalistenorganisation angehören– arbeiten schon heute weniger im <strong>Journalismus</strong> als inder PR, in der Werbung, im Marketing oder in ganzanderen Branchen, weil sie vom <strong>Journalismus</strong> alleinnicht leben können. Andererseits gibt es Leute, die vom<strong>Journalismus</strong> gar nicht leben wollen oder müssen, sondernsich als Publizisten betätigen – mit Beiträgen, diemit ihrem Gemisch aus Information und Meinung, ausFakten und Fiktionen eher an den schriftstellerischen<strong>Journalismus</strong> des späten 18. und frühen 19. Jahrhundertserinnern als an die rationellen Darstellungsformendes modernen redaktionellen <strong>Journalismus</strong>“. (Weischenberget al. 2006:346) Weischenberg vermutetdenn auch ein „großes nicht-professionelles Umfeld“der weniger werdenden hauptberuflich arbeitendenJournalisten: „Menschen, die zwar auch im <strong>Journalismus</strong>arbeiten, den Großteil ihres Einkommens aber inanderen Branchen verdienen (müssen)“ (ebd.: 359).InterviewsDie Objektivität in der Berichterstattung gilt für alleBefragten als Kern guten <strong>Journalismus</strong>’. Hier gibt es graduellunterschiedliche Ansichten. Annette Bolz formuliertihren Anspruch an guten <strong>Journalismus</strong> so: „Natürlichsollten alle Fakten stimmen. Das heißt: Die Recherchemuss gründlich sein“. Domenika Ahlrichs erwartet,dass ein guter Journalist „alle Aspekte eines Themasaufgreift, so viele Informationen kriegt, wie möglich“.Und Marcel Schilling sagt: „Guter <strong>Journalismus</strong> heißtfür mich korrekte und gründliche Recherche. Es heißt,verschiedene Perspektiven einzunehmen, um einenSachverhalt nicht einseitig zu betrachten“.Peter Zschunke wird noch etwas genauer: „Als Nachrichtenagenturmenschenbemühen wir uns um weitgehendeObjektivität. Daran halten wir fest, auch wennder Begriff der Objektivität nicht unumstritten ist, auchwenn wir uns bewusst sind, dass die Gefährdung vonObjektivität bei der Wahl von bestimmten Begriffenbeginnt. Zum einen überprüfe ich, ob etwas stimmt: Vonwem kommt die Information, wenn man in einemgroßen Netz arbeitet? Kommt sie von den eigenen Leuten,die selbst professionelle Maßstäbe anlegen oderkommt sie von außerhalb? Hier ist immer wieder dieQuerüberprüfung erforderlich, dass man Informationenaus einer anderen Quelle bestätigt bekommt. Oder wenndas nicht möglich ist, dass man das Werkzeug der eindeutigenQuellenanbindung verwendet. Zum anderenüberprüfe ich, inwieweit ich als Textjournalist in meineFormulierungen unbewusst Formulierungen einfließenlasse, die die Qualität verschlechtern. Zum Beispiel findenin unserem Kulturkreis alle islamischen Extremismusschlecht. Das darf mich aber nicht dazu veranlassen,bestimmte Begriffe mit einer negativen Konnotationzu verwenden, sondern ich muss eine möglichstkonnotationsfreie Sprache bei Nachrichten verwenden.Bei Hintergrundberichten ist das etwas anders, weil Einordnunggefordert ist. Aber diese darf nicht so weitgehen, dass man das Ziel der Objektivität mit Füßentritt“.Hardy Prothmann hingegen betont die Wichtigkeit derSubjektivität. Er orientiert sich deshalb am angloamerikanischen<strong>Journalismus</strong>, „weil er subjektiv geprägtist im Gegensatz zum pseudo-objektiven <strong>Journalismus</strong>in Deutschland. Die Subjektivität wird deutlich gemachtund ist damit für die Mediennutzer nachvollziehbar.Guter <strong>Journalismus</strong> zeichnet sich durch solide Rechercheund harte Fakten aus, die in fundierten Stückenumgesetzt werden - egal ob als Meinungsbeitrag, alshintergründige, investigative oder unterhaltendeGeschichte“.Matthias Spielkamp hält in diesem Zusammenhang die„Fairness“ für ein wichtiges Kriterium von gutem <strong>Journalismus</strong>:„Die verschiedenen Standpunkte sollen ausgewogenzur Sprache kommen. Die Beteiligten solltendie Möglichkeit haben, sich zu äußern. Allerdingserwarte ich als Leser, dass ich von einem Journalistenauch erfahre, ob eine bestimmte Haltung richtig ist odernicht. Wenn ich die „Tagesschau“ ansehe, stellen sichmir die Nackenhaare auf, da ich hier eine She-said-He-said-Berichterstattung sehe. Hier werde ich mit denStatements allein gelassen. Das ist für mich schlechter<strong>Journalismus</strong>. Ich aber möchte wissen, was stimmt. ZumBeispiel: „Stimmt es, dass die Steuerentlastung dazuführen würde, dass ... ?“Auch Spielkamp bezieht sich auf den anglo-amerikanischen<strong>Journalismus</strong> als Vorbild, insbesondere auf dieKommentare: „Sie sind genauso gut recherchiert wiejeder Bericht zu dem Thema - teilweise sogar besserrecherchiert, weil sie am Ende einen Standpunkt einnehmen.Die Kommentare hier werden jedoch so verstanden:‘Ich darf mir meine Meinung dazu schreiben,30

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