KVBW-Magazin 1102 - Bushido Oberkirch
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Themenlehrgang Selbstverteidigung und<br />
Selbstbehauptung in Bruchsal<br />
Text W.Dietrich<br />
Vorkampfphase, Angriffsannahme, Befreiungstechniken, Anwendungen<br />
aus Kihon und Kata, Rollentraining für Jugendliche – dieser<br />
Seminartag im Dojo des 1. Bruchsaler Budo Clubs war an Intensität<br />
kaum zu überbieten. Acht Stunden lang wurden die ca. 60 Teilnehmer<br />
von den SV- Experten Sigi Wolf und Werner Dietrich systematisch<br />
an die verschiedenen Aspekte der Selbstbehauptung und Selbstverteidigung<br />
herangeführt, so daß am Ende zwar alle etwas erschöpft<br />
waren, andererseits aber auch kaum noch Fragen offen blieben. Der<br />
kohärente Aufbau dieses Themenlehrgangs ließ zudem eins ins andere<br />
übergehen, was das Verständnis der jeweiligen Grundprinzipien<br />
sehr erleichterte.<br />
Während Sigi Wolfs Hauptaugenmerk darauf gerichtet war, instinktive<br />
Reaktionen in effektive SV- Techniken umzuwandeln und diese<br />
möglichst einfach, direkt und jederzeit abrufbar zu halten, schlug<br />
Werner Dietrich immer wieder Brücken zu den klassischen Kata, um<br />
zu zeigen, daß SV nichts anderes ist als kata no bunkai in der Auslegung<br />
als Nahkampf. Goju-, Shito und Wado Ryu – und erst recht die<br />
originalen okinawanischen Karatestile – nutzen ja an sich schon überwiegend<br />
sogenannte ko waza, also kleine (kurze) Techniken nah am<br />
Gegner, aber auch das Shotokan Ryu, in seinen Kata zunächst ein Stil<br />
der o waza, der langen Techniken, bietet unzählige Nahdistanzver-<br />
fahren, wenn man sich von eingefahrenen Interpretationen löst. Ein<br />
erster Schritt in diese Richtung kann zum Beispiel sein, die grundschulmäßigen<br />
Ausholbewegungen als ersten Kontakt zum Gegner zu<br />
begreifen. Wer einmal einen Lehrgang bei Patrick McCarthy besucht<br />
hat, kennt dessen oft wiederholtes mantra „first check, then block“,<br />
womit genau dieser Einsatz beider Hände bei der Angriffsannahme<br />
gemeint ist. Schon nach wenigen Übungseinheiten wurde so auch<br />
erkennbar, daß Einzeltechniken wie gedan barai, uchi- und soto uke<br />
regelrechte Universallösungen für Angriffe (auch Kombinationen)<br />
jedweder Art sein können.<br />
Abgerundet wurde all diese technische Arbeit durch die theoretische<br />
und praktische Auseinandersetzung mit den psychologischen Herausforderungen<br />
in Gefahrensituationen, ohne deren Bewältigung die<br />
Möglichkeiten zur Vermeidung eines Kampfes bzw. zur effektiven<br />
Gegenwehr erheblich eingeschränkt bleiben.<br />
Im Namen aller Anwesenden bedankt sich der 1. Bruchsaler Budo<br />
Club bei den beiden Lehrgangsleitern, die sich selbst an diesem langen<br />
Tag nicht schonten und jedem Rede und Antwort standen.<br />
Der nächste Themenlehrgang findet am 19. März ebenfalls in Bruchsal<br />
statt. Nähere Informationen unter www.bruchsaler-budoclub.de.<br />
Kyusho und Kata<br />
Das Kyusho Jitsu im modernen Karate Do<br />
Text N. Scheiring<br />
Heute ist bekannt, dass das Kyusho Jitsu (Pressure Point Fighting)<br />
und das Tuite Jitsu (Gelenkmanipulation mittels Vitalpunkten) schon<br />
immer integraler Bestandteil des Ryukyu Kempo Karate waren. Aus<br />
dem Ryukyu Kempo Karate auf Okinawa entwickelte sich über die<br />
Jahre das moderne Karate Do in Japan so wie wir es heute kennen.<br />
Die Inhalte dieser alten Kampfkunst wurden damals in den Katas<br />
„niedergeschrieben“ und verschlüsselt. Die Absicht des Ryukyu<br />
Kempo Karate lag zu der Zeit nicht auf der Perfektion der Technik<br />
so wie es heute das Ziel im Wettkampfsport ist, sondern vielmehr auf<br />
schneller, einfacher und effektiver Selbstverteidigung unter Nutzung<br />
von Vitalpunkten. Im Laufe der Zeit wurden die Katas zwar immer<br />
wieder verändert, die Informationen über die Vitalpunkte und das<br />
Tuite sind jedoch immer noch in den heutigen „modernen“ Katas zu<br />
finden.<br />
Betrachtet man das Kyusho einmal näher, so erkennt man, dass eines<br />
der wichtigsten Elemente des Kyusho das Studium der Reaktion des<br />
Körpers auf die verschiedenen Vitalpunkte ist. Weiter wird gelehrt in<br />
welcher Richtung, Reihenfolge und in welcher Intensität die Vitalpunkte<br />
angegriffen werden müssen, um Schmerz, Gleichgewichtsstörungen<br />
und Bewusstlosigkeit beim Gegner zu erzeugen. Das Studium<br />
über die Anatomie des menschlichen Körpers ist ein weiterer Teil des<br />
Kyusho Jitsu.<br />
LEHRGÄNGE • EVENTS • AUSFLÜGE<br />
Doch wie sollte sich ein Kampfkünstler nur all die verschiedenen<br />
Vitalpunkte, den richtigen Schlagwinkel, die Anatomie des menschlichen<br />
Körpers, das Wissen über die Aktivierung und auch noch die<br />
Reaktion des gegnerischen Angreifers auf die Punkte merken? Der<br />
Schlüssel hierzu ist die Kata bzw. viel mehr deren Anwendung!<br />
Betrachtet man das Kyusho in der Anwendung der Kata, dem Bunkai<br />
oder auch Oyo, so ist zu erkennen, dass in der Kata die Lokalisierung<br />
der Vitalpunkte, deren Beziehung untereinander und die Reaktion des<br />
Gegners auf diese Punkte untersucht werden. Man muss die Reaktion<br />
des Menschen auf die Vitalpunkte betrachten und die entsprechende<br />
Bewegung der Kata dazu finden. Schritt für Schritt kommt man so<br />
der Anwendung, welche von den Meistern auf Okinawa in den Katas<br />
verschlüsselt wurde, näher.<br />
Für den modernen Kata-Athleten bedeutet dies, dass sie immer noch<br />
die gültigen Informationen über die Vitalpunkte und das Tuite praktizieren.<br />
Es ist nur nötig, sich mit der Lokalisation der Vitalpunkte,<br />
deren Beziehung untereinander und dem Anwenden des Bunkai in<br />
einer realen Selbstverteidigungssituation zu beschäftigen.<br />
Das Kyusho Jitsu kann problemlos in jeden Karate-Verein bzw. Karatestil<br />
integriert werden. Nähere Informationen über das Kyusho Jitsu<br />
oder ggf. auch zu Lehrgängen bei Nils Scheiring (Kyusho Jitsu Instruktor)<br />
unter www.karate-plattenhardt.de und www.kyusho-jitsu.de.<br />
Ausgabe 02/2011 • www.karate-kvbw.de<br />
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