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Der Verband der Berufssoldaten der DDR - AGGI-INFO.DE

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len Reifeprozesses, den solche Dokumente in den verschiedenen Stadien desGedankenaustauschs und <strong>der</strong> Interessenabwägung üblicherweise erfahren. In zweiPunkten unterschied sich die Satzung jedoch prinzipiell von den Anfangskonzepten.Diese sahen einen vor allem im politischen Raum agierenden <strong>Verband</strong> vor, <strong>der</strong> sichaus truppendienstlichen Angelegenheiten strikt heraushielt. Und sie wollten – trotz<strong>der</strong> frühen Begriffsvorgabe „<strong>Verband</strong> <strong>der</strong> <strong>Berufssoldaten</strong>“ und Reservistenverband –einen für alle aktiven Armeeangehörigen und Reservisten offenen <strong>Verband</strong>. Beideswar im ersten Anlauf nicht gelungen, und die Analyse <strong>der</strong> Ursachen führt zu denobjektiven Bedingungen in Gesellschaft und Armee, zu den oft wi<strong>der</strong>sprüchlichenInteressen <strong>der</strong> Armeeangehörigen und zu den Führungsschwächen in jenen Tagen.Die politische Zerrissenheit, ökonomische Leistungsschwäche und unklare Perspektive<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>, damit verbundene Erscheinungen des Werteverfalls, <strong>der</strong> sozialenVerunsicherung und politischen Orientierungslosigkeit in <strong>der</strong> Bevölkerung übertrugensich rasch auch auf die Armee. Sie führten hier – verstärkt durch den Verlust jeglichenBedrohungsbewußtseins und von zu verteidigenden Werten, beför<strong>der</strong>t durchlanges Schweigen <strong>der</strong> Politik zu den Fragen <strong>der</strong> Streitkräfte und immer extremereVorstellungen von Abrüstung und Entmilitarisierung – zu einer tiefen Legitimationskrise<strong>der</strong> Armee und Motivationskrise <strong>der</strong> Soldaten.Auf diesem Boden entstand eine Art Psychose <strong>der</strong> Angst und Verunsicherung, in<strong>der</strong>en Folge subjektive Einzel- und Gruppeninteressen stark in den Vor<strong>der</strong>grundrückten und soziales Handeln zunehmend affektiv wurde. Das war eine grundlegendeBedingung dafür, daß rationale Konzepte nicht mehr angenommen, vitaleEigeninteressen und Spontaneität handlungsbestimmend wurden. Daher auch dasstark auf innerbetriebliche Fragen reduzierte Demokratieverständnis vieler sowie dienicht seltene Entartung in Disziplinlosigkeit und Meuterei o<strong>der</strong> in Ausgrenzungsozialer Gruppen. Es muß hier betont werden, daß <strong>Berufssoldaten</strong> sich dabei ehersezessionistisch verhielten als an<strong>der</strong>e. In einer Meinungsumfrage im Januar 1990bestanden 56 Prozent <strong>der</strong> befragten <strong>Berufssoldaten</strong> auf geson<strong>der</strong>ten Interessenvertretungenfür <strong>Berufssoldaten</strong> sowie für Soldaten und Unteroffiziere, nur 14 Prozentbefürworteten eine gemeinsame Organisationsform. Die entsprechenden Werte beiSoldaten und Unteroffizieren lagen dagegen bei 35 bzw. 25 Prozent.Und schließlich wirkte das Gefühl vieler Armeeangehöriger, daß die damalige militärischeFührung in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Wende eine ganze Armee im Stich gelassen habe,noch immer nach und belastete auch das Vertrauen in die Nachfolger. NeueBelastungen waren hinzugekommen – man denke etwa an Fälle, in denen Führungsentscheidungendie Truppe überraschten o<strong>der</strong> überfor<strong>der</strong>ten, über Medien bekannto<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Truppe nicht mitgetragen wurden. Hier ist an das Vorgehen einigerVerantwortlicher in <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Mitgliedschaft in <strong>der</strong> SED/PDS o<strong>der</strong> an den §17des Entwurfs des neuen Wehrdienstgesetzes zu erinnern; in beiden Fällen wurde dieVerfassung verletzt und die politische Mündigkeit Unterstellter in Frage gestellt, waseinen Sturm <strong>der</strong> Entrüstung hervorrief. <strong>Der</strong> mit all dem verbundene Vertrauens- undAutoritätsverlust <strong>der</strong> Führung begünstigte das Streben, über Anhörungs- undVorschlagsrechte hinaus Mitsprache- und Einspruchsrechte zu for<strong>der</strong>n.Neben diesen allgemeinen gab es für die Orientierung auf Mitsprache in truppendienstlichenAngelegenheiten auch eine beson<strong>der</strong>e Ursache, nämlich die zeitlichnahezu parallele Entstehung und schrittweise Etablierung einer „Gewerkschaftsorganisation<strong>der</strong> Armeeangehörigen“ (GOAA). Während <strong>der</strong> VBS erst unter demDruck <strong>der</strong> Basis zumindest auf örtlicher Ebene Mitsprache for<strong>der</strong>te, konzentriertesich die GOAA – ihrem Charakter entsprechend – von Anfang an ganz auf dieseForm <strong>der</strong> Interessenvertretung. Sie organisierte sich demzufolge ausschließlich in-

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