SYSTEM DER POLITISCHEN OEKONOMIE
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ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES ARABISCH-ISLAMISCHEN WELTREICHES. 7<br />
das arabische Volk. Erfüllt von seiner neuen Gotteserkenntnis begann er nach<br />
ernsten seelischen Kämpfen öffentlich davon Zeugnis zu geben gegen den in<br />
Mekka herrschenden heidnischen Götzendienst. Er war deshalb ein PROPHET<br />
im wahren Sinne dieser Bezeichnung. Wenn der deutsche Sprachgebrauch unter<br />
dem Worte „Prophet“ eine Person versteht, welche die Zukunft vorhersagt,<br />
so ist darin eine ungeheuerliche Entstellung der eigentlichen Bedeutung dieses<br />
Wortes enthalten, deren sich die hebräische, griechische, lateinische und arabische<br />
Sprache nicht schuldig gemacht haben.<br />
§ 5. Mit seinem festen Glauben an nur EINEN Gott (Allah), in dessen Willen<br />
man sich gläubig zu ergeben habe (Islam), verknüpfte Muhammed ein feines<br />
Empfinden für SOZIALES RECHT. Er wird in seiner kaufmännischen Praxis oft genug<br />
Gelegenheit gefunden haben, den volkswirtschaftlich vernichtenden Einfluß<br />
namentlich der Geldkapitalisten kennen zu lernen. Dieser Gefahr gegenüber<br />
mußte nach seiner Auffassung das Volk bedingungslos geschützt werden.<br />
Nach Muhammed war deshalb JEDE FORM DES ZINSES FÜR EIN GELDDARLEHEN VER-<br />
BOTEN. Aber der islamische Wucherbegriff ging nach Professor Kohler darüber<br />
noch weit hinaus und umfaßte jeden Geldgewinn aus dem Moment der Zeit.<br />
Die heute an unseren Börsen so sehr beliebten sog. „Kostgeschäfte“ (contractus<br />
� mohatrae) waren schon zu Muhammed’s Zeiten den Arabern bekannt und 10<br />
nach dem Propheten als Wucher VERBOTEN, sobald zwischen Kaufs- und Verkaufspreis<br />
eine Gewinndifferenz zu Gunsten des Geldgebers verblieb. Ebenso<br />
war der AUFKAUF und das EINSPERREN VON WARE zum Zwecke einer Preistreiberei<br />
streng untersagt. Es gab Bestimmungen GEGEN DEN UNLAUTEREN WETTBEWERB,<br />
zur SICHERUNG DES MARKENSCHUTZES u.s.w. Trotz des streng zur Durchführung<br />
gekommenen Zinsverbotes war das Geld nicht verurteilt, nutzlos im Kasten<br />
zu liegen. Um das Kapital des Einen, der die Fähigkeit nicht besaß, damit zu<br />
produzieren, mit der wirtschaftlichen Tätigkeit und Befähigung des Anderen,<br />
der über kein oder nicht genügend Kapital verfügte, in Verbindung zu bringen,<br />
bediente Muhammed selbst sich der KOMMANDITGESELLSCHAFT (commenda,<br />
arabisch Kirad), welches Institut deshalb von dem islamischen Recht mit besonderer<br />
Vorliebe behandelt wurde. Daraus ergeben sich nach Professor Kohler<br />
folgende allgemeine Rechtsgrundsätze: Der Gerant wird durch eine Reihe<br />
von Bestimmungen gegen Auswucherung durch den Kapitalisten geschützt.<br />
Der Gerant hat volle Aktionsfreiheit. Der Kapitalist hat nicht das Recht, seine<br />
geschäftliche Tätigkeit durch Einreden zu stören. Wohl aber soll sich der Gerant<br />
im Prinzip aller unsicheren Spekulationen enthalten. In der Regel bringt<br />
der Kapitalist nur bares Geld in das Kommanditverhältnis ein. Werden von<br />
ihm noch andere unbare Einlagen gemacht, so gilt dafür ausdrücklich nur der<br />
genau nachgewiesene Selbstkostenpreis. Der Gerant erhält für seine Tätigkeit<br />
keinen Lohn, aber Ersatz für seine Reise- und Aufenthaltskosten. Nachdem die<br />
Geschäftsunkosten gedeckt sind und das Kapital zurückerstattet ist, wird der<br />
www.vergessene-buecher.de Gustav Ruhland, System der politischen Oekonomie, Band 2