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SYSTEM DER POLITISCHEN OEKONOMIE

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ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES ARABISCH-ISLAMISCHEN WELTREICHES. 31<br />

UNRECHT WANDELN. Denn die Zeit der Omar’schen Staatsdotationen war vorbei.<br />

Der Grundbesitzerwerb durch Araber in den eroberten Ländern war eine<br />

der Möglichkeiten, sich und seinen Nachkommen ein anderes arbeitsloses Einkommen<br />

und damit einen Ersatz für die verlorenen Staatsdotationen zu verschaffen.<br />

In diese ausgleichende Entwickelung durch ein Verbot einzugreifen,<br />

mußte als eine Ungerechtigkeit namentlich auf Seiten jener Araber empfunden<br />

werden, welche bis dahin noch keinen, oder einen geringen Grundbesitz in den<br />

neuen Provinzen erworben hatten.<br />

� Ferner wurde der arabische Großgrundbesitzer durch Omar II. daran 50<br />

erinnert, daß auch er den Zehent an die Staatskasse zu zahlen habe. Den Statthaltern<br />

aber ließ er den Auftrag zugehen, alle der Bevölkerung ungerecht auferlegten<br />

Steuern nicht mehr zu erheben. Die Statthalter und Steuereinnehmer<br />

ließen sich das nicht zweimal sagen. Die eigentlich ungerechten Steuern wurden<br />

von ihnen zwar vielfach nach wie vor erhoben, der auf der Bevölkerung<br />

lastende Steuerdruck keineswegs überall gemindert, wohl aber hatten die habgierigen<br />

Staatsverwalter jetzt eine ausgezeichnete Ausrede, um möglichst viel<br />

von den Staatseinnahmen in ihre Tasche verschwinden zu lassen und dann an<br />

die Zentralkasse zu berichten: „Nach Erlaß der ungerechten Steuern sind die<br />

Einnahmen so zurück gegangen, daß sie von den lokalen Ausgaben verschlungen<br />

wurden.“ Einzelne Statthalter hatten sogar die Unverfrorenheit, sich mit<br />

dieser Motivierung vom Chalifen noch Zuschüsse für ihre Provinzen zahlen<br />

zu lassen. So wurden denn die Kassen des Chalifen rasch leer. Die Soldzahlungen<br />

an seine Truppen blieben im Rückstand. Auch für die Mitglieder der<br />

herrschenden Familie mußte jetzt viel weniger abfallen, als früher. Die auffallende<br />

Hinneigung Omar II. zu den ALIDEN, welche als direkte Nachkommen<br />

des Propheten die geschworenen Feinde der Omaijaden-Dynastie waren, tat<br />

das Uebrige. Nach nicht ganz zweijähriger Regierung wurde Omar II. VON SEI-<br />

NEN EIGENEN VERWANDTEN VERGIFTET. Sein Nachfolger hat die von ihm getroffenen<br />

prinzipiellen Bestimmungen sofort wieder aufgehoben.<br />

§ 35. DIE UNZUFRIEDENHEIT MIT DEN HERRSCHENDEN ZUSTÄNDEN IM REICHE WAR<br />

trotzdem NICHT KLEINER GEWORDEN. Wie das Volk noch heute für die objektiven<br />

Gewalten der volkswirtschaftlichen Verhältnisse keinen Blick hat, sondern in<br />

seiner Kurzsichtigkeit immer geneigt � ist, für gute wie für schlechte Zeitver- 51<br />

hältnisse in erster Linie den Regenten und die Regierung verantwortlich zu machen,<br />

so auch hier. Die Omaijadendynastie trug für alle ungünstiger gewordenen<br />

Verhältnisse die Schuld. Die Orthodoxen konnten diese Auffassung wenigstens<br />

mit einem gewissen Maße der Berechtigung vertreten. Es war zum Mindesten<br />

widersinnig, daß ein durch Gründung einer neuen Religion ins Leben<br />

gerufenes Staatswesen von einer Familie regiert wurde, deren Mitglieder fast<br />

durchweg eben dieser Religion feindlich gesinnt waren und deren Regentenhände<br />

nur zu stark mit heiligem Märtyrerblut sich befleckt hatten. Was durch<br />

www.vergessene-buecher.de Gustav Ruhland, System der politischen Oekonomie, Band 2

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