SYSTEM DER POLITISCHEN OEKONOMIE
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ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES ARABISCH-ISLAMISCHEN WELTREICHES. 23<br />
ein AUSGEZEICHNETES GESCHÄFT betrachten und in der Tat oft genug dabei ausgezeichnete<br />
Geschäfte machen. Der erste Chalife ABU BAKR verstand solchen<br />
Bestrebungen gegenüber keinen Spaß. Seine Antwort an die zentralarabischen<br />
Stämme lautete: „Unbedingte Unterwerfung unter den Islam oder Krieg bis zur<br />
Vernichtung!“ Der Ausgang der Schlacht bei Akraba hat seiner Politik zunächst<br />
Recht gegeben. Aber das Blut, das hier vergossen wurde, um die heidnischarabischen<br />
Stämme unter die Fahne des Islam zu zwingen, war deshalb nicht<br />
vergessen. Denn trotz des Koran hielten die Araber auch weiter an ihrem alten<br />
Grundsatze fest: „Meine Rache muß ich haben und sollte die Welt darüber zu<br />
nichte gehen!“ Die Gelegenheit zur reichlichen Heimzahlung an die frommen<br />
Herren von Medina boten nur zu � bald die habgierigen Pläne von Mitglie- 37<br />
dern der Familie Koreisch, der bekanntlich auch der Prophet entsprossen war,<br />
und für welche der Koran eine besondere Anweisung auf die geschäftlichen<br />
Erträge des islamischen Unternehmens enthielt.<br />
§ 23. Der Nachfolger von Omar I. war OTHMANN geworden, ebenfalls ein<br />
Koreischite. Er war nicht blind jenen schamlosen Diebstählen gegenüber, deren<br />
sich die arabischen Herren im neuen islamischen Reiche befleißigten. Sein<br />
Streben war deshalb darauf gerichtet, vor allem die Steuereinhebung von den<br />
Funktionen der Statthalter in den Provinzen zu trennen. Der Statthalter von<br />
Aegypten AMR schrieb ihm darauf ganz offen: „Wenn hier ein Anderer die Steuer<br />
einzieht, dann bin ich in der Lage eines Mannes, welcher die Kuh bei den<br />
Hörnern festhält, während ein Anderer sie melkt.“ Othmann war zu schwach,<br />
um den verdienten General, welcher Aegypten dem Islam erobert hatte, die<br />
Staatskuh nicht weiter melken zu lassen. Diese seine persönliche Gutmütigkeit<br />
ließ die Ansprüche seiner nächsten mekkanischen Verwandten immer maßloser<br />
werden. Seinem Vetter, dem „armen Schlucker“ MOAWIJA, gab er den Statthalterposten<br />
für Syrien in Damaskus und schenkte ihm die in Syrien gelegenen<br />
STAATSDOMÄNEN, deren Erträge bisher in die Staatskasse geflossen waren. Othmann<br />
durchbrach somit das so wichtige Omar’sche Staatsgrundgesetz, wonach<br />
kein Araber außerhalb Arabiens Grundbesitz erwerben sollte. Auch die übrigen<br />
guten Staatsämter besetzte er mit seinen Verwandten und Günstlingen,<br />
welche alle wie die Raben gestohlen haben. Das Omar’sche System der Jahresdotationen<br />
aus der Staatskasse an die Gläubigen wurde damit durchbrochen.<br />
Die Einnahmen der Staatskasse genügten bald nicht mehr für die Auszahlungen,<br />
an welche sich die Gläubigen nur zu rasch gewöhnt hatten. Die Masse<br />
der Gläubigen sah sich gegen�über den Verwandten und Günstlingen Oth- 38<br />
mann’s entschieden benachteiligt. Die Unzufriedenen sammelten sich in Medina,<br />
stürmten das Haus des Chalifen und als der alte Herr nicht abzudanken<br />
beliebte, wurde er ermordet. Zu seinem Nachfolger hat man den strenggläubigen<br />
ALI, Schwiegersohn des Propheten Muhammed, (656 n. Chr.) ausgerufen.<br />
www.vergessene-buecher.de Gustav Ruhland, System der politischen Oekonomie, Band 2