SYSTEM DER POLITISCHEN OEKONOMIE
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ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES ARABISCH-ISLAMISCHEN WELTREICHES. 19<br />
dieses Haus kurz vor Muhammed um einen Schlauch Wein gekauft.“ Eben dieser<br />
nachmalige Chalife Moawija wurde vom Propheten „ein armer Schlucker“<br />
genannt, weil er in Mekka nie einen Pfennig Geld in der Tasche hatte. Er brachte<br />
es als Chalife auf ein Jahreseinkommen von über 100 Millionen Franken. In<br />
der besten Zeit erreichte das Chalifeneinkommen pro Jahr 300 bis 400 Millionen<br />
Franken und mehr. Die Mutter des Chalifen Harûn Rashid verfügte jährlich<br />
über ein Einkommen von 160 Millionen Franken. Ein reicher Hashimide<br />
unter dem Chalifen Al Mahdy (775 bis 785 n. Chr.), in Baßra wohnhaft, hatte<br />
ein tägliches Einkommen von 100 000 Frs., er soll 50 000 Klienten gehabt haben.<br />
Ein Juwelier schätzte selbst sein Vermögen auf 200 Millionen Franken ein.<br />
Unter Omar I. bezieht der Statthalter einer Provinz ein Jahresgehalt von 12 000<br />
Frs., bald aber ist das Statthalter- und Ministereinkommen per Jahr auf drei und<br />
selbst auf 13 Millionen Franken gestiegen. Der Leibarzt des Chalifen Harûn Rashid<br />
erhielt jährlich 120 000 Frs. an Geld und 160 000 Frs. in Naturalien und Geschenken.<br />
Das Richtergehalt in Kairo betrug im Jahre 827 n. Chr. 48 000 Frs. per<br />
Jahr u.s.w. Mit diesen für uns heute noch vielfach � unerreichten Ziffern darf 30<br />
nicht etwa die Vorstellung verknüpft werden, es wäre damals alles ganz unverhältnismäßig<br />
teuerer gewesen, als heute. Denn diese Annahme wäre durchaus<br />
unzutreffend. Bei der Erbauung von Bagdad (763 n. Chr.) wurde nach Sprenger<br />
als Tagelohn für einen Arbeiter 2 2/5 Pfg., für einen Werkmeister und Aufseher<br />
4 7/10 Pfg. gezahlt. Im Jahre 985 n. Chr. kostete ein Essen in einem mit allem<br />
Komfort ausgestatteten Restaurant in Bagdad 8 1/3 Pfg. In Kesker konnte man<br />
1224 n. Chr. 24 fette große Brathähne um 1 Frs. kaufen. Im Verhältnis zu diesen<br />
Ziffern muß der Preis fürBROTGETREIDE (Weizen und Gerste) als verhältnismäßig<br />
hoch bezeichnet werden, wenn er für die Zeit der Erbauung von Bagdad auf 50<br />
bis 60 Mk. per 1000 Kilo angegeben wird. Eine naheliegende Erklärung hierfür<br />
bietet sich in der Tatsache, daß Getreide eine hohe Steuer zu tragen hatte,<br />
während die Produkte der Viehhaltung unbesteuert blieben. Im Ganzen aber<br />
bestätigen all diese Ziffern nur immer wieder: die arabisch-islamische Kultur<br />
war nicht auf der Arbeit des Volkes, sondern auf dem organisierten Raub der<br />
herrschenden Klasse aufgebaut. Deshalb hatte die Masse der Beherrschten so<br />
wenig Anteil an derselben.<br />
§ 19. Entsprechend dieser ganz außergewöhnlichen Zunahme des Reichtums<br />
der herrschenden Klasse war auch DIE GRÖSSE DES LUXUS. Wiederholt wird<br />
von Privatpalästen berichtet, deren Bau einen Aufwand von 20 Millionen Franken<br />
und mehr erforderte. Es wird von Torflügeln erzählt aus Ebenholz mit<br />
Goldblech. Als Baumaterial wird vielfach Marmor bevorzugt. Im Empfangsraum<br />
speisen Löwen aus Gold das Wasserbecken. Dazu kostbare Teppiche,<br />
Stuckarbeiten, chinesische Vasen, Lacksachen, goldene Kandelaber und kostbare<br />
Möbel. Die Kochkunst wird so hoch geschätzt, daß ein Abbassidenprinz sich<br />
nicht zu gut dünkt, ein Kochbuch zu schreiben. Ein Gericht aus Fisch�zungen 31<br />
www.vergessene-buecher.de Gustav Ruhland, System der politischen Oekonomie, Band 2