SYSTEM DER POLITISCHEN OEKONOMIE
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ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES ARABISCH-ISLAMISCHEN WELTREICHES. 29<br />
weitaus größte Einnahmequelle des Staates war nämlich die auf dem Getreidebau<br />
ruhende Grundsteuer. Als diese Abgabe so sehr erhöht wurde, daß die<br />
Bauern, trotz solidarischer Steuerhaftpflicht der Gemeinden, sie nicht mehr tragen<br />
konnten, ließen sie die Felder brach liegen und ernährten sich von der<br />
Viehhaltung. Haggag verfiel dann auf das Mittel, den Bauern das Schlachten<br />
der Rinder für den eigenen Bedarf zu verbieten. Aber die Erträge der Grundsteuer<br />
in Irak haben sich doch erst nach Haggag unter der milderen Regierung<br />
Omars II. (717 – 720) wieder auf 120 Millionen Franken gehoben.<br />
Unter solchen Umständen blieb immer noch EIN NEUER RAUBZUG IN DIE LÄN-<br />
<strong>DER</strong> <strong>DER</strong> UNGLÄUBIGEN am dankbarsten. Nachdem im Jahre 693 n. Chr. die Einigung<br />
der Muslime geglückt war, wurden unter ABDALMELIK und WALID I. (705<br />
– 715) die Eroberungszüge nach Osten wie nach Westen fortgesetzt. Das Unternehmen<br />
gegen INDIEN kostete jährlich 60 Millionen und brachte eine jährliche<br />
Einnahme von 120 Millionen. So wurden jetzt TURKESTAN, CILICIEN, ARMENI-<br />
EN, KLEINASIEN, SARDINIEN, die BALEAREN und der größere Teil von SPANIEN dem<br />
arabisch-islamischen Weltreiche einverleibt und eine außer�ordentlich reiche 47<br />
Kriegsbeute eingeheimst. DAS CHALIFAT ERREICHTE DAMIT DIE GRÖSSTE AUSDEHNUNG<br />
ALS EINHEITLICHES REICH.<br />
§ 32. Trotzdem GING DIE OMAIJADENHERRSCHAFT BEREITS IHREM BLUTIGEN ENDE<br />
ENTGEGEN. Die Eroberungen in den Ländern der Ungläubigen mit dem Ertrage<br />
der Kriegsbeuten erreichten allmählich ihre natürlichen Grenzen. Den fortgesetzten<br />
Angriffen der Muslime gegenüber zeigten sich DIE MAUERN VON KONSTAN-<br />
TINOPEL noch bis zum Jahre 1453 überlegen. Ganz Nordafrika und den größeren<br />
Teil von Spanien konnten die Araber erobern. Als sie aber durch die baskischen<br />
Pässe nach Südfrankreich einfielen, begegneten sie der Kriegsmacht des FRAN-<br />
KENREICHES unter KARL MARTELL. Nach der SCHLACHT ZWISCHEN TOURS UND POITIERS<br />
(732 n. Chr.) war von einem weiteren Vordringen der islamischen Waffen nach<br />
dieser Seite keine Rede mehr. Durch die fortgesetzten Eroberungen war auch<br />
das Islamische Reich bereits zu groß geworden. Ein Ländergebiet von mindestens<br />
der Flächenausdehnung des europäischen Kontinentes ließ sich, trotz der<br />
vorzüglich organisierten Reichspost, auf die Dauer von EINER Stelle aus durch<br />
eine Hand nicht leiten. Schon im Jahre 756 n. Chr. löst AB<strong>DER</strong>RACHMANN I. SPA-<br />
NIEN ALS CHALIFAT VON CORDOVA vom einheitlichen Reiche ab und wenig über 50<br />
Jahre später ist der ABBRÖCKELUNGSPROZESS IM REICHE allgemein. Bevor noch diese<br />
Ereignisse eintraten, zeigten sich immer deutlicher IN <strong>DER</strong> FAMILIE DES OMAIJADEN<br />
DIE SYMPTOME <strong>DER</strong> DEGENERATION.<br />
§ 33. Das JÄHRLICHE EINKOMMEN DES CHALIFEN mit 300 bis 400 Millionen Franken<br />
war zu groß, um nicht maßlose Genußsucht auf Seiten des Regenten und<br />
gefährlichen Neid selbst innerhalb der herrschenden Familie aufkommen zu<br />
lassen. Die einzelnen Familiengruppen � der Omaijaden bekämpften einan- 48<br />
www.vergessene-buecher.de Gustav Ruhland, System der politischen Oekonomie, Band 2