SYSTEM DER POLITISCHEN OEKONOMIE
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ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DES ARABISCH-ISLAMISCHEN WELTREICHES. 35<br />
Leute glauben, daß die schönen Träume, welche sie gehabt, ihnen einen Einblick<br />
in die Paradiesesfreuden gewährt hätten, kraft der ihm verliehenen göttlichen<br />
Macht. Den so Betörten drückte Hassan dann einen Dolch in die Hand mit<br />
dem Auftrage, eine bestimmte Person nach seinen Dispositionen zu ermorden.<br />
Fände der Beauftragte bei Ausführung dieses Befehls seinen Tod, so komme er<br />
direkt in das Paradies, dessen Freuden er ja bereits gekostet habe. Die islamischen<br />
Todbringer dieser Art heißen „FEDWARI“. Ihr Name „Assassinen“ gebildet<br />
von„HASCHASCHIN“ wurde von dem berauschenden „Haschisch“ abgeleitet und<br />
bedeutet „Hanfraucher“. Mit der Ausbreitung dieser Sekte im Lande hielt ihre<br />
Organisation Schritt. Auf Dutzenden von Felsenburgen im Gebirge waren ihre<br />
Filialen verteilt und ein vorzüglicher Nachrichtendienst mit Brieftauben und<br />
Spionen ermöglichte die stramme einheitliche Leitung von Alamut aus.<br />
Es ist bezeichnend für die Rolle, welche diese Anarchisten in den Kreuzzugswirren<br />
auch auf Seiten der christlichen Ritter gespielt haben, daß die damals<br />
von den Europäern in Kleinasien als Weltsprache gebrauchte FRANZÖSISCHE<br />
Sprache die Worte ASSASSIN und ASSASSINAT als gleich bedeutend mit Mörder,<br />
Meuchelmord und schändlicher Gewalttat übernommen und bis zum heutigen<br />
Tage beibehalten hat. Durch 200 Jahre hat diese anarchistische Herrschaft<br />
weit verhängnisvoller auf dem arabisch-�islamischen Reiche gelastet, als alle 57<br />
Kreuzzüge des christlichen Europa. Ganz Vorderasien zitterte vor diesen Mördern.<br />
Wo irgend eine bedeutende politische Persönlichkeit sich zeigte, die das<br />
Zeug gehabt hätte, in die gänzlich zerfahrenen politischen Verhältnisse wieder<br />
etwas Ordnung zu bringen, da traf sie auch schon ein Assassinendolch.<br />
Ein Kleinfürst in Syrien ruft 1102 n. Chr. die Assassinen zum Schutze seiner<br />
Herrschaft in sein Land, wo sie sofort sich organisieren, und neue Felsenburgen<br />
bauen. Selbst der SULTAN SALADDIN ist zweimal nur durch einen glücklichen<br />
Zufall dem für ihn bestimmten Fedwari-Dolche entkommen und hat sich<br />
trotzdem entschlossen, nach einem Feldzuge gegen die Assassinen, mit diesem<br />
Gelichter einen förmlichen Frieden zu schliessen. Der gefürchtete MAM-<br />
LUCKENSULTAN BEIBARS in Aegypten nahm die Assassinen in seine Dienste und<br />
verwendete sie als Geheimpolizisten und Henkersknechte. Der CHALIFE NAS-<br />
SIR in Bagdad setzte sich mit dem Herrn von Alamut in Verbindung, um für<br />
entsprechende Zahlungen unbequeme islamische Fürsten ermorden zu lassen.<br />
Erst das Jahr 1256 n. Chr. hat die Wogen des Mongolensturmes auch über die<br />
steilen Gipfel der Felsenburg Alamut zusammenschlagen sehen. Für die Entstehungsgeschichte<br />
und das innere Wesen des islamischen Reiches aber bleibt es<br />
im höchsten Maße charakteristisch, daß die großartigste anarchistische Organisation<br />
der Menschengeschichte zur religiösen Begründung ihrer Berechtigung<br />
sich auf den PROPHETEN MUHAMMED selbst berufen konnte, welcher sich ebenfalls<br />
eines Meuchelmörders bedient hatte, um unbequeme persönliche Gegner<br />
zu beseitigen.<br />
www.vergessene-buecher.de Gustav Ruhland, System der politischen Oekonomie, Band 2