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Energie aus dem Weltraum:<br />
solar erzeugt, militärisch genutzt<br />
Über die Ausbaupläne der zivilen amerikanischen Weltraumbehörde NASA<br />
Von Regina Hagen (Kürzungen durch die Redaktion)<br />
Schlüsselfrage ist die Energieversorgung<br />
Die US Air Force plant offiziell für<br />
den Weltraumkrieg. Welche technischen<br />
Grundlagen den Weltraumkriegern<br />
dafür noch fehlen und wie die<br />
Lücken geschlossen werden können,<br />
beschreibt ein dreizehnbändiges Werk<br />
mit dem Titel “New World Vistas, Air<br />
and Space Power for the 21st Century“.<br />
Eine Schlüsselfrage ist es, wie der<br />
enorme Energiebedarf der projektierten<br />
weltraumbasierten Systeme und<br />
Waffen gedeckt werden kann. In vielen<br />
Zitaten der Schrift wird folgende<br />
Überlegung erkennbar:<br />
“Bereits heute ist abzusehen,<br />
daß in den nächsten<br />
Jahrzehnten von kommerziellen<br />
Unternehmen große<br />
Solarkraftwerke betrieben<br />
werden, die in der Erdumlaufbahn<br />
stationiert sind und<br />
die Erde mit Strom versorgen...”<br />
Aller Voraussicht nach werden für<br />
die Energieübertragung dieser Systeme<br />
Mikrowellen oder Millimeterwellen<br />
verwendet. “Es ist zwar äußerst unwahrscheinlich,<br />
daß wir diese Systeme<br />
im Dual Use-Modus direkt als Weltraumwaffen<br />
nutzen können“, dafür sei<br />
aber die Energieübertragung dieser Solarkraftwerke<br />
zu den Waffenplattformen<br />
im Weltraum mit Hilfe des Mikrowellenstrahls<br />
eigentlich kein Problem.<br />
Energie nach Bedarf<br />
“Das Verteidigungsministerium<br />
könnte von solchen Systemen Energie<br />
nach Bedarf ziehen.” (Band „Space<br />
Applications“, S. 89). Die moderen<br />
Technik machts möglich: video on demand<br />
für das Volk, power on demand<br />
für die Weltraumwaffen der US Air<br />
Force... Einiges deutet darauf hin, daß<br />
diese zivil-militärische Verknüpfung<br />
sich nicht auf die Zusammenarbeit mit<br />
kommerziellen Unternehmen beschränken<br />
soll. Die zivile US-Amerikanische<br />
Weltraumbehörde NASA, aus Budgetgründen<br />
bereits seit langem ein williger<br />
Kooperationspartner des Militärs,<br />
bastelt bereits an konkreten Ideen für<br />
Solarkraftwerke im Weltraum. In der<br />
300 Seiten starken Studie “Space Solar<br />
Power“ wird der finanzielle und technologische<br />
Hintergrund der Energieerzeugung<br />
im Weltraum untersucht.<br />
“Nicht Grundlagenforschung<br />
ist angesagt, vielmehr stehen<br />
handfeste finanzielle<br />
Überlegungen im Vordergrund.”<br />
Die eingehende Analyse des weltweiten<br />
Energiemarktes läßt die Autoren<br />
der NASA-Studie zum Schluß kommen,<br />
daß viele industriell wenig entwickelte<br />
Länder - an erster Stelle China<br />
und Indien - mit den Industrieländern<br />
mithalten und den Energiekonsum<br />
auf unserem Globus in den nächsten<br />
15 Jahren etwa verdoppelt werden.<br />
Die Endlichkeit der fossilen Brennstoffe<br />
sowie Sicherheits- und Entsorgungsprobleme<br />
bei der Nutzung von<br />
Kernenergie sowie die Verpflichtung,<br />
die Luftverschmutzung zu reduzieren<br />
ließen es geraten sein, sich beizeiten<br />
nach Alternativen umzuschauen. Die<br />
Nutzung der Sonnenenergie im industriellen<br />
Maßstab sei ein erfolgsversprechendes<br />
Konzept.<br />
Das erfolgversprechendste Modell<br />
in dieser Studie, der Sonnenturm (Sun<br />
Tower), ist modular aufgebaut.<br />
“Jeder Satellit ähnelt einer<br />
großen, zur Erde ausgerichteten<br />
Sonnenblume. Die Sendeanlage<br />
ist dabei die Blüte,<br />
die einzelnen Sonnenkollektoren<br />
sind die Blätter am Blütenstengel.“<br />
Hinter diesem Bild steckt eine Anlage<br />
mit zahlreichen kreisförmigen Sonnenkollektoren,<br />
die jeweils etwa 50 m<br />
Durchmesser haben. Diese sind beid-<br />
seitig an einem 3-5 km langen ‘Backbone’<br />
aufgereiht, das die ganze Konstruktion<br />
im Weltraum stabilisiert und<br />
die Energie an die Sendeanlage leitet.<br />
Der rund 200 m große, schüsselförmige<br />
Sender schließlich schickt den 5,8<br />
GHz-Mikrowellenstrahl an eine riesige<br />
Empfangsantenne auf die Erde oder im<br />
Meer, von wo aus die Energie in das<br />
Stromnetz des Stromversorgungsuntemehmen<br />
oder eines großen Endabnehmers<br />
eingespeist wird.<br />
Gefahr aus dem Weltraum?<br />
Außer der bereits beschriebenen Aussicht,<br />
daß die gewonnene Energie zur<br />
Versorgung von Weltraumwaffen dienen<br />
soll, ergeben sich weitere Fragen:<br />
Ist sichergestellt, daß die Energieübertragung<br />
unschädlich ist? Spärlich<br />
äußern sich die Autoren der Studie<br />
Bild: NASA<br />
über die Auswirkungen des Mikrostrahles<br />
auf das irdische Leben. Ist<br />
vollkommen ausgeschlossen, daß der<br />
Mikrowellenstrahl mißbräuchlich zur<br />
Kriegsführung eingesetzt werden kann?<br />
Bei den Protesten gegen die Saturnmission<br />
Cassini/Huygens, die zur Stromerzeugung<br />
32,8 kg Plutonium-238 an Bord<br />
hat und im Oktober 1997 gestartet ist,<br />
hatte die weltweite Protestbewegung vehement<br />
gefordert, daß sich die NASA<br />
mit solaren Energiealtemativen beschäftigen<br />
soll. So hatten wir uns das aber<br />
eigentlich nicht vorgestellt!<br />
Anmerkung der Redaktion: Wir<br />
werden das Projekt demnächst<br />
noch einmal kritisch beleuchten<br />
28 Solarbrief 3/98<br />
des Solarenergie-Fördervereins