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… Es genügt nicht, von Fall zu Fall für schwierige<br />
Einzelprobleme am Bau in den Gemeinden einen Bauberater<br />
einzusetzen. Nur ein unabhängiger, regionaler<br />
Gestaltungs-Beirat aus Fachpersonen und Laien, der<br />
die ganze Region und ihre Entwicklung im Auge hat<br />
(nicht nur die Dorfkernzonen oder Einzelbauten), gäbe<br />
Gewähr, dass flächendeckend professionell und zukunftsweisend<br />
gearbeitet werden könnte und eine kontinuierliche<br />
‚Entwicklungsdiskussion‘ gefördert würde.<br />
Landschaftsschutz, Denkmalpflege und Heimatschutz<br />
sollten selbstverständlich Partner sein in einer spartenübergreifenden,<br />
transdisziplinären Diskussion um die<br />
Entwicklung der Region.<br />
… Wenn wir die Kulturlandschaft mit ihrer Geschichte<br />
als Voraussetzung und Qualität fürs Bauen anerkennen<br />
und darauf in der Gegenwart aufbauen, so nähern wir<br />
uns einem Architekturverständnis, das nach Friedrich<br />
Achleitner mit dem ‚spezifischen Gewicht des Lokalen’<br />
in Verbindung zu bringen wäre. Friedrich Achleitner:<br />
‚Das spezifische Gewicht des Lokalen ist also jene Kraft,<br />
die Bauten in einer Region verankert, und der Blick auf<br />
die Welt ist jener Erfahrungshorizont, der sie kulturell<br />
erkennbar, ja überhaupt sichtbar macht.’<br />
… zum Schluss noch ein Wort zur Sinnfrage, die ich im<br />
Titel meiner Ausführungen angesprochen habe: Gion<br />
Caminada hat anlässlich eines Vortrages zum Thema<br />
‚Bauen im dörflichen Kontext des 21. Jahrhunderts’ den<br />
Satz ‚SINN (ENT-)STEHT VoR QUALITÄT’ formuliert. Ich<br />
komme nicht mehr los von dieser Aussage, einerseits,<br />
weil sie ganz einfach eine Binsenwahrheit ist und andererseits<br />
hat eben diese Aussage, falls man sie ernst<br />
nimmt, rigorose Auswirkungen auf die Rezeption der<br />
Baukunst und darüber hinaus auf die Kunst der Planung.<br />
Der immaterielle innere Sinn steht also am Anfang<br />
jedes Entwurfs- und Gestaltungsprozesses. Eine<br />
Planung ohne inneren Sinn hat in jedem Fall fatale<br />
13<br />
ArcHItektur<br />
Folgen auf kommende Bautätigkeiten und Entwicklungen<br />
und müsste als Fehlplanung bezeichnet werden.<br />
Aufgrund dieser Diskussionen forderte Köbi Gantenbein<br />
das Kulturzentrum NAIRS auf, sich zu involvieren.<br />
manifest für NAIRS, die Tagung ,Aufbruch im Balcun<br />
tort, Planung, Entwicklung und Architektur im Unterengadin’<br />
zusammenfassend:<br />
geschichte, ort und Weltuntergang: Das Unterengadin<br />
ist voller Geschichten. Sie sind Form geworden in<br />
Architektur, Dorfbildern und Landschaften, die zum<br />
Selbstverständnis der Bevölkerung gehören und ihre<br />
zuversicht bestimmen. Sie sind auch ein Grund, weshalb<br />
Gäste ins Unterengadin kommen. Nötig sei, diese<br />
Architektur, Dorfbilder und Landschaften zu pflegen –<br />
so sagen es viele Sonntagsreden. Nötig ist aber auch,<br />
sie in den orts- und Quartierplanungen weiterzustricken.<br />
Denn das Unterengadin ist nicht gebaut, es wird<br />
gebaut. Die orts- und Quartierpläne mögen also neben<br />
technischen auch kulturelle Ansprüche erfüllen. Das<br />
bedeutet beispielsweise, dass die räumlich oft starken<br />
zentren der Dörfer und die markante Architektur ihrer<br />
Häuser, Strassen und Plätze auch die Neubauquartiere<br />
beflügeln. Und kulturelle Ansprüche sind heute auch<br />
Weltansprüche: Der Bau, schlecht gemacht, heizt das<br />
Klima auf.<br />
Die Versammlung im Balcun tort ruft das Kulturzentrum<br />
NAIRS auf, zur nächsten ortsplanungsrevision<br />
im Unterengadin einen Entwurf zu liefern, der solche<br />
kulturellen Dimensionen darstellt und so den courant<br />
normal der Planer weiterentwickelt. Insbesondere<br />
wird dieser Entwurf auch zu bedenken geben, dass<br />
die Landschaften nur schön bleiben werden, wenn<br />
die Welt nicht verdampft. Also muss der ortsplan<br />
nach massregeln der Energievernunft erstellt wer-