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LItterAturA<br />
Sent, nAIrS, greInA:<br />
ScrIver ILLAS muntognAS<br />
Lesungen mit Angelika overath und Leo tuor in nAIrS<br />
Dem Namen Angelika overath bin ich das erste mal<br />
im zürcher Hauptbahnhof begegnet. Ich war beim<br />
Umsteigen in der Buchhandlung gelandet und hatte<br />
einen Roman entdeckt, der wunderbar zum Thema<br />
einer geplanten Radiosendung passte: Abschied von<br />
den Eltern. Ein weiteres Buch stand bereits fest, der<br />
Roman Schlemm von Nicola Bardola, ein Autor mit<br />
Senter Wurzeln. Es geht um den gemeinsamen Freitod<br />
von mutter und Vater. Eine Geschichte, die in einer<br />
Gegend spielt, die das Unterengadin sein könnte.<br />
In zürich kaufe ich also den Roman Nahe Tage von<br />
Angelika overath, die Sendung geht über den Äther und<br />
bald darauf fragt mich eine Bekannte, ob ich denn wisse,<br />
dass die Autorin ein Haus in Sent besitze. Il muond<br />
es pitschen. Die Welt ist klein.<br />
Diese kleine Welt, die mich mit Angelika overath zusammengebracht<br />
hat, habe ich dann in ihren Büchern<br />
wiedergefunden. Die ganz kleine Welt in der unendlich<br />
grossen Welt. Der Tisch mit der Wachsdecke, einem<br />
eigentlichen Symbol kleinbürgerlicher Alltäglichkeit,<br />
steht in der Küche der toten mutter. Angelika overath<br />
beschreibt ganz undramatisch, wie die Tochter Johanna<br />
banale Gegenstände beobachtet, wie sie alltägliche<br />
Dinge verrichtet, wie Erinnerungen hochkommen und<br />
Vergangenes heraufbeschwört wird. Die verschütteten<br />
Erinnerungen von Johanna werden so genau, nah und<br />
bohrend zur Sprache gebracht, dass man ahnen kann,<br />
wie viel Ungesagtes noch darin mitschwingen muss.<br />
Die Welt von Leo Tuor ist die Greina, eine Hochebene<br />
in der Bündner Surselva. Berühmt wurde diese unberührte<br />
Naturlandschaft, als gegen ein Kraftwerkprojekt<br />
landesweit protestiert und das Projekt schliesslich zu-<br />
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rückgezogen wurde. Berühmt wurde die Greina auch<br />
durch den Literaten, Schäfer und Jäger Leo Tuor, der die<br />
Gegend wie seine Hosentasche kennt. Jeu enconu schel<br />
la Greina sco miu sac da caultschas. Auf der Greina<br />
sind sich übrigens auch Angelika overath und Leo Tuor<br />
schon begegnet.<br />
Noch gibt’s den neusten Roman von Leo Tuor Settembrini<br />
– Veta e meinis (Settembrini – Leben und Ansichten)<br />
nicht in einer deutschen Übersetzung. Es ist ein cudisch<br />
balurd, ein närrisches Buch, wie es im Prolog steht. Ein<br />
Buch, das ein fantasievolles und fantastisches Bild von<br />
der Bündner Jagd zeichnet. Hauptdarsteller ist oder genauer<br />
gesagt sind Settembrini. Hinter dem Namen verbergen<br />
sich nämlich zwei: Gion Battesta Levy und sein<br />
zwillingsbruder Gion Evangelist Silvester, Gämsjäger,<br />
Bewunderer des Sternenhimmels und Literaten, kauzige<br />
Kerle, wie wir sie auch aus früheren Büchern von<br />
Leo Tuor kennen. Settembrinis Leben sind camutschs<br />
e cudischs, Gämsen und Bücher, was wahrscheinlich<br />
auch für den Autoren selbst gilt.<br />
ESTHER KRÄTTLI, redactura da litteratura Radio Rumantsch