tio nalsozialismus verabschiedete er sich von seiner Rolle als Tramp. Was ist zu tun, wenn Spott und Humor nicht ausreichen, das Schlimmste zu verhindern? Erika mann wurde Projektionsfigur für eine positive und fordernde Geisteshaltung und die Idee der möglichkeit einer Erziehung zum Leben, oder einer Schule des Lebens. Für Annemarie Schwarzenbach, in diesem Rahmen selbst erklärtes Kind, blieb dies eine lichte, doch unerfüllbare Sehnsucht, die den dunkeln Seiten der eigenen Persönlichkeit bis zur gewalttätig gesteigerten Sehnsucht gegenüberstand. Es sind solche Lebensfragen und Rollenverteilungen, die mich interessieren und den Bezug zu heute und zu mir selbst schaffen. mit namen und karten «Die Namen der NS-Tötungsmaschinerie – die magie der Namen bei Annemarie Schwarzenbach – Namen als Impulse, sich in Bewegung zu setzen.» Notizen zum Filmprojekt «[...] Aber hier oben, im Tal am Ende der Welt, gibt es keine zeitungen, und wir haben vergessen, ein Radio zu installieren. Ich für meinen Teil habe schon damals, als ich die Namen der Städte lernen musste, an ihrer Existenz gezweifelt. Ich dachte darüber nach und kam zu dem Schluss: es ist wie im Kino. [...] In welchen Staaten gibt es ölfelder? Ich antwortete: ‹mexiko, Rumänien, oklahoma, Baku…› ‹Baku ist kein Staat›, sagte der Herr Lehrer, und er hatte recht, und ich durfte mich setzen. Jetzt weiss ich besser Bescheid als er; denn ich war in Baku, und ich würde ihn fragen: ‹Wie war es doch, damals, mit Baku?› Wie war es mit Baku…» zitat: Annemarie Schwarzenbach, Das glückliche Tal, S. 16–17 Annemarie Schwarzenbachs Formulierungen sind oft überraschend, dort wo sie einen Raum öffnen, jenseits des sprachlich Gefassten für Projektionen, sei es des Schmerzes oder des zweifels, aber auch des Widerstandes. Ich empfinde kraftvolle Spracherlebnisse dort, wo kompakte Sprachgebilde zwischen einem gedanklichen und musikalischen Gleichgewicht schweben, als eindrückliche Arbeit an der Sprache, die manch unreife oder prätentiöse Geste der Autorin mit ihrem spezifischen Pathos weit überragen und in ihrer Dichtheit überzeugend bestehen können. Ihr Bild zum Tempel in Baalbek umfasst für mich deshalb diverse Aspekte, die mir wiederholt aufgefallen sind. Ihre Texte haben eine poröse Qualität und sind interessant, um in sie hineinzuhorchen, um über Textfragmente Bezüge zu schaffen zur zeit und den persönlichen Beziehungen. Das Fragmentarische ihres Werkes ruft nach weiterer Gestaltung. Vielleicht ist das einer der Gründe und Teilaspekt ihres post- humen Erfolges, ihr Leben und Werk bietet eine enorme Projektionsfläche und Quelle wie Kern für zunehmende Ablagerungen und Versinterungen. Besonders gewichtet scheint mir hierbei ein neoromantischer Welt schmerz und eine isolierte Inszenierung des Individuums zu sein – welche vor dem Hintergrund damaliger Tendenzen auch eine extravagante Position darstellte, die heute fasziniert und gefällt. Trotzdem glaube ich, dass es möglich ist, ihrem Geist nachzuspüren, ihn bedingt zu fassen und darzustellen. Woran sie selbst glaubte und was sie in ihrem Gedicht «marc», von dem mir ein kurzes Fragment bekannt ist, folgendermassen ausdrückt: «[...] manchmal 79 möchte ich mit der Hand nach meinem Herzen greifen [...] Die Bilder sagen, es sei wie das zu schwache Licht einer Kerze. Aber plötzlich spüre ich dann, wie es emporschlagen und übermächtig werden könnte, und eine Geisterhelle verbreiten, die still und fürchterlich ist [...]» zitat: Annemarie Schwarzenbach, marc, Auszug, «Du» 1943 zur geschichte «Annemarie Schwarzenbach, die Reisende, ist an keinem bestimmten ort festzuhalten, ausser vielleicht im ganz persönlichen, fiktionalen Raum ihres scharfsinnigen und emotionalen Leidens, am Leben, an ihrer zeit, der Sprache und der historischen Entwicklung.» Notizen zu Annemarie Schwarzenbach. S. 62–63 «Wie hätte Annemarie Schwarzenbach die Gräueltaten der Nationalsozialisten aufgefasst und welche Konsequenzen hätten sich für sie daraus ergeben?» Notizen zu Annemarie Schwarzenbach, S. 31 «man ist allein. Wind und Berge ringsum sind nicht einmal feindlich, nur zu gross. man ist nur verloren darin, und alles ist sinnlos, und die Anstrengungen werden vom Wind weggetragen… [...] man beginnt die Namen der menschen zu stammeln, die man zu lieben meint. Entsetzlich, wie auch sie weggetragen werden, ihr Antlitz in Fetzen zerrissen, ihre Augen blicklos, ihr Körper weit, weit entfernt, unangreifbar, verloren.» zitat: Annemarie Schwarzenbach, Tod in Persien, S. 39 Was hätte sie denken, was noch schreiben wollen, wenn sie länger als bis 1942 gelebt hätte? Diese Frage drängt sich auf im Wissen um das vorhandene Bewusstsein führender Nationalsozialisten, denen klar war, welchen beispiellosen und vom Wahnsinn gezeichneten zivilisationsbruch sie zu verantworten haben. Abb. 1: Französische militärkarte, um 1629 Abb. 2: Wanderung mit Kathrin, auf dem Weg von Ftan zum Lai da minschun am 15.10.2007
ELENA RUTmAN | zÜRICH transit, filmstills, short fiction film, 8 min, colour Eine engelhafte Gestalt steht plötzlich im Hotelzimmer der Reisenden – und verschwindet mit den Autoschlüsseln. Die Reisende folgt der Gestalt durch den Hotelkorridor und findet sich in einem Badewannenzimmer wieder, wo sie von dem Engel zum Tanz verführt wird. 80
- Seite 1 und 2:
2007·2008
- Seite 4 und 5:
edItorIAL Adüna ün lö misterius
- Seite 6:
von Scuol und der Destination Engad
- Seite 10 und 11:
nAIrS - Purtret cuort nAIrS, chasa
- Seite 12 und 13:
11 tHemen 2007 | 2008
- Seite 14:
… Es genügt nicht, von Fall zu F
- Seite 17 und 18:
ArcHItektur Im Prinzip ist alles ei
- Seite 19 und 20:
LeIvIScHem | FederLeIcHt 18
- Seite 21 und 22:
trAnSIt BASeL 20
- Seite 23 und 24:
trAnSIt BASeL ‚dock: aktuelle Kun
- Seite 25 und 26:
dIScuSSIunS In StüvAS engIAdInAISA
- Seite 27 und 28:
LItterAturA Sent, nAIrS, greInA: Sc
- Seite 29 und 30: LItterAturA vegl nas ella cua ed id
- Seite 31 und 32: LItterAturA Poesia da chadafö Be l
- Seite 33 und 34: JoHANNA ALTHERR | zÜRICH This Way,
- Seite 35: LEo BACHmANN | zÜRICH ‚Büvetta
- Seite 39 und 40: HEIKo BLANKENSTEIN | BERLIN stagefr
- Seite 41 und 42: JoHANNES BURR | BERLIN ‚Eben der
- Seite 43 und 44: mARIE DRéA | mITTELBERGHEIm 42
- Seite 45 und 46: ANNA-LYDIA FLoRIN | zÜRICH 44
- Seite 47 und 48: Die Natur, deren Nachbildung sowie
- Seite 49 und 50: DANIEL GLASER UND mAGDALENA KUNz |
- Seite 51 und 52: JULIAN GRÜNTHAL | BIELEFELD 50 ‚
- Seite 53 und 54: ANDREAS HELBLING | zÜRICH 52
- Seite 55 und 56: RoBERT HoLYHEAD | LoNDoN Untitled (
- Seite 57 und 58: SARA HUBRICH | LoNDoN | KöLN Sur i
- Seite 59 und 60: BRITTA HUTTENLoCHER | AmSTERDAm 58
- Seite 61 und 62: CHRISTIAN INDERmÜHLE | BERN Von de
- Seite 63: SoNJA KRETz | AARAU Glückspilz 200
- Seite 66 und 67: 65 La Soncha tschaina. das Abendmah
- Seite 68 und 69: 67 Terra Cognita. Fotoinszenierunge
- Seite 70 und 71: und am regen den ton, beweg dich ni
- Seite 72 und 73: Der Wald hier, als metapher verstan
- Seite 74 und 75: mountains move A deceptive appearan
- Seite 76 und 77: Around the corner (from everywhere)
- Seite 78 und 79: 77 lost in patterns, 2007 Foto 110
- Seite 83 und 84: PATRICK STEFFEN | BASEL 82
- Seite 85 und 86: TABEA STEINER | THUN Winterlied Gro
- Seite 88: 87 ANDREA SUTER | zÜRICH sight cle
- Seite 92 und 93: 91 WINK WITHoLT | RoTTERDAm & AmSTE
- Seite 94 und 95: Die sandte ihre Boten zu dem Prinze
- Seite 96: Wenn man beim Denken gewohnte Vorst
- Seite 99 und 100: Johanna altherr, 1968, lebt und arb
- Seite 101 und 102: Spiel filmdrehbücher, von 2000 bis
- Seite 103 und 104: 102
- Seite 105 und 106: des Arts Paris / 2008 Atelierstipen
- Seite 107 und 108: an das Theater Basel. Seit 2000 arb
- Seite 109 und 110: ÖFFentLIcHe verAnStALtungen 2007 A
- Seite 111 und 112: ÖFFentLIcHe verAnStALtungen 2007 A
- Seite 113 und 114: ÖFFentLIcHe verAnStALtungen 2008 A
- Seite 115 und 116: ÖFFentLIcHe verAnStALtungen 2008 D
- Seite 117 und 118: 116
- Seite 119 und 120: FÖrdervereIn nAIrS FÖrdervereIn n
- Seite 121: ImPRESSUm Konzept: Claudia Froelich