Drei Jahrhunderte Agrarwissenschaft in Russland: Von 1700 ... - IAMO
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<strong>Drei</strong> <strong>Jahrhunderte</strong> <strong>Agrarwissenschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>Russland</strong>: <strong>Von</strong> <strong>1700</strong> bis zur Gegenwart<br />
Berücksichtigung der klimatischen Unterschiede ebenfalls <strong>in</strong> der ganzen Sowjetunion<br />
angebaut werden sollte. So etwas kann nur geschehen, wenn die Wissenschaft<br />
nicht frei von Politik ist. Die Wissenschaftler des 18. und 19. Jahrhunderts<br />
waren ke<strong>in</strong>e engen Spezialisten, wie sie später dank vor allem solcher Leute wie<br />
WILJAMS und LYSSENKO herangebildet worden s<strong>in</strong>d. Beide verstanden nichts von<br />
Ökonomie mit allen sich daraus ergebenden negativen Folgen.<br />
Die Ausführungen über die Entwicklung der <strong>Agrarwissenschaft</strong>en zeigen, dass die<br />
<strong>Agrarwissenschaft</strong>ler <strong>Russland</strong>s über das gleiche Wissen und die gleichen Methoden<br />
wie im Westen verfügten. Bedeutende russische <strong>Agrarwissenschaft</strong>ler studierten<br />
<strong>in</strong> den westeuropäischen Ländern und wandten ihre Erkenntnisse schöpferisch<br />
auf die russische Landwirtschaft an. Doch ohne radikale Veränderungen des Gesellschaftssystems,<br />
d.h. die Befreiung der Bauern aus der Leibeigenschaft, konnte<br />
dieses Wissen nicht zu den Bauern gelangen und von ihnen angewendet werden.<br />
Die Aufhebung der Leibeigenschaft ist deshalb <strong>in</strong> dieser Zeit e<strong>in</strong>er der wichtigsten<br />
Diskussionsgegenstände unter Wissenschaftlern, Schriftstellern und Beamten.<br />
Besonders zu nennen ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang das Projekt MICHAIL<br />
MICHAILOWITSCH STEPANSKIJs (1772-1839). Er war Philosoph, Jurist, Mathematiker,<br />
beschäftigte sich mit Fragen der Ethik und beherrschte mehrere<br />
Fremdsprachen. In se<strong>in</strong>en Arbeiten bezog er sich u.a. auf NEWTON, LEIBNIZ,<br />
FICHTE, SCHELLING und KANT. Er gehörte zur russischen Delegation ALEXAN-<br />
DERs I., die sich 1808 mit NAPOLEON <strong>in</strong> Erfurt traf. STEPANSKIJ schlug den Übergang<br />
zu e<strong>in</strong>er konstitutionellen Monarchie mit Gewaltenteilung vor. Er berichtet<br />
u.a., welche Maßnahmen <strong>in</strong> <strong>Russland</strong> zur Besserung der Lage durch die Zar<strong>in</strong>nen<br />
und Zaren unternommen worden s<strong>in</strong>d, die sich allerd<strong>in</strong>gs im Lande kaum<br />
durchgesetzt hatten: 1771 wurde der Verkauf der Bauern auf Auktionen verboten,<br />
1797 die Arbeitspflicht für die Gutsbesitzer auf drei Tage <strong>in</strong> der Woche e<strong>in</strong>gegrenzt,<br />
damit die Bauern auf ihren eigenen Feldern arbeiten konnten, nach<br />
1801 der Verkauf von Bauern auf den Jahrmärkten untersagt, seit 1803 war e<strong>in</strong>e<br />
Ordnung zur Entlassung der Bauern nach ganzen Dörfern aus der Leibeigenschaft<br />
und die Herausbildung freier Bauerngeme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> Vorbereitung. In 20 Jahren<br />
wurden aber aus der Leibeigenschaft nur 30.000 Bauern entlassen.<br />
STEPANSKIJ setzte sich für e<strong>in</strong>e schrittweise Abschaffung der Leibeigenschaft<br />
e<strong>in</strong>, zunächst das vollständige Verbot jeder Art von Kauf und Verschenken der<br />
Bauern, besonders ohne Boden, die vertragliche Regelung der Arbeiten der Bauern<br />
für die Gutsbesitzer, Beseitigung der Ungerechtigkeiten bei der Festlegung<br />
der Abgaben an die Grundbesitzer, Übernahme der (besseren) Bed<strong>in</strong>gungen der<br />
gegründeten Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften, <strong>in</strong> Auswertung der<br />
Erfahrungen der Sowjetunion das Trawapolnaja-System auch <strong>in</strong> der DDR anzuwenden,<br />
Prof. ASMUS PETERSEN die Frage stellte, ob wir 200 Jahre zurück wollen, was jenen merklich<br />
verwirrte.<br />
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