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Drei Jahrhunderte Agrarwissenschaft in Russland: Von 1700 ... - IAMO

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<strong>Drei</strong> <strong>Jahrhunderte</strong> <strong>Agrarwissenschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>Russland</strong>: <strong>Von</strong> <strong>1700</strong> bis zur Gegenwart<br />

Landwirtschaft mit dem kulturvollen <strong>in</strong>telligenten Bauern: "Ich b<strong>in</strong> überzeugt,<br />

dass wir <strong>in</strong>telligentere Bauern brauchen, Dörfer mit <strong>in</strong>telligenten Leuten, davon<br />

hängt unsere Zukunft ab" (ENGELHARDT, 1987). Er unterstrich, dass <strong>Russland</strong><br />

se<strong>in</strong>e eigene Landwirtschaftswissenschaft benötigt, d.h. zugeschnitten auf die<br />

russischen Bed<strong>in</strong>gungen. Die Chemie kann nicht russisch, englisch oder deutsch<br />

se<strong>in</strong>, sondern nur <strong>in</strong>ternational, aber die russische Landwirtschaftswissenschaft<br />

wird nur durch geme<strong>in</strong>same Anstrengungen der Wissenschaftler und Praktiker<br />

<strong>Russland</strong>s entstehen. 32<br />

ENGELHARDT kam, wie er selbst schrieb, zu der Überzeugung, dass die wichtigste<br />

Frage <strong>in</strong> der russischen Landwirtschaft die Schaffung von Artelwirtschaften<br />

(Produktionsgenossenschaften) ist. Auf diese Weise wird das Dorf wachsen und<br />

gedeihen. Im Unterschied zu ROBERT OWEN unternahm er jedoch ke<strong>in</strong>e entsprechenden<br />

Experimente, sondern modernisierte se<strong>in</strong>e Wirtschaft auf re<strong>in</strong> kapitalistischem<br />

Wege: Er stellte Lohnarbeiter e<strong>in</strong>, g<strong>in</strong>g zu Kleefruchtfolgen über, wandte<br />

M<strong>in</strong>eraldünger an und setzte moderne Technik e<strong>in</strong>. Innerhalb von 15 Jahren<br />

gelang es ihm, die Erträge zu verdoppeln. Weiterh<strong>in</strong> sprach er sich für die Verarbeitung<br />

landwirtschaftlicher Produkte auf Dorfebene und nicht <strong>in</strong> weit entfernten<br />

Fabriken aus, um die Verluste so ger<strong>in</strong>g wie möglich zu halten. Zu Sowjetzeiten<br />

wurde jedoch genau der umgekehrte Weg beschritten und die Verluste<br />

waren gewaltig. Auch heute (1995) ist dieses Problem ungelöst.<br />

Viele Ideen ENGELHARDTS wurden anfangs des 20. Jahrhunderts <strong>in</strong> den Arbeiten<br />

der sogenannten Produktions-Organisations-Schule weiterentwickelt. Zu se<strong>in</strong>en<br />

Schülern zählen die herausragenden Gelehrten A. S. JERMOLOW und P. A.<br />

KOSTYTSCHEW. Ersterer wurde M<strong>in</strong>ister, der zweite Direktor der Landwirtschaftsabteilung.<br />

Enge Beziehungen unterhielt ENGELHARDT unter anderem mit<br />

W. I. WERNADSKIJ und W. W. DOKUTSCHAJEW.<br />

E<strong>in</strong>en herausragenden Platz <strong>in</strong> der Reformperiode nahm der <strong>Agrarwissenschaft</strong>ler<br />

ALEXANDER WASILJEWITSCH SOWJETOW (1826-1901) e<strong>in</strong>. Wie viele se<strong>in</strong>er Vorgänger<br />

war er Landwirt und Ökonom. Er stammte aus dem Moskauer Gouvernement<br />

und absolvierte nach dem Besuch geistlicher E<strong>in</strong>richtungen das Gorygorezker<br />

Landwirtschaftliche Institut. Anschließend studierte er zwei Jahre <strong>in</strong> Deutschland,<br />

Österreich, Belgien und Holland. Nach se<strong>in</strong>er Rückkehr nahm er den Lehrstuhl für<br />

landwirtschaftliche Technologie am genannten Institut e<strong>in</strong> und seit 1859 den Lehrstuhl<br />

für Landwirtschaft der St. Petersburger Universität. Zwölf Jahre war er Dekan<br />

der Physikalisch-Mathematischen Fakultät, 25 Jahre redigierte er die "Arbeiten<br />

der KFÖG", lange Zeit gehörte er außerdem dem Wissenschaftlichen Beirat des<br />

M<strong>in</strong>isteriums für Landwirtschaft an. Er schrieb mehrere Artikel für den Brock-<br />

32 Ohne die entsprechenden Begriffe zu verwenden, unterscheidet ENGELHARDT offensichtlich<br />

zwischen der Chemie als Diszipl<strong>in</strong> der Grundlagenforschung und der Landwirtschaftswissenschaft<br />

als Diszipl<strong>in</strong> der angewandten Forschung.<br />

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