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DIABETES KURIER<br />
Alternative zum Spritzen<br />
Inhalatives Insulin ermöglicht schmerzfreie Behandlung<br />
Die Abneigung gegen Spritzen<br />
ist für viele Menschen<br />
ein Problem. Sie betrifft vor<br />
allem Patienten mit chronischen<br />
Krankheiten, die auf<br />
regelmäßige Injektionen angewiesen<br />
sind. Dazu gehören<br />
auch Menschen mit Diabetes.<br />
Erreicht ihre Krankheit<br />
ein bestimmtes Stadium, ist<br />
eine Insulinbehandlung nötig.<br />
Häufig wird diese aber<br />
abgelehnt oder verzögert:<br />
„Auch wenn die Technik<br />
beim Spritzen sehr hoch entwickelt<br />
ist, gibt es auf Patientenseite<br />
noch immer Vorbehalte“,<br />
erklärt Dr. Karin<br />
Schlecht, Diabetologin. „Es<br />
spielen beispielsweise Injektionsangst,<br />
Überforderung<br />
durch die Insulintherapie<br />
oder eine Aversion gegen<br />
Abhängigkeit von Insulin<br />
eine bedeutende Rolle.“<br />
Während Patienten mit Typ-<br />
1-Diabetes oft schon im Kindesalter<br />
erkranken und den<br />
Umgang mit ihrer Krankheit<br />
über Jahre gelernt haben,<br />
wird Typ-2-Diabetes meistens<br />
im Erwachsenenalter<br />
18 ■ September 2006 www.apothekenkurier.de<br />
diagnostiziert. Das ist für<br />
die Betroffenen häufig ein<br />
Schock. Insbesondere dann,<br />
wenn mit einer Ernährungsumstellung,<br />
mehr Bewegung<br />
und Tabletten keine ausreichende<br />
Blutzuckersenkung<br />
mehr herbeigeführt werden<br />
kann und der Arzt zu einer<br />
Insulintherapie rät. Manche<br />
Patienten verzögern als Reaktion<br />
auf die Diagnose jahrelang<br />
den Beginn der notwendigen<br />
Behandlung und<br />
riskieren damit ernste Folgeerkrankungen.<br />
Durchbruch in der<br />
Therapie<br />
Seit Mai 2006 gibt es nun<br />
erstmals eine Alternative zur<br />
Behandlungsform mit Spritzen–<br />
die Verabreichung von<br />
Insulin über die Lunge. Über<br />
diese Art der Anwendung<br />
wurde schon lange nachgedacht,<br />
doch die Umsetzung<br />
gestaltete sich wegen der<br />
exakten Dosierung als große<br />
Herausforderung. Diese Hürde<br />
wurde nun genommen.<br />
Speziell entwickelte Herstellungsverfahren<br />
und Präzisionsmethodenermöglichen<br />
die genaue Abfüllung<br />
des Insulinpulvers – Voraussetzung<br />
für die richtige<br />
Dosierung. Für die Ankunft<br />
der exakten Menge am Zielort<br />
Lunge sorgt ein speziell<br />
entwickeltes Inhalationsgerät.<br />
In der durchsichtigen<br />
Gerätekammer bildet sich<br />
für den Patienten sichtbar<br />
eine stehende Wolke. Antistatische<br />
Wände verhindern,<br />
dass Partikel in der Kammer<br />
haften bleiben. Beim Einatmen<br />
verschwindet die Wolke,<br />
so kann jedes Mal überprüft<br />
werden, dass die gesamte<br />
Menge eingeatmet<br />
wurde. Um Dosierungsabweichungen<br />
zu verhindern,<br />
muss die Insulin-Freisetzungseinheit<br />
des Gerätes al-<br />
le zwei Wochen, einmal im<br />
Jahr das ganze Gerät ersetzt<br />
werden.<br />
Inhalatives Insulin soll die<br />
Chance auf einen rechtzeitigen<br />
Beginn der Behandlung<br />
bei den betroffenen<br />
Patienten erhöhen: „Was ich<br />
mir erwarte durch inhalatives<br />
Insulin, ist ein schnellerer<br />
Umstieg auf eine notwendige<br />
Insulintherapie“,<br />
kommentiert auch<br />
Prof. Werner Scherbaum,<br />
Ärztlicher Direktor<br />
des Deutschen<br />
Diabetes-Forschungsinstituts<br />
in Düsseldorf, die<br />
neue Behandlungsalternative.<br />
Denn ein gut eingestellter<br />
Diabetes-Patient kann<br />
sein Risiko mindern, eine der<br />
mit einem Diabetes verbundenen<br />
Folgeerkrankungen<br />
zu erleiden.<br />
Inhalatives Insulin ist in erster<br />
Linie zur Behandlung<br />
von erwachsenen Typ-2-<br />
Diabetes-mellitus-Patienten<br />
bestimmt, die mit Tabletten<br />
nicht richtig einzustellen sind<br />
und eine Insulintherapie benötigen.<br />
Vor Beginn der Therapie<br />
empfiehlt sich ein Lungenfunktionstest.<br />
Bei Rauchern, Asthma- und<br />
COPD-Patienten darf das inhalative<br />
Insulin ebenso wenig<br />
angewendet werden wie<br />
bei Hypersensibilität gegen<br />
Insulin und Hypoglykämie<br />
sowie während der Schwangerschaft<br />
und bei Patienten<br />
unter 18 Jahren, da keine<br />
klinischen Daten vorliegen.