Das vergessene Gebot - Ev. Grunewald-Gemeinde
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Brauch en wir Gött er? Leben wir<br />
nich t in einer Zeit, die es verstanden<br />
hat, die Gött er zu stürzen, die nur<br />
ein müdes Läch eln für jeden hat, der<br />
auch nur den Verdach t aufk ommen<br />
lässt, er könnte religiös sein? Eine<br />
Zeit, in der man die<br />
religiösen Symbole<br />
der eigenen Vergangenheit<br />
zu verde� en<br />
such t, nur um andere<br />
nicht zu irritieren.<br />
Eine Frage also, die<br />
sich von selbst beantwortet<br />
– natürlich<br />
nich t! »Hast Du nich t<br />
alles selbst vollendet,<br />
heilig glühend<br />
Herz?!« Aber mit<br />
einem inzwischen<br />
weitverbreiteten Fragewort<br />
möch te man antworten: »Hallo?«<br />
Denn nur ein fl üch tiger Bli� in<br />
die Geschichtsbücher, in jene, die<br />
Tatsach en mitt eilen, nich t in jene, die<br />
Theorien vermitt eln und sch on alles<br />
vorher wissen, zeigt, dass die Mensch -<br />
heit, wenigstens in Europa sch on ein<br />
paar mal so weit war, all den Plunder<br />
der Vergangenheit von sich zu werfen<br />
und in eine lich te Zukunft zu sch reiten,<br />
wo wir all das, was Gott und Religion<br />
heißt, als düstere Legende der<br />
Vergangenheit gedämpft vernehmen<br />
und sofort vergessen.<br />
Man nannte das »Aufklärung«.<br />
Auch heute wird das Wort gerne verwendet,<br />
und off ensich tlich weiß man<br />
sowieso, was es bedeutet und brauch t<br />
gar nich t erst zu erklären, was man<br />
denn nun genau damit meint. Ein<br />
Ergebnis der »Aufk lärung« war die<br />
französisch e Revolution. Erst einmal<br />
sch afft e man Gott ab und brach te die<br />
Priester um, dann folgten Millionen<br />
Tote in Frankreich und die neue Erkenntnis,<br />
dass man einen höheren<br />
Vernichtungseffekt erreicht, wenn<br />
man mit Kanonen in Mensch enmengen<br />
sch ießt, kein Vergleich mit der<br />
Guillotine. An der Spitze der Revolutionsheere,<br />
die alles überrannten,<br />
ritt bald ein junger Kriegsgott , der<br />
General Bonaparte. Und wer sich ihm<br />
Titel<br />
Die Gött er dieser Welt<br />
Von Dr. Hartwig Grubel<br />
nich t zu Füßen warf, der wurde geworfen,<br />
und dann war er Kaiser. Und<br />
die Zahl der Toten<br />
nahm zu, und Europa<br />
ertrank im Blut.<br />
Aber die Stimmung<br />
war gut, Heine ließ<br />
Napoleons Grenadiere,<br />
die auf der<br />
Fluch t aus Russland<br />
waren, sagen: »Was<br />
schert mich Weib,<br />
was schert mich<br />
Kind, / Ich trage weit<br />
bessres Verlangen; /<br />
Lass sie bett eln gehn,<br />
wenn sie hungrig<br />
sind – / Und mein Kaiser, mein Kaiser<br />
gefangen.« Sie glaubten an ihn.<br />
Damit begann sie also, die Zeit der<br />
modernen Götter. Dann war eine<br />
Zeitlang Ruhe.<br />
Mit neuen Kriegen trat die alte<br />
Welt Europas endgültig ab, und die<br />
Mach t übernahmen Sch wätzer und<br />
Banditen. Zuerst in<br />
Russland. Und es<br />
kostete Millionen<br />
Tote, und es gab<br />
Normen, wie viel<br />
Liquidationen am<br />
Tag stattzufinden<br />
hätten. Und sie<br />
sagten, sie brächten<br />
den Menschen<br />
Heil, Zukunft und<br />
glückliches Leben,<br />
und Ströme von<br />
Blut flossen. Und<br />
man erfand Lager,<br />
in denen man die<br />
Mensch en noch sch inden konnte, bevor<br />
man sie umbrach te. Und sch afft e<br />
Gott ab, und ersch lug die Priester,<br />
und baute neue Altäre, auf die man<br />
das eigene Bild stellen konnte und<br />
überall hängte man es auf und trug es<br />
vor sich her. Und man hatt e die neue<br />
Erkenntnis, dass man die Leute noch<br />
besser vernich ten kann, wenn man sie<br />
verhungern lässt.<br />
Und bald wurde in Deutschland<br />
das Modell nur mit anderen Farben<br />
übernommen. Und die Leute stellten<br />
sich die Bildch en des Häuptlings in<br />
die Wohnungen und die Sch aufenster<br />
und überallhin. Und wer etwas gegen<br />
ihn sagte, der war seines Lebens nich t<br />
mehr sicher. Und man machte die<br />
neue Erkenntnis, dass Moral, Gesittung,<br />
Mensch lich keit ein genetisch er<br />
Defekt ist, der besonders von Juden<br />
übertragen wird, und sch on deswegen<br />
brach te man sie um. »<strong>Das</strong> Gewissen<br />
ist eine jüdische Erfindung!« sagte<br />
der Häuptling einmal. Aber er wusste<br />
auch, dass ganz fremde Völker<br />
zu ihm beten. Von den Deutschen<br />
taten das auch viele. Und außerdem<br />
hatt e man Gott abgesch afft und viele<br />
Priester und Pfarrer eingesperrt und<br />
umgebracht. Schon, weil auch sie<br />
gewissensmäßig infektiös waren.<br />
Und die Erde Europas wurde in Blut<br />
ertränkt.<br />
Der Platz reich t nich t, um die anderen<br />
zu nennen, es ist immer dasselbe<br />
Modell. Bleibt nur noch anzumerken,<br />
dass aus Nordkorea über Wunderheilungen<br />
sowohl<br />
von Kim Il Sung als<br />
auch von Kim Jong<br />
Il berichtet wird,<br />
was mag da erst von<br />
dem neuen Kim zu<br />
erwarten sein.<br />
Am Ende ein paar<br />
Sätze aus der Apostelgesch<br />
ich te ( Kap.<br />
12, 21-23) über den<br />
Kleinkönig Herodes<br />
Agrippa:<br />
»Auf einen bestimmten<br />
Tag tat<br />
Herodes das königliche<br />
Kleid an, setzte sich auf den<br />
Rich tstuhl und tat eine Rede zu ihnen.<br />
<strong>Das</strong> Volk aber rief ihm zu: <strong>Das</strong> ist Gottes<br />
Stimme und nich t eines Mensch en!<br />
Alsbald schlug ihn der Engel des<br />
HERRN, darum dass er die Ehre nich t<br />
Gott gab; und ward gefressen von den<br />
Würmern und gab den Geist auf.«<br />
So viel dazu.<br />
November 2010 11