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Das vergessene Gebot - Ev. Grunewald-Gemeinde

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Im Islam besitzt das Kamel großes<br />

Ansehen, weil es nach alter Überlieferung<br />

den 100. Namen Gottes<br />

kennt, aber für sich behält, denn es<br />

kann ja nich t sprech en. Damit bleibt<br />

Gott den Gläubigen letztlich ein Rätsel.<br />

Wenn ihnen 99 Namen Gott es<br />

bekannt sind, dann besagt diese<br />

Überlieferung, dass Allah nich t in<br />

einem einzigen Eigennamen zu fassen<br />

ist. Oder anders: Gott besitzt so<br />

viele Facett en, dass das Gött lich e sich<br />

nich t mit einem Begriff , auch nich t<br />

mit vielen Begriff en erfassen lässt,<br />

sondern dass es sich dem Begreifen<br />

letztlich entzieht.<br />

Die Juden wählten zuvor in der hebräisch<br />

en Bibel eine andere Methode,<br />

um dieselbe Einsich t zu vermitt eln.<br />

Auch in ihr fi nden sich versch iedene<br />

Gott esnamen, besonders häufi g der<br />

Name JAHWE, doch sind die Juden,<br />

obwohl sie Gott personal verstehen,<br />

gehalten, seinen Namen nich t auszusprech<br />

en, weil jede Namensgebung<br />

den Benannten festlegt, sogar eine<br />

gewisse Verfügungsgewalt über<br />

ihn beansprucht. Deswegen wird<br />

der Name durch ein anderes Wort<br />

ersetzt. <strong>Das</strong> geläufigste ist ‚Herr‘<br />

(adonaj) (in der griech isch en Übersetzung<br />

‚kyrios‘, in der lateinisch en<br />

‚dominus‘). Freilich bewirkt diese<br />

Ersetzung des Gott esnamens durch<br />

‚Herr‘ erst rech t eine Eingrenzung<br />

der Vorstellung. Die Anrede ‚Herr‘<br />

lässt an den Hausherrn denken (Gott<br />

als Herr des ‚Hauses Israel‘), zu dem<br />

ein Treueverhältnis gegenseitiger<br />

Verpfl ich tungen besteht, also auch<br />

eine Verpfl ich tung Gott es gegenüber<br />

den ihn Anbetenden, die auf seine<br />

Zuwendung hoff en. Dabei war ursprünglich<br />

etwas ganz anderes durch<br />

das Sprechverbot beabsichtigt. Es<br />

war beabsich tigt, zu vermitt eln, dass<br />

Gott eben nicht ‚fassbar‘ ist, auch<br />

sprach lich nich t. Der bekannte Satz in<br />

Exodus 3,14 (bei Luther: ‚Ich werde<br />

sein, der ich sein werde‘) verdeutlich t<br />

nich t nur, dass Gott den Mensch en<br />

immer begleitet, sondern auch , dass<br />

Gott in keiner Weise berechenbar<br />

oder verfügbar ist.<br />

Titel<br />

Überlegung zur Namensgebung Gott es<br />

Von Peter Nusser<br />

Für Christen geht es weniger um<br />

den Gott esnamen als vielmehr um<br />

Jesus, die geglaubte Inkarnation<br />

Gott es. Jesus hat sich über Gott als<br />

‚personale Mach t‘ nich t theoretisch<br />

geäußert, sondern hat dessen Wirkungen<br />

auf Mensch en benannt, ihn<br />

z.B. als ‚lieben Vater‘ bezeichnet.<br />

Auch von seiner eigenen Person lenkt<br />

Jesus eher ab und betont statt der<br />

eigenen Persönlichkeitsmerkmale<br />

Verhaltensweisen, die alle Individuen<br />

übernehmen können. Wenn er zu<br />

seiner Nach folge auff ordert, denkt<br />

er an sein Reden und Handeln. Seine<br />

Ich -bin-Worte (der Weg, die Auferwe�<br />

ung, das Brot usw.) verweisen<br />

auf das, was er bewirken will. Auch<br />

der nach österlich e Jesus (der Christus)<br />

wird wesentlich eben an seinem<br />

Verhalten erkannt (das Brot brech en,<br />

die Sch rift deuten, andere ansprech<br />

en, sich an den Wunden berühren<br />

lassen); als wiedererkennbare Identi-<br />

tät wirkt er auf seine Jünger wie ein<br />

Fremder. Im Klartext heißt das doch ,<br />

dass das Neue Testament jegliche<br />

Form der Anbetung von Personen ablehnt,<br />

dass allein das in den <strong>Ev</strong>angelien<br />

in Erinnerung gerufene Handeln<br />

Jesu zählt. (Ist also - so die Frage eines<br />

theologisch en Laien - die Vergött -<br />

lich ung der Person Jesu durch eine<br />

Vielzahl von Titeln wie ‚Gott es Sohn‘,<br />

‚Sohn Davids‘ usw. in Wahrheit ein<br />

Missverständnis dessen, worauf es<br />

im Neuen Testament eigentlich ankommt?<br />

Bestenfalls der Versuch , die<br />

Bedeutung dieses Mensch en besser<br />

zu begreifen?) Bewirken wollte und<br />

will das Neue Testament eine Auferstehung<br />

Jesu in die Vielzahl der<br />

Mensch en hinein, damit sie dessen<br />

lebensfördernde Verhaltensweisen<br />

für sich entde� en, übernehmen und<br />

an andere weitergeben.<br />

In diesem Sinn lässt sich dann auch ,<br />

um zur Problematik der Namensgebung<br />

Gottes zurückzukehren, mit<br />

dem Religionswissensch aft ler Klaus<br />

Heinrich von Gott als dem ‚lebendig<br />

mach enden Sein‘ sprech en.<br />

November 2010 5

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