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Das vergessene Gebot - Ev. Grunewald-Gemeinde

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<strong>Das</strong> haben wir im Ohr und uns<br />

eingeprägt: das erste <strong>Gebot</strong> im<br />

Kleinen Katech ismus Martin Luthers:<br />

„Ich bin der Herr, dein Gott . Du sollst<br />

keine anderen Götter haben neben<br />

mir.“ <strong>Das</strong> ist gut einprägsam, aber<br />

genauer gelesen steht im 2. Buch Mose<br />

(Kap.20, Verse 2 – 5a): „Jahwe (so der<br />

Name Gott es im AT), dein Gott , bin<br />

allein ich , der dich aus Ägyptenland,<br />

dem Sklavenhaus, herausgeführt hat.<br />

Du sollst nich t andere Gött er<br />

neben mir haben. Du sollst dir<br />

kein plastisch es Bild mach en,<br />

also kein Abbild von irgendetwas,<br />

was oben im Himmel<br />

oder unten auf der Erde oder<br />

im Wasser unter der Erde ist.<br />

Du sollst vor ihnen nich t nieder<br />

fallen und ihnen nich t dienen.“<br />

Gott hat also einen aus- und<br />

ansprech baren Namen. Damit<br />

kann er untersch ieden werden<br />

von anderen, damit verbinden<br />

sich die Gesch ich ten des Volkes<br />

Israel mit seinem Gott . Deshalb<br />

kann man keine Skulptur, kein<br />

Standbild aufstellen, weil damit<br />

die Erfahrung von Gott es<br />

Nähe, seiner Begleitung und<br />

Gegenwart festgelegt wäre. <strong>Das</strong><br />

Verbot, sich ein festes Bild von<br />

Gott zu mach en, bedeutet, off en<br />

zu bleiben, um Gott es Handeln<br />

im eigenen Leben und in dem der<br />

Gemeinsch aft zu entde� en. So hat<br />

sich Israel nich t davor gesch eut, in<br />

Sprach bildern Gott immer wieder neu<br />

und überrasch end zu umsch reiben.<br />

Gott kann ch arakterisiert werden und<br />

dazu dient die Sprach e, die in teilweise<br />

gewagten Vergleich en und Metaphern<br />

das Wesen Gott es aussagt.<br />

Am bekanntesten ist wohl das Bild<br />

vom Hirten: „Der Herr ist mein Hirte,<br />

mir wird nich ts mangeln“ (Psalm 23,1)<br />

und „Ich bin der gute Hirte.“(Joh.<br />

10,11) Der Vorteil solch er Sprach bilder<br />

ist, dass wir uns darunter etwas konkret<br />

vorstellen können. Da ist einer,<br />

der sich sorgt, der sich kümmert, der<br />

zum frisch en Wasser führt. „Wie ein<br />

Hirt, der seine Herde hütet, der mit<br />

seinem Arm die Lämmer sammelt, sie<br />

Titel<br />

Gott ansch aulich verstehen -<br />

bildlich e Sprach e der Bibel<br />

Von Harald Grün-Rath<br />

an seiner Brust trägt, die Mutt ertiere<br />

leitet.“ (Jes 40, 9-11)<br />

Was wir in der Regel nich t mehr<br />

als Bild wahrnehmen, ist aber so zu<br />

verstehen: Die Anrede „Abba“ im<br />

Deutschen am besten mit „Papa“<br />

wieder zu geben, mit der wir seit<br />

Jesus Christus Gott anreden dürfen.<br />

Also „Vater unser…“ und deutlich<br />

bildlich im 103.Psalm, Vers 13: „Wie<br />

sich der Vater über Kinder erbarmt,<br />

so erbarmt sich der Herr über die, die<br />

ihn fürch ten.“<br />

Dazu gehört andererseits: „ Ich will<br />

euch trösten, wie einen seine Mutter<br />

tröstet…“(Jes. 66,13). Vater und<br />

Mutter sind dazu da, dass Kinder<br />

geborgen und gesch ützt aufwach sen<br />

können. Sie umgeben das Kind, bilden<br />

um es herum den Rech ts- und Sch utzraum,<br />

in dem es behütet groß werden<br />

soll. Je nach dem, was gerade geboten<br />

ist, wirkt Gott als Mutt er und Vater.<br />

<strong>Das</strong> wird mit der Rede von Gott , der<br />

als Vater oder Mutt er wirkt, ausgesagt<br />

werden, wie es hoff entlich jede und<br />

jeder in seiner Kindheit und Jugend<br />

erfahren hat.<br />

Die Ich -bin-Worte Jesu im Johannes-<br />

<strong>Ev</strong>angelium stellen eine sehr intensive<br />

Bildsprach e bereit. „Ich bin der<br />

Weinsto� , ihr seid die Reben.“ (Joh<br />

15,5) Enger kann man die Verbindung<br />

zwisch en Jesus und seinen Jüngern,<br />

seiner <strong>Gemeinde</strong> nich t ansch aulich<br />

aussagen. <strong>Das</strong> mit- und in-einander<br />

wird wie bei einer Pfl anze von der<br />

Wurzel bis zu den Fruch tt rieben klar<br />

und von Jesus her bestimmt,<br />

von ihm her wach sen wir und<br />

bringen Fruch t. Zu vergleich en<br />

wäre etwa beim Propheten Hosea<br />

die Gott esrede: „Ich wirke<br />

wie Tau für Israel … an mir ist<br />

deine Fruch t zu fi nden.“ (Hos<br />

13, 6 – 9)<br />

Im Neuen Testament erzählt<br />

Jesus in Gleich nissen von Gott<br />

und gibt damit Gott es Wesen<br />

ein Stü� weit preis: Ein Vater,<br />

der seinen Söhnen entgegenkommt<br />

(Luk 15, 11- 32); ein<br />

Besitzer eines Weinbergs, der<br />

Lohn auszahlt (Mt 20, 1 -16 )<br />

oder mit den bösen Weingärtnern<br />

einen Strauß auszufech -<br />

ten hat (Luk 20,9 – 19). Auch<br />

diese Seite Gott es, die seinen<br />

Zorn, seinen Ärger ausdrü� t,<br />

wird mit Bildern eindrü� lich<br />

ausgemalt so z.B.:„Ich aber…<br />

wie eine Mott e…wie Wurmfraß…wie<br />

ein Löwe…wie ein Junglöwe“; „lauere<br />

gleich einem Panther am Weg, überfalle<br />

sie wie eine Bärenmutt er, die ihrer<br />

Kinder beraubt ist“, so formuliert Gott<br />

bei Hosea seine Anrede an sein Volk<br />

(Hosea 5,12.14; 13,7)<br />

Wie Sie merken: in der Heiligen<br />

Sch rift ist viel zu entde� en, deswegen<br />

haben die Reformatoren sich darum<br />

gemüht, dass wir alle miteinander<br />

Selbst-Leser der Bibel werden.<br />

Also: lesen Sie, staunen Sie über<br />

die Weite des Handelns Gott es in den<br />

Sprach bildern der Heiligen Sch rift .<br />

Und – wenn Sie Fragen haben: dazu<br />

sind wir Pfarrerinnen und Pfarrer da,<br />

mit Ihnen gemeinsam die Fülle und<br />

Sch önheit Gott es, seines Wortes zu<br />

entde� en.<br />

November 2010 7

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